Selbstmord ist keine Lösung......oder? von LadyShihoin ================================================================================ Kapitel 36: Hingabe *zensiert* ------------------------------ Die Zeit auf dem Ball dehnte sich aus wie zäher Kaugummi. Langweilige Gespräche wurden von noch langweiligeren Gesprächen abgelöst und langsam aber sicher taten Carina von der ganzen Herumsteherei die Füße weh. Wahrscheinlich tranken die meisten Leute sich diese Veranstaltung mit dem ganzen Champagner schön, aber das traute sich die 18-Jährige nicht. Wenn der Undertaker in der Nähe war, konnte sie ohnehin schon kaum einen klaren Kopf bewahren, doch wenn sie jetzt noch Alkohol trank, dann würde das sicherlich in einer heillosen Katastrophe enden. Die Blondine stand gerade endlich einmal alleine und lehnte sich unbemerkt an eine Säule, da fiel ihr Blick auf den jungen Mann, der vor ca. eine Stunde mit seinen Eltern um den angeblichen Direktor herumscharwenzelt war und jede Menge Süßholz geraspelt hatte. Wie war sein Name noch einmal gewesen? Cole Crowford? Jedenfalls hatte Carina sein Blick und generell seine ganze Ausstrahlung nicht sonderlich gefallen. Und auch jetzt gefiel es ihr nicht, wie er im hinteren Teil des Parketts an einer Wand lehnte und seine Augen immer wieder über die Mädchen auf der Tanzfläche gleiten ließ. Sie hatte sich ja schon zu Anfang gedacht, dass die Schüler des Hauses Scarlet Fox nicht ihre Favoriten waren und dieser 17-Jährige bestätigte ihre Vermutung nur. Der silberhaarige Bestatter stand derweilen am Büfett und plauderte angeregt mit seinen Lehrkräften. Anscheinend fand er es wirklich erheiternd witzig sich als Direktor auszugeben und die Gelehrten für dumm zu verkaufen. Na ja, schlau genug war er ja… Plötzlich sah die Shinigami aus den Augenwinkeln, dass sich der junge Adelige in Bewegung gesetzt hatte. Seine Augen waren starr nach vorne gerichtet und auf seinen Lippen lag ein triumphierendes, beinahe schon freudiges, Lächeln. Carina folgte seinem Blick und erkannte ein blondes Mädchen, vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, das sich gerade Richtung Ausgang begab. Die Seelensammlerin konnte genau fühlen, wie sich sofort ein kaltes Gefühl in ihrem Magen breit machte. Das Mädchen verließ die Halle und keine 10 Sekunden später tat Cole es ihr nach. Carina setzte sich ebenfalls ruckartig in Bewegung, machte sich noch währenddessen transparent für die Menschen um sich herum. Generell dachte sie ja nicht das Schlechteste von ihren Mitmenschen, aber dieser Junge… „Vielleicht bilde ich mir das Ganze auch nur ein.“ Aber sollte er wirklich das vorhaben, was sie dachte, dann… Um ehrlich zu sein hatte sie keine Ahnung, was sie in so einem Fall tun würde. Mit schnellen Schritten eilte sie aus dem Saal und sah gerade noch das Schwalbenschwänzchen von Coles Anzug hinter der nächsten Ecke verschwinden. Automatisch beschleunigte sie ihre Schritte und hatte ihn in weniger als 10 Sekunden eingeholt. Kurz verfluchte sie ihr Kleid, denn ohne diesen langen Saum hätte sie das auch locker in 5 Sekunden schaffen können. Nach wenigen Sekunden erkannte Carina, dass das Mädchen zum Balkon ging, der direkt an den Festsaal angrenzte. Es handelte sich dabei um einen weitläufigen, im Halbkreis verlaufenden, Balkon. Er war doppelt so lang und breit wie Carinas komplettes Zimmer, das sie daheim besessen hatte und bot einen perfekten Blick auf den Sternenhimmel. Vermutlich wollte die Schülerin nur kurz frische Luft schnappen und sich ein wenig Zeit für sich nehmen. Carina konnte es ihr nicht verdenken, sie hätte vermutlich schon bald selbst das Handtuch geworfen und ein wenig Zeit für sich selbst beansprucht. Der Junge vor ihr bewegte sich erstaunlich geräuschlos, das Mädchen hatte mit ihren menschlichen Sinnen nicht die geringste Chance ihn zu bemerken. Das kalte Gefühl breitete sich nun ebenfalls auf Carinas Brust aus. „Bleib ruhig“, dachte sie sich. „Vielleicht ist er nur in sie verliebt und möchte ihr den Hof machen.“ Die Hoffnung starb ja bekanntlich immer zuletzt. Der Himmel war klar und ein angenehmer Wind wehte über den breiten Balkon, als Carina gleichzeitig mit dem Jungen ins Freie trat. Das blonde Mädchen hatte sich in ca. 10 Meter Entfernung an das brusthohe Geländer angelehnt und schien die nächtliche Stille zu genießen. Ihr hellgrünes Kleid schmiegte sich an ihren dünnen Körper und stand im starken Kontrast zu der Dunkelheit um sie herum. Der Rothaarige wartete noch einen Moment an der Tür, schaute sich sogar zu allen Seiten um, ob er auch ja unbeobachtet war. Carinas Augen verengten sich. Wenn er nur wüsste… Schließlich setzte er sich in Bewegung, gab sich im Gegensatz zu vorhin allerdings keine Mühe mehr lautlos zu sein. Das Mädchen fuhr überrascht herum, war sie sich doch ganz sicher gewesen hier endlich mal ein wenig Abstand zu dem ganzen Trubel zu bekommen. „H-hallo“, meinte sie leicht schüchtern und starrte den - ihr fremden - Jungen an, der sie anlächelte. Das Lächeln hätte nicht falscher sein können. Anstatt sie ebenfalls zu begrüßen, sagte er: „Es ist ganz schön riskant für ein Mädchen ganz alleine nachts durch die Schule zu streifen.