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Sterben kann so schön sein...

... oder auch nicht
von
Koautor:  Shizana

Vorwort zu diesem Kapitel:
Liebe Eri, nach längerem Warten ist es endlich soweit. Hades hat den Olymp erreicht und stößt zu euch. Im Schlepptau hat er Apollon und auch Zeus lässt sich wieder blicken, um der Entwicklung beizuwohnen. Das griechische Gericht wird über dich verhängt.

1. Hades und Apollon wissen bereits von deiner Anwesenheit. Sie wissen ebenfalls, worum es geht. Apollon ist frohen Übermuts, dass ein Mensch am Olymp ist, und heißt dich überschwänglich willkommen.
2. Apollon überschüttet dich mit Fragen. Aufgrund dessen kommt Hades leider nicht zu Wort. Jemand sollte ihn in die Schranken weisen, und das zeitnah.
3. Nachdem Hades noch einmal deine Person mit dir überprüft hat, verkündet er, was ihr bereits geahnt hattet: Du stehst auf keiner seiner Listen.
4. Nachdem diese Information bei allen gesackt ist und Hades und Thoth kurz debattiert haben, wird Zeus eure Tafelrunde zu einem Abschluss bringen. Da euer Anliegen geklärt ist, besteht kein weiterer Grund für eure Anwesenheit am Olymp. Ihr dürft euch noch über Nacht ausruhen, aber er empfiehlt eure Abreise zum nächsten Morgen.
5. Apollon erklärt sich bereit, euch zu eurer Unterkunft zu begleiten. Als er deine Hände ergreift, setzt seine Zukunftsvision ein. Er ist wie vom Schlag getroffen, als er erklärt, dass er "nichts" bei dir sehen kann.

Was das wohl zu bedeuten hat? Komplett anzeigen

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Nichts

„Es reicht, Saufbold!“ Mit einem lauten Seufzer hatte sich Thoth nun wieder in das Gespräch eingeschaltet und den schmollenden Dionysos sofort aus der Fassung gebracht.

„Du wirst keine Beweise haben. Noch dazu, hat der Spätzünder recht. Diese Schule war ein öffentlicher Ort. Der einzige der Anubis anklagen könnte wäre Zeus, da ihm die Schule gehörte. Du hast damit keine Chance. Also hör auf über verschütteten Unrat zu klagen und stell mir deiner Zeit etwas besseres an.“

Staunend sah ich zu Thoth, der meine Ausführungen nur noch mehr vertiefte. Nicht nur dass er mich, abgesehen von dem Spätzünder verteidigte, er untermauerte alles was ich gesagt hatte. Selbst wenn er das nur für Anubis getan hatte, so wollte ich mir doch nur einen kurzen Moment lang einreden, dass das um meinetwillen geschehen war.

„Aber-“

Dionysos wollte einfach nicht aufgeben. Es ging hier schließlich um seinen Wein. Keine Ahnung was mich dazu bewegte, vielleicht die Tatsache, dass ich einfach indirekt nachgab, oder immer versuchte Diskussionen zu beenden bevor sie zu sehr ausbrachen.

„Das reicht. Würdest du damit aufhören, wenn ich dir einen Deal vorschlage?“

Die erste Regel als Agent war, willst du dem Kunden nicht alles erstatten, handel mit ihm. Erst die kleinen Mengen und dann das Maximum was man ausschöpfen konnte. Aber niemals den vollen Betrag. Es war nicht so, dass ich Anubis an Dionysos verkaufen wollte, vielmehr wollte ich seinen Fokus auf etwas anderes lenken und dieses Thema damit eliminieren.

„Einen Deal?“

Er hatte bereits angebissen. Ein gutes Zeichen.

„Ja. Wenn ich auf Hades Liste stehe, probiere ich von jedem deiner Weine und Säfte. Sollte ich allerdings nicht drauf stehen, wirst du Anubis nie wieder beschuldigen deinen Saft geklaut zu haben.“

Ich sah wie Dionysos Augen mit einem Mal leuchteten. Wie bei einem Handykauf hatte er nur das Wort Wein und Saft und die Tatsache dass ich ihn trinken würde verstanden. Er war vollkommen fokussiert auf diese eine Tatsache.

