Liebe führt, wie zu erwarten... nach Amerika? von Lyndis (Liebe führt Teil 3) ================================================================================ Zusammentreffen --------------- Yuriy Irgendwann musste das ja passieren, dachte Yuriy nur bei sich, als er in das verwirrte Gesicht von Rei starrte. Mist!, war sein zweiter Gedanke. Natürlich hatte er dieses Zusammentreffen erwartet, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es so schnell kommen würde. Er hatte sich noch nicht zurecht gelegt, was er sagen sollte. Wie auch? Er wusste ja nicht einmal, wie er mit anderen normalen Menschen kommunizieren sollte! Bekam er denn niemals die Zeit die er brauchte? Erst hatte Kai ihn mit hier her geschleppt, lange bevor er bereit dazu war und jetzt bekam er nicht einmal genug Zeit, um sich genug soziale Softskills anzueignen, wie er brauchte, um dieses Gespräch zu führen! Irgendwer da oben musste ihn wirklich hassen! Nicht, dass er an irgendwelche Götter glaubte. Aber manchmal glaubte er an Schicksal und an Karma. Wahrscheinlich war es Letzteres, was ihm da gerade den Tag versaute. So ein Scheiß. Rei Halluzinierte er? Nun, das würde er vielleicht glauben, wenn er Kai da vor sich stehen sähe, aber warum sollte er von Yuriy halluzinieren? Das war unlogisch. Oder dachte sein eigener Verstand etwa, dass es eine zu offensichtliche Einbildung wäre und versuchte ihm jetzt irgendetwas glaubhafteres aufzutischen? Das war misslungen, gewaltig. Aber er musste zugeben, dass sein Hirn den Ausdruck von Yuriy sehr gut hinbekommen hatte. Er wirkte wirklich perfekt, wie er so da stand und vollkommen desinteressiert durch ihn hindurch starrte. Ob Yuriy ihn überhaupt bemerkt hatte? Irgendwie bezweifelte er das. Wobei er so direkt und genau in seine Richtung stierte, dass es ein Wunder wäre, wenn dem nicht so wäre. Sollte er was sagen? Wahrscheinlich... aber irgendwie brachte sein Mund kein Wort hervor. Sein Hals war sowie so mit einem Mal so trocken, dass er sich sicher war, er würde nur krächzten, würde er etwas sagen. Und so wie Yuriy aussah, hatte er auch keinerlei Interesse daran zu reden. So wie immer eigentlich. Als Yuriy sich dann aber einfach umwandte und dabei war zu gehen, reagierte sein Körper ganz von alleine. Er eilte vor und ergriff den anderen am Handgelenk. Die plötzliche Anspannung in Yuriys Körper, erinnerte Rei glücklicherweise rechtzeitig an dessen Kampfausbildung, weshalb er seine Hand zurückzog, noch bevor er durch einen Griff plötzlich auf dem Boden landete. Zumindest hatte er den Russen jetzt davon abgehalten einfach zu verschwinden, aber der Blick, den er ihm jetzt zuwarf, war mörderisch. Rei schluckte kurz. Er hatte es die letzte Zeit nur mit freundlichen und unkomplizierten Menschen zu tun gehabt, er war so was nicht mehr gewohnt. "Hey...", brachte er nur hervor. Eine merkwürdig intensive Nervosität erfasste ihn. "Das geht dich nichts an.", kam sofort die gezischte Erwiederung. "Was? Ich habe doch gar nicht..." Doch Rei kam gar nicht dazu, den Satz zu beenden. "Du willst mich fragen, ob Kai auch hier ist. Das geht dich nichts an. Ihr beide seit fertig miteinander." Und damit ließ Yuriy ihn einfach stehen. Yuriy Das ist ja großartig gelaufen, dachte Yuriy sarkastisch und hatte das Bedürfnis, irgendetwas oder irgendjemanden