“ Die Kleine wurde mit einem Mal furchtbar blass und Carina konnte es ihr nachfühlen. Keiner wusste besser als sie selbst, was genau in diesem Moment in der jungen Adeligen vorging. „D-dann…dann sollte ich wohl schleunigst wieder reingehen, nicht wahr?“, antwortete das Mädchen versucht ruhig und bewegte sich auf den Eingang zu. Doch ihre Schritte waren eine Spur zu hastig, ihr Atem ging zittrig und verriet ihre Angst. Das Lächeln auf dem Gesicht des Jungen wurde breiter. Carina ballte die Hände zu Fäusten. Wut pulsierte durch jede Faser ihres Körpers. Der Junge war 17, gerade einmal halbwegs erwachsen und erdreistete es sich, über solche Sachen überhaupt nachzudenken? Geschweige denn sie in die Tat umzusetzen? Das ausgesuchte Opfer versuchte den Rothaarigen zu umrunden, doch dieser packte mit einem Ruck ihr Handgelenk. Ein entsetzter Schrei entfuhr der Kehle der Blondine und panisch versuchte sie von ihrem Angreifer loszukommen. Natürlich war Cole jedoch viel kräftiger. Ein weiterer Ruck ging durch den Arm der Jugendlichen und beförderte sie mit Schwung gegen seine Brust. Carina schloss die Augen. Am liebsten wäre sie einfach dazwischen gegangen. Das war das einzig Richtige. Aber…sie war ein Shinigami. Sie dürfte sich nicht in die Angelegenheiten von Menschen einmischen. Und sie hatte die Todesliste nicht mehr. Was, wenn das Mädchen auf der Liste stand? Was, wenn sie durch ihr Eingreifen dafür sorgte, dass sich das Sterbedatum des Mädchens änderte? „Wenn du dich benimmst und den Mund hältst, dann lasse ich dich danach auch wieder unbeschadet auf den Ball gehen.“ Carina öffnete die Augen. Ihr Herz hatte die ganze Zeit schneller als üblich gepocht, doch jetzt erhöhte sich ihr Puls rasant. Wie bereits in der vorherigen Nacht wurde sie von Erinnerungen gepackt. „Wenn du dich benimmst und schön still hältst, dann lassen wir dich auch laufen.“ Der Zorn, von dem sie nun gepackt wurde, hatte nichts mehr mit einem normalen menschlichen Gefühl zu tun. Dieser Hass, der sich nun in ihrer Magengegend ansammelte, war heiß und drückt gegen die Außenwände ihres Körpers, um endlich herausbrechen zu können. Sie vergaß jegliche Warnung des Undertakers, dass sie sich nicht in Dinge einmischen sollte, die andere Shinigami auf den Plan rufen könnten. Ihr Gehirn setzte für einen kurzen Moment vollständig aus. Und in diesem kurzen Moment entschloss sich ihr Körper instinktiv zu reagieren. Ein erschrockenes Japsen entfuhr dem jungen Mann, als sich nun aus heiterem Himmel eine Hand um sein Handgelenk schloss. Erstaunt starrte er die junge Frau an, die nun neben ihm und seiner Beute stand und ihn mit einem Blick anstarrte, der ihm für einen Moment das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Lass sie los“, sagte Carina eisig, ihre Stimme war jedoch erschreckend ruhig. Hätte der Junge genug Grips besessen, hätte er ihrem Befehl genau jetzt Folge geleistet. Denn das war es – ein Befehl. Doch natürlich begriff der Scarlet Fox in diesem Moment nicht, mit wem er sich hier gerade anlegte. „Ah, Sie sind doch die Frau des Direktors“, sagte er, der selbstsichere Ausdruck kehrte auf sein Gesicht zurück. In seinen Augen war sie nur eine junge Frau. Nichts, wovor man Angst haben musste. „Lass sie los“, wiederholte Carina, dieses Mal langsamer. Ihre Pupillen wurden schmäler, auch ohne Brille konnte sie die Belustigung in seinen Augen sehen. „Sonst was?“, fragte er arrogant. „Möchtest du mit ihr tauschen? Um ehrlich zu sein hatte ich über dich ebenfalls einen Moment nachgedacht. Aber du gehörst dem Direktor, das war mir dann doch etwas zu heikel.“ Der Geduldsfaden der 18-Jährigen spannte sich merklich an. Gehören? So wie er das sagte hörte sich das an, als wären Frauen für ihn das Gleiche wie Gegenstände. Etwas, worauf man Besitzansprüche stellen konnte. „Aber jetzt, wo du schon mal hier bist“, begann er und grinste verschlagen, „könnten wir ja auch zu dritt Spaß haben.“ Genauso gut hätte er sich eine Schere nehmen und den Faden in ihrem Inneren durchschneiden können. Jeder, der sie nur ein wenig kannte, hätte in diesem Moment sehen können wie ihr der Kragen endgültig platzte. Carina nutzte ihre übermenschliche Kraft und drückte ihre Hand fest zusammen, sodass die beiden Knochen in seinem Handgelenk knirschten und aneinander rieben. Ein Schmerzensschrei entfuhr dem Jungen und automatisch war er nun dazu gezwungen das Mädchen loszulassen. Diese eilte mit kreideweißem Gesicht hinter ihre Retterin, Tränen strömten ihr übers Gesicht und verschmierten ihr aufwendiges Make-up. Carina ließ Cole los und während dieser sich jammernd ans Handgelenk fasste, drehte sie sich zu der Adeligen herum. „Geh wieder rein. Und sag niemandem was hier draußen passiert ist, einen Aufstand möchte ich nur ungern auslösen. Aber keine Sorge“, lächelte sie die Kleine aufmunternd an. „Ich werde dafür sorgen, dass er dich nicht noch einmal belästigt.“ Das Mädchen wirkte immer noch arg verängstigt - was angesichts ihrer Situation nur natürlich war - nickte aber und verabschiedete sich mit einem leise gemurmelten „Danke“. „Hnn, was soll der Scheiß?“, rief der Rothaarige nun sichtlich wütend aus und starrte Carina an, die sich ihm wieder zuwandte. „Du hast mir fast die Hand gebrochen. Und jetzt lässt du die Kleine auch noch einfach gehen. Na warte.