Verborgen in Stille Teil II von Strichi ================================================================================ Kapitel 10: Verloren und Gefunden --------------------------------- Es waren keine drei Wochen her seit ich mich von Andrew getrennt hatte. Immer noch stand der Plan, nach dem Prozess Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich vermisste Andrew nicht. Diese Trennung war weder sonderlich schmerzvoll noch wirklich schlimm. War ich überhaupt wirklich verliebt gewesen? Ich war fast schon erschrocken von mir selbst! Von Andrew hatte ich nichts mehr gehört. Doch meine Gedanken waren eh bei anderen, für mich gerade viel wichtigeren Problemen. Ein erneutes Schreiben aus Texas, war bei mir Zuhause eingetroffen. Meine Gedanken und Gefühle begannen erneut mit mir Achterbahn zu fahren. Mein Anwalt hatte sie mir zukommen lassen. Ich erfuhr, dass nun, wo ein höheres Gericht eingeschaltet wurde, die Verhandlung tatsächlich vor einer Jury stattfinden würde, wie der gegnerische Anwalt es sich gewünscht hatte. Ich musste schlucken, als ich das las. Es bedeutete schließlich, dass ich zwölf Menschen, die ich nicht kannte von der Schuld meines Vaters überzeugen musste. Ich war wirklich gezwungen vor einer noch größeren Runde mein Leid zu teilen. Allerdings gab es immer noch die Möglichkeit, dass das Gericht das Verfahren wieder einstellte. Ich versuchte mich abzulenken. Wieder mal mit Sport. Emily war ziemlich sauer als sie erfuhr, wie ich Andy verlassen hatte. Dass sie meinte mein Gewissen sein zu müssen nervte manchmal! Ich wusste selbst, dass es scheiße war. Als der Februar in den März überging erhielt ich endlich Post vom Gericht. Ich hoffte und betete fast, dass sie das Verfahren nicht erneut wieder einstellen würden. Doch nein! Wieder mal war es eine Einladung. Etwas, was mich wieder völlig aus der Bahn geworfen hatte. Alle anderen Gedanken waren wie weggeblasen und wenn ich dachte, ich war bei der ersten Verhandlung nervös gewesen, war es nichts im Vergleich zu jetzt. Sollte die Verhandlung auch dieses Mal eingestellt werden wusste ich nicht, ob ich noch einmal die Nerven hatte in Widerruf zu gehen. Ich wollte endlich damit abschließen, denn immer mehr hatte ich das Gefühl, dass dieses Ereignis mich völlig aus der Bahn zu werfen schien. Ich war aufgeregt und hatte Angst. Angst davor meinen Vater wieder zu treffen und auch Angst davor, dass ich keine Gerechtigkeit bekommen würde. Es war albern, denn ich wusste, dass Jack ihn bereits bestraft hatte. Konnte man es eigentlich so nennen? Bestraft? Er hatte angedeutet, nein, bestätigt, dass er ihn gefoltert hatte. Würde Dad das bei der Verhandlung sagen? Sah man ihm das an und wenn das alles geschehen war, hatte es ihn geändert? Ich wusste nicht warum, aber eigentlich wollte ich tief in meinem Inneren mit Dad sprechen. Ihn fragen nach dem warum. Eigentlich war es albern, denn ich wusste genau warum. Ich zog mich gerade um und war unschlüssig. An meinem Kleiderschrank war eine Seite der Schiebetüren aus Spiegeln. Ich drehte mich zur Seite und betrachtete seit langem wieder die Narben. Alle sah ich nicht, dafür brauchte ich einen zweiten Spiegel. Doch einige rote Striemen konnte ich sehen. Ich hätte nie gedacht, dass Narben so lange brauchten, bis sie verblassten! Sie waren nicht mehr feuerrot, aber immer noch offensichtlich. Ich ertrug den Anblick, hatte man sich doch daran gewöhnt. Trotzdem waren die Narben etwas, was ich als nichts Positives sehen konnte. Es war Ende März, kurz nachdem ich meine Einladung erhalte hatte. Ich hatte den Mittag über auf Luna aufgepasst und war danach zu meinem Nebenjob gefahren. Ich liebte dieses Kind und das sie anfing zu krabbeln war nur noch