~ Love at third sight ~ von Nea-chan (Mit dem Herz gegen alle Regeln) ================================================================================ Kapitel 4: Confusing desire --------------------------- Takuro hatte ihnen nach Momokos Abtritt nur noch kurz mit zwei Fingern abgewunken, dann war er ihr gefolgt und keiner von ihnen kam zurück. Yuri suchte Trost bei ihrem Freund, der auf die jüngsten Geschehnisse einfach keine passende Erklärung finden konnte. Hinagiku wanderte schimpfend auf ihren Platz zurück und auch Hiromi und Yosuke setzten sich wieder. Die junge Dame mit den violetten Haaren war die Einzige, die so tat als wäre sie positiv überrascht und lobte Takuros neues Image, philosophierte darüber, dass sie ja schon immer fand, dass er und Momoko ein tolles Paar abgeben würden und so weiter und sofort. Selbst ihr Freund hörte irgendwann einfach nicht mehr hin, er war wie die anderen zu sehr mit dem Gedanken beschäftigt herauszufinden, wie das alles zusammen passte. »Wer verlobt sich denn in diesem Alter?« Das war nur eine von vielen Fragen, die ihm dabei durch den Kopf gingen. Eine ungeplante Schwangerschaft konnte ein Grund sein, doch er verwarf diesen Gedanken sofort vehement kopfschüttelnd. Noch viel schwerer fiel ihm nämlich die Vorstellung, dass die beiden jemals intim miteinander geworden waren. Sich schämend für sein unfreiwilliges Kopfkino, zerwurschtelte er mit beiden Händen sein Haar und seufzte laut. Warum dachte er bei dieser Verlobung nur an die ungewöhnlichsten Gründe, anstatt an den Naheliegensten? Liebe. »Oh nein, niemals… das kann nicht sein!« Momoko war ihm nicht eine Sekunde lang verliebt vorgekommen seit Takuro auf der Bildfläche aufgetaucht war. Im Gegenteil. „Yosuke, alles ok?“, drang Kazuyas Stimme an sein Ohr. „Ja klar, alles gut. Mir ist nur etwas die Laune vergangen.“ „Ich glaube, das geht uns allen so.“, mischte sich Yuri ein. „Also ich habe auch keinen Bock mehr, ich will nach hause.“, hörte man Hinagiku sagen. „Och wie schade… naja, ihr könnt ja gehen.“, heuchelte Hiromi süßlich. „Lass uns auch gehen, ich bin müde.“, enttäuschte Yosuke seine Freundin, die wohl auf eine ungestörte, lustige Zweisamkeit spekuliert hatte. „Hmmm, ok. Wenn du das möchtest…“ Wenigstens ein Mal an diesem Abend musste er nicht diskutieren. Hinagiku stieß bei ihrem Versuch sich aufzurappeln mit ihrer Hand gegen etwas Hartes. „Au Backe! Momoko hat ihre Kamera vergessen!“, stellte sie fest. Sie hielt die Kameratasche an den Gurten in die Luft. „Oh nein, aber kein Wunder, so überstürzt wie sie gegangen ist.“, kommentierte Yuri. Kazuya sah nachdenklich auf die Tasche und dann zu Yosuke. „Sag mal Yosuke, wohnst du immer noch in der Nähe von dem Haus der Hanasakis? Du könntest sie ihr doch vielleicht vorbei bringen.“ Der Dunkelhaarige hob abwehrend die Hände. „Was habe ich denn damit zu tun, wenn sie ihre Sachen hier vergisst? Wenn sie es bemerkt kommt sie bestimmt zurück und holt sie sich selbst.“ „Das können wir doch nicht machen, so eine Kamera ist sehr teuer und ich weiß, dass sie Momoko viel bedeutet!“, protestierte Yuri scharf. Hinagiku hielt sie Yosuke einfach hin. „Hier nimm. Du wohnst in der Nähe, also stell dich nicht so an!“ „Warum bringst du sie ihr nicht selbst?“ Die knallhart direkte, junge Frau schnaubte verächtlich. „Du hast Takuro doch gehört, anscheinend sind wir ihr keine guten Freundinnen mehr. Solange sie sich dafür nicht entschuldigt, braucht sie von uns nix mehr zu erwarten!