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~ Love at third sight ~

Mit dem Herz gegen alle Regeln
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Anmerkung: Es tut mir leid, dass dieses Kapitel so spät kommt, aber unser jüngster Kater (knapp 1 Jahr) wurde letztes Wochenende überfahren. Meine Kinder und ich sind untröstlich deswegen... ich konnte nicht sofort weiterschreiben. Komplett anzeigen

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Caught between two stools

Bis in die Haarspitzen angefüllt mit Endorphinen und Dopamin, kühlte ihr erhitztes Blut allmählich wieder herunter.

Als Momokos Blick sich wieder klärte, sah sie Yosuke nachdenklich in ihre Augen schauen. Auch er war nun wieder Herr seiner Gedanken. Er legte ihr seine rechte Hand auf die Wange und strich mit seinem Daumen über ihre geschwungenen Lippen.

„Ich glaube, das war unausweichlich.“, flüsterte er erschöpft.

Verlegen erwiderte sie seinen Blick, der ein wenig bekümmert wurde.

„Was ist?“, hauchte sie gegen seinen Daumen zurück.

„Ich kann dir einfach nicht leb wohl sagen. Auch wenn es falsch war, was wir gerade getan haben.“

Er lehnte seine Stirn an ihre, sein ruhiger Atem streifte ihr Gesicht. Mit Herzklopfen blinzelte sie ihn an.

Es war ein kurzes, aber heftiges und vor allem heißes Intermezzo gewesen. Ein Ausdruck dessen, wie sehr sie beide aus ihrem jeweiligen Leben ausbrechen wollten; wie sehr sie sich nach mehr sehnten… und dies nur ineinander finden konnten.

„Ich weiß.“, entgegnete Momoko schlicht.

Der Anflug eines Lächelns umspielte Yosukes Mundwinkel, doch sein Blick blieb ernst und es lag noch immer eine Spur Verlangen in ihm.

„Du weißt gar nichts… Du weißt nicht wie oft ich in den letzten Wochen an unsere gemeinsame Zeit zurückgedacht habe. Dich in meinen Gedanken lachen und weinen gehört habe, wie ich mich nach unseren Gesprächen gesehnt habe… und nach dem hier…“

Er nahm seinen Daumen von ihrem Mund, um eben diesen zu küssen.

„Und danach…“, raunte er weiter und liebkoste sich von ihrem Kinn den Hals hinunter bis zu ihrem Schlüsselbein.

Die junge Frau unter ihm seufzte erschauernd. Sie wusste genau, was er meinte. Sie vermisste ihn als Freund genauso sehr, wie als Liebhaber. Diese Sehnsucht in ihr war ihr gar nicht bewusst gewesen, dabei lag es jetzt, im Nachhinein, auf der Hand. Das war der Grund dafür, warum sie sich auf Takuro nicht hatte einlassen können; sie wollte nicht ihn, denn es gab einen anderen, den sie begehrte.

Der Dunkelhaarige war gerade an der tiefsten Stelle zwischen ihren Brüsten angekommen, als eine durchdringende, penetrante Musik sie beide hochschrecken ließ. Mit aufgerissenen Augen sah Momoko in die braungrünen des Torwarts, der sie verwirrt musterte.

Ihr Schrecken galt ihrem dumpf aus ihrer Schultasche rödelnden Handy, denn diesen Klingelton hatte sie einer ganz bestimmten Person zugeordnet.

»Takuro!«

„Oh Gott! Da muss ich rangehen! Schnell, lass mich aufstehen!“, drängte sie hektisch und krabbelte unter Yosuke hervor, der sich verstört aufsetzte und ihr nach sah.

Mit noch ganz wackeligen Knien, stolperte die Rosahaarige über die am Boden liegenden Klamotten und stürzte sich schlitternd auf ihre Tasche, um noch in letzter Sekunde den Anruf entgegennehmen zu können.

„Hey Takuro! Warum rufst du denn an?“, rief sie gehetzt in den Hörer hinein.

Der Dunkelhaarige zog sofort seine dichten Augenbrauen zusammen und musterte sie kritisch aus der Ferne. Als würde sie seinen Blick auf ihrer Haut spüren, sah sie sich zu ihm um und ermahnte ihn, mit dem Zeigefinger auf ihren Lippen, zur Stille. Ihr Gesichtsausdruck machte deutlich, dass sie aufgeregt und ängstlich war.