“ Er trat einen Schritt auf die Blondine zu, diese rührte sich keinen Millimeter. Auf ihrer Miene spielte sich ein spöttisches Lächeln ab. „Na warte…was?“, fragte sie geradeheraus und ließ sich keine Sekunde lang von ihrem Gegenüber aus der Ruhe bringen. „Was willst du machen, huh? Ich hab keine Angst vor dir, du kleiner Wicht.“ Der kleine Wicht schien von seinem neuen Namen ganz und gar nicht begeistert zu sein. Mit unbeherrschtem Antlitz holte er mit seinem rechten Arm aus und wollte sie mit der Faust ins Gesicht treffen. Dieser arme, arme Trottel. Carina fing die Faust lange vor ihrem Gesicht ab und bevor der Junge auch nur begreifen konnte was passierte, rammte sie ihm ihre Faust frontal gegen die Nase. Sein Kopf wurde zur Seite weggeschleudert, er stolperte einen Schritt zurück und beinahe sofort fing seine Nase an zu bluten. Es lief ihm über die Lippen, rann an seinem eckigen Kinn hinab, nur um anschließend auf sein teures, weißes Hemd zu tropfen. „Das war bereits lange überfällig“, erwiderte sie spöttisch und konnte eine Sekunde lang kaum fassen, wie gut sich dieser Schlag angefühlt hatte. Hätte sie sich doch nur damals so gegen ihre eigenen Angreifer zur Wehr setzen können… Erneut packte sie die Wut. Der betrunkene Mann vom Friedhof war damals davon gekommen. Ihn hier würde sie nicht so einfach davon kommen lassen. Viel zu schnell für einen Menschen packte sie den 17-Jährigen am Kragen seiner schwarzen Anzugsjacke und ging mit ihm mehrere Schritte rückwärts, bis sie das Balkongeländer erreichten. Gleichzeitig verfärbten sich ihre Augen wieder zu dem Gelbgrün der Shinigami und leuchteten ihrem Gegenüber in der Dunkelheit entgegen. „Was…“, begann der Junge, als er mit dem Rücken gegen das Geländer krachte, und zum ersten Mal konnte die Shinigami einen Hauch von Angst in seinem Gesicht sehen. Doch ihr Mitleid für ihn hielt sich in Grenzen. „Du hältst dich wohl für ganz toll, nicht wahr? Mädchen in der Dunkelheit überfallen zu wollen, wenn sie ganz allein sind und sich nicht wehren können. Aber soll ich dir mal was sagen? Das ist feige und abstoßend, sonst nichts.“ Sie drückte ihn weiter nach hinten, sein oberer Rücken hing mittlerweile über das Geländer hinaus. Der Rothaarige wurde grün im Gesicht, als er den Kopf ein wenig drehte und sehen konnte, wie weit es hinter ihm in die Tiefe ging. Lediglich Carinas Griff hielt ihn davon ab über das Geländer zu stürzen und sich unten alle Knochen zu brechen. Nein, einen Sturz aus der Höhe wurde er ganz sicherlich nicht überleben. „Es wäre so einfach“, dachte die Seelensammlerin und schaute auf ihre Hand. „Ich müsste ihn einfach nur loslassen. Einfach nur loslassen und dann…“ Plötzlich erschrak sie über ihre eigenen Gedanken. Was zum Teufel dachte sie denn da? Hatte…hatte sie gerade wirklich darüber nachgedacht ihn in den Tod stürzen zu lassen? Er war schäbig und mies und ein echtes Arschloch, aber er war immer noch ein Mensch. „B-bitte…ich will noch nicht sterben“, flehte er, mittlerweile liefen ihm die Tränen übers Gesicht. Carina schaute ihm einen sehr langen Moment lediglich ins Gesicht, dann – ganz langsam – zog sie ihn ein Stück zurück, sodass er wieder gerade auf dem Balkon stand. Der Junge atmete zittrig ein und wieder aus, die tränennassen Wangen bebten. „W-wer oder was bist du?“, stammelte er, denn diese unglaubliche Kraft und diese seltsamen Augen konnten keinem normalen Menschen gehören. Mit einem weiteren kräftigen Ruck an seinem Kragen brachte sie ihn direkt vor ihr Gesicht, ihre Nasenspitzen berührten sich fast. „Ich bin dein schlimmster Albtraum, wenn du es je wieder wagen solltest auch nur daran zu denken eine Frau schlecht zu behandeln. Und glaube mir, ich werde es herausfinden.“ Ein Wimmern verließ seine Lippen und als die Shinigami ihn endlich losließ, stürzte er so schnell er konnte in Richtung Ausgang, wobei er zweimal über seine eigenen Füße stolperte. Carina blieb alleine zurück, stützte sich mit einer Hand am Geländer ab und fuhr sich mit der anderen durch ihr gelocktes Haar. „Habe ich…habe ich wirklich darüber nachgedacht ihn umzubringen? Was zur Hölle ist nur los mit mir?“ Sie war so zornig gewesen, dass sie überhaupt keine Bedenken gehabt hatte. Machte sie das nicht schon fast zu einem genauso schlimmen Charakter wie dieser Junge? Plötzlich wurde sie sich einem komischen Gefühl in ihrem Rücken bewusst. Ein genervtes Seufzen entfuhr der 18-Jährigen. „Wie lange stehst du schon da?“, fragte sie, ihre Stimme fest und monoton. Ein Kichern drang aus dem Schatten neben dem Eingang, gleich darauf ertönten langsame Schritte. „Seit dem Es ist ganz schön riskant für ein Mädchen ganz alleine nachts durch die Schule zu streifen“, antwortete der Undertaker und trat aus dem Schatten hervor. Ein missbilligendes Schnauben entfloh der Blondine. „Also quasi seit Anfang an“, meinte sie gereizt und wandte ihr Gesicht von ihm ab. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Er hatte alles mitbekommen. So ein verfluchter Mist! Der Silberhaarige beobachtete die junge Frau stillschweigend. Natürlich hatte er ihr Verschwinden relativ schnell bemerkt und war ihr gefolgt. Doch was er in den letzten 10 Minuten alles zu sehen bekommen hatte, damit hatte er wahrlich nicht gerechnet. Die Shinigami vor ihm war mit solch einer inneren Wut erfüllt, dass sie sich kaum unter Kontrolle hatte. „Warum bist du so wütend?