“ Sie sah Yuri ernst an, die nur bedrückt zu ihrem Freund aufblickte. „Ach… und wieso bin ich dann besser geeignet um den Laufburschen zu spielen?“ Yosukes Gegenüber drückte ihm die Tasche mit bestimmender Konsequenz in die Arme und rutschte dann mit den beiden anderen von der Bank. „Wie gesagt, du wohnst in der Nähe.“ Widerstand war zwecklos und selbst Yosuke musste sich eingestehen, dass es albern war sich gegen die einfachste Problemlösung zu wehren. Er und Hiromi standen ebenfalls auf und folgten den anderen nach draußen zu ihren Mänteln. Momoko zog ihren hellbraunen, dicken Mantel enger um ihren Hals zusammen. Es war dunkel, spät und fürchterlich kalt geworden. Dementsprechend wenig Menschen waren draußen unterwegs und so hallten ihre und Takuros Schritte einsam auf dem Bürgersteig wieder. „Du bist ja so still seit wir gegangen sind.“, durchbrach er die andächtige Ruhe. „Ehrlich gesagt bin ich sauer auf dich. Du hast mich erstens viel zu früh abgeholt und zweitens war deine Szene vor meinen Freunden völlig unnötig gewesen.“ Zornig funkelte sie ihn an, als er sie überrascht musterte. „Du nennst sie deine Freunde? Haben sie sich in den letzten Wochen oder Monaten jemals wirklich für dich oder deine Probleme interessiert?“ Sie schwieg und machte einen zerknirschten Gesichtsausdruck. „Siehst du? Ihr wart vielleicht mal Freundinnen, aber das ist lange her, sie interessieren sich jetzt mehr für ihre eigenen Angelegenheiten… und was diesen Yosuke betrifft, der war doch sowieso niemals gut zu dir. Ich möchte nicht, dass du dich mit solchen Leuten umgibst!“ Die junge Frau schnaubte entrüstet. „Woher willst du wissen wer gut für mich ist und wer nicht? Das mit Yosuke und mir ist ewig her, vielleicht hätten wir uns auf dem Klassentreffen endlich mal vertragen können, wenn du nicht schon so früh aufgetaucht wärst.“ Takuro blieb abrupt stehen und hielt Momoko an ihrem Oberarm fest, was sie zwang ihn anzusehen. Sein Blick sprach Bände über seinen Unmut. „Willst du mir sagen, dass du die Beziehung zwischen ihm und dir gerne vertiefen möchtest?“ Momoko wollte sich losmachen, doch der Griff des blassen Japaners wurde nur fester. „So habe ich das nicht gemeint, aber…“ „Kein Aber! Ich will nicht, dass du dich mit ihm abgibst! Hast du vergessen, dass er wie all die anderen ist, die mich in der Mittelschule fertig gemacht haben?“ „Ich habe nie mitbekommen, dass er so etwas getan hätte…“, nuschelte die Rosahaarige in den Kragen ihres Mantels. „Was hast du gesagt?“, fragte Takuro scharf. „Nichts! Lass mich los, du tust mir weh!“ Sofort ließ er locker, Momoko richtete ihren Mantel wieder und lief weiter ohne ihn anzusehen. Takuro holte sein schlechtes Gewissen ein, mit einer wesentlich liebevolleren Miene holte er sie ein und nahm sie bei der rechten Hand. Sie würdigte ihn keines Blickes. „Momolein, entschuldige, wenn ich etwas zu streng geklungen habe, aber versteh mich doch… Diese Leute bringen dich in deinem Leben nicht weiter, es ist Zeit das hinter dir zu lassen. Du hast doch jetzt mich und unser Leben wird sich schon sehr bald ändern.“ Um zu unterstreichen, was er sagen wollte, hob er ihre Hand an seine Lippen und küsste den Stein ihres Verlobungsringes. Sie seufzte schwer und sah ihn mit ihren großen, klaren Augen unsicher an. „Wenn wir erst verheiratet sind werde ich dir jeden Wunsch von den Augen ablesen; deinem Vater wird geholfen werden und auch sonst will ich dir alle deine Sorgen nehmen. Das weißt du doch? Das habe ich dir versprochen.