~ Love at third sight ~ von Nea-chan (Mit dem Herz gegen alle Regeln) ================================================================================ Kapitel 51: Guilty conscience ~Momoko~ -------------------------------------- Wieder lag eine fast schlaflose Nacht hinter ihr. Momoko hatte den Wecker schon deaktiviert, noch bevor er sie überhaupt für die Schule aus dem Bett klingeln konnte. Sie lag auf dem Rücken und starrte Löcher in ihre Zimmerdecke, während sie mit beiden Armen ihr Kopfkissen umschlang. Die Tränensäcke unter ihren Augen wogen schwer; sie brauchte nicht in den Spiegel zu sehen, um zu wissen, dass sie fürchterliche Augenringe hatte. »Wie konnte ich nur auf diese schwachsinnige Idee kommen?!«, fragte sie sich wieder und wieder. Takuro zu bitten sich mit den Mädchen, aber auch mit Kazuya, Hiromi und Yosuke anzufreunden, hatte vor noch nicht ganz einem Tag ziemlich verlockend in ihren Ohren geklungen. Schließlich würde das vieles zwischen ihr und dem Torwart erleichtern... Aber es war absurd! Sie stünden trotzdem immerzu unter der Beobachtung ihrer Partner und Freunde. Die Chancen, dass Takuro oder Hiromi ihrer Idee überhaupt zustimmten, gingen ohnehin gegen null. Das war wohl auch das Beste so… Sie machte ein gequältes Gesicht und drückte es in ihr Kissen, um einen frustrierten Schrei damit zu dämpfen. Noch mehr Zeit mit Yosuke verbringen zu wollen, war eine schlechte Idee. Wenn sie in seiner Nähe war, konnte sie nicht mehr klar denken. Dann war alles rosarot. »Wieso musste mir das passieren?« Es war doch alles klar abgesprochen; sie waren nur Freunde plus mehr, wann und wenn sie wollten. Eine Affäre eben, ganz ohne den lästigen Gefühlskram. Daran hatte sie sich festgehalten und orientiert; schon lange davor hatte es für sie keinen Zweifel daran gegeben, dass da nicht mehr zwischen ihnen war, als das. Momoko zog das Kissen weg und schlug die Augen wieder auf. Wann war es passiert? Wann hatte sie angefangen sich in diesen Fußball spielenden Oberschüler zu verlieben? Ihr Herz machte einen kleinen Satz, als sie unwillkürlich an seine braungrünen Augen und sein schelmisches, schiefes Lächeln dachte. Es gab keinen festen Punkt, an dem es bei ihr gefunkt hatte. Ihre Gefühle für ihn waren einfach mit der Zeit entstanden… mit jedem Lächeln, das er ihr geschenkt hatte; mit jeder tröstenden, liebevollen Umarmung; mit jedem netten Wort, das sie von ihrem Kummer abgelenkt hatte; mit jeder zärtlichen Berührung; mit jedem Kuss… Ein wohliger Schauer schüttelte sie bei diesen Erinnerungen und ihr Herz begann aufgeregt zu klopfen. Es war ein gutes, kribbelndes Gefühl in ihrem Bauch. Das mussten die Schmetterlinge sein, von denen man immer wieder hörte. Jetzt, nachdem sie sich das eingestanden hatte, war das Chaos in ihrem Kopf nicht mehr so groß. Momoko wusste jetzt, warum sie sich bei ihm so wohl und hingezogen fühlte, doch es stürzte sie gleichzeitig in ein heftiges Dilemma. Sie war mit Takuro Amano verlobt, würde ihn bald heiraten und dann ins Ausland mit ihm gehen, aber sie liebte einen anderen. Wieder stieg die Verzweiflung, in Form von Tränen, in ihr auf. »Es tut so weh!«, schrie sie in Gedanken und presste ihre Hände auf die Augen. Sie konnte sich nicht vorstellen, ihn einfach hinter sich zu lassen; ihm einfach Lebewohl zu sagen und danach nie wieder zu sehen. Aber sie konnte sich auch nicht mehr weiter mit ihm treffen. Nicht, nachdem sie nun wusste, wie es um ihr Herz bestellt war. Sie schluchzte laut, schließlich konnte sie in ihrem Zimmer niemand hören. „Blöde Liebe!“, schimpfte sie erstickt und riss ihre Bettdecke zur Seite. Als sie sich auf die Bettkante aufsetzte, klebten ihr zottelige Haarsträhnen im tränennassen Gesicht. Das war es nun also, was Verliebtsein mit sich brachte? Abgesehen von den ganzen neuen Problemen, die das verursachte, war allein schon das ständige Geheule Grund genug dafür, dass sie es verabscheute. Es war wie sie befürchtet hatte – sie tat weh und machte alles komplizierter. Genau deswegen hatte sie das für sich nicht mehr gewollt, nachdem es ihren Vater zugrunde gerichtet hatte. Aber auf der anderen Seite… diese Wärme in ihrem Herzen, die sie verspürte, wenn sie an Yosuke dachte und die Kraft, die seine Gegenwart ihr geben konnte; das war einmalig schön. „Gnah~ das führt doch zu nichts!“ Momoko vergrub ihr Gesicht in den Händen und versuchte das leidige Thema endlich abzuschütteln, das sie bis jetzt um ihren essentiellen Schlaf gebracht hatte. Sie kam ja doch nicht zu einem vernünftigen Ergebnis! »Was soll ich nur tun?