Der einzige, der diese Finte wahrscheinlich bemerkte, war Thoth, auf dessen Mundwinkel ich ein Lächeln zu erahnen glaubte. Es verschwand aber wahrscheinlich genauso schnell wie es aufgetaucht war, rein aus einem Reflex heraus.

„Entschuldigt, wenn ich euch bei eurer Diskussion störe.“

Unsere Blicke wandten sich zur Tür, an der Hermes stand. Wie hätte man diese unverwechselbare Bassstimme auch ignorieren können. Sie war das einzige, was die Aufmerksam auf ihn legte, denn mit seiner Größe konnte er sicher nicht punkten.

„Hades ist da und erwartet euch bei Zeus. Also husch, husch... Raus mit euch.“

Husch, husch. Irgendwie konnte man diese Worte bei Hermes wirklich nicht ernst nehmen. Nicht mit dieser Stimme.

„Du bist heute ganz schön penetrant...“, murrte Thoth, als er sich erhob und sein Buch wegsteckte, bevor er sich an Anubis wandte und ihm schweigend zu verstehen gab, dass wir nun wieder diesen Raum verlassen würden. Irgendwie waren diese beiden wirklich beneidenswert. Wie gerne hätte ich Anubis verstanden und so mehr über ihn erfahren. Doch mit ihm zu reden war schwieriger als mit Thoth oder Dionysos. Wobei es mit Thoth auch nicht einfach war. Den verstand ich aber immerhin.

„Spätzünder, starr keine Löcher in die Luft und komm endlich mit.“

Ertappt zuckte ich zusammen, als auf einmal Thoths Stimme ertönte. Peinlich, denn er hatte bemerkt, wie ich ihn und Anubis angestarrt hatte. Peinlich.

„Wir kommen schon.“

Erschrocken sah ich neben mich, wo Dionysos plötzlich stand. Ich hatte den Gott des Weines gar nicht bemerkt und doch stand er nun da und lächelte verträumt auf mich hinab. Natürlich wollte er mitkommen. Wir hatten immerhin einen Deal, auch wenn es kein fairer war.
 

Vor Zeus zu stehen war wieder einmal eine sehr große Sache. Er war eben doch er Göttervater. Der Obergott. Dank Hades, der mehr ein Schatten seiner Selbst war, wirkte er sogar noch eindrucksvoller. Wobei es da einen Gott im Raum gab, der selbst Zeus überstrahlte und sowohl Thoth als auch mich aus der Fassung brachte.

„Wie schön, dass wir uns nach so langer Zeit wieder sehen, Thoth-sensei! Das ist wirklich schön.“

Die Sonne begrüßte uns mit einem breiten, strahlenden, godlike Lächeln. Er hatte die Helligkeit einer 10 Millionen Watt Birne.

„Dieser Aho!“

„Dieser Idiot!“

Synchron kam Thoth und mir die perfekte Beschreibung für Apollon über die Lippen. Es war wahrscheinlich das erste Mal, seit unserer Zeit zusammen, das wir einer Meinung waren. Eine Tatsache, die uns beide verwunderte, weswegen wir einander ansahen, schweigend und für einen kurzen Moment alle anderen um uns herum vergessend.

„Ah~ Das ist das Menschenmädchen?! Willkommen im Olymp!“

Ich konnte gar nicht so schnell wieder den Weg in die Realität zurückfinden wie ich einen Apollon an mich hängen hatte, der mich überschwänglich umarmte.

Strähnen seines langen blonden Haares strichen über meine Wange und irgendwie hatte ich das Gefühl einen dezenten Geruch von süßen Obst wahrzunehmen. Was war das nur? Ananas? Pfirsich? Ich war mir nicht sicher, denn irgendwo darunter mischte sich auch der Duft von einer ausgeblasenen Kerze. Gleichzeitig spendete sein Körper, so nackt er oben herum war, genug Wärme um mein Herz um wenige Schläge mehr schlagen zu lassen.

„Du bist so weich und flauschig wie eine Wolke, ja das bist du wirklich. Und du riechst nach Sand und Datteln. So sonnig, das mag ich an dir. Ich glaube wir werden gute Freunde, das werden wir ganz sicher.“

Weich? Flauschig? War das Apollons Art jemanden Komplimente zu machen, oder behauptete er gerade, dass ich dick war? Sicher war ich mir nicht,aber so wie ich Apollon aus meinen Erfahrungen heraus kannte, meinte er es nicht böse. Doch eines war damit absolut sicher, Apollon, der so wunderschön in seiner Götterform war, machte sich selbst zum Idioten, wenn er nur den Mund aufmachte.

