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Liebe führt, wie zu erwarten... nach Amerika?

Liebe führt Teil 3
von

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Probleme und Lösungsversuche

Rei

 

"Ich... uhm...." Rei stand der Schweiß auf der Stirn, was glücklicherweise nicht ungewöhnlich war, denn es war warm draußen und sie saßen in der Sonne vor einem kleinen Café. Dass die ungewöhnliche Flüssigkeitsabsonderung nicht von der Hitze kam, wusste sein Gegenüber glücklicherweise nicht. Zumindest hoffte Rei das.

Oliver indes saß ihm geduldig gegenüber und wartete darauf, dass er es endlich schaffte, einen Satz heraus zu bringen.

Drei Wochen waren seit beginn des Semesters vergangen und heute sollte der Tag sein, an dem er endlich einen Schritt auf Oliver zu ging. Warum nur brachte er kein vernünftiges Wort heraus? Warum nur war das alles so schwierig?

Musste er sich ihm denn unbedingt öffnen? War das notwendig? Konnte nicht alles einfach so bleiben wie es war?

Nein, war die einfache Antwort. Rei war dabei sich ein Leben aufzubauen. Eines, das von Dauer sein sollte und das bekam man nur dann, wenn man sich anderen Menschen öffnete. Und wenn man sich mit anderen Menschen verband, wollte man diese nicht mehr verlassen. Man wollte bei ihnen sein und mit ihnen Zeit verbringen und je mehr man das tat, desto mehr tat es weh, wenn sie dann doch verschwanden. Und verschwanden sie nicht immer alle irgendwann? Spätestens, wenn sie starben?

Innerlich schüttelte Rei den Kopf und versuchte sich zu konzentrieren. Er rief sich in Erinnerung, dass er immer einen festen Freundeskreis hatte haben wollen. Dass er sich immer ein normales Leben gewünscht hatte. Dazu gehörte eben auch, einen gewissen Anteil Schmerz zu empfinden. Das war nichts Schlechtes, im Gegenteil. Es war gut, es konnte wundervoll sein. Nur jene, die mit niemandem etwas zu tun hatten, wurden auch nicht verletzt und Einsamkeit war schlimmer, als verlassen zu werden. Wenn man verlassen wurde, konnte man sich jemand neuen suchen mit dem man Zeit verbrachte. Wenn man einsam war, war da sonst niemand mehr.

 

"Ich.... ich... ich muss dir was sagen.", begann er dann endlich und fühlte sich bereits ein wenig erleichtert. Der Anfang war gemacht, das war doch immer das Schwierigste, oder?

"Nur raus damit, Rei.", antwortete Oliver und lächelte ihm ermutigend zu.

Und wieder legte sich eine Schwere vom Gewicht eines Steines in seinen Magen. Wie nur sollte er ihm das sagen? Warum hatte er überhaupt solche Angst? Es war nur ein kleines Detail, das er offenbaren wollte.

Er schloss kurz die Augen und holte tief Luft. Wenn er das jetzt nicht raus brachte, würde er das niemals tun:

"Ich.. bin...", er stockte noch einmal kurz, fuhr dann aber etwas zu schnell fort: "...bisexuell."

 

Oliver sah ihn erst verwirrt, dann verwundert und dann leicht schockiert an.

"Ich.. ich hatte ja keine Ahnung.", stotterte Oliver leicht und schien etwas bleich zu werden.

Rei hatte mit einigem gerechnet, aber in den tiefen seines Herzens hatte er niemals geglaubt, dass er auf Ablehnung stoßen würde. Oliver war immer so offen und freundlich und verständnisvoll, wie passte es zusammen, dass er jetzt so schockiert wirkte?

"Es tut mir leid. Wirklich."

Reis ganze positive Energie verschwand mit einem Mal. Was hatte er nur getan? Hatte er wirklich gerade einen seiner besten Freunde vertrieben?

"Aber... Rei... ich mag dich wirklich. Aber... nicht auf diese Weise."

... Was?

