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Selbstmord ist keine Lösung......oder?

von

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Neuigkeiten

Leises Stöhnen erfüllte das Schlafzimmer, blieb jedoch außerhalb des Raumes ungehört. Seine Lippen pressten sich fest auf die ihren, während seine Nägel sanfte Kreise auf ihren nackten Schultern zogen. Sie keuchte in den Kuss hinein und vergrub ihre Finger in seinem langen, silbernen Haar. Er grinste, biss ihr sachte in die Lippe und strich anschließend entschuldigend mit seiner Zunge über die gerötete Stelle. „Cedric“, murmelte sie, Erregung wallte durch jede Faser ihres Körpers und machte es ihr schwer sich richtig zu konzentrieren. Automatisch öffnete sie die Beine, eine klare Aufforderung an den Mann über ihr. Dieser ließ sich alle Zeit der Welt und ließ seinen Blick lieber noch einmal über den nackten Körper der jungen Frau gleiten. Es gefiel ihm mehr als alles andere, wie bereitwillig sie da unter ihm lag…
 

Carina keuchte ein weiteres Mal, als sie seinen brennenden Blick spürte. Es fühlte sich jedes Mal so an, als würde er sie mit diesen Augen durchbohren. Mittlerweile war die Lust in ihrem Unterleib so unerträglich dringend, dass sie schmerzte. Unruhig grub sie ihre Zehen in das Bettlaken. Das Grinsen des Undertakers wurde noch eine Spur breiter. Ihm kam da plötzlich eine blendende Idee. „Halt still“, flüsterte er ihr entgegen, doch es war mehr als deutlich, dass es sich dabei um keine Bitte handelte. Im nächsten Moment rutschte er ein Stück nach unten und ergriff ihre Beine knapp über den Knien. Die Augen der 18-Jährigen weiteten sich als sie erkannte, was der Silberhaarige im Begriff war zu tun. Doch alles, was sie noch hervorbrachte, war ein langgezogenes Stöhnen, als der Bestatter seinen Kopf zwischen ihren Schenkeln vergrub und seine Zunge-
 

Ein lautes Piepsen rüttelte die Seelensammlerin unsanft aus ihrem Schlaf. Verdattert und schwer atmend schaute sie auf ihren Wecker, der immer wieder laut piepte und von Sekunde zu Sekunde schneller und lauter wurde. Mehr als nur genervt haute sie auf den Knopf am oberen Ende und das störende Geräusch verstummte abrupt. Stöhnend ließ sie sich zurück in ihre Kissen sinken. „Das kann doch einfach nicht wahr sein“, murmelte sie, denn das lustvolle Ziehen in ihrem Unterleib konnte sie kaum ignorieren. Was zum Teufel war nur los mit ihr? Das war jetzt schon das dritte Mal in dieser Woche, dass sie solch einen verfluchten Sextraum gehabt hatte. Das dritte Mal, dass sie verdrossen und mit feuchter Unterwäsche aufwachte. Und daran war nur ihre Schwangerschaft Schuld. Ihre Hormone spielten seitdem komplett verrückt. Gut, die Morgenübelkeit hatte sich immer noch nicht eingestellt, worüber Carina mehr als froh war. Aber diese Träume waren einfach nur peinlich. Sie kam sich schon fast ein wenig notgeil vor.
 

Röte überzog ihre Wangen, als das Pochen zwischen ihren Schenkeln nicht abbrach. Kurz dachte sie darüber nach wie die vorherigen beiden Male einfach der Lust nachzugeben und selbst Hand anzulegen. Doch gerade war sie wahrlich nicht in Stimmung, vielmehr war sie frustriert. Sollte das jetzt etwa die nächsten 6 Monate so weiter gehen? Mit einem leichten Schmollmund hob sie den Kopf und starrte ihren Bauch an. „Du schaffst es ohne ein einziges Wort mich in den Wahnsinn zu treiben. Scheinst nach deinem Vater zu kommen.“ Ihr Bauch antwortete natürlich nicht, dennoch war es für Carina mittlerweile irgendwie normal geworden, dass sie ab und an mit ihrem Ungeborenen sprach. Auf seltsame Art und Weise fühlte sie sich dem Baby so viel näher.
 