„Ja ich weiß, ich sollte mich nach dem Unterricht bei dir melden… Ich habe es vergessen. Ich hatte noch Raumdienst und wollte dann nur noch nach Hause… Es hat geregnet und ich war mit dem Fahrrad unterwegs, da konnte ich nicht telefonieren.“

Genervt von dem Verhör, runzelte sie die Stirn. Doch plötzlich starrte sie mit aufgeklapptem Mund in Yosukes Richtung.

„Die Arbeit! Jaaa~… nein, die habe ich nicht vergessen…“, log sie schnell und schlug sich ihre freie Hand an die Stirn.

Ihr verbotener Besuch sprang sofort verstehend vom Sofa auf, entledigte sich diskret seines Verhüterlis und richtete sein verbliebenes Outfit, während er weiter angespannt dem Telefonat lauschte.

„Ich? Ich bin quasi schon fertig und würde jetzt losgehen… Ich bin spät dran, aber das schaffe ich noch… Nein, du brauchst mich nicht hinbringen!“

Yosuke erstarrte und Momoko hielt die Luft an.

„Wie, du bist schon unterwegs?!“, fragte sie etwas zu schrill nach.

Dem halbnackten jungen Mann, in ihrem Wohnzimmer, klappte der Mund erschrocken auf.

„In 10 Minuten?... okay… nein, kein Problem. Danke. Bis gleich.“

Sie legte auf und sprang auf ihre Füße.

„Sag nicht, Takuro kommt hierher. Jetzt?!

Die Hobbyfotografin warf ihr Handy in die Tasche zurück und klaubte in heller Aufregung die herumliegenden Klamotten vom Boden auf, die in ihrer Nähe lagen.

„Oh doch! Und ich müsste schon längst auf dem Weg zum Maid-Café sein! Wir haben jetzt noch 10 Minuten! Hier, fang!“, rief sie ihm zu, als sie sein Hemd durch die Luft warf.

Sie schnappte sich ihre Schuhe, stellte sie ordentlich in den Flur, wo sie auch den Schirm zusammenklappte und mit der Schultasche an die Wand lehnte. Yosuke blieb nicht untätig. Nachdem er sich sein Hemd übergeworfen hatte, sammelte er ihre Bluse und auch ihr Höschen ein, was sie ihm beides mit hochrotem Kopf aus den Händen riss.

„Sieh zu, dass du deine Spuren so verwischst, dass man sie nicht aus Versehen im Mülleimer entdeckt... Ich werfe meine Sachen in die Wäsche und muss mich umziehen und meine Haare… oh Gott, wenn er was bemerkt!“

Mit Schnappatmung und schriller Stimme fuhr sie sich durch ihr zerwühltes Haar. Noch 8 Minuten, bis ihr Verlobter hier auftauchte.

„Geh und mach dich fertig, ich räume den Rest hier auf und verschwinde dann.“, versuchte der Brünette sie zu beruhigen.

„Er darf dich nicht sehen! Nicht mal in meiner Straße!“, ermahnte sie ihn eindringlich.

Er grinste gespielt gekränkt.

„Keine Sorge, ich bin ganz schnell weg.“

Momoko drehte sich auf dem Weg zur Treppe noch mal zu ihm um.

„Tut mir leid, ich…“

„Schon gut, ich verstehe schon.“, unterbrach er sie kopfschüttelnd, aber lächelnd.

Ohne ein weiteres Wort, schüttelte Yosuke schnell die Couchkissen auf und öffnete die Fenster, um verdächtige Gerüche verschwinden zu lassen.

Oben angekommen wand sich die junge Frau abermals zu ihm um. So konnte sie ihn nicht gehen lassen. Sie wollte nicht schon wieder in Ungewissheit leben!

„Yosuke, sehe ich dich wieder?“

Perplex drehte sich der Torwart zu ihr um; er war gerade dabei sein Hemd wieder zuzuknöpfen.

„Möchtest du das denn?“, fragte er schief grinsend.

Das fragte er noch? Nachdem er ihr selber gesagt hatte, dass er ihr nicht lebe wohl sagen konnte?

Die Blauäugige nickte heftig und fast war es ihr peinlich, das zuzugeben. Sie erntete ein warmes, glückliches Lächeln dafür.