“ Er schmiegte sich an ihre Hand, in seinen Augen lag ein hungriges Verlangen, was ihr die Scharmesröte ins Gesicht trieb. „In einem Jahr, nach dem Abschluss.“, sagte Momoko leise, wie um sich noch mal Bestätigung zu verschaffen. „Genau, so wie du es dir gewünscht hast. Ich kann diesen Tag kaum noch erwarten…“, raunte er und küsste nun auch ihre Handinnenfläche sanft und innig. Sie versuchte ihre aufkommende Gänsehaut zu ignorieren und entzog sich Takuro langsam, so als wäre ihr einfach nur kalt an den Fingern geworden. Ihre Hand glitt in ihre Manteltasche, wo der Rubin an ihrem Finger schwer wog und die geküssten Hautpartien unangenehm kribbelten. Momoko wollte nur endlich zuhause ankommen, bevor ihr Begleiter noch auf andere Ideen kam. Ihm entging allerdings nicht, dass sich ihr Schritt beschleunigte und sie ihm auswich. „Momoko.“, sagte er ernst, sie musste sich noch mal zu ihm umdrehen. „Ich weiß, dass du mich noch nicht so liebst, wie ich dich liebe… deswegen gebe ich dir alle Zeit die du brauchst und warte gerne dieses eine Jahr bis zu unserer Hochzeit…“ Er ging auf sie zu und hob unvermittelt schroff ihr Kinn an. „Aber du gehörst mir. Mit Haut und Haaren, mit jeder Faser deines Körpers. Alles an dir. Immer.“ Ein Schauer lief ihr über den Rücken und ein schreckliches Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus. Früher war Takuro nie so bestimmt gewesen, er war weder mutig noch wortgewandt in der Nähe von Frauen, aber sein Auslandsjahr und die ihm blühende, rosige Zukunft hatten ihn tough und selbstbewusst gemacht. Oder war es ihre Schwäche, die ihn über sie herrschen lies? Momoko konnte ihm nichts entgegensetzen. Sie war seine Verlobte und das freiwillig. „Liebe mich, Momoko…“, flüsterte er dicht vor ihrem Gesicht, sie konnte seinen Atem auf ihren Lippen spüren. Im letzten Moment drehte sie ihr Gesicht zwischen seinen Fingern weg. „Ich kann nicht… noch nicht… bitte gib mir mehr Zeit…“ Tränen glänzen in ihren Augen. Takuro lies sie los und bedachte sie mit einem sanftmütigen Blick. „Natürlich.“, sagte er verständnisvoll. Sie setzten ihren Weg schweigend fort. Momokos Herz raste wie verrückt und sie hatte wackelige Knie. Der Junge, der einst so ein Weichei war, war zu einem Mann mit einer dunklen Seite heran gewachsen, die nicht berechenbar war. Im Prinzip drängte er sie zu nichts und doch gab er ihr wiederum oft das Gefühl, dass er sie in der Hand hatte und er verlangen konnte was er wollte, wenn er es denn wollte. Das machte ihr Angst. »Ich darf keine Angst haben, es war meine Entscheidung mit ihm zusammen zu sein. Ich sollte mich langsam daran gewöhnen, dass wir ein Paar sind. Wir werden heiraten! Und wenn ich es nur zulasse, dann kann ich ihn bestimmt auch gern haben.«, versuchte sie sich Mut zu machen. Momoko lugte unauffällig zu ihrem Verlobten, der aufrecht neben ihr her ging. Takuro war nicht hässlich, auch wenn er genau wie früher nicht besonders muskulös und immer noch etwas blass war. Seine schwarzen Haare, die er nach wie vor lang und als Pferdeschwanz trug, glänzten in dem Licht der Laternen und sein Profil… Nein! Es ging nicht, sie konnte ihn sich nicht einfach attraktiv wünschen! Er war einfach nicht ihr Typ! Ein Jahr noch, dann würde sie seine Frau werden. Sie würde dann eheliche Pflichten zu erfüllen haben. Wenngleich ihr Herz und ihre Seele ihm vielleicht nie ganz gehören würden, ihr