„Das reicht, du erdrückst mich. Du bist mir viel zu nahe.“

Ich befand mich im wahrsten Sinne des Wortes im Klammergriff.

„Ah, verzeih, verzeih. Ich bin nur so glücklich nach so langer Zeit wieder einen Menschen zu sehen, genau das bin ich. Also, so richtig von nahen. Da konnte ich mich einfach nicht zurückhalten. Das konnte ich wirklich nicht.“

Mit einem breiteren Grinsen als zuvor, löste sich Apollon von mir. Er nahm etwas Abstand, so dass ich wieder frei atmen konnte, doch wich er nicht genug von mir zurück, so dass ich jederzeit auf einen weiteren Angriff gefasst war.

„Mein Name ist Apollon Agana Belea. Gott der Sonne, genau das bin ich. Wie heißt du?“

Es war an sich unnötig, dass er sich mir vorstellte. Allein sein strahlendes Gemüt hätte wohl jeden auf die Idee gebracht, dass er der Sonnengott war. Allerdings wollte ich mich auch nicht beschweren. Wenn sich die Götter mir ganz freiwillig vorstellten. Mir würde dann kein Fehler unterlaufen, indem ich sie beim Namen nannte.

„Erenya...“, nuschelte ich daher, immerhin hatte er sich mir vorgestellt, da war es nur fair, wenn ich mich ihm ebenfalls vorstellte. Mein Blick glitt jedoch kurz darauf zu Hades, der ein Bündel Blätter aus seinem Ärmel gezaubert zu haben schien und Blatt für Blatt untersuchte. In seiner Toga hatte er sich mehr als genug Platz für diese Blätter, denn anders als Dionysos, Zeus und Apollon war Hades Körper wesentlich bedeckter. Ich wusste, dass unter dem schwarzen Stoff dieses schwarze Fluchmal prangte und mit Sicherheit war Hades nur deswegen so bedeckt, weil er sich schämte oder selbst den Anblick nicht ertragen konnte.

Seine Gestalt selbst hatte etwas trauriges. Dieser schwarze Dornenkranz auf seinem Kopf schien symbolisch für all sein Leid zu stehen und die Tatsache dass seine Haare ihm ins Gesicht hingen, machten ihn nur noch unscheinbarer, obwohl er ein Gott und damit etwas großes war.

„Ah~ Erenya. Was für ein schöner Name. Wie alt bist du? Woher kommst du? Warst du schon einmal in Griechenland? Wie gefällt dir eigentlich der Olymp? Stimmt es, dass du die Freundin von Thoth-sensei bist? Hermes behauptet das. Wie habt ihr euch kennengelernt?“

Es war ein Schwall von Fragen, der plötzlich über mich hereinbrach, ohne dass ich auch nur die Chance bekam auch nur eine zu beantworten. Die Neugierde Apollons war einfach unaufhaltbar, auch wenn er ein Idiot blieb.

„M-Moment, nicht alle Fragen auf einmal... Na schön. Ich bin 27, komme aus Deutschland, war noch in Griechenland, viel vom Olymp habe ich nicht gesehen, ich bin definitiv nicht Thoths Freundin und kennengelernt habe ich ihn auch nur, weil ich plötzlich im ägyptischen Totenreich gelandet bin.“

Es grenzte fast schon an ein Wunder, dass ich mir alle diesen Fragen gemerkt hatte, vielleicht verdankte ich es aber auch der Tatsache, dass ich sie unmittelbar beantwortet hatte, nachdem sie gestellt worden waren.

„Entschul-“

„Ah, das ist wirklich wunderbar. Also ich meine, dass du und Thoth-sensei sich scheinbar so gut verstehen, dass ihr wie ein Pärchen wirkt. Magst du Thoth-sensei, denn? Ist er nicht großartig? So klug, vielleicht ein bisschen streng, aber doch mit einem weichen Kern. Meinst du nicht auch? Was sind deine Hobbys?“

Einen Schritt wich ich vor Apollon zurück. Seine Fragen nahmen scheinbar kein Ende und egal was ich antworten würde, die nächsten Fragen schienen schon in seinem Kopf aufzukeimen. Es war fast schon beängstigend und alle Instinkte in mir schrien danach zu fliehen. Wobei das vollkommener Schwachsinn war, denn Apollon stellte mit seinen Fragen keine Gefahr dar. Viel mehr war er lästig und ich wollte ihn einfach nur irgendwie loswerden.