„Heute Abend? Zum Reden?“

„Ja!“, bestätigte sie.

„Hast du meine Nummer noch?“

Sie errötete, als sie erneut nickte. Sie hatte es nicht fertig gebracht sie zu löschen.

„Dann melde dich einfach, wenn die Luft rein ist. Dann komme ich wieder her.“

Ihr Herz machte einen erleichterten Hüpfer. Voller Euphorie drehte sie sich um und verschwand in ihrem Zimmer.

Sie hörte irgendwann die Haustür ins Schloss fallen, doch statt Wehmut erfasste sie die Vorfreude auf das schnelle Wiedersehen. Was gerade in der letzten halben Stunde geschehen war, war unglaublich! Es fühlte sich bereits unwirklich an, wie ein Traum, doch sie spürte es noch am ganzen Körper kribbeln. Das Adrenalin, das ihr Herz wegen der Angst erwischt zu werden durch ihre Venen pumpte, war an ihrem Hochgefühl nicht ganz unschuldig.
 

Takuro klingelte pünktlich an ihrer Tür.

Momoko hatte es in der Eile gerade erst geschafft in ihre Arbeitsuniform zu schlüpfen, denn Zeit, sich wie immer erst im Café umzuziehen, blieb ihr nicht mehr.

„Ich komme gleich!“, schrie sie durch das große Haus und malträtierte ihr postkoitales Haar noch hektischer mit der Haarbürste, um es anschließend in ihrem Nacken zu einem dicken Dutt einzudrehen.

Ein breites Haarband, als Schleife verknotet, band sie darüber und fertig war die perfekte Vertuschungsfrisur.

Nervös und mit großen Schritten, huschte sie die Treppe hinunter und warf einen flüchtigen Blick in ihr Wohnzimmer und zum Flur. Alles sah unbenutzt und ordentlich aus wie immer. Yosuke hatte gute Arbeit geleistet.

An der Haustür angekommen, straffte und räusperte sie sich, bevor sie öffnete.

„Na endlich! Ich habe mir schon Sorgen gemacht!“, begrüßte Takuro sie mit strenger Miene.

Er trug die strenge, elitäre Uniform seiner Schule. Anscheinend hatte er vorher keine Zeit mehr gehabt sich umzuziehen. Sie war ganz schwarz, mit edlem, silbern eingesticktem Schulwappen auf der Brust, einem weißen Hemd unter dem Blazer und einer ebenfalls schwarzen Krawatte.

„Tut mir leid, ich hatte Schwierigkeiten mit meiner Frisur. Dieses Wetter ist ein Graus für jedes langhaarige Mädchen.“, versuchte sie lachend zu erklären und deutete auf ihren Dutt.

„Du bist ja so gut gelaunt.“, stellte Takuro misstrauisch fest.

„Ach so? Naja, ich freue mich einfach, dass du mich davor bewahrst zu spät zur Arbeit zu kommen.“, flunkerte Momoko leichthin.

Der Schwarzhaarige machte eine Handgeste, mit der er sie einlud mit ihm zum bereitstehenden Auto zu gehen. Der Regen hatte inzwischen aufgehört.

„Ich hatte angenommen, dass du mir noch böse bist. Es überrascht mich, dass du es so positiv auffasst, dass ich darauf bestanden habe dich hinzubringen.“

Seine Verlobte unterdrückte ein Augenrollen.

„Ich möchte einfach nicht mehr streiten. Wenn es dich glücklich macht, dann bin ich einverstanden.“

Ihr plötzliches Einlenken verwirrte den aufstrebenden, jungen Mann.

„Auch damit, dass du dich immer telefonisch melden sollst, wenn du Schulschluss hast oder etwas vor hast?“, hakte er ungläubig nach.

„Darüber reden wir noch, aber vorerst ist das ok, solange ich meine Freunde noch sehen und treffen darf, wie ich möchte.“

Takuro machte kurz eine verkniffene Miene, beschloss dann aber fürs Erste den frischen Frieden mit seiner Angebeteten zu wahren.

„Gut, dann lass uns fahren.“
 

Auf dem Weg zu sich nach Hause strahlte Yosuke über das ganze Gesicht. Es war fast so, als Riss der bewölkte Himmel nur für ihn endlich auf. Frische, reingewaschene Luft füllte seine Lungen; er hätte Bäume ausreißen können!