kaputt zu machen. Eigentlich respektierte er Rei sehr. Wirklich. Er hatte ihn immerhin in einem Turnier geschlagen. Er hatte ihn nicht so herablassend behandeln wollen, aber er war eben nicht gut in so was. Eigentlich war es auch egal. Jetzt zumindest, musste er sich nicht mehr mit diesem Problem herum schlagen. Rei Vollkommen schockiert war Rei zurück geblieben. Was war das gerade gewesen? Er konnte die Situation gar nicht einschätzen. Was zum Teufel war das gerade gewesen? "Du sprichst russisch?" Es war Oliver, der jetzt zu Rei aufschloss und ihn neugierig ansah. "Du steckst wirklich voller Überraschungen." "Hm?" Vollkommen aus seinen Gedanken gerissen, sah Rei zu Oliver und brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, was er gerade gehört hatte. "Oh.. ja.. ja. Ich bin viel rum gekommen. Ich kann viele Sprachen." "Ist alles in Ordnung? Du siehst blass aus." Doch Rei schüttelte nur den Kopf und winkte ab, ehe er sich wieder entspannte und lächelte. Ja, er wollte offener werden, aber eines nach dem anderen. Oliver musste wirklich noch nicht alles wissen. * "Yuriy? Wer war das nochmal? Ich hab mir nur gemerkt, wer Kai ist." Rei und Brooklyn hatten sich im Zimmer des Chinesen zusammen gesetzt und hatten über einer Tasse Tee begonnen zu reden. Es war ein kleines Zimmer, aber es passte alles hinein, was passen musste: Ein Bett, ein Schreibtisch, ein Kleiderschrank und eine kleine Kochnische. Es hingen keine Poster an der Wand, weil Rei sich noch nie sonderlich für Popkultur interessiert hatte, aber über seinem Bett prangte Byakko. Er passte gerade so an die Wand, aber er machte sich dort gut. Immer wenn Rei Sehnsucht nach seinen Eltern hatte, saß er auf seinem Schreibtischstuhl und starrte das Bild an. Wenn er mit dem Studium durch war, würde er noch einmal nach China, in sein altes Dorf und nachsehen, was aus all den anderen geworden war. "Der Anführer der Weltmeister damals. Ich hab ihn in dem Turnier geschlagen." "Ah, ja. Stimmt. Was denkst du, was er hier tut?" Rei zuckte nur die Schultern und nahm einen Schluck Tee. Die Wärme tat gut, um den Schock zu verdauen und glücklicherweise hatte Brooklyn gerade keine Vorlesung. "Studieren, offensichtlich. Er hatte einen Rucksack bei sich und sah aus, als wäre er auf dem Weg zu einem Vorlesungssaal. Nachdem er mich gesehen hat, ist er einfach wieder umgedreht und gegangen." "Hm... sieht aus als wäre er sauer auf dich. Oder als ob er dich nicht mögen würde. Ist aber wohl auch kein Wunder, wenn du ihn geschlagen hast. Das muss hart für ihn gewesen sein." "Ja... wahrscheinlich." Rei hatte nicht wirklich viele Gedanken an Yuriy verschwendet, in den letzten eineinhalb Jahren. Er hatte Russland einfach vergessen wollen und hatte gehofft, dass er Kai auch gleich mit vergessen würde. Jetzt allerdings fragte er sich doch, wie es Yuriy und den anderen ergangen war. Es war für alle Beteiligten sicherlich nicht einfach gewesen. Sie hatten ihre komplette Existenz verloren... noch einmal. "Wie stehst du eigentlich zu ihm?" Nachdenklich sah Rei in seine Tasse und schwieg eine Weile. "Ich hab ihn interessant gefunden, als ich in Russland war. Aber wir hatten nie viel miteinander zu tun." Auch wenn er gestehen musste, dass sie dennoch ein recht intensives Verhältnis zueinander gehabt hatten. Allerdings