~ Love at third sight ~ von Nea-chan (Mit dem Herz gegen alle Regeln) ================================================================================ Kapitel 61: Day 1.2 - Stress and Games -------------------------------------- Yosukes Welt stand plötzlich Kopf. Bis zu diesem Augenblick hätte er vor jedem abgestritten, dass seine Gefühle für Momoko mehr waren als das, für das er sie selbst hielt. Doch Kazuyas kleiner Trick hatte ihm eine Reaktion entlockt, die er nicht von sich erwartet hatte. Das kann ich nicht! war geradezu aus ihm herausgeplatzt; es war eine spontane Reaktion, die er in der Millisekunde zuvor nicht in seinem Kopf durchdacht hatte. Sein Herz hatte für ihn gesprochen – und das ziemlich eindeutig. Seine ständig brennende Sehnsucht nach Momoko hatte er bisher auf die sexuelle Anziehung zwischen ihnen geschoben und darauf, dass ihm die Gespräche und das Beisammensein mit ihr so gut taten. Natürlich wusste er, wenn er ehrlich zu sich war, dass es da im Zusammenhang mit ihr noch eine ganze Menge mehr gab, was ihn beschäftigte… aber war das schon Verliebtsein? Er hatte es in den letzten zwei Jahren nicht geschafft, ernsthaft romantische Gefühle für Hiromi zu entwickeln - wie und wann sollte es da passiert sein, dass er sich in nicht mal drei Monaten unbemerkt in Momoko verliebt hatte? Der Kopf schwirrte ihm; das war doch nicht möglich! „Huhu! Kazuya!“ Yosuke und sein Freund schreckten hoch, als Yuris Stimme über den Strand schallte. Sie kam daher geschwebt wie ein Model aus dem aktuellsten Sommerkatalog, mit ihrem großen Hut, der Sonnenbrille und dem dünnen, weißen, im Wind flatternden Bolero, den sie über ihren königsblauen Badeau-Bikini gezogen hatte. Um die nahezu perfekten Hüften bauschte sich ein fast durchsichtig weißes Strandtuch, mit blauem Blumenmuster darauf, im Wind auf, während ihre braunen Locken immer noch als Seitenzopf nach vorn drapiert über ihre Schulter hingen. Kazuyas Augen fingen sofort freudvoll an zu leuchten, als er sie auf sich zukommen sah. Ein warmes, ehrliches Strahlen breitete sich dabei in seinem Gesicht aus und auch der Rest seines Körpers reagierte auf das Auftauchen seiner Freundin. Glück und Liebe strahlte aus jeder seiner Zellen und Yuri war dieselbe, ganz natürlich wirkende Reaktion anzusehen. „Das sieht ja richtig einladend hier aus! War das nicht anstrengend, das alles alleine aufzubauen?“ „Ach was, für euch haben wir das doch gern gemacht.“ Euch - Yosuke, der emotional noch ganz durcheinander nach seinem abrupt beendeten Gedankengang war, bemerkte durch sein fasziniertes Beobachten, dieser hollywoodreifen Szene, erst jetzt, einige Sekunden später, dass Momoko ihrer Freundin mit etwas Verzögerung durch den Sand gefolgt war. Als ihr scheuer Blick ihn traf, setzte sein Herz einen Schlag lang aus. Reflexartig fuhr er herum, weg von ihr. »Shit!«, dachte er bei sich, denn dümmer hätte er nicht reagieren können. Dank seinem rasenden Puls schoss ihm zu allem übel auch noch zusätzlich das Blut in die Wangen. Er wollte sich nicht ausmalen, was Momoko jetzt wohl von ihm dachte. Wahrscheinlich wunderte sie sich über ihn oder fühlte sich sogar gekränkt, dabei hatte er nicht mal gesehen, ob sie ihn eigentlich angelächelt hatte, was für einen Bikini sie trug und ob sie gut darin aussah. Sein Gesicht brannte heiß und das lag nicht nur an der Sonne. Rot geworden, wie ein alberner Teenager, saß er unruhig auf seinem Stuhl, die verwunderten Blicke seiner Freunde und ihr auf sich spürend. Die Sekunden wurden unerträglich lang. „Mann, ist das heiß! Ich geh’ kurz ins Wasser!“ Yosuke war schon aufgesprungen und auf halben Weg zum Ufer, als er seinen hektischen Entschluss verkündete. Das Meer brach sich an seinen Beinen und spritzte in alle Richtungen, während er im ungebremsten Laufschritt so tief hineinrannte, dass es für einen sportlichen Kopfsprung ausreichte. Trotz der bereits hochsommerlichen Temperaturen war das Wasser der Pazifischen See noch ziemlich kalt, sodass sich der überhitzte Sportler ordentlich schüttelte, als er wieder auftauchte. Mit beiden Händen strich er sich das triefnasse Haar aus dem Gesicht und blinzelte gegen das brennende Salz in seinen Augen an. Yosuke vermied vorerst den Blick zurück zum Strand, denn was er jetzt brauchte waren ein paar Minuten allein im kalten Nass, um sich wieder zu sammeln. Momoko hätte einfach zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt auf der Bildfläche erscheinen können. Yuri starrte dem Dunkelhaarigen verwirrt hinterher, der sich so plötzlich, ohne sie oder Momoko zu begrüßen, aus dem Staub gemacht hatte. „Was ist denn mit Yosuke los?“, fragte sie an ihren Freund gewandt, der sie an ihrer Schulter in einer liebevollen Geste zu sich herangezogen hatte. „Hast du doch gehört, ihm war heiß.