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~ Love at third sight ~

Mit dem Herz gegen alle Regeln
von

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To make peace

Hiromi erwachte aus einem tiefen Schlaf und war dennoch furchtbar müde. Draußen war es noch dunkel, sie war weit vor der Zeit aufgewacht. Yosuke neben ihr lag abgewandt auf der Seite und schlief selig wie ein Kind. Sie hob die Decke im Halbdunkel um sich zu vergewissern, ob sie nur geträumt hatte, doch sie war wirklich nackt. Ihre Knie waren noch weich und zittrig, ihr Körper fühlte sich ausgelaugt an und trockener Schweiß klebte an ihrer Haut. Sie fuhr ein paar ihrer Körperkonturen ab, hier und da tat es bei Berührungen weh; Hiromi hatte ein paar blaue Flecken zu verzeichnen.

Seufzend schloss sie wieder die Augen. Yosuke und sie hatten sich lange und intensiv geliebt, aber die Art, wie sie es getan hatten, war ganz anders als sonst gewesen. Rauer, wilder… beinahe grob! Er war so fordernd gewesen. Wie ein ausgehungerter Wolf, der ein Lamm richtete. Trotzdem überlief sie ein wohliger Schauer, denn so hatte er sie noch nie genommen. Ja, es war anders gewesen, aber auf eine sehr spezielle, erotische Weise. Irgendwie dunkler, so bestimmend wie er gehandelt hatte. Das er sie dabei so passiv gewollt hatte, störte sie nicht. Viel zu sehr freute sie sich darüber, wie begierig er ihren Körper erkundet und in Besitz genommen hatte. Alles hatte er ihr abverlangt und doch hatte er ihr nicht erlaubt ihm etwas zurückzugeben, außer ihrer grenzenlosen Ergebenheit.

»Er hat mich benutzt.«, dachte Hiromi bei sich und biss sich dabei grinsend auf die Unterlippe.

Wenn Yosuke das gefiel und er sich endlich traute diese Seite auszuleben, wollte sie ihm dabei nicht im Wege stehen. Sie war bereit ihm alles zu geben, denn dafür gehörte er nur ihr ganz allein!
 

Fiebrige Finger glitten über ihren zittrigen Körper und sie spürte heißen Atem auf ihrer Haut. Es war dunkel und still, nur ihre stoßweise gehenden Luftzüge waren zu hören. Doch da bewegte sich noch etwas im Dunkeln über ihr, sein Gewicht drückte sie auf das Bett in dem sie lag. Eine kalte, widerliche Zunge glitt von ihrem Schlüsselbein zu ihrem Ohr hinauf; sie hatte furchtbare Angst und wollte schreien, doch kein Laut entkam ihrer Kehle.

„Liebe mich!“, stöhnte ihr eine nur allzu bekannte Stimme ins Ohr.

Panisch versuchte sie sich ihm zu entwinden, doch es gelang ihr nicht, er war zu stark.

»Bitte nicht!«, schrie alles in ihr.

„Meine Frau… endlich bist du mein…“

Als sie seine Finger an ihrem Hosenbund spürte, war ihr Entsetzen unermesslich, Tränen rollten ihr aus den Augen und sie wollte sie könnte an ihnen ersticken.
 

„NEIN!“, schrie Momoko entschieden und schnellte hoch.

Der Morgen graute vor ihrem Fenster, Vögel zwitscherten in der Frische des anbrechenden Tages. Ihr Zimmer war wie immer, nichts erinnerte an die schreckliche Szene, die sie eben noch erlebt hatte.

»Ein Alptraum?«

Kalter Schweiß tränkte ihren Pyjama und ihre Haare klebten teilweise strähnig in ihrem Gesicht.

„Nur ein Traum, zum Glück!“, beruhigte sie sich selbst.