„Naja großartig vielleicht nicht direkt. T-Thoth ist okay, denke ich, auch wenn er seinen weichen Kern sehr sehr gut versteckt. Was meine Hobbys angeht, frag deinen Bruder... Wir sind hier nicht wegen einer Vorstellungsrunde...“, murmelte ich leise und spürte förmlich wie mich Thoths Blicke durchbohrten. Hatte ich schon wieder etwas falsch gemacht? War er sauer, weil ich ihn nicht als großartig bezeichnet hatte?

„Oh, du hast bereits Dee-Dee kennengelernt? Das ist großartig. Versteht ihr euch sehr gut? Was magst du an Dee-Dee?“

Es nahm mit Apollon wirklich kein Ende. Egal was man sagte, er fand neue Fragen, während Hades im Hintergrund versuchte sich bemerkbar zu machen. Leise und ineffektiv, so wie er in der Serie gewesen war. Irgendwie traurig, dass er sich nicht einmal gegen seinen Neffen durchsetzen konnte.

„Aho! Sei endlich ruhig, das ist nicht der Grund, warum wir hier sind!“

Apollon zuckte zusammen, wohingegen ich meinen Blick dankbar zu Thoth wandte. Dieser hingegen, schien beschlossen zu haben mich zu ignorieren und beschäftigte sich lieber damit Hades anzusehen, der einen leisen aber doch sehr inbrünstigen Seufzer von sich ließ, der danach klang als wollte er sagen „Mein Unglück ist schuld.“

„Richtig, richtig. Wir sind hier wegen Onkel Hades. Ich war gerade bei ihm zu Besuch, als Hermes kam und meinte Thoth-sensei wolle ihn mit seiner Liste sehen. Er sagte auch, es würde um ein Menschenmäd-“

Wie oft hatte mir im Anime die Hand gezuckt? Wie oft wollte ich tun, was ich gerade getan hatte? Wie oft wollte ich ihm die Hand vor den Mund schlagen und so zum schweigen bringen? Endlich konnte ich es tun und es war keine wirklich Genugtuung.

„Bitte, Ahollon, sei einfach ruhig und lass uns das mit Hades klären. Verstanden?“

Langsam löste ich meine Hand von Apollons Mund. Er war immerhin ein Gott und vor Zeus sollte ich wenigstens ein bisschen Respekt zeigen. Auch wenn das in Bezug auf Apollon wirklich nicht leicht fiel.

„Ahollon?“

Es traf mich wie ein Schlag, als Apollon seinen, von Loki gegebenen Spitznamen wiederholte. Ich Idiot, ich hatte einfach so unbedacht los geplaudert. Wie oft war mir das in meiner Zeit mit Thoth schon geschehen?

„Aho, du hast den Spätzünder gehört, sei ruhig.“

Thoth war genervt von Apollon und das zeigte er nur zu deutlich. Gleichzeitig aber brachte er Apollon auf andere Gedanken. Hatte er etwa doch was gemerkt?

„Trauerkloß, nun sag uns, ob sie auf deinen Listen steht.“

Thoths Ton wurde zunehmend schärfer. Die Ungeduld war ihm nur zu deutlich anzumerken. Aber nicht nur er schien ungeduldig auf die Antwort Hades zu warten, sondern auch Zeus, der das ganze Schauspiel zwischen seinem Sohn und mir beobachtet hatte. Misstrauisch, was mir erst jetzt auffiel.
 

Hades hatte mich etwas zur Seite genommen, um zu vermeiden, dass Apollon oder sonst wer sich in dieses Gespräch einmischen würde. Auch wenn Hades in gewisser Weise gruselig war und ihn diese düstere Aura umgab, war ich doch erleichtert.

„Du sagtest vorhin, dein Name ist Erenya... Hier... Steht dein Name auf eine der Listen?“

Hades hatte wirklich einiges an Abstand zu mir gehalten, sicher weil er glaubte mir sonst Unglück zu bringen. Wenn ich richtig lag, hatte er bereits die Gewissheit, dass mein Name nicht auf den Listen stand, wollte sich aber versichern, darüber dass ich sie durchsuchte.

