Beat of a Damned Lover von Khaosprinz (Übersetzung der gleichnamigen FF auf ff.net) ================================================================================ Kapitel 13: Ganz Allein ----------------------- „Was willst du, Boris?“ Bryan drehte sich noch immer nicht um. Er würde den Mann nicht anschauen, er glaubte nicht, dass er den Mann anschauen konnte, ohne nach der erstbesten Waffe zu greifen, die ihm in die Hände kam. Was hielt ihn eigentlich davon ab? Er wollte Boris töten, warum zögerte er also? Boris hatte keine Kontrolle mehr über ihn, warum nicht also einfach umdrehen und den Kerl mit dem kleinen Messer umbringen, das geradezu danach schrie, aus seiner Tasche in seine Hand zu wandern? Es wäre so einfach; Bryan machte sich keine Gedanken darum, ins Gefängnis zu kommen, niemand würde wissen, dass er es war. Die Straße war so voll, dass Bryan schon längst weg sein würde, sobald irgendjemand überhaupt merkte, dass Boris tot war.   „Du hast mich immer schon enttäuscht, Bryan.“ Boris' Stimme war dunkel und kühl, aber Bryan hörte jedes Wort und es machte ihn wütend. „Seit deiner Niederlage gegen Ray hast du deine Schärfe verloren, und jetzt entdecke ich, dass du dich einigen widerlichen Gewohnheiten verschrieben hast.“   Bryan runzelte die Stirn; er war sich nicht ganz sicher, wovon Boris sprach, aber er sagte nichts. Jahrelange Erfahrung hatten Bryan beigebracht, dass Boris einen Grund hatte, hier zu sein, und nicht nur, um über widerliche Gewohnheiten zu schwatzen.   „Bestreitest du es?“, fragte Boris.   „Wie kann ich etwas bestreiten, wenn ich nicht einmal weiß, wovon du redest?“, erwiderte Bryan.   Erst war Stille hinter ihm, doch dann sagte Boris: „Es gab mal eine Zeit, in der ich dich für solch einen schnippischen Kommentar windelweich geprügelt hätte.“   „Dann versuch's doch!“, knurrte Bryan, „gib' mir einen Grund, dir das Genick zu brechen, bitte!“   „Gib' du mir doch einen Grund, Kai in die Brust zu schießen, bitte“, war Boris' noch immer lässige Antwort.                                                                                                     „Wo bin ich?“   Ray fand sich in die leuchtenden, saphirfarbenen Augen Talas aufblickend wieder; als er in das Gesicht des Wolfes schaute, verweilte er auf der Dunkelheit in den Augen, das Blau war tiefer, dunkler und kälter, aber als Ray weiter in sie hineinstarrte, erhellten sie wieder und wurden eisblau, so, wie Ray sie kannte.   „Wo bin ich?“, wiederholte er; er versuchte, sich daran zu erinnern, was geschehen war, aber sein Kopf war leer. Abgesehen von der Erinnerung, dass er in Talas Zimmer nach seinen Sachen gesucht hatte. „Was hast du mit mir gemacht?“, flüsterte er.   Tala sagt nichts und starrte lediglich hinab auf den Neko-Jin, dessen unergründliche, goldene Augen sich in Verwirrung und ansteigender Panik umsahen. Matthew Hiawari stellte sich neben den Rotschopf und er blickte ebenfalls auf den Neko-Jin hinab, doch sein Gesicht war voller Boshaftigkeit und einer Kälte, bei der Ray erschauderte.   „Tala“, versuchte Ray es erneut, eine Antwort von dem Rothaarigen zu kriegen, aber Tala schwieg, während Matthew Hiwatari einen weiteren Schritt in Richtung Ray machte. Der Tiger versuchte, sich zu bewegen, doch seine Muskel waren schwer und träge, sein Kopf drehte sich und daher fiel er in seinen Sessel zurück.   „Sediere ihn“, sagte Matthew naserümpfend, „ich nehme an, Boris will ihn sich sofort anschauen, wenn er zurück ist.“   „Was auch immer Sie sagen“, spottete Tala.   „Das tue ich.“ Matthew wandte sich um, um den Raum zu verlassen. „Außer natürlich, du willst Boris' Befehle verweigern. Das wäre traurig, vor allem nach all den Jahren, die du ihm schon so treu dienst.