Sterben kann so schön sein... von Erenya (... oder auch nicht) ================================================================================ Kapitel 16: Ein Date im Grünen ------------------------------ Ihr Blick war ruhelos auf das Meer gerichtet, in welches sie gefallen war und aus dem Helios sie gezogen hatte. Sie war nach einer Unterredung mit dem Gott und seinen Freunden wieder hier her zurückgekehrt und wollte auch nicht zurück zu den Männern die sich ihr allesamt als Götter vorgestellt hatten. Besonders Poseidon, den sie irrtümlicherweise Neptun genannt hatte, war ihr unsympathisch. Wie hätte sie das auch nicht verwechseln sollen, nachdem Pluto und Liber ebenfalls da waren. Wer hätte gedacht, dass es sich hier um unterschiedliche Glaubensregelionen handelte? Wobei an sich hätte ihr ein Licht aufgehen müssen, nachdem sie Djehuti und Inpu gesehen hatte, die beide nicht gerade römisch ausgesehen hatten. „Spätzünder“ hatte Djehuti sie deswegen genannt und Poseidon ihr eine Standpauke gehalten, die sich gewaschen hatte. Nein, sie war gar nicht mehr froh darüber, dass Helios sie aus den kalten Fluten gerettet hatte. Im Gegenteil, sie wünschte sich gerade weit weg von diesen Männer die behaupteten Götter zu sein. So ganz wollte sie d doch nicht glauben. Götter waren nicht so... so...so wie diese Männer. Sie hatte einfach noch kein Wort dafür, sollte es ihr aber jemals einfallen, sie würde es einfügen.   Als ich erwachte, verriet mein Körper mir nur zu deutlich, dass der Rest der Nacht nicht erholsam gewesen war. Mein Körper schmerzte, mein Schädel brummte und meine Nase machte Andeutungen, dass sie sich für einen Marathonlauf bereit machen wollte. Ich würde in nächster Zeit also Taschentücher brauchen, denn der Sturm oder Susanno-o oder Izanagi oder wer auch immer hatte mir nicht gut getan. Missmutig und verschlafen zog ich die Nase hoch und sah zu dem Buch, welches ich durch Hades von Apollon geschenkt bekommen hatte. Einer der Gründe, warum die letzte Nacht nicht mehr so erholsam gewesen war. Ich hatte geschrieben, ein wenig. Ein wenig viel. Sagen wir es so, es war genug um mich wertvoller Minuten des Schlafes zu berauben. Nichts Neues also. Ebenso wenig war es neu, dass ich mich nur schwer damit tat aus dem warmen Futon zu entsteigen. Außerhalb war es mir nicht nur klimatisch, sondern auch Stimmungstechnisch zu kalt. Ich musste nur schon daran denken, dass ich Takeru... nein er wollte lieber Susanno-o genannt werden, begegnen würde. Ich wollte ihn nicht sehen, ich wollte Thoth nicht sehen und eigentlich wollte ich keinen der anderen Götter sehen. Alles was ich im Moment wollte war die Augen zu öffnen, in meinem Zimmer liegen und mich später dafür ohrfeigen, dass ich diesen Traum nicht weiter träumen konnte. Denn ehrlich gesagt fand ich es doch schon cool, dass ich die Charaktere aus Kamigami no Asobi sehen konnte, allerdings hatte ich mir das ganze immer etwas anders vorgestellt. In meiner Vorstellung wäre ich eine toughe Schwertkämpferin gewesen, die Takeru sofort respektiert hätte. In eben jener Vorstellung hätte ich auch Anubis verstanden und wäre deswegen seine beste Freundin geworden, oder die feste, je nachdem wozu mein Größenwahn gereicht hätte. Die einzige Konstante die es zu meiner Vorstellung gab war Apollon, aber bei dem konnte meine Vorstellung auch nicht mehr viel retten als wie er in Natura war. Ein Ahollon eben und doch... liebenswürdig... Ich vergrub mich tiefer in die Decke und dachte an den Abend zurück, als Apollon mich getröstet hatte. Er war der einzige der von den Tränen wusste. Er war der einzige der wirklich freiwillig aus dem Olymp mitgekommen war. Und dennoch, er war ein Gott. Ein Gott wie die anderen und ich war ein Mensch. Ich durfte mich ihm nicht annähern. „Ich darf sie nicht mögen...“, wisperte ich leise in den Stoff der Decke und seufzte inbrünstig, wobei ich mit den Tränen kämpfte. Ich war zu müde um nun stark zu sein. Ich wollte nach Hause, weg von ihnen, immer noch. Das bisschen Schlaf und das Gespräch mit Thoth hatte das nicht geändert. Im Gegenteil. Das Gespräch mit Thoth hatte mich verunsichert. Er hatte zwar versprochen, dass er mich nach Hause bringen würde, aber warum hatte er es nicht getan, nachdem ich ihn darum gebeten hatte? Es war jetzt nicht so, dass wir beste Freunde waren und er mich deswegen nicht ziehen lassen konnte. Im Gegenteil, er war der Idiot der mich seit dem Olymp erfolgreich ignoriert hatte. Wobei... Nicht vollständig... Er war es gewesen, der etwas Geld für die Sachen dazu gegeben hatte. Ebenso hatte er dieser Übernachtung bei Shizuku und Reiji zugestimmt und er hatte sich Sorgen um mich gemacht, als ich in den Fluten beinahe untergegangen wäre. Ja. Thoth sorgte sich wirklich in gewisser Weise um mich, sonst hätte er nach meiner durchgebrannten Sicherung ja nicht in Ayanes Zimmer auf mich gewartet, oder? „Was mache ich mir hier vor?“, flüsterte ich mir fragend zu. Ja, was machte ich mir hier vor. Ich wollte die Götter nicht mehr sehen, mich ihnen nicht mehr nähern, aber nur, weil ich so große Angst davor hatte, erneut zu bemerken wie menschlich ich war. Ich hatte es Dionysos ja nicht ohne Grund gesagt, dass ich mich in Gegenwart der griechischen Götter ebenbürtig fühlte. Doch Thoth, Anubis und Takeru hatten mich zurück in die Realität geholt. Wir waren alles, aber nicht ebenbürtig und es gab für mich keinen goldenen Apfel, der mich zu dem machen würde, was sie waren. Deswegen... Genau deswegen wollte ich Abstand wahren, um das nicht erneut zu vergessen und bei der nächstbesten Gelegenheit daran erinnert zu werden.   **~~**   Irgendwie war es mir doch wieder gelungen einzuschlafen. Keine Ahnung wie genau, mir wurde das auch erst bewusst, als ich plötzlich von einem Klopfen an der Tür geweckt worden war. Verschlafen schlug ich die Augen auf und erhob mich wieder. „Erenya-chan. Es wird langsam Zeit aufzustehen. Ich bin gerade dabei das Frühstück zu machen. Würdest du mir bitte helfen?“ Ich brauchte ein paar Sekunden um zu verstehen, wem diese Stimme gehörte. Es war nicht so, dass ich bereits meine Umgebung vergessen hatte, nein, viel eher hatte ich all die Menschen und Götter um mich herum für den verschlafenen Augenblick vollkommen verdrängt. Doch schließlich dämmerte es mir, dass ich Shizuku hörte und sofort war ich wach. „J-Ja! Gerne doch. Warte bitte einen Augenblick, ich mach mich fertig und komme zu dir runter.“ Hastig schlug ich die Decke zurück und erhob mich aus dem Futon. Zu schnell, denn ein unangenehmer Schwindel befiel mich und ich musste mich am Schrank hinter mir abstützen um nicht wieder Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. „Lass dir Zeit, Erenya-chan. Überstürze es nur nicht. Ich wecke noch die anderen, also lass dir ruhig etwas Zeit.“ Ich seufzte leise, als Shizuku versuchte mich zu beruhigen. Die Anderen. Schon jetzt fuhr mir wieder ein Schauer über den Rücken. Es war an sich ja schon unglaublich, dass Shizuku und Reiji uns trotz unserer Lüge weiterhin bei sich übernachten lassen hatten. Sie hatten sogar noch viel mehr getan. Sie hatten Susanno-o versorgt und mit Sicherheit auch Anubis. Von mir wollte ich ja nicht einmal reden. Es war also das Mindeste, dass ich mich beeilen wollte um Shizuku wenigstens beim Frühstück unter die Arme zu greifen. Auch wenn mein Körper sich dagegen wehrte jetzt schon in die Gänge zu kommen, bemühte ich mich aus dem Zimmer, wobei ich unsicher in die Richtung des Gästezimmer blickte. Dort waren sie, die Jungs, wenn sie wirklich noch dort schliefen. Es war ruhig hier oben. Viel zu ruhig vielleicht. Am besten war, wenn es so blieb. Ich holte tief Luft und schlich mich so leise wie möglich in Richtung des Badezimmers. Vor dieser blieb ich stehen und lauschte kurz. Nichts zu hören. Ein gutes Zeichen. Erleichtert öffnete ich die Badezimmertür und blickte in die Leere des Zimmers. 'Wäre das meine Geschichte... hätte ich nun mindestens Hades nackt hier drin stehen gehabt...', versuchte ich mir mit einem Schmunzeln zu erklären. Es wäre eines der Klischees die ich mit Sicherheit in einer Geschichte eingebaut hätte. Doch dies nicht zu erleben, zeigte mir umso deutlicher, dass dies hier real war, oder zumindest kein Hirngespinst von mir. Oder wenn es ein Hirngespinst war, war mein Kopf ein beschissener Verräter. Ich legte meine Sachen auf der Waschmaschine ab und zog den neuen Yukata aus, den mir Shizuku am Abend noch gereicht hatte. Der Erste war zu nass gewesen, darin hätte ich unmöglich schlafen können ohne mir nicht doch noch den Tod in Form einer fetten Grippe zu holen. 