Im Schatten der Samurai von Bambusbesen (Sasori X Deidara X Gaara) ================================================================================ Kapitel 109: Akzeptanz und Erleichterung ---------------------------------------- Tief atmete Deidara durch. Vor ihm erhob sich das große Tor der Burg von Matsuyama. In ein paar Stunden hatte er hoffentlich endlich Gewissheit. Er wollte Gaara nicht verlieren. Aber in den letzten Monaten hatte er nur grübeln können, ob dem Rotschopf bewusst geworden war, wie wenig Einfluss man auf den Lauf der Dinge tatsächlich hatte. Ein anderer Akatsuki hätte Naruto genauso gut umbringen können. Wäre er es nicht gewesen, hätte es ein anderer getan. Das Tor öffnete sich. Mit festen Schritten betrat der Blonde den äußeren Innenhof. Sein Pferd folgte ihm am Zügel. Die abfälligen Blicke der Samurai ignorierte er wie meist. Heute wollte er sie nicht provozieren. Sein Ziel lag direkt vor ihm. Hinter der inneren Mauer ragte das Hauptgebäude der Burg auf, in dessen oberen Etagen sich Gaaras Gemächer befanden. Deidara überquerte den Hof, übergab das Tier an einen Stallburschen und machte sich auf den Weg zum Zentrum der Burg. In den Fluren wurde er von dem ein oder anderen geschäftigen Diener gegrüßt, längst nicht so höflich wie sie andere Krieger grüßten, aber auch das interessierte ihn wenig. Mit einem Ruck schob er die Tür zu seinem Zimmer auf. Kühle Luft begrüßte ihn. Während der Blonde die Tür hinter sich schloss, sah er sich um. Der Raum war ordentlich. Nirgendwo bedeckte Staub die Tatami oder den Tisch. Der Futon musste in den Wandschrank geräumt worden sein. Man hatte also dafür gesorgt, dass sein Zimmer sauber gehalten wurde. Deidara legte seine Tasche neben dem niedrigen Tisch ab. Der Umhang fiel von seinen Schultern und bildete zu seinen Füßen ein Häufchen Stoff. Sein Katana und das kleinere Wakizashi fanden ihren Platz in der Halterung im Wandschrank. Grob klopfte er sich getrocknete Erdkrümel und altes Laub aus dem Hakama, dann verließ er sein Zimmer wieder, um in einem unbeobachteten Moment den Geheimgang zu betreten, der ihn zu Gaaras Privatgemächern führte. Die Räume des Daimyô waren verwaist. Natürlich. Es war erst später Nachmittag und Gaara saß garantiert noch in seinem Arbeitszimmer, irgendwelche unglaublich wichtigen Dokumente wälzend. Der Blonde würde warten. Er ließ sich auf einem der weichen Sitzkissen am Kotatsu[67] nieder. Die Füße streckte er unter der Decke aus, die am Tisch befestigt war. Ein bisschen Restwärme des mit Kohlen gefüllten Kruges darunter hatte sich gehalten. Deidara seufzte wohlig und legte den Kopf auf dem Tisch ab. Endlich fühlte er mal wieder Wärme an seinen Füßen. In den billigen Herbergen war ab und an ein heißes Bad das einzige gewesen, was den Körper gewärmt hatte. Auf Honshû schneite es inzwischen schon. Die Nächte unter freiem Himmel waren grausam gewesen. Selbst ein Feuer hatte wenig ausrichten können, gerade so viel, damit sie eine Ahnung von einem warmen Schlafplatz erhielten und sich eine gemütliche Herberge ersehnen konnten, während sie auf dem harten, gefrorenem Boden zwischen ein paar Wurzeln lagen, die sie vor dem kalten Wind schützten. Zumindest blieb Shikoku von den kalten, weißen Flocken verschont. Ein weiteres leises Seufzen entrang sich Deidaras Kehle. Warme Füße zu haben, war herrlich. Eine Hand strich durch seine Haare. Erschrocken hob Deidara den Kopf und blickte direkt in jadefarbene Augen. Jetzt erinnerte er sich wieder. Er hatte in Gaaras Gemächern auf ihn gewartet und sich an den Kotatsu gesetzt. Anscheinend war er eingeschlafen. Langsam zog Gaara die Hand zurück. Der Rotschopf saß neben ihm am Tisch. In seinen Mundwinkeln zuckte für einen Moment ein Lächeln. „Guten Abend, Deidara“, sagte er leise. Aufmerksam betrachtete der Blonde seinen Liebsten. Da war keine Ablehnung in seinen Gesichtszügen und Augen zu erkennen. Seine Hoffnung wuchs, dass nicht alles verloren war. „Oi“, nuschelte er noch leicht verschlafen. Mit der Hand fuhr er sich durch das Gesicht und beförderte ein paar wirre Strähnen über die Schulter. Der junge Daimyô schob ihm eine Schale hin. Deidara richtete sich ein wenig mehr auf und nahm sie in die Hand, roch kurz daran. Grüner Tee. Warm schmiegte sich die Keramik an seine Haut. In einem Zug stürzte er das Getränk herunter. Das tat gut. Nachdem er die Schale abgestellt hatte, richtete sich sein Blick wieder auf Gaara. „Wie geht es weiter? Mit uns, hm?