Luciana Bradley und die Sammlungen der Väter von Picadelly ================================================================================ Kapitel 7: Gabriels Plan ------------------------ Fünfzig Pfund, fünfzig läppische Pfund, PAH! Damit hätte Snape sich gerade mal einen kurzen Ritt in der Herbertstraße leisten können und das auch nur bei einer der Damen der Sorte längst verbraucht, was bildete sich dieser Oberarsch eigentlich ein?! Es war eine Sache, dass er offenbar der Meinung gewesen war, Luciana für ihre ‚Dienste‘ zu entschädigen (was an sich schon Beleidigung genug darstellte), aber dann noch die Dreistigkeit besitzen, sie mit einem kümmerlichen Fünfziger abzuspeisen, das schlug dem scheiß Fass den Boden aus!      Der Taxifahrer, den sie ein paar Querstraßen von Arschs Wohnung aufgegabelt hatte (der Wichser hatte sie oben auf auch noch am Hintern der Welt ausgesetzt!), wagte es nicht auch nur ein Wort an sie zu richten und schaute während der gesamten, zwanzigminütigen Fahrt immer wieder nervös zu ihr in den Rückspiegel. Dass sie einen derart angepissten Eindruck auf ihre Umwelt machen musste, interessierte sie nicht die Bohne und nachdem ihr der nächste Fünfziger unter die Augen kam (den sie wahllos aus ihrer Handtasche gefischt hatte, um den Fahrer zu bezahlen), wäre sie beinahe auf der Stelle explodiert. Ohne einen Gedanken an das Wechselgeld zu verschwenden, knallte sie die Tür des Fahrzeugs zu, das auch ungewöhnlich schnell und mit quietschenden Reifen verschwand.      Die Haustür des Grimmauldplatz wurde kurz nach ihrem, zugegebenermaßen, etwas heftigem Klopfen, aufgerissen. Vor ihr stand Remus, im Morgenmantel und etwas zerknautschtem Gesamtbild und schaute sie mit verwirrtem Blick an.      „Luciana, was machst du denn-„ Selbstverständlich musste ausgerechnet in diesem Augenblick ein kräftiger Windstoß von hinten kommen. Lucianas Kleid flatterte um ihre Beine und es brauchte keine Sekunde, bis Remus seinen Riecher in ihre Richtung steckte. Und darauf sich sein Blick verfinsterte.      „Einmalige Sache“, kommentierte er tonlos.      „Verdammt, ich hab sogar geduscht!“, schimpfte sie und schob sich an ihm vorbei in den Flur.      „Willst du darüber re-„      „NEIN!“ Und damit war sie auch schon ins Kaminzimmer abgebogen. Doch die Hoffnung, in Ruhe einen Abgang machen zu können, zerschlug sich, als sie gerade eine Handvoll Flohpulver für die Heimreise gegriffen hatte.      „Was hat er angestellt?“ Remus lehnte mit verschränkten Armen am Türrahmen und sah sie mit einer Spur Besorgnis in den Augen an. Aber sie würde niemandem, niemals nie erzählen, was Snape ‚angestellt‘ hatte.      „Wir sehen uns die Tage.“ Damit ließ sie ihm keine Gelegenheit weiter nachzuhaken und verschwand in den grünen Flammen.   *~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*   ‚Die Tage‘ entpuppte sich am selben Abend als der darauffolgenden Tag, da Gabriel ihr eine ellenlange Anweisungsliste für eine, zur Abwechslung, weniger kurzfristig geplante Ordenssitzung übergab. Der anonyme Besitzer der Mauritius, die noch für den Horkrux in Frage kam, hatte sich nach den Schreckensmeldungen über den nächtlichen Einbruch in den Hochsicherheitspalast der königlichen Familie offenbar dazu entschlossen, sich von seiner Briefmarke zu trennen. Und zwar so schnell wie irgend möglich. Luciana konnte diese Entscheidung sehr gut nachvollziehen, denn wer auch immer diese unbekannte Person sein mochte, sie war sich mittlerweile anscheinend darüber im Klaren, dass sie im Besitz eines plötzlich heiß begehrten Gegenstands war und dieser nicht gerade ein Garant für einen friedlichen Alltag sein konnte.      Die öffentliche Auktion würde in einer Woche bei Sotheby’s stattfinden und nun hatte sich ihre Pate fest in den Kopf gesetzt, an dieser teilzunehmen. Dies und weitere Details hatten, seiner Aussage nach, absolute Dringlichkeit und mussten mit dem Orden besprochen werden, im Bestfall mit der höchstmöglichen Anzahl seiner Mitglieder, die so gut wie nie vollständig bei den Sitzungen anwesend waren.      Luciana hatte keinerlei Ambitionen, Oberarsch nach weniger als achtundvierzig Stunden wieder unter die Augen treten zu müssen, allerdings ging es hier um eine etwas bedeutendere Angelegenheit, als ihren verletzten Stolz. Und damit dieser nicht noch weiter mit Füßen getreten werden konnte, schnappte sie sich schon eine halbe Stunde vor Beginn des Ordenstreffen ihre Unterlagen und reiste via Flohnetzwerk zum Grimmauldplatz, um sich dort schon mal in die Detailbesprechung einzulesen.      