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Wie Regen nach der Trockenheit

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VI.

Dudley lernte schnell, dass es die Hexen und Zauberer gab, die ihm gegenüber aufgeschlossen waren und ihn durchaus schätzen – und dass es diejenigen gab, die ihm mit Vorurteilen und regelrechter Verachtung begegneten. Pansy Parkinson aus der Abteilung für Magische Unfälle und Katastrophen, Abteilung Vergissmich-Zentrale, gehörte zu denjenigen, die ihn nicht ausstehen konnten. Als er dort einen kurzen Vortrag über Muggel und ihre Lebensweise hielt, damit für die Mitarbeiter der Abteilung klarer war, wann sie Vergessenszauber verwenden mussten und welche Entschuldigungen wirklich muggelgerecht waren, strafte sie ihn die ganze Zeit mit Herablassung und niederträchtigen Fragen. Ihr Vorgesetzter wies sie zwar durchaus in ihre Schranken, aber sie machte keinerlei Hehl daraus, dass sie ihn für vollkommen überflüssig hielt. Dudley konnte es ihr noch nicht einmal verdenken. Warum sollte sich jemand, der mit Magie quasi alles erreichen konnte, was er wollte, Gedanken darüber machen, wie das Leben für jemanden war, der das nicht konnte? Insbesondere, wo sie die Macht hatte, jeden Muggel einfach alles vergessen zu lassen, was ihm wiederfahren war? Macht gehörte eben zu den Dingen, mit denen manche Leute einfach nicht umgehen konnten. Und Magie bedeutete Macht.

Das wurde Dudley immer bewusster. Und gleichzeitig wurde ihm auch bewusst, dass er in der Vergangenheit die Macht, die er hatte, auch ausgenutzt hatte. Die Macht, die ihm die bevorzugte Behandlung seiner Eltern und ihre psychische Misshandlung von Harry über diesen gegeben hatte. Die Macht, die ihm seine körperliche Kraft über seine Gang und – wieder – über Harry gegeben hatte. Aber er wusste auch, wie sich der Machtverlust anfühlte, wenn man nämlich auf einmal nicht mehr der war, den alle in einem sehen wollten.

An diesem Abend entschuldigte er sich bei Harry. Ohne Einleitung, ohne irgendeine Begründung. Er entschuldigte sich einfach nur für das, was er als Kind und Teenager getan hatte. Harry nickte dazu nur. Mehr war auch nicht notwendig und mehr hatte Dudley auch nicht erwartet. Manche Dinge musste man einfach einmal aussprechen, damit sie endlich gesagt waren.
 

Das komplette Gegenteil zu Miss Parkinson war Dean Thomas, der in der Zentrale der Britischen und Irischen Quidditch-Liga arbeitete. Sie waren sich einmal zufällig in der Kantine über den Weg gelaufen. Hermione hatte sie einander vorgestellt und danach waren sie aus dem Fachsimpeln über Fußball gar nicht mehr herausgekommen. Dean war ein riesiger Fan von West Ham United, während Dudley dagegen den FC Chelsea favoritisierte. Die beiden Mannschaften standen diese Saison sehr gegensätzlich da: Chelsea spielte im oberen Viertel mit, während West Ham sich am Ende der Tabelle bewegte. Nichtsdestotrotz bedeutete das interessante Gespräche, die für Dudley eine wunderbare Erholung von all den neuen Eindrücken der Zaubererwelt waren.

Es gab andere Hexen und Zauberer, die sich ihren Gesprächen manchmal anschlossen oder die Dudley auf dem Flur ansprachen und nach seiner Meinung und seiner Erfahrung fragten. Er fühlte sich in den nächsten Zeit allmählich angekommen. Er bekam ein Büro in der zweiten Etage, zwischen dem Büro gegen den Missbrauch von Muggelartefakten und der Magischen Strafverfolgungspatrouille. Dort war momentan einfach Platz und mit Arthur Weasley verbrachte er eh die meiste Zeit, wenn auch dicht gefolgt von Marigold Wood, der Leiterin des Komitees für muggelgerechte Entschuldigungen.

Irgendwie schien er so langsam seinen Platz in diesem lebhaften und auf seltsame Art organisierten Chaos zu finden. Außerdem machte ihm die Arbeit allmählich auch Spaß. Und er lernte viel über die Verbindungen, die längst zwischen der Muggelwelt und der Zaubererwelt bestanden. Denn natürlich gab es nicht nur muggelgeborene Hexen und Zauberer sowie die Squibs. Nein, natürlich gab es auch einen direkten Draht zwischen dem Zaubereiminister und dem Premierminister. Außerdem hatte er festgestellt, dass es gar kein Problem war, von seinem Konto bei der Zaubererbank Gringott's, das er seit kurzem besaß, Geld auf ein Muggelkonto bei der Royal Bank of Scotland zu überweisen, damit er wiederum Muggelgeld zur Verfügung hatte. Er nutzte dieses unter anderem für eine Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, das er wenigstens jeden zweiten Abend aufsuchte. Er tat das einfach für sich, für seine Gesundheit, seinen Körper und zum Stressabbau. Es tat ihm gut und es gefiel ihm, dass er zusehen konnte, wie die Pfunde allmählich purzelten. Er fühlte sich wohler und weitaus selbstbewusster. Er bekam allmählich Anerkennung. Für seine Arbeit und diejenigen, die sich allmählich zu Freunden entwickelten, stellten auch fest, dass er sich körperlich veränderte. Er hatte langsam das Gefühl, an einem Ort angekommen zu sein, wo er sich möglicherweise wirklich wohl fühlen konnte. An einem Ort, an dem die Möglichkeit bestand, das er einfach er selbst sein konnte.
 