So lebendig und schlicht glücklich, hatte er sich eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gefühlt. Wieder und wieder sah er Momoko vor sich, spielte ihre Liaison in Gedanken ein ums andere Mal durch und spürte das Kribbeln in seinem Bauch dabei. Es tat so gut zu wissen, dass sie ihn ebenso vermisst hatte und wiedersehen wollte, wie er sie. Längst war dem Dunkelhaarigen natürlich der Gedanke gekommen, dass es moralisch falsch war, was er getan hatte, aber es schreckte ihn nicht ab.

Als Yosuke seine Wohnung betrat, empfing ihn der umwerfende Duft von warmen Essen. Er hatte gar nicht bemerkt, wie ausgehungert er eigentlich war. Wie üblich führte ihn sein erster Weg zum Wohnzimmer, wo er Hiromi dabei beobachtete, wie sie lustlos am Esstisch saß, wo abgedeckte, dampfende Töpfe standen. Ihre Ellenbogen stützten sich auf die Tischplatte und ihr Kopf ruhte auf ihren verschränkten Händen.

„Hallo.“, rief er ihr vorsichtig zu.

Sie schreckte hoch.

„Yosuke… hi.“, entgegnete sie zurückhaltend.

Ihre lilafarbenen Curlys wippten, als sie ihren Kopf schnell wieder zum Tisch wegdrehte. Ihre roten Augen schauten bedrückt und entmutigt zu den abgedeckten Speisen.

„Hast du etwa Essen gemacht?“, hakte der Torwart nach.

Er gab sich einen Ruck und versuchte nicht allzu kühl zu wirken. Schließlich war es das erste Mal, dass sie ihn schweigsam begrüßte und nicht mit ihrer schrillen Art über ihn herfiel. Sie nickte, erstaunt über seinen freundlichen Tonfall, in seine Richtung.

„Ich dachte, nach dem Training hast du vielleicht Hunger.“, erklärte sie langsam, während sie die Handtücher von den Töpfen zog.

Yosuke biss sich getroffen auf die Unterlippe, als er daran dachte, dass er ungeplant einer ganz anderen Art von körperlicher Ertüchtigung nachgegangen war. Ganz leise klopfte sein schlechtes Gewissen bei ihm an.

„Ich habe sogar einen Bärenhunger!“

Hiromi erlaubte sich ein erfreutes Lächeln.

„Wirklich? Ist das auch nicht zu aufdringlich von mir?“, hinterfragte sie noch etwas ungläubig über seine ungewohnt gute Stimmung.

„Im Gegenteil, es war sehr aufmerksam von dir, dass du etwas gemacht hast. Was gibt es denn?“

Ungern musste er zugeben, dass es tatsächlich eine nette Geste von ihr war und es verdammt gut roch.

„Curry mit Reis.“, sagte sie im stolzen Singsang und enthüllt Reis und Soße.

Ihr Freund schluckte kurz.

„Du isst doch sicher mit?“

Auch wenn es sich merkwürdig anfühlte, gebot ihm doch die Höflichkeit, sie danach zu fragen. Er drängte die Gedanken an Momoko in seinem Kopf zurück, aber seine gute Laune blieb und verhalf ihm ganz unverhofft dazu, nett zu Hiromi zu sein. Sein Frust und sein Kummer waren verschwunden; er fühlte sich einfach ausgeglichen.

„Natürlich! Wenn ich darf…“, freute sich die Kurzhaarige diebisch.

Nach dem obligatorischen Händewaschen, saß sich das auseinandergelebte Paar eine Weile schweigend gegenüber, während Hiromi Reis und Curry auf die Teller verteilte. Sie machte einen sehr hochtrabenden, stolzen Gesichtsausdruck, als sie dem Torwart seine Portion reichte.

„Das habe ich mit viel Liebe gekocht.“, säuselte sie verliebt.

Etwas in ihrem Gegenüber zog sich unangenehm zusammen. Er erwiderte ihre Gefühle nicht, dazu war er noch nicht wieder fähig. Ohne einen Kommentar führte er einen vollen Löffel zu seinem Mund, sein Magen knurrte ungeduldig.

Wenn er auch nichts erwidern konnte, so konnte er ja trotzdem nett zu ihr sein und wenigstens lächeln.

