Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 26: Turn 26 - The Children Of Eden ------------------------------------------ Turn 26 – The Children Of Eden     „Nick!“, drang eine schrille, sich überschlagende Stimme an das Ohr des jungen Mannes. Doch ehe der überhaupt die Augen öffnen konnte, wurde er am Schopf gepackt und sein Kopf hoch gerissen. „Ich dachte, du wärst längst in der Schule!“, donnerte seine Mutter. „Nicht, dass es einen Unterschied macht, ob du anwesend bist, oder nicht …“ „Hi, Mum“, grinste Nick und winkte ihr vors Gesicht. Die Frau im besten Alter, welches das komplette Gegenteil von Nick war – klein, mürrisch und ordentlich, was man besonders an den braunen, kurzen Haaren erkennen konnte, die im Vergleich zu Nicks wilder Mähne anständig frisiert waren – ließ den Kopf des jungen Mannes wieder auf seinen Schreibtisch fallen, sodass Nicks Schädel mit voller Wucht auf die Tastatur seines Laptops knallte. „Mach dich fertig!“, befahl sie in einem Tonfall, der verdächtig an eine gewisse Blondine erinnerte. „Ja, Mum …“, murmelte Nick, wobei seine Stimme von der Tastatur gedämpft wurde. „Mum? Wie spät ist es eigentlich?“ „Kurz nach zwölf. Deswegen beeil' dich gefälligst! Und mach dich gefälligst an Anya heran, damit ihr heiraten und nach Asien oder sonstwohin auswandern könnt!“ Das Knallen einer Tür verriet, dass der Weckdienst seiner Mutter hiermit beendet war. Nicks Augen fielen wieder zu. Noch bis ein Uhr konnte er schlafen, dann- „Ein Uhr!?“, stieß er erschrocken hervor und schreckte auf. Die Zeitanzeige seines Laptops verriet ihm, dass es bereits 12:14 war. Er hatte noch eine dreiviertel Stunde, um im Einkaufszentrum zu sein. „Das Geld!“ Er war gestern Nacht mitten in der Arbeit eingeschlafen! Sofort rief Nick von der Internetseite seiner Bank seinen Kontostand auf. Doch nicht alles der 30.000$, die er zuvor durch gewisse Transaktionen errungen hatte, waren schon auf sein Konto überwiesen worden. Aber das war die Summe, die die Person, welche er unbedingt treffen wollte, laut Nina verlangt hatte! „Dann muss er sich mit einer Anzahlung zufriedengeben“, murmelte Nick ärgerlich, klappte seinen Rechner zu und erhob sich. Wenn er sich beeilte, konnte er noch schnell etwas Geld abheben, ehe er im Café „Bikini Fruit“ hoffentlich den Mann traf, der Anyas grausamen Plänen Einhalt gebieten konnte.   ~-~-~   So schnell er konnte, rannte Nick völlig zerzaust durch das riesige Einkaufszentrum. Praktisch alles hier bestand aus glänzenden Flächen. Der Boden im edlen, wenn auch gewöhnungsbedürftigen Metalllook, das Dach und die verschiedensten Geschäfte teilweise sogar komplett aus Glasplatten. Ziemlich viele Leute waren heute, am 5. November, unterwegs und nicht wenige wurden von Nick angerempelt. Sie saßen auf den Bänken, die sich in der Mitte der Einkaufsstraße befanden, betrachteten Kleider, Schmuck und andere Waren, die vor den Geschäften ausgestellt waren oder aßen im Schlendergang ein Eis. Das Sonnenlicht erhellte das blaue Kolosseum, wie das Einkaufszentrum auch genannt wurde, mit warmen Strahlen, wenn es nicht gerade von grauen Wolken behindert wurde.   Es erschien Nick wie eine Ewigkeit, bis er einen der riesigen Seiteneingänge erreicht hatte. Gleich nebenan befand sich, ebenfalls durch eine Glaswand getrennt, ein kleines Café. In Neonlettern stand über dem Eingang „Bikini Fruit“ und schon von außen sah Nick, dass fast alle Tische besetzt waren. Außer Atem stürmte er in das Café und schritt an der riesigen Bar vorbei, hektisch nach einem einzelnen Mann suchend, der wahrscheinlich schon auf ihn wartete. Doch bevor er überhaupt einmal den Blick durch das Café hatte kreisen lassen, wurde er am Arm gezogen, mitgeschleift und auf einen Stuhl in der hintersten Ecke des Cafés gezwängt. „Hey, was-! Nina!?“ Eine rothaarige, blasse Frau setzte sich ihm gegenüber und legte ihre überdimensionale Krokodilslederhandtasche auf den runden Glastisch, der sie beide trennte. Ihre Frisur war ein einziges Chaos aus Haarspangen. Die dicke Hornbrille auf Nina Placatellis Nase tat ihr Übriges, um aus der grünäugigen Frau einen Geier zu machen, der nur auf die nächste große Story wartete. „Hallöchen, Nick. Lange nicht gesehen“, zwinkerte sie ihm verführerisch zu. „Was wollen Sie hier?“, verlangte Nick mit unterdrückter Wut zu wissen. „Ich dachte, ich treffe mich mit -ihm-.“ Nebenbei setzte er den Rucksack von seinen Schultern ab. „Tust du doch auch“, meinte sie schulterzuckend, „mit mir zusammen.“ „Warum-!?“ Sie kicherte spitz. „Ach tu doch nicht so, du Dummchen. Denkst du, ich lasse mir eine so interessante Story entgehen?“ Theatralisch seufzend fügte sie hinzu: „Der verlorene Sohn der heiligen Stadt Edens gibt sein erstes Interview, wie romantisch. Wenn ich das abdrucken lasse, werden mir die Leser zu Füßen liegen. Außerdem wird dann keiner mehr glauben, dass 'Thirty Legends – The Whole Truth' von meinem lieben Cousin nur erfundener Quatsch ist!“   Wenn er nicht so verzweifelt wäre, so dachte Nick wütend, würde er persönlich dafür sorgen, dass dieser liebe Cousin von seinem Verlag auf die Straße gesetzt wurde. Aber es war wirklich interessant herauszufinden, dass dieses Buch tatsächlich von einem Verwandten Ninas geschrieben worden war. Was vermutlich auch erklärte, warum sie so besessen von allem Übernatürlichen schien – es lag in der Familie. Normalerweise glaubte Nick ja nicht an Zufälle, aber das hier konnte anders gar nicht bezeichnet werden. Das absurde Buch, das Abby sich damals in der Bibliothek ausgeliehen hatte, stand mit Nina Placatelli, der örtlichen Quatschkolumnistin, in Verbindung. All dies hatte Nick erfahren, als er Nina eines für sie unschönen Tages anrief, um nachzufragen, was für Informationen sie denn inzwischen für Anya und Abby bereit hielt, nachdem Letztere ihr eine Lektion erteilt hatte. Die Antwort fiel jedoch ernüchternd aus: nichts. Darum hatte Nick damit gedroht, ihr Abby auf den Hals zu hetzen, wenn sie nicht bald etwas Vorzeigbares zu ihm brachte. Woraufhin Nina von ihrem Cousin und dem Buch 'Thirty Legends – The Whole Truth' zu erzählen begann, welches er selbst teilweise gelesen hatte, bevor er es frustriert zurück in die Bibliothek brachte. Es war ironisch, denn eigentlich hatte Nick Nina nur als Mittel zum Zweck benutzt, um Abbys Angst vor Duellen zu bekämpfen. Dass sie nun tatsächlich noch einen Nutzen besaß, der darüber hinaus ging, konnte schon glatt als Wunder bezeichnet werden. Und was Wunder anging: wenn dieser ominöse Fremde, den Nina nur unter größten Mühen hierher eingeladen hatte, eine Niete war – und die Chancen standen gut, dass dem so war – würde sie ihr ganz persönliches, blaues Wunder erleben. Denn die Transaktionen, die Nick durchgeführt hatte, um an die 30.000$ zu gelangen, wurden unter anderem von ihrem Konto getätigt. Aber ihr Geld hatte er absichtlich nicht mit abgehoben, um die Sache gegebenenfalls rückgängig zu machen, wenn er bekam, was er wollte. Doch im Moment war sie, ohne etwas zu ahnen, pleite.   „Würden Sie bitte gehen?“, fragte Nick unhöflich. „Nein, nichts da!“ Sie schüttete demonstrativ den Kopf. „Hast du auch an das Geld gedacht? Mein Cousin sagt, dieser Typ ist nicht sonderlich sesshaft und hat auch keine Arbeit. Er reist durch die Lande, deswegen war es auch so schwer, ihn zu kontaktieren.“ „Um das Geld brauchen Sie sich keine Sorgen machen“, erwiderte Nick kühl, „eher mache ich mir Sorgen um Sie.“ Sofort weitete die rothaarige Frau im besten Alter ihre giftgrünen Augen. „W-wie meinen!?“ „Wenn ich erfahre, dass das nur ein Trick ist, um sich durch mich zu bereichern …“ Nick sprach absichtlich nicht weiter, damit Ninas gut ausgeprägte Fantasie den Rest übernehmen konnte. Die hob panisch die Hände. „Nicht doch! So etwas Niederes würde ich nie tun!“ Nick schloss die Augen. „Ich hoffe es. Für Sie, Nina.“ „S-sicher.“ Nebenbei sah sie auf die Uhr an ihrem Arm. „Der ist aber ganz schön spät …“ „Wieso? Ich bin doch hier?“   Beide schreckten auf, hatten sie den Mann nicht bemerkt, der direkt neben ihnen an einem der Stühle saß und ein freundliches Lächeln aufsetzte. Nick betrachtete ihn fassungslos. Das war unmöglich, von seiner Position aus hätte er jeden sofort bemerkt, der sich ihrem Tisch genähert, geschweige denn Platz genommen hätte. Aber dieser Kerl, er war einfach aus dem Nichts aufgetaucht! „Huuuuh!“, atmete Nina tief durch und fächerte sich mit der flachen Hand Luft zu. „Das nenne ich einen gelungenen Auftritt.“ „Ich hoffe, ich habe die Dame nicht erschreckt“, meinte der Fremde amüsiert. Nina zwinkerte ihm becircend zu. „Ach Unsinn, mein Lieber, ich habe schon ganz andere Sachen erlebt. Als Reporterin kennt man keine Gefahr.“   Derweil musterte Nick den Mann skeptisch. Er war schon ziemlich alt, bestimmt über 60 Jahre, was man schon an dem weißen Haar erkannte, welches zu einem losen Pferdeschwanz gebunden auf seinem Rücken lag. Dazu trug er eine Brille mit kreisrunden Gläsern, aus deren Mitte seine grauen Augen regelrecht strahlten. Markant machte ihn aber der braune Poncho mit schwarzen Streifen, den er über seinem Leib trug. „Was ist? Störe ich?“, richtete der Mann sein Wort an Nick. „Nein“, erwiderte der zögerlich. „Ich bin nur etwas überrascht. Wir haben Sie nicht bemerkt.“ Der Alte winkte lachend ab. „Das sagen sie alle. Ich bin mal hier, mal da, aber nirgendwo auf Dauer. Nennt mich Drazen.“ „Drazen also“, murmelte Nick und sah aus den Augenwinkeln zu Nina herüber, die bereits Stift und Notizblock gezückt hatte, um sich alles aufzuschreiben. Ihr Gast lehnte sich zurück und breitete die Arme aus. „Warum wolltet ihr mich sehen? Ich war sehr überrascht, als der neugierige, junge Autor von damals mich kontaktiert hat.“ Bevor jedoch einer von ihnen beiden antworten konnte, kam eine rothaarige Kellnerin in weiß-schwarzem Kostüm an. „Möchten Sie etwas bestellen?“ „Einen Kirschsaft“, bat Drazen. „Ich will ein Stück Ihrer-“ Doch Nick unterbrach Nina harsch: „Für uns beide bitte nichts.“ „W-wie Sie wünschen“, stammelte die Kellnerin erstaunt von Nicks endgültigem Tonfall und zog unzufrieden von dannen. Woraufhin Nina giftige Blicke um sich warf. Die Nick mit seinen eigenen auffing und mit doppelter Wucht zurückwarf. „Ihr seid ja ein lustiges Gespann“, lachte Drazen bärbeißig. „Seid ihr ein Paar? Ist ja ein ganz schöner Altersunterschied zwischen euch beiden.“ „Als ob!“, empörte sich Nina. „Ich stehe auf richtige Männer! Will sagen: reiche Männer, die eine Frau so behandeln, wie sie es verdient hat!“ Nick entgegnete daraufhin gallig an Drazen gewandt: „Sie sollte froh sein, dass sie -nicht- bekommt, was sie verdient hat.“ „Oh?“ Drazen lachte daraufhin so laut, dass einige Gäste sich empört zu ihm umdrehten. Geschäftsmännisch legte Nick seine Hände aufeinander und schloss nachdenklich die Augen. „Was mein Anliegen angeht, würde ich das gerne unter vier Augen klären. Nina, Sie können jetzt gehen.“ „Nichts da, ich bleibe!“ „Bitte, Nina.“ Doch es klang eher nach einer Drohung. „Vergiss es, Burschi! Sei nicht so übermütig! … tch, als Idiot hast du mir bedeutend besser gefallen!“ Die Frau kritzelte sofort etwas auf ihren Notizblock und murmelte leise: „Nötigte mich zum Bleiben, hat mit Gewalt gedroht.“ Jedoch wurden sie wieder von der Kellnerin gestört, die Drazen auf einem Tablett seinen Kirschsaft reichte, welchen er dankend entgegen nahm. Nachdem er einen Schluck genommen und das Glas abgesetzt hatte, richtete er sich mit einem erwartungsvollen Lächeln an Nick. „Und? Hast du das Geld?“ Daraufhin zog dieser aus seinem Rucksack einen weißen Umschlag hervor, der schon von außen den Eindruck machte, gut gefüllt zu sein. „Das hier sind 15.000$. Die kriegen Sie als Anzahlung.“ „Wir hatten aber das Doppelte ausgemacht.“ Drazen zwinkerte. „Als Anzahlung.“ „Sie bekommen gar nichts, wenn Sie mir nicht vorher beweisen, dass Sie mehr über 'Eden' wissen.“ „Welches Eden denn? Meine geliebte Heimat oder das Eden, das bald hier aufkreuzen wird?“ Nick lachte wenig überzeugt auf und blieb hart. „Soll das Ihr Beweis sein? Das können Sie genauso gut von ihr erfahren haben.“ Mit dem Daumen zeigte er auf Nina, welcher er damals versehentlich etwas zu viel verraten hatte. „Wie viele Opfer hat deine Freundin denn schon beisammen? Alle fünf?“   Es kam so plötzlich, dass Nick beinahe der Umschlag aus der Hand fiel. Das konnte Drazen nicht ohne Weiteres wissen! Nina wusste von den Opfern, die für Edens Erwachen benötigt wurden, überhaupt nichts! Und auch sonst niemand außer denen, die gestern in Valeries Küche anwesend gewesen waren. „Volltreffer“, lachte Drazen und schnappte sich einfach den Umschlag aus Nicks Hand. Er blätterte durch die Scheine, die sich darin befanden und seufzte. „Aber das ist zu wenig. Ein alter Mann wie ich wird mit ein paar Almosen nicht lange über die Runden kommen.“ Mit einer beiläufigen Geste warf er den Umschlag zurück auf den Tisch. „Komm wieder, wenn du mehr dabei hast.“ „Opfer? Was für Opfer? Ein grausames Ritual, um den bösen König der Unterwelt wiederzuerwecken?“, mischte sich Nina ein und kritzelte eifrig auf ihrem Notizblock herum. „Mehr Geld konnte ich in so einem kurzen Zeitraum nicht beschaffen“, sagte Nick unbeeindruckt von Drazens Geste und verstaute den Umschlag wieder in seinem Rucksack. „Außerdem reicht mir das noch nicht als Beweis für Ihre Glaubwürdigkeit.“ „So misstrauisch, hmm?“ Der Weißhaarige lachte amüsiert. „Gefällt mir! Aber ich weiß leider nicht, was ich dir sagen kann, um dein Vertrauen zu gewinnen.“ Nick nahm ihn fest ins Visier. „Wie wäre es zur Abwechslung mit etwas, was ich noch nicht weiß? Deswegen sind wir doch hier.“ Grinsend nahm Drazen noch einen Schluck Kirschsaft. „Ahhh! Etwas Neues also? Hmm … wie wäre es damit. Dein Eden und mein Eden … zwischen ihnen besteht eine Verbindung.