“, antwortete Kazuya unschuldig und zuckte leichthin mit den Schultern. Sein nachdenklicher Blick hinaus zu seinem schwimmenden Freund, verriet Yuri aber trotzdem, dass das nicht die ganze Wahrheit war. Sie drehte sich zu Momoko um, die wie angewurzelt hinter ihr stand und irgendwie beschämt und unsicher wirkte. Die Rosahaarige trug ihr volles Haar komplett offen. Es wehte in geschmeidigen Bewegungen um ihren schlanken Oberkörper herum und verhüllte dabei zum Teil den hellen, türkisfarbenen Bügelbikini, der ihre Brust auf eine niveauvolle Art vorteilhaft betonte. Auf der rechten Seite des Oberteils war eine weiße Hibiskusblüte aufgestickt. Im Gegensatz dazu saß diese bei dem dazugehörigen Bikini-Slip links vorn und noch mal hinten. Das leuchtende Türkis passte hervorragend zu Momokos himmelblauen Augen und bildete einen harmonischen Kontrast zu ihrer Haarfarbe. Es war nicht verwunderlich, dass Yuri es gewesen war, die dieses Modell für sie aus der mitgebrachten Auswahl ausgesucht hatte. „Los, sag etwas Nettes zu ihr.“, flüsterte Yuri, Kazuyas Hand drückend. Der Blonde riss sich von seinen ernsten Gedanken los und begriff schnell, was seine Freundin von ihm wollte. „Wow, du siehst ja auch richtig umwerfend aus, Momoko!“ Die junge Frau schaute perplex zu ihm auf und errötete. „D-Danke.“, stammelte sie und schob sich nervös das Haar hinter die Ohren. „Yuri fand, dass mir die Farbe steht.“ Das kleine Ablenkungsmanöver funktionierte. „Und sie hat Recht damit. Aber du würdest sicher auch in jedem anderen Bikini eine gute Figur machen.“ Seine Freundin trat ihm unauffällig auf den Fuß. Ein kurzer, scharfer Blick über die Sonnenbrille verriet, dass er es ja nicht gleich mit seinen Komplimenten übertreiben brauchte. Kazuya lächelte entschuldigend. „Na, ich weiß ja nicht… Yuri kann doch niemand toppen.“, witzelte Momoko amüsiert. Auf die Neckerei anspringend setzte die Dunkelhaarige ihre Brille ab und grinste ihre Freundin aus funkelnd grünen Augen an. „Da könntest du vielleicht Recht haben.“, antwortete sie und glitt mit betont eleganten Bewegungen auf den Liegestuhl, auf dem zuvor noch Kazuya gesessen hatte. „Ich habe eben sehr gute Gene.“ Momoko schüttelte den Kopf, lachte leise und ging an ihr vorüber zu den Stühlen links von ihnen. Sie wollte sichergehen, dass sie so weit wie möglich von Yosuke und seiner Klette entfernt saß, wenn dieser sich entschließen sollte, wieder aus dem Wasser zu kommen. Die Sonne prickelte heiß auf ihrer Haut und blendete ihre empfindlichen Augen, wenn sie auf die bewegte Wasseroberfläche schaute, die das Licht wie ein Spiegel reflektierte. Sie versuchte nicht bewusst nach Yosuke Ausschau zu halten, tat es aber trotzdem. Mit fürchterlich nervösem Herzklopfen war sie mit Yuri zum Strand aufgebrochen und wie sehr hatte sich das noch verstärkt, nachdem sie ihn und Kazuya in der Ferne entdeckt hatten. Nachdem die erste Begrüßung in großer Runde gut und ohne peinliche Momente über die Bühne gegangen war, hatte sie inständig gehofft, dass auch das rein freundschaftliche Zusammensein am Strand für sie beide kein Problem werden würde. Und dann war Yosuke plötzlich, wie von etwas gebissen, aufgesprungen und geflüchtet, kaum dass er sie gesehen hatte. »Blödmann!«, dachte Momoko eingeschnappt. Was war denn da nur in ihn gefahren? Hätte sie nicht diejenige sein müssen, die durchdreht? Er war zwar schnell weg, aber sein wie immer gut durchtrainierter Oberkörper, die goldene Sonnenbräune seiner Haut und die strammen Fußballerbeine, die aus seiner dunkelgrünen Badeshorts ragten, waren ihr trotzdem nicht entgangen. Sie kannte diesen Anblick gut, aber das machte es ihr keineswegs einfacher. Damit so direkt konfrontiert zu werden, ohne rot anzulaufen, grenzte schon an eine Meisterleistung der Selbstbeherrschung. Yosukes Blick hatte sie so verschwindend kurz gestreift, dass es wohl kaum an ihr gelegen haben konnte, dass er sich auf ein Mal so komisch verhalten hatte. Oder doch? Wirkte sie in ihrem Bikini etwa pummelig? Fand er ihn unpassend? Zu peinlich? Zu knapp? Zu kitschig vielleicht? Sie gab das Grübeln seufzend auf. Momoko hatte nicht von ihm erwartet, dass er sie mit Blicken auszog oder mit Komplimenten überschütten würde, aber hätte er sie der Höflichkeit halber nicht wenigstens ein Mal kurz grüßen können? Jetzt fühlte sie sich unwohl in ihrer Haut und außerdem ängstlich, denn die anderen würden auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wenn sie erstmal angekommen wären, konnte jedes seltsame Verhalten verdächtig wirken. Sie schaute zu Yuri und Kazuya, die es sich neben ihr fürs erste gemütlich gemacht hatten und mit geschlossenen Augen und ausgestreckten Körpern in der Sonne brutzelten. Unschlüssig, was sie tun oder wie sie reagieren sollte, wenn Yosuke wieder aus dem Wasser kam, zog Momoko ihre Knie an und beobachtete weiter heimlich seinen Kopf, der immer wieder unter Wasser verschwand und andernorts wieder auftauchte. »Blödmann, Blödmann, Blödmann!