Verborgen in Stille Teil II von Strichi ================================================================================ Kapitel 35: Gebrochenes Versprechen ----------------------------------- Eisig war sein Blick, als er mich mit seinem Tablet sah. Nie hatte er mich so wütend betrachtet. Ich schluckte leicht und immer noch bebte mein Körper wegen dem, was ich gerade gesehen hatte. „Muss ich jetzt alles mit einem Passwort sichern?!“, fuhr Jack mich an und kam auf mich zu. Er griff zornig nach dem Tablet und nahm es mir energisch ab. Er sah auf das Gerät und schaute, was ich gesehen hatte. Seine Lippen wurden zu einer schmalen Linie. In seinen Augen zeichnete sich langsam eine Art Panik oder Überforderung ab und seine Hände begannen erneut unkontrollierbar zu zittern. So stark, wie ich es davor noch nie gesehen hatte. Meine Augen glommen zu den Händen und ich blickte hinauf in Jack's fast schon aschfahles Gesicht. Gleichermaßen ängstlich und wütend sah er mich an und wie ich es auch drehte und wendete, er hatte jedes Recht dazu wütend zu sein. Doch wieso war auch Angst in seinem Auge? Mir war bewusst, dass ich viel zu weit in seine Privatsphäre eingedrungen war. Zudem tat ich mich selbst schwer, wenn jemand einfach ungefragt an meinen Computer ging. Immer, wenn dies vorkam bei Andrew, oder Emily, wurde ich wütend und nun tat ich bei Jack genau das, was mich selbst zur Weißglut trieb. „Es tut mir leid… ich war neugierig“, entschuldigte ich mich fast schon kleinlaut und stand mit unsicheren Beinen vom Bett auf. „Das ist kein verdammter Film zur Unterhaltung!“, fuhr er mich erneut an und wollte das Tablet mit zitternden Händen in seinen Rucksack stecken, doch er konnte ihn nicht öffnen, zu sehr bebten seine Hände. Er hatte seine Hände kein bisschen mehr unter Kontrolle. Es tat mir wahrlich leid ihn in diese Lage gebracht zu haben. „Jack, es tut mir leid… Das was ich gesehen habe… ich meine…“, mir fehlten die Worte. Jetzt, rückblickend wusste ich, dass das, was ich gemacht hatte mehr wie falsch war! „Kennst du das Wort Privatsphäre?“, raunte er und wütend zog sich sein eisig blaues Auge zusammen. Überrascht sah ich ihn an als gerade Jack mit diesem Argument kam. Natürlich, ich konnte verstehen dass er deswegen wütend war, aber er war doch weitaus schlimmer wie ich! „Jack… das tut mir wirklich leid! Aber, jetzt sei ehrlich… wer hat in seiner Wohnung Ordner mit Informationen über Nachbarn herum stehen? Wer beschwert sich, dass er nicht sofort etwas über Emily herausgefunden hat? Das bist du… Du zwingst meinem Vater doch sogar auf wo er zu wohnen hat… Ja, es tut mir leid, dass ich das gesehen habe… aber du hast doch ständig in meiner Privatsphäre herumgeschnüffelt…Ich weiß, dass es das nicht besser macht.“ Überrascht blinzelnd sah Jack mich an. Ein, zweimal öffnete sich sein Mund, ehe er ihn wieder schloss. Kein Wort kam über seine Lippen. So, wie er drein sah wusste ich, dass ich nicht ganz Unrecht hatte. „Jack… ich mache mir Sorgen um dich. So, wie du um mich. Immer, wenn es um deine Arbeit geht… bist du so verdammt verschlossen und kryptisch und ja, einiges geht mich nichts an, aber trotzdem… Glaubst du ich habe das Zittern nicht gesehen? Glaubst du, ich habe mir deswegen keine Sorgen gemacht? Natürlich habe ich das! Sehr sogar. Das ich nun den Grund dafür weiß, woher das Zittern kommt, dass wusste ich doch nicht…“ Stumm und fast schon ein wenig stur sah er mich an und er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ja, ich bin in deine Privatsphäre eingedrungen, aber…. Du bist doch nicht besser, wenn du etwas… wissen willst… Wenn dich die Neugierde packt.“ „Es geht mir nur darum, dich zu schützen“, entgegnete er und ich nickte. „Ich habe nicht gesagt, dass es richtig war…“, sagte ich kleinlaut, „aber… du siehst so viele schlimmen Sachen. Ich will sie dir nicht alle aus der Nase ziehen und ich hatte gehofft… einfach etwas mehr zu erfahren.