“, fragte er, seine Neugierde war klar und deutlich in seiner Stimme zu vernehmen. Die Blondine rührte sich einen Moment überhaupt nicht, wirkte mehr wie eine Säule als ein lebendiges Wesen. Selbst aus dieser Entfernung konnte der Bestatter sehen, dass ihre Schultern zitterten. Und keiner konnte ihm erzählen, dass das von der nächtlichen Kälte herrührte. Carina hatte die Augen erneut geschlossen. Sie war kurz davor ihm erneut zu sagen, dass ihn das einen Scheiß anging. Dass er endlich damit aufhören sollte ihr Fragen zu stellen, die sie nicht beantworten wollte. Und doch… bewegte sich plötzlich ihr Mund und es kamen Wörter heraus, mit denen nicht einmal sie selbst gerechnet hatte. „Weil ich selbst kein Stück besser bin als dieser Mistkerl. Weil auch ich furchtbare Dinge getan habe.“ Eine Augenbraue von ihm wanderte in die Höhe. „Die da wären?“ Sie wusste, dass er eine Antwort erwartete. Carina schluckte, ihre Kehle war komplett ausgedörrt. „Erinnerst…erinnerst du dich noch an das Mädchen, dessen Leiche damals in dein Institut getragen wurde, als ich dort war?“ Kurz schien der Bestatter überlegen zu müssen, doch dann dämmerte es ihm. „Ja“, sagte er und musste kurz schmunzeln. Damals hatte Carina beinahe eine Panikattacke bei dem Anblick der Toten bekommen. Heute war sie ein Shinigami und hatte schon unzählige Leichen gesehen. „Du hast damals zum Earl gesagt, dass es mindestens zwei Täter gewesen sein müssen“, redete sie weiter und versuchte ruhig zu bleiben. „Du hattest Recht. Aber es waren drei, um ganz genau zu sein.“ Drückende Stille herrschte mit einem Mal auf dem Balkon. Carina drehte ihren Kopf und schaute in seine Augen, die nun leicht verengt waren. Wie gerne hätte sie jetzt gewusst was er dachte. „Was haben sie dir angetan?“, fragte der Undertaker und ein seltsamer, fast bedrohlicher, Unterton schwang in seiner Stimme mit. „Sie haben mich nicht vergewaltigt, falls du das meinst“, murmelte sie, das schwere Gefühl in ihrer Kehle ignorierend. „Carina“, sagte er warnend und Angesprochene wusste, dass es nun kein Zurück mehr gab. Wenn sie jetzt nicht weiter sprach, dann würde er sie dazu zwingen. Plötzlich wünschte sich die Shinigami den Mund gehalten zu haben. „Du hattest versucht mich zu küssen und…und ich war so aufgewühlt, ich wollte einfach nur weg von dir und dem Institut und… ich dachte, dass ich vielleicht draußen einen klaren Kopf bekomme. Aber ich...ich war so dumm und…hab die Zeit vergessen.“ Carina war es peinlich, dass sie immer wieder stockte, aber die Worte kamen ihr nur sehr schwer über die Lippen. „Auf dem Rückweg bin ich ihnen dann in die Arme gelaufen.“ Das Gesicht des Totengräbers war ausdruckslos, doch immer noch sandte er diese unheimliche Aura aus. War er wütend? Vielleicht, weil sie so verdammt naiv gewesen war und nicht auf seine früheren Ratschläge gehört hatte? „Natürlich habe ich versucht ihnen zu entkommen. Allerdings ist das etwas schwierig, wenn du dich in London so gar nicht auskennst und es nebenbei auch noch stockfinster ist. Und schließlich haben sie mich in dieser Gasse gestellt.“ Das Zittern ihrer Schultern wurde heftiger. „Ich…ich hatte solche Angst“, wisperte sie, als sie sich an den Moment zurückerinnerte, der immer noch wie ein Brandmal in ihr Gedächtnis eingebrannt war. „Ich hatte solche Angst vor der Vorstellung, dass… Als mir klar wurde, dass ich so oder so sterben würde, da hab ich…“ Ihre Hand wanderte zu der Narbe auf ihrer Brust und ihr war klar, dass sie nicht weiter sprechen musste. Der Undertaker konnte zwei und zwei zusammenzählen. Und jetzt ergab es auch endlich Sinn, dass sie sich ein Messer in die Brust gestoßen hatte. Wie er es bereits vermutet hatte, hatte sie schlichtweg keine andere Möglichkeit gehabt. Er wusste, dass diese Mordfälle irgendwann abrupt aufgehört hatten, man aber die Täter niemals gefasst hatte. Der Earl hatte sich maßlos darüber aufgeregt. Nun juckte es ihn selbst in den Fingern diese drei Typen auf eigene Faust aufzuspüren, doch dieser Gedanke wurde bei Carinas nächsten Worten komplett überflüssig. „Ich habe sie getötet“, flüsterte sie. „Alle drei.“ Der Silberhaarige starrte sie an, konnte im ersten Augenblick nicht glauben, was er da hörte. Carina lachte trocken auf, doch es klang unglaublich hohl. „Ich weiß, was du gerade denkst. Sie hat drei Menschen getötet? Ausgerechnet sie, die auf der Campania noch große Reden über ihre Menschlichkeit geschwungen hat? Lächerlich, nicht wahr?“ „Nein“, entgegnete er und keine Lüge lag in seiner Stimme. „Ich halte es nicht für lächerlich.“ Carina schwieg, riss die Scham über das Geschehene sie doch gerade innerlich fast auseinander. „Es war beinahe schon zu leicht sie ausfindig zu machen, weißt du? Ich musste nur drei Kneipen in London abklappern, da hab ich sie bereits erwischt. Zuerst hab ich mir die beiden Mitläufer vorgenommen. Dem Ersten hab ich nachts in einer Gasse die Kehle durchgeschnitten. Ich glaube er hat nicht einmal mehr richtig mitbekommen, was ihm passiert ist. Dem Zweiten hab ich drei Tage später in seiner Küche ein Messer in den Magen gerammt. Ich hab mal gelesen, dass man da nur sehr langsam, aber dafür sehr schmerzhaft stirbt.