Momoko kicherte kurz erleichtert, doch dann verzog sich ihr Gesicht zu einer weinerlichen Miene. Sie knüllte ihre Zudecke zwischen ihren Fäusten zusammen und vergoss leise schluchzend ein paar Tränen auf ihren Bettbezug.

Bevor sie aufstand und den Tag bestritt, der genauso grau war wie ihr ganzes Leben im Moment, wollte sie sich diesen einen Moment der Schwäche erlauben.

»Es gibt kein Zurück, sei stark Momoko. Es wird schon alles gut werden.«, versuchte sie sich zu sagen, doch sie weinte nur stärker.
 

Eine Stunde später bereits war ihr sämtlicher Kummer aus dem Gesicht gewaschen, frisch geduscht und gestylt zog sie sich eine schwarze Dreiviertelleggins und ein langärmeliges Shirt in Mintgrün mit weitem Rundhalsausschnitt an. Leger und bequem, genau richtig für ein paar Hausarbeiten. Sie band ihr langes Haar mit einem gelben Haarband zu einem frechen Pferdeschwanz hoch und schlüpfte in ein Paar Ballerinas, die ihr als Hausschuhe dienten. Die Zubereitung eines Frühstücks war ihre erste Mission.

Auf leisen Sohlen schlich Momoko zum Schlafzimmer ihres Vaters, an dessen Tür sie leise klopfte, doch es kam keine Antwort.

„Papa? Was möchtest du zum Frühstück haben?“, fragte sie besonders fröhlich klingend.

Die hölzerne Tür blieb ihr eine Antwort schuldig. Seufzend drückte Momoko die Klinke herunter und spähte vorsichtig in das finstere Zimmer hinein.

„Papa?“, fragte sie leise hinein.

Ein unwilliges Grummeln kam aus der hintersten Ecke zu ihr vorgedrungen. Ein unangenehmer, beißender Geruch drang ihr in die Nase. Momoko hielt sie sich zu und schaltete das Licht in dem Raum an.

Vor ihr lag ein schmuddeliges Zimmer, in dem ein Chaos aus herumliegender Wäsche, altem Essgeschirr, Bierflaschen, Unterlagen und diverser Fotoausrüstung herrschte.

„Gnah… Momoko, mach das Licht aus!“, knurrte die grummelnde Stimme, die unter einer fleckigen Zudecke auf einem vollgemüllten Bett lag.

„Papa! Wie sieht es denn hier wieder aus?“, klagte seine Tochter rüffelnd und bahnte sich einen Weg zu den Fenstern, die hinter dunklen Vorhängen lagen.

Mit einem Ruck, der sämtlichen Staub aus den Stoffen löste, schob Momoko sie zur Seite und öffnete beide Fenster sperrangelweit.

„Momoko, was soll das? Lass mich schlafen…“

„Nichts da, du musst aufstehen, dich waschen und etwas essen! So hier kann das nicht weitergehen, du musst dich aufrappeln und dir wieder eine Arbeit suchen!“, widersprach sie entschieden.

Mit einem weiteren Ruck zog sie ihrem Vater die Decke weg. Er lag voll bekleidet und zerknittert in Embryonalstellung in seinem Bett. Momoko seufzte schwer, bei dem jämmerlichen Anblick, der sich ihr bot. Ihr Vater hatte strähniges Haar und Bartstoppeln, die dort nicht erst seit gestern sprossen. Außerdem roch er verdächtig nach Alkohol.

„Ich bin erst spät heimgekommen.“, nuschelte er bestätigend.

Momoko ging neben seinem Bett auf die Knie und lächelte ihn traurig an.

„Papa, so kann das doch nicht weiter gehen… du kannst nicht jeden Abend in eine Bar gehen…“

„Warum nicht?“

Shôichirô sah seine Tochter aus von Schatten unterlegten, grünen Augen an. Etwas gepflegt sah er mit seinen markanten Zügen und den kurzen, braunen Haaren normalerweise ziemlich gut aus für einen Mann seines Alters.