“ Jack seufzte schwer, atmete tief durch und schien sich beruhigen zu wollen. Eisig nickte Jack. Er gab mir Recht und ich wusste, dass ich nicht falsch lag mit dem was ich sagte. „Trotzdem bin ich sauer“, raunte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich nickte und sagte, dass er dieses Recht auch hatte. Ich konnte ihm ansehen, dass die größte Wut auf mich sich aufgelöst hatte und darüber war ich auch froh. Trotzdem wollte ich darüber sprechen was ich gesehen hatte. Was sagte man zu dem, was ich gesehen hatte? Konnte man dazu überhaupt etwas sagen? Gab es dafür richtige Worte? Wie wir so schwiegen bemerkte ich, wie Jacks Körper immer mehr erzitterte, sein ganzer Körper begann zu beben. War das wirklich Wut? War das psychosomatisch? Plötzlich verstand ich was in Jack vorging. Ja, er war sauer darüber, dass ich an seine Sachen gegangen war, doch eigentlich auch nicht. Er hatte Angst, dass ich ihn darauf ansprach. Das ich jetzt Fragen stellte zu etwas, was ihn belastete. Er war kein kaltblütiger Mörder. Er litt darunter. Darunter, dass er Edris nicht hatte retten können. Erneut wollte Jack etwas sagen, doch ich unterbrach ihn energischer als ich wollte: „Jetzt reg dich nicht so auf! Man Jack, es tut mir wirklich leid… Du hast jedes Recht sauer zu sein verdammt, aber… alles was du tust interessiert mich! Ich wusste nicht, was ich da anschaue und als ich… ich konnte einfach nicht wegschauen… Es tut mir leid und es tut mir so unendlich leid was damals geschehen ist, wirklich!“ Schweigend betrachtete mich Jack. Doch nur kurz schaffte er es mir in die Augen zu sehen, etwas was ihm sonst nie Probleme bereitete. Er sah hinunter und immer noch zitterten seine Hände. Wütend ballte er sie zu Fäusten. Ich glaubte zu verstehen… Es war Wut auf mich, ohne Zweifel, aber es war auch die Wut auf sich selbst, welche gerade in ihm kochte. Ich hatte keine Angst vor ihm, wenn er wütend war. Ich überwand den Abstand zwischen uns und drückte seinen bebenden Körper an meinen. Alles an ihm schien gerade angespannt zu sein. Ich drückte ihn an mich. Streichelte über seinen Rücken. Immer wieder erfasste das Zittern den starken Krieger und wie ich ihm sanft über den Rücken streichelte, schien er sich langsam zu beruhigen. Ich seufzte leicht und war regelrecht erleichtert. „Jack…, du hast daran nicht Schuld“, raunte ich und fast schon störrisch erwiderte er: „Ich weiß, das ist eben Krieg.“ Ich atmete durch und betrachtete ihn, während ich mich von ihm löste. Tränen hatten sich in seinem Auge gesammelt. Und einige wenige liefen über seine Wange. Schnell wische er sie weg. Doch es war mir nur Recht, dass er Gefühle zeigte. „Jack… Ich bin kein Psychologe, der mit dir das hier fachlich richtig aufarbeiten kann… aber ich kann dir sagen, dass ich bei dir bin! Ich kann dir sagen, dass du nicht die Schuld dafür trägst… du hast versucht das Kind zu retten… Du hast es nicht…“ Doch ernüchtert klang Jacks Stimme, als er mir ins Wort fiel: „Und wenn ich ihn nicht versucht hätte da raus zu holen? Dann wäre er noch am Leben!“ Ich wusste nichts zu sagen und betrachtete ihn einen kurzen Augenblick nur stumm. Fast schon traurig lächelte ich ihn leicht an, während ich leise sagte: „Hattest du nicht immer häufiger gesagt, dass die Frage, was wäre wenn, sinnfrei ist? Jack… ich steh das mit dir durch… aber du musst wie ich darüber auch mit mir sprechen.“ Er sah weg von mir und zog die Brauen zusammen. „Ich will darüber aber nicht sprechen“, raunte er leise, aber sehr verständlich. Schwer seufzend zog ich uns zusammen auf mein Bett hinunter und erwiderte ehrlich aber mit sanfter Stimme: „Das ist keine Frage des Wollens. So etwas wird doch nicht besser… Ich hab es mit meinen Schlafproblemen doch auch einsehen müssen.