“ Ihre Augen waren feucht, ihr Ton gequält über das, was sie damals getan hatte. „Den Anführer“, fuhr sie flüsternd fort, „hab ich mir bis ganz zum Schluss aufgehoben. Natürlich hatte er bereits mitbekommen, dass ihm Gefahr drohte. Immerhin waren seine beiden Kumpane ja schon tot. Hat sich in seiner riesigen Villa verbarrikadiert, der Feigling. Als er mich dann gesehen hat, ist er beinahe wahnsinnig geworden. Natürlich, ich war ja vor seinen Augen gestorben, wie konnte ich da plötzlich in seinem Salon stehen?“ Carina konnte sich noch ganz genau an seine weit aufgerissenen Augen erinnern. Wie er immer wieder und wieder „Du bist nicht real“ geschrien hatte. „Ihn“, begann sie wispernd und nun rannen ihr tatsächlich Tränen über die Wangen, „ihn habe ich nicht bloß getötet. Ich habe ihn auseinandergenommen.“ Ja, im ersten und im zweiten und sogar auch im dritten Moment hatte es sich gut angefühlt. Doch natürlich hatte sie irgendwann die Erkenntnis eingeholt, was sie da eigentlich getan hatte. Sie hatte drei Menschen getötet. Und auch, wenn ihre Albträume dadurch bis auf gelegentliche Ausnahmen verschwunden waren, gab ihr das nicht das Recht über Leben und Tod zu entscheiden. Sie hatte eine der Regeln der Shinigami gebrochen. Und es war ihr egal gewesen. Es war ihr tatsächlich vollkommen egal gewesen. Dem Bestatter schien unterdessen plötzlich ein Licht aufzugehen. „Wellington“, murmelte er und Carina zuckte zusammen, als sie den Namen hörte. Mit roten und geweiteten Augen starrte sie ihn an. „Woher weißt du…?“ „Ich habe mich um seine Leiche gekümmert“, unterbrach er sie. „Nun ja, oder das, was davon noch übrig war.“ Sogleich bereute er seine Wortwahl, als sich die Qual in Carinas Gesicht nur noch vertiefte und sie sich erneut dem Balkongeländer zuwandte. „Carina…“, begann er und trat einen Schritt auf sie zu, doch dieses Mal war sie diejenige, die ihn unterbrach. „Nein“, rief sie aus und wich vor ihm zurück. Ein gehetzter Ausdruck lag in ihrem Blick. „Egal, was du mir zu sagen hast, ich will es nicht hören.“ Sie wollte nicht hören, wie die Leiche ausgesehen hatte, immerhin hatte sie sie mit eigenen Augen gesehen. Sie wollte nicht hören, wie sich der Undertaker um den zutiefst zugerichteten Körper gekümmert hatte. Und ganz sicherlich wollte sie nicht hören, wie er nun über sie dachte. Mit einem gewagten Sprung schwang sie sich über das Geländer und landete unbeschadet im Innenhof, wobei der Aufprall durch die hohen Schuhe ein wenig unangenehmer war als sonst. Ernsthaft, wie konnte Grell mit seinen hohen Stelzen nur kämpfen? Mit zügigen Schritten ging – nein, lief sie über den Innenhof in Richtung der Wohnung des Schulleiters. Hinter sich konnte sie keine Geräusche wahrnehmen, der ehemalige Schnitter schien ihr nicht zu folgen. „Gut“, dachte sie, während erneut Tränen in ihren Augen brannten. Sie wollte ihn momentan nicht um sich haben. Nein, sie wollte sich lediglich in irgendeiner Ecke verkriechen und sich immer und immer wieder fragen, wie sie nur so hatte werden können. Dieser Selbsthass in ihr, diese unbändige Wut hatte sich immer noch nicht beruhigt, als sie schließlich im Schlafzimmer der Wohnung stand. Hätte die 18-Jährige gewusst wie dieser Abend endete, sie hätte nicht einen Fuß auf diesen verfluchten Ball gesetzt. Zornig fasste sie mit beiden Armen um sich herum und versuchte den Verschluss des Kleides zu öffnen. Doch das Kleidungsstück saß immer noch genauso eng wie zu Beginn des Abends und als sich die Schnüre nach 5 Minuten immer noch nicht öffnen ließen, reichte es Carina. Zornentbrannt zog sie mit einem Ruck an dem blauen Stoff und hörte gleich darauf ein reißendes Geräusch. Das hier war sowieso nicht ihr Ding gewesen und das würde es vermutlich auch nie sein. Sie stieg aus dem Kleid, das jetzt vom Nacken bis hin zum Steißbein aufgerissen war und schmiss den Stofffetzen in die nächste Ecke. Das Korsett musste ebenfalls dran glauben und landete ebenfalls durchgerissen neben dem kaputten Kleid. Ein unfreiwilliges Schniefen entfuhr ihr, linderte den Schmerz in ihrer Brust jedoch nur ein wenig. Es war doch ein einziges Trauerspiel wie sie hier stand, lediglich mit ihrer Unterwäsche und einem dünnen Unterhemd bekleidet, verweinten Augen und einem schrecklich schlechten Gewissen. Grell würde sich sicherlich für sie schämen, wenn er sie jetzt in diesem Zustand sehen könnte. „Schade um das schöne Kleid“, ertönte es urplötzlich hinter ihr. Carina wirbelte herum, bekam gleichzeitig beinahe einen Herzinfarkt. Wie hatte er…? Sie hatte ihn weder gehört, noch gespürt und dennoch stand er nun wirklich genau hinter ihr und starrte sie an. Und zwar nicht in ihr Gesicht. Die 18-Jährige wurde mit einem Schlag feuerrot. Hatte sie ihm nicht mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihn momentan nicht sehen wollte? Und jetzt wagte er es tatsächlich sie auch noch in diesem Zustand anzugaffen? Zum zweiten Mal an diesem Abend platzte Carina der Kragen. „Du…“, zischte sie und holte mit der flachen Hand aus. Gut, wenn er ihre Wut unbedingt abbekommen wollte, das konnte er gerne haben. Doch bevor sie ihm eine berechtigte Ohrfeige geben konnte, fing der Silberhaarige ihre Hand spielend leicht ab. Sein Griff war fest, er tat ihr allerdings nicht weh. Seine linke Hand hielt ihre umschlungen, seine rechte legte sich mit einem Mal um ihre Hüfte und zog sie näher an sich heran. Sein Blick bohrte sich in ihr Gesicht und irgendetwas daran war anders als sonst. Aber was? „Was tust du da?