In der Küche war bloß Mrs Weasley anwesend, die gerade dabei war, gleich drei Kannen Kaffee und ebenso viel Tee zu kochen (erfahrungsgemäß würde diese Menge nicht einmal die erste Hälfte der Sitzung überleben). Nach zehnminütiger Plauderei über Haushaltszauber (Luciana war wieder ihr verschmutztes Kleid in den Sinn gekommen – obwohl, nach der Nacht und den damit verbundenen Erinnerungen an Oberarsch, zog Luciana ernsthaft in Betracht es mit hoch ätzender Säure zu eliminieren), dem Zauberscherzartikelladen der Zwillinge und einige Patzer, die während der Arbeit von Mr Weasley passiert waren (er arbeitete in der Abteilung gegen Missbrauch von Muggelartefakten, Stoff aus dem die besten Geschichten waren), hatte sie das erste Mal seit gestern Morgen so etwas wie einen Anflug von guter Laune. Die natürlich in dem Moment im Keim erstickt wurde, als sich die Küchentür öffnete und sie die langen, strähnigen Haare von Oberarsch aus dem Augenwinkel heraus erkannte.      „Guten Abend Molly, Miss Bradley“, sagte er, in einem recht neutralen Tonfall und Luciana gefror das Lächeln, welches ihr Mrs Weasley gerade eben mühsam entlockt hatte, auf dem Gesicht.      „Oh, hallo Severus, du bist früh dran.“ Das hatte sie sich auch eben zähneknirschend gedacht. „Möchtest du einen Kaffee?“ Vorzugsweise brühheiß und direkt ins Gesicht?      „Ehm“, Oberarschs Blick war an Luciana hängen geblieben und ihre pure Welle von ‚Ich-verfluche-den-Tag-an-dem-du-geboren-wurdest‘ schien ihn gerade mit voller Wucht getroffen zu haben. „J-ja bitte.“      Mrs Weasley schien nichts von der eisigen Stimmung mitzubekommen, die plötzlich im Raum herrschte und stellte Arschnase eine dampfende Tasse an den Platz, an den er sich eben nieder gelassen hatte. Vor Kopf, zu der Rechten von Dumbledores Stammplatz. Weil Oberarsch ja so wihiiichtig war.      „Danke.“ Er hatte noch immer nicht die Augen von ihr abgewendet und anscheinend hatte er Mühe, bei Lucianas Blicken, die ihn regelrecht in der Luft in abertausende Einzelteile zerfetzten, eine neutrale Miene beizubehalten. Sicher war dies nicht der erste Vorfall, bei dem sie ihn böse angesehen hatte, aber an diesem Abend galt dies nicht der leichten Verstimmtheit wegen einer ungerechten Behandlung im Unterricht oder einer Reaktion auf eine seiner Gemeinheiten. Jetzt meinte sie es bitterernst und den Unterschied schien er deutlich zu spüren. Zudem hatte er nun schon das dritte Mal geschluckt, dabei hatte er seine Kaffeetasse noch nicht mal angerührt.      „Ich bin noch einmal schnell oben und sag Arthur Bescheid, dass es gleich losgeht“, sagte Mrs Weasley und band sich die Schürze vom Bauch. „Seitdem er diesen Kassettrekord aufgetrieben hat“, „Kassettenrekorder“, verbesserten sie Arsch und Luciana gleichzeitig, „jedenfalls verliert er seitdem völlig die Zeit aus den Augen.“ Schon war sie aus der Küche verschwunden. Und somit war Luciana allein mit der Wurzel all ihrer aufgestauten Wut – genau das hatte sie eigentlich verhindern wollen. Ein letzter, ganz besonders angepisster Blick in seine Richtung und dann lenkte sie ihre Aufmerksamkeit auf die Unterlagen vor ihr auf dem Tisch. Oder besser gesagt: sie versuchte es. Eigentlich malte sie sich gerade sehr bunt und realistisch aus, was man alles mit diesem Wich-      ChrmChrm      Lucianas Kopf schnellte hoch. Auch wenn ihr sehr wohl bewusst war, dass dieser Laut allein von der Tonlage her nicht einer ganz besonders pink plüschigen Kehle entkommen sein konnte, reagierte sie bis heute sehr allergisch auf diese Art von Geräusch. Doch Oberarsch schien sich tatsächlich nur geräuspert zu haben, denn er nahm gerade einen Schluck aus seinem Becher und machte daraufhin den Eindruck, um Worte zu ringen.      Genau, winde dich, du Wurm!      „I-ich hatte gestern Morgen einen unaufschiebbaren Termin, mit äußerster Dringlichkeit und-„      „FÜNFZIG PFUND?!“ Platzte es aus Luciana heraus und dabei hatte sie sich eine Sekunde zuvor noch fest vorgenommen, die Nerven zu behalten. Oberarsch starrte sie darauf nur mit halb geöffnetem Mund an, sein Gesicht spiegelte die absolute Verwirrtheit wieder. „Es ist ja nicht schon unfassbar genug, dass Sie überhaupt auf diese unverschämte Idee kommen, Professor, aber dann noch ein lächerlicher Fünfziger!“      Er schien absolut keinen Schimmer zu haben, wovon sie da redete – bis sich seine Augenbrauen nachdenklich zusammenzogen.      „Geld für das Taxi“, sagte er dann und seine Brauen zogen sich noch ein Stück weiter zusammen. „Ich wusste nicht, ob Sie Muggelgeld dabei haben würden und – wovon sind Sie ausgegangen, wofür ich es –„ Diesen Satz brachte er nicht zu Ende, denn anscheinend war ihm ein Licht aufgegangen, das ihm gleich die Sprache verschlug.      