« Mit grimmiger Entschlossenheit rutschte sie nach einigen Minuten von ihrem Liegestuhl und lief mit verschränkten Armen dem Ufer entgegen. Sie blieb erst stehen, als die Wellen ihre Füße umspülten und im Sand versinken ließen. Passend zu ihrer Stimmung riss der Wind wütend an ihren Haaren und peitschte sie um ihren Körper herum. »Sieh gefälligst her!«, rief sie Yosuke in Gedanken zu. Mit hypnotisierendem Blick fixierte sie den Schwimmenden und wartete darauf, dass er ihren Blick irgendwann erwidern würde, bevor ihre sonnenbadenden Freunde es merkwürdig fanden, dass sie unbewegt zum Meer hinausstarrte. Yosukes Puls hatte sich wieder normalisiert und sein Körper an das kühle Wasser gewöhnt. Die Bewegung half ihm den Kopf frei zu bekommen, ganz ähnlich wie Fußball es immer tat. Seine Gedanken und Gefühle hatten sich allmählich geordnet. Viel schlauer als vorher war er allerdings nicht. Er warf einen flüchtigen Blick zum Strand und sah dort Momoko stehen, die er erst jetzt, und in sicherer Entfernung, genauer betrachtete. Ihrer Haltung nach zu urteilen war sie entweder eingeschnappt oder beunruhigt, aber das änderte nichts daran, dass sie unvergleichlich gut aussah. Ihm gefiel, wie der Wind mit ihren langen Haaren spielte und wie ihre blauen Augen Funken in seine Richtung sprühten. Yosuke hatte kein Auge für Mode, aber er mochte außerdem die Farbe ihrer Schwimmsachen und was sie mit ihrem Teint anstellte. Und was der Bikini verhüllte und nicht verhüllte, war auch nicht zu verachten… Herrgott! Und wieder tauchte er ab. Wenn ihn schon Oberflächlichkeiten wie ihr Aussehen so durcheinander brachten, woher sollte er dann wissen, ob etwas dran war, dass er sich möglicher Weise in sie verliebt hatte? Er hatte Momoko fest versprochen, dass sie diesen Urlaub nur als Freunde bestreiten würden und nun musste er sich nicht nur mit der körperlichen Komponente zwischen ihnen herumschlagen, sondern auch noch mit der Analyse seiner Gefühle. So hatte er sich die nächsten drei Tage eigentlich nicht vorgestellt. Momoko schaute immer noch zu ihm herüber. Langsam wurde ihm klar, dass sie auf ihn wartete. Nicht direkt auf ihn, sondern auf ein Zeichen, ob alles ok war. Seine Reaktion vorhin musste sie ganz schön verwirrt haben und sie hatte hier keinerlei Möglichkeit, ihn offen nach dem Grund zu fragen. Gut so, denn den konnte er ihr ohnehin nicht verraten. Yosuke drängte Kazuyas Worte und sein Gefühlswirrwarr in die hinterste Ecke seines Bewusstseins; er wollte sich nicht davon in seinem Umgang mit der Rosahaarigen beeinflussen lassen. Dafür hatte er sich zu sehr auf diese Zeit mit ihr und seinen Freunden gefreut! Es standen ihm jetzt sowieso nur zwei Möglichkeiten zu Auswahl: Entweder blieb er grübelnd im Wasser, bis ihm Schwimmhäute wuchsen, oder er versuchte gelassener an die ganze Geschichte heranzugehen und überwand seine Hemmungen, Momoko unter die Augen zu treten. Antworten auf all die Fragen in seinem Kopf würden sich vielleicht noch von ganz allein ergeben, wenn er es einfach auf sich zukommen ließ. Tief durchatmend setzte er zum Kraulschwimmen in Richtung Ufer an. Als sie Yosuke auf sich zu schwimmen sah lockerte Momoko ihre Haltung. Er tauchte aus den Fluten auf und verzog keine Miene, während er sich lässig wieder auf die Füße stellte und sich die nassen Haare nach hinten strich. „Na, abgekühlt?“, provozierte sie ihn ein wenig angespannt. Ein Wimperschlag lang ruhte sein Blick ernst auf ihr, doch dann hoben sich seine Mundwinkel zu seinem üblich schelmischen Lächeln an. „Und wie! Komm doch auch rein.“, antwortete er ihr herausfordernd. Schnaubend legte sie ihre Stirn in tiefe Falten. Sah er ihr denn nicht an, dass sie gestresst war? Dass sie eine Erklärung für sein vorheriges Verhalten wollte oder wenigstens ein Zeichen, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war und er sich wieder gefangen hatte? „Ich warte lieber auf den Rest unserer Gruppe. Hiromi und Takuro sollten ja jeden Moment kommen.“ Dieser Zaunpfahl konnte unmöglich unbemerkt an dem Dunkelhaarigen vorübergeflogen sein. Tatsächlich fixierten seine Augen sie daraufhin mit einem verstehenden Ausdruck, ehe sein Mund sich zu einem neuen, heimtückischen Lächeln verzog. „Du bist doch nicht etwa Wasserscheu?“ „Bitte?“ Die junge Frau hatte seinen plötzlichen Stimmungswechsel noch nicht ganz realisiert, da holte Yosuke schon blitzschnell mit seiner zur Schaufel geformten Hand aus, tauchte diese ins Wasser und ließ sie wieder hochschnellen. Momokos laut gellender Aufschrei hallte über den Strand und riss Kazuya und Yuri fast von ihren Stühlen. Mit aufgerissenen Augen beobachteten sie ihre Freundin, die sich wütend schüttelnd vor Yosuke aufbäumte, der lachend in Deckung ging. „Yosuke, du hinterhältiger Schuft!