« Die Antwort darauf konnte ihr das leere Zimmer nicht geben. Auch nicht die frühe Morgensonne, die sie daran erinnerte, dass es längst Zeit war sich für die Schule fertig zu machen. »Ich wünschte, ich könnte es Yuri und Hinagiku erzählen…« Wieder hatte sie sie angelogen und ihnen etwas vorgemacht. Die Lügenspirale drehte sich immer weiter abwärts und sie wusste nicht, wie sie aus diesen ganzen Verstrickungen jemals wieder glaubwürdig herauskommen sollte. Das hatte etwas sehr Ironisches. So hatte sie ihren Freundinnen doch noch vor gar nicht langer Zeit einen Vorwurf daraus gemacht, dass sie vermehrt auf sich und ihr eigenes Privatleben fixiert waren, statt ihr in ihrer bislang schwersten Zeit beizustehen. Was sagte es dann erst über sie, als angeblich beste Freundin, aus, dass sie ihre zwei wichtigsten Bezugspersonen, neben ihrem Vater, seit Monaten anlog? Am Anfang waren es nur Notlügen gewesen, doch spätestens seit sie und Yosuke das erste Mal miteinander geschlafen hatten, hätte sie reinen Tisch machen müssen. Momokos schlechtes Gewissen verursachte einen hässlichen Knoten in ihrem Magen. Wie hätte Yuri wohl reagiert, wenn sie ihnen im Restaurant gebeichtet hätte, dass sie ein Verhältnis mit Yosuke hatte? Sie war vernünftig und verständig, bestimmt hätte sie ihr, nach dem ersten großen Schock, bis zum Schluss zugehört… vor allem, wenn sie ihr gestanden hätte, dass sehr wohl romantische Gefühle im Spiel waren. Andererseits… Ehrlichkeit und Vertrauen waren der Dunkelhaarigen sehr wichtig. Zu erfahren, dass sie schon von Anfang an von ihr belogen wurde, obwohl sie sie mit Hinagikus Hilfe sogar vor Takuro gedeckt hatte und versuchte zwischen ihr und Yosuke zu vermitteln… das hätte auch nach hinten losgehen können. Dazu der Fakt, dass sie sich von einem vergebenen Mann hatte verführen lassen und noch dazu verlobt war… »Oh nein, das widerspricht all ihren Wertvorstellungen! Sie würde sich wahrscheinlich von mir abwenden und mich für ein Luder halten.« Die junge Frau dachte an Hinagiku, die mit Takuro seit der frühen Kindheit befreundet war. Zwar hatten sich die Dinge inzwischen etwas verändert, aber Momoko glaubte nicht daran, dass er der Sportlerin deswegen egal geworden war. Sie hatte sie sogar davor gewarnt Takuro zu verletzen oder ein falsches Spiel mit ihm zu spielen, nachdem sie ihnen ehrlich erzählt hatte, dass ihre Verbindung nicht aus Liebe geschlossen wurde. Momoko resignierte seufzend. Sie wollte ihren Freundinnen nichts unterstellen, aber konnte auch nicht das Risiko eingehen, dass eine von ihnen ihr in den Rücken fallen und Takuro alles erzählen würde. Davon hing schließlich nicht nur ihr eigenes Glück ab, sondern auch das von Yosuke und Hiromi! Es nutzte alles nichts, sie musste weiter auf ihren Geschichten beharren. Müde blickte die Rosahaarige auf den Wecker; sie war inzwischen viel zu spät dran, um noch rechtzeitig zur ersten Stunde zu erscheinen. Vom ständigen Weinen war ihr schwindelig. Ihr Kopf fühlte sich, vom vielen Nachdenken, so an, als könnte er Gefahr laufen, während des Unterrichts, einfach wie ein Amboss auf die Tischplatte zu knallen. Nach weiteren Minuten, in denen sie, unbewegt verharrend, auf das sich ständig ändernde Ziffernblatt ihres Radioweckers schaute und mit sich haderte, seufzte sie abermals. In den letzten Wochen war sie, vor lauter Arbeit und all den kleinen, privaten Kleinkatastrophen, mit denen sie sich herumgeschlagen hatte, mit ihrem Schulstoff kaum nachgekommen. Momoko konnte es sich eigentlich nicht leisten zu schwänzen, aber sie konnte so auch unmöglich nachmittags zur Arbeit gehen. „Ach… was soll’s…“, sagte sie und gab sich einen Ruck. Nachdem sie Takuro brav per Textnachricht darüber informiert hatte, dass sie heute Vormittag Zuhause blieb und sie sich erst Nachmittags sehen würden, stellte sie ihren Wecker auf eine neue Uhrzeit ein. Auf dem Nachttisch daneben lag ihr kleines Notizbuch, aus dem die Ecken zweier Fotos lugten. Erschöpft rollte sie sich wieder in ihre Bettdecke ein und zückte die beiden Bilder heraus, die sie sich schon eine ganze Weile nicht mehr angesehen hatte. Yosuke auf dem Klassentreffen und Yosuke beim Fußballspielen. Sie hatte ganz vergessen, dass sie ihm das zweite Bild schon vor einer ganzen Weile zeigen wollte. Während sie sein Antlitz eingehend betrachtete und sich an all die schönen Erlebnisse mit ihm erinnerte, erweckte das wieder all die guten und zärtlichen Gefühle für ihn. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich mit ihm noch mal auf dem Hügel zwischen all den Bäumen und Sträuchern stehen; sein Arm schützend um sie gelegt und sein Gesicht ganz nah. Eine Gänsehaut schüttelte sie und die Stelle hinter ihrem Ohr begann zu prickeln. »Hätte er mich doch nur geküsst…«, dachte sie bedauernd. Doch instinktiv – und das wusste sie, hatte er richtig gehandelt. Zu diesem Zeitpunkt waren ihre Emotionen noch zu aufgewühlt gewesen. Trotzdem… auch wenn es gefährlich war, mehr für ihn zu empfinden, so hatte sich doch nichts daran geändert, dass er ihr gut tat und sie ihn brauchte. Im Gegenteil - Sie musste unvernünftig handeln, es ging nicht anders. Sich von ihm zurückzuziehen war auch unter diesen neuen Umständen keine Option, denn das hatte davor schon nicht funktioniert. Ihre Sehnsucht würde nur ins Unermessliche anwachsen. Zudem würde er Fragen stellen und nicht locker lassen, bis sie ihm erklären würde, wieso. »Das kann ich nicht! Ich kann es ihm nicht sagen!