Zum Inhalt der Seite

Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Turn 60 - Path Of Most Resistance

Turn 60 – Path Of Most Resistance

 

 

Der Regen prasselte auf sie herab. Mitten auf einer leblosen Straße standen sie sich gegenüber – Anya und Zanthe. Die Blonde hielt in beiden Händen Angel Wing in seiner Speerform. Doch er sah anders aus als beim Kampf gegen Stoltz. Die Spitze gehörte nicht mehr direkt zum Speer selbst, sondern ragte aus einer simplen Öffnung hervor, nicht etwa aus einem Drachenmaul.

Dagegen war Zanthe mit zwei Eisenstangen bewaffnet, herausgerissen aus einem nahen Geländer, das Straße von Bürgersteig trennte.

„Ich habe dir vertraut!“, zischte Anya. „Ich dachte wir wären Freunde!“

„Wir waren nie Freunde“, erwiderte Zanthe bösartig.

Einen letzten feindseligen Blick austauschend, begannen beide aufeinander zu zu rennen.

 

Kaum trafen sie aufeinander, stach Anya, den Speer in der rechten Hand, nach Zanthe. Der wich mit einem Rechtsschritt mühelos aus. Die Blonde drehte den Schaft in ihrer Hand und ließ den Speer im Anschluss über ihren Kopf wirbeln, doch ein Schlag mit einer der Stangen brachte den Angriff aus seinem Konzept, sodass Zanthe ihr spielend leicht mit der anderen einen Hieb ins Gesicht verpassen konnte.

Der Treffer war so hart, dass es Anya fast umriss, doch sie nutze den Schwung zu ihren Gunsten, drehte sich um die eigene Achse und schmetterte den Speer gegen Zanthes Nieren. Dem durchnässten Kopftuchträger entfuhr ein schmerzerfüllter Schrei. Anya nutze diese Sekunde der Unachtsamkeit und ließ einen Tritt folgen, der nur aufgrund ihrer geringen Körpergröße nicht sein Gesicht, sondern nur Zanthes Oberkörper traf.

Schnell stellte sie fest, dass sie sich bei dieser Aktion jedoch verkalkuliert hatte, denn der Werwolf nahm nun die Stange in seiner linken Hand und zog ihr derart eins über, dass es sie diesmal von den Füßen riss. Sie rutschte über die nasse Straße bis zum Bürgersteig, welcher direkt in eine Seitengasse voller kleiner Geschäfte führte. Beide Seiten ihres Schädels bluteten.

Zanthe stand mit erhabenem Blick bestenfalls drei Meter von ihr entfernt und ließ seine Waffen in den Händen rotieren. Dann stürmte er auf sie zu.

 

~-~-~

 

48 Stunden zuvor …

 

„Nein …“, brachte Anya bitter beim Anblick der Tabelle hervor, in der ihr Name nicht auftauchte.

Valerie und Marc standen links neben ihr inmitten der riesigen Arena und starrten genau wie sie gebannt auf den Bildschirm, der neben dem Ergebnis der Vorrunde auch Melindas Antlitz zeigte.

„Großartige Leistungen, mit so etwas haben wir nicht gerechnet“, lobte diese gerade strahlend.

„Alles … ich dachte, ich wäre-!“

Die Schwarzhaarige packte ihre Freundin bei den Schultern und zog sie zu sich herum. „Beruhige dich! Wir sind schließlich auch noch da!“

„Genau. Überlass' das uns, wir besiegen Claire für dich“, pflichtete Marc ihr optimistisch bei.

Entgegen ihrer aufmunternden Worte jedoch wuchs die Panik in Anya nur noch. Sie konnte es nicht begreifen. Sie hatte so hart gekämpft, sie war so gut gewesen, obwohl sie nicht einmal ihr eigenes Deck benutzte.

„Ich hatte 23 Punkte! Das ist nur ein Punkt weniger, als wenn man jedes Duell ohne Bonuspunkte gewinnt!“, steigerte sie sich immer mehr in ihre Verzweiflung herein. „Wie kann das sein!?“

Valerie weitete bei dem Anblick der Blonden die Augen, denn aus den ihren liefen Tränen. „Anya?“

„Das ist nicht fair!“, schrie die und stieß das Mädchen ruckartig von sich.

Aufgelöst rannte Anya an jenem vorbei.
 

„Was ist denn mit ihr, so habe ich sie ja noch nie gesehen!?“ Marc wollte bereits Anstalten machen, ihr zu folgen, doch Valerie hielt ihn mit ausgestrecktem Arm zurück.

„Nicht. Sie muss jetzt allein sein“, sagte sie streng.

Fragend sah er seine Verlobte an. „Bist du dir sicher? Das endet garantiert in Sachbeschädigung.“

Valerie nickte knapp. „Sie hat sich völlig überschätzt. Hier werden die besten Duellanten gesucht. Jene, die der Profiliga würdig sind. Einfach nur jedes Duell zu gewinnen heißt, im unteren Drittel zu spielen …“

Dies sagte sie mit einer derartigen Kälte, dass es Marc glatt die Sprache verschlug. Täuschte er sich, oder war selbst Valerie erschrocken von der allgemeinen Leistung der Teilnehmer?

„Das hat sie nicht begriffen. Aber ihr das jetzt zu erklären würde nichts ändern, sie wird jetzt niemanden an sich heran lassen.“ Valerie seufzte. „Wir müssen das jetzt aussitzen.“

 

~-~-~

 

Gegenwart …

 

Funken flogen. Es fiel Anya zunehmend schwerer, Zanthes Hiebe zu parieren. Immer weiter wurde sie durch die Seitengasse gedrängt, an Tischen und Stühlen kleiner Cafés vorbei. Wie ein Sturm wirbelte der Werwolf und hämmerte seine Waffen gegen Anyas Speer.

Sie musste eine Schwachstelle finden, aber wie sollte sie das anstellen!? Er war ein Werwolf, viel schneller und stärker als sie. Und dazu noch nicht einmal verwandelt!

Der nächste Schlag erwischte das Mädchen unvorbereitet, sodass es mitsamt seinem Speer über einen der Tische flog. Nein! So durfte es nicht enden!

Mitten im Fall streckte Anya die Arme über sich hinaus, legte sie bei der Landung auf den gepflasterten Boden auf und machte einen Handstützüberschlag rückwärts. Dabei hob sie noch in der Bewegung ihren Speer auf. Sie sah Zanthe, wie er auf der anderen Seite stand und einen Moment vor Überraschung zögerte. Anya holte aus, verlagerte ihr Gewicht nach vorne und warf Angel Wing mit all ihrer Kraft in seine Richtung.

Im Flug zog sich seine Spitze in den Schaft zurück, kurz bevor die Waffe in Zanthes Brust einschlug, nur wenige Zentimeter über der Stelle, die er mit seinen Armen zu schützen versucht hatte. Es gab einen heftigen Knall und eine Explosion, die den Werwolf schreiend nach hinten katapultierte. Der Speer federte seinerseits ab und flog im hohen Bogen nach oben.

 

In seinem Rückwärtsfall sah Zanthe, dass Anya aus dem Nichts auftauchte. In der Luft, die Hand an den Speer gelegt. Er schlug mit dem Rücken auf den Boden auf, folgte mit seinem Blick den Lauf des Speers, aus dem schlagartig wieder die Spitze schoss.

Anya stürzte mit einem Kampfschrei nach unten, doch kurz bevor sie ihren Gegner aufspießte, rollte der sich zur Seite weg und verpasste dem aufschlagenden Mädchen in der Bewegung einen Tritt, der sie glatt durch die Schaufensterscheibe eines Modegeschäfts schleuderte.

 

Der junge Mann erhob sich und versuchte in dem Dunkel des Geschäfts etwas zu erkennen. Er nahm eine Bewegung bei den Mannequins wahr. Und dann kleine Flächen in der Luft, die funkelten. Dann surrte es. Schnell schaltete Zanthe und machte einen Sprung nach hinten auf einen der Tische, um sich von dort weiter zu einem Balkon zu katapultieren. Dutzende Glasscherben flogen durch die Luft in alle möglichen Richtungen.

In gehockter Position wartete Zanthe, der seine Waffen beim Fall verloren hatte, auf dem steinernen Geländer besagten Balkons. Bis Anya schließlich aus dem Geschäft trat. Ihre Hände steckten zu seiner Überraschung in metallisch anmutenden, dünnen Handschuhen. Mit Angel Wing im Schlepptau, schwang sie ihre leere Hand in seine Richtung aus.

Zanthe stieß sich vom Geländer ab und sah die verschiedensten Körperteile der Puppen über sich fliegen. Mit einem Satz landete er wieder in der Seitengasse, wo Anya ihn bereits erwartete. Sie zielte mit ihrem Speer auf ihn und schoss eine Ladung Schrot aus dem Schaft. Er rollte sich darunter hinweg. Sie schoss erneut, dabei einen Schritt zurück nehmend.

„Wie du willst!“, schrie Zanthe im selben Moment. Die Haut um sein Gesicht verfärbte sich schwarz, seine grünlichen Pupillen verengten sich zu Schlitzen.

Mühelos sprang er über den nächsten Schuss hinweg, doch Anya grinste dreckig. „Reingefallen.“

Sie schwang den Speer aus, welcher sich in der Luft in dutzende kleiner Segmente an einer Kette zerteilte, ähnlich einem Nunchaku. Die neue, peitschenartige Waffe schleuderte Zanthe im Sprung entgegen und schmetterte ihn mit derartiger Kraft zurück, dass er über die ganze Seitengasse flog.

Spielerisch zog Anya Angel Wing zurück, welcher sich in Sekundenschnelle wieder in seine Speerform zurückverwandelte. Zanthe schlug in einer Pfütze auf, rollte rückwärts und gelangte wieder auf die Beine.

Sich über den blutenden Mundwinkel wischend, meinte er: „Gar nicht schlecht.“

„Ich habe gerade erst angefangen“, verkündete Anya düster.

„Glaub mir: Ich auch.“

In atemberaubender Geschwindigkeit stürmte er wieder auf sie zu.

 

~-~-~

 

Anya biss sich auf die Lippen, wie sie an den anderen Teilnehmern vorbei rannte. Jetzt hatte sie den ultimativen Beweis: Sie war schwach. Wenn solche Überflieger wie Redfield und Marc gerade einmal so durch die Vorrunde gerutscht sind, wie hatte sie sich da überhaupt Chancen ausrechnen können!?

Das Mädchen spürte einen schrecklichen Schmerz in der Brust. Einen, den sie nur sehr vage in Erinnerung hatte: Selbstzweifel.

„Mein Traum … mein Traum ist damit …!“

Sie hielt an. Im Hintergrund hörte sie Melindas Stimme über die Lautsprecher irgendetwas über eine Überraschung erzählen. Levrier tauchte neben dem Mädchen auf.

 

Du wirst noch mehr Gelegenheiten haben, die Duel Queen zu werden.

 

Eine Faust ballend, ließ Anya den Kopf hängen. „Warum? Warum sind die alle so gut?“
 

Nur weil sie gut sind, heißt das nicht, dass du deswegen schlecht bist. Anya Bauer, dies bedeutet noch lange nicht das Ende.

 

Wütend wirbelte sie zu [Gem-Knight Pearls] durchsichtigem Ebenbild herum, breitete die Arme so weit es ging aus. „Kapierst du es nicht!? Wenn das hier nur die Aufwärmrunde ist und ich hier schon verkacke, wie soll ich dann-!?“

Sie konnte gar nicht so schnell reagieren, da rauschte Levriers Hand durch ihr Gesicht. Sie verstummte augenblicklich.

 

Du bist nicht du selbst, Anya Bauer! Seit wann lässt du dich von Niederlagen entmutigen!?

 

Anya fasste sich an die Wange, wo Levriers Hand sie hätte berühren müssen, würde er über einen realen Körper verfügen. „Weil ich … schwach bin …“

 

Nein. Du bist nicht stark genug. Das ist ein Unterschied, den du bisher immer ausgleichen konntest.

 

Mit geröteten Augen sah Anya ihren Freund an. Er spürte es nicht, den Schmerz in ihrer Brust, dieses Gefühl des Versagens. Es war nicht nur, dass sie ein paar Duelle verloren hatte. Sie hatte unter Beweis gestellt, dass sie ohne fremde Hilfe aufgeschmissen war. Wären Marc und Valerie nicht hier, gäbe es keine Chance, um an Claire heranzukommen. Sie würde sterben, weil sie zu schwach war, sich selbst zu helfen! Wieso begriff er das nicht!?