schöner! Auch Jenny war sehr stolz auf ihr kleines Mädchen! Luna hatte Spaß mit mir, immer, wenn ich mit ihr zusammen war, vergaß ich die Sorgen die ich hatte. Mit ihrer Art brauchte sie mich immer wieder zum Lachen. Ich erinnerte mich daran und ein leichtes Schmunzeln glitt über mein Gesicht. Eigentlich sollte ich eine Hausarbeit schreiben, doch ich konnte mich nicht sonderlich konzentrieren. Ich griff nach einem T-Shirt und betrachtete es. Es war das alte von Jack. Tarnmuster und immer noch etwas zu breit für mich. Ich trug seine Sachen nicht oft. Dafür waren sie mir auch irgendwie zu wichtig, aber heute wollte ich es tragen. Die Medaille lag in meinen Nachttisch, auch sie hatte ich heute das erste Mal seit langen wieder betrachtete. Heute gaben mir die Sachen das Gefühl ihm so etwas näher zu sein. Eigentlich sollte ich mich wirklich auf die Hausarbeit konzentrieren. Stattdessen öffnete ich meine E-Mails. Ewig hatte ich nicht mehr geschrieben, doch irgendwie musste es heute einfach sein. Seit ich wusste, wann der Termin der Gerichtsverhandlung war, schlief ich wieder schlechter als gewöhnlich. Ich träumte von meinem Vater, von dem Monster aus dem Koma und von Jack. Immer wieder merkte ich die verdrängten Gefühle, doch ich versuchte sie weiter von mir wegzuschieben. Allerdings brodelten sie an der Oberfläche und ich war mir unschlüssig, wie lange ich es noch unterdrücken konnte. Wenn ich ehrlich zu mir selber war, hatte ich Angst vor dem Tag, an dem ich es nicht mehr unterdrücken konnte. Wenn meine von mir aufgebaute Welt in sich zusammenbrechen würde. Dich ich wollte und musste mir Hilfe suchen. Die Hausarbeit, die ich eigentlich schreiben sollte, schob ich weg von mir. Ich konnte mich nicht für die Architekturgeschichte von irgendeiner Epoche begeistern. Nicht heute jedenfalls! Heute war Jack wieder allgegenwärtig in meinem Kopf. Ging es ihm gut? Was machte er? War er verletzt? Wieso bezeichneten ihn andere als Terroristen? War er das auch für mich geworden? Nein, war die ehrliche Antwort. Doch während ich über den E-Mails hing fragte ich mich, ob es nicht sinnvoller sei eine Runde Joggen zu gehen. Aber eigentlich hatte ich keine Lust um diese Uhrzeit noch das Haus zu verlassen. Ich seufzte, klickte den Browser weg und öffnete stattdessen lieber einen Bilderordner. Melancholisch betrachte ich ein Selfie von mir und Jack. Wie er wohl heute aussah? Hatte er noch mehr Narben dazu bekommen? Sein Beruf, wenn man es so nennen konnte, war dafür schließlich prädestiniert. Vermutlich würden mich neue Narben kein bisschen stören. Nicht wie die Meinen. Ich klickte durch die Bilder und stellte fest, dass ich diese schon Ewigkeiten nicht mehr wirklich betrachtet hatte. Langsam aber sicher glaubte ich zu verstehen, warum Jack wollte, dass ich Zeit ohne ihn hatte. So sehr ich ihn auch vermisste und auch wütend war, so wichtig war es vermutlich erwachsen zu werden. Wäre ich mit Jack erwachsen geworden? Natürlich, aber vermutlich nie so selbstständig wie ich es jetzt war. Vielleicht hätte ich auch irgendwann das Gefühl gehabt, etwas verpasst zu haben. Wenn meine Freunde davon gesprochen hätten, wie sie die ein oder andere mal abgeschleppt hätten und ich nie so etwas erleben durfte, wäre ich dann unglücklicher? Vielleicht nicht unglücklich, aber vermutlich hätte ich wirklich irgendwann gesagt, dass ich etwas verpasst hatte. Hochachtung und Respekt wuchsen in mir, während ich ehrlich darüber nachdachte. Jack war schon immer sehr empathisch gewesen und vermutlich hatte diese Selbstlosigkeit Respekt verdient. Jack wollte sicher, dass ich frei lebe und hätte er mich bei sich und seinen Freunden in Sicherheit gebracht, was wäre das für ein Leben geworden? Ich