« Nichts war unantastbarer, als diese Tatsache. Yosuke hatte ihr bereits sehr deutlich klar gemacht, dass er nicht auf diese Weise für sie empfand. Ein Geständnis darüber, dass sich das bei ihr geändert hatte, würde alles ruinieren. Er würde sich zurückziehen und dann hätte sie ihn verloren… darauf lief es so oder so hinaus, aber sie wollte nicht Diejenige sein, die das beschleunigte! Momoko wollte jeden Moment, den sie mit ihm noch haben durfte, nutzen und auskosten. Es gab also nur den Weg nach vorne, sie würde Takuro ansprechen und darum bitten, auf die anderen, ihr zuliebe, zuzugehen; koste es, was es wolle! Takuro tippte ungeduldig mit den Fingern auf seinen Oberschenkeln herum. Nachdenklich schaute er nach draußen, auf die Straßen und Häuser, die in das Licht der Abenddämmerung getaucht waren. Er war angespannt. Momokos Verhalten beunruhigte ihn. Erst am Morgen diese Nachricht darüber, dass es ihr wegen einer durchwachten Nacht nicht gut ging und sie deswegen den Unterricht schwänzte und dann später ihre mentale Abwesenheit, als er sie zur Arbeit begleitet hatte. In der letzten Woche hatte sie dabei immer ein angeregtes Schwätzchen mit ihm gehalten und gestrahlt, doch heute nicht. Überhaupt war sie nicht nur still, sondern auch blass gewesen. Ihre schönen Augen hatten immer wieder ins Leere geschaut, wenn nur er etwas von sich und seinem Tag erzählt hatte. »Etwas bedrückt sie.«, schlussfolgerte er. Sie war nicht krank, denn dann wäre sie nicht arbeiten gegangen. Irgendetwas anderes hatte ihr den Schlaf geraubt und er kam einfach nicht darauf, was das sein konnte. Er ballte seine Hände verärgert. Das Einzige, das zwischen dem Samstagsbesuch bei ihrem Vater und heute passiert war, war das Treffen mit ihren Freundinnen gewesen. »Natürlich, sie müssen etwas damit zu tun haben!«, ging es ihm durch den Sinn. Unzufrieden warf er sich in den weichen Lederrücksitz und legte seine rechte Hand, in einer Denkerposition, an sein Kinn. Takuro war von Anfang an nicht wohl dabei gewesen, Momoko, kaum eine Woche nach ihrem Fehltritt, mit dem Clubbesuch, unbeaufsichtigt zu ihnen zu lassen. Er hatte eigentlich fest vorgehabt ihr das nicht mehr leichtfertig zu erlauben, weil er die Beiden für einen schlechten Umgang hielt. Aber wenn sie ihn auf ihre umwerfende Weise anlächelte und dabei um etwas bat, war es schwer ihr zu widerstehen. Sie hatte sich in der letzten Woche außerdem ohne Quengeln an seine Regeln gehalten, weswegen er ihr versprochen hatte, das was sie tat, nicht mehr übermäßig zu kontrollieren. Ein Kompromiss wegen guter Führung sozusagen… also war er selbst Schuld. Ob Yuri und Hinagiku auf sie, wegen ihrer Beziehung, eingeredet hatten? Wollten sie sie, nachdem er Momoko damals einfach von der Straße weg mitgenommen hatte, vielleicht davon überzeugen, dass er zu herrschsüchtig war und deswegen nicht der Richtige für sie? Der Wagen bog in die Straße zu ihrem Arbeitsplatz ein. Unsicher strich er sich mit seinem Daumen über das Kinn. Schon seit dem Vorfall hatten sich Gewissensbisse und Ängste, sie zu verschrecken, in seinem Kopf abgewechselt. Das Letzte, was er wollte, war Momoko auf Abstand zu bringen, nachdem es ihn so viel Mühe gekostet hatte sie mehr und mehr für sich zu gewinnen. Das war auch der Grund für seine romantischen Bemühungen von vor ein paar Tagen gewesen. Um keinen Preis wollte er sich seinen Erfolg damit, nun von diesen beiden großschnäuzigen Frauen ruinieren lassen! Das Auto kam zum Stehen. Durch das Fenster sah er, dass seine Angebetete diesmal, schon fertig umgezogen, vor dem Café auf ihn wartete. Hübsch wie immer; mit einer hellblauen, kurzärmeligen Bluse und einer grauen Röhrenjeans bekleidet, die ihm sehr bekannt vorkam. „Hallo, schöne Frau! Warten sie etwa auf eine Mitfahrgelegenheit?“, rief er ihr durch einen geöffneten Fensterspalt zu. Sie lächelte mild und warf ihre offenen Haare nach hinten. Heute trug sie keine Haarbänder wie sonst, aber das gefiel ihm. Es ließ sie erwachsener und noch attraktiver wirken. „Das kommt ganz darauf an, wer mich mitnehmen möchte.“, scherzte sie zurück. Doch Takuro bemerkte gleich, dass ihr Lachen nicht ihre Augen erreichte. Wortlos öffnete er Momoko die Autotür und rutschte einen Sitz weiter, um ihr Platz zu machen. „Danke, dass du mich wieder abholst.“, sagte sie beim Einsteigen und schloss die Tür hinter sich. Er beugte sich zu ihr herüber, um ihr einen kleinen Begrüßungskuss zu geben, doch sie wendete ihr Gesicht kaum wahrnehmbar ab, sodass er nur ihre Wange traf. Sofort verfinsterte sich seine Miene. „Immer wieder gerne.