Seufzend stand die mittlerweile 19-Jährige vom Bett auf und ging ins Badezimmer. „Es ist schon irgendwie komisch. Eigentlich wäre ich jetzt 19, aber mein Körper verändert sich ja nicht mehr. Bin ich jetzt also 18 oder 19? Ich muss Grell mal darauf ansprechen“, grübelte die Schnitterin, während sie sich auszog und unter die Dusche stellte. Das war auch eine der Erfindungen, die sie vermissen würde. In der jetzigen Zeit gab es noch keine Duschen, was Carina von Anfang an gestört hatte. Bei den Shinigami lebte es sich dann doch um einiges angenehmer. Aber daran würde sie sich wohl oder übel gewöhnen müssen.
 

Mittlerweile war sie in der 11. Woche. In gut einer Woche würde sie diese Welt verlassen und immer noch hatten weder sie, noch Grell und Alice etwas über den Aufenthaltsort von Cedric herausgefunden. Es war zum verrückt werden. „Aber was hab ich denn bitteschön erwartet? Dieser Idiot läuft bereits seit ziemlich langer Zeit vor dem Dispatch davon und das mehr als nur erfolgreich. Wie soll ich ihn also in der kurzen Zeit ausfindig machen? Verflucht…“ Anscheinend musste sie wirklich erstmal von hier weg und ihren beiden Freunden die Suche überlassen. Der Gedanke gefiel ihr allerdings ganz und gar nicht…
 

Eine halbe Stunde später schloss die Blondine ihre Wohnungstür ab und machte sich auf den Weg zum Institut. Sie musste noch zwei Berichte einreichen und würde gleichzeitig Alice abholen, deren Schicht um 22 Uhr endete.
 

Sie und Grell hatten die Nachricht, dass Carina gar nicht aus dieser Zeit, sondern aus dem Jahr 2015 stammte, relativ gefasst aufgenommen. Gut, Grell hatte zwischendurch einen leichten Schreikrampf bekommen und Alice wollte es ihr zuerst partout nicht glauben, aber schließlich blieb den Beiden wohl keine andere Wahl, als die Wahrheit zu akzeptieren. „Okay, jetzt kann ich offiziell verkünden, dass es nichts mehr gibt, was ich nicht glauben würde“, hatte Alice ihr am Ende des Gespräches mitgeteilt. Carina hatte daraufhin nur gegrinst und erwidert: „Sag das mal nicht zu früh, Alice. Die Zukunft hält noch so einige interessante Dinge bereit.“
 

Und als Grell sich endlich von seinem Anfall erholt hatte, hatte er etwas gesagt, was selbst Carina zu der Zeit noch gar nicht gewusst hatte. „Das erklärt jetzt wenigstens, warum du damals nicht auf der Liste der Neuzugänge gestanden hast.“ Die Blondine hatte geblinzelt. „Was? Ich hab nicht auf der Liste gestanden? Und so etwas Wichtiges hast du keinem gesagt?“ „Ich dachte damals, es wäre ein Fehler der Verwaltung. Und du weißt ja, wie William ist. Der hätte sich doch nur mächtig darüber aufgeregt und ich hätte es ausbaden dürfen.“ Die Tatsache, dass ihr Name nicht auf der Liste gestanden hatte, war logisch. Theoretisch gesehen existierte sie in diesem Zeitalter noch nicht, sie war noch nicht einmal geboren worden. Da konnte es kaum ein Todesdatum im Archiv über sie geben, geschweige denn einen Eintrag. Allerdings erinnerte sie diese Tatsache auch daran, dass der Bestatter zu ihr gesagt hatte, dass ihre Leiche niemals aufgetaucht war, weder in der Öffentlichkeit, noch in der Unterwelt. Waren ihre menschlichen Überreste also tatsächlich ins 21. Jahrhundert zurückgekehrt?
 

Seufzend schüttelte Carina den Kopf. Es machte jetzt ohnehin keinen Sinn mehr sich darüber noch den Kopf zu zerbrechen.
 

Mit entspannten Schritten ging die Schnitterin in Richtung Park, der auf dem direkten Weg lag. Carina fand diese Strecke immer äußerst angenehm. Hier gab es Bäume, Blumen, Sträucher und sogar einen kleinen Brunnen aus weißem Marmor, um den ein paar hölzerne Bänke standen. In ihrer Freizeit setzte sie sich öfters hierhin, um sich eine Pause von all den lästigen Gedanken in ihrem Kopf zu gönnen. Einige der anderen Shinigami schienen das genauso zu sehen, denn es herrschte immer viel Trubel auf diesem Platz.
 