“, begann sie, nun arg verunsichert von seiner Aktion. Noch nie hatte sie sich jemandem so ausgeliefert gefühlt. Nicht einmal, als sie damals in diese Sackgasse gelaufen war. „Hör auf damit. Hör auf dich so zu quälen. Das bringt nichts“, meinte er ruhig und die Blondine schluckte. „Du…du hast doch keine Ahnung“, entgegnete sie eine Spur zu hastig. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Ich werde dir nun etwas klar machen, Carina.“ Und bevor die junge Shinigami darauf auch nur irgendetwas erwidern konnte, beugte er seinen Kopf nach vorne und verschloss seinen Mund mit ihrem. Sein Kuss war sanft und vorsichtig, beinahe so als ob er sie um Erlaubnis fragte. Seine Hand, die bisher ruhig an ihrer Hüfte geruht hatte, rutschte ein Stück nach oben auf ihren unteren Rücken und presste ihren Körper nach vorne, sodass sich ihre Oberkörper berührten. Im ersten Moment war Carina tatsächlich so perplex, dass sie sich nicht rührte. Doch auch 5 Sekunden später hatte sie noch nichts unternommen, um dieses Kuss zu beenden. „Das darf doch wohl nicht wahr sein“, schoss es ihr durch den Kopf. „Gerade war ich noch so wütend und jetzt…und jetzt…“, die Stimme in ihrem Kopf wurde immer leiser und in dem Augenblick, wo sie verstummte, erwiderte die 18-Jährige den Kuss mit einer Heftigkeit, die sie sich selbst nicht zugetraut hätte. Seine linke Hand ließ ihr Handgelenk los und umfasste sanft ihren Hinterkopf, um den Kuss zu vertiefen. Wie auf Befehl öffnete Carina ihre Lippen einen Spalt breit und spürte sogleich seine Zunge in ihrem Mund. Haltesuchend krallte die Shinigami ihre Fingernägel in den schwarzen Stoff seines Anzugs, während er sich alle Zeit der Welt nahm um spielerisch ihre Zunge zu umkreisen. Carina konnte nicht anders. Sie keuchte in den Kuss hinein und presste beinahe automatisch ihre Beine zusammen. Seine rechte Hand schob sich an ihrem Rücken unter das Unterhemd. Sie war noch ein wenig kühl von der Kälte draußen, fühlte sich auf ihrer erhitzten Haut jedoch äußerst angenehm an. Die langen, schwarzen Fingernägel strichen sehr, sehr langsam von ihrem Steißbein an nach oben. Unwillkürlich bekam sie eine Gänsehaut entlang der Stellen, die der Undertaker berührte. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie Sauerstoff brauchte, bis der Bestatter seine Lippen von ihren löste und sie nach Luft schnappte. „Heb deine Arme“, raunte er und nach einem kurzen Zögern folgte Carina seinem Befehl. Er zog ihr das Unterhemd über den Kopf und obwohl die Blondine noch BH und Slip trug, fühlte sich auf einmal fürchterlich nackt. Sein Blick, der langsam an ihrem Körper herab glitt, machte die ganze Situation nicht besser. Ganz im Gegenteil, plötzlich wünschte Carina sich, sie hätte vorhin eine etwas aufregendere Unterwäsche angezogen. Diese hier war lediglich hellblau und ansonsten vollkommen unverziert. Ihre Wangen brannten. „Warte. Vielleicht…vielleicht sollten wir nicht…“ Abrupt und mit einem überraschten Laut fiel ihr Körper aus heiterem Himmel nach unten und landete mit dem Rücken voran hart auf dem Doppelbett. Bevor die Seelensammlerin sich von dem Schrecken erholen konnte, war der Totengräber ihr schon hinterher gekommen und kniete nun über ihr. „Oh nein. Dieses Mal nicht“, flüsterte er ihr mit einem dunklen Lachen ins Ohr und drückte sein Becken gegen ihres. Selbst durch die Anzugshose konnte sie die harte Beule fühlen, die sich nun an ihren Bauch anschmiegte. Die Wärme zwischen ihren Schenkeln wurde intensiver, beinahe drängend. Ihr Körper wollte ihn. Dennoch konnte der Undertaker die Zweifel in ihren Augen sehen. „Beruhige dich“, murmelte er und legte seine Lippen auf ihren Hals. „Ich verspreche dir, ich werde vorsichtig sein.“ Die Röte auf ihrem Gesicht verdichtete sich. Er wollte also tatsächlich… Ein Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, als der Shinigami sein Gesicht in ihrer Halsbeuge vergrub und die empfindliche Haut mit seinen Zähnen reizte. Die Finger der 18-Jährigen vergruben sich im Bettlaken und ungewollt drückte sie ihre Hüfte ein Stück nach oben, sodass diese an seiner Erektion rieb. Dem Undertaker entfuhr eine Mischung aus einem Keuchen und Knurren, das Carina mehr als nur gefiel. „Hör auf dich dagegen zu wehren“, hörte sie sich selbst denken und ihre Muskeln entspannten sich ein wenig. Der Bestatter ließ von ihr ab, allerdings nur um seinen Oberkörper aufzurichten und sich die Krawatte mit einem gekonnten Ruck vom Körper zu ziehen. Das Jackett folgte auf dem Fuße. Als er sich wieder ein bisschen hinabbeugte, lag ein spielerisches Grinsen auf seinen Lippen. „Hehe, bist du so nett und ziehst mir das Hemd aus, Carina?