“, schrie sie ihn an und machte Anstalten, ihm nachzujagen. Der flinke Fußballspieler zog sich Schutz suchend zurück in tiefere Gewässer, während er eine Salve Salzwasser nach der anderen Momoko entgegenschmetterte, die sich kreischend und mit vorgehaltenen Händen davor zu schützen versuchte. „Na warte! Das bekommst du alles zurück!“, drohte sie japsend. „Versuch’s doch, Pfirsichtörtchen! Dazu müsstest du dich erstmal ins Wasser trauen und mich fangen!“ Weiter als bis zu den Knien hatte sich die Hobbyfotografin noch nicht ins kalte Nass vorangetraut, aber Yosuke hing schon in lässiger Rückenlage in den Wellen und ließ sich treiben. Weit weg von ihr und sicher, dass sie ihm nicht so schnell folgen würde. „Komm du doch her, wenn du dich traust! Wer von uns beiden ist hier wohl feige, hä?“ Yuri und ihr Freund beobachteten die beiden immer noch mit ungläubigen Gesichtern. Nach einer Weile warfen sie sich heimlich amüsierte Blicke zu. Es war erleichternd zu sehen, dass sich die seltsame Stimmung von vorhin ganz von selbst aufgelöst zu haben schien. Hinagiku war die nächste, die sich zu ihnen an den Strand gesellte. Mit Sonnencreme im Gepäck, starrte sie erstaunt über Kazuyas und Yuris Schultern hinweg auf die zwei vermeintlichen Raufbolde, die inzwischen wie spielende Äffchen miteinander verschlungen waren und versuchten, sich unter viel Zeter und Mordio gegenseitig unter Wasser zu tauchen. „Na bei denen geht’s ja ab.“ Yuri, die ihre grünhaarige Freundin erst jetzt bemerkte, drehte ihren Kopf zu ihr herum. „Ach, bist du auch schon da?“, zog sie Hinagiku auf. Unbeeindruckt hob diese die zwei mitgebrachten Flaschen Sonnenmilch in die Höhe. „Beschwer dich nich’, schließlich habe ich als einzige noch dran gedacht, dass wir unsere Luxushaut vor der Sonne schützen sollten.“ Sie warf Kazuya, der verstohlen grinste, ohne Vorwarnung eine Flasche in den Schoß. „Hier, damit kannst du deine Freundin einreiben, falls sie nett Bitte sagt.“, erklärte sie mit einem Augenzwinkern. „Haaallooo~! Huuu-huuu~!“, plärrte es schrill über ihre Köpfe hinweg. Mit nervös zuckendem Auge drehte sich Hinagiku um. Yuri und Kazuya richteten sich ebenfalls auf, um dem Ruf mit Blicken zu folgen, und auch Yosuke und Momoko sprangen im Wasser aufgeschreckt auseinander. Es war Hiromi, die wie wild mit einem Arm hoch in der Luft winkte und sich mit dem anderen freudestrahlend bei Takuro untergehakt hatte. Der schlaksige junge Mann hatte sichtlich Mühe, unter ihrem wilden Rumgehampel nicht ins Straucheln zu geraten. Verkrampft trug er dabei zwei große Wassermelonen vor sich her und eine zusammengerollte Plane über seine linke Schulter. In einer Armbeuge brachte er noch zwei lange Bambusstäbe mit. „Wir sind da-haaa~“, tönte die aufgedrehte Lilahaarige ein weiteres Mal. Mindestens zwei Frauen unterdrückten ein genervtes Stöhnen. Endlich ließ Hiromi von Takuro ab und hüpfte wie ein junges Reh durch den Sand auf sie alle zu. „Yoyo-Maus, warum hast du denn nicht auf mich gewartet?“ Ohne die anderen zu beachten, rannte sie an ihnen vorbei und schnurstracks auf ihren Freund zu, dem sie überrumpelnd an den Hals fiel. „Iiih! Du bist ja ganz kalt und nass!“, kreischte sie entsetzt und hechtete einen Satz zurück. Momoko rollte heimlich mit den Augen und zog sich auf ihren Liegestuhl zurück, wo sie sich erst einmal abtrocknete. Hiromi hatte es geschafft, mal wieder alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und einen unbeschwerten Moment zu stören. Wirklich alle Blicke hafteten jetzt auf dem sehr speziellen Persönchen, aber das lag nicht allein an ihrem lautstarken Auftritt. Der tiefrote Bikini, mit dem sie zuvor so verschwörerisch angegeben hatte, verhüllte nur mit Mühe die vorgesehenen Bereiche. Ihr Triangel-Top, das in ihrem Nacken und im Rücken zugeknotet war, war so knapp, dass ihre überraschend üppigen Brüste so stark gepusht wurden, dass die anderen mit vor Scharm geröteten Wangen befürchteten, sie könnten ihr bei der kleinsten Bewegung aus den dreieckigen Cups herausspringen. Aber trotz ihres Gezappels blieb alles an seinem Platz. Um ihre Hüften sah es allerdings kaum anständiger aus: Je zwei dünne Schnüre, die rechts und links an ihren Hüftknochen zu Schleifchen verknotet waren, hielten abermals dreieckig geformten Stoff, der dürftig einen Teil ihres Pos und zumindest den Scharmbereich abdeckte. Und als ob das noch nicht ausreichte, um sich jede Aufmerksamkeit zu sichern, wölbte sich knapp über dem Scharmbein ihr Bauch zu einer zarten, dennoch auffallenden Rundung. Wer Hiromi nicht kannte oder nicht über ihren Umstand Bescheid wusste, würde es wahrscheinlich gar nicht bemerken und nur als kleinen Rettungsring werten, doch alle Anwesenden wussten es besser. Über den Anblick der jungen Frau verlegen und schockiert zugleich, vergaßen sie glatt Takuro, der sich nun ächzend und verschwitzt bei ihnen einfand. „Entschuldigt bitte, dass ich erst jetzt komme, aber es war gar nicht so einfach, zwei gekühlte, unangeschnittene Melonen zu bekommen.