 

„... ich habe gerade den Namen des Teilnehmers erfahren, der freiwillig ausgestiegen ist.“ Melindas Stimme klang ganz aufgeregt, zitterte förmlich. Selbst Anya bemerkte dies und sah nach oben zu den Bildschirmen auf.

„Es ist Alessandro Montinari“, verkündete der Rotschopf von jedem der über den Tribünen angebrachten Bildschirme, „das heißt, jemand muss für ihn nachrücken.“

Plötzlich erschien noch jemand im rechten Bildschirmrand. Es war eine junge Frau mit Headset, die Melinda etwas ins Ohr flüsterte. Die drehte sich zu ihr um. „Was!? Können wir das überhaupt machen!?“

Auf die Frage hin zuckte die Assistentin nur mit den Schultern.

Daraufhin atmete die Repräsentantin der Ford-Familie tief durch und wandte sich wieder den Zuschauern zu. „Nun, anscheinend gibt es mehrere potentielle Kandidaten für diese Stelle.“

Anya war zu benebelt, um ihr folgen zu können.

„Da es keinen weiteren Teilnehmer mit 24 Punkten gibt, muss jemand mit 23 Punkten nachrücken.“

Langsam dämmerte dem Mädchen, dass damit sie gemeint war. Sie hatte 23 Punkte!

„Dafür kommen insgesamt sieben Teilnehmer infrage“, zerstörte Melinda sogleich ihre Hoffnung, „für diesen Fall haben wir ein System entwickelt, das den geeignetsten Kandidaten ermittelt.“

 

Wer ist Alessandro Montinari!? Das ist doch die zweite Namenshälfte von-!

 

Jedoch hörte Anya ihn gar nicht. Sie war so fixiert auf Melinda, die plötzlich ziemlich verunsichert wirkte. Schweiß stand ihr auf der Stirn, als sie verkündete: „Hierbei wird es sich jedoch nicht um ein Duell handeln. Stattdessen wird bei diesen Sieben, wie zu Beginn angekündigt, das Verhältnis aus zugefügtem und erlittenem Kampfschaden während des Turniers entscheiden. Der oder diejenige mit dem höchsten Wert ist dabei.“

Melinda senkte ihren Kopf. Man konnte sehen, wie sie ihre Arme bewegte, anscheinend tippte sie etwas vor sich ein. Plötzlich schreckte sie auf und sah in die Kamera. „Unglaublich! Mit großem Abstand gewonnen hat …!“

Und Anya sah auf der linken Seite des Bildschirms nur noch ihren Namen und ihr Portrait darunter.

 

Mir fehlen die Worte. Du hast dich mit stupidem Draufgekloppe nachträglich ins Finale gekämpft!

 

~-~-~

 

Statt Anya direkt anzugreifen, machte Zanthe auf halbem Wege Halt und holte mit seinem Fuß aus. In einer schnellen Abfolge trat er zu seiner Rechten stehende Stühle in ihre Richtung, die das Mädchen jedoch mit diversen Bewegungen ihrer freien Hand mitten in der Luft abfing und gegen die Wände krachen ließ. Parallel dazu feuerte sie mit ihrem Speer auf Zanthe, sodass dieser bei seinen Tritten gleichzeitig tänzelnd ausweichen musste.

Immer mehr Möbel flogen auf Anya zu, doch die blieb selbstbewusst stehen und schwang ihre Hand hin und her. Als Zanthe die Munition aus ging, stieß er sich von einer Wand zur anderen ab, um an Höhe zu gewinnen.

„Nicht mit mir!“, schrie Anya und machte ihren Speer wurfbereit. Dabei richtete sie ihn so aus, dass er letztlich mitten in Zanthes Sprung über diesen hinweg schoss.

Ein grelles Licht schoss von Anya zu Angel Wing, bis ebenjene plötzlich mit der Waffe in der Hand direkt über Zanthe auftauchte.

 

Der drehte sich in der Luft und holte zum Tritt aus. Gleichzeitig griff Anya ihren Speer mit beiden Händen und stieß ihn Richtung des Werwolfs unter ihr, den unvermeidlichen Treffer in Kauf nehmend.

Es klirrte. Zanthes Fuß war an einer riesigen, rosafarbenen Perle abgeprallt. Anyas Speer verfehlte sein Ziel um wenige Zentimeter. Die Schwerkraft setzte ein, beide fielen.

Anya spürte ihn. Levrier, direkt hinter ihr. Jener, in seiner allseits bekannten Pearl-Form, streckte die Hand aus. Drei der sechs um ihn schwebenden Perlen lösten sich aus der Gruppe und bombardierten Zanthe förmlich, der weggeschleudert wurde. Mehrmals prallte er auf dem Boden auf, flog wieder in die Luft, nur um wieder aufzuschlagen.

„Levrier!?“, stieß Anya mehr als geschockt in ihrem Fall hervor. „Wie-!? Egal, gut gem-“

„Wer hat je behauptet“, sagte er und drehte sich zu ihr um. Seine blauen Augen blitzten rot, „dass ich dein Verbündeter bin, Anya Bauer?“

Mit einem Schwenk seiner Hand schossen die übrigen Perlen auf das Mädchen zu und pfefferten es in das Obergeschoss eines Ateliers. Es polterte, um das Mädchen herum flogen Gemälde und leere Leinwände.

 

Gleichzeitig machte Zanthe, bevor er wieder aufschlug, einen Rückwärtssalto und grub seine Klauen tief in die Pflastersteine, um sich abzubremsen.

„Du!“, fauchte er. „Wie bist du-!?“

Sich mit den Hinterbeinen abstoßend, stürmte er im Anschluss auf den in der Luft schwebenden Levrier zu. Mit seinen Klauen versuchte er ihn im Sprung zu erfassen, doch Levrier teleportierte sich nach rechts, dann links, dann hinter ihn, als Zanthe es mit den Füßen probierte.

Es knallte, doch Levrier war verschwunden, ehe Anya vom Fenster aus weitere Schüsse mit Angel Wing abfeuern konnte. Er tauchte hinter ihr auf, doch das Mädchen hatte damit gerechnet und sprang aus dem zweiten Stock, allerdings nicht ohne sich dabei umzudrehen. Was auch nur richtig war, denn Levrier hatte seine Perlen wieder um sich vereint und feuerte sie allesamt auf sie ab.

Zwar konnte Anya die Geschosse mit dem Speer abwehren und wegschlagen, doch hatte sie Zanthe völlig vergessen, der unter ihr lauerte und bereits nach oben mit seiner Klaue ausholte.

Anya warf den Speer zu seiner Linken in den Boden und erschien kurzerhand neben dem Werwolf, dem sie in duckender Position ein Bein mit dem eigenen weg zog und zu Fall brachte.

„Verdammtes Miststück! Dafür bring ich dich um“, keifte er, als Anya sich mit ein paar Rückwärtssprüngen aus seiner Reichweite brachte.

Levrier schwebte herab, etwa in die Mitte der beiden und verschränkte die Arme.

Der Werwolf und Anya funkelten sich gegenseitig böse an, dann stürmten sie beide auf Levrier zu. Unter wütenden Schreien holten sie mit ihren Fäusten aus, die den Helm des immateriellen, weißen Ritters anzielten. Der schüttelte den Kopf.

Kurz bevor er getroffen wurde, teleportierte er sich davon, sodass sich Zanthe und Anya gegenseitig mit aller Kraft ins Gesicht schlugen und von der Wucht weggeschleudert wurden.

 

Zanthe krachte in einen Eisstand kurz vor dem Ausgang der Seitenstraße, während Anya durch eine Pfütze schlitterte.

Oben in der Luft verharrte Levrier. „Das reicht. Können wir jetzt aufhören, so zu tun, als wären wir Filmstars?“

„Ich bitte darum“, raunte Zanthe und hielt sich die Wange.

„Du warst gar nicht im Drehbuch vorgesehen!“ Anya schnaubte. „Fein!“

Und kurzerhand flackerte Ephemeria City wie ein defektes Hologramm auf und ließ nichts als Dunkelheit zurück. Und die Mosaikplattform, auf der die Erde stilisiert war. Anya und Zanthe befanden sich am jeweils anderen Ende von Anyas Elysion.

 

„Das hat Spaß gemacht“, sagte Levrier, der in der Mitte verharrte. „Ihr wart gar nicht schlecht.“

„Meinst du, dass Angel Wing und Heavy T wirklich so funktionieren werden, wenn ich sie erst zurückhabe?“

Das Schwarze wich aus Zanthes Gesicht, als er sich erhob und den Nacken rieb. „Hoffentlich nicht, das war ja furchtbar!“

„Hey!“, fauchte die blutende Anya und sprang auf. „Das war doch voll genial, was ich aus ihnen gemacht habe! Viel besser als ein langweiliger Speer! Also, ist es möglich oder nicht!?“

Zanthe zuckte mit den Schultern. „Das hängt davon ab, ob diese Hüterarktefakte sich wirklich dem Willen ihres Besitzers beugen und verformen lassen. Ich dachte, darin wären wir uns längst einig?“

„Niemand kann mit Gewissheit sagen, ob diese Simulation den Originalen in ihren Möglichkeiten gleich kommt“, stimmte Levrier dem zu, „alles was wir durch Stoltz wissen ist, dass du ihr wahres Potential nicht für dich entdeckt hast, Anya Bauer.“

„Ich muss schleunigst mein Deck zurückbekommen und es ausprobieren! Ansonsten muss ich mir jemanden suchen, der mir diese Badass-Waffen baut!“ Anya rümpfte die Nase und schloss die Augen. „Aber jetzt muss ich los, sonst komme ich zu spät zu meinem Duell!“

 

~-~-~

 

24 Stunden zuvor …

 

Zusammen mit Zanthe sah Anya dabei zu, wie Matt seinen Koffer packte.

„Wie lange wirst du wegbleiben?“, fragte sie schließlich, was ihr schon eine Weile auf der Zunge lag.

„Höchstens eine Woche“, antwortete er, ohne dabei davon abzulassen, seine nicht ganz akkurat zusammengelegten Hemden zu verstauen.

Anya, die an der Fensterfassade lehnte, drehte den Kopf zu Zanthe, der am Tisch saß. „Also? Was wolltest du uns vorhin beim Frühstück so Dringendes sagen, bevor du den Kellner erfolglos angebaggert und uns vergessen hast?“

„Ich war nicht erfolglos“, erwiderte der und zupfte aus seiner Hosentasche eine Serviette mit einer Handynummer darauf. „Es geht um Kakyo Sangon und des Sammlers Speichellecker, Kyon.“

 

Kurz darauf erzählte er den beiden von seiner Begegnung mit einem mysteriösen, jungen Mann und was dieser über Kyon gesagt hatte. Dass er Kyons Geruch an sich getragen, aber steif und fest behauptet hatte, nur jemanden namens Kakyo zu kennen. Exas Namen ließ er dabei nicht fallen, denn er wollte seinen neugewonnenen Freund nicht in Schwierigkeiten namens Anyas bringen.
 

„Das ist doch mein erster Gegner gewesen, diese freche Napfsülze!“, stellte die empört fest, nachdem Zanthe geendet hatte. „Was hat der mit diesem Kyon zu schaffen!?“

„Wer weiß. Ich werde mich an seine Fersen heften und ihn beobachten.“ Zanthe sah sich die Serviette genauer an und grinste schelmisch.

Matt drehte sich zu ihnen um. „Ja, lass Zanthe das machen. Du solltest dich voll und ganz auf das Turnier konzentrieren, das du um ein Haar verpasst hättest.“

„Nur noch mehr Salz in die Wunde, Summers!“

„Ist doch wahr“, stimmte Zanthe dem Dämonenjäger zu. „Hmm. Meint ihr, ich soll ihn noch etwas zappeln lassen, bevor ich ihn anrufe?“

Anya überhörte ihn. Kakyo und der Diener des Sammlers … in welcher Beziehung standen ausgerechnet diese beiden? Oder hatte dieser Fremde, von dem Zanthe erzählt hatte, gelogen?

So selten Anya an andere Menschen glaubte, so unwirklich erschien es ihr, dass dieser Kakyo in irgendeiner Form gefährlich war. Besonders nach dem, was er ihr gesagt hatte, nachdem die erste Paarung des Achtelfinales bekannt gegeben worden war …

 

Anya zitterte am ganzen Leibe. Sie war nie ein Mensch gewesen, der an Wunder geglaubt hatte, doch ein solches war heute geschehen. Die Hauptrunde würde mit ihr stattfinden.