“, fragte er, wobei es eher nach einer Aufforderung als nach einer Frage klang. Ihr Name hörte sich auf seinen Lippen irgendwie so ganz anders an, als sie es von ihren Mitmenschen gewohnt war. Die Blondine schluckte und hob ihre zittrigen Hände an die Knopfleiste seines Hemdes. Natürlich bekam sie durch ihre Nervosität die Knöpfe nicht sofort auf, aber der Mann über ihr übte sich in Geduld. Nachdem sie endlich den letzten Knopf geöffnet hatte, wanderten ihre Hände zu seinen Schultern und zogen den weißen Stoff nach hinten. Das Hemd fiel zur Seite weg und über die Bettkante zu Boden. Carina konnte nicht verhindern, dass sie seinen Oberkörper mit unverhüllter Neugierde musterte. Mit Ausnahme der größeren Narbe auf seiner Brust und einer etwas kleineren in der Nähe seines Bauchnabels war seine Haut glatt und straff. Kleine, feine Härchen bedeckten seinen Brustkorb und etwas tiefer konnte sie die leichte Andeutung eines Sixpacks erkennen. Seine Schultern und Oberarme – die ebenfalls Narben aufwiesen – waren schmal, aber muskulös. Ihr Mund wurde trocken. Plötzlich griff der Todesgott nach ihrer rechten Hand und legte sie sachte, aber bestimmt auf seine Brust. Unter der warmen Haut konnte sie sein Herz schlagen hören, möglicherweise einen winzigen Takt zu schnell. Er beugte den Kopf nach vorne, sodass seine Stirn an der ihren lag. „Berühr mich, Carina.“ Angesprochene schluckte. Sie hätte so gerne etwas gesagt, wusste jedoch nicht was. Anscheinend war das hier ein Zeitpunkt, der keine Worte benötigte. Vorsichtig ließ sie ihre Finger über sein Schlüsselbein fahren, anschließend über das etwas weichere Brustbein, wobei sie seine Brustwarzen nicht berührte. Der Undertaker hatte genießend seine Augen geschlossen, denn die Fingernägel der jungen Frau, die leicht über seine Haut kratzten, fühlten sich äußerst angenehm an. Auf der Höhe seines Bauchnabels kam ihre Hand langsam zum Stehen. Ihre Augen verweilten auf der – nun deutlich sichtbaren – Beule in seiner Hose und allein der Anblick schickte ein starkes Gefühl der Erregung zwischen ihre Beine. Carina wurde aus ihren Gedanken heraus gerissen, als über ihr ein Kichern ertönte. Sie blickte auf und schaute in sein grinsendes Gesicht. „Traust du dich nicht weiter?“, fragte er und deutete auf ihre Hand, die immer noch seelenruhig an seinem Bauch ruhte. Die Seelensammlerin wurde rot, teils vor Verlegenheit, teils aus Empörung. Konnte er seine verdammten Neckereien nicht wenigstens jetzt sein lassen? Doch sie wäre nicht sie selbst, wenn sie ihm diesen Gefallen nicht erwidern würde. Während sie ihm einen giftigen Blick schenkte, hob sie gleichzeitig ganz vorsichtig ihr linkes Knie und drückte es gegen die Schwellung. Ein zischender Laut entfuhr seinen Lippen und gegen ihren Willen musste Carina nun grinsen. Das hatte er jetzt davon. Allerdings verging ihr dieses schnell wieder, als sie das boshafte Glitzern in seinen Augen erkannte. „Na warte“, wisperte er und hob ihren Oberkörper mit einem derartigen schnellen Ruck an, dass sie gegen seine Brust knallte. Die Shinigami überlegte kurz, ob sie protestieren sollte, bemerkte dann aber, dass der Totengräber seine Finger unter den Verschluss ihres BHs geklemmt hatte. „Was…“, brachte sie gerade noch hervor, da hörte sie bereits das leise Klicken in ihrem Rücken und spürte, wie der Halt um ihre Brust nachließ. Ihre Arme schnellten nach oben, um das Kleidungsstück am Fallen zu hindern, doch der Undertaker war schneller. Seine Hände ergriffen ihre und stoppten sie genau vor ihrem Busen, der BH fiel achtlos zwischen sie auf das Bett. Dennoch waren seine Augen auf ihr Gesicht gerichtet. „Na, na, na.“ Ein spitzbübischer Ausdruck schmückte seine scharf geschnittenen Züge. „Ich sorge nur für Gleichberechtigung.“ Die Hitze in ihren Wangen war beinahe unerträglich und es war Carina mehr als nur peinlich. Sie musste die ganze Zeit aussehen wie eine überreife Tomate. Da ihr nichts Besseres einfiel, erwiderte sie mit heiserer Stimme: „Du…du hast im Gegensatz zu mir aber noch deine Hose an.“ Als sie sein überdimensionales Grinsen sah, wusste sie sofort, dass sie gerade genau das Falsche gesagt hatte. „Das lässt sich ändern“, hauchte er gegen ihr Kinn und automatisch wanderten Carinas Augen zu seinen Fingern, die in einer fließenden Bewegung den Knopf seiner Hose öffneten und anschließend den Reißverschluss nach unten zogen. Der schwarze Stoff glitt recht langsam über seine Hüften und entblößte seine kräftigen Oberschenkel, erneut blieb ihr Blick dabei an der kleinen Narbe dort hängen. Mit einem Rascheln fand sich die Anzugshose zusammen mit seinen Socken und Schuhen auf dem Boden wieder. Ebenso wie sie trug er jetzt lediglich noch ein Stück Stoff am Körper. „S-so hab ich das nicht gemeint“, stammelte die 18-Jährige und rieb unterbewusst ihre Schenkel gegeneinander. Der Druck in ihrem Unterleib wurde langsam aber sicher unerträglich. „Ich weiß“, grinste er, rührte sich allerdings vorerst nicht. Carina wusste, dass er wartete. Sie nahm einen zittrigen Atemzug und ließ dann langsam ihre Hände sinken, sah ihn dabei allerdings nicht an. Er hatte in seinem langen Leben sicherlich schon viele Frauen gehabt und sicherlich waren sie allesamt schön gewesen. „Und jetzt sieht er mich. Mich mit meinem überhaupt nicht zierlichen Körperbau und Körbchengröße B…“ Sie hatte immer schon gewusst, dass ihre Brüste nicht sonderlich groß waren, aber erst jetzt störte sie diese Tatsache wirklich richtig. Die junge Frau sah erst wieder auf, als sie die Wärme seiner Hände auf ihren Schultern fühlte. Bestimmt drückte der Bestatter sie nach unten, sodass die Shinigami flach auf dem Rücken lag. Seine Knie befanden sich seitlich von ihren Hüften, seine Handflächen lagen neben ihrem Kopf. Sein langes silbernes Haar fiel ihm über die Schultern, die Spitzen berührten ihre Brustwarzen, die sich beinahe sofort verhärteten. Etwas Hungriges lag in seinem Blick. (...) Die Blondine erwiderte seinen Blick, hätte ihre Augen nicht einmal von ihm abwenden können, wenn sie es gewollt hätte. Sie…sie hatte gar keine Angst mehr. Sie vertraute ihm. (...) „Vertrau mir, Carina“, flüsterte er so sanft, dass ihr Herz auf die doppelte Größe anschwoll. Und obwohl sie Angst hatte und nervös war, schaute sie ihn an und entgegnete mit heiserer Stimme: „Das tue ich.