“, erklärte er japsend. Hinagiku, die als einzige in seiner Nähe stand, streckte ihre Arme nach einer der Früchte aus. „Komm, ich nehm’ dir eine ab.“ Takuro drehte sich abrupt mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck weg. „Nein danke, ich komme schon zurrecht.“ Die junge Frau schnaubte beleidigt und stemmte die Hände in die Hüften. Stellte er sich jetzt etwa wirklich bockig, weil sie seinen Plan, mit Momoko ein Zimmer zu teilen, vereitelt hatte? Schnurstracks lief er an ihr vorbei, ohne sie einen weiteren Blickes zu würdigen, und legte die Melonen und die Plane schließlich in der Mitte vor ihren Liegestühlen im Sand ab. Nach Luft schnappend und auf die beiden Stäbe gestützt, baute er sich über seinen Mitbringseln auf und warf einen Blick in die aufmerksame Runde. „Ich habe mir gedacht, zu einem richtigen Strandurlaub mit Freunden gehört ein standesgemäßes Eröffnungsritual. Da die Meisten von uns zu jung sind, um mit Alkohol anzustoßen oder sich in anderen Umständen befinden, die das ausschließen…“ Er warf dabei einen Blick auf Hiromi und Yosuke, der ihn für diesen Seitenhieb finster anschaute. „…dachte ich an eine Runde Suikawari. Was gibt es bei diesem Wetter schließlich Besseres, als kalte Wassermelone?“ Alle Mädchen außer Hinagiku klatschten begeistert in die Hände. „Das ist eine fabelhafte Idee!“, lobte Yuri. Sie stand von ihrem Stuhl auf und gesellte sich zu ihm. Kazuya und Momoko folgten ihr, sodass sie nun alle um die beiden Melonen herumstanden. „Und wer von uns soll spielen?“, fragte Kazuya ehrlich interessiert. „Yosuke! Yosuke soll eine zerschlagen!“, schlug Hiromi überschwänglich vor, doch ihr Freund machte nicht unbedingt den Eindruck, als wäre er scharf auf dieses Kinderspiel. „Ich finde, Kazuya sollte das machen!“, widersprach Yuri energisch und zog ihren Freund zu sich heran, der sich jetzt ebenfalls etwas überfallen und genötigt fühlte. Takuro hob beide Hände und winkte energisch ab, bevor noch mehr Stimmen laut wurden. „Ich habe mir eigentlich gedacht, wir könnten ein kleines Match daraus machen. Jungs gegen Mädchen. Jede Gruppe wählt ihren Vertreter und die Mannschaft, die zuerst eine Melone zerschlägt, gewinnt.“ „Dann mach’ ich das! Ich trete für die Mädels an.“ Hinagiku drängte sich zwischen sie und funkelte Takuro wild entschlossen an. Er starrte widerspenstig zurück. Erst jetzt musterte er ihre Gestalt genauer. Sie war schlank wie eh und je und hatte einen festen, gut trainierten Köper. Obwohl sie ein bisschen größer als Momoko war und durch ihre sportliche Figur weniger zart erschien, tat das ihrer femininen Erscheinung keinen Abbruch. Selbstbewusst drückte sie ihr schmales Kreuz durch und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Weder das schwarze, sportlich angehauchte Neckholder-Oberteil, noch die dazu passende, kurze, an den Seiten eingeschnittene Schwimmshorts konnten ihre weiblichen Rundungen verstecken. Sie war in den letzten Jahren sehr erwachsen geworden. Takuros Ohren wurden für einen Moment lang heiß bei diesem Gedanken, denn wenn er Hinagiku genauer musterte, hatte sie von den anwesenden Mädchen wahrscheinlich sogar die beste Figur. Er räusperte sich und verfiel zurück in seine ablehnende Haltung. „Von mir aus, wenn die anderen Mädchen nichts dagegen haben?“, entgegnete er kühl. Hinagiku warf allen einen Blick zu, der keinen Einspruch duldete. Momoko und Yuri schüttelten daraufhin heftig mit den Köpfen. „Nicht doch, soll sie ruhig machen!“, erklärte Momoko hastig. „Sehr gut.“, sagte Hinagiku selbstzufrieden grinsend. „Und ich will, dass du mein Gegner bist, Takuro!“, fügte sie herausfordernd hinzu. Perplex zeigte er mit dem Finger auf sich selbst. „Ich?“ Aus seiner Stimme hörte man den Unglauben. Und die Furcht, sich zu blamieren. Hiromis Blick verfinsterte sich. „Hey, wer hat dir eigentlich das Kommando hier übertragen? Erst machst du so ein Theater wegen der Zimmer und jetzt spielst du dich hier schon wieder als Bestimmerin auf!“ Yosuke nahm ihre linke Hand und drückte sie mit ermahnendem Nachdruck, aber sie wich nicht zurück. Auch nicht, als er sie bittend ansah. „Hast du etwa ein Problem damit, Hiromi-chaaa~n?“, fragte Hinagiku herausfordernd und äffte dabei bewusst Hiromis peinlichen Tonfall nach, den sie immer benutzte, wenn sie etwas wollte oder sich einzuschleimen versuchte. „Na, na! Nicht schon wieder streiten, wir können wie beim letzten Mal doch einfach abstimmen.“ Hilfesuchend sah der Brillenträger zu den beiden Fußballspielern, die seinen Blick einverstanden erwiderten. „Also von mir aus darf sich Takuro gerne mit Hinagiku duellieren.