Körper würde es! War der Preis für ihr und das Wohl ihres Vaters wirklich gerechtfertigt? Sie spielte in der Manteltasche nervös an dem Verlobungsring, der auf ihrer Haut regelrecht zu brennen schien. Yosuke genoss das heiße Wasser, das die Dusche in Strömen über ihn genoss. Es vertrieb nicht nur die Kälte aus seinen Gliedern, es machte ihm auch das Denken leichter. Er und Hiromi waren beinahe schweigend nach Hause gegangen, zumindest er hatte nicht viel zu sagen gehabt. Seine Freundin redete eigentlich immerzu; er war es schon gewohnt und wusste instinktiv, wann er zu nicken, überrascht zu wirken, zu lächlen oder nachzufragen hatte. Auch wenn es ihn wurmte, aber ihm waren die ganze Zeit einfach nicht Momokos Augen aus dem Kopf gegangen. Himmelblau, teils saphirfarben… je nach Lichteinfall. Sie waren in der Lage gewesen so viel zu erzählen, ohne dass sie selbst Worte benutzen musste. Und in Takuros Nähe war das Licht ihn ihnen wie eingefroren gewesen. Starr, unsicher, verschüchtert hatten sie dreingeschaut. Doch so wie es aussah würde er wohl von allein nicht darauf kommen, wieso dies so war und sie trotzdem seinen Ring am Finger trug. Es hatte ihn nicht zu interessieren, er hatte sie immerhin zwei Jahre lang nicht gesehen und noch nie wirklich viel mit ihr zu tun gehabt, aber die Neugier war schier übermächtig. Er stellte das Wasser aus, wickelte sich ein Handtuch um die Hüfte und stieg aus der Dusche heraus. Mit einem anderen Tuch rubbelte er sein Haar handtuchtrocken. »Wenn sie mich nicht gerade mit Beschimpfungen fortjagt, wenn ich ihr die Kamera bringe, bekomme ich vielleicht ja noch ein paar Informationen aus ihr heraus.« Zufrieden schlüpfte er in frische Shorts und eine lange, dunkelblaue Schlafanzughose. In dem kleinen, gemütlichen Wohnzimmer hörte er wie Hiromi in der Küche werkelte. Sie war wohl mit dem späten Abendessen beschäftigt. Yosuke rollte unwillkürlich mit den Augen, denn Kochen war leider keines ihrer Steckenpferde. Es war wohl besser, wenn er mal nachschauen ging, was sie dort trieb. „Kommst du zurecht, Mimi?“, fragte er, während er sich mit den Händen im Türrahmen abstützte. Es war gut, dass er sich zufällig festhielt, denn der Anblick, der sich ihm bot, hätte ihn garantiert ins Wanken gebracht. Hiromi stand mit dem Rücken gekehrt zu ihm an der Arbeitsfläche und schnippelte ein paar Gemüse zu. Ihr Aufzug dabei konnte es einem Mann schwindelig werden lassen; ihre Locken waren offen und durchgekämmt, weswegen ihr Haar in großen Wellen locker um ihr Gesicht fiel. Ihr Nacken und ein großer Teil ihres Rückens, sowie ihre Schultern und Arme waren komplett entblößt und auch sonst war sie mehr nackt als angezogen! Sie trug ein kurzes, durchsichtiges Negligé in Purpur mit gleichfarbigem Fellrand und Spaghettiträgern. Nur der Brustteil war absolut blickdicht, aber dafür konnte man deutlich den dunklen Tanga und ihren flachen Hintern erkennen. Ihre nackten Beine endeten in pelzigen Pantoffeln. »Das macht sie mit Absicht!«, wurde ihm klar. Yosuke holte scharf Luft und versuchte sich auf Hiromis Hinterkopf zu konzentrieren. Als sie sich endlich bequemte ihr Gesicht seinem zuzuwenden, hatte sie den üblichen, ganz unschuldigen, naiven Gesichtsausdruck drauf, dem immer alle Jungs erlegen waren. „Oh, Yojo-Maus. Schon fertig geduscht?“, fragte sie ganz beiläufig und konzentrierte sich dann wieder auf ihre Zwiebel. »So ein Luder!« „Könnte man so sagen. Kann ich dir helfen?