“ Ein ehrliches Lächeln legte sich über seinen Mund, welches die junge Frau schüchtern erwiderte. Sie war sich immer noch sicher. Wenn sie jemandem ihre Unschuld schenkte, dann sollte er es sein. (...) „Undertaker“, hauchte sie kaum hörbar, suchte noch einmal den Augenkontakt mit ihm. Umso überraschter war sie jedoch, als sein Blick plötzlich eine Spur ernster wurde und er ebenfalls etwas sagte. Ein einzelnes Wort. „Cedric.“ Verblüfft starrte sie ihn an. Hatte…hatte er ihr gerade seinen richtigen… Sein Blick wurde wieder eine Spur weicher, als sei ihm bewusst geworden, dass er gerade das Richtige getan hatte. „Nenn mich Cedric“, murmelte er und Carinas Augen weiteten sich. Ihr Herz schlug schneller, ihr wurde ganz warm in der Brust. „Cedric“, flüsterte sie atemlos und sah ihn einfach nur an, während sie sich zusammen fallen ließen. (...) Seine Brust hob und senkte sich rasch, doch Carina stand ihm in diesem Punkt um nichts nach. Sie war müde und erschöpft, dabei hatte sie kaum etwas gemacht. Zwischen ihren Beinen pochte es weiterhin, gleichzeitig konnte sie sich jedoch nicht daran erinnern, jemals so glücklich gewesen zu sein. Ihr Kopf fühlte sich unglaublich schwer an, als sie ihn anhob und ihre Lippen auf seine drückte. Sofort erwiderte er den Kuss, stützte sich auf seine Ellbogen hoch, um die junge Frau nicht mit seinem Gewicht zu erdrücken. Ganz sanft hob er sein Becken und zog sich aus ihr zurück, was Carina kurz zusammenzucken ließ. Reflexartig presste sie ihre Schenkel zusammen, um den Schmerz ein wenig zu betäuben. „Erinnerst du dich an das, was ich eben sagte?“, meinte er plötzlich und Carina schaute ihn blinzelnd an. „Tut mir leid, aber mein Gehirn ist momentan vielleicht ein wenig außer Betrieb“, krächzte sie mit errötenden Wangen zurück und sogleich ertönte sein raues, dunkles Lachen. „Ich meinte das, was ich davor sagte“, grinste er und blieb weiterhin dicht über sie gebeugt. Die Seelensammlerin musste kurz ihre Gedanken sortieren, bevor sie darauf kam was er meinte. Zögernd schaute sie zu ihm hoch. „Du meintest du würdest mir etwas klar machen“, antwortete sie langsam und der Bestatter nickte. „Lass mich dir eine Frage stellen. Hättest du gerne Sex mit auch nur einem dieser drei Männer von damals gehabt?“ Carina wurde eine Spur bleicher. „Nein, natürlich nicht“, entgegnete sie heftig, über diese Antwort musste sie überhaupt nicht nachdenken. Allein schon der Gedanke daran bescherte ihr Übelkeit. Jetzt erst Recht, da sie dieses intime Erlebnis mit dem Bestatter geteilt hatte. „Dann war es das einzig Richtige, was du damals getan hast“, erwiderte er und legte seine rechte Hand über ihr Herz und somit genau über die Narbe. Die Shinigami verstand im ersten Moment nicht, was er ihr damit sagen wollte, doch der Undertaker war auch noch nicht fertig. „Das, was dich innerlich so quält, ist nicht der Umstand, dass du dich an ihnen gerächt hast. Sondern die Tatsache, dass du deine eigene Seele beschädigt hast, indem du dir das Leben nahmst. Ist es nicht so?“ Ihr stockte der Atem, als sie sich der Wahrheit hinter seinen Worten bewusst wurde. „Er hat vollkommen Recht.“ „Wenn du dich nicht umgebracht hättest, hätten sie dich missbraucht. Hättest du lieber eine intakte Seele gehabt? Hättest du das gewollt?“ „Nein“, flüsterte sie mit zittriger Stimme zurück. Sein Zeigefinger legte sich unter ihr Kinn und zwang sie somit ihn anzusehen. „Dann gibt es keinen Grund sich deswegen zu schämen, Carina. Lass diese Qual hinter dir.“ Seine ehrlichen Worte, sein zärtlicher Gesichtsausdruck ließen alle Dämme in ihrem Inneren brechen, die sie über die letzten Jahre so mühsam aufgebaut hatte. Tränen quollen ihr aus den Augen, ihre Lippen bebten unkontrolliert und bevor Carina sich auch nur ein wenig zusammennehmen konnte, vergrub sie ihren Kopf bereits zum zweiten Mal in dieser Nacht in seiner Halsbeuge. Der Silberhaarige hielt sie in seinen Armen, die eine Hand an ihrem nackten Rücken, die andere an ihrem Hinterkopf. Plötzlich fiel ihr ein so großer Stein vom Herzen, von dem sie nicht einmal gewusst hatte, dass er überhaupt dort war. Es war, als könnte sie mit einem Mal wieder freier atmen. Und genau in diesem Moment wurde es Carina klar. Sie stand nicht nur auf ihn. Sie war ihm nicht nur verfallen. All diese Ausreden nützten ihr jetzt nichts mehr. Sie liebte ihn. Bedingungslos und mit ihrem ganzen Dasein. Und als ihr Herz bei diesem Gedanken freudig schneller pochte, konnte sie gar nicht anders als einzusehen, dass auch diese Gefühle das einzig Richtige waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)