konnte er das nicht wirklich definieren. Der Russe war merkwürdig, wirklich merkwürdig und so hatte sich auch die Beziehung zu ihm gestaltet. "Er kam wesentlich besser mit Kai klar. Als Kai in dem Internet war, waren sie wohl befreundet. Ziemlich eng sogar." Jetzt war Brooklyn der, der nachdenklich schwieg. So saßen beide eine Weile da und wärmten sich an dem Tee. "Kennst du seine sexuelle Ausrichtung?" Die Frage war vorsichtig ausgesprochen, nachdenklich. "Warum ist so was immer so wichtig?", zischte Rei, leicht erbost. Es war das Ergebnis davon, dass er nie hatte wirklich offen sein können. Dass seine Eltern es nicht wussten, dass alle Kerle, mit denen er je zusammen war, die Beziehung hatten verstecken wollen. Dass es ihnen unangenehm gewesen war. Dass kaum jemand wirklich offen damit war. Für Rei war das ein empfindliches Thema, weil die ganze Welt anscheinend fixiert auf Sexualität war und gleichzeitig denjenigen das Leben schwer machte, die von der Norm in irgendeiner Weise abwichen. Es kotzte ihn an und es kotzte ihn auch an, dass er selbst in den letzten 1 1/2 Jahren die Angst davor entwickelt hatte, sich dahingehend zu offenbaren. Selbst hier an der Uni, wo intelligente Menschen versammelt waren, schien es noch immer ein Tabu-Thema zu sein. "In dem Fall könnte es wirklich wichtig sein." Natürlich wusste Brooklyn von Reis Problem mit der Materie, aber er ließ sich davon nicht abhalten. Er sprach ruhig weiter und sah dabei zu, wie allein der Klang seiner Stimme, seinen Gesprächspartner wieder beruhigte. "Schließlich bist du Kais Ex..." Mit einem Mal wurde Rei eiskalt. Er konnte nicht genau sagen wieso, aber die Andeutung von Brooklyn machte ihm Angst. Ihm wurde schlecht. Natürlich war ihm bewusst gewesen, dass eine Trennung auch bedeutete, dass neue Partner in ihrer beider Leben treten würden. Rei hatte bisher noch niemand neuen gefunden, auch wenn er mal eine Weile mit dem Gedanken gespielt hatte, es mit Brooklyn zu versuchen, aber diese fixe Idee, hatte er sehr schnell wieder verworfen. Er stand auf komplizierte, dominante Charaktere mit kaputter Psyche. Er wusste nicht woher diese Vorliebe kam, aber es war so. Brooklyn war ihm zu sanftmütig und zu unkompliziert und höchstwahrscheinlich zu 'nicht schwul'. Auch wenn er sich da manchmal nicht ganz sicher war. Den Gedanken, dass Kai einen neuen haben könnte, hatte er bisher immer verdrängt. Eigentlich war er nicht der eifersüchtige Typ oder jemand, der einer Beziehung lange nachtrauerte. Aber mit Kai hatte er so viel erlebt, dass es schwer für ihn war, seinen Ex zu vergessen. Dass er aber so auf die Andeutung, dass Kai wieder vergeben war, reagierte, hatte er wirklich nicht erwartet. Das war heftig. "Rei?" Der Tee in der Tasse warf kleine Wellen, in einem merkwürdigen Rhythmus. Es dauerte einige Minuten bis Rei realisierte, dass seine eigenen, zitternden Hände das verursachten. Wie unglaublich übertrieben. "Hey..." Plötzlich saß Brooklyn neben ihm auf dem Bett und hatte einen Arm um ihn gelegt. "Ist es wirklich noch so hart für dich?" "Offensichtlich..." Seine Stimme klang erstickt und er gab dem Drang nach, sich einfach in die Umarmung zu flüchten. "Wie bescheuert. Das Ganze ist jetzt fast zwei Jahre her und allein der Gedanke daran, er könne jemand anderen haben, bringt mich so aus