“, antwortete er trocken. Sie sah ihn fragend an, also war ihr sein veränderter Tonfall aufgefallen. Er erwiderte ihren Blick nicht, sondern gab dem Fahrer nur sein Zeichen und schaute dann durch die Windschutzscheibe nach draußen. Takuro biss sich innerlich auf die Zunge, damit er sie nicht sofort barsch zur Rede stellte. Das fiel ihm schwer, denn in seinem Kopf spielen sich bereits zahlreiche Szenarien ab, was vorgefallen sein könnte. Seine Fantasien reichten von einer Gehirnwäsche ihrer Freundinnen, dass sie sich von ihm trennen sollte, bis hin zu dem Gedanken, dass sie eventuell etwas anderes zu verheimlichen hatte, das er sich noch nicht ausmalen wollte. Wenigstens die Chance von sich aus zu erzählen, was mit ihr los war, wollte er ihr geben. Momoko sollte ihn nicht für den paranoiden, unsicheren Mann halten, der er war. „Stimmt etwas nicht?“, fragte sie ihn nach einer Weile des Schweigens. Er rührte sich nicht, nur seine Augen wendeten sich ihr zu. Wieder lächelte sie müde. „Hm… müsste ich das nicht vielleicht dich fragen?“ Momoko hob bei seiner Anspielung verdutzt das Kinn, so als wäre sie aus einem Tagtraum erwacht. Sie senkte den Blick und begann nervös am Gurt ihrer Tasche zu nesteln. Diese Angewohnheit von ihr hatte Takuro bereits im Kopf abgespeichert. Es war ein sicheres Zeichen dafür, dass sie etwas auf dem Herzen hatte, über das sie nicht so leicht sprechen konnte. „Du hast also gemerkt, dass ich heute nicht ganz bei der Sache bin?“, fragte sie ihn unsicher. Er atmete tief durch, damit er nicht zynisch oder vorwurfsvoll antwortete. Seine Reaktion sollte die eines Gentlemans sein. „Natürlich, ich mache mir schon seit heute Morgen Sorgen um dich. Du bist so blass und still, was ist denn los?“ Wieder sah sie weg, so als suchte sie die Antwort darauf im Innenraum dieses Fahrzeuges. Ihre blauen Augen flackerten ängstlich und verletzlich, sodass es ihm die Kehle zuschnürte. »Sie will doch hoffentlich nicht Schluss machen?«, jagte es ihm durch den Kopf und er musste alle Kraft aufbringen, sich seine plötzliche Panik nicht anmerken zu lassen. Was, wenn Yuri und Hinagiku wirklich bei ihrem Treffen mit ihr über ihn gesprochen hatten? Wenn sie nur lange genug auf sie eingeredet und ihn in ein schlechtes Licht gerückt hatten? Würde Momoko dann den Mut aufbringen und ihre Verlobung lösen? Sein Herz raste, als sie nach ungezählten, quälend langen Sekunden immer noch nicht antwortete, sondern nur schwer seufzte. »Nein, unmöglich. Das würde sie nicht; das kann sie nicht!«, versuchte er sich selbst zu beruhigen. Takuro schluckte nervös und räusperte sich beiläufig. Sie würde sich nicht von ihm trennen, immerhin hatten sie eine Vereinbarung. Das war ihr gegenüber zwar vielleicht nicht ganz fair, doch er war so oder so die beste Partie, die sie machen konnte. Früher oder später würde sie das von selbst erkennen. Der Rest würde sich dann ebenfalls ergeben, schließlich liebte er sie. Ihr die Welt zu Füßen zu legen und ihr so die Augen zu öffnen, sollte da das kleinste Problem sein. „Ehrlich gesagt, beschäftigt mich etwas… aber ich finde einfach nicht die richtigen Worte dafür.“ Nun beschleunigte sich sein Puls doch wieder erheblich. Ihr Einleitungssatz kam dem klischeebehafteten „Wir müssen reden.“ beängstigend nahe! Er nahm ihre beschäftigten Hände in seine und sah sie eindringlich an. „Wenn es etwas gibt, das dich bedrückt oder unglücklich macht, dann sag es mir! Du weißt doch, dass ich für dich alles in meiner Macht stehende tun würde.“ Der Schwarzhaarige hob ihre zarten, weichen Hände an seine Lippen und küsste sie, wie schon oft zuvor, auf den blutroten Rubin ihres Verlobungsringes. Sollte sie irgendeinen Groll gegen ihn hegen, so hoffte er ihn mit dieser Geste der Zuneigung geschwächt zu haben. Als er wieder in ihr Gesicht sah, war es vor Verlegenheit errötet und ihr hübscher, voller Mund stand verblüfft einen Spalt weit offen. „Ta-… Ta-kun…“, stammelte sie schüchtern blinzelnd. Sie war sprachlos, das war perfekt! Stolz darauf, sie aus der Fassung gebracht zu haben, grinste er sie mit glühenden Augen an. Es war schon länger her, dass er ihr richtig nahe gekommen war. Vielleicht brauchte Momoko mal wieder diese Art der besonderen Aufmerksamkeit von ihm. „Das ist lieb von dir, Takuro. Wenn das so ist… meinst du, wir könnten reden?“ Seine rotbraunen Augen weiteten sich erschrocken. „Ich meine, allein. In Ruhe. Ohne Zuhörer.“, sie schaute dabei zu dem Fahrer vorne. „Nicht hier. Vielleicht bei mir Zuhause?“ Takuro erholte sich von dem kurzen Schrecken und sammelte sich für eine Antwort. „Bei dir? Wann? Jetzt?“ Sie nickte verlegen. Derart unsicher hatte er die junge Frau schon lange nicht mehr erlebt. Elektrisierende Aufregung begann seinen Körper zu durchfluten; noch nie hatte sie ihn einfach nur so zu sich nach Hause eingeladen. „Natürlich. Soll ich den Wagen dann warten lassen?