kann schießen, ja, wenn ich wollte kann ich mich prügeln, aber ich kann nicht kämpfen. Immer hätte ich Schutz benötigt, wie ein Promi. Vermutlich wollte Jack mir genau das ersparen. Jedoch war ich auch immer noch wütend, dass er einfach verschwunden war. Diese zwei so verschiedenen Gefühle in sich zu vereinen war schwer zu akzeptierten. Ich seufzte schwer, strich mir durch die braunen Haare und entschied mich doch zu schreiben, ließ meine Gedanken einfach in die Finger wandern. „Hi Jack, ich bin mir immer noch sicher, dass du diese Nachrichten erhältst, aber egal wie oft ich schreibe, es ist dir scheinbar doch letztlich egal. Du antwortest nicht. Vermutlich wirst du es auch nicht. Weißt du… ich habe in den letzten Monaten viel nachdenken können und weißt du eigentlich, dass du immer noch eine große Rolle in meinem Leben spielst? Schon irgendwie krass. Ich glaube aber, dass ich verstanden habe warum es auch wichtig war, dass ich einige Zeit mal alleine Leben sollte. Selbstständig werden, erwachsen werden, ja das habe ich geschafft, doch trotzdem glaube ich, dass ich dies auch mit dir gemeinsam geschafft hätte. Da schlagen einfach zwei Herzen in meiner Brust. Es gab viele Momente, in denen ich dich gerne an meiner Seite gehabt hätte. Meinen Schulabschluss, meinen Unibeginn. Es sind nicht die großen Sachen, in denen ich dich gerne da hätte. Neben dir einschlafen und einfach morgens gemeinsam wach werden. Mit Didi spielen, das alles würde ich gerne einfach mit dir machen. Nicht, weil ich dich brauche, sondern weil du mir immer noch wichtig bist. Ich hab gelernt zu leben, Jack, doch ich trage wie du jeden Tag Masken. Manche sind leicht und manche sind unendlich schwer zu tragen. Du warst ein wahrer Meister darin. Ich habe mich an deine Vorgaben gehalten, um die du mich in deinem Abschiedsbrief gebeten hattest. Seit ich 18 bin, bis heute. Über dreieinhalb Jahre, Jack… Ich habe Freunde gefunden, Freunde verloren, Gutes und Schlechtes erleben dürfen und trotzdem habe ich dich nie vergessen. Nie aufgehört dich zu lieben. Wow, das liest sich wirklich kitschig, aber eigentlich hast du es verdient dies alles zu wissen. Ich wette du hörst wieder kaum nette Worte. Aber vielleicht vertue ich mich auch und du hast jemanden gefunden. Leider glaube ich daran nicht. Im Moment habe ich das Gefühl, mein Leben möchte wieder Achterbahn fahren. Du weißt sicher, dass die erste Verhandlung aus „Mangel an Beweisen“ eingestellt werden musste. Ich habe so wahnsinnige Angst davor, dass das wieder passiert. Eigentlich ist das auch der einzige Grund warum ich dir Schreibe. Dieser Prozess bricht alles wieder auf und ich will einfach nicht, dass mein Leben wieder aus den Fugen gerät. Ich will den anderen nicht zeigen, wie sehr es mich belastet, deswegen diese Mail. Ich kann nicht mehr schlafen, ständig wieder komische Träume, doch ich muss funktionieren. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass ich nicht mehr ich sein kann. Ich versuche die verdammten Gefühle zu verdrängen, aber ich denke, dass ich das auf ewig nicht schaffen werde. Die Anderen verstehen es nicht. Vielleicht stimmt dieses Gefühl nicht, doch ich habe es… Ich hoffe wirklich, dass du dein Versprechen halten wirst. Ich will dich wieder in meinem Leben haben. Vielleicht haben wir Beide uns auch so sehr verändert, dass wir nicht mehr zusammen passen. Doch trotzdem wünsche ich mir eigentlich gemeinsam mit dir Dinge genießen zu können. Vielleicht nicht als Liebende, aber als Freunde… Ich wünschte, ich könnte dir die Angst und Sorgen nehmen, die du hast. Die Angst, dass mir was passiert. Deine Angst, du würdest mich von einem unbeschwerten Leben abhalten. Ich hoffe dass es dir gut geht da, wo