“ „Welche soll das sein?“ Drazen schmunzelte amüsiert. „Du bist noch nicht darauf gekommen? Schande über dich, Junge. Meine geliebte Stadt wurde nach deinem Eden benannt.“ Überrascht starrte Nick den fremden Mann an, wie er ganz seelenruhig am Tisch saß und ihn abwartend ansah. „Dann sind die beiden Eden … nicht ein und dasselbe!?“ „Natürlich nicht. Aber wenn du mehr hören möchtest, lass es klingeln. Ansonsten bin ich weg. Und mich rechtzeitig ausfindig zu machen, bevor deine Freundin in den Turm geht, wird ziemlich schwierig.“ Drazen grinste vergnügt. „Wenn ich nicht gefunden werden will, dann findet mich auch keiner.“ „So viel Geld zu beschaffen dauert aber eine Weile!“ Sein Gegenüber zuckte mit den Schultern. „Lass dir etwas einfallen. Du bist doch kein dummes Kerlchen.“   Nick überlegte fieberhaft. Seine Zweifel waren zwar noch nicht ganz ausgeräumt, aber zumindest waren Drazens Worte rund um die beiden 'Eden' ein Anfang. Er war fest davon ausgegangen, dass, wenn dieser Mann wirklich kein Schwindler war, die geheimnisvolle Stadt der Allerheiligsten das Eden war, das Anya so fest im Griff hielt. Aber was bedeutete das? Dass sie am Ende nur den Namen von Anyas Eden trug? Hatte das etwas mit den Gründern zu tun? Jenen, die als Einzige die Prozesse rund um Eden in Gang setzen konnten? Er musste es wissen. Noch heute!   „Wir duellieren uns“, verlangte Nick plötzlich, „und Sie werden mir alles sagen, was ich wissen will.“ Drazen sah ihn aus den Augenwinkeln interessiert an. „Und was bekomme ich, wenn ich gewinne?“ „100.000$ in bar.“ Sein Gegenüber lachte amüsiert. „Ich dachte, so viel Geld wäre unmöglich in einem Tag aufzutreiben.“ Selbst Nina schüttelte erstaunt den Kopf. „Er hat recht. Du bist vielleicht nicht der Idiot, für den du dich ausgibst, aber überschätzt du dich da nicht ein kleines bisschen?“ Nick aber ließ sich nicht davon beeinflussen. „Ich schaffe das schon. Ihr könnt gerne zusehen, wenn ihr wollt.“ „In dir steckt eine Menge krimineller Energie. Ich mag das“, lachte Drazen wieder so laut, dass die anderen Gäste sich genervt zu ihm umdrehten. „Und mir gefällt dein Angebot.“ Unter seinem Poncho hob er einen Arm hervor, an dem eine Duel Disk angebracht war. Dazu reichte er Nick seine andere Hand. „Dann ist es ein Deal.“ Der brünette, hochgewachsene Mann schüttelte sie. „Ja. Aber nicht im Einkaufszentrum. Irgendwo, wo uns niemand beobachtet.“ „Das ist wirklich sehr interessant“, murmelte Nina und notierte sich jedes Detail mit Zunge an der Oberlippe. „Bestechungsgelder, Betrug, Verrat. Ich sollte darüber nachdenken, daraus einen Roman zu machen …“   ~-~-~   Kurz darauf fanden sich die Drei in einer Seitengasse wieder. Es stank hier fürchterlich, was an den vollkommen überfüllten Mülltonnen lag, die überall herumstanden. Nick hatte diesen Ort bewusst gewählt. Hier würde niemand sie beobachten … und hoffentlich auch niemand Drazens Schmerzensschreie hören. Mit einem Blick auf seine Duel Disk schmunzelte der brünette, junge Mann. Er hatte die Sicherheitssperre für die Hologrammdronen noch nicht wieder eingeschaltet, sodass seine Monster nach wie vor echte Verletzungen zufügen würden. Und das war auch sein wahrer Plan. Wenn Drazen erst realisierte, worauf er sich eingelassen hatte, würde er freiwillig reden. Ansonsten musste er damit rechnen, dieses Duell nicht zu überleben. Natürlich würde Nick es niemals so weit kommen lassen, er würde Drazen rechtzeitig anbieten, das Duell zu unterbrechen, wenn jener kooperierte. Aber zumindest eine Kostprobe seiner Fähigkeiten sollte der alte Mann erhalten.   Nina stellte sich kämpferisch mit einer Duel Disk am Arm neben Nick. „Ich bin berei-heit!“ „Was!?“ Sie rückte ihre Brille zurecht und legte ihre riesige Krokodilsledertasche ab, aus der sie den Apparat anscheinend geholt hatte. „Aber sicher, du Dummchen! Denkst du, ich lasse mir so etwas entgehen?“ „Ich duelliere mich lieber alleine. Also verschwinden Sie, Nina. Oder treten Sie zumindest beiseite.“ Drazen, der ihnen gegenüber stand, mischte sich lachend ein. „Man sollte einer Dame nie einen Wunsch abschlagen. Außerdem sehne ich mich schon lange nach einer Herausforderung. Da kommt mir das nur recht. Und du hast den Vorteil, nicht alleine kämpfen zu müssen.“ Nick schüttelte wortlos den Kopf. Der Typ hatte keine Ahnung, wie qualitativ mangelhaft Ninas Duellstil war. Die war eher eine Behinderung, denn eine Bereicherung für ihn. Allerdings ließ sich die rothaarige Journalistin nicht erweichen. „Da hörst du es! Der Mann hat gesprochen. Also lass uns ab-he-ben, Partner!“ Sie schlug ihm so hart auf den Rücken, dass Nick glatt vorne über stolperte. „Das kann noch heiter werden“, murmelte er genervt und aktivierte seine Duel Disk. Synchron hallten drei Stimmen durch die Gasse: „Duell!“   [Nick: 4000LP Nina: 4000LP //// Drazen: 4000LP]   „Als Solospieler beginne ich“, stellte Drazen voller Vorfreude klar und zog sein Startblatt plus eine Karte, was zusammen sechs Stück machte. Nebeneinander warteten Nick und Nina gespannt auf seinen ersten Zug. Der mit einer Zauberkarte begann. „[Foolish Burial]. Mit ihr schicke ich ein beliebiges Monster vom Deck auf den Friedhof.“ Zwischen seinen Fingern hielt der Weißhaarige dabei eine Karte namens [Scrap Chimera], ehe er sie in den Friedhofsschlitz schob. Dann wählte er ein Monster von seiner Hand und legte es auf die Duel Disk. „[Scrap Goblin], komm hervor!“ Lauter verschiedene Schrottteile flogen durch die Luft und formten eine kleine Gestalt, die aufrecht stand und entfernt an einen Maulwurf erinnerte. Mit einem Arm, der lediglich aus einer alten Gabel bestand, machte der Goblin keinen gefährlichen Eindruck.   Scrap Goblin [ATK/0 DEF/500 (3)]   Hysterisch gackernd zeigte Nina mit dem Finger auf das harmlos anmutende Monster. „Wer ist so dumm und ruft ein derart schwaches Monster im Angriffsmodus!? Kyahahaha!“ „Ich werde mich hüten, einer Dame zu widersprechen“, sagte Drazen mit einem verschmitzten Lächeln und schob eine Karte in den mittleren der Zauber- und Fallenkartenslots. „Mit dieser Karte als Abschluss überlasse ich meinen Gegnern das Feld.“ Vor seinen Füßen materialisierte sich die gesetzte Karte. „Wurde auch Zeit“, rief Nina laut, „mein Zu- Hey!“ Nick hatte noch vor ihr gezogen und damit die Zug-Reihenfolge festgelegt. Die Journalistin ballte wütend eine Faust. „Das ist unhöflich! Es heißt Ladies first!“ „Interessiert mich nicht“, erwiderte Nick gleichgültig und betrachtete sein Blatt, das fast nur aus Monstern bestand. Was nicht sonderlich gut für ihn war. Dennoch griff er entschlossen nach einem von ihnen und rief: „Los, [Wind-Up Knight]!“ Sofort tauchte vor ihm ein knapp ein Meter großer, weißer Spielzeugritter auf, mit Schild und Schwert bewaffnet. Wie bei all seinen Artgenossen ragte auch aus seinem Rücken ein Aufziehschlüssel.   Wind-Up Knight [ATK/1800 DEF/1200 (4)]   „Zug beendet“, sprach Nick und sah zu Nina herüber. „Geben Sie sich Mühe!