'Schon unglaublich wie sehr ich Shizukus und Reijis Gastfreundschaft in Beschlag nehme.' Es fühlte sich nicht gerade gut an, zwei Menschen so auszunutzen, nur weil man selbst nicht wusste wie man weiter verfahren sollte. Vor allem jetzt, da wir Susanno-o gefunden hatten, dieser aber nicht reden wollte, war ich am Ende mit meinem Latein. Wenn ich ehrlich war, hatte ich mir das ganze anders vorgestellt. Wobei, hatte ich das ganze überhaupt richtig zu Ende gedacht? Naja eigentlich nicht. In meinem Headcanon hätten wir Susanno-o gefunden, die Jungs hätten ihm gut zugeredet und das Unwetter hätte aufgehört. Und dann? 'Was habe ich erwartet? Habe ich geglaubt er schließt sich uns an?' Ja, irgendwie hatte ich das geglaubt. Oder viel mehr gehofft. Warum eigentlich? 'Weil er einer meiner Lieblingscharaktere war...' Richtig. Susanno-o war einer meiner Lieblingscharaktere gewesen. Wie gerne hätte ich da natürlich mehr über ihn erfahren, mit ihm vernünftig gesprochen und einfach etwas Zeit verbracht. Das konnte ich nun aber vergessen. Und überhaupt war ich mir nicht mehr sicher, ob ich Susanno-o nachdem was er gesagt hatte, noch mochte. Wobei, würde ich mich wegen einer Lappalie dazu hinreißen lassen jemanden nicht mehr zu mögen? Ja. Das war voll und ganz ich. Man konnte sich bei mir so unglaublich schnell unbeliebt machen und Susanno-o hatte das geschafft.   Eingekleidet und bereit für den Tag, stand ich unten in der Küche bei Shizuku, die gerade dabei war einen Salatkopf zu waschen. Da auch Tomaten und Gurken auf der Anrichte standen, ging ich davon aus, dass sie einen Salat machen wollte. „Ah, da bist du, Erenya-chan. Schneidest du bitte das Gemüse?“ Es war immer noch befremdlich, dass Shizuku ohne hinzusehen genau wusste, dass ich es war. Aber sie sagte es immer. Sie sah mehr auch ohne Augen. Wahrscheinlich hatte sie Recht. „Guten Morgen, Shizuku-san. Gerne doch. Was brauchst du als erstes?“, fragte ich und ging zu dem Tisch, auf dem bereits ein Brett mit Messer für mich bereit lag. „Nimm am besten die Gurke. Was meinst du sollten wir noch in den Salat tun?“ Wie schon am Abend zuvor mit dm Curry, hatte Shizuku doch wirklich vor sich meine Meinung beim Kochen anzuhören. „Versuchen wir einfach mal Pinienkerne, wenn du welche hast. Wir rösten sie vorher, damit die Aromen raus kommen. Ich hab gehört, dass soll richtig lecker sein.“ Pinienkerne, wie oft hatte ich sie schon beim Kochen anwenden wollen. Und endlich hatten sie ihren Moment, an dem sie strahlen durften. „Da fällt mir ein, Shizuku-san. Sollten wir einen Portion für Susanno-o machen, dann sollte sie Pilzlos sein. Er mag sie nicht.“ Keine Ahnung wieso ich plötzlich auf die Idee kam, dass wir eine Portion ohne Pilze machen sollten. Vielleicht weil ich Pilze auf dem Tisch sah und irgendwann einmal gelesen hatte, dass Susanno-o keine mochte. Schon seltsam, dass ich mir so einen Unfug gemerkt hatte. Warum eigentlich? Warum hatte ich mir gemerkt, dass Hades Erdbeeren und Daifuku mochte? Warum wusste ich, dass Anubis es scharf liebte? Warum interessierte es mich, ob wir eine Pilzlose Variante des Frühstücks machten, wenn Susanno-o mich wahrscheinlich sowieso lieber auf den Meeresboden versenken würde? „Gut zu wissen, dann sollten wir in Zukunft keine Pilze mehr bei den Opfergaben beigeben“, merkte Shizuku einfach nur an, ohne zu hinterfragen, woher ich das wusste? Es war schon seltsam. Sie vertraute mir einfach, im wahrsten Sinne des Wortes, blind. Warum? Ich fand keine Antwort auf diese Frage, auch nicht, als wir gemeinsam weiter das Frühstück fertig machten.   **~~**   Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich mir ein Tablett mit meinem Anteil des Frühstücks geschnappt und wäre einfach zur Wohnzimmer-Couch gegangen. Zwar war Susanno-o nicht am Tisch, aber der Rest der Götter und ich fühlte mich gerade mehr als unwohl dieselbe Luft wie sie zu atmen. Allerdings hätte Shizuku es sicher nicht zugelassen, wenn ich mich von der Frühstücksgesellschaft abgekapselt hätte. Keine Chance also für diesen Morgen Abstand gewinnen zu können. Dafür hatte ich aber noch den restlichen Tag Zeit. Es war also nur dieser Morgen. Erträglich. Ein schneller Blick durch die Runde verriet mir, dass mit großer Überraschung, abgesehen von Anubis und Takeru jeder anwesend war. Anubis erklärte sich von selbst und Takeru brauchte wahrscheinlich noch seine Ruhe. Wer wusste schon welchem Kraftakt er ausgeliefert gewesen war, nachdem sein Vater ihn aus dem Götterreich geworfen hatte? Sollte er ruhig schlafen, solange wurde ich mit ihm nicht konfrontiert. „Oh, und ihr seid wirklich die Götter Griechenlands?“ Am anderen Ende des Tisches hatte sich ein heiteres Gespräch zwischen Reiji und den Griechen entwickelt. Shizukus Mann schien wirklich einen Narren an den Jungs gefressen zu haben, allerdings behielt er sich trotz aller Neugier immer noch etwas Abstand bei. „Genau das sind wir. Dee-Dee und ich sind sogar die Söhne des Göttervater selbst und Onkel Hades ist sein Bruder. Ja das ist er.“ Auch wenn es mir nicht leicht fiel zu glauben was ich hörte, so klang doch deutlich ein gewisser Stolz aus Apollons Stimme, als er erklärte von wem er genau abstammte. Vielleicht war er es auch in gewisser Weise. „Das ist wirklich interessant. Allerdings frage ich mich, woher ihr Thoth-sama und Susanno-o-sama kennt.“ Das war die wohl beste Frage, die ein Mensch der keine Ahnung hatte, stellen konnte. Und ich war so blöd gewesen und hatte sie nie gestellt. Wie auffällig. Wenn ich weiter so machte, würde die Katze schneller aus dem Sack sein, als mir lieb war. „Wir waren alle zusammen auf einer Schule in der wir lernen sollten die Herzen der Menschen zu verstehen. Wir haben sozusagen alle einen Abschluss in Hominilogie, genau das haben wir.“ Wieso musste Apollon so früh am Morgen schon so viel Unsinn reden? Hominilogie war doch kein Wort. Allerdings wusste ich was er meinte. „Du meinst einen Abschluss in Anthropologie, Ahollon...“, murrte ich und schob mir ein Salatblatt in den Mund. „Ja, so kann man das auch nennen.“ Ich verschluckte mich ernsthaft an diesem blöden Salatblatt, als Apollon in seiner Unwissenheit wirklich behauptete, dass man Anthropologie auch mit dem Namen benennen konnte, den er sich aus den Fingern gesaugt hatte. Hätte ich auch nur ein klein wenig Hunger gehabt, er wäre mir gerade vergangen. „Das war sicher nicht leicht. Aber mit Thoth-sensei hattet ihr einen sehr guten Lehrer.“ Ich trank einen Schluck und versuchte irgendwie den hängen gebliebenen Bissen runter zu würgen, was nicht so einfach war, da nun auch mein Getränk versuchte mir das Leben schwer zu machen. Sicher Thoth war wissend, fast schon allwissend, aber mir Sicherheit nicht die Sorte Lehrer, die man sich für seine Kinder wünschte. „Es war nicht nur Thoth-sensei, von dem wir viel gelernt haben. Wir habe auch durch Yousei-san einiges gelernt, ja das haben wir. Und natürlich voneinander. Wir sind richtig gute Freunde an der Schule geworden, richtig gute Freunde.“ Das Schlucken fiel mir schlagartig schwerer. Yousei-san... Der Name... Ich hasste ihn zu hören, wenn die Götter bei mir waren. Auch wenn ich persönlich keinen Groll gegen Yui hegte. Naja keinen der nicht irgendwie erklärbar bei einem Otome-Fangirl wie mir gewesen wäre. „Hach ja, die Schulzeit ist immer noch die schönste Zeit gewesen. Der Unterricht, die Feste, die Streiche.“ Reiji grinste breit, als er die Streiche erwähnte und sofort konnte ich den Griechen ansehen, dass sie sich an einen besonderen Klassenkameraden erinnert fühlten. „Loki hat auch immer Streiche gespielt. Einmal hat er versucht Thoth-sensei vom Unterricht abzuhalten, indem er ihn mit roter Farbe bespritzt. Leider hat es Tsukito getroffen.“ „Dieser Schwachkopf hat also wirklich dahinter gesteckt...“ Seltsam... Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf, als ich dem Gespräch lauschte. Rote Farbe? Ein Streich von Loki? Irgendwie kam mir diese Geschichte bekannt vor. Nein, sicher war das nur ein Zufall. Loki war ja im wahrsten Sinne des Wortes ein Schalk und hatte demnach keinerlei Grenzen. Sicherlich schreckte er auch in Wirklichkeit nicht vor roter Farbe und seinem Lehrer zurück. „Oh, oder zum Mondscheinfest. Da hat er Yousei-san und Tsuki-Tsuki aneinander gekettet. Mit zwei Ringen und ihnen dann Ratgeber gegeben wie sie diese loswerden. Im Nachhinein betrachtet war das ganz schön witzig.