Luciana war derweil alle Farbe aus dem Gesicht gewichen und höchst auf damit beschäftigt, sich im Geiste gleich dutzendfach zu Ohrfeigen. Am liebsten hätte sie sich eine Schaufel geschnappt, um sich damit am besten gleich bis nach Neuseeland durch zu buddeln.      „Haben Sie wirklich angenommen, ich würde-„      „Luciana! Und Severus, guten Abend“ Remus kam, mit verdächtig guter Laune, in die Küche geplatzt, lief schnurstracks zum Küchentresen rüber und schenkte sich eine Tasse Schwarztee ein. Was für ein Timing. Da er gerade mit dem Rücken zu ihnen stand, nutzte Luciana die Gelegenheit ein deutliches ‚Es tut mir Leid‘ mit ihrem Mund zu formen, worauf Snape nur kurz nickte. Es machte nicht den Eindruck, als würde er dieses Missverständnis auf die sonderlich leichte Schulter nehmen, wobei diese Annahme auch wieder nur ihrem paranoiden Hirn entspringen konnte – dass sein Gesicht einer neutralen Maske glich, war in Anwesenheit von anderen Personen vollkommen normal.      Remus hatte noch nicht ganz den Platz neben ihr eingenommen, da betrat auch schon das nächste Ordensmitglied den Raum. Black. Snapes Schultern zogen sich augenblicklich noch ein wenig mehr straff.      „Was hat dir Steinhardt da wieder stapelweise mitgegeben?“, erkundigte sich Remus, legte den Arm um ihren Stuhl und beugte sich sehr nah an sie heran, um die Unterlagen zu inspizieren. Black besetzte den Stuhl neben Remus und zog sich dessen Teetasse heran.      „Jones hat ein neues Bett für dich aufgetrieben, Moony“, bemerkte Black und nahm einen kräftigen Schluck. Konnte dieser Abend noch schlimmer werden?      „Oh, wirklich“, sagte Remus begeistert und wandte sich ihr zu. „Du hattest Recht, Luciana, diese Matratze verbiegt einem wirklich schrecklich den Rücken, gerade wenn man nicht nur darin schlafen mag.“      Oh bei Wotan – die Augen einen Moment zu schließen und sich ganz fest an einen anderen Ort zu wünschen, funktionierte übrigens nicht. Vielleicht sollte sie sich wirklich zur Apparierprüfung anmelden. Was ihr in diesen appariergeschützten vier Wänden absolut nichts brachte, aber Details … Ein lautes Scheppern verriet ihr, dass Snape seine Tasse geräuschvoll auf den Tisch abgesetzt hatte.      „Alles in Ordnung, Severus?“, erkundigte sich Remus und am liebsten hätte Luciana ihn in diesem Moment erwürgt. Sie hatte den Ärger wohl unterschätzt, den er offensichtlich bei dem Gedanken an einen Lehrer hatte, der es sich, seiner Meinung nach, anscheinend zum Hobby machte Schülerinnen zu vernaschen, oder zumindest diese eine (obwohl sie es nach dem Gespräch mit ihm vorletzte Nacht hätte kommen sehen können) – dazu noch ihr wütender Abgang gestern, der ganz offensichtlich auf Snape zurückzuführen war.      „Ich frage mich nur“, schnarrte Snape und bekam dabei kaum seine aufeinander gepressten Zähne auseinander, „wann die Sitzung beginnt. Immerhin hat nicht jeder von uns den Luxus eines so offenen Freizeitfensters wie du und Black.“  Dieses Mal war es an Black seine Tasse auf das Holz zu knallen und wenn das so weiter ging, würde nicht mehr viel fehlen bis die Sache hier eskalierte. Das war, nebenbei bemerkt, im vergangenen Jahr häufig der Fall gewesen, zumindest was die Konstellation Black und Snape anbelangte, nur mit dem kleinen Unterschied, dass gerade kein Dumbledore anwesend war, der die beiden daran hindern konnte sich mit Flüchen gegenseitig umzubringen.      „Dann solltest du dir besser die Füße waschen, damit der Dreck oder in deinem Fall, das Fett absacken kann – mit sauberen Ohren hättest du vielleicht mitbekommen, dass es Remus und meine Aufgabe ist, die Dementoren ausfindig zu machen. Unser ‚Freizeitfenster‘ steht deinem in Nichts nach.“      Uuund damit wären sie wohl wieder beim allseits bekannten Schwanzvergleich. Dazu keine Kekse in Sicht und Remus schien nicht mal im Traum daran zu denken, die Lage zu entschärfen (was er normalerweise immer tat, wenn Dumbledore mal nicht schnell genug war). Schlimmer noch, er schien sich das Wortgefecht mit zufriedener Miene gleich eines Tennismatches zu Gemüte zu führen.      „Du nennst es Aufgabe“, sagte Snape und beäugte Black mit einem abschätzigen Blick von oben nach unten, „und ich Beschäftigungstherapie für einen – ehm, armen Irren.“      Oh fuck – Black sprang von seinem Platz auf, Snape tat es ihm beinahe zeitgleich nach, Remus sah derweil aus, als würde er in Erwägung ziehen sich eine Schüssel Popcorn zu machen.      „Wo wir grad bei Irre sind, Schniefelus“, Snapes Gesicht verdüsterte sich um ein Vielfaches bei diesem Namen, „hast du deinem Herrchen in den letzten Tagen endlich gründlich die Füße geleckt, oder muss sich der Orden weiterhin mit unbrauchbaren Nichtigkeiten abfinden? Oder habe ich doch über die ganze Zeit Recht behalten und du hast in Wirklichkeit nie die Seiten gewechselt?