Und trotzdem … sie stand seit gut zehn Minuten hier wie versteinert. Sie hörte die Rufe von Valerie und Marc, die ihr entgegen liefen. Aber sie freute sich nicht. Das Strahlen der beiden steckte nicht an. Da waren keine frechen Sprüche wie 'Fuck yeah, bitches, diese Scheiße steigt entweder mit mir oder gar nicht'. Wieso sollte ihr auch nach Feiern zumute sein, wenn dieser Triumph nicht ihrem eigenen Tun entsprungen war?

„Glückwunsch!“, fiel ihr Valerie um den Hals.

Marc grinste über beide Backen. „Welchen armen Kerl hast du verprügelt, um das möglich zu machen?“

Ja. Glückwunsch auch von mir.“

Die drei drehten sich um. Da stand Kakyo Sangon, der unscheinbare brünette Kerl, dem Anya vorhin am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. Diese Rachegedanken waren jedoch im Angesicht des eigenen Versagens erloschen.

Danke“, brachte Anya mit Mühe mechanisch hervor.

Da. Jetzt geben sie die Paarungen für die erste Runde bekannt.“ Kakyo zeigte nach oben.

 

Die Hauptrunde, ausgetragen im KO-Format, wurde als nach oben verlaufendes Diagramm dargestellt. Die sechzehn Namen tauchten der Reihe nach nebeneinander auf, wurden durchgemischt und schließlich an je eine der Linien gesetzt. Valerie ließ Anya daraufhin los.

Der klappte schließlich der Mund auf. Da war ihr Name, gleich als erster. Und gepaart wurde sie mit …!

„Zach!“, nannte Valerie ihn beim Namen. Sie wirbelte zu Anya herum. „Dein Bruder!“

Bruder gegen Schwester? Das ist ja unheimlich“, staunte Kakyo hinter ihnen und schlenderte schließlich an Anya vorbei. Als er direkt neben ihr war, sagte er leise, „kleiner Tipp für dich: Werd' das Schwert los, mit dem er mich besiegt hat. Dadurch kannst du es drehen.“

Damit zog er von dannen.

„Oh, ich bin Spalte D“, stellte Valerie fest, „also treffe ich erst im Halbfinale auf Anya, wenn alles glatt läuft.“

Marc gluckste. „Ich bin Paarung G. Steht für Gewinner.“

Zach … das kann doch kein Zufall sein!“, platzte es schließlich aus Anya heraus, die in einen regelrechten Schreianfall verfiel. „Du verdammter Scheißkerl von Bruder!“

 

Unbewusst ballte Anya eine Faust. Irgendwie hatten ihre Freunde es hinbekommen, sie einigermaßen aufzuheitern. Allen voran Zanthe, der sich geradezu unheimlich fürsorglich verhalten und ihr gut zugeredet hatte.

 

Matt indes verengte die Augen zu Schlitzen und nahm den Werwolf ins Visier. „Bevor du zu deiner Tagesgestaltung kommst, schuldest du uns noch eine Erklärung.“

„Er war halt süß“, rechtfertigte sich der Kopftuchträger schulterzuckend.

Anya klatschte sich die Hand ins Gesicht. „Doch nicht das, Flohpelz! Ich hab's dir doch gestern schon gesagt. Der Typ, der freiwillig ausgestiegen ist, trug deinen Familiennamen.“

„Komischerweise musstest du, als Anya das erwähnte, plötzlich auf Toilette“, fügte Matt noch hinzu und verschränkte die Arme, „für vier Stunden …“

Zanthe winkte unbekümmert ab. „Zufall. Und Durchfall, falls ihr's wissen wollt.“

„Sicher nicht. Ich bezweifle, dass es viele Montinaris in den Staaten gibt.“

„Vielleicht ein entfernter Cousin?“

Matt stöhnte, genervt davon, wie leichtfertig sich der Werwolf gab. Der sprang mit einem Male ruckartig auf, sodass der Stuhl lautstark umkippte. „Hey! Wieso werde ich jetzt verhört!?“

„Weil du uns etwas verschweigst“, brachte der Schwarzhaarige es auf den Punkt.

„Das musst du gerade sagen!“ Zanthe zeigte mit dem Finger auf den Dämonenjäger. „Du, dessen Wunden schneller heilen als Anyas Gehirnzellen absterben!“

Die Blonde blinzelte dämlich. „Hey!“

„Ich habe keine Lust darauf, mich mit euch zu streiten!“, schnappte Zanthe beleidigt.

Wie ein Sommergewitter zischte er an dem Mädchen und Matt vorbei, doch bevor Letzterer ihn mit seinen Worten aufhalten konnte, knallte schon die Tür ins Schloss.

Anya drehte sich zu Matt. „Gut gemacht, Summers.“

„Der kommt schon wieder“, meinte jener miesepetrig, „aber das ist doch der beste Beweis, dass ich Recht habe, oder nicht?“

 

Das Mädchen drehte sich herum und starrte aus dem Fenster. Es war ein trüber Tag. Und sie war wieder da, Claire Rosenburg, deren Werbung auf dem riesigen Wolkenkratzer flackerte.

„Sag bloß, du glaubst ihm etwa!?“, hörte sie, wie Matt sich hinter ihr empörte.

„Weiß nicht, was ich glauben soll und was nicht. Aber ohne seinen Pseudo-Cousin wäre ich jetzt nicht im Turnier.“ Anya senkte den Kopf. „Ich glaube, ich halte mich da raus. Der Flohpelz ist älter als wir beide zusammen. Er wird schon wissen, was das Richtige ist.“

„Älter vielleicht, aber nicht reifer“, widersprach Matt engstirnig. „Es ist nicht so, dass ich ihm nicht vertraue. Wenn er jedoch nicht ehrlich mit uns ist, könnte uns das später auf die Füße fallen.“

„Wenn wir ihm vertrauen“, murmelte Anya und richtete ihr Haupt wieder auf, „müssen wir auch akzeptieren, dass es Dinge gibt, die er ohne uns angehen möchte.“

Sie drehte sich zu Matt um, der sie erstaunt ansah. „Genau wie wir beide auch Probleme haben, mit denen wir uns alleine auseinandersetzen müssen.“

 

Am liebsten hätte sie sich sofort den Mund zugehalten. Was hatte sie denn da plötzlich für einen Quatsch von sich gegeben!? Es war nur ein Gedanke gewesen, weil sie damals auch versucht hatte, Nick und Abby aus der Eden-Geschichte herauszuhalten. Andererseits, wie gut das im Endeffekt geklappt hatte, hatte sie ja damals in der Zelle gesehen, als Abby angeschossen wurde. War es das, was Matt meinte?

 

Matt sah sie nachdenklich an. Dann wandte er sich wieder seinem Koffer zu. „Ich weiß nicht …“

„Was ist los mit dir, Summers?“, platzte es plötzlich aus Anya heraus, die einen Schritt nach vorne ging. „Wieso bist du neuerdings so … anders?“

„Ich … weiß es nicht.“ Er machte eine Kunstpause. „Bitte … gib mir etwas Zeit, okay?“

Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz auf der Schulter, welche Opfer von Anyas nicht selten schmerzhaften Aufmunterungsversuchen geworden war. Die klatschte gleich noch einmal drauf. „Kopf hoch, Summers. Dich kriegen wir schon wieder hin.“

Vor Selbstmitleid seufzend erwiderte er nur: „Ja.“

Anya reckte neben ihm den Kopf hervor und sah ihn von unten herauf an. „Sag mal, kann ich dich um einen Gefallen bitten, sobald du wieder zurück bist?“

„Schieß los.“ Ein wenig überrascht blinzelte er sie an.

„Kannst du mir beibringen wie man kämpft? Also so richtig?“

Im ersten Moment wusste Matt darauf nichts zu entgegnen. Anya vor ihm stemmte die Hände in die Hüften und verzog ihre Augen zu Schlitzen. Ein Hinweis, dass sie alles andere als ein 'Ja' nicht akzeptieren würde.

„K-kann ich machen. Aber wozu?“

„Hör mal, Summers.“ Belehrend hob sie den Zeigefinger. „Bisher haben wir unsere Konflikte immer mit Duellen gelöst. Was, wenn das irgendwann mal nicht geht? Du und der Flohpelz, ihr könnt euch wehren.“

Noch immer überrumpelt, entgegnete Matt: „Du bist doch auch nicht gerade ohne …“

„Ich will auf die nächste Stufe, verdammt!“, maulte Anya und stampfte mit dem Fuß auf. „Wenn ich schon diese scheiß Artefakte sammeln muss, dann kann ich auch mit ihnen kämpfen, oder!?“

Zögerlich nickte der Dämonenjäger. „Schätze schon, aber … wieso dieser Sinneswandel?“

Anya stöhnte genervt. „Hast du denn nie drüber nachgedacht? Was passiert, wenn wir jemandem gegenüber stehen, der sich nicht duellieren will? Was machen wir dann?“

„Ich glaube-!“

„Und ist es nicht seltsam“, plötzlich gewann ihr Tonfall eine dunkle Nuance, „dass bisher alles so glatt gelaufen ist? Dass immer ein Duell entschieden hat, statt eines direkten Kampfes auf Leben und Tod?“

Ehe Matt wieder etwas sagen konnte, fuhr Anya in gehobener Lautstärke fort. „Das stinkt doch. Glaubst du, dass das bloßer Zufall ist?“

Verloren stand Matt ihr gegenüber und wusste nicht, was er darauf antworten sollte.

„Du kannst Bannkreise erschaffen“, ließ die Blonde ihn daher an ihren Gedankengängen unfreiwillig teilhaben, „damit können wir ungestört trainieren. Und der Flohpelz war immerhin mal ein Hüter, sicher kann er-!“
 

Darf ich mich kurz einmischen?

 

Levrier materialisierte sich neben den beiden. Der weiße Ritter Pearl legte eine zur Faust geballte Hand an den nicht existierenden Mund und räusperte sich.

 

Zanthe Montinari war ein Hüter, korrekt. Doch ist den Aussagen des Undying Stoltz zu trauen, dann ist selbst ihm das wahre Potential der Artefakte nicht bewusst gewesen. Was deine Theorie angeht, Anya Bauer, so hat mir dies auch schon Einiges an Kopfzerbrechen bereitet.

 

Die beiden sahen ihn fragend an.

 

Ob dies nun Zufälle sind oder nicht, es kann durchaus nicht schaden, sich auf das Schlimmste vorzubereiten.

 

„Und wie soll das aussehen?“, fragte Matt nun skeptisch. „Wir haben die Artefakte nicht mehr, sie wurden gestohlen, schon vergessen?“
 

Als ob mich jemand das je vergessen lassen könnte …

 

Der Schwarzhaarige begann mit den Händen zu gestikulieren. „Aber wie soll Anya sich dann in ihrem Umgang üben?“

Jene zuckte ebenso unwissend mit den Schultern.
 

Dürfte ich hierzu einen Vorschlag machen. Denn ich wüsste einen Ort, der noch besser dafür geeignet ist, als ein Bannkreis …

 

~-~-~

 

Sie öffnete ihre Augen.

Levrier war schon eine Marke. Das Elysion zu nutzen, um Kämpfe zu simulieren, so etwas konnte nur ihm einfallen. Letztlich hatten sie es vorhin doch noch probiert. Der Flohpelz war am gestrigen Abend wesentlich besser gelaunt als erwartet zurückgekehrt und hatte sich bereit erklärt, mitzumachen. Sein Vorschlag, einfach die Fantasie spielen zu lassen, was die Artefakte anging, war auch gar nicht schlecht. Wenn es wahr war und die Kraft jener von ihren Besitzern abhing, so hieß das im Umkehrschluss, dass jene die Artefakte nach ihrem Willen formen konnten. Zumindest interpretierten Anya und Zanthe das so und das Mädchen konnte kaum erwarten, es in der Realität auszuprobieren.

 

Sie verhärtete ihren Blick. Jetzt galt es aber erst einmal ihren Bruder in die Schranken zu weisen.