“ Er öffnete die Tür und drehte den Kopf, um über seine Schulter zu Tala zu schauen. Der war bitter, dass er Matthews Anweisungen folge leisten musste und holte eine neue Spritze hervor. Mathews Lächeln war selbstgefällig, als er mit einem Klicken der Tür den Raum verließ.   Tala wandte sich zurück zu Ray, der genug bei der Sache war, um zu begreifen, was Tala vorhatte. „Komm' her, Mietze“, wisperte er.   „Tala, bitte, nicht“, nuschelte Ray, „bitte nicht. Ich werd' nicht versuchen, abzuhauen, tu's einfach nicht...“ Seine Stimme verhallte; ihm wurde schlecht, als sich alles vor seinen Augen drehte. „... bitte... nicht...“                                                                                                     Kai schaute hoch in den nächtlichen Himmel und fragte sich, wo Bryan war, während er gleichzeitig versuchte, nicht über den Falken nachzudenen; er hatte Kopfschmerzen, und das was er gerade eindeutig nicht brauchte, war jemand, der ihn reizte. Zu blöd, dass der Eindringling, der ein Fenster im Erdgeschoss zerstört hatte, nicht genauso dachte. Kai seufzte genervt, bewegte sich aber kein Stück von seiner Position auf dem Schlafzimmerboden. Es war ihm egal, was sie nahmen; was ihn anging, so war es nur Zeug und er konnte sich immer neues holen. Den Behörden erklären, warum er auf dem Boden seines Schlafzimmers gelegen hatte, um aus dem Fenster zu schauen, während jemand seinen Besitz plünderte würde jedoch ein Problem sein, aber Kai dachte sich, dass er wahrscheinlich einen Anwalt dafür bezahlen konnte, das für ihn zu erledigen.   Hölle, er war reich genug.   Es irritierte ihn, dass solange er versuchte, nicht über Bryan nachzudenken, seine Gedanken zu den Bladebreakers wanderten; die Kette, die um seine Finger gewickelt war und sich kalt anfühlte, hatte sich nun in seiner Hand erwärmt und der schwarze Anhänger leuchtete im Mond, der durch das Fenster hinabschien. Er dachte über das nach, was Ray gesagt hatte.   Kai war kein schlechter Mensch.   „Blöder Neko-Jin“, schnaubte Kai, „wie falsch kann er eigentlich liegen.“ Er hatte jemanden getötet, es gab nichts Gutes in ihm, nur Böses. Wenn nur-   „Ein großes, flauschiges Schaf mit Zähnen, zwei große, flauschige Schafe mit Zähnen, drei-“   Die Stimme durchbrach die Stille der Nacht wie ein Nebenhorn und Kai schoss kerzengerade in die Höhe, um sich wild umzuschauen. „Bryan!“   „Pscht, ich zähle Schäfchen. Zehn große, flauschige Schäfchen mit Zähnen und einem großen, pink leuchtenden Hut, elf große, flauschige-“   „Wo zur Hölle bist du?“ Kai stand wütend auf und begann, die vielen Wanschränke, die an der einen Wand standen, zu öffnen. „Komm' da raus, sofort!“   „Pscht, ich bin beschäftigt! Fünfzehn große, flauschige Schäfchen die eine große Nase und ein kleines Gemächt haben... warte, war es das oder fünfzehn große, flauschige Schäfchen die kleine Nasen haben, aber einen sehr großen Schw-“   Kai riss den großen Schrank neben der Tür auf und fand Bryan darin vor, der einen Gesichtsausdruck hatte, den man ziemlich selbstgefällig nennen konnte. „Was zum Henker?“, fragte Kai relativ ruhig, auch wenn er innerlich kochte. „Verschwinde aus meinem Schrank.“   „Aww, aber mir gefällt's hier drinnen!“, jammerte Bryan, „erinnerst du dich nicht an das erste Mal, dass ich hier war? Du hast mich hier reingeschubst, als Voltaire Klopf-Klopf gemacht hat.“   „Halt einfach den Mund und komm aus meinem Schrank raus!“, fauchte Kai.   „Aww, komm' schon, mach mit! Ich rede nur über die guten, alten Zeiten.“   Kais Augen verengten sich gefährlich, aber Bryan natürlich, der unser aller Lieblings-Bryan war, genoss dies. Er schmollte: „Geldjunge macht keinen Spaß.“   „Verschwinde zum Teufel noch eins aus meinem Schrank.“   „Nein.“   „Jetzt!“ Kai schaute den Falken böse an, während er sich an all die Gründe erinnerte, weswegen er den Kerl so lange gehasst hatte. Er zerrte an Bryans Oberteil; der Falke schaute seelenruhig runter auf die blassen Finger, die an seinem Hemd zogen, und seufzte mitfühlend.   „Du musst dich wirklich mehr anstrengen, Geldjunge.“ Bryan grinste in die lodernden, roten Augen. „Du musst stärker ziehen.“   „Komm einfach aus dem verdammten Schrank raus.“   „Aber warum? Es kotzt dich so sehr an.“   Kai knurrte und drehte sich wütend von Bryan weg. „Verschwinde einfach.“   „Nein“, feixte Bryan, „du solltest mittlerweile wissen, Geldjunge, dass du mich nicht loswirst, selbst wenn du wolltest.“   Kai wirbelte hitzig herum. „Du hast absolut keine Scheißidee, was ich will und was ich nicht will.“   „Du willst, dass Boris stirbt, du willst wissen, warum Tala sich wie ein verklemmtes Arschloch benimmt, du willst wissen, warum du die ganze Zeit so wütend bist und du willst, dass ich meine verdammte Fresse halte, weil du weißt, dass ich Recht habe.“   „Oh, halt einfach dein verdammtes Maul“, knurrte Kai.   „Ich schließe meine Beweisführung ab.“ Bryan trat aus dem Schrank und stellte sich vor Kai. „Nun, ich kann die ganzen Fragen nicht beantworten, aber eine Sache kann ich dir sagen.“   „Und das wäre?“, fragte Kai mit einem seltsamen Gefühl.   „Dass ich ein verdammt guter-“   „BEENDE diesen Satz bloß nicht“, sagte Kai durch zusammengebissene Zähne.   Bryan grinste. „Aw! Geldjunge hat also keinen Bock.“   „Ist das alles, woran du denkst?“ Kai massierte seine Schläfe und ging zum Fenster.   „Nein!“ Bryan fühlte sich beleidigt. „Ich esse auch!“   Kai seufzte und verbarg sein Gesicht mit seinen Händen. „Großartig, ich hab' mit einem sexbesessenen Tyson geschlafen.“   „Die Andeutungen nehm' ich dir übel.“   „Dann geh' und nehm' sie mir woanders übel“, grollte Kai, „ich will dich nicht sehen, also verpiss' dich.“   „Aw, Geldjunge ist gemein!“, schmollte Bryan, „klein Bryan ist traurig.“ Er wimmerte in Spott.   Kai riss der Geduldsfaden. „Schön. Du bleibst hier und ich gehe.“   Bryan schnappte nach Luft. „Heißt das, ich hab' unseren kleinen Krieg geownnen?“   Kai stürmte ohne Bryan eines weiteren Blickes zu würdigen raus; er war so sauer und er wusste nicht, warum. In Kais Zimmer hingegen wartete Bryan, bis Kais Schritte verhallten, bevor er ruhig zu den Balkontüren ging. Sie öffnend, ging er raus aus auf den Balkon und schaute in den Nachthimmel.   Er war nicht der Typ, der die Sterne anstarrte und über sein Problem nachdachte; das war viel zu schrullig für ihn, aber jetzt gerade war er... verwirrt. Es war schwierig und Bryan war es nicht gewohnt, schwierige Entscheidungen zu treffen; er dachte zurück an das, was Boris gesagt hatte, und knurrte bitterlich. Er würde den Mann sterben sehen, und wenn es das letzte war...   Rückblick.   Erst war Stille hinter ihm, doch dann sagte Boris: „Es gab mal eine Zeit, in der ich dich für solch einen schnippischen Kommentar windelweich geprügelt hätte.“   „Dann versuch's doch!“, knurrte Bryan, „gib' mir einen Grund, dir das Genick zu brechen, bitte!“   „Gib' du mir doch einen Grund, Kai in die Brust zu schießen, bitte“, war Boris' noch immer lässige Antwort.   Bryan erstarrte; davon redete Boris also, irgendwie hatte er von Bryans 'Eskapaden' mit Kai erfahren. Bryan seufzte und dachte, dass er es genauso gut einfach von den Dächern der Stadt schreien konnte. 'ICH HATTE SCHWULEN SEX MIT KAI HIWATARI UND ER MOCHTE ES!', dann würden zumindest alle darüber Bescheid wissen und Bryan musste sich nicht mit sinnlosen Unterhaltungen rumärgern, die er mit Menschen hielt, die er langsam in Stück reißen wollte.   „Hast du geglaubt, ich würde es nicht 'rausfinden?“, fragte Boris ruhig, „Ich entdecke alles und jetzt habe ich erneut die Kontrolle.“   Bryans Lippen kräuselten sich. „Was willst du, Boris?“, knurrte er.   „Ich will, dass du tust, was ich dir sage.