“ „Ja doch!“, fauchte die zurück und riss ihrerseits eine Karte von ihrem Blatt. „Du wirst dich noch umgucken, Burschi, wenn Nina Placatelli als strahlende Siegerin aus diesem Duell hervor geht!“ Drazen lachte bärbeißig. „Selbstbewusst ist sie ja.“ Nick war eher dazu geneigt, es Selbstüberschätzung nennen.   „Okay“, rief Nina kampfbereit. „Starten wir durch mit [XX-Saber Boggart Knight]!“ Mit wehendem, rotem Umhang stellte sich eine schlanke, menschenähnliche Kreatur vor seine Besitzerin. Die überdimensional langen Fingernägel schnippen lassend, kicherte die Gestalt und zückte einen Säbel, dessen Klinge aus blauer Energie bestand. XX-Saber Boggart Knight [ATK/1900 DEF/1000 (4)]   Nina schnappte sich eine weitere Karte von ihrem Blatt. „Wenn er gerufen wird, beordert er ein weiteres X-Saber-Monster von meiner Hand aufs Spielfeld! Der Name: [X-Saber Pashuul]!“ Noch einmal schnippte der Koboldritter mit dem Finger, da ging schon neben ihm eine in blauer Panzerung gehüllte Person in die Hocke. Das schwarze Haar lag dem Mann, dessen rechtes Auge durch ein mechanisches Implantat ersetzt worden war, über dem Rücken. Mit einer großen Breitklinge gedachte er sich vor Angreifern zu schützen.   X-Saber Pashuul [ATK/100 DEF/0 (2)]   „Selbst der ist stärker als dieser Schrotthaufen“, tönte Nina selbstherrlich und streckte den Arm aus. „Aber ich habe ihn nicht gerufen, um zu kämpfen, sondern damit er sich auf meinen Boggart Knight einstimmt! Zeit für Feintuning, Stufe 2 und Stufe 4!“ Pashuul zersprang in zwei grüne Ringe, die vor Nina durch die Luft glitten, gefolgt von ihrem Koboldritter. „Crossing swords form a sign of resistance! Hear the name of the X²! Synchro Summon! [XX-Saber Hyunlei]!“ Aus einem Lichtblitz erschien eine wild durch die Luft wirbelnde Kriegerin, die mit nur einer Zehenspitze auf dem Boden stehen blieb und ihre gebogene Klinge mit Mittel- und Zeigefinger berührte. Dabei trug sie einen Helm und ein rotes Cape, das ihr bis zu den Hüften reichte.   XX-Saber Hyunlei [ATK/2300 DEF/1300 (6)]   „So sehen die -guten- Monster aus!“, lachte Nina hysterisch und zeigte auf Drazen. „Die -gute- Hyunlei wird jetzt bis zu drei Zauber- beziehungsweise Fallenkarten auf dem Spielfeld zerstören. Ich zähle zwar nur eine, aber leider – und ich reime – ist das deine, ha ha! Und anschließend greife ich dein Monster an, Großväterchen!“ Nick streckte erschrocken den Arm nach ihr aus. „Nicht, Nina-!“ Wusste sie denn nicht, dass in einem Duell mit mehr als zwei Person immer erst angegriffen werden konnte, nachdem jeder Spieler mindestens einmal am Zug war!? Doch es war bereits zu spät, um eine Warnung auszusprechen. Ninas Synchrokriegerin zückte ein Wurfmesser hinter ihrem Gürtel hervor und schleuderte dieses in Richtung von Drazens gesetzter Karte. Die, wie konnte es auch anders sein, als Reaktion darauf aufsprang. „Schade, ich dachte, ich könnte mir die hier noch ein wenig aufheben“, lachte der Weißhaarige unbekümmert. „Meine [Scrap Burst Salvo].“ Auf dem Artwork war ein Drache abgebildet, der komplett aus verschiedensten Schrottteilen zusammengesetzt war und aus seinem Maul Raketen abfeuerte, die ebenfalls notdürftig aus altem Abfall erschaffen worden waren. Jene Raketen schossen plötzlich aus der Karte hinaus. Drazen erklärte dazu: „Mit ihr vernichte ich eine meiner Karten und eine meines Gegners. Tut mir leid, aber diese kleine Amazone ist mir nicht geheuer.“ Schon schlugen die Raketen bei Nina ein, vernichteten ihre Hyunlei, genau wie den Schrottgoblin, der bei der Explosion in seine Einzelteile zersprang. Plötzlich reichte Drazen nach seinem Friedhof aus. „Wenn der kleine [Scrap Goblin], solange er offen liegt, durch eine Scrap-Karte zerstört wird, erhalte ich vom Friedhof ein Scrap-Monster zurück. Das darf allerdings kein Empfänger sein.“ Zwischen seinen Fingern zeigte er die zuvor abgelegte [Scrap Chimera] vor. Nick schnappte nach Luft, als er erkannte, dass Drazen dies alles von Anfang an so geplant hatte. Und Nina war ihm direkt in die Falle gelaufen! „Ich beende meinen Zug“, gab diese empört von sich. „So was aber auch!“ „Sie können doch nicht mit leerem Feld abgeben!?“, polterte Nick fassungslos. Nina zuckte jedoch nur unbedarft mit den Schultern. „Was soll ich sonst tun? Meine normale Beschwörung ist aufgebraucht.“ Woraufhin sich Nick genervt an die Stirn fasste. Langsam bekam er eine Ahnung, was Anya damals alles durchgemacht haben musste, als er in seiner Idiotenrolle ihren Tag-Partner auf dem Schulturnier gemimt hatte.   „Ein gutes Team lässt sich von so einem kleinen Rückschlag doch nicht unterkriegen, oder?“, fragte Drazen und zog derweil seine Karte. Nick stellte klar: „Wenn es nach mir ginge, gäbe es gar kein Team!“ „Püh! Ich könnte das auch alleine gewinnen“, zeigte sich Nina nicht weniger abgeneigt. „Oh man, ihr habt beide noch eine Menge zu lernen“, murmelte Drazen leise und legte eine Monsterkarte auf seine Duel Disk. „Komm hervor, [Scrap Chimera]!“ Aus umherfliegenden Schrottteilen setzte sich eine mechanische Schimäre zusammen, deren Kopf der eines Löwen sowie der Schweif eine elektrische Schlange war. Zudem besaß sie die Schwingen eines Vogels. Scrap Chimera [ATK/1700 DEF/500 (4)]   „Wenn sie als Normalbeschwörung beschworen wird, ruft sie einen Scrap-Empfänger von meinem Friedhof zurück“, erklärte Drazen und legte den zuvor zerstörten [Scrap Goblin] zurück auf seine Duel Disk. Jener tauchte auch sofort neben der Sagengestalt auf.   Scrap Goblin [ATK/0 DEF/500 (3)]   Dann ballte Drazen eine Faust, die er geradeaus streckte. „Los meine Kinder! Ich stimmte den Stufe 3-Goblin auf die Stufe 4-Chimera ab! Born from a pile of junk, the discarded gather once more! A combined force awakens! Synchro Summon!“ Der Goblin explodierte, seine Teile flogen durch die Luft und formten drei grüne Ringe, welche die Schimäre durchflog und dabei ebenfalls nach und nach in ihre Einzelteile zerfiel. Ein greller Blitz erhellte das Spielfeld. „Arise, [Scrap Archfiend]!“ Kaum waren die Schrottteile auf den Boden gefallen, erhob sich aus ihnen eine große Gestalt, ganz aus dunklem Metall. Geboren von den Überresten seiner Artgenossen, besaß dieser beflügelte Maschinendämon zwei spitze Hörner. Seine Augen leuchteten rot auf, als würde ihm Leben eingehaucht werden.   Scrap Archfiend [ATK/2700 DEF/1800 (7)]   „So viele Angriffspunkte!?“, staunte Nina und wich instinktiv zurück. „Wen von uns er wohl damit angreifen will!?“ Sie zeigte prompt auf ihren Partner. „Nimm den da!“ Selbst Nick war beeindruckt davon, dass ein Stufe 7-Synchromonster so stark sein konnte. „Habe ich gesagt, dass ich fertig bin?“, fragte Drazen amüsiert und legte noch eine Monsterkarte auf seine Duel Disk. „Wenn ein Scrap-Synchromonster beschworen wurde, kann ich diese hier von meiner Hand spezialbeschwören: [Scrap Dummy]!