“ „Nein, besser nicht. Vielleicht wird es ein längeres Gespräch.“ Die Art, wie sie das letzte Wort betont und ihn dabei angesehen hatte, verschaffte ihm eine Gänsehaut. Er wollte nichts hineininterpretieren, was am Ende gar nicht so gemeint war, aber konnte es sein, dass sie da gerade versuchte mit ihm zu flirten? Seine Zunge glitt bei der Vorstellung, dass mehr dahinter stecken könnte, genüsslich über seine obere Zahnreihe. Momoko schluckte nervös und entzog ihm ihre Hände. Es gefiel ihm, dass seine Ausstrahlung einschüchternd auf sie wirkte. Sie hielt ihn also nicht für einen Schwächling. „Dann machen wir es so. Für dich habe ich immer Zeit, Liebste.“ Wie abgemacht schickte er seinen Fahrer mit dem Wagen weg, als sie an Momokos Zuhause angekommen waren. Kaum war er weg und sie beide in das Haus eingetreten, wurde die Rosahaarige zusehends unruhiger. Sie stellte ihre Tasche ab und schaltete überall im Wohnzimmer und in der offenen Küche die Lampen an. „Möchtest du etwas trinken?“, fragte sie höflich und mit etwas höherer Stimme, als üblich. „Nein danke, ich würde lieber gleich von dir hören, was du mir so Wichtiges zu erzählen hast.“ Sie hielt inne und lächelte ihm angestrengt zu. Ihre plötzlich so hilflose, ängstliche Aura erweckte etwas Mächtiges ihn ihm. Sie beide waren hier, alleine in diesem Haus und sie sendete alle Signale, die es brauchte, um seinen Beschützerinstinkt zu aktivieren. Von neuem Mut erfüllt, ging er auf Momoko zu und nahm sie an die rechte Hand. „Komm, setzen wir uns doch.“, forderte er sie säuselnd auf. Wortlos lies sie sich führen und auf die Polster ihres Sofas fallen. Sie betrachtete die Couch einen Augenblick lang merkwürdig eingehend und wurde dann rot. Takuro biss sich auf die Unterlippe. Konnte es tatsächlich sein, dass sie auf diese Situation angespielt hatte? Fühlte sie sich in ihren eigenen, bescheidenen vier Wänden möglicherweise wohler, als bei ihm oder woanders? „Warte!“, sagte er und lies sie mit verwirrtem Blick zurück. Schnell hastete er zu den Lichtschaltern zurück und schaltete alle grellen Lichtquellen aus. Nur noch die gedimmte Hintergrundbeleuchtung aus der Küche und eine kleine Stehlampe neben der Couch, blieben an. »Perfekt!«, dachte er selbstzufrieden und kehrte mit lässigen Schritten wieder zu ihr zurück. Takuro sah nicht, wie unbehaglich Momoko, auf ihrem Platz, hin und her rutschte. „Na dann… was ist los, Momolein?“ Sie holte tief Luft; ihre Hände zitterten. Jetzt war er gespannt. „Es ist so… würdest du mir bitte zuerst versprechen, dass du mir wirklich zuhörst und nicht wütend wirst?“ Er stutzte. Stirnrunzelnd fixierte er sie. „Warum das? Ist das denn nötig?“ „Ich weiß nicht, vielleicht… bitte.“ Seine Laune schwenkte um, misstrauisch nickte er ihr zu. „Na gut.“ Sie atmete erleichtert und lächelte ihn dankbar an. Es war das erste ehrliche Lächeln an diesem Abend und ausgerechnet dieser Fakt machte ihn nervös. „Wie du ja weißt, war ich gestern mit Yuri und Hinagiku im Kino. Wir hatten viel Spaß zusammen, es war ein wirklich schöner Tag. Ich bin froh, dass du mir wegen der Sache von vorletzter Woche nicht mehr böse bist… es hätte mir sehr gefehlt, die Mädchen gar nicht mehr sehen zu dürfen.“ Ihr Lob schmeichelte seinem Ego. Es war also doch die richtige Entscheidung gewesen, ihr wieder mehr Freiheiten zu lassen. „Das freut mich. Ich bin ja auch kein Unmensch… ich war nur wegen dem Alkohol und diesem Fuma so aufgebracht.“ Momoko zuckte zusammen. „Was das angeht… er gehört auch mit zu der Sache, über die ich mit dir reden wollte.“, entgegnete sie in leicht geduckter Haltung. Augenblicklich versteifte sich alles in ihm. Eiskalte Eifersucht umklammerte sein Herz, als sie diesen Torwart ins Spiel brachte. Takuro wäre am liebsten aufgesprungen, doch er zog es aus diplomatischen Gründen vor, sich einfach nur in der Rückenlehne zu verkrallen, auf die er lässig seinen rechten Arm abgelegt hatte. „Er!“, fauchte er abfällig. „Was hat er denn bitte damit zu tun, dass du gestern mit deinen Freundinnen weg warst?“ Sein Blick musste vor Funken nur so sprühen, denn Momoko zog ihre Augenbrauen tiefer in ihr Gesicht. Doch sie hielt ihm tapfer stand. „Er hat damit gar nichts zu tun! Es geht mir darum, dass ich meine Freunde vermisse. Alle meine Freunde. Ich hätte gerne öfter Kontakt zu ihnen.“, erklärte sie schnell, aber eindringlich. Takuro klappte fassungslos der Mund auf. „Was? Seit wann zählt Yosuke zu deinen Freunden?!“, blaffte er sie an. Um seine Beherrschtheit war es nun geschehen. Es war unmöglich bei diesem Thema nicht die Nerven zu verlieren. Fahrig fuhr er sich durch sein Haar und ruinierte damit seine Pferdeschwanz-Frisur. „Du hast versprochen nicht wütend zu werden und mir zuzuhören!