Ihre Schritte hallten durch den schier niemals endenden, trostlosen Gang, den Anya entlang schritt. Über ihr flackerte nervös einer der sparsam verteilten Halogen-Leuchter. Scheinbar hatten die Architekten echt an dieser Ecke der Arena gespart, schoss es ihr durch den Kopf. Oder es war beabsichtigt, dass all jene, die diesen Weg beschritten, sich seltsam klein und unbedeutend vorkommen sollten – wovon Anya wiederum dank eingebautem Ego-Airbag verschont blieb.

 

Zu ihrem Ärgernis war sie jedoch nicht die Einzige, die auf dem Weg zum Spielfeld war. Etwa zehn Meter von ihr entfernt stieß sich ihr Gegner von der Wand ab und kam ihr in gemäßigtem Schritttempo entgegen. Zachariah!

Anya sagte gar nichts. Sie beschleunigte lediglich ihren Gang und wollte an ihm vorbei, doch als sie ihn passierte, versperrte ihr der blonde, junge Mann in hellblauem Hemd und schwarzem Sakko den Weg.

„Verpiss' dich! Deine Prügel kannst du dir dort drüben abholen!“, raunte sie.

„Nanu, wer übt sich denn neuerdings in Zurückhaltung?“, stichelte ihr ein Kopf größerer Bruder mit schnarrender Stimme. „Am liebsten würdest du die Rechnung doch gleich hier begleichen, oder?“

„Worauf du dein Goldkettchen verwetten kannst, Schmierlappen!“

„Zu dumm, dass ein solcher Akt der Gewalt dich sofort disqualifizieren würde.“ Er lachte auf. „Nicht, dass es einen Unterschied macht, das Finale erreichst du so oder so nicht.“

Die Arme verschränkend, erwiderte Anya: „Sagt wer? Dir ist klar, dass du dieses Mal nicht versuchen kannst, mich durch ein Duell umzubringen. Wer ist jetzt der Loser, huh?“

„Das kommt drauf an, ob du mein Angebot annimmst oder ablehnst.“ Zach streckte ihr die Hand entgegen. „Lass uns doch einen Deal machen. Du bekommst deine Duel Disk wieder, steigst aber freiwillig aus dem Turnier aus.“

Anya weitete die Augen. Hatte sie gerade richtig gehört!?

„Was sagst du?“

 

Anya Bauer, das ist nur ein Trick! Lass dich nicht von ihm hinters Licht führen, du weißt, was auf dem Spiel steht!

 

Natürlich wusste sie das, das brauchte Levrier ihr nicht ins Ohr zu flüstern!

„Was sagst du? Nicht gut?“

Anya schlug die Hand beiseite. „Verarschen kann ich mich alleine!“

Um ihrer Wut über seinen Spott Form zu verleihen, stampfte sie geradewegs in seine Richtung und rempelte ihn mit derber Wucht zur Seite.

„Wir sehen uns auf dem Spielfeld, Mistkerl!“

Zachariah jedoch lachte nur, während er gegen die Wand sackte. „Wenn du gewinnst, werden wir die Duel Disk zerstören!“

Einen kurzen Moment blieb Anya stehen. Dann schritt sie stumm weiter Richtung des Lichts.

„Das meine ich ernst!“, rief Zachariah ihr hinterher, zwecklos.

 

Es brodelte in Anya. Gewaltig. So war es ihr unmöglich einen klaren Gedanken zu schöpfen. Was vielleicht auch seine Vorteile hatte, denn als sie aus dem Dunkel ins Licht trat, blieb sie von den überwältigenden Eindrücken verschont.

Zwar mochte dieses Stadion kleiner sein als das von den Vorrunden, doch dafür ging das runde Gebäude viel mehr in die Höhe. Aberdutzende Sitzreihen, angeordnet wie in einem Kolosseum und voll bis auf den letzten Platz. Dezenter Jubel ertönte, als Anya auf das Spielfeld in der Mitte zu schritt. Oben gab es eine gläserne Lounge, in der der Kommentator Mr. C hauste, ebenso die Ehrengäste und VIPs, zu denen zweifelsohne auch die Ford-Geschwister zählten.

Anders als das Brückenstadion war dieses komplett überdacht. Grelle Scheinwerfer waren auf das Duellfeld gerichtet, an dem das Mädchen sich, abwesend nach ihren Freunden in der Menge suchend, platzierte.

„Denk an deine Duel Disk“, mahnte Zachariah, der neben ihr vorbei ging und sich auf der anderen Seite aufstellte.

 

„Ladies and Gentleman“, schrie der schwarzhaarige Kommentator in rotem Anzug von der erhöhten Lounge aus, als beide Duellanten sich positioniert hatten, „endlich ist es soweit. Das große, das einzigartige, das allererste Achtelfinale des Legacy Cups!“

Die Zuschauer in der kreisrunden Halle tobten förmlich.

„Und welch Ironie des Schicksals, stehen sich doch Bruder und Schwester gegenüber! Zachariah Bauer, der sich mit der höchsten Punktzahl qualifiziert hat! Und Anya Bauer, unsere Nachzüglerin!“

Die Stimmung flachte bei der Nennung der beiden Namen abrupt ab, stattdessen entstand durch wildes Gemurmel und das ein oder andere Pfeifen eine angespannte Stimmung. Die Anya prompt mit dem Mittelfinger quittierte, nur um lautstark ausgebuht zu werden.

„Fickt euch!“, schnarrte sie angespannt und es war ihr dabei völlig egal, dass sie zuvor mit einem Mikrophon verkabelt worden war.

„Na na na, da gehört jemandem wohl der Mund mit Seife ausgewaschen!“, empörte sich der schwarzhaarige Kommentator mit Elvistolle vor der Glasscheibe, nur um den Arm auszuschwenken. „Vielleicht ja von ihrem Bruder?“

Jene Idee wurde vom Publikum jubelnd aufgenommen, während Zachariah seinen 'Fans' lächelnd zunickte.

„Doch reden wir nicht länger um den heißen Brei herum, beginnen wir mit dem Duell, welches den neuen Regeln der AFC folgt. Nur zur Erinnerung: Der Spieler, der es beginnt, muss seine Draw Phase überspringen. Auch dürfen nun beide Spieler gleichzeitig Spielfeldzauber kontrollieren.“ Mit in die Höhe gestrecktem Zeigefinger schrie er: „Zeit für ein Duell!“

Zeitgleich aktivierten Anya und Zach ihre roten D-Pads und funkelten sich böse an.

 

[Anya: 4000LP / Zachariah: 4000LP]

 

„Ich fange an!“, bestimmte Anya umgehend und riss ihr Startblatt von ihrem Deck. Als hätte sie gar nicht zugehört, wollte sie bereits die nächste Karte ziehen, da hallte die altbekannte, nicht immer liebgewonnene Stimme in ihrem Kopf:

 

Konzentriere dich, Anya Bauer!

 

„O-oh, shit, stimmt ja!“

Zum Glück hatte sie noch nicht gezogen, sonst wäre das Duell vielleicht jetzt schon vorbei. Das hämische Grinsen ihres Bruders verschlimmerte die Sache nur noch, dem Mädchen stand bereits jetzt der Schweiß auf die Stirn geschrieben.

Aus dem Konzept gebracht, warf sie einen skeptischen Blick in ihr Blatt. „Wie fange ich die Scheiße am besten an? Shit!“
 

Hast du dich doch noch nicht an dieses Deck gewöhnt? Brauchst du Rat?

 

Um nicht den Eindruck zu erwecken, mit jemandem zu reden, schüttelte Anya kaum merklich den Kopf und nahm dann instinktiv ein Monster aus ihrem Blatt. „Ich beschwöre [Battlin' Boxer Headgeared]!“

Aus einer roten Lichtsäule stieg vor ihr ein Boxer empor, von hagerer, doch trainierter und vor allem dunkelblauer Gestalt. Namensgebend war sein roter Kopfschutz.

 

Battlin' Boxer Headgeared [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

 

Sofort griff Anya, dieses Mal gerechtfertigt, nach ihrem Deck. „Wenn er normalbeschworen wird, schicke ich umgehend einen seiner Trainingspartner direkt vom Deck auf den Friedhof.“

Jenen zeigte sie kurz vor, ehe sie ihn in den Friedhofsschlitz schob. Doch sie war noch nicht fertig, klatschte sie doch kurzerhand noch ein Monster auf die freie Monsterkartenzone neben Headgeared.

„Spezialbeschwörung! Wenn ich einen Boxer kontrolliere, kann ich [Battlin' Boxer Sparrer] als Sparringspartner rufen!“

Neben ihrem bereits vorhandenen Kämpfer tauchte ein weiterer, in grauer Montur gekleideter auf, an dessen Oberarmen sich große, rote Schienen befanden.

 

Battlin' Boxer Sparrer [ATK/1200 DEF/1400 (4)]

 

Anya schnalzte mit der Zunge. „Tja, da ich ihn beschworen habe, muss ich die Battle Phase überspringen. Aber das ist kein Problem, im ersten Zug kann ich sowieso nicht angreifen!“

Ohne weitere Worte schwang sie ihre Hand nach oben aus. „Ich erschaffe das Overlay Network!“

Inmitten des Spielfeldes öffnete sich ein schwarzes Loch. Auch wenn das Publikum scheinbar schon damit gerechnet hatte, gab es doch vom ein oder anderen Zuschauer positive Zurufe.

„Aus meinen zwei Stufe 4-Boxern wird eine Rang 4-Kriegsmaschine!“, verlautete Anya stolz, angespornt von der Resonanz der Zuschauer, „Xyz Summon!“

Beide Boxer verwandelten sich in rote Lichtstrahlen, die vom Überlagerungsnetzwerk absorbiert wurden. Aus diesem erfolgte eine Explosion. „Ab in den Ring mit dir, [Battlin' Boxer Lead Yoke]!“

Schließlich stieg der mit zwei Stahlpfeilern fixierte Boxer vor Anya empor, dessen Xyz-Material sich in besagten Fesseln befand.

 

Battlin' Boxer Lead Yoke [ATK/2200 DEF/2000 {4} OLU: 2]

 

Nachdem ihr Kämpfer erschienen war, lugte Anya ein weiteres Mal nachdenklich in ihr aus nur noch drei Karten bestehendes Blatt. Da war sie, ihre Geheimwaffe in Form einer bestimmten Falle.

Immer wieder sah sie vor ihrem geistigen Auge, wie Zachariah während ihres letzten Duells und auch bei Kakyos mit seinen Schwertern ihre gesetzten Karten zerstört hatte. Unweigerlich würde er es diesmal wieder versuchen, da war sie sich sicher.

„Jetzt ist es noch zu früh für dich“, murmelte Anya, um dann laut zu verkünden: „Zug beendet!“

 

Einige Leute klatschten. Während der Kommentator noch über den Zug der Blonden sinnierte, zog Zachariah eine sechste Karte und schmunzelte. „Du willst das also durchziehen, was? Meinetwegen.“

Anya blies ihre Wut geradezu durch die imaginären Nüstern, mit denen sie nur zu gerne Feuer spucken würden. „Worauf du deinen hässlichen Arsch verwetten kannst!“

Buhrufe waren die Folge ihrer giftigen Antwort. Allerdings störte sich ihr Bruder nicht daran, im Gegenteil, er begann noch breiter zu grinsen. Dazu nahm er die erste Karte aus dem Blatt. „Ich beschwöre den angehenden König der Legende, [Noble Knight Artorigus]!“

In glänzender, mit Fellen verzierter Rüstung tauchte vor ihm ein großer Krieger von rotem Haar auf.

 

Noble Knight Artorigus [ATK/1800 DEF/1800 (4)]

 

Der Ritter streckte die Hand von sich. Die Finger spreizend, wartete er darauf, dass Zach seine nächste Karte in die Zauberfallenzone schob. „Was wäre der König ohne sein treues Schwert? Ich rüste ihn mit [Noble Arms – Caliburn] von meiner Hand aus und mache ihn damit um 500 Punkte stärker!“

Ein Lichtblitz schoss von der Decke direkt vor Artus' Füße, wo nun ein Schwert im Boden steckte. Dieses zog er beidhändig heraus und hielt es triumphierend in die Höhe.

 

Noble Knight Artorigus [ATK/1800 → 2300 DEF/1800 (4)]

 

Die Augenbrauen zu einem einzigen Strich verziehend, erinnerte sich Anya nur zu gut an dieses beknackte Schwert, welches sich wie alle Edlen Waffen an ein anderes Monster ausrüsten konnte, sollte es zerstört werden.