“ Nun, jetzt hatte Black zumindest deutlich klar gemacht, was er über Snape dachte. Wie gesagt, in der Vergangenheit hatte es Dumbledore den beiden, zu sechszehnjährigen Testosteronbömbchen mutierten Herrschaften, nie gestattet sich mehr als nur ein zwei schnippische Kommentare an den Kopf zu knallen.       „Weil dein Urteilsvermögen, was die Vertrauenswürdigkeit der Menschen in deinem unmittelbaren Umfeld betrifft, in der Vergangenheit so äußerst zuverlässig ausgefallen ist, Black?“ Mit dieser Aussage konnte sie nicht viel anfangen, dementsprechend schwer war es in diesem Moment zu beurteilen, ob Black einen Hechtsprung, inklusive gezücktem Zauberstab Richtung Snape vollführte, weil ihm das Gesagte nicht passte, oder das spöttische Grinsen auf dem Gesicht des Professors das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Snape zückte ebenfalls seinen Zauberstab, noch bevor Black keine zwei Handbreit vor ihm zum Stillstand kam (dabei wurde er von dem Professor beinahe um einen ganzen Kopf überragt) und richtete die Spitze seines dunkelbraunen Stöckchens direkt auf Snapes Gesicht. Luciana konnte sich nicht helfen – selbst wenn sie sich sehr wohl bewusst war, wie gefährlich und vor allem tödlich so ein Zauberstab sein konnte, sah ein Zauberduell in der Ausgangsposition irgendwie immer danach aus, als würden sich die beiden Duellanten jeden Moment mit Essstäbchen die Augen gegenseitig ausstechen wollen. Bis einer weinte und dazu würde sie es an diesem Abend nicht kommen lassen –       BAMMS      „MEINE HERREN!“ Das Schlagen ihrer flachen Hand auf der Tischplatte hallte nach, Blacks und Snapes Köpfe zuckten beide in ihre Richtung. Keine Sekunde zu früh, denn Blacks Hand hatte schon zum Angriff gebebt. Luciana erhob sich von ihrem Platz und machte einen sehr guten Job dabei, das ‚ich-habe-genug-von-eurem-Scheiß‘-Gesicht ihres Paten zu imitieren. „Sie werden beide augenblicklich ihre Zauberstäbe einstecken und Ihre Sitzplätze einnehmen!“ Für eine Sekunde sah es so aus, als habe sie das Schlimmste abgewendet, doch –      „Halt dich raus, Luciana“, knurrte Black wütend und war dann im Begriff eine Bewegung mit seinem Zauberstab zu vollführen, Snape tat es ihm nach und –      BAMMS – zweiter Schlag auf die Tischplatte, dieses Mal mit voller Wucht.      „Mit einer Zweidrittelmehrheit des Stimmrechts, gegeben mit der prozentualen Verteilung der Mitgliederanzahl, durch den abgeschlossenen Vertrag zwischen der UOWV GoH und dem Orden des Phönix, habe ich in Abwesenheit von Professor Dumbledore und Mr Doge den ranghöchsten Posten dieser Versammlung inne und stehe somit in voller Befugnis, einen oder beiden von Ihnen einen Verweis aus diesem Besprechungsraum zu erteilen!“, ratterte sie herunter, ohne dabei auch nur einmal Luft zu holen und fixierte beide Männer mit höchst scharfem Blick. „Also entweder Sie stecken sofort Ihre Zauberstäbe ein und setzen sich zurück auf Ihre Plätze, oder Sie klären ihre Diskrepanzen vor der Tür, HABEN WIR UNS VERSTANDEN?!“      Die Zauberstäbe verschwanden synchron in den Taschen der beiden Männer, darauf folgte ein kurzes Starrduell und dann begaben sich Snape und Black endlich wieder auf ihre Stühle. Und keine Sekunde zu früh, denn genau in diesem Moment öffnete sich die Tür, durch die nacheinander mehr als ein Dutzend Ordensmitglieder traten, angeführt von Albus Dumbledore, der auch gleich das Wort an sie richtete.      „Mir war, als hätte ich dich von der Treppe aus hören können, Luciana, ist irgendetwas geschehen?“      Mit einem genervten Seitenblick auf Black und Snape nahm auch sie wieder Platz und schob beiläufig ihre Unterlagen zusammen.      „Nein, alles gut.“      Der Schulleiter nahm diese Aussage mit einem Schmunzeln hin, blinzelte ihr über seine Halbmondbrille zu und wandte sich zu Shacklebolt, welcher ihn gerade ansprach.      „Ganz der Ziehpapa“, kommentierte Remus und lehnte sich ihr dabei entgegen.      „Danke für deine tatkräftige Unterstützung“, höhnte Luciana, dabei warf sie ihm einen ganz besonders angesäuerten Seitenblick zu.      „Du bist doch sehr gut klar gekommen.“      „Was auch immer Snape und Black da für eine Fehde haben, so langsam artet es aus“, flüsterte sie, auch wenn es bei dem angestiegenen Geräuschpegel in dem Raum wohl nicht nötig gewesen wäre. „Kannst du Black nicht mal ins Gewissen reden? Ansonsten finden wir noch einen von beiden tot über nem Geländer hängen.“      „Klar, nichts einfacher als das. Und du übernimmst das Gespräch mit Severus, mh?