“ Apollon lachte glockenhell. Ja. Ich hatte mir das sicher eingebildet. Es war nur Zufall. An die Episode mit den Ringen konnte ich mich immerhin erinnern. Da innerhalb der Serie sicher einiges an Zeit vergangen war, hatten sie sicherlich auch mehr Streiche Lokis erlebt, die kein Zuschauer kannte. Und je größer die Menge an möglichen Streichen war, desto wahrscheinlicher war es auch, dass man als FF-Autor wirklich einen wahrhaftigen Streich des Schalkes niederschrieb ohne es zu wissen. „Dee-Dee hatte in der Schule einen ganzen Garten für sich, hatte er. Er war im Gartenclub und hin und wieder haben wir alle etwas ausgeholfen.“ Ein leises entnervtes Seufzen kam aus Dionysos Mund, als Apollon plötzlich seinen Garten ansprach. Ich wollte lieber gar nicht wissen, was für böse Erinnerungen das in Dionysos weckte, allerdings verriet mir ein Blick zu Hades, dass auch bei ihm keine sonderlich vielen schönen Erinnerungen zu erwachen schienen. Besser man fragte wirklich nicht, was passiert war. „Das klingt wirklich, als hättet ihr eine schöne Zeit verbracht“, merkte Shizuku an, die Apollons Schüssel mit einer weiteren Portion Reis füllte. „Das war es wirklich. Wir haben sogar mit Onkel Hades die Sterne beobachten können. Sie waren wunderschön, wunderschön waren sie. Und das obwohl kurz davor noch Regen vom Himmel gefallen war. Erinnert ihr euch noch? Erinnert ihr euch? Baru-Baru war der einzige, der damals nicht nass geworden ist und das obwohl wir extra alle unsere Badesachen angezogen hatten.“ „Oder wie wir herausgefunden haben, dass Takeru im Schwert-Schwing-Club ist.“ „Kendo-Club...“, korrigierte ich Dionysos, woraufhin die Blicke auf mich gerichtet worden. „Das habe ich dir schon am Tempel gesagt. Entweder Fechtclub oder Kendo-Club. Nachdem ich aber Susanno-o gesehen habe, bin ich mir sicher das es der Kendo-Club ist.“ Strike. Diese Erklärung klang absolut logisch. Selbst Reiji nickte mit dem Kopf, so als wäre es der einzigste Begriff der es sein konnte. Für japanische Verhältnisse, war es auch der einzige Begriff neben Fechtclub. „Spätzünder...“ Schuldbewusst zuckte ich zusammen, als ich Thoths Stimme hörte. Verdammt, vielleicht hatte ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt, indem ich Dionysos verbessert hatte. Schweigend blickte ich zurück auf meinem Teller, von dem minimal dessen Inhalt verschwunden war. Seltsam. Irgendwie hatte ich seit Beginn meines Abenteuers keinen Hunger mehr. Aber schön, ein Mensch konnte eine Woche ohne Essen auskommen. Und ganz ohne Essen war ich ja nicht. Ich aß ja hin und wieder einen Bissen. „Ist das schon deine zweite Portion, oder was ist deine Ausrede dafür, dass dein Teller immer noch voll ist?“, fragte Dionysos, der plötzlich auf die Idee kam, den Inhalt meines Tellers zu begutachten. „Hab halt keinen Hunger...“, murmelte ich, spießte aber noch ein Salatblatt auf und aß es unter den prüfenden Blicken der anderen. Verdammt. „Ahollon, erzähl Reiji doch von eurem Schulfest.“ Um das unangenehme Angestarre zu verhindern, kam ich wieder auf das ursprüngliche Thema zu sprechen. Apollon war da ein dankbares Opfer. Er strahlte sofort von einem Ohr zu anderem und begann von dem Schulfest im Winter zu erzählen. Die Blicke ruhten nicht mehr auf mir und ich konnte fast unbemerkt den Teller von mir schieben. Der einzige, dessen Blicke noch auf mir ruhten, war Thoth. Was auch immer in seinem Kopf gerade vor sich ging, er würde mich im Auge behalten. Irgendwie hatte er das ja schon die ganze Zeit. Ich musste also gerade in seiner Gegenwart vorsichtiger sein, allerdings wollte ich mir nicht einfach so Bissen um Bissen reinwürgen. Mein Magen würde es mir dankbar sein.   **~~**   Die Schritte hinter ihr waren deutlich genug hörbar, so dass sie sich nicht darum scherte hinter sich zu sehen. Im Grunde interessierte es sie nicht einmal, wer dort war. Wenn sie es richtig verstanden hatte, waren sie auf einer einsamen Insel, in der sie der einzige Mensch war. Es konnte also nur einer der Götter sein. „Alicia... Das war doch dein Name, oder?“ Sie nickte und überlegte, zu wem die Stimme genau gehörte. Es war nicht Helios, seine war heller als jene die sie gerade hörte. Wenn sie sich recht erinnerte, konnte es nur Pluto sein. „Wir haben darüber gesprochen, was wir mit dir machen. Oder viel mehr, wie wir dich zurück bringen. Leider, ist uns das nicht möglich. Wir haben mit Poseidon ein Problem, welches zuerst gelöst werden muss, bevor wir weiter sehen können.“ Wirklich Hoffnung machten ihr Plutos Worte nicht. „Dann macht nur, ich hindre euch nicht daran...“, antwortete sie ein wenig patzig. Warum musste man ihr so etwas überhaupt erzählen? Es ging sie nichts an. Es waren die Angelegenheiten der Götter nicht ihre. „Du verstehst nicht... Wir können dich nicht alleine lassen... Du musst mitkommen.“ Sie musste mitkommen? Das war ein Ton der ihr gar nicht gefiel. Auch wenn diese Männer Götter waren, sie musste gar nichts. „Ich komme auch ohne euch klar. Also geht ruhig...“, setzte sie nach. Ihr Standpunkt stand fest, aus ihrer Sicht. „Du musst mitkommen...“, wiederholte Pluto erneut und griff nach Alicias Arm um sie auf die Beine zu ziehen. Sein Griff war alles andere als sanft. Er hatte definitiv keine Ahnung von Menschen, geschweige denn von Frauen. Vielleicht war sie aber auch einfach nur zu empfindlich. Schließlich hatte sie noch nie ein Mann angefasst, geschweige denn angesehen. „NEIN!“ Mit aller Macht die sie aufbringen konnte, riss sie sich von Pluto los und sah ihm wütend ins Gesicht. Sie würde nicht gehen, schon gar nicht, wenn man sie so zwingen wollte. Nur weil sie Götter waren, würde sie sich nicht zu einem Spielball von ihnen machen lassen. Niemals.   **~~**   Mit einem Seufzen legte ich den Stift beiseite und bewegte mein Handgelenk ein wenig. Die Protagonistin aus diesen zusammengewürfelten Gedankenhaufen war mir jetzt schon zu ähnlich, ebenso einige Plotpunkte. Wobei, nein, vielleicht war sie mir nicht ähnlich. Sie ließ sich nicht zu einem Spielball machen. Ich hingegen war gewillt freiwillig Susanno-o bei seinem Problem zu helfen. Allerdings schlief er immer noch, so dass wir weiterhin zu warten verdammt waren. Ich hatte es mir also auf der Hollywoodschaukel bequem gemacht und ließ die Sonne auf mich scheinen. Heute schien keine einzige Wolke in Sicht zu sein. Seltsam... Hatte es vielleicht doch mit Susanno-o zu tun gehabt? Es schien fast so. Fragend sah ich in den Himmel und blickte zu den weißen Wolken als würde ich aus diesen die Antworten auf alle meine Fragen finden. Leider war das nicht Fall. Sie sprachen in keinster Weise zu mir. Ebenso sprachen auch gerade die Musen nicht. „Warum konnte ich nicht einfach in Uta no Prince-sama gelandet sein?“, fragte ich mehr an mich gewandt. Mal ehrlich, wieso auch immer ich irgendwie bei Kamigami no Asobi gelandet war, ich hätte nicht deplatzierter wirken können. In Uta no Prince-sama hätte ich wenigstens singen können. Aber hier? „Wie deprimierend immer wieder vor Augen geführt zu bekommen, dass man so gar nichts hilfreiches kann...“, nuschelte ich zu mir und wandte meinen Blick vom Himmel. „Mir fällt sicher nicht ein goldener Apfel in den Schoß und macht mich den Göttern ebenbürtig...“ Ein dämlicher Gedanke, denn ich musste grinsen. Anders als Otome-Game Yui würde ich sicher keinen goldenen Apfel von Anubis bekommen. Es wäre ein Wunder, wenn Anubis mir mal mehr außer Mitleidsknabberein gab. „Ein goldener Apfel vielleicht nicht, aber etwas Erholung täte dir sicher auch gut.“ Die Schaukel kam etwas in Bewegung als sich Shizuku neben mich setzte und mich freundlich anlächelte. Sie war wirklich eine herzliche Seele. „Solange Susanno-o nicht wach ist, werden wir auch nicht wegkommen. Ich denke, ich bekomme da genug Erholung.“ Als wollte ich meine Worte unterstreichen, öffnete ich mein Buch und starrte auf eine leere Seite. Ich hatte heute alle Zeit der Welt um sie mit Worten zu füllen, alle Zeit der Welt. „Hier, Erenya-chan.“ Ein Stück Papier legte sich auf die leere Seite. Ein Stück Papier, welches mir von Shizuku gereicht wurde. Verwundert nahm ich es, denn die Neugier gewann immer über mich, und betrachtete es. „Reiji und ich gehen für gewöhnlich in diesen Erlebnisnaturpark. Allerdings haben wir momentan keine Zeit dafür und es wäre schade, wenn die Karte verfällt. Meinst du nicht? Du könntest dort etwas entspannen und auf andere Gedanken kommen. Wer weiß vielleicht lernen du und dein Begleiter etwas übereinander.