„I-Ich kann kein griechisch...“, merkte ich an und doch griff ich nach den Listen. Sicher hatten Götter auch dafür eine Universallösung. Zumindest die Griechischen.

„Wir haben vor Jahrtausenden auf lateinische Buchstaben umgesattelt. Nur zur Sicherheit“, erklärte er und schien dabei die Andeutung eines Lächelns auf seinen Lippen zu haben. Interessant, dass selbst die Götter mit der Zeit gingen. Jetzt mussten nur noch die Ägypter lernen auf eine verständliche Schrift umzusteigen.

Immerhin bei den Griechen konnte ich vertraute Schriften lesen. Vorsichtig entnahm ich Hades die Listen und begann durch diese durchblättern. Von Datenschutz schienen die Griechen hingegen nichts zu halten. Ich konnte bis zum dritten Blatt dutzend durchgestrichene Namen lesen, Menschen die Hades bereits in seinem Reich willkommen geheißen hatte. Erst ab dem vierten Blatt standen noch ungestrichene Namen, was wohl bedeutete, dass diese noch unter den Lebenden weilten.

„Nein, mein Name ist hier nirgendwo zu finden.“

Als wollte ich mir damit nur erneut beweisen, dass ich lebte, sprach ich diese Feststellung aus. Erneut fiel mir ein Stein vom Herzen, denn einige Augenblicke lang hatte ich wirklich geglaubt, dass ich nicht mehr lebte.

„Unter keinen deiner Namen?“ Verwundert sah ich zu Hades, als dieser die Frage formulierte, als hätte ich mehrere Namen. Wobei, damit hatte Hades wohl Recht. Ich hatte meinen Geburtsnamen und die Namen, die ich mir in meinem Leben selbst gegeben hatte. Wussten die Listen der Götter davon? Konnte man den eigenen Namen auf der Liste selbst bestimmend ändern, indem man einfach so seinen Geburtsnamen verleugnete?

Egal. Das war für diesen Moment einfach nicht wichtig. Erneut sah ich über seine Listen und suchte nach jeden Namen, den ich mir gegeben hatte, plus meinen Geburtsnamen, den ich weder Thoth noch sonst einen der Götter genannt hatte. Doch auch diese Namen, waren nirgends auf den Listen zu finden.

„Keiner meiner Namen. Auch wenn ich interessant finde, dass du das erwähnt hast. Wisst ihr, wenn eine Person mehrere Namen hat?“

Da war sie wieder. Meine Neugier darüber, wie das göttliche System funktionierte. Thoth hätte ich wahrscheinlich niemals fragen können. Nicht ohne dass er mich als dumm bezeichnete und damit wieder auf die Palme brachte. Bei Hades hingegen befürchtete ich diese Vorurteile nicht.

„Ja. Einige Menschen leiden unter Amnesie, sie würden ihren Namen nach vielen Jahren Unwissenheit nicht mehr wieder erkennen. Andere wollen nicht unter ihren Geburtsnamen angesprochen werden und bevorzugen ihren Künstlernamen oder ihr Pseudonym. Unsere Listen müssen daher flexibel sein. Da deine Anwesenheit aber... ungewöhnlich ist, dachte ich, dass unsere Listen auch ungewöhnlich auf dich reagieren könnten.“

Ungewöhnlich? Hatte Hades Thoths Lüge etwa schon durchschaut? Wusste er bereits, dass ich lebte? Oder meinte er nur, dass es ungewöhnlich war, dass ich im ägyptischen Totenreich gelandet und damit nirgendwo zu 100 Prozent zugeordnet werden konnte?

„Ich danke dir, für deine Hilfe. Und tut mir leid, dass mein Unglück dich in diese Situation gebracht hat...“

Sein Unglück? Glaubte Hades wirklich, dass er Schuld daran war? Irgendwie wäre das typisch für ihn gewesen, doch dazu bestand kein Grund.

