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Selbstmord ist keine Lösung......oder?

von

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Die Wahl

Carina schnappte erschrocken nach Luft, als sich ihr Körper wieder materialisierte. Diese Teleportation oder wie man es auch immer nennen wollte hatte sich ziemlich seltsam angefühlt. Ihr ganzer Körper hatte angefangen zu kribbeln und sie hatte sich so…losgelöst gefühlt. Als würde sie schweben. Irgendwie war es zugleich angenehm als auch unangenehm gewesen.
 

Als sie kurze Zeit später endlich wieder festen Boden unter ihren Füßen spürte, öffnete sie voller Neugier ihre Augen und keuchte vor Überraschung auf. Grell konnte nicht anders und grinste. „Willkommen in der Welt der Shinigami“, sagte er und Carina klappte nur sehr langsam der Mund wieder zu.
 

Sauber.
 

Das war das erste Wort, das ihr in den Sinn kam. Die Straßen, die Gebäude, ja selbst die Luft sah einfach verdammt sauber aus. Es war das genaue Gegenteil von London, das vor Dreck nur so gestrotzt hatte. „Sind wir im Himmel?“, rutschte es Carina heraus und Blut schoss ihr ins Gesicht, als Grell auf ihre Frage hin auflachte. „Natürlich sind wir nicht im Himmel. Der ist immer noch den Engeln vorbehalten, Kleines. Nein, wir befinden uns in einer Art Zwischendimension. Zwischen dem Himmel und der Menschenwelt um ganz genau zu sein.“ Carina hatte so viele Fragen, das sie gar nicht wusste, welche sie zuerst stellen sollte. Aber sie hielt vorerst ihren Mund, denn der rothaarige Shinigami schien nicht gerade die geduldigste Person zu sein.
 

Während sie ihm folgte, bestaunte sie immer wieder ihre neue Umgebung. „Hier ist alles so viel moderner, als im alten London. Die Shinigami scheinen mit ihrer Technologie schon viel weiter vorangeschritten zu sein. Wenn ich es mir recht überlege...eine Kettensäge gab es 1886 wohl auch noch nicht“, dachte Carina. „Sag mal, wie heißt du eigentlich?“, fragte Grell in diesem Moment. „Carina“, antwortete Angesprochene. „Nun schön Carina, mein Name ist Grell. Stell auf dem Weg zu William bitte nichts Dummes an, weil ich sonst wieder derjenige sein werde, der es ausbaden muss.“ Carina war kurz davor beleidigt ihre Backen aufzublasen. Was dachte der Rotschopf bitteschön, wen er vor sich hatte? Ein kleines Kind?
 

5 Minuten später blieben sie vor einem riesigen, weißen Gebäudekomplex stehen. „Hier entlang“, sagte Grell und hielt ihr die Tür auf. Carina klappte erneut der Mund auf, noch bevor sie das Haus ganz betreten hatte. Sie stand in einer Art Eingangshalle, in der linken Ecke des Raumes befand sich eine sehr große Rezeption und in der rechten Ecke Stühle, Sitzbänke und ein weißes Sofa. Überhaupt schien hier fast alles in Weiß gehalten zu sein. Und es wimmelte nur so von Leuten. „So viele…“, dachte Carina und gleich darauf wurde ihr übel. All diese Menschen hatten sich umgebracht. Jeder von ihnen musste eine schreckliche Vergangenheit haben. Vermutlich war sie die Einzige, die sich aus einem vollkommen anderen Grund das Leben genommen hatte. Kurz schielte sie zu Grell hinüber. Wie und warum er sich wohl umgebracht hatte?
 

Sie musterte die anderen Shinigami mit großem Interesse und wer hätte es ihr verübeln können? Immerhin gehörte sie jetzt zu ihnen, auch, wenn sie sich immer noch wie ein Mensch fühlte. Jeder hier, wirklich jeder, trug einen schwarzen Anzug mit einem strahlend weißen Hemd und einer schwarzen Krawatte. „Na ja, außer Grell“, fügte sie gedanklich hinzu. Auf den ersten Blick sah sie überall nur Männer, erst als sie zur Rezeption hinübersah konnte sie drei Frauen sehen, alle nur ein paar Jahre älter als sie. Auch sie trugen – zu Carinas großer Freude – Hosen, weiße Blusen und schwarze Blazer. „Moment mal“, dachte sie plötzlich und runzelte irritiert die Stirn. Erneut huschten ihre Augen hin und her, denn ihr war noch etwas aufgefallen.
 