Jetzt war die Grünfläche jedoch leer, die Nacht war bereits hereingebrochen. Eine der wenigen Straßenlaternen im Park flackerte leicht, als Carina daran vorbeiging und erhellte die Straße nur notdürftig. Mit einem Mal kam es der jungen Frau seltsam ruhig vor. Fast schon eine Spur zu ruhig.
 

Kennt ihr das Gefühl, wenn man nachts eine dunkle Straße entlang ging und sich urplötzlich, ohne jeglichen Grund, nicht mehr allein fühlte? Oder sich sogar einbildete Schritte hinter sich zu hören?
 

Genauso fühlte sich Carina jetzt. Ihr Herz pochte plötzlich schneller. Sie fühlte sich aus heiterem Himmel beobachtet. Paranoid wie sie war drehte sie sich leicht um, konnte jedoch weit und breit niemanden entdecken. Die Blondine schluckte, ihr Hals war mittlerweile staubtrocken. Versucht ruhig drehte sie ihren Kopf wieder zurück und ging – nun mit schnelleren Schritten – weiter in Richtung Institut. „Bleib ruhig. Du bist doch keine 15 mehr. Du hast keine Angst vor der Dunkelheit.“ Doch das seltsame Gefühl in ihrem Inneren wollte nicht abbrechen. Es wurde vielmehr schlimmer. Inzwischen joggte Carina mehr, als das sie ging. Als sie dann schließlich 5 lange Minuten später endlich am Eingang des Instituts ankam, war sie vollkommen außer Atem und noch dazu verschwitzt. Die Dusche hätte sie sich sparen können. Normalerweise brauchte sie für diese Strecke doppelt so lang, wenn sie in einem normalen Tempo ging!
 

Schwer atmend starrte sie vom hell erleuchteten Eingang in die Nacht hinein. Immer noch herrschte vollkommene Stille und niemand war zu sehen. „Hab ich mir das nur eingebildet?“, murmelte sie, konnte es aber nicht wirklich glauben. Nein, so etwas bildete sie sich doch nicht ein. Und sie war auch nicht paranoid, obwohl das nach allem, was sie in ihrem Leben schon durchgemacht hatte, nun wahrlich kein Wunder wäre. Ihr kam der Shinigami in den Sinn, der sie vor wenigen Monaten beinahe umgebracht hatte. Konnte es sein, dass er dahinter steckte? Dass er sie beobachtete, jetzt in diesem Moment? Der Gedanke bescherte Carina eine Gänsehaut, Angst kroch in ihre Glieder. Ihr kamen Cedrics Worte in den Sinn. „Wen verdammt? Wen habe ich so verärgert, dass er oder sie mich attackiert und verfolgt?“
 

„Carina?“
 

Angesprochene stieß einen spitzen Schrei aus und wirbelte angriffsbereit herum. Alice stolperte erschrocken zurück und hielt abwehrend beide Hände nach oben. „Gott, Alice! Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?“ „Ich könnte das Gleiche sagen“, verteidigte sich die Schwarzhaarige empört. „Was bist du denn plötzlich so schreckhaft? Ist irgendwas passiert?“ Carina zog ihre besten Freundin eilig an der Schulter ins Gebäude und flüsterte schließlich: „Ich glaube, ich werde verfolgt.“ Noch während sie es sagte, kam sie sich wie eines dieser dämlichen Opfer in den Crime Serien vor, die sich ihre Mutter abends immer so gerne angeschaut hatte. Alice hob eine Augenbraue. „Du glaubst?“, fragte sie skeptisch und sah dabei zu, wie die Blondine ihre Berichte in das passende Postkörbchen legte. „Ja. Und ja, ich weiß wie dämlich sich das anhört. Aber dann kam mir der Gedanke…was, wenn das dieser Shinigami war, der mich so zugerichtet hat?“ Die Miene der Rezeptionistin wurde schlagartig ernst. „Du musst aufpassen, Carina“, flüsterte sie leise. „Du kannst nicht mehr so einfach sterben, das mag stimmen. Aber dein Kind kann es.“ „Ich weiß. Deswegen mache ich mir ja solche Sorgen“, erwiderte die Blondine und strich sich kurz einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Mittlerweile reichten ihr die Haare bis zur Mitte ihres Rückens.
 