Verwirrt blinzelte Rei sein Gegenüber an. Was meinte er denn jetzt damit? Warum mögen? Mochte er ihn jetzt nicht mehr, wo er von seiner sexuellen Ausrichtung wusste? Wollte er ihm das damit sagen?

 

Es dauerte tatsächlich einige Sekunden bis Rei klar wurde, was Oliver meinte. Er spürte wie seine Wangen rot wurden.

"Nein!", brach es eher ungewollt aus Rei heraus. Er hob abwehrend die Hände vor sich.

"Also.. nicht, dass ich dich nicht auch mag!", stellte Rei schnell richtig. "Aber das war kein L... Liebesgeständnis oder so etwas! Ehrlich nicht!"

Oh Himmel, wie kam er aus dieser Situation nur wieder heraus, ohne größeren Schaden anzurichten? Wie hatte das denn passieren können? Er hatte sich wirklich dumm angestellt, wenn der andere dachte, dass er ihm damit hatte sagen wollen, dass er auf ihn stand.

"Das meinte ich so nicht. Ehrlich! Tut mir leid, wirklich! Ich wollte dir das nur sagen, weil... weil..."

So mitleidig wie Oliver ihn gerade ansah, dachte Rei nicht, dass er ihm glaubte. Er wollte sich aus der Situation heraus reden, ja, aber nicht, weil er beschämt wegen einer Ablehnung war, sondern weil der Sachverhalt ein ganz anderer war! Aber wie erklärte er ihm das? Führten Offenbarungen immer dazu, dass man noch mehr offenbaren musste? Wohl nur, wenn man so dilettantisch darin war, wie Rei.

Glücklicherweise rannte gerade so viel Adrenalin durch seinen Körper, dass er vollkommen vergaß, dass er Angst davor hatte, sich jemandem anzuvertrauen:

"Mir ist aufgefallen, dass ich eigentlich keinem von euch je mehr über mich erzählt habe, verstehst du? Und wir beide kennen uns jetzt schon so lange und ich dachte, dass ich dann mit dir anfange. Also.. damit dir Sachen von mir zu erzählen. Ich weiß, das ist irgendwie komisch, aber... mir macht das echt Probleme und... es tut mir leid, ich wollte nicht den falschen Eindruck erwecken. Ich wollte nur meine Freundschaft mit dir vertiefen und nicht, sie auf eine andere Ebene bringen. ... ich habe das Gefühl, ich mache es nur noch schlimmer."

Oliver schwieg eine Weile vollkommen perplex, als die Worte dann aber begannen Sinn für ihn zu ergeben, begann er heiter zu lachen. "Du hast mich wirklich erschreckt, Rei. Ich hätte dir wirklich ungern das Herz gebrochen. So was belastet eine Freundschaft immer so sehr."

Erleichtert atmete Rei aus. Er hatte es also verstanden, gut.

"Ich freue mich, dass du dich versuchst ein wenig mehr zu öffnen. Bitte sag mir, wenn ich dir helfen kann. Ich bin wirklich neugierig darauf, mehr von dir zu erfahren."

Auch hier fiel Rei wieder auf, dass Oliver ihn keinesfalls drängte. Er fragte nicht, warum er bisher nichts gesagt hatte. Er fragte auch nicht, was passiert war, dass er so geworden war. Er akzeptierte einfach die Tatsache, dass es so war.

"Danke Oliver, aber du brauchst nichts zu tun. Bleib einfach so, wie du bist."

 

Kai

 

Energisch tippte Kai auf seinem Laptop herum. Auf dem Bildschirm vor ihm, sah man Zahlen und E-Mails förmlich vorbei fliegen. Er stoppte auch nicht oder wurde langsamer, als die Tür aufging.

"Ich bin wieder da!"

Die Stimme von Yuriy klang müde und ausgelaugt, was sich nur bestätigte, als er gähnend das Wohnzimmer betrat, in dem Kai saß. Für eine Weile herrschte Stille zwischen den beiden und nur das stetige Tippen und Klicken des Laptops war zu hören.

"Weißt du...", begann Yuriy dann nachdenklich. "Wenn du dich hier vergräbst, wird das nie was."