„Jeder hier trägt eine Brille“, sagte sie und berührte die, die Grell ihr geliehen hatte. „Wir Shinigami sind äußerst kurzsichtig. Diese speziellen Brillen helfen uns daher erheblich bei unserer Arbeit. Natürlich ist das, was du da gerade trägst, nur eine Übungsbrille. Die richtige Brille bekommt man erst, wenn man seine Ausbildung erfolgreich beendet hat.“ „Aber ich dachte Shinigami sind übernatürliche Wesen. Warum zum Teufel sind wir dann kurzsichtig?“, fragte Carina komplett ungläubig und Grell seufzte genervt. „Gerade, weil wir übernatürlich sind. Du musst wissen, dass wir wesentlich schneller, stärker und vor allem robuster sind als Menschen. Diese Schwäche soll vermutlich ein gewisses Gleichgewicht bringen. Aber natürlich sind das alles nur Spekulationen.“ Carina nickte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte. Irgendwie ergab das ja schon Sinn.
 

Sie folgte Grell durch die Eingangshalle. Ihn schien hier jeder zu kennen, denn entweder starrten die Leute ihn voller Ehrfurcht an oder wandten abrupt den Blick ab, als ob sie Angst vor ihm hätten. „Was das wohl zu bedeuten hat?“, fragte sich Carina gedanklich und schaute den Rothaarigen aus den Augenwinkeln heraus neugierig an. Sie stiegen mehrere Treppen hinauf, anschließend durch einen sehr langen Gang und blieben schlussendlich vor einer riesigen Tür stehen. Rechts daneben an der Wand hing ein kleines Schild mit dem Namen „William T. Spears.“ Carina wurde nun doch ein wenig nervös, denn wenn dieser William wirklich so ein hoher Beamter war, dann wollte sie dieses Gespräch auf keinen Fall vermasseln.
 

Im nächsten Moment – und zu Carinas größtem Entsetzen – öffnete Grell ohne vorher Anzuklopfen die Bürotür und stürmte hinein. „Oh Will, ich bin wieder da. Hast du mich vermisst?“ Das alles sagte er mit einer hohen Sing-Sang-Stimme und Carina konnte am Gesichtsausdruck des schwarzhaarigen Shinigami erkennen, dass dieser alles andere als begeistert war.
 

„Grell Sutcliff, wie oft habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt, dass ich zu so später Stunde nicht mehr gestört werden will? Und wie oft, dass Sie anklopfen sollen?“ „Ach Will, sei doch nicht immer so streng mit mir“, nörgelte der Rothaarige beinahe sofort und fasste sich theatralisch an die Stirn. „Na großartig“, dachte die 16-Jährige und trat unbeobachtet ein. Wenn das hier immer noch ein Manga wäre, dann würden jetzt vermutlich erneut Herzchen aus Grells Körper und Augen fliegen, da war sich Carina ziemlich sicher. Mit unverhohlener Neugier musterte sie den Shinigami, der hinter einem riesigen Schreibtisch saß, genauer.
 

William trug einen recht vornehmen schwarzen Anzug mit Krawatte und wirkte auf Carina sofort recht steif. Sein schwarzes Haar war kurz und ziemlich ordentlich gekämmt. Sein Gesichtsausdruck wirkte monoton, fast wie in Stein gemeißelt. Auf seiner Nase saß eine schwarze Brille mit rechteckig geformten Gläsern, was Carina nach dem Gespräch mit Grell nicht mehr sonderlich überraschte. Was sie allerdings verwunderte und ihr beinahe sofort auffiel, waren seine Augen. Es waren die gleichen gelbgrünen Augen, die auch Grell besaß. Und die 16-Jährige war sich ziemlich sicher, dass das kein Zufall war. Erschrocken fasste sie sich an ihre eigenen Augen. Davon hatte Grell nichts gesagt.
 