„Bald bist du nicht mehr hier. Da wird der- oder diejenige es zumindest nicht mehr ganz so einfach haben, dir hinterher zu schnüffeln.“ „Ich hoffe es.“ Carina seufzte. „Und? Gibt es etwas Neues?“ Diese Frage stellte sie mittlerweile immer, wenn sie ihre beiden Freunde sah. Und jedes Mal hatte sie die gleiche Antwort erhalten. Doch dieses Mal kam es anders. „Ja“, sagte Alice und grinste sogleich, als der Kopf der Schnitterin zu ihr herumflog. „Bitte?“, fragte sie, sicher sich verhört zu haben. „Sie haben ihn entdeckt?“ Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. „Nein, haben sie nicht. Aber unsere Kollegen aus Deutschland haben berichtet, dass vor einigen Tagen ein paar Leichen einen ziemlichen Aufstand verursacht haben.“ Sie schaute Carina über ihre Brille hinweg an. „Umherwandelnde Leichen, Carina.“ Angesprochene wusste nicht so recht, was sie empfinden sollte. Erleichterung? Wut über die verdammten Dolls? Auf jeden Fall empfand sie keine Freude. Eher Nervosität. „Deutschland also“, murmelte sie und eine Falte bildete sich in ihrer Stirn. „Warum denn ausgerechnet Deutschland?“ Alice musste plötzlich unverschämt breit und verschmitzt lächeln. „Vielleicht will er die Deutschkenntnisse, die du ihm beigebracht hast, ausbauen?“ Carina wurde rot. Super, so etwas passierte also, wenn man seiner besten Freundin Dinge im Vertrauen erzählte…
 

Hatte er es vielleicht damals schon gewusst? Hatte er sie etwa deswegen gefragt, ob sie ihm die Grundkenntnisse beibringen konnte? Irgendwie störte Carina dieser Gedanke. Sie hatte gedacht, er würde sich für die deutsche Sprache interessieren, weil das nun einmal etwas war, was unmittelbar mit ihr verbunden war. „Du scheinst nicht sonderlich begeistert zu sein“, stellte Alice mit einer Spur Besorgnis in der Stimme fest und schnappte sich ihre schwarze Jacke vom Kleiderständer. Die Schnitterin zuckte mit den Schultern. „Ich weiß immer noch nicht, wie ich es ihm sagen soll“, gestand sie beunruhigt und verließ zusammen mit ihrer Freundin das Gebäude. Schon gefühlte tausend Mal hatte sie versucht mögliche Situationen in ihrem Kopf abzuspielen, doch bisher war nichts Vernünftiges dabei herausgekommen. Wie sollte sie ihm solch eine große Sache auch einfach sagen? Lediglich seine Reaktion wurde von Mal zu Mal ausgefallener. Von Fassungslosigkeit über Unverständnis bis hin zur Wut war bisher alles dabei gewesen. Nur Freude nicht. Carina konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er sich über ihre Schwangerschaft freuen würde. Er liebte sie nun einmal nicht, hatte ja bis zum Schluss anscheinend nicht mal begriffen, dass sie ihn liebte. „In der Hinsicht ist er genauso dämlich wie jeder andere Mann. Da nützt ihm auch seine jahrhunderte lange Lebenserfahrung nichts. Wenn es um Gefühle geht, ist er genauso schlau wie ein Stück Toast!“
 

„Das wird schon“, Alice tätschelte ihr die Schulter. „Wenn der Zeitpunkt da ist, wirst du schon die passenden Worte finden.“ „Da bin ich ja mal schwer gespannt“, erwiderte Carina sarkastisch und die beiden Frauen bogen in die Straße ein, in der Alice wohnte. „Grell sagte, er wird später nachkommen. Wollte anscheinend noch versuchen William etwas aus den Rippen zu leiern.“ „Hoffentlich. Deutschland ist groß, ich bräuchte schon genauere Informationen“, antwortete die 19-Jährige und schaute Alice dabei zu, wie sie ihre Wohnungstür aufschloss. Wortlos ließ die Blondine sich kurze Zeit später auf die Couch fallen, während Alice in ihrem Sessel Platz nahm. „Jedenfalls hast du es mit Deutschland doch ganz gut getroffen. Da kannst du immerhin jedes Wort verstehen. Stell dir mal vor, er wäre jetzt in Spanien oder sonst irgendwo.“ „Schon richtig. In anderen Ländern hätte ich mich auf meine Englischkenntnisse verlassen müssen und die ganze Sache hätte sich dadurch bestimmt in die Länge gezogen. So kann ich mich immerhin problemlos umhören. Aber mal ehrlich. Warum denn ausgerechnet Deutschland?“ Alice zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, vielleicht kennt er da irgendwen? Oder er hat da ein Plätzchen, wo er ungestört weiter forschen kann?“ „Hoffentlich nicht Letzteres“, nuschelte Carina und seufzte. Sie würde sicherlich noch früh genug dahinter kommen…
 