Und dieses Ding war besonders lästig, denn …

„... einmal pro Zug erhalte ich mit seinem Effekt 500 Lebenspunkte!“

Blaue Energielinien begannen nach Zachariahs Ausruf vom Heft der Klinge hin bis zur Spitze aufzuleuchten. Ein Regen aus blauen Funken ging auf den blonden Mann hernieder.

 

[Anya: 4000LP / Zachariah: 4000LP → 4500LP]

 

„Wollen doch mal sehen, woraus dein Boxer so gemacht ist“, philosophierte Zach und schwang den Arm aus. „Angriff!“

Unter einem Kriegsschrei stürzte sich Artorigus auf Lead Yoke. Weit ausholend beabsichtigte der Ritter seinen Feind mit einem diagonalen Schlag zweizuteilen. Rechtzeitig jedoch wich der Boxer aus und wandte sich mit dem Rücken zu seinem Feind, welcher unfreiwillig einen der beiden Pfeiler zerschlug, die Lead Yoke fesselten. Aus diesem trat das Xyz-Material hervor und wurde von jenem absorbiert, der in roter Aura aufleuchtete und Artus mit einem Faustschlag gegen die Klinge zurückwarf.

 

[Anya: 4000LP → 3900LP / Zachariah: 4500LP]

 

Anya verschränkte altklug die Arme. „Pah! Du magst mir zwar Schaden zugefügt haben, aber statt Lead Yoke zu zerstören, hast du ihn dank seines Effekts stärker gemacht!“

Dieser vermochte ein Xyz-Material abzuhängen, um sein Ableben zu verhindern. Und wann immer er von der Last einer solchen Overlay Unit befreit wurde, erhielt er 800 Angriffspunkte.

 

Battlin' Boxer Lead Yoke [ATK/2200 → 3000 DEF/2000 {4} OLU: 2 → 1]

 

Mit den Schultern zuckend, meinte Zachariah gleichgültig. „Schön für dich. Mach was draus, dein Zug.“

„Werd' ich, darauf kannst du Gift nehmen! Oh und ich bitte dich, nimm welches!“, tönte Anya gallig.

„Oh, was ist das!? Zerrüttete Familienverhältnisse!?“

„Schnauze!“, fauchte Anya den Kommentator an und gab ihm eine Dosis ihres Lieblingsfingers. „Kümmere dich um deinen eigenen Mist, du gehst mir jetzt schon auf die Eierstöcke, du-!“

 

Genug, Anya Bauer. Denk dran, hier sehen hauptsächlich deine Landsmänner zu. Deine Fäkalsprache und unangebrachten Gesten könnte ihnen bleibende Schäden zufügen.

 

„Was? So was wie das?“, fragte Anya aufrichtig irritiert und zeigte überall ihre Mittelfinger herum. „Aber wie soll ich sonst 'fuck you' zum Ausdruck bringen? Ich kann ihn ja schlecht als 'beschissene Wichskacke' beschimpfen, denn zu ihm passt mehr ein 'hinterfotziges Verräterschwein'!“

Sie legte besagten Finger an die Lippe. „Aber das ist mir zu lang. Wieso soll ich mir was Neues ausdenken?“

 

Warte … neckst du gerade zur Abwechslung mich?

 

Die Blonde zwinkerte. „Jep! Nicht wahr, Mr. C?“

Wobei die Frage nur dazu gedacht war, von dem Gespräch mit Levrier abzulenken. Welcher prompt erwiderte: „S-so etwas habe ich noch nie in meiner neunundzwanzigjährigen Karriere als Moderator erlebt! Wie gut, dass die Übertragung um wenige Sekunden zeitversetzt ist!“

Dann jedoch verhärteten sich Anyas Züge wieder, als sie nach ihrem Deck griff. „Was auch immer, der Spinner stampft sich nicht von alleine ein, also Schnauze jetzt! Draw!“

Schwungvoll zog sie und betrachtete sofort die Zauberkarte, die sie in den Händen hielt und welche anschließend in ihr Blatt wanderte.

„Ich rufe [Battlin' Boxer Big Bandage]!“

Ein, von den roten Shorts mal abgesehen, vollkommen einbandagierter Kämpfer gesellte sich zu Anyas anderem Monster.

 

Battlin' Boxer Big Bandage [ATK/1100 DEF/1400 (2)]

 

„Sein Level ist scheiße, deswegen aktiviere ich jetzt seinen Effekt!“ Anya zeigte den [Battlin' Boxer Headgeared] von ihrem Friedhof vor. „Den habe ich eben abgehangen, als ich Lead Yokes Effekt benutzt habe. Jetzt wird Big Bandage seinen Level übernehmen.“

Einige der Bandagen lösten sich von den Armen ihres Boxers und begannen von einer unsichtbaren Kraft angetrieben wie ein Schleier um ihren Besitzer zu kreisen, wobei sie in Flammen aufgingen.

 

Battlin' Boxer Big Bandage [ATK/1100 DEF/1400 (2 → 4)]

 

„Aber da man mit einem Monster noch kein Xyz beschwören kann, reanimiere ich Headgeared gleich noch.“ Hinter dessen Karte, die Anya zwischen Mittel- und Zeigefinger hielt, schlüpfte eine weitere hervor. „Und zwar hiermit, dem Zauber [Battlin' Boxing Spirits]. Dafür muss ich nur die oberste meiner Deckkarten ablegen.“

Jene schob sich ein Stück nach vorne, damit Anya sie mühelos greifen und sich ihrer entledigen konnte. Kurz darauf schoss eine flammende Säule zwischen ihren beiden Monstern aus dem Boden und brachte den Boxer mit dem roten Kopfschutz zum Vorschein.

 

Battlin' Boxer Headgeared [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

 

Anya richtete die Hand nach vorne, hörte kaum noch, was um sie herum vor sich ging.

„Das ist es. Jetzt kannst du zeigen, dass du mehr drauf hast als freche Sprüche zu klopfen!“ Anya ballte die Finger zu einer Faust. „Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen beiden Stufe 4-Monstern wird ein Rang 4-Monster! Xyz Summon!“

Das schwarze Loch öffnete sich inmitten des Spielfelds und absorbierte die beiden Boxer als rote Lichtstrahlen.

„Stehe mir bei, [Gem-Knight Pearl]!“

Unter dem Staunen der Zuschauer entstieg aus dem Wirbel eine weiße Gestalt. Die Arme majestätisch verschränkt, kreisten neben den beiden obligatorischen Lichtsphären auch sieben kohlkopfgroße Perlen um den Ritter, den Levrier verkörperte.

 

Gem-Knight Pearl [ATK/2600 DEF/1900 {4} OLU: 2]

 

Elegant schwebte er zu Anyas Seite des Feldes und bezog neben ihr Stellung.

 

Soll ich deinen Bruder ein wenig erziehen, Anya Bauer? Mir scheint, als hätte er schon länger keine Tracht Prügel mehr bekommen.

 

Es bildete sich ein Grinsen um Anyas Mundwinkel, dessen Ausmaß befürchten ließ, alsbald schmerzhafte Krämpfe in ihren Gesichtsmuskeln auszulösen.

„Ich verlasse mich auf dich!“, flötete sie, froh, dass der Mistkerl endlich mal auf ihrer Seite war.

„Bevor du dich jedoch austoben kannst, ist erstmal Lead Yoke dran! Verpass' seinem Ritter eine Kopfnuss, die sich gewaschen hat! One-Hit KO!“

Der hünenhafte Boxer sammelte leibhaftiges Feuer in seiner Faust, ehe er auf Artorigus zu stürmte und diesem ebenjene ins Gesicht rammte. Damit brachte er den Ritter zu Fall, welcher kurz darauf explodierte und mit ihm auch sein Schwert.

 

[Anya: 3900LP / Zachariah: 4500LP → 3800LP]

 

Nachdenklich betrachtete Anya Zachariahs leeres Feld.

„Seltsam … beim letzten Mal hat er extra versucht, diese blöden Schwerter weiterzureichen.“

 

Denk an sein Assmonster. Es kann auch vom Friedhof auf sie zugreifen.

 

Anya sagte nichts, erinnerte sich aber noch gut daran. Dann war wohl offensichtlich, was er als Nächstes vorhatte.

„Tch, das macht mir keine Angst. Im Gegenteil“, murrte sie, „ich bin so aufgeregt wie noch nie. Kannst du dir denken warum, Arschgesicht?“

„Aber sicher doch. Du willst mich mit -ihm- direkt angreifen“, sagte Zachariah mit einem heimtückischen Grinsen und breitete die Arme aus. „Nur zu. Wenn du mit den Konsequenzen leben kannst.“

Anya zuckte ungewollt zusammen. Sie zweifelte nicht daran, dass ihr verhasster Bruder seine Drohung wahr machen würde. Unbewusst ballte sie eine Faust und senkte den Kopf. Sie musste das hier durchziehen, ansonsten würde sie womöglich ihre einzige Chance verlieren, sich mit Claire Rosenburg zu duellieren. Wäre es doch bloß nicht diese eine Duel Disk, mit der er sie versuchte zu erpressen!

Mit den Zähnen knirschend, wollte ihre Zunge bereits nachgeben, als ein plötzlicher Impuls sie wie ein Blitz durchfuhr. Den Kopf nach oben reißend, schwang sie den Arm aus. „Weiß nicht was du meinst!“

Die Erkenntnis war zum Glück rechtzeitig gekommen, auch wenn sie sehr schmerzhaft war: Sie würde ihre Duel Disk nicht wiederbekommen. Dafür würden Zach und seine Freundin Kali sorgen. Wieso sollten sie sich auch an Abmachungen halten, wenn die beiden sie tot sehen wollten!?

Anya richtete den ausgestreckten Zeigefinger auf ihren Bruder. „Jetzt kriegst du die volle Breitseite! Lev- [Gem-Knight Pearl], direkter Angriff auf seine Lebenspunkte! Shining Knuckle!“

 

Unbemerkt von allen anderen stand eine in dunkler Kutte verhüllte Person im Gang, der zum Spielfeld führte, und wohnte dem Schauspiel stumm bei. Die Kapuze tief über das von der weißen Maske verdeckte Gesicht gezogen, rümpfte Kali die Nase, bevor sie sich wegdrehte. Ihre Schritte hallten im Weggehen durch den Gang.

 

Levrier schoss wie ein Pfeil auf Zachariah zu, anstatt seine Perlen zu kommandieren, welche regungslos auf Anyas Spielfeldseite verharrten. Er hatte genau verstanden, was sie von ihm erwartete und auch wenn er Einwände hatte, würde er sie in diesem Fall nicht äußern. Nicht zuletzt auch deshalb, da er selbst eine gewisse Genugtuung dabei empfand, als er mit voller Wucht seine Faust in Zachariahs Magen rammte und seinen zusammenzuckenden Körper spürte. Speichel tropfte auf den Boden.

Einige Zuschauer bemerkten diese, aus ihrem Betrachtungswinkel, unerwartete Reaktion und schrien auf.

 

[Anya: 3900LP / Zachariah: 3800LP → 1200LP]

 

Du wirst Stillschweigen hierüber bewahren, Zachariah Bauer. Wenn nicht, wirst du schnell feststellen, dass dies nur der Anfang war und nicht jeder Konflikt durch ein Duell gelöst werden muss.

 

Langsam zog Levrier seine Faust aus dem Bauch des blonden Mannes.

Dieser hustete, flüsterte dann aber: „Denk nicht, dass ich das auf sich beruhen lassen werde, mein lieber Levrier …“

 

Dann behalte diesen Schmerz im Gedächtnis, denn es wird nicht das letzte Mal sein, dass du ihn fühlst.

 

Damit zog sich Levrier zu Anyas Spielfeldseite zurück.

Gleichzeitig streckte Zachariah breit lachend die Hand nach oben. „Sah doch täuschend echt aus, was!?“

Sein verzerrter Gesichtsausdruck strafte seiner Worte jedoch Lügen, auch wenn er das Publikum mit dieser Scheinvorführung damit auf seiner Seite hatte.

Derweil nickte Anya ihrem Ritter anerkennend zu. „Besser hätte ich das auch nicht hinbekommen!“

 

Ich fühle mich geehrt, auf eine Stufe mit dir gestellt zu werden- warte!