du bist! Im Gegensatz zu dir bekomme ich keine Nachrichten von dir. Manchmal, wenn ich Nachrichten sehe, hab ich wirklich Angst um dich, doch ich kann diese Angst niemandem mitteilen. Du verlangst damit sehr viel von mir. Ich glaube seit langem war ich nicht mehr so ehrlich, wie in dieser E-Mail. Aber ich denke, wenn mich jemand versteht, dann du. Ich werde von nun an nicht mehr schreiben, ob ich es schaffe das einzuhalten, weiß ich selbst nicht. Es tut mir weh. Du tust mir weh. Es tut mir leid. Ich versuche nun doch noch irgendwie zu schlafen. Ich liebe und vermisse dich dein Jasper. Es war seltsam diese Nachricht abzuschicken, denn viele Ängste hatte ich preisgegeben. Vieles von dem, was ich verborgen hielt. Ich war mir sicher, dass Jack die Nachrichten erhielt, doch Beweise hatte ich nicht. Glauben ist schließlich nicht Wissen. Es waren noch sieben Tage bis zum Prozess und jede Nacht dasselbe Spiel. Wenn ich endlich zum Schlafen kam, wachte ich nur wenige Stunden später panisch auf. Ich kam einfach nicht zur Ruhe! Ich versuchte mich abzulenken und versuchte Zeit mit meinen Freunden zu verbringen. Eric schrieb mir regelmäßig und ich versuchte immer noch taff zu wirken, als hätten die Jahre geholfen die Wunden zu schließen. Eric konnte dieses Mal nicht beim Prozess dabei sein. Er machte während des ganzen Semesters ein Praktikum in einer großen IT-Firma. Stolz berichtete er mir davon, dass er tatsächlich so etwas wie Gehalt bekam. Davon wollte er sich gleich ein neues Handy kaufen. Eric war seit zwei Jahren auf den Trichter gekommen, jedes Jahr ein neues Handy kaufen zu müssen. Natürlich war ich auch Up to date, doch jedes Jahr ein neues hatte auch seinen Preis. Doch ich ließ ihn reden, freute mich für ihn. Ich konnte mich wirklich für andere Menschen in meiner Umgebung freuen! Etwas, was viele verlernt hatten. Tatsächlich lag es an Luna. Dieses unschuldige kleine Würmchen liebte ich genauso wie damals Jack. Doch derzeit schaffte es auch Luna nicht mich abzulenken. Immer wieder drifteten meine Gedanken ab und ich spürte, wie mein Herz begann sich unangenehm zusammen zu ziehen. Heute Nacht war es besonders schlimm. Erneut hatte ein Albtraum mich heimgesucht. Mir tat der Kopf weh und als ich mir die Haare von der Stirn strich spürte ich, dass eiskalter Schweiß sie bedeckte. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und zog mir eine Hose über. Ich hatte das Gefühl in meinem Zimmer zu ersticken. Die Ruhe brachte mich dazu an den Traum zu denken und an die Zeit im Krankenhaus. Das Piepen der Geräte hallte in meinem Kopf wieder. Leise betrat ich die Küche. Emilys Abendessen stand noch auf dem Tisch. Ich beachtete es nicht und öffnete den Kühlschrank. Sollte ich mich ablenken? Wollte ich wirklich wieder joggen? Bei einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es bereits halb zwölf war. Emily war schon am Schlafen, morgen sollte sie ausgeruht sein, irgendeine wichtige Probe stand auf dem Plan, ich hatte wieder einmal nicht zugehört. Ich konnte einfach nicht schlafen. Ein Gefühl der Enge breitete sich in mir aus und ich musste die Wohnung schnell verlassen. Das Gefühl hatte ich schon häufiger und ich wusste nicht genau was ich dann machen sollte. Die Stille um mich herum war so erdrückend und schrecklich… Wie so oft versuchte ich davor wegzulaufen. Doch langsam aber sicher verstand ich, dass ich vor meinen Gefühlen nicht wirklich davon laufen konnte. Die verdrängten Ängste kamen wieder und ließen sich nicht so leicht abschütteln. Ich packte mir die Ohrstöpsel in die Ohren und zog mir meine Laufschuhe an. Ich musste einfach hier raus! Ohne darauf zu achten, zog ich mir en T-Shirt über, dass es das alte von Jack war, bekam ich