“ „Seit ich wieder hier bin, ist es auch besser“, wollte sich Jack verteidigen und ich schmunzelte belustigt. „Waren es nicht deine Worte“, erinnerte ich ihn vorsichtig, „die meinten, dass du es gut findest, wenn ich dich nicht als Helden sehe? Warum machst du mich zu deinem Rettungsanker, wenn ich dir hierbei doch eigentlich nicht helfen kann? Ich kann den Weg mit dir gemeinsam gehen, aber alles andere ist dein Kampf…“ Es kam mir wie damals vor und während meiner Verhandlung. Er musste sich damit auseinandersetzen. Nicht ich. Die Hände Jacks um das Gerät verkrampften sich und kurz traten die Fingerknochen deutlich hervor. „Ich bin nicht begeistert, dass du einfach an dem Tablet warst“, raunte er und legte es auf meinen Nachttisch. Ich nickte leicht und wir schwiegen einen Moment. Ich betrachtete meinen Schreibtisch, welcher etwas unaufgeräumt war und raufte mir die Haare. „Darf ich dich trotzdem etwas fragen, zu dem was ich gesehen habe?“ Ein undefinierbarer Laut entwich Jacks Kehle und er sah mich mit einem undurchdringlichen Blick an. Doch ich wollte es einfach wissen und so fragte ich: „Wieso hast du eine Spritze dabei? Und… was?“ Kurz und intensiv sah mir Jack in meine braunen Augen. Erst nach einem kurzen Moment erklärte er: „Da drinnen ist eine Überdosis Morphium. So etwas haben unsere Sanitäter immer mit. Wenn jemand nicht gerettet werden kann, soll er nicht leiden. Ich bin fast immer alleine unterwegs… Es gehört zu meiner Standartausrüstung.“ Schockiert sah ich ihn an, doch sofort verschwand dieses Gefühl und es machte sich Verständnis breit. Hatte er das Gefühl, dass er den Jungen ermordet hatte? Oder wusste er, dass er Edris erlöste damit? Ich wollte es nicht fragen, denn diese Frage war eindeutig unter der Gürtellinie. Wieder schwiegen wir kurz und leise sagte ich: „Hätte gar nicht gedacht, dass die Terroristen so gut ausgestattet sind…“ Es waren Jacks ehrliche Worte, welche mich mehr überraschten als vieles andere: „Das waren David und seine Leute… Keine einfachen Terroristen.“ Wieder David… Doch als ich Jack fragte, schüttelte er nur den Kopf. Ich erinnerte mich an Adams Worte, er wolle mich mit Unwissenheit schützen. Ich sagte es ihm, denn mit dieser Aussage war ich mir sicher Adam nicht zu verraten. Doch eisern schüttelte Jack den Kopf. „Ich werde dir davon keine Details verraten, Jasper. Unwissenheit ist nicht immer schlecht. Außerdem will ich nicht, dass sich diese beiden Leben vermischen!“ Ich schwieg darauf und konnte verstehen, dass er sich dies wünschte. Die Frage war nur, sahen das seine Feinde wie er? Jack wechselte das Thema. Ich bemerkte, wie er das Tablet nach dem Gespräch tief in seine Tasche packte und ich war mir sicher, dass es bald nur noch mit einem Code zu benutzen war. Er machte dicht und ich wusste, dass ich ihn in diesem Zustand nicht erreichte. Plötzlich überraschte mich Jack, als ich seine Stimme hörte: „Der Affe ist eine Art Warnung. Alle, die meine Hilfe je dringend gebraucht haben sind gestorben… Paix, Tara, Edris, und… Susanne…. Das hätte einfach nicht passieren sollen. So etwas…“ Er brach ab und starrte auf den Boden und ich griff nach seiner Hand, welche wieder anfing zu zittern. Kurz sah er mir in die Augen, doch wieder schien er den Blickkontakt nicht halten zu können. Ich wusste nicht wie ich ihm helfen konnte und ich glaubte, dass Worte nicht immer halfen. Zudem glaubte ich, dass meine Worte des Tröstens ihn in diesem Zustand gar nicht erreichten. Doch ich war froh, dass ich verstand, woher dieses Zittern kam. Es war keine Verletzung, jedenfalls keine körperliche. „Willst du deine seelischen Wunden eigentlich nie behandeln lassen? Was ist, wenn das alles Mal zu viel wird? Was ist, wenn dein… sagen wir, ganzes Kartenhaus über dir zusammenbricht?“ Erschrocken starrte er mich an, woher dieses kam, war mir schleierhaft. Fast schon wollte er einen Schritt zurückgehen, doch ich hielt ihn fest. Unsicher zuckte er mit den Schultern. „Dann darf keine Waffe in meiner Nähe sein.