Woran er sich allerdings noch nicht so richtig gewöhnt hatte, war, dass er Blaise nun mit schöner Regelmäßigkeit über den Weg lief. Ihre Büros befanden sich auf der gleichen Etage, sie nutzten die gemeinsame Küche, in der es Kaffee, Tee, Wasser und Kürbissaft gab, und die gleiche Toilette. Das bedeutete, sofern Blaise nicht gerade Außendienst hatte, sahen sie sich nahezu täglich. Und natürlich kamen sie immer wieder ins Gespräch.

„Hey Dudley.“ Der Angesprochene musste sich noch nicht einmal umdrehen, als er angesprochen wurde, während er in der Küche seine Kaffeetasse füllte. Blaises Stimme erkannte er natürlich sofort.

„Hey“, grüßte er lässig zurück und nickte dem anderen freundlich zu. Mittlerweile wusste er, dass Blaise als sogenannter Eingreifzauberer im Endeffekt das machte, was die Bobbies in der Muggelwelt taten. Er hatte auch die eine oder andere Geschichte über seine praktische Arbeit gehört und war angemessen beeindruckt gewesen. Es gehörten offenbar gewisse Talente im Umgang mit Magie und ein schneller Zauberstab dazu, diesen Job effektiv und ohne größere Blessuren auszuüben. Dagegen war er selbst natürlich eine absolute Niete. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass sich sein Hemd langsam über wachsenden Muskeln spannte, und er seine Aufgaben hier im Ministerium erfolgreich erledigte.

Er lehnte sich betont lässig gegen den magisch betriebenen Kühlschrank, während Blaise wiederum nach der Kaffeekanne griff und seine Magic rules-Tasse füllte.

„Oh, bei Merlin, ich sterbe für Kaffee“, seufzte dieser leise.

„Das tust du jeden Morgen“, gab Dudley spöttisch zurück. „Du solltest vielleicht einfach etwas mehr schlafen.“

Ein finsterer Blick traf ihn aus den dunklen Augen. „Das sagt sich so leicht. Wir jagen momentan eine Sabberhexe, die offenbar einige Kinder bedroht hat und dazu neigt, um Kindergärten herumzuschleichen. Wir sind rund um die Uhr im Einsatz und ich war erst heute Morgen um 2.00 im Bett.“

„Dafür siehst du bemerkenswert gut aus.“ Dudley rutschte der Satz raus, ehe er genauer darüber nachgedacht hatte. Gott sei Dank wurde er nicht rot, als Blaise ihn mit geschürzten Lippen ansah.

„Mein Lieber, ich sehe immer gut aus. Das ist der Fluch meiner Familie.“ Theatralisch warf er beide Arme in die Luft und kleckerte dabei mit seinem Kaffee auf den Teppich. „Und genau dieser Fluch sorgt dafür, dass unsere Beziehungen grundsätzlich miserabel laufen. Ich meine, meine Mutter steuert gerade ihre neunte Ehe an. Das sagt schon alles, oder?“ Er nahm einen großen Schluck von seinem Kaffee.

„Manchmal hilft es, wenn man sein bisheriges Muster durchbricht.“ Dudley hob die Schultern. „Aber was weiß ich schon von deinen Problemen?“ Spöttisch spielte er auf die so offensichtlichen Attraktivitätsunterschiede zwischen ihnen an.

Blaise betrachtete ihn über den Rand seiner Kaffeetasse. „Dursley, ich bin für deine Gedankensprünge gerade eindeutig noch nicht wach genug.“

„Ach, ist nicht wichtig...“, murmelte Dudley und widmete seine Aufmerksamkeit seinem Kaffee.

„Wie du meinst.“ Blaise hob die Schultern. „Ich muss zur Teambesprechung. Wir sehen uns.“

Dudley sah der Eingreifzauberer nach, wie er davon schlenderte. Sogar diesen Gang würde er unter hunderten wiedererkennen. Es war doch hoffnungslos. Dudley seufzte leise. Er musste sich wohl doch langsam eingestehen, dass er vollkommen verknallt in diesen Mann war, über den er nicht allzu viel wusste. Und von dem er vor allem überhaupt nicht wusste, ob er überhaupt romantisches Interesse an Männern hatte.
 