nur am Rande wirklich mit. Erleichtert seufzte ich auf, als ich die frische Luft der Nacht spürte. Ich lief. Achtete nicht auf den Weg. Genoss die kühle Brise in meiner Nase. Meine Gedanken ließen sich nicht klären. Immer wieder landeten sie bei der Gerichtsverhandlung. Ich hatte einfach nur Angst. Irgendwie total dämlich, denn eigentlich passierte mir ja nichts. Mein Vater könnte mich ja schlecht vor dem Gerichtssaal erschießen oder verprügeln. Doch trotzdem war sie da und so oft ich mir auch versuchte einzureden, dass nichts geschehen würde, war die Angst dennoch da. Alleine würde ich sein, Jenny konnte nicht mit. Emily hatte im Theater nicht frei bekommen und auch Eric war wegen des Praktikums verhindert. Wenn ich ehrlich war, hatte ich Angst vor dem Hass. Der Hass, der mich aus den Augen meines Vaters anblicken würde. Ich war nicht selber Vater, ich war nur Onkel, doch ich könnte mir nie vorstellen Luna je so anzublicken. Ich lief durch die ganze Stadt und erst in der Nähe vom Pier blieb ich stehen. Es war recht kühl und viele trugen eine dünne Jacke. Mir war nicht kalt und als ich so an der Promenade entlang ging, atmete ich die frische Meeresbrise ein. Schmeckte das Salz auf der Zunge und lauschte dem Rauschen des Ozeans. Mein Blick glitt zum Himmel und ich betrachtete die Sterne. Früher, als ich bei den Pfadfinder war, kannte ich noch einzelne Sternenbilder, jetzt kein einziges mehr. Ich versuchte die anderen Geräusche auszublenden und ging einige Schritte auf das raue Wasser zu. Es war eine Vollmondnacht und das silbrige Licht spendete genug Helligkeit. Der Sand knirschte unter meinen Füßen, als mich das Vibrieren meines Handys in die Gegenwart zurückholte. Ich blinzelte einige Male und kramte es aus meiner Tasche und war überrascht, dachte ich doch Emily oder Ethan würden schreiben, doch es war eine mir unbekannte Nummer. „Hey Jazz, wie geht´s dir?“ Verwirrt sah ich auf die Nummer. Hatte irgendwer meiner Freunde mir erzählt, dass er einen neuen Handyvertrag abgeschlossen hatte? Eric hatte erwähnt, dass er am Überlegen sei. Unsicher, ob ich antworten sollte oder nicht, tippte ich ein: „Geht so… Wer bist du?“ zurück. Ich blickte mich um. Es war dunkel und ich war etwas abseits der ganzen Touristen. Ich ließ mich auf einer Liege am Strand nieder, welche gleich einige Zentimeter in den Sand einsank. Gerade, als ich das Handy wegstecken wollte, erhielt ich schon die nächste Nachricht. „Also nicht gut… was ist los?“, stand da und ich fragte mich, wer mich so gut durchschauen konnte. Eigentlich nur Eric und na ja… Emily, schließlich wohnte ich mit ihr zusammen. Diese Probleme konnte ich nur schwer vor ihr verbergen. Wer war das? Ich überlegte, ob es Ethan war. Ihm hatte ich als Jurastudent auch erzählt, dass ich bald eine Verhandlung hatte. Doch dann fiel mir ein, dass es nur Eric sein konnte, der vermutlich doch schon das neue Handy gekauft hatte. Ich schüttelte leicht den Kopf darüber. Die Handys sahen alle so gleich aus und trotzdem war das neuste Handy, immer das Beste, laut ihm. Ich speicherte die Nummer schnell im Telefonbuch unter „Eric neu“, da ich keine Lust hatte immer mit einer komischen Nummer zu schreiben. Ich tippte schnell eine Antwort, ehe ich in den Himmel blickte. „Ach, die Gerichtsverhandlung… Weißt du doch.“ Jetzt, wo ich saß und nicht mehr lief, spürte ich die Kälte. Sie kroch langsam meinen Arm hinauf und hinterließ eine Gänsehaut. Ich rieb mir über den Arm und betrachtete die silbrig glitzernde Gischt der See. Erneut holte mich mein Handy in die Gegenwart zurück. „Glaubst du, dass du das nicht schaffst? Du hast doch Leute, die hinter dir stehen.