“ Ihr fordernder Tonfall machte es nur schlimmer. Im Stolz verletzt und außer sich vor Wut, sprang er auf und lief vor dem Sofa auf und ab. „Ich habe gedacht, du hast mich zu dir eingeladen, weil du ein wenig romantische Zeit mit mir verbringen wolltest! Stattdessen fängst du jetzt mit diesem Lederball fixierten Angeber an!“ Ein sehr finsterer Blick flog ihm zu. „Dieser Angeber hat mich in diesem verdammten Club vor einem Sittenstrolch gerettet! Ich habe es dir später erzählt, erinnerst du dich? Als wir uns wegen dem Alkohol und dem Foto unterhalten haben?“, konterte sie hartnäckig. „Erinnere mich lieber nicht daran. Dafür, dass du dort gegen meinen Willen hingegangen bist, könnte ich dich und deine ach so tollen Freunde, heute noch, in der Luft zerreisen!“ Wütend riss er die Arme hoch und gestikulierte wild mit ihnen. „Du solltest ihm dafür dankbar sein.“, erklärte Momoko deutlich ruhiger und abgeklärter, als zuvor. „Dankbar? Das Thema hatten wir schon – ich schulde ihm nichts. Du hättest dort gar nicht sein sollen! Was soll das jetzt überhaupt? Ist er jetzt dein Held und ich soll ihm huldigen? Willst du meine Erlaubnis, dich mit ihm zu treffen, damit du einen Kniefall vor ihm machen kannst? Hat er dich so sehr beeindruckt, ja?“ Takuro redete sich mehr und mehr in Rage, sein Blut kochte schäumend in seinen Venen über. Wütend galoppierte das Herz in seiner Brust. Wie konnte sie ihn nur so demütigen, nach allem, was er für sie getan hatte? Nach all den Ablehnungen, die er von ihr klaglos, aus Rücksicht, hingenommen hatte? Er sah ihr in die Augen und erschrak. Ihr Blick war starr und tapfer auf ihn gerichtet. Stolz drückte sie dabei ihr Kreuz durch, doch ihre Augen flackerten zerbrechlich. „Warum musst du deswegen so gemein werden?“, flüsterte sie mit zittriger Stimme. Ihr Anblick entwaffnete ihn. Hatte er es wieder übertrieben? War er zu hart zu ihr? „Momoko… siehst du denn nicht, dass ich mir Sorgen mache? Ich habe Angst dich zu verlieren!“ Sie schnaubte verächtlich. „Wieso denn? Wegen Yosuke Fuma, weil er mir aus einer misslichen Lage geholfen hat?“ Er hielt ihrem weinerlichen, gekränkten Blick nicht mehr Stand und wendete sich, ohne zu antworten, ab. Niemals würde er zugeben, dass sie Recht hatte und ihn die Eifersucht auf seinen ehemaligen Mitschüler, dem damals schon sämtliche Mädchen nachgerannt waren, zerfraß. Er musste zurückrudern, wenn er das Gespräch wieder in die richtige Bahn lenken wollte. „Worauf wolltest du von Anfang an hinaus? Erkläre es mir.“ Der Schwarzhaarige schob seine Brille hoch und rieb sich kurz die Augen. In seinem Kopf hämmerte es, doch er war bemüht wieder Fassung zu erlangen. Sein versöhnlicherer Tonfall war ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Ich möchte meine Freunde nicht aus den Augen verlieren, wenn wir irgendwann nach Amerika gehen. Aber auch jetzt schon nicht… du vertraust mir und ihnen nur bedingt und das verletzt mich. Ich will mich mit ihnen treffen können wann und wie ich es will, ohne dass du Angst hast, dass wir etwas anstellen könnten, was deinem neuen guten Ruf schadet.“ „Du hast Recht, ich vertraue deinen Freundinnen und diesem Fuma nicht. Wir beide wissen doch genau, warum. Wie und warum sollte ich meine Meinung über sie ändern?“ Sie zögerte kurz, aber da er ihr zuhörte, ohne wieder seine Stimme zu erheben, wagte sie eine Antwort. „Ganz einfach: Ich möchte, dass du ebenfalls Zeit mit Ihnen verbringst. Wir könnten alle Freunde werden, wenn du das zulassen würdest. Dann siehst du, wie sie wirklich sind… Hinagiku kennst du doch eigentlich schon aus deiner Kindheit, was soll sich da geändert haben? Und auch du hast mal wieder etwas Ablenkung verdient. Du verbringst deine Zeit doch fast nur damit für die Schule zu lernen und dich auf dein Studium vorzubereiten. Die Kreise, in denen du verkehrst, sind von der feinen und steifen Sorte. Wir sind doch aber noch so jung, wir sollten in unserer wenigen Freizeit auch noch etwas ausgelassen sein dürfen und Spaß haben. Findest du nicht?“ Von Satz zu Satz wurde sie euphorischer, Momoko sprühte fast schon vor Elan. Er konnte kaum Glauben, dass das tatsächlich ihr Ernst war. „Spaß haben. Mit deinen Freunden. Mit diesem Fuma.“, wiederholte er ungläubig. Sie hob hilflos lächelnd die Schultern. „Ja, warum denn nicht? Und außerdem schließt das nicht nur Yuri, ihren Freund Kazuya, Hinagiku und Yosuke mit ein, sondern auch seine Freundin Hiromi.“ Takuro horchte auf. „Hiromi? Ich dachte, sie kannst du nicht leiden?“ Momoko rollte seufzend mit ihren blauen Augen. „Jain… das stimmt schon, irgendwie… aber sie ist nun mal seine Freundin, genauso wie du mein fester Freund bist. Sie ist mindestens genauso schlecht auf die Mädchen und mich zu sprechen, wie du auf Yosuke.“ Langsam wurde die Idee seiner Verlobten immer verrückter. „Warum, abgesehen von dem angeblichen Spaß, den ich dabei haben könnte, sollte ich das alles mitmachen?