„Und? Schmeckt es dir?“, fragte sie mit hoher Stimme und erwartungsvollem Blick.

Yosuke kaute und schluckte. Zu seinem Bedauern schmeckte es furchtbar.

Er erschauderte, als er den Bissen hinunter schluckte und auf den randvoll beladenen Teller schaute. Wie konnte etwas, das so gut roch, so scheußlich schmecken?

„Uuuund?“, drängelte Hiromi ungeduldig.

»Sei nett zu ihr.«, mahnte er sich gedanklich.

„Es schmeckt ganz prima.“, presste er unter einem gestellt begeisterten Lächeln hervor.

Seine Köchin klatschte vor Freude die Hände zusammen und begann selber zu essen. Anders als ihr Tischgeselle, musste sie nicht vorspielen, dass sie ihr Fabrikat geradezu köstlich fand. Genüsslich seufzend wanderte Löffel um Löffel in ihren Mund. Der Dunkelhaarige zwang sich mitzuhalten, aber sein Magen rebellierte heftig.

„Magst du nicht mehr? Du wirst so blass?“

„Alles gut, ich bin nur müde vom Training.“, flunkerte er und schob den fast leeren Teller von sich. „Ich glaube, ich bin satt.“

Sein Bauch beschwerte sich grummelnd.

„Ehrlich? Ich könnte mir glatt noch eine Portion auftun! Ich habe ja sooo einen Hunger! Das macht bestimmt die Schwangerschaft.“

Yosuke stutzte. Hätte sie es nicht ausgesprochen, hätte er es schon wieder vergessen. Man sah noch nichts, aber der kleine Krümel in ihrem Bauch existierte. Wahrscheinlich war das der Grund für Hiromis heftige Geschmacksverirrung. Irgendwie amüsierte ihn das und ließ ihn vergessen, dass sich seine runtergequälte Portion später wahrscheinlich noch rächen würde.

„Hiromi… wie war denn dein Tag?“

Verdutzt sah sie von ihrem Essen auf.

„Hast du mich gerade nach meinem Tag gefragt?“

Der Braunhaarige zuckte mit den Schultern und nickte, als wäre nichts weiter dabei.

Es war an der Zeit aufzuwachen und endlich einen Schritt nach vorne zu tun. Wenn Momoko mit Takuro zusammen sein konnte und sich dafür selbst zurückstellte, dann konnte er das auch. Sie war schließlich kein abscheuliches Monster, sondern nur ein etwas verdrehtes Mädchen, das im Begriff war sein Kind auszutragen.

„Ist etwas passiert, dass du plötzlich so nett zu mir bist?“, hinterfragte Hiromi misstrauisch.

Er dachte sofort an den vergangenen Nachmittag, aber schüttelte trotzdem resolut den Kopf.

„Nein. Ich interessiere mich einfach nur dafür.“, log er.

Ihre Freude darüber strahlte aus jeder ihrer Poren; umso schwerer wog sein schlechtes Gewissen, weil es sein Herz nicht erwärmen konnte.
 

Leichtfüßig und unbeschwert tänzelte Momoko bis zum späten Abend zwischen den Gästen und ihren Tischen umher. Ihre gute Laune übertrug sich auf ihre Kunden; ihr Lächeln und das Strahlen ihrer Augen, ließ ihre Trinkgeldbörse mehr als sonst anschwellen. Die positive Ausstrahlung der jungen Frau motivierte auch ihre Kolleginnen zu Höchstleistungen, aber an diesem Abend stach sie unter ihnen hervor.

Lächelnd verabschiedete sie am Ende des Tages ihre letzten Kunden und schloss hinter ihnen zu.

„Gute Arbeit, Hanasaki-chan.“, hörte sie ihre Chefin sagen.

Sie drehte sich zu der Schwarzhaarigen um und schaute in deren prüfende Augen.

„Dankeschön.“

Die hochgewachsene Frau hatte die Arme verschränkt und grinste sie wissend an.

„Die ganze Schicht über strahlst du schon so von innen heraus. Als dich dein Freund gebracht hat war es, als hätte sich die Sonne doch noch durch die Wolkendecke gekämpft.“

Momoko blinzelte überrascht und wurde rot.

„Ach, tatsächlich?“, erwiderte sie verlegen und strich sich eine gelöste Haarsträhne hinter ihr Ohr.