“ Ich konnte deutlich das Lächeln in Shizukus Stimme hören, als sie sich erhob. Fast schon fluchtartig. Vielleicht weil sie wusste, dass ich bereits die Karte angehoben hatte um sie ihr zurückzugeben. Auch wenn es ein Geschenk war, wie konnte ich das noch annehmen, nachdem ich soviel von Shizukus und Reijis Gastfreundschaft in Anspruch genommen hatte? „Shizuku, dass ist wirklich sehr nett, aber... Ich kann das unmöglich annehmen. Ich meine, du und Reiji ihr tut schon soviel für mich... für uns. Es wäre dreist und egoistisch euch dann noch diesen Erlebnisnaturpark zu nehmen. Wenn ich das richtig sehe, zählt das Ticket für das ganze Jahr und-“ Ich brach ab, als Shizuku mir einen Finger auf den Mund legte und mich freundlich anlächelte. „Reiji und ich könnten wirklich jederzeit dorthin gehen, aber... Wir haben uns. Und wir kennen uns schon seit Jahren. Wir hatten auch lange Zeit uns kennenzulernen, du hingegen... Wir alle wissen nicht, wie viel Zeit dir mit den Göttern bleibt, aber was ich weiß, und dazu muss ich keine Göttin sein, dass Vertrauen auf eurer Reise noch sehr wichtig sein wird. Schenke dein Vertrauen wenigstens einem und nimm ihn mit. Lerne ihn kennen, nähert euch. Nur so kann die Harmonie zwischen Göttern und Menschen erhalten bleiben. Was dir aber nicht helfen wird, ist dich abzukapseln.“ Ich fragte mich wirklich, woher Shizuku das wusste. Woher sie wusste, dass ich mich distanzieren wollte, dass ich wenn nur noch das nötigste mit den Göttern bereden wollte. Und nun machte sie mir mit diesem Geschenk einen Strich durch die Rechnung. „Reiji wird euch beide dann mitnehmen. Du hast noch etwas Zeit um zu überlegen wen du mitnehmen magst.“ Ihr Finger löste sich von meinen Lippen und den Drang zu widersprechen hatte ich erfolgreich niedergekämpft, da es sowieso keinen Sinn machen würde. „Ah, da fällt mir ein, ich muss noch Hons Bento machen.“ Ich sah verwundert auf zu Shizuku, die so plötzlich sich auf die Fersen machte, als wollte sie vor mir weglaufen. Die Wahrheit war vielleicht aber, dass sie mir einfach nur genug Bedenkzeit geben wollte, wen ich mitnahm. Gute Frage. Wen sollte ich mitnehmen? Anubis und Takeru fielen schon einmal ohne Frage aus. Takeru weil er noch schlief und Anubis... Ich konnte mir bei dem Totengott beim besten Willen nicht vorstellen, dass er freiwillig mit mir dorthin gehen würde. Der einzige Ägypter der damit noch auf dem Plan stand war Thoth... Nein. Schon alleine der Gedanke ihn fragen zu müssen ließ mich erzittern. Besser nicht Thoth. Damit blieben mir ja nur noch die Griechen. Und der Einzige, mit dem ich ansatzweise vernünftig reden konnte, war Hades. Damit war er wohl die beste Option. Zumal er und ich auch kaum Zeit verbracht hatten. Warum also nicht?   Die Karte war das einzige an das ich mich klammern konnte, als ich vor den Griechen stand, die gerade ein Kartenspiel spielten. So musste es sich also anfühlen, wenn man seinem Loveinterest einen Liebesbrief im Beisein von dessen Clique geben wollte. Nur das Hades nicht einmal Ansatzweise mein Loveinterest war. „Nya-chan, willst du mitspielen?“ Apollon war wie gewohnt der erste der mich bemerkt hatte. Sofort schüttelte ich den Kopf und sah zu Hades, der sich wie Dionysos zu mir gewandt hatte. „Nein... uhm... Shizuku hat mir eine Eintrittskarte für einen Erlebnisnaturpark gegeben. Sie ist für zwei Personen gedacht.“ Ich hatte noch nicht einmal ausgesprochen, da sah ich, wie sich Apollons Gesicht erhellte. Nein, nur über meine Leiche würde ich diesen stürmischen, nervigen Idioten mitnehmen. „Hades, würdest du mit mir dahin gehen? Du musst auch nicht die ganze Zeit an mir kleben... es wäre nur Schade wenn nicht zwei Personen die Karte nutzen...“, murmelte ich und versuchte dabei den Augenkontakt zu Hades zu vermeiden. Schweigen. Ein unerträgliches Schweigen welches gerade einmal ein paar Sekunden angedauert hatte sich für mich aber anfühlt als wäre es eine Ewigkeit gewesen. „Tut mir leid... Mein Unglück würde dich auf kurz oder lang heimsuchen. Es gibt sicher jemanden, der besser als Begleitung geeignet wäre.“ Irgendwie hätte mir das ja klar sein können. Hades war einfach zu besorgt um seine Umwelt, dass er sich den Spaß selbst verwehrte. „Komm schon, Hades. Das wird sicher lustig. Wie gesagt, du musst auch nicht die ganze Zeit bei mir sein. Du kannst den Park auch selbst entdecken.“ Flehend sah ich Hades an. Er war der Einzige, mit dem ich mir vorstellen konnte, diesen Park zu besuchen. Er war das Alibi, dass ich nur zu gerne gehabt hätte, um den Abstand zu wahren. „Es tut mir leid, ich kann wirklich nicht.“ Ein Seufzen kam mir über die Lippen, da Hades sich entschieden hatte, standhaft zu bleiben. Mir blieb damit nur noch eine Option, auch wenn die mir nicht ganz so lieb war wie Hades selbst. „Dio-“ „Tut mir leid. Reiji hat mir ein paar seiner Weine zur Verkostung gegeben. Damit werde ich wohl den ganzen Tag zu tun haben. Aber frag doch Apollon.“ Mein Blick glitt zu Apollon, der mich wie die strahlende Sonne anlächelte. Augenscheinlich war er der einzige Grieche, der wirklich mit mir zu dem Erlebnisnaturpark gehen wollte. Schande. „Vielleicht sollte ich doch Thoth fragen. Er könnte etwas Erholung gebrauchen...“, nuschelte ich gut hörbar für die Griechen. „Thoth will sich heute um seinen kleinen Freund kümmern. Auf ihn würde ich da also nicht zählen“, erwiderte Dionysos und nahm mir damit auch noch die letzte, unliebsame Option. Es blieb damit alles an Apollon hängen, der immer breiter grinste und lächelte. Wahrscheinlich hatte ich keine andere Wahl, auch wenn mir bereits nichts gutes schwante. Immerhin war Apollon mit Sicherheit der letzte den ich freiwillig gefragt hätte. „Na schön, Apollon, hast du vielleicht Lust?“ Ich hatte meine Frage nicht einmal ausgesprochen, da sprang Apollon auch schon von seinem Platz auf und machte die ersten Schritte auf mich zu um mich zu umarmen. Ohne zu zögern wich ich zurück und hob die Arme um dem Sonnengott deutlich zu machen, dass ich diese Herzlichkeit mit Freuden ablehnte. „Danke, danke, danke, Nya-chan. Wir werden sicher ganz viel Spaß haben, ganz viel Spaß.“ Irgendwie konnte ich es doch nicht verhindern. Schneller als ich gucken konnte, hatte ich Apollon an mir hängen und wünschte mich längst wieder aus seinem Klammergriff der Liebe.   Wie es Shizuku mir schon zuvor gesagt hatte, bot uns Reiji an, uns zu dem Erlebnisnaturpark zu fahren. Angeblich lag dieser auf dem Weg zu seiner Arbeit. Ich bezweifelte diese aber. Mit Sicherheit machte sich Reiji wegen Apollon und mir einen Umweg. „Gibt es solche Naturparks bei euch im Götterreich auch, Apollon-san?“ Immer noch schien Reijis Interesse an dem Gott nicht gestillt zu sein. Wie sollte es auch. Götter waren etwas Mystisches, etwas das man nicht alle Tage sah. Schon gar nicht als Sterblicher. „Nein, deswegen freue ich mich ihn mit Nya-chan sehen zu können, ich freue mich. Es gibt da sicher viel zu sehen, sicher sehr viel, oder Rei-Rei?“ Wie gewohnt hatte ich mich auf dem Rückfahrersitz zurückgezogen, wogegen sich Apollon es auf dem Beifahrersitz neben Reiji bequem gemacht hatte. Der Mann lächelte wissend und sah kurz zu Apollon, bevor er wieder seinen Blick auf die Straße richtete. „Das gibt es. Es ist sogar fast unmöglich alles an einem Tag zu sehen. Aber ich bin mir sicher, du und Erenya-chan werden sehr viel Spaß haben.“ Ich lauschte dem Gespräch der beiden Männer vor mir nur auf einem Ohr. Stattdessen sah ich aus dem Fenster und sah die Umwelt an mir vorbeiziehen. Ich hasste Autofahren, seit ich einige Unfälle innerhalb und einen außerhalb erlebt hatte. Meine Gesprächigkeit hatte sich daher immer auf ein Minimum reduziert. Oder viel mehr auf das Nötigste was sich auf Laute die mehr Lebenszeichen waren beschränkten. Nicht das Reiji ein schlechter Fahrer war, aber ich betete im Inneren, lebend aus diesem Gefährt zu kommen. Das tat ich in jedem Auto. Außer auf dem Beifahrersitz. Da lenkte ich mich ab, indem ich gesprächiger wurde. Ich hasste Autofahren. „Zum Beispiel könntet ihr an der Kletterwand klettern. Von oben hat man wirklich eine tolle Aussicht. Außerdem muss man seinem Kletterpartner vertrauen. Oder ihr macht die Tastspiele. Shizuku macht sie immer wieder gerne. Es wird auch nie langweilig, weil sie immer etwas neues zum erfühlen haben. Selbst ich habe Spaß daran, man könnte sogar meinen, ich habe so gelernt die Welt ein wenig mit Shizukus Augen zu sehen.“ Die Vorschläge die Reiji bereits während der Fahrt machte, gefielen mir gar nicht. Sie bedeuteten nur, dass ich Apollon nahe sein musste. Dabei wollte ich doch gerade genug Abstand wahren um mich nicht vertrauter mit ihnen zu machen. „Oh und solltet ihr Hunger bekommen, macht euch keine Sorgen. Es gibt einen Picknickbereich mit schön gefüllten Körben. Sie sind bereits im Preis inbegriffen. Ihr beide könnt euch also einen wirklich schönen Tag zusammen machen.