Ihre plötzliche Bewegung war William nicht entgangen und er wandte sich ihr abrupt zu. Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn. „Wer bist du?“, fragte er sie sogleich, doch Grell ließ Carina keine Zeit für eine Antwort. „Das“, sagte er und lächelte William so charmant wie möglich an, „ist der Grund, warum ich dich noch so spät stören musste. Ihr Name ist Carina und ich habe sie hierher gebracht.“ Die Falte wurde nun noch größer. „In meinen Unterlagen ist gar nicht verzeichnet, dass wir einen Neuling bekommen sollten. Ich muss Ihnen ja wohl nicht sagen Sutcliff, dass sie es mir vorher melden müssen, wenn so jemand auf Ihrer Liste steht.“
 

Grells Gedanken überschlugen sich. Wenn er dem Schwarzhaarigen jetzt erzählen würde, dass sie gar nicht auf der Liste gestanden hatte, dann wäre das alles andere als gut. Das letzte Mal, als jemandem oben in der Verwaltung dieser Fehler passiert war und die entsprechende Seele nicht auf der Liste gestanden hatte, war er regelrecht ausgerastet. Er war wochenlang schlecht gelaunt gewesen und natürlich musste man nicht lange überlegen, um zu wissen wer diese schlechte Laune abbekommen hatte…
 

Der Rothaarige versuchte sich nichts anmerken zu lassen, als er sagte: „Ach Will, du weißt doch, was für einen Stress ich in letzter Zeit hatte. Da muss ich einfach vergessen haben, dir Bescheid zu sagen. Kannst du mir noch einmal verzeihen?“ Angesprochener schnaubte genervt und ließ seinen Blick erneut über das blonde Mädchen schweifen. Sie war noch recht jung und wirkte unsicher, beinahe ein wenig verängstigt. Ihre blonden Haare und ihr Kleid waren vollgesogen mit Blut, wobei das Kleidungsstück an der Brust auch noch halb zerrissen war. Er brauchte nicht viel Fantasie, um zu wissen, wie sie sich das Leben genommen hatte. „Ich nehme an“, begann er und schaute wieder zu Grell, „dass du ihr das Nötigste bereits erklärt hast?“ Angesprochener nickte kurz, woraufhin Will einen Stift zog und sich etwas auf seinem Notizblock aufschrieb.
 

„Nun schön, zuerst sollten wir uns um Ihre Ausbildung kümmern“, sprach der Schwarzhaarige sie nun direkt an, woraufhin Carina ihn verdutzt anstarrte. Er siezte sie doch tatsächlich. Anscheinend war er charakterlich wirklich genauso steif wie schon in seinem äußerlichen Auftreten. „Ähm…“, murmelte Carina verunsichert und räusperte sich kurz. „Grell hat erzählt, es gäbe da mehrere Möglichkeiten?“ „Irgendwie schon komisch“, dachte sie gleich darauf. Vor kaum 2 Stunden hatte sie sich umgebracht und nun führte sie ein Gespräch über ihre zukünftige Ausbildung? Wie absurd war das bitteschön?
 

„Allerdings“, antwortete der Anzugträger und räusperte sich. „Grundsätzlich gibt es 4 Berufswege, die ein Shinigami einschlagen kann. Da wäre zunächst einmal die Registratur.“ Carina verzog kurz das Gesicht, denn das hörte sich nach keiner spannenden Aufgabe an. „Dort werden die Listen mit den Todeskandidaten erstellt und die eingesammelten Seelen verwaltet.“ „Wie ich es mir dachte. Büroarbeit“, dachte Carina wenig begeistert, hörte William aber weiterhin aufmerksam zu. „Dann gibt es da noch die Personalabteilung. Sie verwalten alle unsere Einrichtungsgegenstände und – was natürlich noch viel wichtiger ist – die Todessensen, die noch keinem Shinigami angehören.“ Die 16-Jährige konnte sich nur schwer ein Seufzen verkneifen. Dieser Job hörte sich sogar noch langweiliger an als die Registratur. „Und überaus wichtig, wenn nicht sogar die wichtigste Einrichtung, ist die Brillenabteilung. Dort werden sowohl die Übungsbrillen für die Anwärter, als auch die speziellen Brillen für die Shinigami entworfen und hergestellt.“
 