 

Doch Anya hörte schon gar nicht mehr zu, da sie versuchte, ihre schier grenzenlose Schadenfreude davon abzuhalten, ihre von Natur aus nur mäßig ausgeprägte Konzentration nicht zu stören. Sie blickte sich noch einmal im Publikum um und entdeckte endlich Zanthe, der ihr mit erhobenen Daumen gratulierte. Auf der gegenüberliegenden Seite konnte sie schließlich auch Logan ausmachen, der mit grimmiger Miene und verschränkten Armen da saß. Und sicherlich waren Redfield und Marc auch noch irgendwo.

Aber genug davon! Immerhin hatte sie das Duell noch nicht gewonnen.

„Ich jage jetzt einen Zauber hinterher!“, verkündete sie, „[Xyz Gift]! Wenn ich zwei Xyz-Monster kontrolliere, kann ich von einem zwei Overlay Units abhängen und dann zweimal ziehen!“

Die um Levrier kreisenden Lichtsphären lösten sich von ihrem Besitzer und flogen in hohem Bogen auf Anya zu, besser gesagt auf das Deck in ihrem roten D-Pad. Jenes leuchtete auf und Anya riss umgehend daraus die zwei Karten fort.

Eine davon nehmend, schmetterte sie sie in die Duel Disk. „Diese hier gesetzt, Zug beendet!“

 

Noch immer nicht der richtige Zeitpunkt für die Geheimwaffe?

 

Anya nickte kaum merklich. Diese würde sie erst ausspielen, wenn Zachs Assmonster auf dem Feld war. Vorher erschien ihr das zu riskant.

„Du bist dran!“, raunte sie mit zwei verbliebenen Handkarten. Den Kopf zur Seite legend, fragte sie provokativ: „Na, kannste noch stehen?“

Zach, der nebenbei seine Hand auf den Bauch legte, musste auflachen. „Für wen hältst du mich? Du warst schon immer gut daran, Schwächere zu … beeindrucken. Aber bei mir klappt das nicht.“

„Noch nicht“, versprach Anya unheilverkündend.

 

Weit von ihnen entfernt befand sich die kleine VIP-Lounge am höchsten Punkt der Arena. Ganz aus Glas bestehend, hatte man von hier einen guten Blick auf das gesamte Spielfeld. Fast schon gemütlich mutmaßte das Innere an, gab es doch einen Tisch gefüllt mit vielen leckeren Speisen am hinteren Ende des Raums und eine breite Couch direkt hinter dem Kommentatorenplatz, an dem Mr. C fleißig seinen Senf zum Duell gab.

Geradezu gelangweilt lehnte sich Melinda in einem weißen Kleid an eine der roten Lehnen und seufzte. Doch die Pose täuschte. „Hoffentlich macht sie das nicht nochmal. Wenn einer merkt, dass sie Levrier benutzt, um ihren großen Bruder zu vermöbeln …“

Henry, der die Arme verschränkt hielt, nickte knapp. „Was denkt sie sich nur dabei? Fühlt sie sich sicher, weil man es nicht auf die Solid Vision-Technologie schieben kann? Dämliche Pute, das ganze Turnier wird gestoppt werden, wenn etwas schief geht.“

Eine Hand an die Wange führend und sich daran abstützend, wunderte sich Melinda: „Was er ihr wohl getan hat?“

„Oder sie ihm. Scheint ja auf Gegenseitigkeit zu beruhen.“

Derweil schrie vorne der schwarzhaarige Mr. C in sein Mikrofon: „Was für ein Schlagabtausch. Diese beiden schenken sich nichts!“

„Geht der nur mir auf die Nerven?“, flüsterte Melinda hinter vorgehaltener Hand ihrem Bruder zu.

Ein Surren unterbrach das Gespräch der Geschwister jedoch. Henry zog aus der Brusttasche seines Anzugs ein Smartphone hervor und legte es ans Ohr. „Ja?“

Er machte eine kurze Pause. Als Melinda ihn fragend ansah, nannte er bloß einen Namen. „Nick.“

Was seine rothaarige, ältere Schwester die Augen verdrehen ließ. Umso mehr, als Henry aufgeregt wiederholte: „Erster Prototyp schon in etwa einem Monat?“

Sein Mund stand sperrangelweit offen, der seltene Anflug eines Lächelns überzog sein Gesicht. „So schnell? Du bist ein Genie!“

Melinda, die Nick als liebenswerten Volltrottel kennengelernt hatte, stand ihm mit gemischten Gefühlen gegenüber, seit er indirekt Henrys rechte Hand bezüglich seines neuen Spiels geworden war. Solche Leute, die sich verstellten, hatten nur allzu oft etwas zu verbergen. Etwas Gefährliches.

Als Henry das Gespräch beendete, lächelte sie ihm trotzdem freundlich zu. „Klingt ja gut.“

„Ja, er kümmert sich höchstpersönlich um die Plattform. Wenn er den Zeitplan wirklich einhalten kann, schaffen wir es vielleicht noch dieses Jahr.“

„Toll!“, log Melinda ohne rot zu werden.

„Ich bin mir sicher, dass 'mein' Monochrome Duel Monsters zerstören wird!“

 

Zachariah zog mit Schwung die nächste, fünfte Handkarte auf und kniff dabei für einen kurzen Moment die Augen fest zusammen, was Anya mit deutlicher Genugtuung beobachtete. Im Gegensatz zu Levrier, der neben ihr verharrte.

 

Anscheinend war ich ein wenig zu enthusiastisch.

 

„Was auch immer.“

 

Ich kenne deine Gefühle diesbezüglich. Allerdings habe ich Bedenken, was passieren könnte, wenn wir ihn hier und jetzt ausschalten. Zum Einen würdest du die Aufmerksamkeit der Autoritäten auf dich ziehen. Und die von Kali … welche Verbindung die beiden auch immer haben mögen.

 

„Kch!“

Anya wusste selbst gut genug, dass ihr verdammter Bruder das Glück hatte, in einem offiziellen Duell gegen sie anzutreten, dem Millionen Zuschauer beiwohnten. Natürlich durfte sie ihn da nicht vor einem Weltpublikum aus dem Verkehr ziehen. Aber ein klein wenig leiden lassen konnte sie ihn und im Moment wollte sie nichts mehr als das. Und was Kali anging? Die war so oder so hinter ihr her. Sollte sie sich halt hinter den Undying, irgendwelchen verrückten Dämonenjägern und anderem Gesocks anstellen!

 

Derweil nahm Zach eine Karte aus seinem Blatt und legte sie auf die Duel Disk.

„Ich beschwöre die [Lady Of The Lake]!“

Das Spielfeld vor dem hochgewachsenen, blonden Mann verwandelte sich in klares, schimmerndes Wasser. Aus diesem stieg eine Klinge empor, breit und mächtig, durch deren linke Hälfte rote Energielinien verliefen und durch die rechte hellblaue. Wie ein Geist tauchte plötzlich eine blonde Frau auf, die jenes sagenhafte Schwert fest umklammert hielt: Viviane, die Herrin des Sees, gekleidet in einem fliederfarbenen Mantel.

 

Lady Of The Lake [ATK/200 DEF/1800 (1)]

 

Zach griff nach seinem Friedhof. „Wenn sie beschworen wird, kann sie einen normalen Noble Knight vom Friedhof zurück aufs Feld bringen. Artorigus!“

Sie streckte elegant den Arm zur Seite aus, als wolle sie jemandem die Hand reichen und tatsächlich: Aus der Oberfläche des Wassers tauchte der rothaarige Artus auf und nahm die Hand der Herrin des Sees.

 

Noble Knight Artorigus [ATK/1800 DEF/1800 (4)]

 

„Da [Lady Of The Lake] eine Empfängerin ist, kann ich sie auf Artorigus einstimmen!“, rief Zach und streckte den Arm in die Höhe. „Stufe 1 auf Stufe 4!“

„Synchro!?“, überschlug sich Anyas Stimme.

Viviane löste sich in Luft auf, ebenso ihr See, an dessen Statt nun ein weiter, grüner Ring von unten um Artus herum aufstieg.

„Ganz richtig! Synchro Summon! Stufe 5, erscheine, [Ignoble Knight Of High Laundsallyn]!“

Ein rotes Licht schoss aus dem Boden und ließ Artorigus verschwinden. Stattdessen schwebte vor Zachariah plötzlich eine schwarzhaarige, in roter Aura gehüllte Gestalt in anthrazitfarbener Rüstung, welche von roten Energielinien durchzogen war – der Verräter Lancelot, mit dem Anya, wenn auch in anderer Form, schon in ihrem letzten Duell Bekanntschaft geschlossen hatte.

 

Ignoble Knight Of High Laundsallyn [ATK/2100 DEF/900 (5)]

 

Dieser streckte die Hand nach vorne aus und lachte.

„Bei seiner Synchrobeschwörung rüstet er sich sofort mit einer Waffe von meinem Deck aus.“ Zach seinerseits hielt jene schon zwischen den Fingern und zeigte sie. „[Noble Arms – Gallatin]!“

In Lancelots Hand tauchte ein schlichtes Schwert mit leuchtend grüner Klinge auf. „Sie stärkt das ausgerüstete Monster um 1000 Punkte.“

 

Ignoble Knight Of High Laundsallyn [ATK/2100 → 3100 DEF/900 (5)]

 

Mit einem Schlag bekam Zachs Ausdruck etwas Heimtückisches. „Und dann rüste ich ihn noch mit einer weiteren Karte von meiner Hand aus: [Gwenhwyfar, Queen Of Noble Arms]!“

Was Anya ziemlich verblüffte, handelte es sich bei der Karte um ein Monster. Jenes tauchte in Form eines jungen Mädchens auf, dessen zu zwei Zöpfen geflochtenes, braunes Haar wild umher flatterte, genau wie ihr weißes Kleid, als sie wie ein Geist herabstieg und sich an Lancelot zu klammern begann. Anschließend verschwand sie, was die Aura des Kriegers verstärkte und ihr schwarze Nuancen hinzufügte.

 

Ignoble Knight Of High Laundsallyn [ATK/3100 → 3400 DEF/900 (5)]

 

Anya kniff die Augen zusammen, sodass ihre böse funkelnden Pupillen nur noch aus Schlitzen hervorlugten. „Noch stärker, huh?“

„Noch viel stärker“, versprach ihr Bruder unheilvoll und streckte sogleich den Arm aus. „Stark genug, um deinen geliebten Pearl in die ewigen Jagdgründe zu schicken! Und wenn das passiert, erhalte ich eine Noble-Karte von meinem Deck.“

„Der große Bruder dreht auf! Kann Anya Bauer sich gegen ihn zur Wehr setzen?“, fragte der Kommentator ins Publikum.

Während jenes in der groben Überzahl verneinte, hob Lancelot seine Klinge in die Höhe. Rotes Feuer begann um sie zu brennen.

Die Stirn runzelnd, ignorierte Anya die johlende Pro-Zachariah-Fraktion und schwang den Arm aus. „Natürlich würdest du ihn angreifen! Aber das kannste knicken, Falle: [Shift]! Sie macht [Battlin' Boxer Lead Yoke] zum Ziel!“

Ohne dem weißen Ritter der Perlen überhaupt Beachtung zu schenken, schleuderte dessen dunkler Rivale eine flammende Welle auf den Boxer. Jener drehte sich von der Attacke weg und schützte sich dank des Pfeilers auf seinem Rücken, welcher zerbarst. Seine Brocken flogen in Anyas Richtung, die sich instinktiv mit den Armen schützte.

 

[Anya: 3900LP → 3500LP / Zachariah: 1200LP]

 

Sofort als die Attacke überstanden war, zog sie das letzte Xyz-Material unter Lead Yoke hervor und schob es in den Friedhofsschlitz. „Zu dumm, da hast du wohl nichts durch einen Kampf zerstört. Lead Yoke benutzt seine Overlay Unit, um sich am Leben zu erhalten und zu stärken.“

Nun war der Boxer völlig frei von seinen Fesseln und begann, ähnlich wie Lancelot, in roter Aura aufzuleuchten.

 

Battlin' Boxer Lead Yoke [ATK/3000 → 3800 DEF/2000 {4} OLU: 1 → 0]

 

Als Zach allerdings mit der Zunge schnalzte, schwante Anya Böses. „Das war also alles, was du da hinten liegen hattest? Enttäuschend … aber gut, dass es jetzt weg ist.“

Plötzlich begriff Anya. Ihr Bruder hatte -absichtlich- den zweiten Effekt dieses blöden Ritters preisgegeben, damit sie ihre Falle aktiviert, um zu verhindern, dass jener zum Einsatz kommt! Und wenn er nur darauf spekuliert hatte, [Shift] aus dem Weg zu räumen, hieß das …

„Jetzt habe ich freie Bahn hierfür“, meinte er und zeigte zwischen Mittel- und Zeigefinger einen Schnellzauber vor, „ein nettes kleines Präsent einer gemeinsamen Bekannten. [Galaxy Storm]!“

Seine Gegnerin atmete schwer ein und wich einen Schritt zurück. Alles um sie und ihre Monster herum wurde dunkel, pechschwarz, nur einzelne Lichtpunkte durchdrangen jene Finsternis – sie befand sich im All!