“ Der einzige, der aus meiner Sicht einen schönen Tag haben würde, war Apollon. Ebenso würde er wohl auch der einzige sein, der von den Picknickkörben probieren würde. Da mein Hunger sich seit Beginn meiner Reise ins Wohlgefallen aufgelöst hatte, wurde mir alleine schon bei dem Gedanken an Essen schlecht. „Das klingt alles so gut und aufregend, meinst du nicht, Nya-chan?“ „Mh...“ Es war erneut nur ein Lebenszeichen, das nur klar machen sollte, dass ich irgendwie noch lebend in diesem Auto saß. Wobei das was Reiji erzählte sicher auch sehr aufregend war. Vor allem diese Tastspiele konnten sicher ein Erlebnis sein. So etwas hatte ich schon in der Grundschule geliebt.   Ich war froh endlich aus dem fahrenden Sarg raus zu sein, als wir den Erlebnisnaturpark erreicht hatten. Dennoch bedankte ich mich bei Reiji für den Fahrservice, durch den er einen Umweg zu seiner Arbeit hatte nehmen müssen. „So, dann wünsche ich euch beiden viel Spaß. Erenya-chan, hier ist noch etwas Geld und unsere Adresse. Wenn ihr nach Hause wollt, gebt das einem Taxifahrer. Das Geld sollte für die Fahrt ausreichend sein.“ Ich nickte, denn nachdem was ich gesehen hatte bezüglich unserer Reiseroute hierher, war mir klar, dass wir ohne ein Auto nicht so schnell zurückfinden würden. Schon gar nicht bei meinem Orientierungssinn. „Danke, Reiji-san. Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Arbeit.“ „Danke, Erenya-chan. Genieße deine Auszeit mit Apollon-san.“ Mit einem Lächeln ließ Reiji das Fenster wieder nach oben fahren und startete den Motor. Ich ging etwas von dem Wagen zurück und sah ihm nach, als er den Wagen losfuhr. „Nya-chan, komm mit, komm mit. Ich bin ja so aufgeregt, so aufgeregt!“ Das Apollon aufgeregt war, konnte man nur unschwer übersehen. Ein kindliches Strahlen lag in seinem gesamten Gesicht. Ein Strahlen, dass mir nur erneut deutlich zeigte, dass er wirklich der Gott der Sonne war und es scheinbar nichts gab, dass ihn erschüttern konnte. Auch wenn ich genau wusste, dass dem nicht so war. Es gab genug Dinge, die ihn verletzten konnte oder viel mehr, die ihn schon verletzt hatten, in der fernen Vergangenheit. Da Apollon so aufgeregt war, verwehrte ich mich nicht gegen sein Drängen und folgte ihm. Am Eingang gab ich die Eintrittskarte ab und ermöglichte uns damit auch den Einlass in das Paradies. Das Paradies. Das war es wirklich. Kaum dass wir den Park betreten hatten, wurde das triste Grau der Häuser von dem strahlenden Grün der Büsche, Bäume und den bunten Farben der Blumen, zurückgedrängt. „So viele Blumen...“, wisperte ich Gedanken verloren und sah mich mehr in meiner näheren Umgebung um. Blumen hier, Bäume da, strahlendes Grün überall. Es war einfach traumhaft und ich konnte es kaum noch abwarten die Erkundungstour in diesem Park zu beginnen. Damit war ich zumindest nicht die einzige, denn es dauerte keine Sekunde als Apollon nach meiner Hand griff und mich mit sich zog. „Es sieht so schön aus. Lass uns alles erleben, alles.“ Wie muss Yui sich nur mit Apollons überschwänglicher Begeisterung gefühlt haben? Mich erdrückte sie. Ich hatte das Gefühl, von Apollon eingeengt zu werden. Oder von einem Ort zum nächsten getrieben zu sein. Unerträglich. Einfach unerträglich. „Ap-Apollon! Halt. Nicht so schnell!“ Ich stolperte förmlich hinter dem Sonnengott her, der mich sogleich zur ersten Station zog. Keine Ahnung ob er wusste, dass sie dort war, oder ob er einfach seinem Instinkt gefolgt war. „Lass uns die Tastspiele machen!“, rief er sogleich begeistert und zog mich näher zu dem Abschnitt bei dem Tische mit Schüsseln und kleine Flächen mit Kies, Sand und anderen lauffähigen Untergründen war. „Ich weiß nicht Apollon... Wir sind gerade erst angekommen. Sollten wir uns nicht erst etwas umsehen?“ Das Apollon nicht über meine Bedenken nachdachte, wurde mir bewusst, als Apollon einen Stofffetzen vor meine Augen band und erneut meine Hand nahm. „Wir haben doch nicht soviel Zeit, nicht soviel. Also sollten wir alles tun, was wir wollen, ohne zögern oder nachzudenken. Ohne nachzudenken.“ Wir hatten keine Zeit? Das klang mehr danach als fürchtete Apollon dass ich gleich das zeitliche Segnen würde. Doch... Vielleicht war es das wie Götter ihre Gegenwart mit Menschen verstanden. Sie hatten nicht soviel Zeit. „Du klingst wie das weiße Kaninchen aus Alice im Wunderland...“, murmelte ich und ließ mich von Apollon zu einem Stuhl führen, auf den er mich mit sanfter Gewalt niederdrückte. Ich wusste warum. Da dies hier ein Tastspiel für Hände und Füße war, musste ich selbstverständlich meine Schuhe ausziehen um auch die anderen fühlen zu können. „Nur das du dem weißen Kaninchen nicht blind nachlaufen würdest, oder, Nya-chan?“ Ich war verwundert darüber wie Apollon in diesem Moment klang. Fast schon ein wenig traurig. Wahrscheinlich irrte ich mich aber. Gerade jetzt da meine Augen verbunden waren, nahm ich vieles anders wahr. In Wahrheit lächelte Apollon wahrscheinlich. Wobei, ich hörte auch kein Lächeln. „Nein, ich werde beinahe von einer Decke erschlagen und lande warum auch immer im ägyptischen Götterreich. Das ist nicht gerade der Stoff, aus dem Geschichten für Kinder gemacht werden.“ Ich schmunzelt etwas und streckte Apollon den anderen Schuh hin. Der Sonnengott hatte mir bereits den linken Fuß komplett nackt gemacht und ich wollte ihm sein Tun nicht unnötig schwerer machen. „Aber du würdest dennoch nicht dem weißen Kaninchen nachlaufen, würdest du nicht...“, widersprach Apollon und erneut klang er nicht wie er selbst. Da fehlte eindeutig das Lächeln in seiner Stimme. „Nein, dass würde nicht zu mir passen. Ich bin kein Mensch der anderen folgt. Ich klammere zwar an meinen Freunden, aber... jemanden aus Neugier heraus folgen, nein, dass bin ich nicht.“ Nachdem Apollon mich auch aus dem zweiten Schuh und Strumpf geschält hatte, wartete ich ein paar Sekunden, ehe ich mich erhob. „Hast du nicht Angst etwas zu verpassen? Das Abenteuer, in das dich das weiße Kaninchen führen könnte, wohin es dich führen könnte.“ Erneut hatte Apollon meine Hand ergriffen und führte mich vorsichtig zu dem ersten Tisch. Ich spürte das Gras unter meinen Fußballen kitzeln. Sie waren kühl ein wenig feucht, ebenso wie die Erde darunter, was wohl dem Dauerregen zu verdanken war. „Ich bin nicht der abenteuerlustige Typ. Noch dazu keiner der so etwas überstehen könnte. Du hast es doch gesehen wie nutzlos ich war... und noch bin. Ihr habt Susanno-o gefunden, ich bin fast drauf gegangen als ich Anubis helfen wollte... Gott ich bin einfach nicht für Abenteuer gemacht.“ Ich kicherte etwas, auch wenn meine Worte ernster gemeint waren als ich sie klingen lassen wollte. „Eine große Hilfe bin ich euch wirklich nicht. Im Gegenteil. Eher ein Hindernis. Was kein Wunder ist, ich bin nur ein Mensch.“ Vorsichtig tauchte ich meine Hände in die erste Schüssel, zu der Apollon mich geführt hatte. In ihr lag nur ein einziger Gegenstand. Etwas glattes, rundes. Vorsichtig tastete ich an den Konturen entlang und versuchte herauszufinden, was es war. Doch vor meinen geistigen Augen zeigte sich kein Bild. Ich kam einfach nicht darauf was das hier war. „Eine Muschel, Nya-chan.“ Apollon schien bemerkt zu haben, dass ich mich schwer tat damit zu erfühlen, was das hier war. Erst nachdem er es mir gesagt hatte, zeigte sich vor meinem Inneren Auge ein Bild. Ich tastete weiter an dem Gegenstand entlang und wirklich, ich fühlte die kleinen Rillen, die hohler werdende Seite und ich erkannte es endlich als Muschel. „Ich hätte eher auf einen Stein getippt...“, gestand ich peinlich berührt und legte die Muschel zurück in die Schüssel. „Manche Dinge sind nie das was sie scheinen, dass sind sie nie. Yousei-san hat uns das beigebracht. Ich dachte einst, der Geist einer alten Liebe wäre mir erschienen und wollte, dass ich ihr folge. Dabei wollte sie die ganze Zeit nur, dass ich weiterlebe, dass wollte sie.“ Ich wusste sofort wovon Apollon sprach. Ich kannte die Geschichte mit ihm und Kassandra aus der Serie. Die dunkelste Geschichte, die Apollons Leben wohl am stärksten geprägt hatte. „Eure Yousei-san muss wirklich ein besonderer Mensch gewesen sein...“, wisperte ich und hielt Apollons Hand, als er mir auf eine Erhöhung half, über die ich lief. Der Untergrund war nicht eben, etwas rau, aber nicht schmerzhaft. Er gab nicht nach sondern war hart. „Ist das Holz?