„Einige von Ihnen haben echt Talent. Sieh dir nur mal an, was sie mir für ein todschickes Modell entworfen haben“, schwärmte Grell und berührte sein Brillengestell mit solch einer Hingabe, dass Carina gegen ihren Willen grinsen musste.
 

„Ich würde sagen“, sagte William leicht genervt und rückte sich die Brille auf seiner Nase nun bereits zum dritten Mal zurecht, „dass Sie entweder die Personalabteilung oder die Registratur wählen sollten. Für die Brillenabteilung scheinen Sie mir doch etwas zu jung zu sein.“ Carina stöhnte innerlich auf. Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Die Brillenabteilung war die Einzige von den drei Abteilungen gewesen, die wenigstens halbwegs interessant geklungen hatte. Aber…Moment mal...
 

„Hatten Sie nicht gerade eben von 4 Berufen gesprochen?“, fragte Carina nach und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Der vierte Beruf ist der des Seelensammlers. Diese Shinigami sind im aktiven Dienst und sammeln die Seelen der Verstorbenen ein. Ich hielt ihn nicht für erwähnenswert, da bisher keine einzige Frau auch nur einen Gedanken an diesen Job verschwendet hat.“ Carina wurde misstrauisch. Sagte er ihr wirklich die Wahrheit? Oder traute er es Frauen einfach generell nicht zu? „So unwahrscheinlich ist das vermutlich gar nicht. Wenn ich an die Frauen aus diesem Jahrhundert denke…Die Meisten würden niemals etwas machen, wo sie sich die Finger schmutzig machen müssten. Für diese Frauen ist ein Bürojob wirklich noch das Angenehmste“, schoss es ihr durch den Kopf. Sie hingegen…
 

„Nun?“, fragte William, sein Stift schwebte erwartungsvoll über seinem Notizblock. Anscheinend wollte er eine Entscheidung von ihr hören. Und Carina fiel diese, um ganz ehrlich zu sein, ziemlich leicht. Sie musste nur an ihr bisheriges Leben denken. Wie oft hatte sie beim Lesen der Mangas und beim Anschauen der Animes davon geträumt, selbst eine Kämpferin zu sein? Mitten im Geschehen und in Action?
 

„Ich möchte eine Seelensammlerin sein. So wie Grell“, sagte sie mit solch einer Entschlossenheit, dass die beiden Männer sie regelrecht anstarrten. Grell konnte nicht lange an sich halten und prustete los. „Eine Seelensammlerin? Das ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe. Eine Frau als Seelensammler?“ Er lachte so laut, dass Carinas Wangen vor Wut und Scham ganz rot wurden. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. „Unterschätz mich nicht“, fuhr sie ihm so heftig über den Mund, dass der Rothaarige abrupt verstummte.
 

„Nur, weil ich eine Frau bin heißt das noch lange nicht, dass ich es nicht schaffen kann. Abgesehen davon, du bist ja wohl viel mehr eine Frau als irgendjemand sonst in diesem Raum.“ Es war als Beleidigung gedacht gewesen, doch Grells Augen leuchteten plötzlich erfreut auf. „Oh vielen Dank. Es freut mich, dass es dir aufgefallen ist. Du scheinst doch viel mehr Grips zu haben, als ich zu Anfang gedacht habe“, trällerte er und Carina klatschte sich geräuschvoll eine Hand gegen die Stirn. Der Typ war doch echt unglaublich…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Crazy-Butler
2016-03-18T19:30:48+00:00 18.03.2016 20:30
X-D Oh mann grell ist unbezahlbar...
Ich frage mich schon wann die raus bekommen dass Carina nicht aus ihrer Zeit kommt... Und vor allem wann sie undertaker wiedersieht ^_^


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