„Na weil das nicht gut für dich ist. Du musst doch auch wieder arbeiten…“

„Wozu? Du bist quasi erwachsen, du gehst bald aufs College und wirst eh ausziehen…“

„Papa, wir haben keine Ersparnisse mehr. Das was ich mit meinen Nebenjobs verdiene reicht gerade mal für das Nötigste… sie nehmen uns das Haus weg, wenn wir die Hypotheken nicht weiter bedienen.“

Momoko gab sich die größte Mühe lieb mit ihrem Vater zu reden und vorsichtig an sein Gewissen zu appellieren.

„Das spielt keine Rolle, ich habe das Haus nur für dich und deine Mutter gekauft… und wofür? Sie ist weg… genau wie mein Job! Und sie wird niemals zurück kommen!“

Wütend setzte er sich auf die Bettkante und legte sein Gesicht in seine Hände.

„Ach Papa… das sagst du doch alles nur, weil es dir nicht gut geht. Du solltest zu einem Arzt gehen und…“

„Zu einem Therapeuten?! Sagtest du nicht eben, dass wir kein Geld dafür haben? Ich bin nicht krank, mir geht es sehr gut, ich will nur meine Ruhe!“, unterbrach er sie bissig.

Momoko sah ihn bestürzt an. Natürlich wusste sie das, wer wusste es schließlich besser als sie? Sie war es doch, die die Briefe mit den Rechnungen und Mahnungen öffnete und versuchte die Gläubiger mit ihrem kleinen Verdienst als jobbende Highschool Schülerin zu bedienen.

„Ich… ich habe eine Lösung für unser Problem, denke ich.“

Sie drehte an dem Ring an ihren Finger, den sie bislang vor ihrem Vater noch versteckt hatte, weil sich einfach keine passende Gelegenheit ergeben hatte ihm davon zu erzählen. Shôichirô beachtete seine Tochter kaum, er stand leicht taumelnd auf, griff nach den erstbesten Klamotten aus seinem Kleiderschrank und stapfte zur Zimmertür.

„Hörst du, Papa? Ich habe dir etwas zu erzählen! Ich mache Frühstück solange du dich fertig machst, ok? Und dann reden wir, ja?“, rief Momoko ihm hinterher.

Ihr Vater murmelte etwas Unverständliches, was sie als ein Ja auffasste.

„Und danach räume ich dein Zimmer auf…“, sagte sie mehr zu sich selbst und sah sich dabei noch mal das Durcheinander um sich herum an.
 

Zufrieden betrachtete sie das fertige Frühstück, dass aus Reis, Misosuppe, Gemüse und etwas gebratenem Fisch bestand; bescheiden, aber lecker. Eine Kanne Kräutertee dampfte verführerisch, Momoko musste nur noch den auftafeln, dann konnten sie und ihr Vater frühstücken. Sie wischte ihre feuchten Finger an ihrer Küchenschürze ab, als sie hinter sich Schritte auf der Treppe vernahm.

„Ah Papa, perfektes Timing, ich bin gerade mit dem Essen fertig!“

Ihr Vater eilte sie Stufen hinunter an ihr vorbei ohne sie eines Blickes zu würdigen. Momoko sah ihm verwundert dabei zu, wie er das Wohnzimmer eilig durchschritt.

„Papa, was machst du denn?“

Als er an der Haustür ankam und seine Jacke vom Hacken ruppte, ließ die junge Frau sofort alles stehen und liegen und rannte ihm nach.

„Stop! Wir wollten doch essen! Wir wollten reden!“, versuchte sie ihren Vater aufzuhalten und zog energisch an seinem Arm.

„Nein Momoko, das wolltest DU! Ich will einfach nur meine Ruhe, also lass mich gehen!“

Ihr war zum Heulen zumute.