“, fragte ich vorsichtig, denn ich wollte nicht wie beim ersten Mal schweigen und warten bis Apollon mir die Lösung sagte. „Richtig. Sowohl das Holz, als auch, dass Yousei-san ein besonderer Mensch für uns war. Aber, du bist auch besonders. Jeder Mensch ist das.“ „Tze... Hohle Phrasen die uns Menschen das Gefühl geben sollen, dass wir einzigartig sind. Ich zweifle nicht daran, dass es besondere Menschen gibt, aber ich gehöre mit Sicherheit nicht dazu.“ Ich lief die letzten Meter über das Holz und stieg schließlich von der Erhöhung herunter, wobei Apollon mir half, damit ich nicht stürzte. „Warum machst du dich so schlecht, Nya-chan? Du bist besonders und es sind nicht nur hohle Phrasen. Sag so etwas nicht, damit machst du dir nur selbst die Stimmung mies, macht du damit.“ Ich schwieg, denn ich wusste ja, dass Apollon Recht hatte. Doch irgendwie wollte ich seine Argumente aushebeln. Ich wollte ihm beweisen das er unrecht hatte, obwohl das Gegenteil der Fall war. „Das lässt sich so leicht sagen. Du bist ein Gott... Ist das Glas?“ Während wir gesprochen hatten, hatte Apollon mich zur nächsten Schüssel geführt, in der ich etwas Glattes mit leicht scharfen Kanten gespürt hatte. Es fühlte sich zudem noch kalt an. Definitiv Glas, aus meiner Sicht. „Nein, das Ton.“ Erst als Apollon mich berichtigt hatte und ich noch einmal nachfühlte, merkte ich, dass der Gegenstand in meiner Hand nicht komplett glatt war. Ich spürte kleine Erhebungen, die aber so minimal waren, dass sie fast glatt erschienen. „Nya-chan, glaubst du wir Götter haben keine Zweifel oder Ängste?“ Ich biss mir etwas auf die Unterlippe, während wir gemeinsam zur nächsten Station gingen. Natürlich wusste ich, dass die Götter auch Ängste und Zweifel hatten. Bei den einen sah man sie deutlicher bei den anderen nicht. „Das ändert aber nichts an der Thematik, dass ihr besonders seid. Ihr seid Götter, ihr habt Mächte, die ein normaler Mensch nicht hat.“ Auch wenn Apollon versuchte irgendwie das Thema zu wechseln, ihnen eine menschliche Note zu geben, so waren sie nicht menschlich. Sie waren göttlich, unsterblich, übernatürlich und besonders. Meine Füße tasteten sich vorsichtig über die nächste Station. Sie sanken in etwas dickflüssiges ein und es fiel mir schwer mich darin zu bewegen. In mir kam sogar so etwas wie Angst auf, als würde ich darin versinken, weswegen ich mich mehr an Apollon klammerte, der mir gerade so etwas wie der stützende Pfeiler war. „Keine Sorge, ich halte dich. Einen Schritt vor den anderen.“ „Ist das Moorboden? Ich krieg schon vom stehen Panik, dass ich untergehe...“ So wie Apollon es gesagt hatte, versuchte ich einen Schritt vor den anderen zu setzen. Doch ich kam nicht voran, weswegen Apollon mich anhob und aus dem Untergrund hievte. „Hier steht Torf... Aber die Farbe erinnert mich auch an Moore, das tut sie.“ Ich spürte wie Apollon mich losließ und hörte das Rascheln seiner Kleidung. Er ging vor mir auf die Knie und säuberte meine Füße was etwas kitzelte. Ich war wirklich zu empfindlich an den Füßen. „Torf also... Dann gehe ich Torf wohl besser aus dem Weg“, erklärte ich mit einem Lachen. Anders als aber gewohnt stieg Apollon nicht in dieses Lachen ein. Scheinbar lag ihm immer noch die Unterhaltung quer. „Nehmen wir das letzte zum Erfühlen.“ Verwundert ließ ich mich zur nächsten Station führen. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass dies schon die letzte Station sein sollte. Bevor Apollon mir die Augen verbunden hatte, hatte ich viel mehr Tische und Untergründe gesehen. „Warte, ich führe deine Hände zu dem was du erfühlen sollst.“ Vor einem Tisch waren wir stehen geblieben und ich hatte meine Hände schon auf die Suche nach der Schüssel geschickt. Doch Apollon ergriff sie und hob sie etwas höher. Seltsam. Ich konnte mich an so etwas gar nicht erinnern. Erst als meine Hände auf einem Gesicht lagen, wurde mir klar, was er geplant hatte. Vorsichtig tastete ich das Gesicht ab, von dem ich wusste wem es gehörte. Seine Haut war weich, die Nase schön geformt, die Ohren standen ab, die Lippen waren schmal und Strähnen seiner Haare bedeckten seine Stirn. „Spürst du das, Nya-chan. Ich bin nicht anders wie du, das bin ich nicht. Auch wenn ich ein Gott bin. Oder glaubst du, Götter fühlen sich anders an als Menschen?“ Ich fühlte wie eine seiner Hände sich auf meine legte. Sie war warm, ein Puls schlug in ihr. Wie bei einem Menschen. So anders fühlte er sich wirklich nicht an. Als wollte ich mir das bestätigen, tastete ich mit der anderen Hand mein Gesicht ab. Nase, Augen, Mund, Ohren... Ich hatte alle Eigenschaften wie Apollons Gesicht. „Gut, dann wissen wir schon einmal, dass keiner von uns ein Außerirdischer ist.“ Ich zog meine Hand von Apollons Gesicht und löst die Binde von meinen Augen. „Gehen wir weiter.“ Ich hatte genug von den Tastspielen oder viel mehr von diesem Gespräch mit Apollon. Es war deprimierend da ich gegen seine Argumentation keine Chance hatte. Das einzige was da blieb war der Rückzug oder viel eher die Flucht.   Nachdem wir die Tastspiele hinter uns gelassen hatten, waren wir an einem Entspannungsbereich vorbei gelaufen. Sie hatten dort wirklich ein kleines Basseng aufgebaut in dem kleine Schwärme von Fischen schwammen. Das war etwas gewesen, was ich unbedingt ausprobieren musste, weswegen ich zusammen mit Apollon ein Fußbad nahm und mich dabei fast tot gelacht hätte, weil die Fische, die an meiner toten Haut knabberten so kitzelten. Selbst nachdem wir den Entspannungsbereich verlassen hatten, musste ich noch lachen. „Das hat sich wie kleine Küsse von Fischen angefühlt, oder, Apollon? Und die Schultermassage nebenbei wäre sicher herrlich gewesen, wenn ich nicht so kitzelig wäre.“ Ich sah zu Apollon, der mich schwach anlächelte. Er zwang sich dazu, war mir deutlich machte, dass er sich zu diesem Lächeln nur zwang. „Ist alles in Ordnung?“ Apollon so zu sehen, machte mir doch schon Sorgen, denn seine anfängliche Freude schien vollständig verflogen zu sein. „Es ist irgendwie nichts in Ordnung. Du bist nicht ehrlich, Nya-chan. Weder zu uns noch zu dir.“ Apollon war wirklich gut darin mir die Laune, die gerade aufgekommen war, zu verderben. Aber gut, verübeln konnte ich ihm das wohl nicht. Schließlich hatte ihm seine verdorben. „Es gibt eben Dinge, über die niemand gerne redet. Susanno-o hat sie, du hast sie, Hades hat sie... Selbst Thoth. Jeder von euch hat doch da Geheimnisse, über die ihr nicht offen mit mir reden wollt. Oder über die ihr nicht gerne in meiner Gegenwart redet. Zum Beispiel deine Yousei-san... Ihr habt es bisher ganz gut vermieden über sie zu sprechen, vor allem in meiner Gegenwart. Wozu? Hattet ihr Angst, dass ich sonst zu deutlich merke, dass ich nur ein Ersatz bin?“ Das Lachen war verstummt und zurück blieben die Gedanken, die ich schon die ganze Zeit alleine in meinem Herzen getragen hatte. Das ich Yuis billiger Ersatz war. Susanno-o hatte das als einziger wahrscheinlich verstanden. „Nein! Du bist kein Ersatz für Yousei-san. Niemand könnte sie einfach so ersetzen.“ Autsch. Das tat weh. Wobei Apollon ja Recht hatte. Niemand konnte Yui ersetzen, schon gar nicht Ich. „Genauso kann dich niemand ersetzen. Selbst wenn du von dir glaubst, dass du nichts besonderes bist, gibt es Menschen die sehen dich als etwas Besonderes. Die lieben dich wie du bist und keine andere Person der Welt könnte dich ersetzen. Deswegen... Bist du kein Ersatz für Yousei-san. Du bist... Du.“ Ob meine Freunde das wirklich von mir dachten? Ob man mich Zuhause vermisste? Wenn Apollon Recht hatte, dann sicher. „Ihr seid doch alle doof...“, flüsterte ich und ging weiter. Wie konnte ich das noch kontern? Selbst meine Freunde waren etwas besonderes für mich. Niemand konnte Shicchi ersetzen, oder Lilim oder alle anderen. Jeder war ein Unikat. Vielleicht hatte Apollon Recht und sie sahen mich auch als ein Unikat. „Bist du mir böse, Nya-chan?“ Vorsichtig näherte sich Apollon mir und sah mich unsicher an. Wahrscheinlich machte mein Auftreten es wirklich nicht leicht mit mir offen zu reden. Ich geb ja zu, dass ich vieles in den falschen Hals bekam. Aber ich war auch nicht unverbesserlich stur und dachte darüber nach. Meist war ich dann sowieso nur sauer auf mich, nicht aber auf meinen Gegenüber. „Nein. Ich bin nicht böse auf dich. Lass uns einfach nicht mehr darüber reden.“ Als wollte ich ihm zeigen, dass ich ihm wirklich nicht böse war, griff ich nach Apollons Hand und war nun diejenige, die erneut die Führung übernahm.   Mit Schrecken sah ich auf die Kletterwand hoch und blickte zu Apollon, der sich, wie ich, festschnallen und verschnüren ließ, damit bei einem Fall nichts passierte. „Und wir müssen da jetzt wirklich rauf?