“ „Weil… weil…“, grübelte sie angeregt. „Weil ich dir damit auch gleichzeitig beweisen könnte, dass du mir vertrauen kannst. Dass da zwischen Yosuke und mir zum Beispiel nichts ist, weswegen du dich sorgen müsstest.“ Ihr Gesichtsausdruck wurde hart und angespannt. Beschäftigte sie dieses Thema so sehr? Aber dieses eine Argument lies Takuro sacken. Von dieser Warte aus hatte er es noch nie betrachtet. »Kenne deinen Feind und kenne dich selbst, dann wirst du in hundert Schlachten nie in Gefahr geraten.« Es war das kluge Zitat eines chinesischen Militärsstrategen, das ihm da durch den Kopf ging. Er ließ die Idee in sich wirken. Nachdenklich, aber nicht mehr abgeneigt, lief er wieder hin und her; immerzu unter Momokos abwartenden, prüfenden Blick. Als er schließlich zum Stehen kam, schaute er sie erwartungsvoll an. „Wenn ich mich auf diese absurde Idee einlasse, dann nur für dich. Das ist dir doch klar?“ Sie schluckte und räusperte sich nervös, hob dann aber ihre rechte Hand hoch, sodass er ihren Verlobungsring im schummrigen Licht gut sehen konnte. „Tu es nicht für mich, tu es für uns.“ Das wollte er. Alles würde er für ihre Liebe geben. Er beugte sich über sie, sodass seine Arme sich rechts und links neben ihrem Kopf in die Sofalehne stemmten. Sofort wich die toughe Momoko wieder der nervösen und schüchternen jungen Frau von vorhin. „Ich liebe dich.“, raunte er ihr unverblümt zu. Sie musste es einfach hören, damit sie wusste, wie ernst es ihm war. Momoko schürzte die Lippen und blinzelte unruhig. Er hoffte auf eine Antwort. Wenigstens dieses Mal wollte er mehr von ihr und nicht einsam zurückbleiben. „Bitte sag etwas…“, flüsterte er. Sie löste den Blickkontakt auf und schaute unruhig hin und her. Takuro wusste, dass er sie in eine Ecke drängte, doch er brauchte ein Echo auf seine Gefühle für sie. Egal was sie einst vereinbart hatten, er brauchte jetzt mehr von ihr als nur ein liebes Lächeln oder einen schönen Augenaufschlag. Mit der rechten Hand an ihrem Kinn, drehte er ihr Gesicht wieder zu seinem und schaute ihr tief und lasziv in die Augen. Das Herz blieb ihr stehen, als er sie so ansah. Sie kannte diesen dunklen Blick sehr gut. Er ließ keine Sekunde vergehen, da legten sich seine Lippen auch schon sehnsüchtig auf ihre. Seine Hand wanderte von ihrem Kinn in ihren Nacken. Takuro zog ihr Gesicht näher zu sich heran und trieb mit seiner Zunge ihre Lippen fordernd auseinander. Momoko war überrumpelt, trotzdem ging sie auf sein Bitten ein und erwiderte den Kuss. Wie betäubt ließ sie es über sich ergehen. Darin hatte sie Übung, es war ja nicht das erste Mal. „Ich liebe dich… Deswegen werde ich versuchen, worum du mich gebeten hast.“, hauchte er ihr entgegen. Sie öffnete ihre Augen und wollte sich gerade über seine unerwartete Zustimmung freuen, als sie seinem Blick begegnete, der ihr direkt den Wind aus den Segeln nahm. Er war verhangen und irgendwie undefinierbar. Sie stieß einen erschrockenen Laut aus, als er von ihr urplötzlich abließ und in ihre Kniekehlen griff, um sie daran in eine liegende Position zu ziehen. „Wa…?“ Takuro versiegelte ihren Mund erneut. Nun lag sie unter ihm, vor Schreck unfähig sich zu rühren. Sie begann zu zittern; atemlos versuchte sie sich aus seinem Kuss zu befreien. „Was machst du denn?“, fragte sie verstört. Er streichelte mit beiden Händen ihr Gesicht und lächelte verliebt. Ihre Hände legten sich stoppend auf seine Schlüsselbeine. Was sollte das hier werden, wenn es fertig war? „Dich küssen… und dir zeigen, wie sehr ich dich liebe.“ Prompt blieb ihr die Luft weg. War das noch derselbe Takuro wie immer? Das letzte Mal, dass er ihr auf diese Art näher gekommen war, lag schon ein paar Wochen zurück. Damals hatte sie sich recht einfach aus der Situation stehlen können. Er wartete nicht auf eine Antwort von ihr, sondern nahm ihre Hände in seine und fixierte sie über ihrem Kopf. Sein heißer Atem kitzelte die Haut an ihrem Hals, bevor sich sein heißer Mund darauf legte und zu saugen begann. „Nicht!“, quietschte Momoko entsetzt auf. Takuro vollendete erst sein Werk, bevor er sich wieder erhob und ihre Hände los ließ. Sein Blick war plötzlich wieder finsterer und durchdringend. „Du gehörst zu mir, oder? Mit Leib und mit Seele.“, raunte er und strich ihr mit einem Finger über den frischen Bluterguss an ihrem Hals. „Ich versprach dir bei meinem Antrag, dass ich immer nur dich lieben- und ich jederzeit alles für dich und deine Familie tun würde. Erinnerst du dich?“ War das eine Anspielung? Sollte ihr die Art seiner Betonung einen Wink mit dem Zaunpfahl geben? Verständnislosigkeit spiegelte sich in ihrem Gesicht wider. „Gilt dieses Versprechen auch für dich? Liebst du mich… eines Tages?