Diese Begegnung an der Küche hatte leider den Effekt, dass er den Rest des Tages mit seinen Gedanken nicht bei der Sache war. Eigentlich musste er einen Vortrag vor der gesamten Magischen Strafverfolgungspatrouille vorbereiten. Deren Abteilungsleiter Louis Macmillan war bislang nicht davon zu überzeugen gewesen, dass es für seine Mitarbeiter von Vorteil sein konnte, mehr über Muggel und ihre Welt zu wissen, um effektiver ihrer Arbeit nachgehen zu können. Nachdem sich Kingsley Shacklebolt höchstpersönlich jedoch eingeschaltet hatte, hatte Louis Macmillan diese Option noch einmal überdacht und Dudley sollte nun am nächsten Tag diesen Vortrag halten. Wenn man es genau nahm, würde das kein reiner Vortrag, sondern vielmehr eine Art Workshop sein. Dudley graute davor, dass ausgerechnet Blaise vor ihm sitzen würde, wenn er sich zum Deppen machen musste. Und das würde er. Blaises Anwesenheit würde schon dafür sorgen. Er musste dringend irgendein Konzept entwickeln, denn er wusste, dass er im Improvisieren selten gut war. Und doch konnte er keinen wirklich klaren Gedanken fassen. Wieder und wieder sah er Blaises Gesicht vor sich, bis er irgendwann am späten Nachmittag aufgab, sich in den frühen Feierabend verabschiedete und zum Sport ging. Dort konnte er wenigstens den Kopf abschalten und sich einfach auf Bewegung, Übungen und Gewichte konzentrieren.
 

Als er schließlich zurück in den Grimmauld Place kam, warteten Harry und Ginny schon auf ihn.

„Wir haben große Neuigkeiten, Dudley“, sagte Harry strahlend. Er hatte den Arm liebevoll um Ginny gelegt und die beiden umgab ein ganz eigenes Strahlen.

Irgendwie ahnte Dudley, was kommen würde.

„Ich bin schwanger“, verkündete Ginny und ihr Lächeln wuchs noch mehr in die Breite.

„Das ist wunderbar. Ich freue mich für euch“, sagte Dudley ehrlich und umarmte die beiden. Gleichzeitig fragte er sich jedoch, was das für ihn bedeuten mochte. „Wann ist es soweit?“

„Ausgerechnet ist der 23. Oktober. Wir sind schon ganz aufgeregt.“ Ginny drückte vor Begeisterung Harrys Hand so fest, dass dieser leise quietschte.

„Wundervoll.“ Dudley lächelte breit. Er würde zusehen müssen, dass er etwas eigenes fand. Natürlich würden ihn die beiden nicht rauswerfen, aber sie würden eine Familie gründen. Sie würden diese Zeit gemeinsam verbringen wollen. Er war dabei nur im Weg. Oh, bei Merlin, er brauchte unbedingt eine eigene Wohnung. Irgendwie musste er damit anfangen. Ob sich in der Winkelgasse vielleicht etwas finden würde? Eine Muggelwohnung ginge natürlich auch... Aber wenn sie nicht an das Flohnetzwerk angeschlossen war, dann...

Und eine WG mit einem Zauberer oder einer Hexe? Dann hätte er nicht mehr das Problem mit der Magie, die er für den Weg in das Ministerium benötigt... Dudley hatte keine Ahnung, wie er das hinbekommen sollte. Seine Gedanken rasten, während er mit Ginny und Harry anstieß – Harry und er mit dem berühmten Lovegood'schen Lenkpflaumensekt, Ginny mit Kürbissaft. Es würde sich alles ändern. Und das gerade in dem Moment, in dem er anfing, wieder Boden unter den Füßen zu spüren. Jetzt kam er sich vor, wie jemand, der in der Wüste ausgesetzt wurde, und keine Ahnung hatte, in welche Richtung er gehen sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Traumfaengero_-
2017-04-25T22:07:59+00:00 26.04.2017 00:07
Oh Gott, jetzt ist sie auch noch schwanger! Es tut mir ja leid, aber ich kann bei ihr nie dieses seltsame Gefühl los werden. U.U

Die Szene mit Blaise in der Küche war ja herrlich! Ich mochte sie unglaublich gern! Jetzt warte ich natürlich darauf, wie es weiter geht.

Liebe Grüße Traumfänger
Von:  Libellchen
2017-04-25T10:00:16+00:00 25.04.2017 12:00
Harry und Ginny werden ihn mit Sicherheit nicht einfach so rausschmeißen. Der Grimmauldplace ist groß genug um ein Kinderzimmer einzurichten und Dudley trotzdem noch dort wohnen zu lassen. Und das Baby kommt ja auch nicht sofort, so dass genug Zeit ist, sich eine praktible Lösung für Dudley zu überlegen.
Die Begegnungen mit Blaise sind drollig. Ich bin gespannt, wie es für die Beiden weitergeht und wie sich Dudley dauerhaft in der Zaubererwelt macht.
Von:  -KruemelKekschen-
2017-04-23T09:57:18+00:00 23.04.2017 11:57
Schön dass er sich so schnell eingelebt hat :D
Das war der neustart, den er gebraucht hat.
aber warum musste er alles so schwarz malen?
das Ginny schwanger ist, ist doch kein weltuntergang, es klappt ja immer alles irgendwie :)


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