„So schlimm finde ich es gar nicht hier zu sein. Also kann man auch nicht von Unglück reden.“

Auch wenn Hades nur schwer davon zu überzeugen war, dass er Unglück brachte, lächelte ich ihn an, wie ich es immer tat, wenn ich eine meiner Aussagen unterstreichen wollte. Ich musste zugeben, dass es in seiner Gottform schwer fiel, ihn anzusehen. Da war immerhin dieses vollkommen schwarze Auge, mit der rot leuchtenden Iris, dass ich bis heute noch unheimlicher fand, als Hades gesamte Persönlichkeit. Besser war, wenn er das nie erfuhr, weswegen ich ihn tapfer weiter ansah, schließlich aber meinen Blick abwandte und zu Zeus und den anderen sah, die mit großer Ungeduld auf Hades Antwort wartete. Der Gott der Unterwelt bemerkte dies und räusperte sich.

„Zu meinem Unglück... steht sie nicht auf der Liste...“

Seine Stimme hallte machtvoll in der Halle nieder. Ungewohnt, wenn man bedachte, dass er sich beim Sprechen zurückhielt und für gewöhnlich nicht auffiel.

„Erkläre mir das, Thoth.“

Die Blicke aller richteten sich auf den Gott des Wissens, der von Zeus zum sprechen aufgefordert wurde. Ja, dass sollte er nun mal dem Göttervater erklären.

„Trauerkloß, du bist dir absolut sicher?“

Thoths Ton wurde erneut schärfer, wobei er Zeus ignorierte. Hades hingegen nickte und lief mit seinen Listen in der Hand zu Thoth, der diese entgegen nahm und selbst noch einmal darüber sah.

„Das sind...“ Er hielt nach dem dritten Blatt inne, was, wenn ich mich recht erinnerte, zu jenen Blättern gehörte, auf denen keine Namen durchgestrichen waren.

„Die Geburtenliste“, ergänzte Hades nickend und sah Thoth an, dessen Augen sich weiteten.

„In unserem System kam es noch nie einen Fehler. Wäre sie wirklich für mein Reich vorgesehen, müsste sie Griechin sein, aber sie wurde nie in unserem Zuständigkeitsbereich geboren. Ich gehe davon aus, dass du ebenfalls überprüft hast, ob sie nicht doch zu euch gehört.“

Bewundernd sah ich Hades an. Soviel Stärke von ihm hatte ich zuletzt nur gesehen, als er die Geister gerettet und damit seinen Schulabschluss gemacht hatte. Auch wenn er meist in der Masse übermütiger, geschwätziger und leidenschaftlicher Götter unterging, war er doch noch in voller Pracht und in voller Aktion zu erkennen. Einfach fabelhaft.

„Ja. Und diverse andere Dinge.“

Es war deutlich, dass Thoth das Thema, dass ich eigentlich lebte, nicht ganz so offen ansprechen wollte. Nur wieso? Hades schien es bereits zu ahnen. Ich meine, er war der Gott seines Totenreichs, wenn er Lebend nicht von Tot unterscheiden konnte, wer dann?

„Leider kann ich dir über ihr Erscheinen auch keine Klarheit bringen. Es gibt keinen Fall in der Geschichte, dass so etwas jemals vorgefallen ist und wir nicht wussten woher jemand kommt.“

Seltsam. Sie wussten nicht woher ich kam? Dabei hatte ich doch Thoth bereits gesagt, dass ich aus Deutschland kam. Gab es in Deutschland etwa keine Götter? Oder lag es vielleicht daran, dass ich eher weniger der Typ Mensch war, der seinen Glauben auf einen oder mehrere Götter legte?

Wobei, wohin kamen die deutschen Gläubigen? Gab es etwa doch eine Hölle und einen Himmel, wo Menschen ihre Zeit abbüßten oder belohnt wurden und schließlich wieder im Urschleim verschwanden, bis sie wiedergeboren wurden?

Egal was oder wohin ich jemals als Tote kommen sollte... warum sollte es mich jetzt schon belasten? Ich lebte noch.

„Wusstest du das?“

Ich zuckte zusammen, als neben mir plötzlich eine zutiefst enttäuschte Stimme erklang. Ein Blick neben mich, offenbarte mir das weinrote Haar des Fruchtbarkeitsgottes, der mich mit einem vorwurfsvollen Blick ansah.

„Was?“ Wahrscheinlich stand ich auf dem Schlauch, oder aber Dionysos hatte mich mit seiner Frage überrumpelt, aber mir war nicht klar, was er genau mit seiner Frage bezwecken wollte.