Abrupt stoppten die Geräusche, aber Kai drehte sich nicht zu Yuriy um.

"Hast du heute Kontakte geschlossen, Yuriy?", fragte Kai kritisch und ignorierte damit das Gesagte vollkommen.

"Es geht hier nicht um mich!", zischte Yuriy erbost und ließ die Tasche, die er über der Schulter trug geräuschvoll auf den Boden fallen.

"Sieh mich wenigstens an, wenn ich mit dir streite!"

Doch Kai rührte sich nicht, stattdessen nahm er wieder seine Arbeit auf.

"Wir sind schon drei Monate hier! Seit drei Wochen hat die Uni begonnen und du tust nichts, als zu arbeiten!"

"Ich führe ein ganzes Imperium! Das erfordert Zeit!"

"Oh bitte!"

Jetzt hatte Yuriy es doch geschafft Kais Aufmerksamkeit zu erlangen, denn er drehte sich endlich zu ihm um. Seine Augen waren kalt und schneidend. Offenbar hatte er keinerlei Intention dazu, jetzt gerade mit Yuriy darüber zu sprechen. Yuriy allerdings war das egal.

"Wir wissen beide, dass das nicht stimmt! Du könntest die Arbeit locker verschieben oder jemand anderem zuschustern, der das genauso gut kann wie du! Du versteckst dich dahinter! Du läufst vor dem, was du eigentlich tun willst, weg!"

Ruckartig stand Kai auf und ging auf Yuriy zu, der keinen Millimeter zurückwich. Kurz vor ihm blieb er stehen.

"Das sagt der richtige!" Kais Stimme war nicht laut, dennoch hätte sie Stahl schneiden können, wäre sie materiell. "Du bist nicht nur hier um zu studieren, sondern um zu lernen, wie man mit normalen Menschen umgeht. Hast du überhaupt schon mit jemandem gesprochen? Ich bezweifle es!"

"Sie langweilen mich!", spuckte Yuriy förmlich aus. Seit zwei Jahren taten die beiden kaum etwas anderes als streiten und dennoch war Yuriy noch immer nicht so geschickt darin, dass er einen Themenwechsel erkannte. Kai nutzte das jedes Mal aus, das war auch dem jungen Russen bewusst, aber sozialer Umgang war einfach nicht seine Welt. Einer der Gründe, warum sie nach Amerika gekommen waren.

"Sie langweilen mich zu Tode. Sie sind normal! Wie soll irgendwer von ihnen mich schon verstehen? Es sind Lichtkinder! Was will ich mit solchen Menschen? Ich kann mit ihnen nichts anfangen!"

"Wie sollen sie dich auch jemals von etwas anderem überzeugen, wenn du sie nicht lässt? Verdammt nochmal Yuriy, du kannst nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, wenn du das Heim jemals wirklich führen willst!"

In einer über dramatischen Geste warf Yuriy die Hände in die Luft und schnaubte verächtlich. "Warum? Es sieht wirklich nicht so aus als bräuchte man irgendwelche sozialen Fähigkeiten, damit man irgendetwas leiten kann. Ich brauche kein Einfühlungsvermögen um den Laden am laufen zu halten. Ich verstehe es immer noch nicht! Die letzten zwei Jahre hat es doch auch wunderbar geklappt."

Kopfschüttelnd wandte Kai sich wieder ab. "Diese Diskussion hatten wir schon so oft."

Seufzend setzte er sich wieder auf den Bürostuhl und wandte seinem Gesprächspartner erneut den Rücken zu.

"Du bist verantwortlich für einen Haufen von Kindern. Du musst lernen auch mit ihnen umgehen zu können. Sonst wirst du eines Tages wie Volkov. Dann siehst du alle nur als..."

Er kam gar nicht mehr dazu den Satz zu beenden, da hörte er schon, wie Yuriy Zimmertür krachend ins Schloss fiel. "... niedere Wesen die deinen Zwecken dienen.", beendete Kai murmelnd.

Nun, wenigstens hatte er jetzt seine Ruhe und musste nicht mehr diese nervigen Fragen beantworten.



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