“ Wie ich seine Worte hörte, weiteten sich schockiert meine Augen und entsetzt sah ich den Mann an. Ich wusste nicht, wie und was ich von dieser Aussage halten sollte. Deutete sie auf seinen Selbstmord hin? Oder gar auf einen Amoklauf? Ich würde ihm tatsächlich beides zutrauten in diesem Moment. Ich schwieg, denn was Schlaues wollte mir einfach nicht einfallen. „Ich will nicht weiter darüber sprechen“, raunte Jack und ich war erstaunt von der Ehrlichkeit seiner Worte. Ich akzeptierte es. Ich wusste, wenn er dicht macht, dass er häufig schwieg. Ich schlief schlecht in dieser Nacht und ich war mir sicher, dass es dem Mann hinter mir, nicht anders erging. Doch keiner sagte ein Wort. Vorsichtig schien Jack in den Tagen darauf zu werden und sagte mir nur noch wenig. Ich war mir sicher, dass sein Tablet nun mit einem Code versehen war, doch ich sprach ihn nicht darauf an. Jack weigerte sich darüber zu sprechen was er erlebt hatte. Häufiger forderte ich ihn auf, sich wie ich mir Hilfe zu suchen. Doch er weigerte sich, meinte er würde noch keine Hilfe wollen. Allerdings wusste ich es dieses Mal einfach besser. Es wäre äußert sinnvoll sich Hilfe diesbezüglich zu holen. Krieg und seine Folgen waren für mich nie präsenter als in diesen Wochen. Ich hatte nichts mehr von Clay und Jenny gehört, doch vielleicht waren sie einfach beschäftigt. Mir war bewusst, dass das letzte Wort zwischen Clay und Jack noch nicht gesprochen war. Vielleicht brauchte Clay auch einfach etwas, bis er das, was er gesehen hatte, verarbeitet hatte. Waren Amerikaner doch unendlich stolz auf ihre Armee. Auch verfolgte mich das Video im Traum. Das Wissen, dass dieses Szenario echt war und nicht eine Hollywoodproduktion machte das Geschehen noch grausamer. Die Bilder, welche ich Tag für Tag in den Nachrichten sah, bekamen für mich eine neue, grausamere Brisanz. Jack und ich sprachen darüber nicht. Es schien fast so, als meide er genau dieses Thema. Auch war Jack wegen eines anstehenden Interviews häufig beschäftigt. Ich kam von der Arbeit im Café nach Hause und fand Jack telefonierend an meinem Schreibtisch vor. Mit wem Jack telefonierte wusste ich nicht und als er auflegte schien er leicht die Stirn zu runzeln. Verwirrt beobachtete ich ihn und fragte nach einem kurzen Moment: „Was hast du?“ Kurz und ernst sah er mich an und ich war überrascht, als er zu mir sagte: „Ich hab mein Intel-Team gebeten mir Infos über Emily zu sichern… Hatte ich immer irgendwie vergessen, aber die finden nichts…“ Ich verdrehte die Augen. „Ach komm, ich bitte dich! Du hast Emily kennen gelernt, sei nicht so paranoid. Ich weiß, dass ihre Eltern beide nicht aus Amerika kommen… vielleicht bekommst du deswegen keine Infos, weil sie nur in den falschen Datenbanken suchen? Außerdem quatscht die so viel mit Adam, der kennt ihren Lebenslauf sicher sehr gut.“ „Vielleicht ist Adam auch mal blind“, raunte er und verschränkte die kräftigen Arme vor der Brust. Ernst nickte Jack, doch schien er immer noch nicht ganz zufrieden. „Ach komm schon Jack, nicht jeder ist gleich potenziell gefährlich… das wäre ja… nein, das geht auch nicht. Wir sind schon so lange befreundet. Außerdem hast du wichtigeres, worüber du dir Gedanken machen musst!“ Ich hatte nicht unrecht, heute sollte das Interview veröffentlicht werden, welches Kaz gegeben hatte. „Ich weiß… Es ist trotzdem…. Na ja, ich schau auch gleich mal rein…“, meinte er und nahm meine Fernbedienung und machte den Fernseher an. „Und wirklich“, meinte ich und klaute ihm die Fernbedienung aus der Hand, „Emily ist einfach Emily…Wirklich, du hast genug andere Probleme. Vielleicht solltest du die mal angehen…“ Ein undefinierbarer Laut verließ seine Kehle und er blickte mich mit einem komischen Gesichtsausdruck an. Ich merkte, wie angespannt Jack plötzlich neben mir saß. Ernst und mit gerunzelter Stirn betrachtete er das Gerät und als der Nachrichtensprecher das Interview ankündigte, atmete Jack erstaunlich schwer durch. „Angst sie verraten was?