„Aber Papa… du kannst nicht immer weiter unser Geld in Alkohol stecken… Ich schaffe diese Belastung nicht mehr alleine! Geh bitte nicht!“

Tränen standen in ihren Augen und selbst Shôichirô zerriss der Anblick seiner verzweifelten Tochter beinahe das Herz, doch er konnte nicht einfach aus seiner Haut. Es gab keinen Schalter den er umlegen konnte und der ihn zu einem trockenen, glücklichen Vater und Alleinverdiener zurückverwandelte.

„Kümmere dich nicht um mich, leb dein eigenes Leben!“, sagte er entschieden und riss sich von ihr los.
 

Der Morgen war auch nicht wärmer als der Abend davor, dafür schien jetzt nach dem anfänglichen Grau der Wolken wenigstens etwas die Sonne, was zumindest die Gemüter ein wenig aufhellte.

Yosuke hatte sich sehr zeitig aus dem Bett gestohlen, weil er nicht mehr schlafen konnte. Zu viel ging ihm im Kopf herum – vor allem sein schlechtes Gewissen Hiromi gegenüber. Er hatte sie letzte Nacht nicht gut behandelt, war zu grob gewesen und das Schlimmste; er hatte seinen Frust im Geiste gar nicht an ihr, sondern an einer anderen ausgelassen. Aber immerhin ging es ihm jetzt besser, er fühlte sich erleichtert und war sich sicher, dass er den geheimnisvollen Schatten Momokos, der ihn gestern so gefesselt und beschäftigt hatte, abgeschüttelt hatte. Wenn sich nur alle Probleme so leicht durch Sex lösen ließen!

Über seinem rechten Arm hing die Kameratasche der rosahaarigen Frau. Er wollte sie so schnell wie möglich loswerden und warum nicht die Gunst der Stunde nutzen? Hiromi schlief noch und in der Küche war das Chaos des Abends zurückgeblieben, um das sie sich dann wohl auch selber kümmern müssen würde. Zwei Fliegen mit einer Klappe; keine eifersüchtige Szene und keine Hausarbeit. Einen Nachteil hatte die Sache jedoch, er bestritt seinen Weg mit knurrendem Magen. Weder Abendessen noch Frühstück und dann noch körperliche Ertüchtigung, das forderte seinen Tribut bei dem Sportler.

Er erreichte die Straße die zu dem Haus der Hanasakis führte. Es war eine kleine, ruhige Gegend mit lauter Einfamilienhäusern und kleinen Vorgärten. Richtig Idyllisch lag die Nachbarschaft im Licht der Morgensonne vor ihm.

„PAPA!“, schrie jemand in den jungen Tag hinein.

Yosuke sah geradeaus und entdeckte einen großen, breitschultrigen Mann mit braunem, unwirschem Haar, der mit beiden Händen in der Jacke und eingezogenem Kopf übereilt eines der Grundstücke verlies. Dicht gefolgt von einer jungen Frau mit Pferdeschwanz, die für diese Temperaturen eindeutig ungeeignet bekleidet war; Momoko.

Er blieb stehen, der Mann, der Momokos Vater sein musste, kam schnurstracks auf ihn zu, aber sein Blick streifte ihn nicht. Ohne jegliche Regung hetzte er an Yosuke vorbei. Irritiert blickte er sich wieder um zu dem Tor, an dem Momoko stand und ihrem Vater versteinert nachschaute. Ihr aufgeregter Atem formte sich vor ihr zu kalten Wolken. Einen Moment lang glaubte Yosuke aus der Ferne Tränen in ihren Augen zu erkennen, er blinzelte und sah danach nur noch, wie sie sich wie rein zufällig mit dem Ärmel über ihr Gesicht wischte.

„Was machst du denn hier?“, rief sie ihm mit etwas wackeliger, aber betont überraschter Stimme entgegen.

»Wow, die Begrüßung ist wie erwartet warmherzig wie immer.«, dachte er sich zynisch.

Um nicht die ganze Nachbarschaft zu unterhalten, überwand er mit schnellen Schritten den Abstand zwischen ihnen beiden, bis sie nur noch ein knapper Meter trennte.