“ Seine rotbraunen Augen wurden traurig. Bestürzt sah Momoko ihn an, unfähig etwas Gescheites dazu zu sagen. Dafür meldete sich ihr schlechtes Gewissen mit aller Macht zurück. Takuro wollte nichts anderes, als von ihr beachtet und geliebt zu werden. Er wünschte sich Zuneigung und so ungern sie es sich auch eingestehen wollte, er hatte es auch verdient. Nach allem, was er für sie und ihren Vater möglich gemacht hatte. Egal, ob er sich dazwischen auch mal falsch verhielt… er war auch nur ein Mensch mit Fehlern, genau wie sie. Und sie hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als ihm die nächste Lüge unterzuschieben, nur weil sie zu schwach war sich von einem anderen Mann fernzuhalten. Sie war so falsch; untreu und verlogen… Momoko konnte Takuro einfach nicht die drei magischen Worte sagen, aber ihm sehr wohl wenigstens auf anderem Weg gefallen und ihn glücklich machen. „Ja, es gilt auch für mich.“, flüsterte sie schließlich zurück, legte ihre Hände um sein Gesicht und küsste ihn. So, wie er sie zuvor geküsst hatte. Sie spürte seine Verblüffung und wie sie schnell in Wohlgefallen umschlug. Aufgeregt schmiegte er sich an ihren Körper und ließ seine Hände, an ihm, bis zur Hüfte hinabgleiten. Momoko winkelte ihr rechtes Bein an und legte ihre Arme um den jungen, schmalen Mann. Sie hatte keine Angst mehr davor diese Grenze zu überschreiten. Die Zeiten, in denen diese Dinge in ihren Albträumen vorgekommen waren, hatte sie längst hinter sich gelassen. Takuros lange Finger begannen sich an den Köpfen ihrer Bluse zu schaffen zu machen, während er ihren Hals Stück für Stück abwärts liebkoste. Sie erschauerte, als er den leichten Stoff weg schob und dabei über die nackte Haut ihres Bauches streichelte. Momoko hatte keine Angst, trotzdem wurde sie nervös. Seine Berührungen waren ungewohnt und vorsichtig, sein Atmen ging verräterisch flach und schnell. Anders als bei ihr, war dies sein erstes Mal. Er musste wahnsinnig aufgeregt sein! Und sie durfte sich nicht anmerken lassen, dass ihre Jungfernschaft schon lange der Vergangenheit angehörte. Erschrocken schnappte sie nach Luft und warf den Kopf zur Seite, als seine linke Hand ihre rechte Brust, die noch im BH verborgen war, umschloss. Zaghaft und ungeschickt berührte er sie. Momoko kniff die Augen zu, als er sich dazu noch küssend über ihr Tal hinunter bis zur ihrem Bauchnabel bewegte. Ihr Körper sträubte sich ganz unwillkürlich gegen seine Avancen. Ohne es zu wollen, stahl sich Yosuke in ihre Gedanken. »Nein, nicht jetzt!«, ermahnte sie sich. Das war nicht der Zeitpunkt, um an ihn zu denken, aber sie verglich Takuros leidenschaftliche Bemühungen, schon seit er damit begonnen hatte, unbewusst mit seinen. Es fühlte sich mit dem Brillenträger nicht halb so richtig an, wie mit ihm. Das Gesicht des Schwarzhaarigen glühte vor Verlegenheit. Mit zitternden Fingern setzte er seine Brille ab und legte sie auf den Couchtisch neben ihnen. Dann zog er langsam sein Shirt aus, wonach er peinlich berührt und fast schon scheu dreinsah. Sein Oberkörper war, wie erwartet, schmal und bleich. Trotzdem und allein schon, um ihn zu ermutigen, strich sie mit ihren Händen über seinen Bauch bis zu seiner Brust hinauf. Sein Herz hämmerte wie wild darin. Er hatte wahrscheinlich mehr Angst, als sie. Seine flatterigen Hände nestelten an dem Hosenstall ihrer Jeans, parallel dazu küsste er sie immer wieder flüchtig. Takuro war sichtlich überfordert, aber blieb tapfer bei der Sache. Mit einem Zug zog er ihr die enge Hose von den Beinen und warf sie auf den Boden; nun beschleunigte sich auch Momokos Puls um einiges. Schüchtern versuchte sie ihren halbnackten Körper mit den Armen zu bedecken, doch natürlich war das sinnlos. Der Kopf des jungen Mannes rauchte überhitzt, doch in seinen Augen glomm, bei ihrem Anblick, Erregung und neu gewonnener Mut auf. Langsam beugte er sich wieder über sie, erkundete all ihre unbekleidete Haut und erzitterte unter den zurückhaltenden Berührungen ihrer Hände. Momoko sammelte ebenfalls all ihre Tapferkeit zusammen. Es war vollkommen anders, als mit Yosuke, aber das war zu erwarten gewesen. Wehmütig dachte sie an ihn und versuchte dann wieder ihr Herz zum Schweigen zu bringen, das schmerzhaft darüber klagte, dass sie sich dem falschen Mann hingab. „Es ist schon ok… ich bin auch nervös.“, flüsterte sie Takuro zwischen zwei Küssen zu. Ihre Blicke trafen sich, seine Augen suchten in ihrer Miene nach Ängsten oder Zweifeln, aber die gab es dort nicht. Sie würde ihm keine Schwäche zeigen oder zurückweisen. Dankbar lächelte er und schenkte ihr einen langen, romantischen Kuss dafür. Momoko hörte, wie er den Reißverschluss seiner Hose öffnete und atmete mit geschlossenen Augen tief durch. »Es ist wirklich ok, ich schaffe das!«, sagte sie sich überzeugt. Es gab nur den Weg nach vorn, das hatte sie sich am Morgen bereits selbst geschworen: Sie würde alles tun; koste es, was es wolle! Und so ließ sie das Unvermeidbare geschehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)