“, fragte ich stirnrunzelnd, doch Jack schüttelte den Kopf. „Sie haben uns alle Fragen vorab geschickt, das war unsere Bedingung“, raunte Jack leise und schien nachdenklich zum Fernseher zu blicken. „Ich habe mit Kaz alle Antworten gemeinsam besprochen… Außerdem, bin ich jetzt sein… wie sagt man, sein kleiner Freund im Ohr.“ Er kramte aus seiner Tasche sein Handy und wählte eine Nummer und schon nach kurzem raunte Jack: „Hörst du mich gut?“ Wieder keine Begrüßung, keine netten Worte, wie immer war er gleich im Arbeitsmodus. Nur leise hörte ich eine Stimme, was genau verstand ich nicht. „Er hat einen Knopf im Ohr?“ Jack nickte nur und nur flüchtig sah er kurz zu mir hinüber und nickte leicht. War dieses Interview nicht eine Provokation an David? Hatte mir Adam nicht berichtete, dass dieser die Medien kontrollierte? Ich konnte es nicht fragen ohne Adam zu verraten und es ärgerte mich ziemlich! Nach zehn Minuten ging es endlich los und wenn ich ehrlich war, war ich doch ziemlich gespannt. Es war die beste Sendezeit, natürlich, wann stellten sich ‘Terroristen‘ auch schon der Öffentlichkeit? Miller trug eine Art Paradeuniform. Ordentlich waren seine blonden Haare gekämmt und die Krawatte mit einem englischen Knoten gebunden. Nur die Fliegersonnenbrille wollte er anscheinend immer noch nicht absetzen. Als sei sie mit diesem Menschen verwachsen. Fast schon lässig saß er da, die Beine galant übereinander geschlagen und die Hände entspannt. Ich war erstaunt, als der Reporter Kaz mit vollem Namen ansprach. „Heute mein Gast, ist der Pressesprecher? Kann man es denn so nennen? Der Söldner Gruppe, Serpent Militant, Kazuhira Miller.“ Kaz nickte leicht, wirkte kein bisschen angespannt und ein leichtes, fast schon charmantes Lächeln lag auf seinen sonst so strengen Lippen. „Ja“, meinte er ruhig und lächelte leicht, „man kann mich gerade als Pressesprecher bezeichnen.“ Der Reporter lächelte leicht und nickte. Jack schwieg, noch schien alles nach Plan zu laufen und doch schon bei der nächsten Frage grummelte Jack die Antwort in sein Handy. „Wieso sind Sie hier und nicht ihr eigentlicher Chef?“, fragte der Mann und ich hörte Jack ins Telefon raunen: „Der ist Kamerascheu und zudem als Terrorist eingestuft worden.“ Sogleich sagte Kaz eben jene Antwort, die Jack noch vor wenigen Sekunden in das Telefon geraunt hatte. Der Mann nickte leicht und schien weder verunsichert noch anderweitig überrascht. Professionell schien er zu sein und hatte sich vermutlich sehr lange auf dieses Interview vorbereitet. Sogleich fing er das Schlagwort auf, welches Kaz ihm mit dieser Antwort geliefert hatte: „Sie sprachen es ja selbst schon an. Dass Sie und ihre Kameraden nach dem Angriff vor einiger Zeit als eine terroristische Vereinigung dargestellt werden. Was sagen Sie zu dieser Behauptung?“ Als Kaz antwortete und Jack am Telefon still blieb war mir klar, dass diese Frage vorab geklärt wurde und die Antwort klang in meinem Ohren eindeutig nach dem Mann neben mir: „Das tun wir nicht. Es kommt bei so etwas immer auf die Sichtweise an. Was ich jedoch sagen kann ist, dass wir keine Zivilisten angreifen. Wir wollen keine Angst und keinen Schrecken verbreiten, so dass die Menschen sich nicht mehr aus ihren Häusern trauen. Wir arbeiten einzig mit denen zusammen, die uns bezahlen.“ Erneut bohrte der Reporter nach, mit ernster und auch sehr professioneller Stimme: „Worin sehen Sie die Unterschiede zwischen sich und anderen Terrorgruppen?“ Eine Bewegung neben mir lenkte meine Aufmerksamkeit auf Jack. Dieser hatte sich gerade hingesetzt und seine Lippen waren eine gerade Linie. Keine Mimik war auf seinem Gesicht ersichtlich und er sagte ruhig zu Kaz: „Tun wir nicht. Es kommt einzig und alleine auf die Sichtweise an.