“, fragte ich Apollon unsicher. Es war Teil eines Deals gewesen und augenscheinlich das kleinere Übel. Wobei ich beide Wahlmöglichkeiten als nicht sonderlich schön empfunden hatte. „Oder willst du lieber Ruderboot auf dem See fahren?“, fragte Apollon und erinnerte mich dabei an die andere Variante aus der ich hatte wählen können. „Nein. Einmal ertrinken pro Woche reicht mir.“ Zweifelnd blickte ich erneut die Kletterwand hoch, in der einige Kuhlen und Abhebungen eingebaut waren, um das Klettervergnügen zu erleichtern. Wie ich mich kannte würde ich sicher jede mögliche Kuhle verfehlen. Aber gut, stürzen war besser als ertrinken. „Fangen wir an, Nya-chan. Wer als erster oben ist, bekommt beim Verlierer einen Wunsch.“ Einen Wunsch? Sollte mich das wirklich motivieren? Nein, das tat es nicht im Geringsten. Was sollte ich mir auch schon von Apollon wünschen? Na schön, darüber konnte ich nachdenken, wenn ich gewonnen hatte. Denn ich wollte unter keinen Umständen, dass ich Apollon einen Wunsch erfüllen musste. Ohne zögern griff ich daher nach der ersten Hervorhebung und hievte mich etwas in die Höhe an der Wand. Ein Schritt nach dem anderen. So musste das doch gehen. So sollte es zumindest. Apollon machte es zumindest nicht anders, das verriet mir ein Blick zu dem Sonnengott. Allerdings war er mit diesem einen Schritt nach dem anderen viel schneller. Schon jetzt war er bereits höher als ich.   Es kam wie es kommen musste, ich hatte verloren. Erschöpft und schwer atmend stand ich auf der Kletterwand. Oder viel mehr hockte ich dort, denn meine Beine schmerzten. „Eine unglaubliche Aussicht, wirklich unglaublich!“, erklärte Apollon, der seinen Blick über den Part schweifen ließ. Von hier oben sah man sicher mehr als von unten, soviel war mir klar. Aber ich quälte mich bereits mit dem Gedanken, wie ich hier wieder runterkommen sollte. Steigen wollte ich unter keinen Umständen wieder. „Ihr Götter seid echt frei von Höhenangst...“, murmelte ich noch etwas deprimiert darüber, dass ich wirklich allen ernstes Apollon einen Wunsch erfüllen musste. Wer wusste schon, was der Idiot sich wünschen würde. „Also... Ich hab verloren. Du warst vor mir oben. Was ist der Wunsch?“ Je schneller ich es wusste und erfüllen konnte desto besser. „Ich hab keine Ahnung, hab ich nicht. Ich bin wunschlos glücklich und ich dachte eine Motivation könnte dir das aufsteigen leichter machen.“ Das gabs doch nicht. Apollon hatte genauso wenig Ahnung was er sich wünschen sollte, wie ich es gehabt hätte. Damit war dieser Wettbewerb das wohl Dümmste gewesen, was Apollon hätte vorschlagen können. „Na schön, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir werden ja noch etwas zusammen hängen, also sollte dir etwas einfallen, sag Bescheid. Die Frage ist nur... wie kommen wir hier runter?“ Ein Blick nach unten verriet mir zwar, dass ich Schwindelfrei war, aber nicht wirklich scharf darauf war, einfach mal so über die Kante zu kullern und den Boden unter mir stürmisch zu begrüßen. Anders sah es da Apollon, der mich auf seine Arme hob und breit angrinste. Ich ahnte was in seinem Kopf vor sich ging und mir rutschte jetzt schon das Herz in die Hose. Dieser Idiot wollte mich umbringen. Er wollte mich wirklich umbringen! „Vertrau mir, Nya-chan“, sagte er nur, als würden diese Worte mich beruhigen. Sie taten es nicht, sie verunsicherten mich sogar noch mehr. „Egal was du planst, Apollon... Lass e-EHHHHH!“ Ich konnte meinen Satz nicht einmal richtig beenden da sprang Apollon auch schon von der Kletterwand. Ich sah wie der Boden sich näherte, dabei wollte ich das nicht sehen, weswegen ich mich fest an Apollon klammerte und mein Gesicht an seiner Brust vergrub. Je weniger ich von dem näher kommenden Untergrund sah, desto besser. Genauso schnell wie Apollon aber den Entschluss gefasst hatte zu springen, war dieser kurze Flug vorbei. Vorsichtig ließ Apollon mich auf den Boden sinken und ich brach förmlich zitternd zusammen. „Ahollon... Ich... Ich... Ich bringe dich dafür um...“, stotterte ich zusammen, denn ich hatte soeben mein Leben an mir vorbeiziehen sehen. Schon wieder. Langsam schien das zur Gewohnheit zu werden. KNURR! Mein Blick richtete sich auf, als ich ein Knurren vernahm, das eindeutig von Apollon kam. Wirklich, dieser Typ war einfach... Moah. Dafür fand nicht einmal ich Worte. „Wirklich jetzt? Du springst mit mir von der Kletterwand und danach knurrt mich dein Magen an?“ Irgendwie war das ganze so albern, dass ich nicht anders konnte als loszulachen. „D-Das war keine Absicht, Nya-chan. Wir haben so lange nichts mehr gegessen, so lange. Ich brauche was zu essen.“ Ein verlegenes Lächeln lag auf Apollons Lippen als sein Magen erneut knurrte und mein Gelächter nur noch lauter wurde.   In dem Picknickkorb war wirklich alles was man sich wünschen konnte. Sandwichs, Gemüse, Obst und Desserts. Es war fast schon ein ganzes Menü. Zu schade, dass ich wirklich keinen Hunger hatte. Apollon hingegen war bereits bei seinem zweiten Sandwich, in welches er glücklich biss. Ich kämpfte noch mit dem ersten. „Das ist so lecker, so lecker. Nicht wahr, Nya-chan?“ Mit einem strahlenden Lächeln sah Apollon zu mir, wurde jedoch schnell ernst, als er auf das Sandwich in meiner Hand sah und in den Picknickkorb. „Nya-chan, ist alles okay? Hast du keinen Hunger?“ Ich seufzte etwas und schüttelte den Kopf, nahm jedoch wieder demonstrativ einen Bissen von dem Sandwich. Apollon hatte ja Recht, es war lecker, allerdings rebellierte mein Magen. „Thoth-sensei findet das seltsam. Er meint du isst zu wenig. Das ist nicht gut, das ist es nicht. Du wirst noch krank, wenn du nicht genug isst.“ Ich seufzte und legte das Sandwich auf das Stück Papier in welches es gewickelt gewesen war, bevor ich es ausgepackt hatte. „Ihr macht euch zu große Sorgen. Ich habe einfach keinen Hunger, okay? Das bedeutet aber nicht, dass es mir schlecht geht. Sieh mich an. Abgesehen davon, dass ich beinahe ertrunken wäre, geht es mir doch gut.“ Misstrauisch sah Apollon mich an, legte sein Sandwich aber ebenfalls beiseite und holte stattdessen einen kleinen Becher mit Fruchtjoghurt aus dem Korb. „Hier, Nya-chan. Den isst du noch. Wenn du willst, füttere ich dich.“ Ich wusste nicht, ob Apollon einfach nur dumm war oder es nicht verstanden hatte. Der Fruchtjoghurt würde sicher nicht dazu betragen, dass ich plötzlich Hunger bekam, geschweige denn dass ich mich davon nicht übergeben würde. „Du bist wirklich ein Ahollon. Ich verstehe nicht einmal, warum du soviel für mich machst. Du wirst nichts dafür bekommen.“ Behände öffnete Apollon den Joghurt und holte einen Plastelöffel aus dem Korb, den er sogleich mit der weißen Masse füllte und mir entgegen hielt. „Ich erwarte auch nichts dafür. Aber ich möchte, dass es denen die ich mag, gut geht.“ Er lächelte traurig, so als hätten meine Worte Bedenken in ihm ausgelöst und er versuchte sich gerade etwas schön zu reden, was nicht schön war. Oder als enttäuschte es ihn, dass ich nicht verstanden hatte, dass er mich mochte. Zumindest hörte ich das aus seinen Worten raus. Dieser Kerl war wirklich unverbesserlich. Mich ihm ergebend, beugte ich mich vor und ließ es zu, dass er mich mit dem Joghurt fütterte. Gleichzeitig musste ich daran denken, wie viel Apollon bereits für mich getan hatte und ich wusste, dass er das auch noch in Zukunft tun würde. Unverbesserlich dieser Mistkerl. „Apollon...“, wisperte ich zwischen dem nächsten Bissen und sah zu dem Sonnengott, der in seinem Tun inne hielt. „Danke für alles. Ich meine wirklich alles. Auch für das Buch und die Stifte die du mir durch Hades geschenkt hast. Ich...“ Ich stockte. Mir lag da etwas schweres auf dem Herzen. Vielleicht die Tatsache, dass ich trotz allem nicht ehrlich sein konnte. „Ich... wüsste nicht was ich ohne dich tun würde.“ Peinlich berührt sah ich zu Boden. Mir das einzugestehen war schon schwer genug und ich wollte nicht sehen, wie Apollon sich das zu sehr zum Kopf steigen lassen würde. Vor meinem Inneren Auge sah ich bereits wie sein Gesicht sich erhellte und er nur noch gegen den Drang ankämpfte mich sofort zu umarmen. „Das ist so schön, so schön. Du kannst dich immer auf mich verlassen, Nya-chan. Immer.“ Es war das einzige, was ich Apollon glauben konnte, oder viel mehr wollte. Egal was passierte, auf Apollon konnte ich mich verlassen. Genauso wie auf die anderen Götter, aber irgendwie löste sich nicht das einzige Problem. Sie waren Götter und ich durfte ihnen nicht so nahe kommen, wie ich es gerne gewollt hätte. Dennoch, für diesen Moment wollte ich diesen Gedanken vergessen. Vor mir saß schließlich nicht Apollon in seiner Götterform, sondern Apollon der Mensch, der zwar nervig aber auch ein Freund war. Irgendwie.   **~~**   Alles in allem war der restliche Nachmittag im Park amüsant. Apollon und ich hatten nach dem Essen noch einige andere Stationen mitgemacht. Unter anderen einen kleinen Zeichenkurs, bei dem ich das hässlichste Bild meines Lebens gezeichnet hatte. Lustig daran war nur, dass Apollon genauso begabt in der bildlichen Kunst war wie ich. Wir beide hatten Spaß zu identifizieren, was der andere gezeichnet hatte. Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass Apollon einen Außerirdischen gezeichnet hatte, nicht aber einen Hund, wie er felsenfest behauptet hatte. „Ich sage dir Apollon, dass war alles aber kein Hund.“ Noch auf unserem Weg vom Taxi zum Hause von Shizuku und Reiji hatten wir kein anderes Gesprächsthema. Zumal es witzig war Apollon damit aufzuziehen. „Moah... Und deines war kein Hase!“, verteidigte sich Apollon doch entgegen des schmollenden Untertons in seiner Stimme lächelte er. Ich bezahlte gerade noch den Taxifahrer und ließ Apollon etwas vor gehen, er war allerdings noch in Hörweite. „Und wie das ein Hase war. Du hast doch keine Ahnung, Ahollon~“ Ich lachte und schüttelte den Kopf als ich dem Sonnengott runter an den Strand folgte. Dahin wo das Haus unserer Gastgeber stand. Ja, alles in allem hatte der Tag wirklich Spaß gemacht. Anders konnte man das nicht sagen. „Lauf nicht so schnell, Ahollon, ich hab nicht so lange Beine wie du.“ Da Apollon schon wesentlich weiter voraus war, konnte ich nicht anders als ihm zuzurufen, dass er langsamer sein sollte. Apollon hingegen lachte lauthals los. „Fang mich, Nya-chan, fang mich!“ Unvorbereitet begann Apollon los zu laufen. Ich fragte mich wirklich, woher er diese Energie hatte. Wahrscheinlich hatten Götter einen unerschöpflichen Vorrat davon, oder aber ich war einfach nicht trainiert genug. „W-Warte!“ Da ich es in meinen Schuhen schwer hatte über den Sand zu laufen, zog ich diese aus, wodurch Apollon natürlich einen noch größeren Vorsprung bekam. Wenn ich mich aber beeilte, konnte ich ihn vielleicht doch noch einholen. So zumindest die Theorie. Ohne zu zögern, lief ich los. Vorbei an den Büschen, die nahe an den Felsen dich wuchsen. Ich stockte allerdings in meinem Lauf, als plötzlich eine Hand meinen Arm griff und mich in eben jene Büsche zehrte. Vor Schreck verlor ich das Gleichgewicht und fiel mehr in das grüne Buschwerk. Auf dem Boden der Tatsachen angekommen, sah ich auf. Ich wollte wissen, wer der Übeltäter war und wem ich für diesen blauen Fleck den Marsch blasen musste, doch meine Wut verrauchte, als ich in die treuen Augen Anubis sah. „Bara...“, begrüßte mich der junge Ägypter, der mich einige Momente prüfend ansah. „Alles okay...“, antwortete ich, glaubend dass er wohl fragte ob ich mich bei dem Sturz auf den Boden verletzt hatte. Anubis brauchte nicht lange um zu verstehen, dass es mir nach diesem Sturz augenscheinlich gut ging, denn sofort ergriff er mich am Handgelenk und zog mich durch das Buschwerk in Richtung des Gartens. Mir war klar, dass Anubis sich hier schon gut genug auskannte, denn er lenkte mich so, dass kein Ast schmerzhaft über meine Haut schrammte oder ich irgendwelche Hinterlassenschaften aus den Büschen im Haar über hatte. „Bara Bara...“, murmelte er, als er an einer Stelle stehen blieb und mich ernst fixierte. Verwundert, löste ich mein Handgelenk von ihm, wich etwas zurück, denn diesen Blick kannte ich nicht von Anubis. Er war schon etwas eigenartig. Sonst immer war der junge Ägypter so schreckhaft gewesen, doch jetzt auf einmal, entführte er mich förmlich ins Gebüsch. Eine Tatsache, die ich unter anderen Umständen mit einem zweideutigen Witz und einem Augenzwinkern betrachtet hätte. „Bara!“, sagte Anubis mit einem kleinen Hauch von Panik, als ich zurückwich und fast als sei es ein Reflex von ihm, griff er nach meiner Schulter und drückte vorsichtig zu. Ich zuckte zusammen, verwirrt darüber, was der Ägypter da gerade versuchte. Unsicher sah ich ihn an und sah es. In seinen amethystfarbenen Augen funkelte etwas, dass mir zuvor nicht aufgefallen war. Etwas, entschuldigendes. Wehleidiges. Metaphorisch gesprochen, sah mich Anubis an wie ein Hund, der wusste, dass etwas sein Schuld gewesen war und der sich mit dem Hundeblick entschuldigen wollte. Leider zog der Hundeblick noch nie bei mir, der Anubisblick hingegen schon. „Ka bara bara...“ Vorsichtig löste Anubis seine Hand von meiner Schulter, als er bemerkte, dass ich nicht mehr fliehen wollte. Er hob die Hand höher und strich mit dieser zurückhaltend und vorsichtig über meine Wange. Etwas an diesem Bild war wirklich befremdlich, denn Anubis schien gerade dasselbe mit mir zu tun, wie ich es beim Tastspiel mit Apollon getan hatte. Er fuhr die Konturen meines Gesichtes nach, berührte mit seinem Zeigefinger meine Lippen, strich mir über meinen Nasenrücken und kniff mir auch kurz in die Wange, wobei sich bei mir ein sanfter, süßer Schmerz durch die Wange zog. „Aua! Anubis, das tut etwas weh, würdest du bitte nicht machen. Nur weil meine Wangen pausbäckig sind, muss man es nicht als Einladung sehen reinzukneifen.“ Ich hatte mein Gesicht nach dem Kniff etwas zurückgezogen und strich mir nun mit der eigenen Hand darüber. Auch wenn Anubis wirklich nicht fest gekniffen hatte, es schmerzte doch ein wenig. Immerhin zeigte mir das, dass ich noch lebte. „Bara Ka bara bara!“ Verwundert sah ich auf, als Anubis plötzlich aufgeregt seine Lautmalerei zum Ausdruck gab. Mit großen Augen sah er mich an. Der Anubisblick hatte sich damit erledigt. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich mag Schmerzen einfach nicht so egal wie stark oder schwach sie sind“, erklärte ich dem Ägypter und lächelte ihn an, wobei mir sein plötzliches Verhalten etwas seltsam vorkam. Seine Ohren schienen sich leicht vorzubeugen, keine Ahnung ob das anatomisch möglich war, aber für mich sah es gerade so aus. „Ka bara bara bara. Bara ka bara bara ka bara!“ Anubis Worte überschlugen sich etwas und konnte nicht anders als auf diese Reaktion mit hochgehobenen Augenbrauen zu reagieren. Es war schon schwer mit Anubis zu agieren, wenn man kein Wort von dem verstand was er sagen wollte. Ich konnte nur raten was er wollte und momentan gab es nur eine einzige Sache, von der ich mir vorstellen konnte, warum ich nun hier mit ihm in trauter Zweisamkeit im Gebüsch sah. „Anubis... es ist nicht deine Schuld, ja? Auch wenn du mich nicht verstehst. Alles ist gut. Ich lebe und das gestern war nicht deine Schuld, ja? Also mach dir keine Sorgen.“ Ich lächelte den Ägypter sanft an auch wenn ich nicht wusste, wie ich ihm noch deutlich machen sollte, dass alles okay war. Der Abend zuvor hatte ja scheinbar nicht gereicht und da hatte er auch schon meine Wange berührt. Ihm sollte, gerade als Totengott klar sein, dass ich also noch lebte. „Ka-“ „Anubis! Komm her!“ Erschrocken sahen wir beide auf, als Thoths Stimme ertönte und Anubis Worte abschnitt. „Ka bara bara...“, nuschelte Anubis, sah mich noch einmal an, ehe er sich aus dem Buschwerk kämpfte und zu Thoth ging. Mit einem Seufzen realisierte ich erst jetzt, wie nahe ich meinem liebsten Charakter gerade gewesen war. Und was soeben passiert war, wodurch sich ein roter Schimmer auf meine Wange legte. „Nya~~~“, maunzte ich leise auf, als ich mich verlegen aus dem Busch kämpfte. Thoth und Anubis waren bereits nicht mehr zu sehen, dafür grinste mir ein anderer Gott schelmisch entgegen. „Gefunden~! Apollon dachte schon er habe dich verloren. Aber dass du so jemand bist~“ Oh ja, ich wusste was Dionysos gerade dachte und genauso gut wusste ich, dass er Anubis vor mir aus dem Busch hatte kommen sehen. „Das war alles ganz harmlos! Mann, Dio, du und deine dreckigen Gedanken.“ „Da bist du ja, Nya-chan!“ Ich hatte Dionysos gerade etwas von mir geschoben als auch schon Apollon aus dem Haus kam und mir förmlich um den Hals fiel. „Ein Glück, ich hatte mir schon Sorgen gemacht, hatte ich mir. Du warst plötzlich weg und ich dachte...“ Fest drückte mich Apollon an sich und ich muss gestehen, dass ich mich wohl glücklich schätzen konnte, dass mich gleich zwei Götter an diesem Tag berührten. Wobei die Umarmung von Apollon nicht schlecht war. „Alles ist gut. Wirklich alles ist gut...“, flüsterte ich Apollon zu und sah lächelnd zu Dionysos und Hades. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)