„Ach übrigens, ich war heute in der Entwicklungsabteilung, um mir ein paar Unterlagen unterschreiben zu lassen, da hab ich was ziemlich Interessantes entdeckt.“ „Ach ja? Was denn?“, fragte Carina neugierig und setzte sich etwas gerader hin. Es war doch immer wieder erstaunlich wie weit die Entwicklungsabteilung der Shinigami den Menschen voraus war. „Die haben doch jetzt tatsächlich ein tragbares Telefon entwickelt. Damit kann man herumlaufen und ist trotzdem jederzeit erreichbar. Kannst du dir das vorstellen?“ Carina lachte. „Und wie ich das kann“, grinste sie. „In meiner Zeit nennt man so etwas „Mobile Phone“ bzw. in Deutschland heißt es „Handy“. Ziemlich nützlich.“ Alice zog eine Schnute. „Mensch, hätte ich beinahe vergessen. Wie langweilig. Dich kann man ja mit gar nichts überraschen.“ „Zumindest nicht in den nächsten 120 Jahren“, zwinkerte sie. „Wie dem auch sei, ich hatte noch was gut bei einem der Mitarbeiter an diesem Projekt und siehe da, ich dürfte drei Prototypen mitnehmen.“ Sie zog den angesprochenen Gegenstand hervor und Carina konnte nicht anders. Sie begann zu prusten.
 

Das, was Alice ihr da zeigte, hatte relativ wenig mit einem Handy zu tun, wie sie es kannte. Es hatte eher die Form und die Größe eines Walkie-Talkies, war tiefschwarz und hatte so große Tasten, dass gleich zwei Finger darauf Platz finden würden. „Manchmal ist es echt interessant zu sehen, wo alles seinen Anfang nahm“, sagte sie und nahm das Gerät in die Hand. „Aber was willst du damit anstellen, Alice?“ Angesprochene verdrehte die Augen. „Was wohl? Darüber können wir miteinander kommunizieren, wenn du nicht mehr hier bist. Das Dritte ist für Grell, ich will mir ja nicht nachher anhören müssen, dass ich nicht mitgedacht hätte. Wir werden uns zwar ab und zu sehen, aber so können wir viel häufiger in Kontakt treten. Dann weiß ich wenigstens immer, ob es dir gut geht oder nicht.“
 

Carina lächelte, ihr wurde ganz warm in der Brust. „Was würde ich nur ohne dich machen, Alice?“, seufzte sie und die Schwarzhaarige erwiderte das Lächeln. „Von Grell in den Wahnsinn getrieben werden, was denn sonst?“ Genau in dem Moment klopfte es dreimal leise an der Tür. „Wenn man vom Teufel spricht“, stöhnte Alice und öffnete die Wohnungstür. Der rothaarige Reaper trat sogleich ein und warf Carina ein breites Grinsen entgegen, ohne überhaupt auf Alice einzugehen. „Deinem Gesichtsausdruck entnehme ich, dass du gute Neuigkeiten hast?“, fragte die Schnitterin und ihr Mentor nickte. „Exakt“, trällerte Grell ihr entgegen und setzte sich neben sie. „Ich nehme mal an, dass die Nervensäge dich auf den neuesten Stand gebracht hat?“ „Die Nervensäge haut dir gleich eine rein“, zischte Alice und verschränkte beleidigt die Arme, ehe sie sich erneut in den Sessel sinken ließ. Carina seufzte. Die Beiden würden mit diesem Theater wohl niemals aufhören…
 