“ Ich sah zum Fernseher und sah, wie sich Kaz an der Schläfe zu kratzen und kurz nachdenklich dreinzuschauen schien. Als dachte er tatsächlich kurz über seine Antwort nach, bevor er das Gesagte von Jack wiederholte. Ob er das vielleicht anders sah? Wir hatten schließlich nie darüber gesprochen! Der Reporter nickte kurz und sah hinunter auf seine Karte und runzelte leicht die Stirn, ehe er wieder auf das Gesagte einging. „Also, wenn Sie sagen, es kommt auf die Sichtweise an, haben Sie dann ein Leitbild? Etwas, woran Sie sich richten?“ Sofort fiel mir der Spruch ein, den mir Jack einst gesagt hatte, doch gänzlich bekam ich diesen auch nicht mehr zusammen. Jack schwieg erneut und als Kaz antwortete war wieder klar, diese Antwort war abgesprochen: „Ich mache hier keine Werbung für uns“, wieder klang Kaz eigentlich nur nach Jack und ich schmunzelte ein wenig, „Die, die bei uns sind kennen unser Leitbild, unsere Vorstellungen. Doch da wir entscheiden, wer für uns arbeitet oder nicht, werde ich das Leitbild nicht einfach preisgeben.“ Der Mann vor Kaz nickte leicht und runzelte kurz die Stirn, war er vielleicht überrascht? Wenn er davon ausginge, dass er gerade einen Terroristen vor sich hatte vielleicht. Hätte man so ja denken können, dass er neue Leute für sich werben möchte. „Wie viele Menschen haben sie in etwa bei sich“, wollte der Mann wissen, doch wieder wich Kaz aus. Genaue Zahlen könne er nicht nennen, war seine Antwort, welche mich nur wenig überraschte. Ernst starrten meine Augen auf die Mattscheibe und ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Die größte Aufmerksamkeit erregten Sie und Ihre Leute vor einiger Zeit, als ein Versorgungskonvoi in die Luft gesprengt wurde. Wenn Sie angeheuert wurden, wieso haben Sie sich auf diesen Deal eingelassen?“ Auch ich war gespannt auf eben jene Antwort. Wobei eher darauf, wie Jack und Kaz sie verpackt hatte. „Wir wurden von jemanden gebeten uns diesen Konvoi näher anzuschauen und was wir fanden waren neben einigen wenigen Lebensmitteln viele Waffen…“ Er sprach weiter und redete von Rebellengruppen und noch andere Sachen, doch kein Wort über angereichertes Uran verließ seinen Mund. Mehr und mehr wurde mir klar, dass dieses Uran bei Jack gelandet war. Vermutlich auf der Plattform, welche ich nicht betreten durfte. Nachdenklich schaltete ich den Fernseher aus. Viel Neues war tatsächlich nicht für mich dabei gewesen. Es wurde noch viel darüber gesprochen, was für Waffen sie hatten und wie sie daran gekommen waren, doch alles was Kaz sagte war schlichtweg gelogen. Nachdenklich fragte ich: „Wo ist Kaz eigentlich, dass das Live übertragen werden konnte?“ Jack, der immer noch ernst auf sein Handy geblickt hatte, schaute hinauf in mein Gesicht und raunte: „Nicht weit von hier, Pasadena…“, meinte Jack und streckte seine Glieder. Ich runzelte leicht die Stirn und fragte: „Trefft ihr euch noch irgendwie?“ „Nein… es ist alles besser verlaufen wie ich dachte…“, raunte Jack und zufrieden sah er drein. Ich war mir unschlüssig… Die Frage, welche mir auf der Seele brannte, konnte ich Jack einfach nicht stellen! Und so griff ich nach meinem Handy und schrieb Adam. „Provoziert dieses Interview nicht David mehr? Wollt ihr das?“ Ich war wahrlich dankbar, dass Adam mir die Wahrheit gesagt hatte. Schneller als von mir angenommen kam die Nachricht zurück, dass er dies nicht wisse und Jack es für richtig hielt. Ich war mir nicht sicher was ich davon halten sollte und es schien, als sei auch Adam meiner Meinung. Für mich war es Öl in eine Glut zu kippen. Ich hoffte, dass Jack sich nicht verbrannte. Es war ein normaler Tag. Immer wieder spuckte mir das Video im Kopf und ich träumte von dem toten Kind. Ich sagte es Jack nicht, doch ich merkte, dass auch er nicht mehr so entspannt war wie noch vor einigen Wochen. Es war schon abends und Jack hatte versprochen mich von der Arbeit abzuholen. Die meisten Menschen bestellten ihren Kaffee oder ein Stück Kuchen. Ich scherzte etwas mit meinen