“ Neben seinem Dämon tauchte ein alter Crashdummy auf, der mit allerlei Gerümpel ausgebessert worden war. Da er seinen Unterkörper verloren hatte, bewegte er sich nun dank eines alten Autoreifens fort.   Scrap Dummy [ATK/800 DEF/2000 (4)]   „Und wenn einer meiner Gegner ein Monster kontrolliert, kann ich auch [Scrap Breaker] von meiner Hand als Spezialbeschwörung rufen!“ Gleich neben dem Dummy tauchte noch eine gefährliche Kreatur auf. Sie besaß weder Kopf noch Unterleib, schien sie doch lediglich der Oberkörper eines riesigen Roboters zu sein. Einer seiner Arme endete in einem Sägeblatt, das zu kreisen begann.   Scrap Breaker [ATK/2100 DEF/700 (6)]   Mit diesem griff er plötzlich den Dummy an, der daraufhin in tausend Stücke zersprang. Und Drazen griff daraufhin nach seinem Deck. „Wenn [Scrap Breaker] auf diese Weise gerufen wurde, zerstört er ein offenes Scrap-Monster, das ich kontrolliere. Den Dummy. Und wenn der durch den Effekt einer Scrap-Karte vernichtet wird, erhalte ich ein Scrap-Nicht-Empfängermonster von meinem Deck.“ Er strahlte zufrieden, als er eine weitere Kopie der [Scrap Chimera] gefunden hatte und schob sein Deck anschließend in die dafür vorgesehene Halterung zurück. Nick stieß einen angespannten Seufzer aus. Dieser Mann mochte von außen sehr unscheinbar wirken, doch war er definitiv ein sehr geschickter Duellant. Dank der neuen [Scrap Chimera] würde er nächste Runde wieder eine Synchrobeschwörung aus dem Stehgreif durchführen können. Dabei hatten sie es jetzt schon mit zwei Monstern mit über 2000 Angriffspunkten zu tun! „Tut mir leid, meine Liebe“, entschuldigte sich Drazen aufrichtig bei Nina, die sich daraufhin glatt hinter Nick versteckte. „Aber leider muss ich Sie jetzt direkt angreifen.“ „Warum nicht sein Monster!?“, beklagte sich Nina wütend, wurde daraufhin von Nick genervt weg geschubst. Drazen lächelte nur geheimnisvoll und zeigte auf die Frau. „[Scrap Archfiend], Squall of Scrap!“ Der Dämon öffnete sein Maul und brach einen ganzen Schwall an Schrott daraus hervor. Ob alte Radios, Glühbirnen und halbe Fahrräder, alles war dabei.   Nick runzelte ärgerlich die Stirn. Er hatte längst durchschaut, was Drazen wirklich wollte: dass er den Effekt seines [Wind-Up Knights] aktivierte. Mit dem konnte er nur einmal einen Angriff aufhalten. Und somit Nina beschützen. Er verengte die Augen und starrte die ganz aufgelöste Journalistin an, die jeden Moment von Drazens Angriff getroffen werden würde. Das wäre die ideale Chance, um sie loszuwerden. Allerdings gab es einen guten Grund, warum er haderte: sein eigenes Blatt war unerwartet schlecht ausgefallen und Ninas Deck definitiv stark. Unter diesen Umständen hätten sie als Team eine größere Chance auf den Sieg. Wenn sie doch nur nicht so grottenschlecht wäre … Aber es half nichts, er musste wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. „Los, [Wind-Up Knight], beschütze ihre Lebenspunkte!“ Sofort stellte sich sein weißer Spielzeugritter in den Weg und schirmte Nina vor dem herannahenden Schrott ab. Doch kaum war der Schwall verebbt, tauchte [Scrap Breaker] vor Nicks Ritter auf. „Das ist ein wahrer Gentleman“, lobte Drazen seinen Gegner aufrichtig. Was aber nichts dran änderte, dass Nicks Ritter dem Sägeblatt seines Gegners zum Opfer fiel und explodierte.   [Nick: 4000LP → 3700LP Nina: 4000LP //// Drazen: 4000LP]   „Das wurde ja auch Zeit!“, beklagte sich Nina verärgert. „Denken Sie bloß nicht, dass ich das für Sie getan habe …“ Drazen hob den Zeigefinger. „Aber nicht doch. Bitte nicht streiten. So eine noble Geste sollte nicht durch Worte beschmutzt werden.“ Er nahm eine Falle aus seinem Blatt hervor und setzte sie. „Mit diesem kleinen Schätzchen gebe ich an dich ab, Junge.“   Kaum hatte sich die verdeckte Karte vor Drazen materialisiert, fügte Nick seinem Blatt schon eine neue Karte hinzu. Nur brachte die ihm überhaupt nichts. Er fluchte innerlich. Nichts würde ihm im Kampf gegen den mächtigen Schrottdämon helfen. Das Einzige, was er tun konnte, war seinen Artgenossen zu vernichten. Der Rest würde von Nina abhängen. „Ich beschwöre [Wind-Up Soldier] und aktiviere seinen Effekt. Dadurch steigen bis zur End Phase seine Stufe und seine Angriffskraft um 1 beziehungsweise 400 an!“ Vor Nick tauchte ein etwa ein Meter großer, grüner Spielzeugroboter auf, dessen Kopfform stark an einen Magneten erinnerte. Die Schraube auf seinem Rücken begann sich rapide zu drehen.   Wind-Up Soldier [ATK/1800 → 2200 DEF/1200 (4 → 5)] Nick streckte den Arm aus. „Vernichte [Scrap Breaker]!“ Sofort sprang der Roboter nach vorne und schlug mit seiner Zangenhand mitten in die Brust des halbzerstörten, größeren Roboters. Dieser explodierte in einem großen Knall, seine Bestandteile flogen wild durch die Luft. Etwas Metallisches schoss dabei an Drazen vorbei und hinterließ eine blutige Schramme an seiner Wange.   [Nick: 3700LP Nina: 4000LP //// Drazen: 4000LP → 3900LP]   „Oh?“, murmelte der erstaunt und strich sich über die Wunde. „Da hat wohl jemand mit dem Sicherheitssystem gespielt.“ „Sie hätten sich eben-“, begann Nick, doch brach erschrocken ab. „Was!?“ Dort, wo eben noch Blut die Wange benetzte, war nun wieder gesundes Gewebe. Als hätte es die Schramme nie gegeben. „Nicht auf das Duell einlassen sollen?“ Drazen nickte. „Aber dann würde mir eine Menge Spaß entgehen. Lass mich raten, du wolltest mich erpressen, indem du mir nach und nach größere Wunden zufügst?“ Nina wirbelte um. „Stimmt das!? … und kannst du meine Duel Disk auch umbauen, wenn es geht? Das wäre bei Recherchen sicher nützlich, kyahahaha!“ Doch Nick ignorierte seine unfreiwillig gewonnene Partnerin. „Sieht so aus, als hätten Sie mich durchschaut.“ „Ich nehme es dir nicht übel. Aber wisse, dass die Kinder Edens unsterblich sind.“ Plötzlich senkte Drazen seinen Blick. „Deswegen bin ich schließlich ein Verbannter …“ „Heißt das, Sie sind mit einem Dämon liiert!?“, fragte Nick aufgebracht. Aufgeschreckt hob sein Gegenüber die Arme. „ Nein nein, wo denkst du hin?“ Zu sich selbst murmelte der alte Mann: „Ich und mein loses Mundwerk …“ „Dann sagen Sie mir, was das zu bedeuten hat!“ „Hast du das Duell schon gewonnen? Ich glaube nicht“, mahnte ihn Drazen. „Setze deinen Zug fort, statt einen alten Racker wie mir unangenehme Fragen zu stellen.“ Nick schnaufte wütend. Aber wenn es ihm nichts ausmachte verletzt zu werden, sei es drum. Er würde schon noch reden. „Okay, wie Sie wollen. Ich aktiviere jetzt den Schnellzauber [Legendary Wind-Up Key] von meiner Hand. Er zieht meinen Soldaten wieder auf und zwar, indem er ihn in verdeckte Verteidigungsposition setzt.“ Ein goldener Aufziehschlüssel ersetzte plötzlich den alten auf dem Rücken des Soldaten und drehte sich. Dabei ging der Soldat in die Knie, bis er plötzlich zu einem horizontal liegenden Kartenrücken wurde.   Wind-Up Soldier [ATK/2200 → 1800 DEF/1200 (5 → 4)] „Zug beendet“, sprach Nick verärgert, da es ihm an Optionen mangelte.   „Die allwissende Reporterin macht ihren Zug und verteilt mächtige Schläge“, flötete Nina daraufhin und zog. Sie zückte eine Zauberkarte aus ihrem Blatt und sah zu Nick herüber. „Ich leihe mir mal eben dein Monster aus. Du gestattest?“ „W-was!?“ „[Mind Control]! Damit erlange ich die Kontrolle über ein gegnerisches Monster für einen Zug, mit dem ich aber leider weder angreifen, noch dieses Monster opfern kann.“ Nicks gesetzte Karte löste sich auf und erschien stattdessen nun vor Nina. Der Besitzer des [Wind-Up Soldiers] warf ihr das Monster mit zornigem Blick zu. Doch anstatt es zu fangen, klatschte es einfach gegen Ninas Stirn und segelte auf den Boden. „Au“, murmelte diese und hob es auf, legte es gleich im Angriffsmodus auf ihre Duel Disk. „Ich flippe dich und nutze deinen Effekt, [Wind-Up Soldier]!“ Vor ihr erhob sich aus der gesetzten Karte der grüne Spielzeugsoldat, dessen Aufziehschlüssel sich wild zu drehen begann.   Wind-Up Soldier [ATK/1800 → 2200 DEF/1200 (4 → 5)] „Nun beschwöre ich einen von meinen süßen, kleinen Darlings! [XX-Saber Fulhelmknight]!“ Vor ihr tauchte ein blonder Krieger in rotem Cape auf, der ein Schwert schwang, das sich in eine Kette bestehend aus vielen kleinen Klingen verwandelte. XX-Saber Fulhelmknight [ATK/1300 DEF/1000 (3)]   „Und nun von meiner Hand die Zauberkarte [Star Changer]! Sie ändert die Stufe eines meiner Monster um eins! Fullhelmknight, Level Up!“   XX-Saber Fulhelmknight [ATK/1300 DEF/1000 (3 → 4)] „Und jetzt das große Finale“, kündigte Nina großmäulig an. „Abstimmung! Stufe 4, Fulhelmknight auf Stufe 5, [Wind-Up Soldier]! Mighty warrior of the gentle sword, return to this wicked world! We await your command! Synchro Summon! Break free, [XX-Saber Gottoms]!“ Synchroringe entstanden, Nicks Soldat durchquerte sie und schon blitzte es wieder grünlich in der Seitenstraße, als vor Nina ein mächtiger Krieger erschien. Dieser trug eine Rüstung aus Stahl, die sogar sein Gesicht verdeckte und schwang eine enorm lange, zweiblättrige Klinge über seinem Kopf. Unruhig flatterte der rote Umhang im Wind, welcher auf seinen Schultern lag. XX-Saber Gottoms [ATK/3100 DEF/2600 (9)]   Nick war fassungslos. Ohne seine Erlaubnis hatte dieses Weib sein Monster genommen, um damit ihres zu beschwören. Wo sie doch-! „Was sollte das!?“, beklagte er sich aufgebracht. „Warum haben Sie nicht die Kontrolle über [Scrap Archfiend] übernommen, um diese Kombo durchzuführen!?“ „Kannst du nicht zählen, Burschi!? Der ist Stufe 7, das ist zu hoch gewesen, ich brauchte dein Monster!“ Sie rümpfte arrogant die Nase. „Amateur!“ Aber Nick wollte das nicht glauben. Mit [Star Changer] hätte sie die Stufe des Dämons auf 6 reduzieren, dann den Stufe 3-Fulhelmknight beschwören und daraus den Stufe 9-Gottoms entstehen lassen können. Diese Frau war ein Albtraum auf zwei Beinen! Ein ziemlich dämlicher Albtraum! Nun stand er ohne Monster da! Besagter rothaariger Albtraum hatte sich jedoch längst Drazen zugewannt. „Tut mir leid mein Hübscher, aber ich will gewinnen! Also los, Gottoms, vernihiiiichte [Scrap Archfiend]! Geronimoooooooo!“ Unbekümmert verfolgte Drazen mit einem spitzbübischen Grinsen, wie ein Schwerthieb des großen Kriegers reichte, um sein Monster zu enthaupten. Da aber Nina den Angriff durchgeführt hatte, erlitt er dabei keine Verletzungen.   [Nick: 3700LP Nina: 4000LP //// Drazen: 3900LP → 3500LP]   „Zug be-en-det“, trällerte Nina gut gelaunt. Anders als Nick, dessen Augen gefährlich nahe dran waren, aus ihren Höhlen zu flüchten. „Und sie setzt nicht einmal eine Karte, um mich zu beschützen …“ Seine Partnerin winkte ab. „Du wirst schon klar kommen, Kleiner. Kannst dich schließlich nicht hinter einer wehrlosen Frau wie mir verstecken, kyahahaha!“ Nein, dachte Nick heimtückisch, aber er konnte immer noch ihr Konto plündern. So oft er wollte!   „Nicht streiten, meine Lieben“, versuchte Drazen zu schlichten, „ich bin auch noch da! Draw!“ Zwar besaß er kein Monster mehr auf dem Spielfeld, doch das sollte sich gleich ändern. „Na, kennt ihr sie noch? Die [Scrap Chimera]?“ Schon tauchte die aus verschiedenen Schrottteilen zusammen gewürfelte Kreatur aus der griechischen Mythologie wieder auf.   Scrap Chimera [ATK/1700 DEF/500 (4)]   Und sie brachte Freunde mit. Zumindest einen, nämlich den Crashdummy auf dem Autoreifen, der im Kreis um sie fuhr. „Ihr müsst wissen“, erklärte Drazen dabei, als er die beiden Karten auf die Duel Disk legte, „dass [Scrap Dummy] auch ein Empfänger ist und somit von [Scrap Chimera] reanimiert werden kann.“ „Auch das noch …“, war alles, was Nick dazu zu sagen hatte.   Scrap Dummy [ATK/800 DEF/2000 (4)]   „Du hast es dir sicher schon gedacht“, sprach Drazen und streckte den Arm aus. „Aber hier kommt noch eine Synchrobeschwörung! Ich stimme meine beiden Stufe 4-Monster aufeinander ab! From within a pile of junk a heart of steel is born! The embodiment of the discarded! Synchro Summon! Tear them appart, [Scrap Dragon]!“ Nach dem grünen Lichtblitz, der den Abschluss der Prozedur einleitete, ertönte mächtiges, aber verzerrtes Gebrüll über Drazen. Und Nick erkannte das Monster sofort wieder, welches anmutig hinab stieg: es war die Kreatur, die auf der [Scrap Burst Salvo]-Falle abgebildet war. Aus blauen Blechen und anderen Materialien zusammengeschweißt, war dieser Drache elegant wie gleichzeitig furchteinflößend. Die roten Augen leuchteten, als es aus zwei Düsen an seinen Schwingen Dampf abließ.   Scrap Dragon [ATK/2800 DEF/2000 (8)]   „Was!?“, tönte Nina laut und verfiel in abfälliges Gelächter. „Der ist ja schwächer als mein Gottoms! Wie erbärmlich, gar vollkommen lächerlich!“ Drazen nahm still eine Zauberkarte namens [Guts Of Steel] von seinem Blatt und setzte sie, sodass sie sich neben der bereits eine Runde zuvor von ihm gesetzten Karte materialisierte. Dann erklärte er seelenruhig: „Mein Monster kann einmal pro Zug eine meiner Karten vernichten, um im Gegenzug auch eine Karte meines Gegners zu zerstören. Von diesem Effekt rührt auch der Name meiner Falle. Los, [Scrap Dragon], Scrap Burst Salvo!“ Die von Drazen gesetzte Zauberkarte zersprang in tausend Teile, deren Partikel von dem Drachen über ihm mit dem Maul aufgesogen wurden. Nur, damit dieser im Anschluss aus besagtem Maul Schrottraketen auf Gottoms abschießen konnte. Doch selbst Ninas grässlicher Entsetzensschrei konnte nicht verhindern, dass ihr Monster in einer gewaltigen Explosion unterging. Womit nun beide Teammitglieder ohne Karten auf dem Feld dastanden. Der Weißhaarige streckte den Arm aus und zeigte auf Nick. „Nimm es mir nicht übel, aber ersparen wir der Dame doch eine unschöne Erinnerung. [Scrap Dragon], Scrap Burst Stream!“ Der Schrottdrache lud einen blauen Energiestrahl in seinem Maul auf, den er umgehend auf Nick abfeuerte. Dieser hielt sich geblendet von der Attacke den Arm vors Gesicht und wurde voll erfasst.   [Nick: 3700LP → 900LP Nina: 4000LP //// Drazen: 3500LP]   „Was!?“, staunte Nick, als er unverletzt aus dem Angriff hervorging. „Oh? Dachtest du etwa, ich würde dir wehtun wollen?“, fragte Drazen erstaunt und brach in bärbeißiges Gelächter aus. „Warum sollte ich?“ Doch Nick antwortete nicht, sondern betrachtete den mechanischen Drachen. Wenn es ihm nicht gelang, dieses Ding auszuschalten, war er spätestens nächste Runde besiegt. Das hieß, wenn Nina nicht schon vorher wieder irgendeinen Unsinn veranstaltete. „Ich beendete damit meinen Zug“, verlautete Drazen gelassen.   „Draw!“, rief Nick eifrig und riss regelrecht seine nächste Karte vom Deck. Und als er sie erblickte, hellte sich seine Miene auf. Sofort zeigte er die Karte vor. „[Monster Reborn]. Was sie bewirkt, sollte jeder fähige Duellant wissen.“ „Was denn?“, wunderte sich Nina und drehte sich zu ihm. Und das, obwohl sie die Karte selbst einst gegen Abby eingesetzt hatte. Vor Nick tauchte schließlich der blonde Krieger mit dem Kettenschwert wieder auf.   XX-Saber Fulhelmknight [ATK/1300 DEF/1000 (3)]   „Was hast du mit meinem Monster vor!?“, kreischte Nina aufgebracht und starrte Nick wütend an. „Wenn Sie das dürfen, dann ich auch“, entgegnete dieser nur kühl und legte ein Monster auf seine Duel Disk. „Erscheine, [Wind-Up Hunter]!“   Wind-Up Hunter [ATK/1600 DEF/500 (3)]   Doch das Monster war nur für einen Sekundenbruchteil auf dem Feld, da verwandelte es sich schon in einen braunen Lichtstrahl, ebenso wie [XX-Saber Fulhelmknight]. „Ich erschaffe das Overlay Network!“, rief Nick und ließ einen schwarzen Wirbel mitten in der Seitengasse erscheinen, welcher die zwei Strahlen in sich aufnahm. „Xyz-Summon! Erscheine, [Wind-Up Carrier Zenmaity]!“ Aus dem Loch trat ein Spielzeugflugzeugträger, der immerhin noch so groß war, dass er sich schützend vor Nick und Nina stellten konnte. Um das Schiff kreisten zwei Lichtsphären.   Wind-Up Carrier Zenmaity [ATK/1500 DEF/1500 {3}] „Ich aktiviere den Effekt von Zenmaity!“, verkündete Nick. „Durch das Abkoppeln einer Xyz-Einheit kann ich-“ „Ich weiß genau, was du tun willst“, sprach Drazen amüsiert dazwischen, „ich kenne die gnadenlose Kombo bestehend aus [Wind-Up Rat] und [Wind-Up Hunter], die mir alle Handkarten nehmen soll. Und danach wirst du dich sicher hinter [Wind-Up Zenmaines] verstecken wollen, den mein [Scrap Dragon] nicht antasten kann, habe ich recht?“ Nicks Augen weiteten sich. „Wie haben Sie das durchschaut!?“ „Ich bin ein alter Knacker, ich kenne da schon die ein oder andere Kombo.“ Drazen lachte auf. „Bloß das hindert mich nicht daran, ihnen hin und wieder einen Strich durch die Rechnung zu machen. Konterfalle, [Scrapped]!“ Die purpurne Karte sprang vor Drazen auf und zeigte seinen [Scrap Dragon], wie dieser in einer Explosion unterging. Plötzlich richteten sich die Abschussrampen des Flugzeugträgers auf den Drachen am Himmel aus. „Was geschieht hier!?“ Nick war fassungslos. Es war, als würde Drazen in die Zukunft sehen können! „[Scrapped] kann nur aktiviert werden, wenn ich ein Scrap-Synchromonster kontrolliere. Dann greift er in einen beliebigen deiner Effekte ein und ändert ihn so um, dass eines meiner Scrap-Synchromonster vernichtet wird.“ Nina stammelte daraufhin: „Damit ist uns doch nur geholfen!?“ Ihr Gegenüber lachte amüsiert. „Kann schon sein.“ Schon hatte Nicks Schiff zwei Haitorpedos abgefeuert, die direkt in die Brust des mechanischen Drachen am Himmel einschlugen. Jener schrie gequält in seiner verzerrten Stimme auf, ehe er explodierte und in einem Schrottregen niederging. Doch ganz unerwartet explodierte auch Nicks [Wind-Up Carrier Zenmaity]. „Oh, ja, das muss wohl das Alter sein“, murmelte Drazen und strich sich über den Kopf hin bis zum Pferdeschwanz, welcher von seinem Poncho aus immerhin bis zu den Hüften reichte. „Ich habe wohl vergessen zu erwähnen, dass [Scrapped] danach die Karte zerstört, die mein Monster vernichtet hat.“ Fassungslos betrachtete Nick sein leeres Spielfeld. Dieser Drazen war einfach unglaublich, er hatte alles durchschaut und dementsprechend reagiert. Plötzlich schoss aus dem niedergehenden Schrotthaufen eine dunkle Gestalt. „Ah, und wenn [Scrap Dragon] durch einen gegnerischen Einfluss zerstört wird, beschwört er ein Scrap-Monster von meinem Friedhof. Das darf nur kein Synchromonster sein, ansonsten gibt es keine Beschränkung.“ Schon schwebte wieder der kaputte Oberkörper eines alten Roboters vor Drazen.   Scrap Breaker [ATK/2100 DEF/700 (6)]   Es war nicht zum Aushalten, dachte Nick krampfhaft. Jede Maßnahme gegen Drazen endete letztlich in einem Desaster. Nun konnte er nicht einmal mehr ein Monster zu seinem Schutz beschwören. Alles, was er überhaupt tun konnte, war zu bluffen. Daher nahm er die Zauberkarte [Weights & Zenmaisures] und setzte sie als Falle getarnt verdeckt. Während sie vor seinen Füßen erschien, bezweifelte der große, junge Mann jedoch, dass Drazen sich davon aufhalten ließ. Vermutlich wusste er genau, dass das nur ein Placebo war. Gesetzt aus Verzweiflung. „Ich beende meinen Zug“, sagte Nick leise. Ohne die Reporterin anzusehen, flüsterte er ihr zu: „Alles hängt jetzt von Ihnen ab, Nina.“ „Verstanden. Ich schaukel' den Stuhl schon irgendwie.“ Nick seufzte innerlich. Nicht einmal Sprichwörter bekam diese Person auf die Reihe. Sie hatten praktisch schon verloren … „Draw!“, rief Nina derweil und zog schwungvoll. Ihre drei Handkarten nachdenklich betrachtend, schnippte sie schließlich mit dem Finger. „Ich passe!“ „Was!?“, polterte Nick verstört, packte kurzerhand ihren Arm und sah sich entgegen der Regeln des Spiels ihr Blatt völlig aufgebracht an. „I-ich habe nur Monster hoher Stufe auf der Hand!“, rechtfertigte der Rotschopf sich erschrocken. Entgeistert betrachtete Nick die Karten. Es waren [XX-Saber Faultroll] der Stufe 6, [Commander Gottoms, Swordmaster], ebenfalls Stufe 6 und [XX-Saber Gardestrike], Stufe 5. Nicks Gesichtszüge entglitten ihm, als er Letzteren bemerkte. Kaum verständlich murmelte er: „Nina … dieses Monster kann von der Hand als Spezialbeschwörung gerufen werden, wenn sich zwei X-Saber auf ihrem Friedhof befinden. Nina … es befinden sich dort mindestens zwei. Und Nina … dieses Monster hätte genug Angriffspunkte gehabt, um sich zusammen mit [Scrap Breaker] zu zerstören. Nina!“ „Yieks!“ Sofort wich sie von ihm und fauchte verärgert: „Wie ich meine Karten einsetze, entscheide immer noch ich! Ich kenne sie schließlich am besten! Nick brüllte nicht weniger laut. „Ich wusste, es war ein Fehler Sie zu beschützen!“ „Ich habe bisher mehr Schaden angerichtet als du, Burschi! 400 zu 100 steht es!“   Und während die beiden sich heftig stritten, zog Drazen seufzend eine Karte und begann damit seinen Zug. „Ich sollte das wohl jetzt beenden“, murmelte er mit einem Hauch von Enttäuschung. „Also aktiviere ich [Monster Reincarnation], um von meiner Hand eine Karte abzuwerfen. Als Ersatz erhalte ich ein Monster von meinem Friedhof.