“ Dabei wackelte er anzüglich mit den Augenbrauen. „Oh, ich habe eine tolle Idee! Lass uns den beiden gleich noch Freundschaftsbändchen basteln, was meinst du?“      Für einen Augenblick starrte sie Remus mit ausdruckslosem Gesicht an, dann schnappte sie sich ihren, in Leder eingebundenen Kalender und schlug ihn auf.      „Dachte ich es mir, morgen ist Vollmond.“      Darauf hörte sie ihn verächtlich schnauben.      „Und du bist besser mit deinem Abgang gestern Früh?“, sagte er schnippisch und trommelte mit seinen Fingern auf dem Tisch.      „Ich diskutiere eine Nacht vor Vollmond nicht mit dir, Remus.“ Damit schnappte sie sich den Stapel Zettel vor ihrer Nase, erhob sich von ihrem Stuhl und nahm zwei entfernt wieder Platz. Keine Sekunde später war ihr alter Sitzplatz auch schon von Tonks besetzt, die in Rekordzeit die Strecke von der Eingangstür bis an Remus Seite hinter sich gebracht hatte. Dieser atmete sichtbar tief ein und warf Luciana einen bitterbösen Blick zu, während er sogleich in ein Gespräch von seiner neuen Sitznachbarin verwickelt wurde – ein schadenfrohes Schmunzeln konnte sie sich schlecht verkneifen, auch wenn Luciana wusste, dass Remus nicht sehr viel für sein wankelmütiges Emotionskostüm an diesem speziellen Tag in der Mondphase konnte. Pff, auf sie als Weibsbild nahm auch niemand Rücksicht, wenn die Hormone mal wieder besonders quer schossen, demnach hatte sich der Herr auch keine Sonderbehandlung verdient.      „Luciana, Kaffee?“ George stand gerade am Tresen, vor ihm eine ganze Reihe von Tassen. Sie hob zur Bestätigung den Daumen, während sich Fred neben sie setzte, der andere freie Stuhl wurde von Bill, dem ältesten der Weasley Sprösslinge, eingenommen. Natürlich, ausgerechnet heute musste Zuckerschnäuzchen antreten, weil sie bislang noch nicht genug Runden auf dem Gefühlskarussell gedreht hatte. Normalerweise saß er immer bei seinem Vater oder neben Shacklebolt, in ihre Nähe war er noch nie gekommen, worüber sie im Prinzip nur dankbar sein konnte. Denn bei diesem vermaledeiten Kerl verhielt Luciana sich oft wie ein pubertäres Mädchen, das man vor seinen Schwarm gesetzt hatte, inklusive rot werden wenn er sie ansprach oder stolpern über die eigene Zunge. Dieser Abend wurde immer schlimmer und schlimmer.      „Wie waren die Ferien?“, sprach Zuckerschnäuzchen sie an und machte dabei ein ganz besonders zuckeriges Gesicht. Über den Sommer hatte sich seine Haut von typisch blass für einen Ginger in einen leichten Bronzeton mit Sommersprossen gefärbt, was seine markanten Gesichtszüge noch eine Spur mehr hervorhob. Seine tiefblauen Augen schauten sie aufmerksam und freundlich an, natürlich nicht ohne ein Lächeln auf den Lippen, welches sie zum Schmelzen brachte. Also, normalerweise. In diesem Moment fühlte sie sich seltsam … normal.      „Kurz, unspektakulär“, antworte sie und dabei schoss ihr nicht mal ein Milliliter zu viel Blut durch die Wangen, „das erste Wochenende stand eine kleine Kneipentour an, aber an mehr als hell dunkel, hell dunkel kann ich mich auch nicht erinnern.“ Bill lachte auf und ihr Magen – machte rein gar nichts. Kein kurzen Zusammenziehen, kein Kribbeln, kein mädchenhaftes, dümmliches Grinsen … sie hatte sich oben auf nicht einmal verhaspelt. George stellte ihr eine Tasse auf den Tisch und verteilte die restlichen, die er vor seinem Zauberstab durch die Luft schweben ließ, an Fred und Bill. Luciana war noch immer höchst verwirrt. Die Neuankömmlinge hatten derweil alle ihre Plätze eingenommen, nur Dumbledore stand noch mit Shacklebolt an der Tür und unterhielt sich angeregt, mit Flüsterstimme. Und gerade, als sie sich wieder Zuckerschnäuzchen zuwenden wollte, um die Nicht-Reaktion noch einmal zu testen (nur um sicher zu gehen), traf ihr Blick zwei ganz besonders dunkelbraune, fast schwarze Augen, die sie direkt ansahen. Snape – und ihr Herz machte einen kleinen Hüpfer. Wie an dem Mittag vor dem Buckingham Palast. Oder die paar hundert Male in Hogwarts, wenn sie ihn am Lehrertisch beim Frühstück das erste Mal am Tag gesehen hatte.      