“, erklärte Kazuya. Yosuke zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Von mir aus auch.“ Seine Freundin drückte ihm ihre Fingernägel in die Haut seiner Hand. „Gnah!“, knurrte sie wütend. „Nie setzt du dich für mich ein!“ Der Dunkelhaarige setzte eine versöhnliche Miene auf. „Soll ich etwa gegen ein Mädchen antreten? Die Chancen sollten schon gerecht verteilt sein, finde ich.“ Takuro verstand diese Spitze sehr genau und ballte seine Finger um die Stäbe in seinen Händen. „Außerdem ist Takuro unser Gastgeber. Deswegen sollte er das machen.“ Seine Freundin verlagerte ihr Gewicht unschlüssig von einem Bein aufs andere und schaute dabei abwechselnd in die abwartenden Gesichter. „Hach, na gut. Von mir aus…“, gab sie schließlich kleinbei. Zufrieden grinste Hinagiku vor sich hin. Takuro warf ihr mit grimmigem Gesichtsausdruck einen Stab zu, den sie gekonnt auffing und in ihrer Hand wie eine Waffe rotieren ließ. Momoko, Yuri, Kazuya und Yosuke nahmen je ein Ende der großen Kunststoffplane und breiteten sie genau in der Mitte zwischen dem Ufer und ihren Stühlen über dem Sand aus, den sie zuvor mit den Füßen notdürftig geebnet hatten. Hiromi hatte sich lieber auf den äußersten Liegestuhl rechts von Yuris niedergelassen, über dem extra nur für sie der Sonnenschirm aufgespannt war, und genehmigte sich eine Limonade aus der Kühltasche. Hinagiku schwang derweil, um sich warm zu machen und weil es ihr einfach Spaß machte, abwesend ihren Stab und wirbelte wie zum Angriff immer wieder mit ihm herum. „Du brauchst noch die Augenbinde.“ Sie drehte sich zu Takuro um, der aus der Hosentasche seiner knielangen, bunt karierten Badeshorts eine weiße Augenbinde zog und ihr reichte. Skeptisch nahm sie ihm das Stück Stoff ab, „Danke.“, sagte sie nur knapp. Die Stimmung zwischen ihnen beiden war immer noch angespannt. Kazuya und Yuri, die unweit entfernt standen, seufzten. „Erst Yosuke und Momoko, jetzt die beiden.“, flüsterte sie leise. Ihr Freund nickte unauffällig. „Ich dachte, sie kennen sich aus dem Sandkasten und wären Freunde?“ Die Dunkelhaarige wackelte mit dem Kopf, als wäre sie sich nicht sicher. „Eigentlich schon, aber ihr Verhältnis hat sich geändert, seit Takuro von seinem Auslandsjahr zurückgekommen und mit Momoko zusammen ist.“ „Bei wem liegt das Problem?“ „Bei ihm. Aber er ist auch mir gegenüber seither ziemlich reserviert.“ Kazuya legte nachdenklich eine Hand an sein Kinn und beobachtete, wie die beiden Blickkontakt miteinander mieden, während sie sich mental und körperlich auf das Spiel einstellten. „Na hoffentlich geht das gut. Hinagiku scheint ziemlich geladen zu sein.“, bemerkte er besorgt. Yuri lehnte ihren Kopf an seine Schulter und schaute in dieselbe Richtung wie er. „Das wird schon. Was soll schließlich groß passieren?“ „Nun, ich bin mir sicher, dass ein Hieb mit diesen Bambusstöcken ziemlich weh tut.“ Seine Freundin begann bei der Vorstellung, wie Hinagiku den unsportlichen Takuro wie eine Furie über den Strand scheuchte, wild zu kichern. „Ich bin mir sicher, das wird lustig.“, entgegnete sie heiter. „Und was ist mit ihnen?“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf Momoko und Yosuke, die weit auseinander standen und so taten, als prüften sie noch mal sie optimale Lage der Melonen auf der Plane. „Ich weiß nicht. Was hast du denn vorhin zu ihm gesagt, dass er deswegen vor Momoko und mir die Flucht ergriffen hat?“ „Ich habe ihn darauf angesprochen, dass er sich über seine Gefühle für sie endlich klar werden muss.“ Erstaunt schaute Yuri zu ihm auf. „Das hast du gemacht? Ich dachte, wir wollten uns nicht einmischen, sondern nur beobachten und aufpassen?“ Er lächelte ertappt und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich wollte ihm nur einen kleinen Schubs geben. Ich bin mir inzwischen sicher, dass er in sie verliebt ist, aber ich glaube, er würde es ohne einen Anstoß nie selbst herausfinden. Yosuke ist in dieser Hinsicht eher still und verschlossen. Er traut sich selber nicht, deswegen ist er ja auch mit Hiromi zusammengekommen.“ Yuri rümpfte geräuschvoll die Nase. „Ich dachte, dass das ein Unfall war. Dass Hiromi ihn betäubt und einer Gehirnwäsche unterzogen hat.“ Kazuya konnte sich ein lautes Auflachen nicht verkneifen. „Psssssssst!“, ermahnte ihn Yuri scharf, doch niemand guckte interessiert in ihre Richtung. „Entschuldige, aber das war ganz und gar kein Unfall. Hiromi war einfach sehr hartnäckig und Yosuke zu gutmütig. Ich glaube, dass er einfach irgendwann gar nicht mehr so genau wusste, warum er zu Hiromi eigentlich immer wieder nein sagte. Es gab nie ein Mädchen, das ihn wirklich interessierte, also woher sollte er sich sicher sein, dass Hiromi nicht vielleicht doch das Mädchen sein könnte? Immerhin war sie die einzige, die nicht locker ließ und sich ehrlich immer wieder um ihn bemüht hatte.