Ihre Vorgesetzte, die heute eine edle Bluse und einen schicken, schokoladenbraunen Bleistiftrock trug, stieß sie freundschaftlich mit einem Ellenbogen an.

„Komm schon, mir kannst du es doch erzählen. Es ist etwas Gutes passiert, oder? Und ich wette, es hat etwas mit einem Jungen zu tun.“

Die Gesichtsfarbe ihrer Kellnerin färbte sich ertappt noch eine Nuance dunkler.

„Was? Wie kommen sie denn darauf?“

„Liebes, ich bin zufällig auch eine Frau und habe außerdem schon ein bisschen mehr Erfahrung, in gewissen Dingen, als du. Ich sehe dir an der Nasenspitze an, dass etwas anders ist.“

Das Glühen im Gesicht der Rosahaarigen breitete sich bis über ihre Ohren aus. Hektisch lief sie zum Tresen, wo sie sich einen Eimer und Putzmittel schnappte und danach zu den Tischen ging. Ihren Schatten wurde sie dadurch allerdings nicht los.

„Die Beziehung mit deinem Verlobten muss gut laufen.“, konfrontierte sie ihre Chefin flüsternd, als sie bereits die erste Tischplatte hartnäckig bearbeitete. „Er muss dich ja sehr glücklich gemacht haben.“, ergänzte sie mit einem vielsagendem Zwinkern und breitem Grinsen.

Durfte ihre Vorgesetzte überhaupt solche Dinge zu ihr sagen oder mit ihr über Intimes reden?

„Ich weiß gar nicht, wovon Sie da reden.“, stammelte Momoko nervös und mied dabei den Blickkontakt.

„Hanasaki-chan… wie viele Monate arbeitest du jetzt schon hier? Ich beobachte meine Mädchen hier sehr genau und ich weiß, dass du in den letzten Wochen der schlimmste Trauerkloß warst, den die Welt je gesehen hat! Nur heute kommst du quasi durch die Tür geschwebt und leuchtest von innen heraus, wie noch nie zuvor. Dein Blick, dieses unbewusste Lächeln hin und wieder, der Hauch von Rosa auf deinen Wangen, das Strahlen deiner Haut… also wenn ich mal etwas indiskret sein darf…“, setzte sie räuspernd an. „Er muss wirklich gut gewesen sein.“, flüsterte sie ihr ins Ohr.

Die Highschool Schülerin versteifte sich und riss die Augen weit auf.

„Er?!“, wiederholte sie überspitzt und mit rauchendem Kopf.

Die schwarzhaarige Frau rollte mit den Augen.

„Na dein Freund bei… du weißt schon.“

Momoko wollte in Ohnmacht fallen vor Scham. War es etwa so offensichtlich, dass sie Sex gehabt hatte?! Der erwartungsvolle Blick ihres Gegenübers und wie sie gespannt auf der Unterlippe herumkaute, sagte alles. Ja und erzähl endlich Details.

„Nein. Weiß ich nicht. Takuro und ich… so weit sind wir noch nicht.“

Ihrer Chefin klappte der Mund perplex auf. Jetzt war es an ihr verlegen zu sein.

„Im Ernst?! Und ich rede mich hier um Kopf und Kragen! Entschuldige, aber weil ihr schon so lange zusammen und verlobt seid, da dachte ich…!“

Bevor das Ganze noch peinlicher wurde, winkte Momoko lächelnd ab.

„Schon ok, alles gut. Ich wollte das nur klarstellen.“

„Puh… tut mir leid, dass ich dich in Verlegenheit gebracht habe. Ich war mir so sicher, dass deine gute Laune daher rührt…“

Erleichtert legte sie eine Hand auf ihr Herz und atmete tief ein und aus. Ihre junge Angestellte wechselte den Tisch, doch anscheinend war das Gespräch immer noch im vollen Gange. Das hatte man nun davon, wenn man einen freundschaftlichen Umgang mit seiner Vorgesetzten pflegte…

„Möchtest du nicht darüber reden? Es muss doch etwas Positives sein, was dir passiert ist. Warum machst du so ein Geheimnis daraus?“, hakte die selbstbewusste Jungunternehmerin nach.

„Es ist nichts Besonderes passiert.“, antwortete Momoko knapp.