Fuck      Der Blickkontakt blieb nicht lange bestehen, vielleicht ein paar Sekunden, wenn es hoch kam und wie so oft zuvor, war es ihr nicht möglich den Ausdruck in seinen Augen zu deuten. Was Luciana wieder zu dem ‚kleinen‘ Missverständnis brachte, das ein verdammt unangenehm schlechtes Gewissen in ihr auslöste. Aber wer hätte schon ahnen können, dass der Professor so aufmerksam sein könnte, ihr Geld für das Taxi zu hinterlassen? Übrigens wäre eine kleine Nachricht dazu ebenfalls sehr hilfreich gewesen, mit einem kurzen Verweis auf seine Abwesenheit … nein, sich die Sache zurecht zu biegen und ihm mindestens die Hälfte an Mitschuld in die Schuhe zu schieben, schien nicht den gewünschten Effekt zu bringen, das schlechte Gewissen blieb. Dazu noch die neu erworbene Erkenntnis, dass sie anscheinend die Schwärmerei für Zuckerschnäuzchen hinter sich gelassen hatte und nun offenbar dazu übergegangen war, nur noch auf einen ganz bestimmten Typ Mann zu reagieren (der blasse, hakennasige Typ, in seinen Mitdreißigern mit Faible für viktorianischen Kleidungsstil, aufbrausendem Charakter und unkalkulierbarem Gemüt und einer Stimme, die sonst nur die C-Saite eines Cellos erzeugen konnte – Männer eben, die es wie Sand am Meer gab … alle sieben Jahre änderte sich halt der persönliche Geschmack, nichts Besonderes, kein Grund zur Sorge).       „Doktor Steinhardt“, Dumbledores Stimme, der sich mittlerweile ebenfalls gesetzt hatte, hallte laut durch den Raum und der Schulleiter wartete einen Moment ab, bis auch das letzte Gespräch am Tisch verstummt war, „hat mir eine Nachricht zukommen lassen und mich gebeten diese Sitzung einzuberufen“, in der Runde war das ein oder andere Gemurmel zu hören und dabei schien niemand sonderlich erfreut auf den Namen ihres Paten zu reagieren. Zumindest schien niemand einen persönlichen Greul gegen sie selbst zu hegen – an diesem Abend war sie schon dankbar für kleine Lichtblicke. „Ich muss zugeben, das hat die Neugierde in mir geweckt, also Luciana, was hat der Doktor so dringend mit dem Orden zu besprechen?“      Und schon war die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sie gerichtet. An diese Art von Rampenlicht würde sie sich übrigens nie gewöhnen - all die Augenpaare hinterließen bei ihr immer den Eindruck, sie sei als ganz besonders außergewöhnliche Kuriosität auf einem Jahrmarkt ausgestellt.      „Mein Pate hat die Information bekommen, dass der anonyme Besitzer der zweiten Mauritius sein Exemplar versteigern lässt“, Dumbledore machte ein erstauntes Gesicht, „und zwar nächste Woche Donnerstag, in dem Auktionshaus Sotheby. Die Öffentlichkeit wird morgen davon in den Zeitungen erfahren, mit den Informationen, wie die Auktion ablaufen wird.“      Am Tisch brach plötzlich ein lautes Stimmgewirr los, der Schulleiter musste gleich zweimal um Ruhe bitten.      „Das kann nur in einem Gemetzel enden“, knurrte Moody und fixierte die Runde mit gleich zwei seiner Augen (das eine magische setzte er üblicherweise ein, um seine gesamte Umgebung im Blick zu halten). „Ihr-wisst-schon-wer wird schneller davon erfahren, als wir Wachposten aufstellen können und der Horkrux wird in seine Hände fallen, bevor die Auktion auch nur begonnen hat.“ Die meisten Ordensmitglieder stimmten ihm nickend zu, Dumbledore schien unterdessen vollauf damit beschäftigt, seine grauen Zellen auf Hochleistung laufen zu lassen.      „Ein Gemetzel wird dem Schwarzen Führer wenig bringen“, sagte Luciana, „denn hier kommt der knifflige Teil: Aufgrund des offensichtlichen Interesses einer ‚Terrororganisation‘ an der Briefmarke, wird diese während der Auktion nicht zur Schau gestellt. Die Mauritius wird im Anschluss der Versteigerung dem Höchstbietenden per Kurier geliefert.“      „Die Muggel wissen aber nicht, dass ihr-wisst-schon-wer sehr effektive Zauber anwenden kann, um die Informationen über den Verbleib der Marke zu bekommen“, warf Shacklebolt ein.      „Die Nicht-Magier kennen aber Entführung und Folter oder das sicherste Mittel in solchen Fällen: Bestechung“, entgegnete sie. „Dementsprechend wird niemand im Auktionshaus darüber informiert, wo sich die Marke befindet oder wer der Besitzer ist. Wo kein Wissen ist, kann es auch nicht zu Zwischenfällen kommen.“      „Der Dunkle Lord wird zweifellos ein paar seiner Anhänger vor Ort haben und abwarten, bis er den Namen der Person hat, die die Marke ersteigern wird“, sagte Snape und jeder am Tisch wusste, dass er mit den meisten Vermutungen, was die zukünftigen Schritte von Voldemort anbelangte, Recht behielt – so zumindest die Erfahrung.      „Ja, davon geht mein Pate auch aus. Deswegen wird er selbst vor Ort sein und an der Versteigerung teilnehmen, um die Mauritius zu kaufen.“      Wieder ertönten mindestens ein halbes Dutzend Stimmen, von „Dann gibt es auf jeden Fall ein Gemetzel“ bis hin zu „Woher will er wissen, dass die Gebote nicht zu hoch gehen“ war alles dabei.      „Das Startgebot liegt bei achtzigtausend Pfund“, rief Luciana dazwischen und bekam so das Durcheinandergerede eingedämmt, „und über zu hohe Gebote scheint er sich keine Sorgen zu machen.“      „Wir sollten trotzdem Posten vor und in dem Auktionshaus stellen, besser auf Nummer sicher gehen“, warf Black ein.      „Soweit ich auf dem neusten Stand bin, weiß der Schwarze Führer noch immer nichts von der Zusammenarbeit des Ordens mit der UOWV?