„Also? Weißt du, wo die Dolls aufgetaucht sind?“ Grell nickte erneut. „Ja. In Baden-Baden. Sagt dir das etwas?“ „Ja. Dort komme ich zwar nicht her, aber der Ort ist ziemlich bekannt.“ „Ach ja?“, fragte Alice. „Wofür?“ „Der Ort ist als Kur- und Bäderstadt ziemlich hoch angesehen“, antwortete nun Grell und seufzte. „Da würde ich ja gerne mal mit William hin…“ „Träum weiter“, sagte Alice glucksend, was der Rotschopf allerdings ignorierte. „Aber mal was ganz anderes. Warum denn ausgerechnet Deutschland?“ Carina gluckste, während Alice entnervt aufstöhnte. „Herr im Himmel, jetzt fangt ihr auch noch damit an die gleichen Sätze zu verwenden. Ehrlich mal, das macht mir Angst.“ Grell runzelte verwirrt die Stirn, woraufhin Carina ihm erzählte, was sie und Alice bereits besprochen hatten.
 

„Die Leichen haben keinen Schaden angerichtet. Um ehrlich zu sein war es glatter Zufall. Eine Frau hat sich auf der Straße an ihrem Marktstand aus Versehen tief in die Hand geschnitten. Daraufhin hat wohl eine von diesen Bizarre Dolls die Kontrolle verloren und ist auf sie losgegangen. Man kann nur von Glück sprechen, dass zufällig ein deutscher Shinigami in der Nähe war und das Ganze stoppen konnte, bevor es zu viel Aufsehen darum gab.“ „Womöglich wollte er testen wie gut sich seine neuesten Testobjekte unter Menschen machen“, murmelte Carina und seufzte. Für diese Claudia ging er wirklich über Leichen und das im überhaupt wahrsten Sinne des Wortes. Natürlich passte ihr das alles ganz und gar nicht. Sollte der Bestatter wider Erwarten Interesse an seinem Kind haben, dann würde Carina höchstpersönlich dafür sorgen, dass er seine Machenschaften irgendwo weit weit weg durchführte. An einem Ort, wo ihr Baby davon weder etwas hören, noch etwas sehen würde. Niemals würde sie zulassen, dass etwas Gefährliches in die Nähe ihres Kindes kam. Und wenn das bedeutete, dass sie Cedric möglicherweise fernhalten musste, dann würde sie es tun. Dann lag es an ihm eine Entscheidung zu treffen. „Aber was mache ich mir überhaupt Gedanken? Er wird sich sicherlich nicht für unser Baby interessieren. Warum sollte er?“, dachte sie und schüttelte die unangenehmen Gedanken von sich ab. Darüber konnte sie auch immer noch nachdenken, wenn die Situation bevorstand.
 

„Meine nächste Schicht beginnt morgen um 14:00 Uhr. Ich denke…“, sie holte tief Luft. „Ich denke, dass das der beste Zeitpunkt ist.“ Grell und Alice schluckten synchron, nickten dann jedoch. Immer noch fiel es ihnen schwer die Tatsache zu akzeptieren, dass ihre beste Freundin bald nicht mehr da sein würde. Aber die Entscheidung lag nicht bei ihnen. Und sie konnten Carina ansehen, dass sie sich allen Konsequenzen im Klaren war. Für dieses Kind in ihrem Bauch würde sie wahrlich alles tun. Und wenn sie sie in ihrem Entschluss unterstützen konnten, dann würden die beiden Streithähne sogar zusammenarbeiten und ihr helfen, wo sie nur konnten.
 