“, entgegnete er so gelassen wie möglich. Es war nicht so, dass er verbrannte bei ihrem Anblick, aber wann hatte man schon mal ein hübsches Mädchen in Reizwäsche in seiner Küche stehen? „Ich habe den Reis bereits eingeweicht und würde ihn gerne waschen und aufsetzen, könntest du bitte die Zwiebel für mich weiter schneiden? Ich muss sonst weinen!“, jammerte sie kläglich. Yosuke übernahm ohne Umschweife ihre Aufgabe und führte die Klinge gekonnt durch das würzige Gemüse. „Iiihhh ist das kalt!“, kreischte Hiromi plötzlich auf. Der Dunkelhaarige sah nur noch, wie der Reistopf aus den Händen der zierlichen Frau glitt und laut polternd ins Waschbecken stürzte. Eine Welle kalten Wassers, gemischt mit einzelnen Reiskörnern, war in Hiromis Dekolleté geschwappt. Reflexartig griff Yosuke zu einem Geschirrtuch und reichte es seiner Freundin, die ihn nur mit einem vielsagenden Blick bedachte. „Oh je, jetzt ist mein schönes Nachthemd ganz nass… was mach ich denn da jetzt?“ Yosuke blinzelte irritiert, als sie das Handtuch nicht beachtete, dafür bedeutsam auf ihren durch den nassen Stoff durchblitzenden Busen schaute. „Vielleicht sollte ich es besser ausziehen?“, fragte sie an ihn gewand, ihre Augen glänzten dabei gefährlich wie die einer Raubkatze. Der Groschen fiel bei dem Dunkelhaarigen endlich. Doch anstatt darauf anzuspringen legte er ihr das Handtuch fürsorglich über den Busen und wand sich dann schnell wieder beschäftigt der Zwiebel zu. Hiromi blieb der Mund offen stehen vor Entrüstung, seit wann konnte ihr Freund ihr widerstehen??? „Äh, Yosuke~“, säuselte sie betont langgezogen. „Hm, ja?“, antwortete er ohne sie anzusehen; eine Ader an ihrer Schläfe begann zu pochen. „Ich glaube, ich bin jetzt schrecklich schmutzig… möchtest du mir nicht helfen mich zu waschen?“, fragte sie ihn herausfordernd. Er schluckte angespannt. In seinem Kopf flogen flüchtig Bilder von Hiromis nacktem Körper vorbei, doch anders als sonst hatten sie heute nicht ansatzweise dein Reiz auf ihn, wie erwartet. Stattdessen drängten sich andere Bilder in seine Gedanken, die ihn erschreckend beschäftigten. Bilder von einem weiblichen, wohl geformten Körper; heller, makelloser Haut, einem vollen Busen, einem Schwanenhals; von einem Gesicht mit schönen, blauen Augen und wallendem, rosa Haar. Ein metallenes Klirren holte ihn zurück ins Hier und Jetzt. Das Gemüsemesser lag auf den Fliesen zu seinen Füßen und rotes Blut topfte aus seinem linken Zeigefinger. „Yosuke! Du hast dich geschnitten!“, rief Hiromi entsetzt und rannte davon, um vermutlich den Verbandskasten zu holen. Wie in Schockstarre stand er da und starrte auf seine Schnittwunde, deren Schmerz er gar nicht spürte. Viel zu erschrocken war er über seine verwirrenden Gedanken von eben. Warum kam ihm ausgerechnet Momoko in den Sinn, als Hirmoi versuchte ihn zu verführen? Es war zwecklos zu leugnen, dass er ihren Körper anziehend gefunden hatte, bevor ihm klargeworden war, dass sie es war, die er umgerannt hatte. Er empfand nichts für dieses Mädchen, aber sie hatte etwas an sich, dass ihn anzog und interessierte. Und es war klar, dass er sie nicht haben konnte. Niemals. Stattdessen gehörte dieser hübsche Körper und diese ausdrucksstarken Augen Takuro. Yosuke ballte seine verletzte Hand, das Blut tropfte als Rinnsal zu Boden, wo sich bereits eine kleine Pfütze gebildet hatte. „Was tust du da?!