Was sollte sie auch sonst sagen? Dass sie im Prinzip Recht mit ihrer ersten Vermutung hatte, nur der männliche Part ein anderer als ihr Verlobter war? Bis zu diesem unangenehmen Gespräch hatte die Blauäugige erfolgreich verdrängt, dass sie schon wieder denselben, fatalen Fehler gemacht hatte. Sie hatte Takuro betrogen.

Nur das schlechte Gewissen wog dieses Mal um einiges leichter, als beim ersten Mal. Sie war nicht etwa abgebrühter oder gleichgültiger geworden, aber ganz genau erklären konnte sie sich das selber auch noch nicht. Sie war eigentlich die letzte, die vorsätzlich mit den Gefühlen anderer spielte oder leichtsinnig das Wohl geliebter Menschen aufs Spiel setzte, aber dieses eine Mal war sie egoistisch gewesen.

Nachdem sich ihr Innerstes nach Wochen und Monaten disziplinierter Selbstaufgabe und Aufopferung für andere ausgehungert, leer und trostlos angefühlt hatte, war es Yosukes Freundschaft und Nähe gewesen, die sie wieder in Ordnung gebracht hatten.

Er war das Pflaster für ihre Seele.

Das würde sie ihm heute sagen müssen, denn auch wenn es verwerflich war in ihrer Position so über ihn zu denken, so entsprach es doch der Wahrheit und sie hatte das untrügliche Gefühl, dass es ihm genauso ging.

Sie mussten bereden wie es weitergehen sollte, denn zwischen dem, was sie tun mussten und dem, was sie tun wollten, lagen Welten und beide waren ohne Opfer oder Risiken nicht miteinander zu verbinden.

„Na gut… es geht mich ja im Prinzip auch nichts an, aber ich freue mich trotzdem, dass es dir heute so gut zu gehen scheint. Ich hoffe, das bleibt jetzt auch so. Egal, wer oder was dir gut tut; halte es ab jetzt ganz fest.“

Mit einem motivierenden Augenzwinkern tätschelte sie Momokos Schulter und ging dann wieder an ihre eigene Arbeit. Der Tagesumsatz rechnete sich schließlich nicht von alleine zusammen.

Die junge Kellnerin seufzte augenrollend und stützte sich dabei auf den Tischkanten ab.

»Ich soll ihn also festhalten, auch wenn das mein Untergang sein könnte?«

Sie schüttelte die aufkommenden, grauen Gedanken ab und verrichtete weiter ihre Arbeit. Jetzt war nicht der Zeitpunkt darüber nachzudenken.
 

Als Takuro sie wie angekündigt nach ihrer Schicht abholte, war Momokos Höhenflug abgeflaut. Je mehr sich die Aussprache mit Yosuke näherte, desto mehr Angst bekam sie davor. Sie wusste nicht mehr, was sie tun sollte. Herz und Kopf sprachen zwei unterschiedliche Sprachen.

Ihr Verlobter saß hier im Auto neben ihr, hielt ihre beringte Hand, schenkte ihr ein zufriedenes, verliebtes Lächeln und träumte wahrscheinlich von einer glorreichen Zukunft mit ihr als seine Frau an seiner Seite. Sie schwiegen die Autofahrt über, was der Rosahaarigen ganz recht so war. Es hing so viel von ihrer Verbindung mit Takuro ab, aber noch nie hatte es sich so unecht angefühlt wie jetzt.

„Du bist so schweigsam? Wo ist deine gute Laune hin, die du heute Nachmittag noch hattest?“, fragte Takuro sie, kurz bevor sie in ihre Straße einfuhren.

„Ich bin nur etwas geschafft, heute war viel los.“, flunkerte sie und setzte dabei ein müdes Lächeln auf.

„Das glaube ich gerne. Ich wünschte, du würdest diesen Job aufgeben. Du weißt ja, dass ich dafür sorgen kann, dass du es nicht mehr nötig hast so zu Geld zu kommen.“

„Ich möchte es aber so. Ich fühle mich nicht gut dabei von dir und deiner Familie abhängig zu sein. Noch sind wir einfache Schüler im Abschlussjahr und unverheiratet. Es käme mir falsch vor… außerdem sammle ich so ein paar Erfahrungen fürs Leben und komme unter Menschen.“

„Ich weiß, ich weiß…“, erklärte der Schwarzhaarige ruhig und gab ihr, wie sooft, einen flüchtigen Handkuss.