„Du hast dich bemüht, deinen Pearl zu schützt, was? Die Logik würde gebieten, dass ich das stärkste Monster auf deinem Feld anziele mit dem Effekt von [Galaxy Storm].“

„Was für ein Effekt!?“

Anya wurde immer unwohler zumute. Irgendetwas näherte sich ihrem Spielfeld aus den Tiefen des Alls, lauter dunkle Schatten, es war unmöglich zu sagen, um was es sich dabei handelte.

„Mit dieser Karte vermag ich sofort ein Xyz-Monster ohne Overlay Units zu zerstören. Wie gesagt, die Logik würde Lead Yoke als Ziel bestimmen. Aber …“

Ein Stich. Anya keuchte auf, als sie glaubte, von jener Karte in Zachs Hand eine dunkle Aura ausgehen zu sehen. Irgendjemand hatte das Teil bearbeitet – Kali!

„Oh nein, das wirst du-!“

„Doch, ich werde. Wie würdest du sagen? Revenge Menge! Pearl ist das Ziel!“

Jener sah sich unsicher um.

 

Sieht nicht gut aus. Das wird wehtun …

 

„Nein!“, schrie Anya panisch, die jetzt erkannte, was aus allen Richtungen auf ihren Partner zugeschossen kam – dutzende Kometen.

Aber es war zu spät. Wie ein Hagel schlugen sie um Levrier ein, lösten eine Explosion nach der anderen aus.

 

Ahhhhhhh!

 

Es wollte einfach nicht aufhören. Und als wäre das allein nicht schon schlimm genug, sammelte sich die Energie der kleineren Explosionen, um ein gewaltiges Finale zu entfesseln.

Unter einem ohrenbetäubenden Knall wurde eine Super Nova-ähnliche Entladung ausgelöst, die Levrier in Fetzen riss und das eigentliche Spielfeld wiederherstellte.

 

Gyaaaah!

 

Anya stockte der Atem. Unsicher flüsterte sie: „Le- Pearl?“

Keine Reaktion.

Zach lachte hämisch. „Der kommt so schnell nicht wieder zu sich. Beste Grüße von Kali! Kannst ja versuchen dich zu rächen, dein Zug.“

Während Anya noch versuchte zu begreifen, kommentierte der MC: „Was war das!? Wieso hat Zachariah das schwächere Monster ausgewählt? Führt er etwas im Schilde!?“

 

Wie in Trance griff Anya nach ihrem D-Pad, das sie lasch vor sich hielt und zog auf. Die Karte betrachtend, sah sie unvermittelt mit zornesroter Fratze auf und schmetterte das Monster heftiger auf den Apparat als nötig gewesen wäre.

„[Battlin' Boxer Glassjaw]!“

Vor ihr tauchte ein grüner, stämmiger Boxer aus, dessen Anblick glatt vermuten ließ, er wäre ein aus Stein gemeißelter Hulk.

 

Battlin' Boxer Glassjaw [ATK/2000 DEF/0 (4)]

 

Als Anya den Arm ausstreckte und den Zeigefinger mit aufgerissenen Augen auf Zach richtete, schrie sie: „Macht ihn alle! Lead Yoke, schlag auf diesen verdammten Ritter ein, bis nichts mehr von ihm übrig ist! One-Hit KO!“

Selbst danach schrie sie noch derart kriegerisch, als wäre sie diejenige, die den Schlag austeilte. Mit flinken Schritten näherte sich der Boxer und schmetterte seine Faust gegen Lancelots rot entflammte Klinge. Jener kicherte geheimnisvoll.

„So wird das nichts. Effekt von [Gwenhwyfar, Queen Of Noble Arms]! Du weißt schon, das Klammeräffchen.“

Mit Schrecken beobachtete Anya, wie jene hinter Lancelot auftauchte und sich kreischend in Luft auflöste. Im nächsten Moment schleuderte Letzterer Lead Yoke erst davon, um eine messerscharfe, vertikal gerichtete Welle hinterher zu schicken, die den Boxer durchtrennte.

 

Ignoble Knight Of High Laundsallyn [ATK/3400 → 3100 DEF/900 (5)]

 

Wie versteinert stand Anya da, ließ den Arm sinken.

Zach schloss die Augen und grinste zufrieden. „Sicher, ich muss die Königin opfern, aber das macht doch jeder dunkle Ritter, um einen mächtigeren Feind einfach so zu töten. Richtig?“

„Jetzt hat er beide Xyz-Monster besiegt, unglaublich!“, schrie Mr. C begeistert.

Anya hörte jedoch nicht hin. Jetzt stand sie nur noch mit Glassjaw und zwei Handkarten da. Dieser verdammte Bastard, er spielte mit ihr wie mit einem Kind! Darüber hinaus hatte er sich an Levrier vergangen, der Feigling! Und sie wusste nicht einmal, wie es ihm ging.

Panisch sah sie in ihr Blatt. Jetzt musste sie ihren Trumpf ausspielen, wenn sie hier heil durchkommen wollte! Sicherlich würde Levrier ihr auch dazu raten.

„Das hier ist noch lange nicht vorbei!“, fauchte sie, immer noch knallrot im Gesicht. „Diese da verdeckt, Zug beendet!“

Zischend materialisierte jene Falle sich vor ihren Füßen.

 

Geradezu lässig zog Zachariah auf, als läge es nun an ihm, Anya den Gnadenstoß zu versetzen. Nebenbei erklärte er: „Während jeder Standby Phase verliert der Träger Gallatins 200 Angriffspunkte, aber das macht nichts.“

Tatsächlich trübte es nicht die finstere Aura, die Lancelot umgab.

 

Ignoble Knight Of High Laundsallyn [ATK/3100 → 2900 DEF/900 (5)]

 

„Du hast eindeutig noch zu viele Lebenspunkte. Das müssen wir ändern.“ Er legte eines seiner Monster auf das D-Pad. „Erscheint, [Noble Knight Brothers]! Wenn sie gerufen werden, kann ich bis zu zwei weitere Edle Ritter rufen. Aber ich brauche nur diesen hier, [Noble Knight Borz]!“

Zunächst stellten sich drei junge Männer blonden Haares vor ihrem Besitzer auf. Der älteste Bruder mit schulterlangem, der mittlere mit etwa einer Handbreit langem Haar und zu guter Letzt der jüngste mit vergleichsweise kurzer Pracht. Neben ihnen gesellte sich ein weiterer Ritter mit braunem Haar und in rotem Umhang – Bors der Jüngere, Sucher des Heiligen Grals.

 

Noble Knight Brothers [ATK/1200 DEF/2400 (4)]

Noble Knight Borz [ATK/1700 DEF/900 (4)]

 

Anya entfuhr ein aufgeregtes Keuchen. Zwei Monster gleicher Stufe auf dem Feld zu haben war nicht gut! Das Problem war nicht, dass er eine Xyz-Beschwörung durchführen konnte. Die Frage war, -wann- würde er es tun?

„Ich denke, ein Schwert würde Borz gut zu Gesicht stehen. Drum rüste ich ihn mit der Klinge der Legenden aus, [Noble Arms – Excaliburn]!“

Zu Anyas Überraschung materialisierte sich in der Hand des Ritters ebenjene Klinge, die die Herrin des Sees so fest umschlossen gehalten hatte. Doch ihre zweifarbigen Energielinien leuchteten nicht auf.

„Hups“, gluckste Zach da, als würde er ihre Gedanken lesen und fasste sich demonstrativ an die Stirn, „Borz ist ja gar nicht der wahre Träger Excaliburs.“

Was sich auch darin zeigte, dass sich sein Angriffswert nicht veränderte. Woraus der blonde Duellant schloss: „Naja, es reicht zumindest, damit Borz jetzt seinen Effekt aktivieren kann. Solange er mit einer Edlen Waffe ausgerüstet ist, bestimmt er einmal pro Zug drei weitere jener Schwerter – und was sonst noch dazugehört – und überlässt mir von denen eine zufällige. Die anderen landen auf dem Müll.“

Zach nahm sein Deck aus der Halterung und durchsuchte es nach den dreien, die ihm im Sinn standen. Er zeigte sie vor, doch Anya konnte nur den Namen der obersten Karte lesen: [Noble Arms – Excaliburn II]. Zusammen mit den anderen beiden tauchte sie anschließend in vergrößerter Form mit dem Rücken zu Anya gewandt auf.

„Du entscheidest“, gurrte er verheißungsvoll.

Es war die mittlere, auf die Anya nach praktisch nicht vorhandener Überlegung deutete. Jene nahm Zach auf und ließ die anderen beiden in seinem Friedhof verschwinden.

„Diese Karte …“, murmelte die Blonde derweil nervös. Mit der hatte Zach letztes Mal versucht sie zu besiegen und es war dieselbe Karte, vor der dieser Kakyo sie gewarnt hatte. „Shit …“

Umso weniger überraschte es sie, als Zach seine beiden Noble Knights vom D-Pad nahm und übereinander legte. „Ich erschaffe das Overlay Network!“

Wie schon die beiden Male bei Anyas Xyz-Beschwörung zuvor öffnete sich inmitten des Spielfelds ein schwarzes Loch. Die drei Brüder und Borz lösten sich in goldgelbe Lichtstrahlen auf, die in die Mitte jenes Netzwerks schossen und verschwanden.

„Zwei Stufe 4-Monster! Xyz Summon! Herrsche, [Artorigus, King Of The Noble Knights]!“

Eine Lichtexplosion erfolgte aus dem finsteren Schlund. Daraus empor stieg der gereifte König Artus, nun in einer blau aufleuchtenden Rüstung gehüllt. Von seinen Schultern flatterte ein Umhang gemacht aus Fell und zwei Lichtkugeln umkreisten ihn dabei, wie er zu Zach herüber glitt.

 

Artorigus, King Of The Noble Knights [ATK/2000 DEF/2000 {4} OLU: 2]

 

Jener famose König streckte beide Hände vor sich aus. Zachariah erklärte dazu: „Bei seiner Xyz-Beschwörung rüstet er sich mit drei Noble Arms von meinem Friedhof aus.“

Nacheinander schnellten jene aus seinem Friedhof hervor, sodass der Blonde sie nur vorzuzeigen brauchte. Es waren [Noble Arms Of Destiny], ein leuchtender Schild, der sich an Artorigus' rechtem Handgelenk manifestierte, [Noble Arms – Arfeudutyr], ein düsteres Schwert, das in Anya böse Erinnerungen weckte und [Noble Arms – Caliburn], das in des Königs rechter Hand erschien. Welches auch gleich in die Höhe gestreckt wurde.

 

Artorigus, King Of The Noble Knights [ATK/2000 → 2500 DEF/2000 {4} OLU: 2]

 

„Du weißt ja, einmal pro Zug erhalte ich dank Caliburn 500 Lebenspunkte.“

„Tch, geht das wieder so los!“

Der von Caliburn gerufene, schimmernde Regen ging auf Zach nieder.

 

[Anya: 3500LP / Zachariah: 1200LP → 1700LP]

 

„Jetzt ist es Zeit, sich um ein paar Zauber- und Fallenkarten auf dem Spielfeld zu kümmern“, verkündete Zachariah und zog eines der Xyz-Materialien unter Artus weg. Jener absorbierte mit Caliburn eine der um ihn kreisenden Lichtkugeln.

„Pro Noble Arms kann ich eine Zauber- oder Fallenkarte auf dem Feld vernichten!“ Zach ballte demonstrativ eine Faust, die er anhob. Gleißendes, blaues Licht begann von Caliburn auszustrahlen, dann feuerte Artus einen kreischenden Lichtblitz auf Anyas gesetzte Karte, sodass diese sich die Ohren zuhielt – und in einer dumpfen, hellblauen Explosion verschwand. Im selben Augenblick zersprang das heilende Schwert in der Hand seines Besitzers.