“ „Gott, hör bloß auf mir das zu erzählen, sonst entwickle ich für sie noch so etwas wie Mitleid oder Sympathie.“, stöhnte die Dunkelhaarige und massierte ihre Schläfen mit den Fingern. Der Blonde schüttelte leise lachend den Kopf. „Hey, Kaz! Yuri, kommt ihr her? Wir wollen anfangen!“, rief Yosuke sie winkend zu sich. „Klar, wir kommen!“ „Okay, hier noch mal die Regeln: Ihr geht beide etwa zwanzig Schritte in die entgegengesetzte Richtung, setzt die Augenbinden auf, dreht euch zehn Sekunden über euren Stab gebeugt im Kreis und lauft dann los. Euer Team ruft euch die Richtung zu, in die ihr laufen müsst, um die Melone zu erreichen. Wer seine Melone zuerst anschlägt hat gewonnen.“, erklärte Kazuya fachmännisch. „Alles klar soweit?“ Er erntete zustimmendes Nicken und kampfbereite, vor Funken sprühende Blicke. „Möge der Bessere gewinnen.“, wünschte Takuro im Angesicht seiner Rivalin. „Oder die Bessere.“, ergänzte Hinagiku. Momoko schüttelte verständnislos mit dem Kopf. Das sollte doch nur ein auflockerndes Freundschaftsspiel zum Spaß werden, warum kam es ihr dann so vor, als würden die beiden daraus eine Schlacht ihres privaten Kleinkrieges machen? Heimlich warf sie Yosuke einen Blick zu, doch er erwiderte ihn nicht. Stattdessen stellte er sich zusammen mit Kazuya auf Takuros Hälfte des unsichtbaren Spielfeldes, um ihn anzufeuern. Sie suchte Anschluss bei Yuri und Hiromi, die sich trotz ihrer schlechten Laune wieder aufgerafft hatte, um zuzusehen. Hinagiku und Takuro verbanden sich jetzt die Augen und legten ihre Stirn an das Ende ihres Stabes, das nicht im Sand steckte. Kazuya hob einen Arm in die Luft und erhob seine Stimme. „Auf die Plätze! Fertig! LOS!“ Wie die Wilden drehten sich die zwei Kontrahenten um die eigene Achse im Kreis, während ihre Freunde laut bis zehn zählten. Bei zehn rannten sie los, was wie der verzweifelte Angriffsversuchs eines angeschossenen, volltrunkenen Samurais aussah. Unter schallendem Gelächter riefen die Mannschaften ihren Vertretern die richtige Richtung zu, doch in den ersten Sekunden liefen Takuro und Hinagiku überall hin, nur nicht den angewiesenen Weg. Strauchelnd torkelten sie vorwärts und stolperten hilflos durch den Sand. Takuro war gleich zu Anfang der Länge nach in den ultrafeinen Kies gestürzt und prustete ihn von seinen Lippen, aber auch die sportliche junge Frau bewegte sich mehr wie ein unkontrollierter Box-Sandsack und knickte ein ums andere Mal um. Die Jungs riefen viel lauter und energischer mit ihren tiefen, Fußballplatz erprobten Stimmen als die Mädchen. Es fiel Hinagiku schwer, über deren Kommandos hinweg noch die Rufe ihrer Freundinnen zu verstehen, trotzdem kämpfte sie sich tapfer und entschlossen vor. „Du hast es gleich! Noch ein paar Schritte vorwärts!“, hörte sie Momoko rufen. „Etwas weiter links!“, schrie Yuri. Hinagiku hob den Stab über ihren Kopf, bereit, ihn jeden Moment hinabschnellen zu lassen. „Schneller, Takuro!“, brüllte Kazuya ermutigend. „Noch einen Schritt und zuschlagen!“ Das Herz der Kurzhaarigen begann zu rasen. „Vergiss es!“, stieß sie aus und sprang entschlossen vorwärts, irgendwo da musste ihre Melone liegen; sie sah sie vor ihrem inneren Auge. Sie kam nicht mehr dazu, ihren Stab zu schwingen, denn in der nächsten Sekunde prallte sie ungebremst in einen aufschreienden Körper. Und danach auf etwas Hartes, das mit einem Knacken unter ihr nachgab. Hinagiku hörte noch, wie die anderen erschrocken Luft holten. „Oh je, ist alles in Ordnung?!“ Es musste Momokos Stimme sein, die nun ganz nah an ihrem Ohr erklang. Mit fahrigen Bewegungen nahm sie die Augenbinde ab und blinzelte direkt in Takuros verkniffenes Gesicht. Er saß ihr gegenüber im Sand und hielt sich die linke Schulter. Sie selbst stellte unglücklich und etwas angeekelt fest, dass sie beim Rückstoß auf ihre Melone gefallen war, die sich unter ihrer Hüfte zum größten Teil in Matsch verwandelt hatte. Momoko und Yuri liefen besorgt auf sie beide zu, gefolgt von der schadenfroh grinsenden Hiromi. Yosuke und Kazuya standen schon hinter Takuro, bereit um zu helfen, falls nötig. „Was sollte das denn? Bist du verrückt geworden?!“, fuhr Takuro sie an, nachdem der erste Schock vorüber war. „Ey, das war doch keine Absicht! Ich war blind, genau wie du!“, verteidigte sie sich. „Niemand hat gesagt, dass du mich rammen sollst!“ „Jetzt heul mal nich’ rum, wenigstens liegst du nich’ im Obstsalat!“ Er schaute auf das Desaster unter ihrem Po und zog amüsiert einen Mundwinkel hoch. „Die Melone mit dem Hinterteil zu zerlegen ist gegen die Regeln. Das heißt dann wohl, dass ich gewonnen habe.