“ Bryan konnte Boris' heißen Atem in seinem Nacken spüren und er schüttelte sich vor Ekel. „Sonst können Menschen verletzt werden.“   Bryan schnaubte. „Als ob es mich jemals interessiert hat, dass Menschen verletzt werden.“   „Du möchtest doch nicht, dass Kai etwas geschieht, oder?“   Bryans Augen verengten sich zu Schlitzen. „Mach mit Hiwatari, was du willst, ist mir egal.“ Er bluffte und sie beide wussten dies; sie beide wussten, dass Bryan absolut keinen Grund unter den Füßen hatte. Boris hatte wieder die Kontrolle und wie jedes Mal gab es nichts, was Bryan tun konnte.   „Was willst du?“, fragte Bryan, seine Stimme kalt.   „Simpel“, antwortete Boris, „Ich will Kai.“   Rückblick Ende.   … nun schaute Boris runter auf das Gelände und erinnerte sich an Boris Befehl: Stell Kai eine Falle. Bryan hatte gelacht, sich gefragt, warum er auch nur irgendetwas für Boris machen sollte... aber dann hatte Boris sein Ass im Ärmel ausgespielt. Boris hatte Tala. Zumindest hatte er das Bryan gesagt. Und wenn Boris seinen engsten Freund lebendig wiedersehen wollte, musste er Kai übergeben. Bryan knurrte; Tala war sein Freund... und dennoch hatte jener Kai sein Geheimnis verraten. Er hatte Kai von Tony erzählt. Er hatte diese Dinge gesagt, die Bryan innerlich zum Überkochen gebracht hatten. Aber. Er durfte Tala nichts geschehen lassen, denn Tala war sein Freund... oder?   Tala war sein Freund... nicht?                                                                                                     „Ich dachte, Sie wollten Kai alleine, um ihn zu töten“, sagte Tala, als er zu Boris ins Büro kam.   Boris lächelte kalt. „Ich denke, ich werde Bryan noch ein wenig länger mitspielen lassen.“   Tala runzelte die Stirn. „Aber warum? Es ist nicht nötig, Bryan da mit 'reinzuziehen.“   „Bist du hier, um zu gehorchen, oder um mich anzuzweifeln?“, fragte Boris scharf.   „Natürlich um zu gehorchen, Master Boris“, erwiderte Tala geschmeidig, „ich war lediglich neugierig, warum Sie Bryan in ihre Pläne integriert haben.“   Boris lachte. „Wenn du nicht verstehst, warum ich das tue, dann kennst du mich kein bisschen, Tala.“   Tala schwieg. Er kannte Boris weit besser, als Boris wusste, alles, was er tun musste, war still zu sein, damit Boris ihm alles erklärte, unfähig, sich nicht zu rühmen.   „Wenn Kai stirbt, welchen Menschen werden sie sich zuerst anschauen?“, sagte Boris.   „Den jähzornigen Diener, den Kai vor ein paar Tagen gefeuert hat?“   „Nein.“ Boris warf Tala einen genervt-verwirrten Blick zu und drehte sich zum Fenster. „Die ganze Welt weiß von dem Hass zwischen Kai und mir. Wenn jemand Kai tot und ohne jeden Hinweis auffindet, werden sie sofort an meiner Tür klopfen... außer, es gibt wasserfeste Beweise, dass jemand anderes an Kais Tod schuld war.“   „Sie werden Bryan Kais Tod anhängen?“ Talas Augen verengten sich. „Wenn Sie glauben, dass das passiert, dann sind Sie ein Narr! Es gibt absolut keine Möglichkeit auf der Welt, dass Bryan das zulässt!“   „Kuznetsov hat den Eindruck, ich würde dich gefangen halten. Wenn er mir Kai gibt, bekommt er dich zurück. Wenn er Kai behält verliert er dich. Bryan weiß, dass die einzige Möglichkeit, euch beide zu behalten, ist, zu tun, was ich ihm sage.“   „Sir, wenn ich das sagen darf, ich glaube nicht-“   „Behalte deine Gedanken für dich selbst, Ivanov!“, knurrte Boris, „solltest du nicht eigentlich ein Auge auf unseren kleinen Neko-Jin werfen?“   Tala zog sich zurück. „Natürlich, Sir.“   „Ist er immer noch sediert?“   „Natürlich, Sir“, antwortete Tala, „ich habe ihn erneut betäubt, sobald Mr. Hiwatari weg war, und er ist noch nicht wieder bei Sinnen.“   „Gut, allerdings würde ich mich sicherer fühlen, wenn du ihn persönlich bewarchst, da es dort keine Sicherheitskameras mehr gibt.