“ Diese Frage richtete Luciana direkt an Snape. Dieser nickte zur Bestätigung. „Demnach weiß er auch nicht, ob der Orden überhaupt herausbekommen hat, dass Horkruxe von ihm existieren, eine Suche stattfindet und hier irgendwer mit der Mission im Palast zu tun hatte?“      „Der Dunkle Lord ist derweil sehr gefestigt in der Meinung, dass die Vorkommnisse im Palast die alleinige Handschrift von Steinhardt trägt“, sagte Snape, wobei seine Mimik noch weniger lesbar war als sonst – das war übrigens der Regelfall, wenn er von dem ‚Dunklen Lord‘ sprach.      „Dann sollten wir ihn weiterhin in diesem Unwissen lassen und niemanden bei der Auktion postieren, meine ich“, bemerkte Dumbledore und schlürfte an seinem Tee.      „Professor Dumbledore“, der Schulleiter sah zu Luciana herüber, „ich soll noch fragen, ob Sie mittlerweile herausbekommen haben, wie man einen Horkrux zerstört?“      „Es gibt gegenwärtig die eine oder andere Vermutung, Luciana“, sagte Dumbledore wage. „Aber das lässt sich selbstverständlich erst mit Bestimmtheit sagen, wenn wir einen davon in den Händen halten.“      „Mein Pate bittet in diesem Fall um eine Woche Zeit, um den Horkrux von unserer Magieforschungsabteilung untersuchen zu lassen.“      Und wieder kommentierte die Meute drauf los, dieses Mal waren äußerst unhöfliche Bemerkungen darunter. Dumbledore hob seine Hand, darauf trat wieder Stille ein.      „Nun, ich denke die genaue Herangehensweise werden wir besprechen, sobald wir auch sichergestellt haben, ob es sich bei der Blauen Mauritius wirklich um den Horkrux von Tom Riddle handelt.“      „Ich denke damit wird Gabriel sich schon irgendwie zufrieden geben“, sagte Luciana und erwähnte dabei nicht, dass sie kaum davon ausging, Gabriel würde dem Orden eine Wahl lassen. Immerhin hatte er vor die Briefmarke zu ersteigern, demzufolge würde er sie auch als erstes in die Finger bekommen.      „Schön“, schloss der Schulleiter und schaute offen in die Runde. „Da diese Angelegenheit geklärt scheint, haben wir noch weitere Dinge zu besprechen?“      Shacklebolt nahm das Wort an sich. „Die französische Abteilung für Strafverfolgung hat heute Morgen Kontakt mit uns aufgenommen. Offenbar haben sie Lucius Malfoys Spur ganz verloren.“ Ein enttäuschtes Raunen ging um den Tisch, Luciana wurde hellhörig.      „Die Kobolde haben auch nichts Neues gehört“, warf Bill ein und sie bereute gerade zutiefst, anstatt die Protokolle von Rennoc gelesen zu haben, vor ihrer neuen Nintendo Konsole versackt zu sein (zu ihrer Verteidigung: japanischer Import in 3D).      „Also haben wir immer noch keine Ahnung was Malfoy da treibt? Kobolde anheuern, Verhandlungen mit den Riesen, wer weiß, am Ende hat er sich doch nur abgesetzt und der Knabe ist doch nicht so deppert wie es den Anschein gemacht hat?“ Dieser Kommentar kam von Hestia Jones, eine, ansonsten sehr stille, schwarzhaarige Hexe, die in diesem Moment einen eher gefrusteten Eindruck machte.      „Luciana, hast du uns etwas zu sagen?“ Wie, was? Dumbledore hatte sie mal wieder ins Auge genommen, inklusive durchdringendem Blick über die Halbmondbrille. Verdammt, hatte sie in der letzten Minute mal wieder ihre Gesichtskirmes nicht unter Kontrolle gehabt?      „Mmmh“, machte sie um Zeit zu gewinnen und sich eine glaubwürdige Quelle aus dem Hintern zu ziehen, die nichts mit Hobbybeschattung auf eigene Faust gemein hatte, „also ehm … vielleicht ist Malfoy ja in … ehm, Belgien?“      „Das ist keine Rätselrunde“, knurrte Moody. „Raten wird uns nicht weiter bringen.“      „Ja also vielleicht hat das wer gesagt, der das nicht raten musste, weil die Person das ziemlich genau weiß?“      „Hat Lucius Kontakt mit seinem Vater aufgenommen?“, fragte Remus und lehnte sich ein Stück nach vorne, um Luciana besser anzuvisieren. Hätte sie doch mal die Klappe gehalten.      „Okay, nein“, sagte sie und erhob ergebend beide Arme, „das hat nichts mit der UOWV zu tun – ich war vor kurzem unterwegs in der Winkelgasse und bin über Draco und seine Mutter gestolpert“, dieses Mal traf sie ein scharfer Blick von Snape, „ehm und dieser … ehm Bellatrix“, vervollständigte sie ihre Aufzählung und ihr Tränkeprofessor nickte ihr kaum merkbar zu – währenddessen sah Mrs Weasley mal wieder danach aus, kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen, daher beeilte sie sich, weiter zu sprechen. „Die drei haben mich gar nicht bemerkt, jedenfalls habe ich gehört, dass Mrs Malfoy meinte, ihr Mann sei in Belgien und diese Bellatrix sagte, auf Befehl vom Schwarzen Führer.“      „Potz Blitz!