Momoko konzentrierte sich auf das Gefühl dabei. Sie konnte vorgeben sich geschmeichelt zu fühlen, verzückt zu sein und diesem Mann vielleicht sogar alles von sich geben ohne Skrupel zu haben, aber sie würde nie das empfinden, was Yosuke in der Lage war bei ihr auszulösen.

„Träumst du?“

Sie schreckte tatsächlich aus ihrem Tagtraum hoch und erntete ein belustigtes Lächeln.

„Du scheinst ja wirklich schon müde zu sein. Na dann will ich dich mal aussteigen lassen.“

Amüsiert stieg Takuro aus. Momoko hatte gar nicht bemerkt, dass sie bereits geparkt hatten, straffte sich aber schnell, als ihr Verlobter ihr wie immer galant die Autotür aufhielt.

„Rufst du mich morgen wie versprochen nach der Schule an?“

„Ja, okay.“

„Entschuldige, dass ich dich jetzt nicht zur Tür bringe, aber ich habe Zuhause noch einiges für den Unterricht zu erarbeiten und es deswegen etwas eiliger als sonst.“

„Du bist und bleibst eben doch ein Streber.“, neckte sie Takuro.

Er grinste, funkelte sie aber dunkel an. Bevor sie ging zog er sie an ihrer Hand noch mal zu sich rum und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Sie legte ihre überrascht auf seine. Dass er sie küsste hätte sie nicht überraschen dürfen, schließlich war das inzwischen ganz normal zwischen ihnen geworden, doch sie hatte ihren Kopf einfach ganz woanders.

Nach einem kurzen, atemlosen Augenblick entließ Takuro sie aus seinem Griff und sah sie zufrieden an.

„Dein Streber, für immer und ewig.“

Momoko schluckte schwer, aber kämpfte sich durch den Nebel der Überrumpelung zu einem Lächeln durch.

„Gute Nacht, Ta-kun.“, hauchte sie ihm entgegen und wand sich dann um.

Da war es wieder, ihr schlechtes Gewissen, das sich nun mit aller Macht auf sie stürzte. Sie versuchte vor ihm zu flüchten und es auszuschließen, als sie die Haustür hinter sich verschloss, doch es hatte sich unnachgiebig an ihre Fersen geheftet.

Mit Herzrasen beobachtete sie vom Wohnzimmer aus, wie Takuro davon fuhr. Sie legte ihre Sachen ab und zückte ihr Handy. Yosukes Nummer war schnell angewählt, aber sollte sie ihn auch wirklich anrufen?

Frustriert warf sie das Telefon auf die Couch und raufte sich das verknotete Haar. Sie löste den Dutt und ließ ihr Haar ungezähmt über ihre Schultern fallen.

»Was soll ich nur tun?!«

Die Blauäugige schloss ihre Augen und klammerte sich an sich selbst fest. Diese Entscheidung konnte ihr niemand abnehmen, doch eigentlich war sie längst gefällt. Er war überall; in ihrem Kopf, in ihrem Bauch, unter ihrer Haut… er ließ sich von dort nicht mehr vertreiben, egal was die Vernunft ihr riet.

Mit eiliger Hand griff sie nach ihrem Handy und begann eine Nachricht zu tippen, während sie sich aufmachte die Stufen zur oberen Etage zu erklimmen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2015-06-26T19:39:18+00:00 26.06.2015 21:39
Wow..yosuke überrascht mich immer mehr... aber tada was hab i mir gedacht die beiden können nicht ohne aneinander, hoffentlich geht nichts schief das die beiden such noch maö sehen eine gemeinsame nacht vebringen reden und sich Zuneigung geben das wäre sooooo tolll.... ach jaa kopfkino


Sry wegebän deiner mietz, mir würde es auch so gehen...
Du hast das Kapitel trotz dein kumper super hinbekommen... klasse gemacht 👍👏😊
Von:  Tasha88
2015-06-26T13:16:02+00:00 26.06.2015 15:16
erstmal mein Beileid :( es ist immer schwer, jemanden zu verlieren, an dem man das Herz hängen hat, auch wenn es "nur" ein Tier ist, tut es nicht unbedingt weniger weh...

das Kapi war so toll wie immer und ich freue mich immer, wenn ich sehe, dass ein neues Kapi da ist ^^


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