“ Hinagikus Blick verfinsterte sich. Ohne sich von dem Matsch und Saft an ihrer Badehose beirren zu lassen, der ihren Oberschenkel hinab lief, stand sie auf. Den Bambusstab immer noch fest umschlossen in der linken Hand. „Die Melone ist kaputt, egal wie. Deine ist ja noch nicht mal angeschlagen!“, beharrte sie. „Aber die kann man ja so gar nicht mehr essen!“, beschwerte sich Hiromi, die dafür vernichtende Blicke von Hinagikus Freundinnen erntete. Dankbar nickte Takuro in ihre Richtung. „Da hörst du es. Die schöne Melone ist sogar unbrauchbar.“ Er zog sich gerade auf die Knie, da hörte er ein Zischen durch die Luft sausen. Ein Geräusch, das die Kombination aus einem Krachen und einem Platschen war, erfüllte die Umgebung, als grobe Fruchtfleischbrocken durch die Luft in alle Himmelsrichtungen spritzten. Entsetzt schrien die anderen auf und sprangen zur Seite, zu spät natürlich. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Takuro auf die Stelle, an der eben noch seine makellose Melone gelegen hatte und jetzt nur noch das Ende eines Bambusstabes war, umringt von einem Haufen fruchtig roter Brocken und schwarzen Kernen. Wie in Zeitlupe registrierte er die klebrigen Überreste auf seinem weißen Freizeithemd und auf seiner Brille. Er schaute auf und sah, wie das andere Ende des Stabes von Hinagikus beiden Händen umklammert wurde. „Guten Appetit wünsche ich dir dann, Sieger.“ „Warum… warum hast du das getan?“, stammelte Takuro, der sich noch nicht genug gefasst hatte, um einen Wutausbruch zu bekommen. Auch die anderen waren noch starr vor Schreck über diese abrupte Aktion. „Weil mir deine blöde Arroganz gewaltig auf den Sack geht!“ Sie warf den Stab genervt in den Sand und klopfte ihre Hände ab. „Ich bin nicht arrogant!“ „Bist du doch!“ „Bin ich nicht!“ „Doch! Und selbstverliebt!“ „Nein!“ „Doch!“ „Nein!“ Hinagiku reichte es ein weiteres Mal. Ohne groß darüber nachzudenken, griff sie in die Melonenmasse und schleuderte sie in Takuros Gesicht, sodass seine Brille danach nur noch auf halb neun saß. „Das hast du nicht wirklich gerade getan!“ „Oh doch, hat sie.“, korrigierte Yosuke ihn, der seinen ersten Schock überwunden hatte. Die Situation begann langsam amüsant zu werden, er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Das machst du nicht noch mal!“, drohte Takuro seiner ehemaligen Sandkastenfreundin mit erhobenem Zeigefinger, doch da flog schon die nächste Portion auf ihn zu und riss ihm die Brille ganz von der Nase. Das war der Moment, in dem auch Momoko die Hände vor den Mund schlagen musste, um nicht laut loszuprusten. Vorwurfsvoll warf ihr Verlobter ihr dafür einen bedröppelten Blick zu, was unter der Melonenmasse in seinem Gesicht noch viel lustiger aussah, als die schiefe Brille allein. Hinagiku, die eben noch sauer war, konnte plötzlich nicht mehr an sich halten und lachte lauthals los. Momoko und Yosuke gaben ihren Widerstand auf stimmten angesteckt mit ein, während Yuri und Kazuya sich ansahen und noch nicht so recht wussten, was sie davon halten sollten. „Du siehst so genial aus!“, quietschte die Kurzhaarige zwischen zwei Lachattacken und hielt sich den Bauch. Lachtränen quollen aus ihren Augenwinkeln - sie konnte den erniedrigten Takuro nicht ansehen, ohne sofort wieder loszulachen. „Das büßt du mir!“, kündigte er schließlich an, als endlich wieder Bewegung in ihn kam und seine verschmierte Brille wieder da saß, wo sie hingehörte. Die Herausforderung annehmend, streckte er seine Hand nach einem Fruchtfleischbrocken aus und warf ihn in ihre Richtung. Allerdings war er nach wie vor nicht der Beste in Sport und Hinagiku hatte selbst lachend noch die Reflexe einer Katze. Also flog sein Wurfgeschoss an ihr vorbei und landete dafür direkt in Hiromis freizügigem Ausschnitt. Diese schrie auf vor Entsetzen und fuchtelte hysterisch mit den Händen, als hätte sie eine Riesenspinne auf ihren bebenden Brüsten sitzen. Yuris Körper bog und krümmte sich daraufhin zitternd. Mit verschlungenen Armen hielt sie sich selber fest und bemühte sich nach Leibeskräften, keine Schadenfreude zu zeigen, aber dann brach auch aus ihr ein ungehemmter Lachanfall heraus. „Du Idiot! Kannst du nicht zielen?!“, keifte Hiromi und schnappte sich ebenfalls eine Portion, die sie blindlings wie ein ungeschicktes Kind in die Gegend warf. Es traf Kazuya wie ein Möwenhaufen auf das blonde Haupthaar. Jetzt konnte keiner mehr von ihnen an sich halten; jeder musste lachen - selbst die zickige Hiromi und der verkrampfte Brillenträger. Dieser versuchte sein Glück gegen Hinagiku noch ein zweites Mal und traf sie am Bauch. Kampfeslustig grinsend schlug sie sofort zurück und es dauerte nicht lange, bis sich auch die anderen Fünf an der Essensschlacht beteiligten und so offene Rechnungen beglichen und Spannungen abbauten. So nahm die missglückte Runde Suikawari letztendlich doch noch das gewünschte Ende, mit viel Gelächter und guter Laune. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)