“   Tala verstand die Andeutung; er verließ Boris Büro und ging durch die kalten Steingänge die Treppen hinab zu den Zellen im Keller.                                                                                                     Kai ging in Talas Raum in der kleinen, nutzlosen Hoffnung, dass der Wolf da wäre. Ehrlich gesagt vermisste Kai seinen engsten Freund und er jetzt, wo er Bryan nicht haben konnte, sickerten all diese Gefühle der Einsamkeit in ihn zurück, sodass er sich schwach und lächerlich fühlte. Er dachte darüber nach, das Hotel zu kontaktieren um mit den Bladebreakers zu reden, wohl wissend, dass immer einer von ihnen wach war, egal zu welcher Uhrzeit. Aber sein Stolz hatte ihn aufgehalten. Er hatte zu Bryan zurückgehen wollen, aber auch das konnte er nicht. Seine Fantasie versorgte ihn durchweg mit Bildern eines toten Mannes, den er nie getroffen, aber getötet hatte. Er hatte sich noch nie so gefühlt, er wusste nicht, wie er reagieren sollte; wie konnte man sich schuldig fühlen, jemanden umgebracht zu haben, den man gar nicht kannte? Andererseits, wie konnte man sich nicht schuldig fühlen, wenn man der Grund für den Tod eines anderen Mannes war?   Und Bryan hatte ihn gekannt. Kai hatte jemanden getötet, den Bryan gekannt hatte, und wieder und wieder schwirrte dieser Gedanken in Kreisen durch seinen Kopf wie eine Aufnahme, die sich nicht stoppen ließ. Das Gefühl ging einfach nicht weg, egal wie sehr er es beiseite schob, es verschwand nicht. Er wollte sich nicht von Bryan fernhalten, aber wie konnte er sich ihm nähern, wenn er jemanden ermordet hatte? Kai schaute finster an die Wand und trat wütend nach dem Müllkorb, sodass der durch den Raum flog und seinen Inhalt auf dem Boden verteilte.   Kai versteinerte.   Er starrte lange Zeit auf den Boden.   Er starrte lange Zeit auf den Reisepass.   Er starrte lange Zeit auf Rays Reisepass.   Genau den Reisepass, von dem Tala gesagt hatte, dass er ihn Ray wiedergegeben hatte.   Was ging hier vor?                                                                                                     Tala steckte den Schlüssel in das Schloss der Tür, hinter welcher Ray gefangen war, nachdem er ihn aus seiner Tasche geholt hatte. Er hatte Boris gesagt, er hätte Ray wieder betäubt.   Er hatte gelogen.   Er hatte Ray nicht wieder betäubt, auch, wenn er sich nicht sicher war, warum nicht. Es war eh keine große Sache, Ray war schwach, und auch, wenn er Bryan einst geschlagen hatte, das war lange her. Ray war zu weich, als dass er irgendeine Bedrohung für Tala darstellte. Der Rotschopf öffnete die Tür und trat ein.   Ray warf sich auf Tala mit ausgefahrenen Krallen; ihre Körper prallten aneinander und goldene Augen bohrten sich in blaue. Ray war zornig; weg war der ruhige und sedierte Ray, der schwach die ein Hündchen war. Der Tiger war erwacht, auf der Hut und wütend.   Tala war ein Verräter.   Er arbeitete für Boris; er betrog Kai und Ray hasste ihn dafür. Er knurrte, als seine Klauen die Ärmel von Talas Oberteil zerfetzten und riss an der blassen Haut, die Fänge gefletscht, während sie miteinander rangen; Ray versuchte, sich einen Weg an Tala vorbei zu bahnen, doch der Wolf hielt ihn zurück, auch wenn er von der Raserei und Wildheit überrascht war, die ihn traf. Er hatte sich bei Ray geirrt und der Tiger war herausgekommen, um zu beweisen, dass er keine feige Kuschelkatze war.   Allerdings war Tala körperlich stärker und er drückte Ray gegen die Wand; Ray wehrte sich und rang mit Tala, als der Russe ihn gegen Wand und ihre Körper zusammenpresste, bis der Tiger davon ermüdete, um seine Freiheit zu kämpfen. Ihre Herzen schlugen schnell, hämmerten heftig gegen ihre Brustkörbe sodass sie beide den Herzschlag den Anderen spüren konnten, während hitzige, aufgebrachte goldene Augen lange in eisblaue starrten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)