„Das du nicht auf Hades-san Liste stehst...“ Durchschaut. Zwar etwas spät, aber Dionysos hatte mich doch wirklich durchschaut. Die Frage war nur, wie er damit nun umgehen würde? Würde er sein Versprechen brechen? Würde er es halten? Würde er mir sauer sein? Ich wusste es nicht und konnte das gerade in diesem Moment auch nicht einschätzen. Doch was sollte ich sagen? 'Hey, Dio, tut mir leid, aber eigentlich lebe ich und das weiß ich dank Thoth. Sorry.' Nah. Mit Sicherheit kaufte er mir so eine Entschuldigung nicht ab.

„Schon okay. Verloren ist verloren. Thoth-senseis Freund wird nicht mehr von mir belangt.“

Mir fiel ein Stein vom Herzen, als Dionysos' Stimme butterweich erklang. Ich spürte seinen freundlichen Blick auf mir und lächelte. Er war mir nicht böse und noch dazu war Anubis gerettet, das waren zwei Fliegen mit einer Klappe.
 

Zusammen mit Dionysos und Apollon hatte ich dem Gespräch von Thoth und Hades zugesehen. Wir hatten uns etwas weiter von ihnen hingestellt, denn aus dem was sie besprachen waren wir drei nicht sonderlich klug geworden.

„Ne, Dee-Dee. Wenn Nya-chan nicht auf der Liste von Onkel Hades steht, was bedeutet das dann?“

Fragend sah Apollon zu seinem Bruder, der die Arme verschränkt hatte und in dessen Kopf es scheinbar gerade nur zu stark arbeitete.

„Wer hat dir eigentlich erlaubt, mich Nya-chan zu nennen, Ahollon?“

Da Dionysos selbst keine Antwort wusste, oder sich in die tiefen der nachdenklichen Trance begeben hatte, war ich diejenige gewesen, die zu Gegenfrage griff und Apollon in Beschlag nahm.

„Der Name passt gut zu dir, genau das tut er. Du erinnerst mich an eine Katze. Man möchte mit dir kuscheln, möchte man wirklich gerne und dann kratzt du. Erst wenn dir danach ist gekuschelt zu werden, lässt du es zu. Außerdem, und das ist wichtig, wirklich wichtig, hast du mir den Spitznamen 'Ahollon' gegeben. Auch wenn ich über deine Wahl sehr überrascht bin. Sehr sehr überrascht. So hat mich ein guter Freund aus unserer, Dee-Dees und meiner, Schulzeit immer genannt.“

Ich weitete die Augen auf Apollons Erklärung. Mal davon abgesehen, dass seine Katzenerklärung absoluter Schwachsinn war, schallte ich mich eine Närrin, weil ich ihn wirklich der Gewohnheit wegen Ahollon genannt hatte. Mir musste schnellstens eine Ausrede einfallen, bevor irgendwer misstrauisch wurde.

„Thoth nennt dich Aho. Das ist doch japanisch für Idiot. Du siehst aus wie ein Idiot. Also bist du ein Ahollon.“

Einfach, aber logisch. Ein Glück hatte Thoth ihn in meiner Gegenwart Aho genannt. Zumindest war Apollon naiv genug um diese Erklärung zu schlucken. Noch dazu konnte ich so mit meinem Pseudo-japanisch angeben und etwas Eindruck schinden.

„Genug!“

Wir alle zuckten zusammen, als Zeus, der bis dahin ruhig auf seinem Thron gesessen und dem ganzen stumm zugesehen hatte, seine Stimme erhob und jegliches Gespräch unterbrach.

„Damit solltest du alle deine Antworten haben, Thoth. Eure Angelegenheiten im Olymp sind damit geklärt.“ Zeus hatte irgendwie eine charmante Art und Weise Gäste rauszuwerfen, aber er hatte ja Recht. Ich war ein Mensch und hatte damit nichts in diesen heiligen Hallen zu suchen.

„Zeus... Es war ein langer Tag für sie.“

Ernst sah Thoth zu Zeus, der ihn scheinbar ohne ein weiteres Wort verstand. Verständnisvoll nickte er und ließ seinen Blick zu mir schweifen.

„Morgen solltet ihr so früh wie möglich aber aufbrechen.“

Thoth nickte. Scheinbar wollte auch er nicht länger als nötig die Gastfreundschaft von Zeus beanspruchen. Erneut fragte ich mich, ob die beiden Freunde waren, oder nicht. Sie verhielten sich zumindest nicht sonderlich freundschaftlich zu einander.