 

Artorigus, King Of The Noble Knights [ATK/2500 → 2000 DEF/2000 {4} OLU: 2 → 1]

 

„Ich habe deine Falle und Caliburn gewählt“, erklärte Zach, „und wie du schon weißt, können Noble Arms, wenn sie zerstört werden, einmal pro Zug neu ausgerüstet werden.“

So schnell wie das Schwert in des Königs Hand verschwunden war, so tauchte es auch wieder auf.

Irritiert blinzelte Anya durch den hellen Rauch. Sie hatte damit gerechnet, dass er – wie schon im letzten Duell – Arfeudutyr benutzen würde, um ihre gesetzte Karte zu zerstören. Aber das hier war noch viel schlimmer, denn …

„... da [Noble Arms – Caliburn] kurzzeitig vom Spielfeld gegangen ist, kann ich ihren Effekt nun erneut aktivieren!“

Siegesgewiss streckte Artus die Klinge in die Höhe und ließ auf Zach einen bunten Lichterregen niedergehen.

 

[Anya: 3500LP / Zachariah: 1700LP → 2200LP]

 

Der Rauch löste sich langsam in Luft auf und Anya stand mit verschränkten Armen da – und ohne Monster. Etwas, das Zachariah nicht erwartet hatte.

„Wo ist-!?“

Anstatt ihn ausreden zu lassen, zeigte die Blonde stumm auf Zachs Monster. Welche beide erschöpft in die Knie sanken.

 

Ignoble Knight Of High Laundsallyn [ATK/2900 → 0 DEF/900 (5)]

Artorigus, King Of The Noble Knights [ATK/2000 → 0 DEF/2000 {4} OLU: 1]

 

„Seht ihr das!? Was hat Anya Bauer gemacht, um die Angriffspunkte ihres Gegners auf 0 zu bringen!?“, staunte selbst der Kommentator.

Anya nahm die Falle von ihrem Friedhof und zeigte sie vor. „Werd' ich dir sagen, Saftsack. [Zero Force]! Bevor mein Trottel von Bruder sie zerstören konnte, habe ich sie aktiviert. Wenn von meiner Spielfeldseite ein Monster verbannt wird, kann ich sofort den Angriff aller anderen Monster auf dem Feld auf 0 setzen.“

Widersprechend schwang Zach den Arm aus. „Ich habe aber kein Monster verbannt! Und dir fehlten die Mittel dazu!“

„Sicher? Ich hatte doch [Battlin' Boxer Rib Gardna] auf dem Friedhof!“ Jenen holte Anya aus der Verbannungszone, um ihn zum Beweis vorzuzeigen. „Wenn ich den von dort verbanne, kann ich temporär auch einen Boxer aus dem Ring nehmen.“

„Aber wie – !?

Mit großem Genuss konnte Anya ihrem Bruder ansehen, wie er sich an ihren ersten Zug erinnerte.

 

Anya schüttelte kaum merklich den Kopf und nahm ein Monster aus ihrem Blatt. „Ich beschwöre [Battlin' Boxer Headgeared]!“

Aus einer roten Lichtsäule stieg vor ihr ein Boxer empor, von hagerer, doch trainierter und vor allem dunkelblauer Gestalt. Namensgebend war sein roter Kopfschutz.

 

Battlin' Boxer Headgeared [ATK/1000 DEF/1800 (4)]

 

Sofort griff Anya nach ihrem Deck. „Wenn er normalbeschworen wird, schicke ich umgehend einen seiner Trainingspartner direkt vom Deck auf den Friedhof.“

Jenen zeigte sie kurz vor, ehe sie ihn in den Friedhofsschlitz schob.

 

Die Stirn runzelnd, lachte er urplötzlich auf. „Nicht schlecht. Ich war wohl etwas unachtsam, weil du meine Gegnerin bist. Du hast gewartet, bis ich die großen Geschütze aufs Feld bringe, ehe du deine Falle setzt. Aber ich sag dir was …“

Anyas Augen weiteten sich, als Caliburn in Artus' Händen zu glühen begann.

„... der Effekt von [Zero Force] wurde aufgelöst, bevor [Noble Arms – Caliburn] zurück aufs Spielfeld kam. Also hat mein Monster ein paar Angriffspunkte!“

 

Artorigus, King Of The Noble Knights [ATK/0 → 500 DEF/2000 {4} OLU: 1]

 

Unbedarft zuckte Anya mit den Schultern. „Na und? Das reicht kaum aus, um mir einen Kratzer zuzufügen.“

„Wenn du dich da mal nicht täuscht, 'liebstes Schwesterherz'.“ Während er das sagte, drehte Zach seinen Lancelot in die Horizontale. Dadurch ging dieser ganz in die Knie und schützte sich mit seinem Schwert.

 

Ignoble Knight Of High Laundsallyn [ATK/0 DEF/900 (5)]

 

~-~-~

 

Innerhalb Ephemeria Citys wurde das Duell auf den vielen Bildschirmen übertragen, welche an Gebäuden, Fassaden und dergleichen befestigt waren. Die Straßen waren gefüllt mit Menschen, die zusahen. Eigens hierfür hatte die Polizei bestimmte Abschnitte der Stadt gesperrt. Die hellen Lichter der Laternen tauchten das spätabendliche Ereignis in warmes Licht.
 

Doch wo Kali sich befand, gab es kein Licht, nur Schatten. Niemand durfte jemals wissen, was sich hinter ihrer Maske verbarg. Niemand durfte wissen, dass es sie gab, bis auf wenige Ausnahmen. Aus diesem Grund hatte sie die Arena verlassen müssen, denn zu groß war die Gefahr, einem der Freunde -jenes Mädchens- über den Weg zu laufen. Es reichte schon, wenn jemand ihre Anwesenheit spürte.

Was nichts daran änderte, dass Kali gerne dem Duell beigewohnt hätte. So saß sie im Schatten eines Treppenhäuschens, das sich auf der Spitze eines der Bürogebäude befand, nicht weit von der Arena entfernt. Unter ihr fand eines der Public Viewing-Events statt, sodass sie das Spektakel zumindest auf dem Bildschirm verfolgen konnte.

Als Zachariah seinen Lancelot in die Verteidigung drehte, Artus jedoch nicht, verspürte Kali ein unangenehmes Kribbeln in der Magengegend. Was hatte er vor? Über die Lautsprecher, die ebenfalls überall innerhalb der Stadt verteilt waren, konnte sie ihn hören.

 

Jetzt ist es Zeit, 'Anya'.

 

Wie er ihren Namen betonte, voller Abscheu. In dieser Hinsicht war er noch extremer als sie selbst, was Kali kaum für möglich gehalten hatte.

Der Kameramann machte einen guten Job, sah man den blonden, jungen Mann in der Frontansicht, wie er eine Zauberkarte in sein D-Pad schob. Und diabolisch grinste. Das konnte nur eines bedeuten.

 

Ich rüste Artorigus mit [Noble Arms – Excaliburn II] aus.

 

Auch wenn sie damit gerechnet hatte, keuchte Kali auf.

Jetzt wurde der Ritterkönig gezeigt, der sein Caliburn und Arfeudutyr vor sich verschmelzen ließ und daraus ein großes, goldenes Breitschwert schuf. In ihm verliefen sich überkreuzende Lichtlinien, blauer und roter Natur. Es war so riesig, dass kein Mensch es mit nur einer Hand führen konnte, doch Artus belehrte die Zweifler eines Besseren und griff mit einer Hand danach.

 

Was für ein Scheiß! Die Punkte deines Monsters sind nicht gestiegen. Mal wieder!

 

Die Perspektive schwenkte zu Anya um, der entgegen ihrer unbekümmerten Worte der Schweiß auf der Stirn geschrieben stand. Sie wusste nicht, womit sie es zu tun hatte, ahnte jedoch selbstverständlich, dass es nichts Gutes sein konnte.

„Wirst du wirklich so weit gehen?“, fragte Kali leise. „Zach?“

Eine Antwort blieb er ihr nicht lange schuldig. Ihr Partner schwang den Arm aus und zeigte auf die völlig schutzlose Anya.
 

Jetzt bekommst du eine längst überfällige Kostprobe von dem, zu was Excaliburn II imstande ist.

 

Einem inneren Impuls folgend, erhob sich Kali ruckartig. Sie musste zurück! Was er da tat, war nicht in ihrem Sinne, denn …

 

~-~-~

 

Gleichzeitig war auch Henry aufgesprungen, allerdings aus ganz anderen Gründen.

„Was ist das für eine Karte?“, fragte er aufgeregt. „Es gibt kein [Noble Arms – Excaliburn II]!“

Melinda sah verwirrt zu ihm auf. „Wie kommst du darauf?“

„Die Noble Knights sind keine Karten von I², sondern stammen von uns. Ich habe selbst den Zeichner für die Artworks beauftragt!“ Zornig, aber ebenso verwirrt sah er auf das Spielfeld herab. „Wir müssen das Duell stoppen und ihn disqualifizieren!“

Seine Schwester stand ebenfalls auf, legte besorgt ihre Hand auf seine Schulter. „Henry, die Karte ist in der Datenbank, sonst würde sie nicht funktionieren.“

Er wirbelte aufgeregt zu ihr um und flüsterte: „Du weißt, wie wenig das in unserer Welt bedeutet!“

„Vielleicht hast du Recht. Aber vorher lass uns erstmal den Eintrag überprüfen, vielleicht erklärt-!“

Weiter kam Melinda nicht, denn Zachariah hatte soeben den Angriff befohlen.

 

„Direkter Angriff auf ihre Lebenspunkte!“, schrie der Blonde im schwarzen Sakko.

Sein Artus, der das Schwert mittlerweile lässig mit einer Hand schulterte, schwang es nun in einer halbmondförmigen Drehung aus. Wodurch sich von der Klinge eine Schockwelle löste. Von strahlender, blauer Energie, zischte sie über das Feld und erfasste Anya. Jener blieb die Luft weg, als sie getroffen wurde, auch wenn sie äußerlich nichts spürte. Nichts geschah.

Zach kicherte. „Oh? Denkst du gerade, du würdest nur 500 Lebenspunkte verlieren?“

Anya reagierte nicht. Irgendetwas stimmte hier nicht, ihr war mit einem Mal so schwindelig.

„Ich muss dich enttäuschen. [Noble Arms – Excaliburn II] verleiht seinem Träger eine besondere Fähigkeit.“ Während Anyas Sicht zunehmend verschwamm, bekam sie noch mit, wie eine rote Energielinie von Zachs Brust direkt zum Breitschwert verlief. „Sie fügt nicht den Angriffswert des Monsters als Schaden zu …“

Jene Verbindung zwischen Schwert und ihrem Bruder begann regelrecht zu pulsieren.

„… sondern den Lebenspunktewert desjenigen, der im Hintergrund die Fäden zieht! Mein Leben und das ist weitaus stärker als 500!“

Ohne Vorwarnung schwang Artus sein Schwert noch einmal, doch dieses Mal entfesselte er eine rote Schockwelle, die Anya durchfuhr wie ein Blitz. Und mit ihm kamen die Schmerzen. Anya schrie auf und kippte rückwärts um.

 

[Anya: 3500LP → 1300LP / Zachariah: 2200LP]

 

 

Turn 61 – Do Your Worst

Trotz der heftigen, anhaltenden Schmerzen, die Zachariahs Angriff verursacht, kämpft Anya weiter. Die wahre Bedrohung in [Artorigus, King Of The Noble Knights] erkennend, versucht sie alles in ihrer Macht stehende, um ihn zu zerstören. Jedoch gelingt es Zach stattdessen sogar, ihn noch mächtiger werden zu lassen. Ihre einzige Hoffnung in eine der Karten setzend, die sie von Henry erhalten hat, holt Anya zum Gegenangriff aus. Und an ihrer Seite ist …



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fubukiuchiha
2017-09-14T19:52:50+00:00 14.09.2017 21:52
Hey
Super Kapitel, am Anfang war ich ein bisschen verwirrt, aber coole Idee mit dem Elysium. Mal sehen wie das mit den Artefakten wirklich funktioniert.
In der ersten Runde gegen Zach? Anya hat einfach kein Glück und jetzt ist auch noch Levrier weg.
Bin gespannt wie das weitergeht.
LG fubukiuchiha
Antwort von:  -Aska-
21.09.2017 17:24
Hey,
danke dir. Ich wollte mich mal an komplexeren Kampfszenen probieren. Und am Trollen. xD

LG,
-Aska-


Zurück