“, kam es von dem alten Doge, der es irgendwie vollbrachte, durch die vielen lauten Stimmen am Tisch zu ihr durchzudringen (natürlich fühlte sich mal wieder jeder genötigt, diese neue Information gleich mit seinen Sitznachbarn zu besprechen). „Hast du noch etwas hören können?“ Und schon war es wieder mucksmäuschenstill.      „Ehm“, Luciana kniff ihre Augen zusammen und versuchte sich krampfhaft an die paar Worte zu erinnern, die sie mit angehört hatte. Was sich als ziemlich schwierig gestaltete, immerhin hatte sie keine fünf Minuten später eine offene Kopfwunde davon getragen und dieser Zeitraum war noch immer sehr lückenhaft in ihrem Gedächtnis.      „Das sind mehr Auskünfte, als Snape uns in den gesamten letzten Wochen eingebracht hat“, kommentierte Black mit schadenfrohem Grinsen und lehnte sich ein Stück nach vorne, um eine noch bessere Sicht auf Snape zu bekommen. „Scheint dein Dunkler Lord frisst dir nicht mehr aus der Hand, was Schniefelus?“      „Taschenuhr!“, rief Luciana plötzlich und hatte damit anscheinend den nächsten Zickenkrieg im Keim erstickt. „Mrs Malfoy sagte, er sei auf der Suche nach einer Taschenuhr!“      Die meisten Personen dieser Runde schienen mit dieser Information genauso wenig anfangen zu können wie sie selbst, nur Doge und Dumbledore hatten ihre Köpfe zusammen gesteckt (Snape, der auf dem Platz zwischen den beiden saß, rückte gerade ein Stück weit zurück, da die beiden alten Männer offenbar keine zwei Pfennige auf persönlichen Raum gaben). Dann, nach einigen Minuten und einer Geräuschkulisse, die einer Mittelschulklasse in der fünf Minuten Pause gleich kam, trennte sich der Schulleiter wieder von seinem Gesprächspartner und lächelte zufrieden in die Runde.      „Elphias und ich sind übereingekommen, noch heute Abend einen alten Schulkameraden aufzusuchen, denn wir haben eine Idee, worum es sich bei der Taschenuhr handeln könnte. Ich wünsche euch allen einen erfreulichen Abend und bis zum nächsten Mal.“ Niemand am Tisch machte sich die Mühe bei dieser Ankündigung und abrupten Beenden der Sitzung (Nummer siebenundfünfzig, wie Luciana gerade mit einem Blick auf ihrem Protokoll feststellen musste, zumindest mit Anwesenheit eines UOWV Vermittlungspostens) weiter nachzuhaken – bei den vergangenen Ordenssitzungen war genügen Zeit und Energie für die vergeblichen Versuche draufgegangen, dem Gründer dieser Widerstandsorganisation die Details seiner Pläne hervor zu locken. Wenn Dumbledore etwas zu sagen hatte, dann würde er dies tun, wenn nicht, eben nicht. So einfach und frustrierend war das.      „Oh, Luciana“, sagte Dumbledore und erhob sich von seinem Stuhl. „Kommst du bitte zu mir?“ Sie schluckte, bemerkte mit einem Seitenblick nach links und rechts, dass ihre Sitznachbarn schon alle aufgesprungen waren, steckte sich ihre Unterlagen in die Tasche und machte sich, mit mulmigem Gefühl, auf den Weg zum Schulleiter. Snape, der nur einen Schritt von Dumbledore entfernt stand, beäugte sie mit einem leicht schadenfreudigen Halbgrinsen, denn auch er schien wie sie, genau zu ahnen was der alte Zauberer mit ihr zu besprechen hatte.      „Ja, Professor Dumbledore?“, fragte Luciana und kaute sich unbewusst auf der Innenseite ihrer Unterlippe herum.      „Richte deinem Paten bitte herzlichen Dank für seine Mühen aus“, sie atmete aus und nickte schnell zur Bestätigung. „Und sollte sich noch einmal die Gelegenheit ergeben, das ein oder andere Gespräch von Todessern oder ähnlich gefährlichen Zeitgenossen zu belauschen“, und schon stockte ihr der Atem, zu früh gefreut, „dann bitte ich dich inständig die Lauscher auf Durchzug zu stellen und dich in Sicherheit zu bringen und vor allem nicht auf den Gedanken zu kommen, diesen Leuten zu folgen.“ Ein kurzer Seitenblick auf Snape offenbarte ihr einen sehr selbstgefälligen Gesichtsausdruck. „Es ist ein sehr großes Glück, dass dir nichts geschehen ist“, Snape machte den Eindruck, bei der Bemerkung beinahe platzen zu müssen, so sehr schien es ihn anzustrengen keinen Kommentar einzuwerfen (ein kleiner Lichtblick: Der Professor stand schräg hinter dem Schulleiter, dementsprechend bekam dieser, erfreulicherweise, nichts von Snapes Mimikschauspiel mit), „denn diese Bellatrix ist wirklich und wahrhaftig zu allem fähig.“      „Ich versuche mich in Zukunft fernzuhalten, versprochen“, sagte Luciana und blieb den schier endlosen Moment, den Dumbledore sie durchdringend anschaute, standhaft. Kurz darauf veränderte sich seine Miene und übrig blieb der alte, etwas ulkige Kauz mit freundlichem Lächeln. Nebenbei bemerkt, diese Transformation war jedes Mal aufs Neue verdammt gruselig.      „Genieße deine letzten Ferienwochen, die lästigen Pflichten holen dich früh genug ein.“       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)