„Das ist doch toll, wirklich toll. Wir können einander so noch etwas besser kennenlernen.“

Nichts war toll. Alles, was mit Apollon in Verbindung gebracht werden konnte, war nicht toll. Einfach weil es Apollon war.

„Ich lasse euch zwei Räume herrichten...“, setzte Zeus noch nach und erklärte damit, dass ich mir immerhin nicht ein Zimmer mit Thoth teilen musste. Dann hätte ich wohl keine ruhige Sekunde mehr, einfach weil Anubis Anwesenheit mich total verstören und Thoths einschüchtern würde.

„Ich führe sie in ihre Zimmer, das werde ich machen.“

Ich erstarrte auf der Stelle, als ich Apollons Angebot hörte. Meine Gesichtszüge entglitten mir klar deutlich für alle, so dass sogar Hades etwas nuschelte, dass wieder einmal nach „Mein Unglück ist schuld daran“ klang. Vielleicht hatte ich aber auch einfach nur darauf gehofft, dass er das sagte.

„Kommt mit, kommt mit. Ich zeige euch die schönsten Zimmer hier. Die aller schönsten.“

Es war ein Gefühl das ich noch nie in meinem Leben empfunden hatte. Absolute Panik, dass ich Zeit mit Apollon verbringen musste. Wenn ich tot gewesen wäre, wäre ein Ort wo er sich befand, meine persönliche Hölle gewesen.
 

Synchron pulsierten die Adern auf Thoths und meiner Stirn. Genauso synchron wie wir uns wahrscheinlich wünschten, dass dieser Idiot endlich die Klappe hielt. Er plauderte erst über die Zimmer, dann dass er dort mit Dionysos verstecken gespielt hatte, dass die Zimmer in der Schule von Zeus aber wesentlich schöner waren und so weiter. Irgendwann hatte sich mein Kopf eiskalt abgeschaltet und spielte stattdessen die Melodie von diversen Animeopenings, die weitaus weniger nervig waren als Apollon.

„Und hier ist dein Zimmer. Aphrodite verbringt hier hin und wieder etwas Zeit. Es wird dir sicher gefallen. Komm mit, komm mit.“

Inbrünstig ergriff Apollon meine Hand. Auf seinen Lippen lag wirklich dieses vorfreudige Grinsen, dass mit einem Mal erstarb. Ich spürte, wie der Griff um meine Hand fester wurde, der Blick in Apollons Augen leerer und sein Gesichter blasser. Etwas, von dem ich nie geglaubt hatte, dass das bei einem Gott möglich wäre.

„Un... möglich...“, wisperte er geistesabwesend, bevor er blinzelte und die Farbe in seine Wangen zurückfand.

Fragend sah ich zu ihm, als er seine Hand von meiner nahm. Etwas schien ihn vollkommen verstört zu haben. Die Frage war nur was. Aber sollte, oder viel mehr durfte ich fragen?

„Was hast du gesehen, Aho?“

Thoth war mir zuvor gekommen. Seine Neugierde war wahrscheinlich größer gewesen als meine eigene. Oder er scheute sich einfach nicht, im richtigen Augenblick die richtigen Fragen zu stellen.

„Nichts. Ich konnte bei Nya-chan absolut gar nichts sehen. Thoth-sensei, was bedeutet das?“

Mir lief ein kalter Schauer den Rücken hinab, als Apollon erzählte, dass er nichts bei mir gesehen hatte. Nichts gesehen? Hatte Apollon in meine Zukunft gesehen? Doch was bedeutete das?

Mein Blick wandte sich an Thoth. Ängstlich, weil ich fürchtete, nun doch nicht mehr nach Hause zu kommen. Thoth war gerade der einzige von dem ich mir Antworten erhoffte. Oder bei dem ich das Gefühl hatte, dass er mir nun genug Hoffnung geben konnte, damit ich wirklich angenehm ruhen konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe 1: Leider gottes erfüllt

Aufgabe 2: Erfolgreich überlebt

Aufgabe 3: Jop

Aufgabe 4: Hab ein schönes Zimmer

Aufgabe 5: Definitiv. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Monyong
2015-04-06T18:46:08+00:00 06.04.2015 20:46
Sososo, da geht die Eri mit Apollon auf ein Zimmer! :D xD
Antwort von:  Erenya
06.04.2015 20:46
nein geht sie nicht.


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