„Ich spiele den barmherzigen Samariter und bringe dir deinen verlorenen Schatz, obwohl du gestern nicht gerade nett zu mir warst.“

Er grinste sie spielerisch an und deutete auf die Tasche an seinem Arm. Belustigt sah er zu, wie ihr skeptischer Blick wich und ihre Augen sich auf Untertassengröße weiteten.

„Meine Kamera!“, stellte sie fest und zog ihm den Riemen von der Schulter.

Zwischen ihren feingliedrigen Fingern hielt sie die Tasche vor sich wie einen Schatz, den sie schon immer besitzen wollte.

„Du hast sie gestern Abend in der Karaokebar vergessen.“, erklärte Yosuke, als sich der Moment der Stille zu lang anfühlte.

Endlich sah sie wieder auf und ihn aus ihren leuchtend blauen Augen an, die mit einem Sommerhimmel konkurrieren konnten.

„Ich hatte das noch gar nicht bemerkt…“, gestand sich die junge Frau ein.

„Was? Ich dachte, sie ist dir so wichtig? Na ja, aber ist ja auch kein Wunder bei der Show, die Takuro und du gestern abgeliefert habt.“

Schlagartig funkelte Momoko ihn wieder böse an, warum konnte er nicht ein Mal seine freche Klappe halten?

„Tse, das geht dich ja wohl gar nichts an! Warum bringst ausgerechnet du sie mir, wenn ich dir so zuwider bin?“, hinterfragte sie schnippisch.

„Weil dein Verlobter Yuri und Hinagiku als schlechte Freundinnen vor dir hinstellte und du ihm nicht widersprochen hast. Sie sind sauer auf dich.“

Ein Stich fuhr Momoko ins Herz, das sah er sofort an ihrem Gesichtsausdruck und dem Flackern in ihren Augen. Er fühlte sich mies.

„Hey, tut mir leid. Ich wollte das nicht so hart sagen.“

Die Blauäugige schüttelte abwehrend den Kopf.

„Nein, schon gut. Wenn das so ist, ist es eben so… dann muss ich dir wohl danken, dass du dich für diese undankbare Aufgabe geopfert hast.“

Schon klang sie wieder selbstsicher und spitzbübig wie immer. Ihre Launen waren Yosuke ein echtes Mysterium. Während er darüber grübelte begann Momoko zu zittern, erst jetzt fiel ihm wieder auf, dass es ja sehr kalt war und sie nur dünne Kleidung trug.

„Na dann will ich dich mal nicht weiter belästigen, du frierst bestimmt, geh lieber wieder rein.“

Momoko quittierte seinen Satz mit einem ungläubigen Kichern.

„Ach was, du machst dir doch nicht etwa Sorgen um mich? Sorg du dich mal lieber um deine eifersüchtige Freundin. Hiromi tobt doch bestimmt, weil du bei mir anstatt bei ihr bist.“

Diesmal was es Yosuke, der ihr einen so finsteren, durchbohrenden Blick zuwarf, dass es ihr das Lächeln aus dem Gesicht wischte.

„Warum eigentlich machst du es mir so schwer ein Mal nett zu dir zu sein?!“, fuhr er sie energisch an.

Erstarrt und perplex sah sie ihn an und wusste darauf keine Antwort. Es musste die Macht der Gewohnheit sein, jahrelang verband sie beide doch nur das; diese Sticheleien und kleinen Gemeinheiten, die den jeweils anderen immer auf die Palme brachten.

„Ich weiß nicht, du warst doch noch nie wirklich nett zu mir.“, begann Momoko schließlich doch noch eine Erklärung.

„Das stimmt doch gar nicht! Ich habe dich sogar schon in das Krankenzimmer der Schule getragen, als du einen Fußball an den Kopf bekommen hattest! Und du warst nicht gerade ein Fliegengewicht!