“, fragte er. Deidara wollte nicht länger warten. Zu lange schon quälte ihn diese Frage. Ging es überhaupt weiter mit ihnen? Gaara antwortete nicht gleich. Vermutlich legte er sich seine Worte zurecht, so wie er es bei schwierigen Antworten immer tat. Doch diese Eigenschaft machte Deidara gerade nur noch wuschiger. Das Bedürfnis, ihn einfach an den Schultern zu packen und die Antwort aus ihm herauszuschütteln, wurde verlockend mächtig. Endlich entschied Gaara sich zu sprechen. „Ich habe dich vermisst“, erklärte er zuerst. Der Blick seines Liebsten richtete sich auf die Teeschale. Beinahe abwesend fuhren seine Finger die Konturen der Schale nach. „Niemand kann ungeschehen machen, was vorgefallen ist. Es ist ein bedauerlicher Zufall, dass du derjenige warst, der die Klinge geführt hat.“ Die Worte tröpfelten leise über Gaaras Lippen, als spräche er zu sich selbst oder der Teeschale, die ein geduldigerer Zuhörer war als Deidara, dessen Nerven gespannt waren wie Sasoris vergiftete Stahlseile. „Mir ist bewusst, dass jeder von Akatsuki derjenige hätte sein können. Außerdem kannten wir uns zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht.“ Schwer atmete Gaara aus. „Narutos Tod belastet mich dennoch. Ich habe für seine Seele gebetet… Ich wünsche ihm, dass er in seinem neuen Leben, wenn er wiedergeboren wird, eine bessere Zukunft vor sich hat.“ Gaaras Finger löste sich von der Teeschale. Seine Lider hoben sich und Deidara konnte wieder direkt in seine Augen sehen. „Ich möchte, dass du bei mir bleibst.“ Diese letzten geflüsterten Worte fegten die schweren Steine, die seine Seele eingekeilt hatten, fort. Erleichtert atmete Deidara auf. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Diese wenigen Worte hatten ihn von seiner Angst befreit. Deidara fühlte sich plötzlich so leicht. Er hob seine Hand und strich über Gaaras Wange. Sie zitterte kaum merklich. Die Hand seines Liebsten legte sich auf seine. Gaara neigte den Kopf leicht, Deidaras Hand entgegen, und schmiegte sich gegen seine Handfläche wie zuvor die Teeschale. Nur war Gaaras Wange deutlich weicher als die harte Keramik. Welch seltsamer Vergleich. Deidara schob diese wirren Gedanken beiseite. „Danke“, murmelte Deidara. Seine Stimme bebte. Dass Gaara ihn nicht von sich stieß, bedeutete ihm unendlich viel. Trotzdem war es anders als zuvor. Zwei Monate hatten sie sich nicht gesehen. Jetzt mussten sie sich erst wieder aneinander gewöhnen und mit der neuen Lage umzugehen lernen. Am liebsten würde er Gaara einfach an sich ziehen und küssen. Aber noch war er vorsichtig, wollte sein Glück nicht überstrapazieren. So wanderten seine Finger von Gaaras Wange hoch in das rote Haar und strichen durch die kurzen Strähnen bis in seinen Nacken. Langsam zog er ihn näher zu sich. Der Rotschopf gab ihm nach. Die jadefarbenen Augen schimmerten warm im Licht der Öllampe. „Darf ich dich küssen, hm?“, fragte Deidara leise. Es schien alles so unwirklich. Als träume er noch, das Ersehnte wäre wahr war geworden und wenn er nun eine falsche Bewegung machte, zerplatzte der Traum wie eine Blase. Ein zustimmendes Kopfneigen gab ihm die Erlaubnis. Aufgeregt klopfte sein Herz. Dabei war das nicht einmal ihr erster Kuss. Doch er hatte definitiv eine besondere Bedeutung. Gaara akzeptierte einen Teil seiner Vergangenheit, den er nicht rückgängig machen konnte und der für Gaara schmerzhaft war. Deidara näherte sich weiter und verschmolz ihre Lippen miteinander. Wie sehr hatte er es vermisst, seinen Liebsten zu küssen? Er schmeckte so gut. Der zuerst sanfte Kuss gewann bald an Leidenschaft, beflügelte ihn die zurück erlangte Gewissheit, von Gaara geliebt zu werden. Wie üblich vergruben sich Gaaras Hände in seinem Haar, ließen ihn wissen, dass der Rotschopf seine Worte ernst meinte. Dessen Erwiderung in ihren Berührungen zu spüren, zerstörte die letzte Unsicherheit, die sich noch in einer Ecke seines Geistes hielt. Ihre Ehe würde diese Offenbarung von Karin überstehen. Schließlich lösten sie ihren Kuss. Deidara atmete hörbar ein, um seine Lungen wieder mit Luft zu füllen. Sanft lehnte Gaara seine Stirn gegen die des Kriegers. „Willkommen zurück“, hauchte er gegen Deidaras Lippen. _____________________________________________ [67]Kotatsu: Ein Tisch mit Decke, der beheizt wird. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)