Kollegen herum, als ein ergrauter Mann zu uns kam. Er hielt eine Zeitung in den Händen, hatte seine Haare ordentlich nach hinten gekämmt und trug eine Schiebermütze. Jedoch hatte er kein Allerweltsgesicht. Das, was sofort ins Auge sprang, war eine Narbe, welche über seine rechte Gesichtshälfte verlief. Einige tiefe Zornes- und Denkerfalten waren in das Gesicht eingemeißelt. Ich schätze ihn auf Anfang Mitte fünfzig. „Guten Abend“, sagte er mit freundlicher Stimme und ich vernahm einen britischen Akzent. „Guten Abend“, meinte ich ebenfalls freundlich und höflich und fragte gleich, was ich ihm denn bringen könne. Natürlich sah ich auf die Narbe, doch ich versuchte einfach nicht, wie viele andere Menschen stumpfsinnig darauf zu starren. Er sah auf die Karte und noch einmal in die Theke mit dem Kuchen. „Hm… Einen schwarzen Tee und ein Stück Apfelkuchen…“ Ich nickte leicht und meinte freundlich zu dem alten Mann: „Setzten Sie sich ruhig, ich bring es sofort. Es ist gerade eh nicht viel los…“ Er wirkte überrascht und lächelte mir freundlich zu und schien leicht zu nicken. Was tat man nicht alles für ein gutes Trinkgeld. Seine Augen glitten an meinem Körper hinab, als sei er ziemlich überrascht. Er bedankte sich und bezahlte die beiden Sachen und setzte sich an einen Tisch alleine und schien nachdenklich aus dem Fenster zu schauen. Häufiger kamen Menschen alleine in den Laden, setzten sich und lauschten den Gesprächen der anderen Gäste, doch eigentlich waren es meistens Rentner. Viele waren sicher einsam und schienen ihrer Einsamkeit so zu entkommen. Ich brachte ihm die bestellten Sachen und stellte es vor ihm auf den Tisch. Er bedankte sich höflich und als ich weggehen wollte meinte er: „Normalerweise muss man sich das selbst an den Tisch tragen, oder…“ Ich drehte mich zu ihm und nickte vage und erklärte: „Ja, aber gerade ist ja nicht so viel los, also kann ich das mal machen.“ Er nickte und lächelte leicht und meinte: „Ja, wirklich sehr zuvorkommend. Die meisten jungen Leute sind nur noch selten so aufmerksam.“ Ich grinste schräg und erwiderte: „Ach, so würde ich das nicht sagen… Man hört glaube ich nur von zu vielen 'schlimmen Leuten'… Sie kommen aus England?“ Der ältere Mann nickte leicht und grinsend schüttelte er den Kopf. „Ja… Nun lebe ich schon so lange hier und kann es immer noch nicht verbergen… Und sie kommen auch nicht aus Kalifornien. Sie haben einen leichten Südstaatenakzent.“ Ich grinst leicht und nickte, während ich zustimmend sagte: „Ja, eigentlich bin ich Texaner.“ Er schien amüsiert zu lachen und meinte: „Ach ja… unsere Waffennation…“ Schräg grinsend nickte ich leicht, dies war schließlich kein großes Geheimnis. „Und jetzt gleich Feierabend“, meinte der Mann mit nachdenklicher Stimme und schüttete sich ein wenig Zucker in den Tee. Erneut nickte ich und schmunzelte ein wenig. „Der Verkehr ist die Hölle, passen Sie bloß auf, aber vielleicht bin ich auch nur zu alt dafür“, meint er und rührte entspannt in dem Tee herum und sah von der Tasse hinauf in mein Gesicht. Freundlich und offen erschien der Mann und so sagte ich: „Ach, nicht schlimm, mein Freund holt mich ab.“ Neugierde war in den graublauen Augen zu erkennen und er fragte: „Und dann durch die Kneipen ziehen? So haben wir das früher gemacht nach der Arbeit, da war ich noch in den 20ern…“ Ich schmunzelte ein wenig und lachend meinte der Mann: „Lachen sie nur, ich meine es vollkommen ernst. Früher war keine Kneipe sicher vor mir…“ Ich schmunzelte und zustimmend nickte ich. „Ich glaub auch nicht, dass mein Freund und ich Frauen kennen lernen wollen…“ Überraschend sah er mich an. „Aber warum nicht“, wollte er wissen, „Sie sind doch jung- oder sind Sie etwa schon… wie sagt man, vom Markt.