“ Komisch, dachte ich. Dass Eric sich so große Sorgen um mich machte, hätte ich gar nicht erwartet. Ich war in diesem Moment wirklich froh über einen so guten Freund. Ich fuhr mir durch die braunen Haare und strich mir kurz über den drei Tage Bart, ehe ich Eric antwortete. „Ja ich weiß, dass ihr da sein werdet. Ist trotzdem einfach mal scheiße alles.“ Ich hatte mit ihm darüber gesprochen. Immer noch war Eric die Person, mit der ich sprechen konnte. Allerdings wollte ich nicht alle meine Sorgen mit ihm teilen. Das Handy in den Schoß legend, beugte ich mich hinunter und ließ den Sand zwischen meine Finger laufen. Ja, ich liebte es am Meer zu wohnen. Man konnte Emily eigentlich nur danken, dass sie uns hier her gebracht hatte. Vielleicht sollte ich morgen eine Runde nach der Arbeit surfen, dachte ich, als ich erneut das Läuten meines Handys vernahm. „Du schaffst das schon“, las ich, „mach dich nicht selbst verrückt. Oder hast du Angst, er kriegt nicht die verdiente Strafe.“ Hm… ich wollte nicht, dass die Anderen glaubten ich hatte Angst. Ich zögerte lange, bis ich mir sicher war, was ich darauf antworten wollte. Eigentlich hatte Eric verdient, dass ich ehrlich zu ihm war, doch noch immer wollte ich lieber stark erscheinen und nicht schwach. Nach langem Zögern tippte ich schließlich: „Nein, nicht Angst… oder doch? Ich weiß nicht genau. Was machst du gerade?“ Ich wollte ehrlich zu ihm sein, doch es viel mir schwer, denn Ehrlichkeit bedeutete auch, sich angreifbar zu machen. Erneut kam recht schnell eine Antwort. „Mir Sorgen um dich. Du klangst nicht gut, als du das letzte Mal geschrieben hast.“ „Häh? Wann hab ich denn geschrieben?“, murmelte ich vor mich hin. Dann fiel mir ein: Wir hatten über den Prozess gesprochen und darüber, dass er wegen seines Praktikum nicht kommen könne. Vermutlich verstand er mich doch besser als ich dachte. Die Ehrlichkeit floss in meine Finger. „Ist gerade schwierig. Ich fühl mich… Ich weiß nicht, wie ein Ertrinkender.“ Sollte ich ihn nicht einfach anrufen? Schreiben war immer unpersönlicher als zu sprechen. „Ich weiß nicht, wie ich dir helfen kann?“ Ich war verwirrt über seine Fürsorglichkeit, doch noch immer fror ich und langsam wurde es mir zu blöd. Er könnte auch einfach anrufen… Fast schon gereizt tippte ich: „Ich glaube, dass kann auch keiner so einfach. Ich versteh mich ja selbst nicht. Aber ich versuch jetzt zu schlafen!“ Fast schon genervt legte ich das Handy wieder neben mich. Ich konnte nicht mehr hier sitzen. Erneut läutete mein Handy und fast schon wütend sah ich darauf. Ich hatte wirklich keine Lust jetzt zu schreiben. Doch schon im nächsten Augenblick wurde mir warm und kalt zugleich. „Schläfst du gerne am Strand?“ Ich spürte, wie mein Körper begann zu zittern. Ich hatte ihn kaum unter Kontrolle! Ich musste durchatmen und mich regelrecht darauf konzentrieren mein Handy nicht fallen zu lassen. Das konnte nicht sein! Wild klickte ich auf dem Handy herum und wählte nervös die Nummer. Ich spitzte die Ohren um vielleicht in der Nähe das Läuten eines Handys zu vernehmen, doch ich hörte nichts. Natürlich nicht, dachte ich mir. Ich hörte, wie abgenommen wurde und ein kaum hörbares Seufzen drang an mein Ohr, bevor ich eine von mir so geliebte, vertraute Stimme vernahm. Rauchig klangen die Worte, die meine Knie so wahnsinnig weich werden ließen, dass ich Angst hatte umzukippen, als die Person am anderen Ende nur zwei kleine Worte sagte: „Hey Jazz...“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Hallo^^ ich stell die Beiden Kapitel extra zu zweit hoch, weil ich weiß, dass ihr alle Jack wieder haben wollt^^ Und ich weiß jetzt, dass ich nie wieder einen Zeitsprung schreiben werden! :D nie wieder! Schönen Freitag ^^ LG Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)