Siehst du! Schon wieder! Du bist keinen Deut besser als ich! Fass dir lieber an deine eigene Nase!“, schimpfte sie ihn entrüstet aus und erzitterte erneut vor Kälte.

Resignierend seufzte der dunkelhaarige, junge Mann und lies die Schultern hängen.

„So ist das wohl zwischen uns, oder? Anscheinend können wir beide nicht so recht aus unserer Haut.“, sagte er bedauernd.

Das nahm Momoko wieder den Wind aus den Segeln. Da war etwas Wahres dran… und trotzdem, das musste doch auch anders gehen, oder? Gestern Abend hatten sie es doch beide gespürt, als sie mehrfach Blicke ausgetauscht hatten! Nachdenklich drehte und wendete sie ihre Kameratasche zwischen ihren Händen. Yosuke sah ihr dabei schweigend zu.

Ein beinah ohrenbetäubendes, langgezogenes Knurren durchbrach die Stille.

Yosuke und Momoko liefen beide rot an, mit großen Augen starrte sie zu dem Torwart hinauf, der sich verlegen am Hinterkopf kratzte.

„Was war das denn?!“, fragte sie ihn rein rhetorisch.

„Mein Magen, ich hatte weder Abendessen noch Frühstück.“, antwortete Yosuke ungewohnt schüchtern, das war ihm schrecklich peinlich.

Zum ersten Mal hörte sich das glucksende Kichern aus Momokos Kehle ehrlich an und ein aufrichtiges Lächeln, das ihre Augen zum Funkeln brachte, breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

Schon meldete sich Yosukes Herz wieder mit einer erhöhten Frequenz, die ihm noch mehr Blut in die Wangen trieb.

„Lässt dich Hiromi etwa verhungern?“, fragte sie amüsiert und versuchte ihr Grinsen hinter einer Hand zu kaschieren.

Der Arme kam jedoch nicht zum Antworten, das übernahm erneut sein Magen für ihn.

Momoko prustete lauthals los, die Situation war einfach zu komisch! Angesteckt von ihrer Heiterkeit ließ sich auch Yosuke zu einem Schmunzeln hinreißen. Er lachte leise mit ihr mit uns hielt sich dabei den Magen.

„Oh mein Gott, so habe ich schon lange nicht mehr gelacht!“, erzählte die Hobbyfotografin und wischte sich ein paar Lachtränen aus den Augenwinkeln.

„Dann habe ich heute Morgen ja schon zwei gute Taten vollbracht.“, rühmte sich Yosuke grinsend selbst.

Momoko nickte bestätigend und überlegte noch einen kurzen Augenblick lang.

„Dann sollte ich deinen Einsatz vielleicht belohnen. Ich habe Frühstück gemacht und zu viel übrig. Möchtest du kurz mit reinkommen?“

Überrascht blinzelte er die junge Frau an und suchte nach einem Anzeichen für einen Scherz in ihrer Miene, doch sie schien es wirklich ernst zu meinen. Sein langes Starren machte sie verlegen, ein Hauch Röte stahl sich um ihre Nase herum.

„Schau nicht so! Ich lade dich wirklich zu einem Frühstück ein und ich schwöre, dass es nicht vergiftet ist.“

„Hmm… ist das ein Friedensangebot?“

„Tja, das kommt drauf an wie dein Betragen als Gast so ist.“, sagte sie mit einem kecken Augenzwinkern.

Yosuke schmunzelte.

„Na gut, dann nehme ich die Einladung dankend an.“

Unerwartet hielt sein Gegenüber ihm die ausgestreckte, rechte Hand hin, die er nur irritiert betrachtete.

„Frieden?“, fragte Momoko schließlich, die damit gleichzeitig seine stumme Frage beantwortete.

„Frieden!“, entgegnete er und schlug ein.

Ein Gefühl von Erleichterung und Zufriedenheit breitete sich in ihnen aus, der Morgen hatte eine unerwartete, aber willkommene Kehrtwende mit sich gebracht.



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