“, quietschte seine Freundin erschüttert, als sie wieder zurück kam und das Desaster zu seinen Füßen sah. Bestimmend wie eine Mutter dirigierte Hiromi ihn ins Wohnzimmer auf das Sofa, wo sie sich Yosukes Wunde annahm und ihr mit Jod und Salbe zu Leibe rückte. Vorgebeugt über seine Hand hatte er freie Sicht auf ihren nahezu entblößten Busen und er kam nicht umhin, ihn mit Momokos zu vergleichen, den er unter ihrer Kleidung eigentlich kaum gesehen hatte, aber dennoch für runder und größer befand. „Arme Yoyo-Maus, aber das heilt wieder. Deine Mimi macht dich wieder gesund, ja?“ Sie suchte fiebrig nach einem passenden Pflaster in dem unordentlichen Kasten. Sie ahnte nicht, dass Yosuke sich in Gedanken ausmalte wie wohl eine ganz andere Frau an ihrer Stelle aussehen würde. Er versuchte sich vorzustellen, wie die Rosahaarige in diesem Negligé wohl wirken würde und sofort pulsierte das Blut in seinen Adern. Er würde sie niemals haben können – er wollte dies nie, hatte es niemals in Erwägung gezogen, doch jetzt, wo sie vergeben war, an einen anderen und die Verlobung dies endgültig machte, war es anders. Yosuke dachte an früher, an die Neckereien und Streitigkeiten, an die Ausgelassenheit zwischen ihnen. Auch wenn sie sich meistens gestritten hatten, so hatte er doch seinen Spaß daran gehabt. Jetzt, wo sie eine Frau war, wo sie begehrenswerter war als je zuvor und sie vielleicht die Chance gehabt hätten sich zu vertragen und normal miteinander umzugehen, war es zu spät. Wehmut und Eifersucht brauten sich in ihm zusammen. Er gönnte Takuro diesen schönen Körper nicht! Ausgerechnet Takuro! „Liebling, ist alles in Ordnung?“ Hiromi riss ihn aus seinen dunklen Gedanken und sah ihn besorgt mit ihren roten Augen an, die so gar keine Ähnlichkeit mit den Saphiren hatten, die ihn verfolgten und sein Blut zum Lodern brachten. Vor ihm saß eine junge, schöne Frau die ihn wollte, doch sie reizte ihn nicht. Es sei denn, er konnte sie in ihr sehen. Ohne Vorwarnung packte er Hiromi an den Oberarmen und zog sie in eine leidenschaftliche Umarmung. Der Verbandskasten rutschte vom Sofa, doch das war Yosuke egal. Er drückte die junge Frau auf die Couch, sah ihren nackten Hals an und sah ihn doch nicht, denn vor seinem geistigen Auge war es nicht ihrer. Er hauchte ihm heiße, fordernde Küsse auf und schob gleichzeitig den Rocksaum des Nachthemdes über ihren linken Oberschenkel. Hirmoi war erschrocken und verwirrt zugleich; wankte zwischen aufkommender Lust und Irritation. Yosuke hielt ihr Kinn mit seiner Hand fest zur Seite gedreht und presste sie mit seinem Körper so fest in das Polster, dass sie keinen Raum für eigene Handlungen hatte. Sein Mund wanderte hungrig weiter hinab, er nahm nun Hiromis Handgelenke in seine linke Hand; er wollte nicht, dass sie etwas tat. Er wollte die Bilder in seinem Kopf zerstören, wollte sie nehmen bis sie nicht mehr konnte und sich vorstellen, wie er einer anderen das neckische Lächeln damit aus dem Gesicht wischte und diesem Lackaffen Takuro ein Schnippchen schlug. Erregung durchflutete ihn. Nur für heute, schwor er sich im Stillen, galt sein Verlangen diesem anderen Mädchen. Jede körperliche Verschmelzung, jeder Stoß und jedes Drängen würden ihn von ihr abbringen. Zurück in die Realität, zurück in sein wahres Leben, in dem Hiromi seine Freundin war und sein Bett teilte. Seufzend und Stöhnend ergab diese sich seinen brüsken Forderungen, als er ihr den dünnen Stoff vom Leib riss und seinen unbekannt dunklen Hunger an ihr stillte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)