der Fassung." Rei stellte die Tasse beiseite, aus Angst den heißen Inhalten zu verschütten und vergrub sein Gesicht danach in der Schulter seines Freundes. "Manchmal brauchen Wunden eben länger als erwartet zum Heilen. Das ist nichts schlimmes. Hast du denn immer noch Gefühle für Kai?" Zitternd atmete Rei ein und aus, in der Hoffnung, dass der Kloß in seinem Hals verschwinden würde. Mit einem Mal war ihm wirklich zum Heulen zumute. "Eigentlich nicht...", flüsterte er. Seine eigenen Worte klangen in seinen Ohren unsicher, aber es war die Wahrheit. "Ich weiß nicht, warum mir das gerade so nahe geht." Beruhigend strich eine Hand über seinen Hinterkopf. Die darauffolgende Entspannung, sorgte dafür, dass einzelne Tränen unter seinen Augenlidern hervorquollen. Brooklyn sagte nichts mehr. Er saß einfach nur da und versuchte Rei Halt zu bieten. Er wusste, dass es zu einer Trennungsphase dazu gehörte, zu akzeptieren, dass der ehemalige Partner über die Beziehung hinweg war und er wusste auch, dass das schwer sein konnte, selbst wenn die eigentliche Trennung schon so lange her war. Kai Unsanft wurde sein Schreibtischstuhl herum gerissen und noch ehe er reagieren konnte, wurde er genauso unsanft gegen die Lehne gedrückt. Unheilbringend und nahezu sardonisch, starrte Yuriy auf ihn herab. Selbst Kais soziale Fähigkeiten waren nicht so verkümmert, dass er nicht bemerkte, dass etwas passiert war und obwohl er sich in einer vollkommen unterlegenen Situation befand, ließ er sich von alldem nicht beeindrucken. "Was?", fragte er genervt, was Yuriy zu einem teuflischen Grinsen veranlasste. "Du erinnerst dich doch sicherlich noch, an das Gespräch letztens? An das, wo du mir vorgeworfen hast, ich würde zu wenig an meinen sozialen Fähigkeiten arbeiten?" Yuriys Stimme klang ungewohnt melodisch und heiter, was im Zusammenhang mit seiner finsteren Miene sogar Kai einen kalten Schauer den Rücken hinunter jagte. Er hatte ein ungutes Gefühl. "Was hast du getan?", zischte er deshalb. Gefasst auf alles, was ihm sein Mitbewohner entgegenschleudern könnte. "Rate, wen ich getroffen habe.", hauchte er ihm statt einer Antwort entgegen. "Was. Hast. Du. Getan?" Die Aggressivität in Kais Worten beeindruckte Yuriy in keinster Weise. Ganz eindeutig genoss er die Situation, kostete sie aus. Und Kai? Kai saß nur da, versuchte ihn zu Boden zu starren und scheiterte kläglich. Er hatte ein wirklich ungutes Gefühl. "Du hättest dich wirklich nicht in meine Angelegenheiten einmischen sollen, Kai.", flötete er nur zurück. "Yuriy!" In einem verzweifelten Versuch sich zu befreien, bäumte sich Kais Körper auf, aber obwohl sie beide nahezu gleichstark waren, sorgte die unterlegene Position dafür, dass kaum mehr als ein aufgeregtes Zittern durch seine Glieder zuckte. Yuriy beugte sich noch weiter hinunter. Kai konnte jetzt seinen Atem auf seiner Haut spüren. "Ich habe ihm gesagt, dass du ihn hasst, dafür, dass er dich verlassen hat. Dass du ihm die Pest an den Hals wünschst und dass er sich von dir fern halten soll. Ich habe ihm gesagt, dass du jemand neuen hast. Dass du ihn nicht mehr brauchst." Yuriy streckte sich etwas und hauchte Kai scheinbar mütterlich einen Kuss auf die Stirn. "Vergleiche mich niemals wieder mit Volkov." Dann ging er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)