“ Drazen verzichtete auf sein Monster [Scrap Hunter] und nahm sich dafür die [Scrap Chimera] auf seine Hand. Doch die beiden Zankenden nahmen gar keine Notiz davon. Resignierend seufzend legte Drazen seine Schimäre auf die Duel Disk, welche daraufhin vor ihm erschien.   Scrap Chimera [ATK/1700 DEF/500 (4)]   Erst als das mythische Wesen brüllte, wurden die beiden Streithähne aufmerksam und glotzen den Schrottlöwen mit Schwingen und Schlangenschwanz verwirrt an. „Dank ihres Effekts kehrt [Scrap Dummy] zurück“, führte Drazen seinen Zug fort. Zwischen Breaker und Schimäre tauchte der auf einem Autoreifen fahrende Crashdummy auf.   Scrap Dummy [ATK/800 DEF/2000 (4)]   „Was?“, murmelte Nick leise, der völlig verdrängt hatte, dass sein Gegner nun am Zuge war. „Machen wir dem ein schnelles Ende, okay?“, fragte Drazen, doch es klang eher nach einer Feststellung, denn einer Bitte. „Ich stimme den Stufe 4-[Scrap Dummy] auf den Stufe 6-[Scrap Breaker] ein! A heart of iron rests within the void of time and space! One beat, powerful enough to reverse the laws of nature! Synchro Summon! Break loose, [Gravity Impulse Titanium Guardian – Heavy T]!“ Ein heftiger Wind peitschte plötzlich durch die Seitengasse. Nick und Nina wurden regelrecht fort gedrückt, als der Dummy in vier grüne Ringe zersprang und der Breaker diese passierte. Ein greller Blitz blendete die beiden, als die Erde erzitterte. Nick öffnete seine Augen nur einen Spalt weit, doch erschrak so sehr, dass glatt ein kalter Schauder über seinen Rücken lief. Mülltonnen und Container, alte Bierdosen, Colaflaschen, alles was nicht am Boden festgenagelt war, schwebte in der Luft. Und hinter Drazen, da war er, der Schatten von etwas, das Nick am ehesten als 'Titan' bezeichnen würde. Doch das Licht, welches von diesem Monster ausging, war zu grell um Näheres zu erkennen. „Wenn Heavy T als Synchrobeschwörung gerufen wird“, erklärte Drazen, als wäre es nichts Besonderes, dass die Schwerkraft um sie herum ausgesetzt hatte, „erhält er bis zur End Phase für jedes verwendete Synchromaterial 500 Angriffspunkte.“   Gravity Impulse Titanium Guardian – Heavy T [ATK/3000 → 4000 DEF/0 (10)]   „Das war wirklich ein lustiges Duell. Aber euer Teamwork lässt noch sehr zu wünschen übrig. Wenn ihr jedoch an euch arbeitet, werdet ihr irgendwann sehr gute Duellanten sein“, sagte Drazen warmherzig. „Und nun entschuldigt, dass das jetzt etwas heftig wird. Heavy T, greif bitte die Dame an, aber sei behutsam. [Scrap Chimera], übernimm du den jungen Mann. Los!“ Ehe Nick sich versah, fiel die Schimäre über ihn her – und durch ihn hindurch. Gleichzeitig wurde die Erde erneut so heftig erschüttert, dass er und Nina zu schreien anfingen und umkippten. Ein lautes Poltern und alles war vorbei.   [Nick: 900LP → 0LP Nina: 4000LP → 0LP //// Drazen: 3500LP]   Nick lag auf dem Rücken, öffnete die Augen und bemerkte eine Hand, die nach ihm ausreichte. Drazens graue Augen glänzten regelrecht vor Freude, als er niederkniete, um dem jungen Mann aufzuhelfen. „Danke“, murmelte Nick, immer noch geschockt von den Ereignissen und ließ sich auf die Beine ziehen. Hinter Drazen stand Nina bereits wieder und klopfte sich wütend das weiße Kleid sauber. „Was für ein schlechter Witz! Wegen so einem unreifen-“ Sie sah auf und bemerkte Nicks stechenden Blick, verstummte erschrocken. Erst jetzt bemerkte jener, dass die Mülltonnen und auch die anderen Gegenstände wieder auf dem Boden der Tatsachen zurückkehrt waren. Allerdings kopfüber. Es war ihm unbegreiflich. „Was … war das?“ „Nichts“, antwortete Drazen unbekümmert und klopfte ihm im Vorbeigehen auf die Schulter, „da mir das Duell so großen Spaß gemacht hat, erlasse ich dir die Schuld.“ „D-das Geld“, erinnerte sich Nick. Er wirbelte hektisch um und sah, wie Drazen langsam die Seitengasse Richtung Straße verließ. „Warten Sie! Bitte!“ Tatsächlich hielt der alte Mann an. „Es tut mir leid, mein Junge. Ich kann dir nicht mehr sagen, als du vermutlich sowieso schon weißt.“ „Aber was ist mit den beiden Eden!? Wieso-“ Drazen drehte sich zu ihm und Nina um und versuchte zu lächeln, doch dieses Mal gelang es ihm nur kläglich. „Eden ist die Stadt der Unsterblichkeit. Vor vielen, vielen Jahren wurde sie erschaffen, um einigen wenigen Menschen eine Zuflucht zu sein.“ Nick schüttelte verwirrt den Kopf. „Aber was hat das mit unserem Eden zu tun? Und wieso sind Sie überhaupt ein Verbannter?“ „Ja“, stimmte Nina mit ein, „das will ich auch wissen. Ohne das ist mein Artikel nicht komplett!“ Den Kopf in den Nacken legend, sah Drazen voller Melancholie in den wolkenverhangenen Himmel. „Unsterblichkeit ist Stillstand. Und irgendwann, wenn es nichts mehr gibt, das man in dem sich selbst auferlegten Gefängnis noch entdecken kann, wird das Leben langweilig. Der Körper eines Kindes, beseelt von dem Geiste eines Greises. So etwas darf nicht Leben genannt werden. Aber daran ändern wollte außer mir niemand etwas. Und so bin ich ins Exil gegangen, zurück in die Welt, aus der ich vor Jahrhunderten gekommen bin. Fort von der Heimat, die ich mit eigenen Händen aufgebaut habe.“   Er brauchte nicht mehr sagen, damit Nick verstand. „Und die beiden Eden?“ Drazen richtete seinen Blick wieder auf den jungen Mann. „Lass deine Freundin gehen und Eden werden. Alles andere würde sie nur vollkommen ins Unglück stürzen. Glaube mir, ich habe den Limbus gesehen.“ „Aber-!“ „Das ist nun mal der Fluch des Tores 'Eden'.“ Nick verstummte. Er sollte aufgeben!? Einfach so!? Zulassen, dass Anya starb und mit sich die Leben von fünf Menschen nahm? Wie konnte der das so einfach sagen!? „Dies hier nehme ich aber trotzdem mit“, meinte Drazen zwinkernd und zückte unter seinem Poncho einen weißen Umschlag hervor. „Immerhin habe ich dir ja am Ende doch etwas verraten. Ich wünschte, es wäre mehr gewesen. Du bist ein guter Junge.“ Mit diesen Worten wirbelte der alte Mann um und verschwand aus der Seitenstraße wie ein Schatten, der im Licht verblasste. Und hinterließ einen jungen Mann mit großen Zweifeln an seinem Tun. Doch plötzlich hallte es durch die Gasse: „Aber wenn ich mich richtig erinnere, können Verträge doch aufgehoben werden, wenn beide Parteien zustimmen. Oder liege ich da falsch?“     Turn 27 – Friends Am Tag nach dem Treffen mit Drazen nimmt Nick Abby nach der Schule beiseite und besucht mit ihr den Spielplatz. Dort haben er, sie und Anya früher immer gespielt. Seine wahre Persönlichkeit preisgebend, konfrontiert er Abby mit Anyas schrecklichem Vorhaben, die dies jedoch nicht wahrhaben will. Ein Streit zwischen den beiden Freunden entfacht, welcher in einem Duell zweier im wahrsten Sinne ebenbürtiger Gegner endet. Anderenorts ist Anya darum bemüht, die letzten Vorkehrungen für den 11. November zu treffen, an dem ihr Schicksal entschieden wird … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)