„Ich hab recherchiert“, sagte Grell. „Täglich um 15:00 Uhr fährt eine Fähre nach Deutschland. Die könntest du nehmen. Die restliche Strecke kannst du mit dem Zug zurücklegen. Ich würde dir eher nicht raten allzu oft zu teleportieren. Du weißt ja, dabei wird Energie freigesetzt, die die Shinigami vor Ort aufspüren können.“ Carina nickte. „Ja, das war auch meine Idee. Und was Geld angeht, werde ich in nächster Zeit erst einmal keine Probleme haben. Sparen konnte ich schon immer gut.“ „Noch ein Vorteil ein Shinigami zu sein“, grinste Alice. „Unsere Währung passt sich immer dem Land an. Sobald du Deutschland erreichst, wird sich das Geld automatisch in die dort gültige Währung verwandeln. Da hat echt mal jemand in der Verwaltung mitgedacht.“ „Schon, aber das Problem wird nicht sein bis nach Baden-Baden zu gelangen. Sondern eher ihn dort aufzuspüren. Das ist nicht gerade eine kleine Stadt.“ „Jetzt hör aber mal“, meinte Grell plötzlich empört. „Du bist meine Schülerin und außerdem ein Shinigami. Du wirst das schon schaffen, da bin ich sicher. Hab mal ein wenig mehr Selbstvertrauen in dich selbst, Carina.“ „Wenn das nur so einfach wäre“, seufzte Angesprochene. Dennoch, die Worte des Rothaarigen machten ihr neuen Mut. Er hatte Recht, irgendwie würde sie ihn schon finden.
 

„Und wie bereits gesagt, wenn etwas ist, dann kontaktier uns“, sagte Alice und wedelte mit dem schwarzen Kommunikationsgerät. „Und ihr könntet euch in der Zwischenzeit umhören, ob jemand von einem Shinigami weiß, der einen Rapier benutzt. Diese Sache bereitet mir nämlich auch Bauchschmerzen.“ Alice legte nachdenklich eine Hand ans Kinn. „Ich könnte mal schauen, ob ich etwas in den alten Registraturlisten finde. Allerdings kann das dauern und die reichen auch nicht ewig zurück. Je nachdem wie lange unser Kandidat schon ein Shinigami ist, gab es damals vielleicht noch gar keine Aufzeichnungen bzw. sie sind nicht mehr lesbar. Ich schaue mal, was sich machen lässt.“ „Und ich frag mal vorsichtig bei den Seelensammlern nach. Vielleicht weiß da einer was.“ Die 19-Jährige atmete erleichtert auf. „Gut. Wenn sich dieses Rätsel löst, dann wäre ich schon um eine ganze Ecke beruhigter.“ Ein Gähnen entwich ihr, sie rieb sich müde über die Augen. In letzter Zeit schien ihr Körper mehr Schlaf nötig zu haben als sonst. Ob das an der Schwangerschaft lag?
 

Grell erhob sich. „Komm, ich bringe dich zu deiner Wohnung. Sicher ist sicher.“ Carina nickte – innerlich ein wenig erleichtert – und verabschiedete sich von Alice, bevor sie zusammen mit dem Schnitter die Wohnung verließ. Auf dem Weg nach Hause blieb alles ruhig, dieses Mal beschlich die Blondine auch kein seltsames Gefühl. Grell, der langsam neben ihr herging, wirkte dennoch angespannt und schien sich erst ein wenig entspannen zu können, als er und sein Schützling heil in Carinas Wohnung standen. „Danke Grell“, sagte sie und ließ sich hundemüde aufs Bett fallen. „Seit ich weiß, dass ich schwanger bin habe ich ständig Angst, dass irgendetwas passieren könnte.“ „Frag mich mal“, stöhnte Grell theatralisch und zwirbelte nebenbei eine seiner roten Haarsträhnen zwischen den Fingern. „Seit ich weiß, dass du schwanger bist hatte ich keine ruhige Minute mehr.“ Carina lachte. Gott, wie hatte sie es nur in ihrem vorherigem Leben nur ohne jemanden wie Grell ausgehalten?
 

Sie plauderten noch eine Zeit lang über dies und das, dann verließ der Rothaarige ihre Wohnung und versprach morgen Mittag noch einmal bei ihr vorbeizuschauen. Die Nacht zog sich in die Länge. Obwohl Carina ziemlich müde war und ihre Augen vor Schwere schon ganz weh taten, schlief sie die erste Stunde lang nicht ein. Zu viele Gedanken schwirrten in ihrem Kopf umher. Da waren Zweifel und Ängste, vor denen sie sich einfach nicht verschließen konnte. Was, wenn etwas schief ging? Was, wenn sie geschnappt werden würde? Und ihre größte Angst: Was, wenn Cedric genauso reagierte, wie sie es schon die ganze Zeit befürchtete? Mit Ablehnung. Oder noch schlimmer. Mit Wut.
 

Sanft streichelte sie ihren Unterleib. „Ich versuche, was ich kann. Versprochen“, murmelte sie und dann fielen ihr endlich die Augen zu.



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