“ Ich lachte leise auf und nickte ein wenig. „Ja und zwar an meinen Freund“, meinte ich und als neue Kunden den Laden betraten, musste ich mich von dem Herrn verabschieden. Es kamen noch ein Paar weitere Kunden hinein und nahmen sich Kaffee und anderes mit. Ich wartete auf Jack und kurz vor Ladenschluss betrat er den Laden. Immer noch sahen ihn meine Kollegen verwirrt an. Freundlich hob er die Hand zum Gruß und ich nickte leicht. „Ich hol nur eben meine Jacke, dann können wir los“, meinte ich grinsend und sah, dass der Mann auf uns zukam. Er stellte die Tasse und den Teller auf den Tresen und sagte: „Noch mal vielen Dank, Jasper. Sie sind wirklich sehr nett…“ Ich runzelte die Stirn und war verwirrt. Hatte ich ihm meinen Namen gesagt? Nein, hatte ich nicht. Wenn ich schon verwirrt geschaut hatte, war es nichts im Vergleich zu Jack. Sämtliche Gesichtszüge entglitten ihm. Erschrocken sah er den Mann an und meinte mit kalter Stimme: „Was machst du hier!?“ Verwirrt taxierte ich die beiden. Sie kannten sich? „Ich trinke einen Tee und esse Kuchen… Nichts Verbotenes, oder…“ Ich sah wie Jack zuckte und verstand die Welt nicht mehr. Ich war gerade allein hinter dem Tresen und war dankbar dafür, dass mein Kollege immer heimlich im Lager an seinem Handy spielte. „Du hast es versprochen“, raunte Jack tödlich ruhig und plötzlich verstand ich, wer dort vor mir stand! Es war David! Derjenige, der Schuld an der Trennung war. Für den ich als Druckmittel hergehalten hatte, ohne es wirklich zu wissen! Nur, dass ich ihn mir und ich konnte es nicht anders sagen, furchteinflößender Vorgestellt hatte. Um einiges jünger, fitter und einfach nicht so! Doch der warme und freundliche Ton wandelte sich plötzlich und tödlich ruhig raunte David uns zu. „Und du hattest auch was versprochen und dich nicht daran gehalten wie ich letztens auf einer Überwachungskamera gesehen habe. Da dachte ich mir, brauch ich mein Versprechen ja auch nicht mehr halten, John…. Außerdem hat mir deine kleine Provokation kein bisschen gefallen“, raunte David und schneidend wurde seine Stimme. „Ich hab mehr als genug Drecksarbeit für dich gemacht. Verschwinde oder ich räum dich gleich hier aus dem Weg.“ Unbeeindruckt lächelte David und schien nicht mal mit der Wimper zu zucken. Sein Blick glitt zu mir und er lächelte mich eiskalt an. „Nenne es nicht 'Drecksarbeit'…. Wie würde Susanne das finden, wenn sie hörte, wie du über die Arbeit sprichst.“ Wütend verzerrte sich Jacks Gesicht und ich erkannte die Masche sofort! Ja, David kannte Jack! „Ich hoffe, dass du zur Vernunft kommst John. Es bringt dir nichts dauerhaft gegen mich zu arbeiten, sehe es doch ein“, meinte er mit einer so neutralen Stimme, welche mich vollkommen überraschte. Das Jack ihn bedrohte war ihm scheinbar vollkommen egal. Vielen anderen wäre der Arsch sicher auf Grundeis gegangen! „Sind deine Versprechen etwa nichts mehr wert“, knurrte er und wütend verzerrten sich Jacks Gesicht. Ein leises und arrogantes Lachen verließ David's Lippen und er nickte: „Doch, John. Doch du hast provoziert, ich habe provoziert, doch das du damals den simplen Auftrag nicht ausgeführt hast… nun, ich weiß nicht, wie ich das werten soll…“, ich wusste, dass er von Quiet sprach und Jack ballte seine Hände zu Fäusten. „Ich habe ihn ausgeführt! Du sagtest sie soll dir keinen Ärger mehr machen und das tut sie nicht. Von umbringen war nie die Rede. Du musst dich klarer ausdrücken. Ich lass mich nicht nochmal von dir benutzen. Meinst du etwa ich hätte nicht auch was gegen dich in der Hand?“ Kurz blickte er uns überrascht an und seine Augen weiteten sich kurz. „Ach?... Hast du das ja? Na ja, ich habe nicht mehr viel Zeit. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend in eurer Wohnung im Osten Santa Monicas, oder vielleicht bei Ace? Aber ich glaube kaum John, dass du Lust auf Kleinkinder hast“, säuselte David und galant verabschiedete er sich von uns. Fassungslos sah ich ihm nach! Ich war regelrecht gelähmt als er anfing von meiner Familie zu sprechen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)