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Selbstmord ist keine Lösung......oder?

von

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Schreckliche Erkenntnis

„Oh, wie langweilig“, stöhnte Grell genervt und zückte seinen Stempel. Heute hatte er wieder einen Arbeitstag, den man getrost vergessen konnte. Keine der 4 Personen, die heute auf seiner Liste standen, war in irgendeiner Art und Weise interessant. Alles nur alte oder kranke Leute, die im Bett ihren letzten Atemzug taten. Kein Unfall, kein Verbrechen, nichts. „Da ist es ein Wunder, dass ich noch nicht vor Langeweile gestorben bin“, murmelte er und setzte seinen roten Stempel fest auf das Papier. Und wer war schuld daran, dass er die heutige Schicht hatte übernehmen müssen?
 

„Oh Will, wie kannst du mir das nur antun?“, seufzte er und ließ seine Stimme melodramatisch in die Höhe schnellen. Er konnte dem schwarzhaarigen Shinigami einfach nichts abschlagen…
 

Froh darüber, dass er nun wenigstens alle Aufträge für diese Nacht ausgeführt hatte, steckte er das kleine Buch in seine Tasche zurück und machte sich bereit für seine Rückkehr. Doch laute Schritte auf der Straße brachten ihn kurzzeitig aus dem Konzept. Verwundert schaute er nach unten und sah 5 Sekunden später ein Mädchen vorbeiflitzen. Ihre langen, blonden Haare hoben sich stark von der Dunkelheit ab und so konnte Grell den Ausdruck in ihrem Gesicht erkennen. Panik. Es vergingen keine weiteren 5 Sekunden, da stürmten drei Männer über die gleiche Straße und man musste kein Genie sein um zu wissen, dass sie hinter dem Mädchen her waren. Und der Rothaarige kannte diese Männer. Erst vor einer Woche hatte er die Cinematic Records eines anderen Mädchens einsammeln müssen, weil diese Drei sich an ihr vergangen hatten.
 

Gegen seinen Willen wurde Grell neugierig. Die Blondine stand nicht auf seiner Liste, was bedeutete, dass sie diese Nacht nicht sterben würde. Und das wiederum bedeutete, dass sie es irgendwie schaffte aus dieser Situation wieder herauszukommen. Mit wenigen Sprüngen über die Häuserdächer hatte er wieder zu ihnen aufgeholt. Das Mädchen stand in einer Sackgasse und ihre Gegner näherten sich ihr langsam, die pure Gier war auf ihren Gesichtern zu sehen. Erst jetzt fiel Grell auf, wie jung die Kleine wirklich war. Sie konnte noch nicht volljährig sein, vermutlich so um die 17 oder vielleicht sogar noch jünger.
 

„Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie aus der Nummer wieder rauskommen soll“, dachte er. Er lauschte kurz in die Stille der Nacht hinein, aber es waren keine weiteren Geräusche zu hören. Dass ihr jemand zur Hilfe kam, konnte er also schon einmal ausschließen.
 

„Einen Scheiß werdet ihr tun. Für wie dumm haltet ihr mich eigentlich? Ich hab eure Gesichter gesehen. Ihr werdet mich niemals gehen lassen“, hörte er sie sagen und war für einen Moment richtig baff. Noch nie hatte er ein Mädchen so reden hören. Sie schien ein ziemlich großes Mundwerk zu haben. „Aber taff ist sie“, musste er sich eingestehen. In der nächsten Sekunde zog die Blondine plötzlich ein Messer hervor, woraufhin die Männer in schallendes Gelächter verfielen. „Wie süß. Was möchtest du denn mit diesem Zahnstocher erreichen?“, verhöhnten sie sie und Grell musste ihnen innerlich durchaus zustimmen. Mit dieser Waffe würde sie nicht weit kommen. Aber irgendetwas an dieser Szene störte ihn.
 

Wie ihre Hand am Griff des Messers lag…
 

„Ihr bekommt mich nicht. Dafür werde ich sorgen.“ Sie lächelte.
 

Fast so, als ob…
 

Grells gelbgrüne Augen weiteten sich. Sie würde doch nicht…

Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, da hob sie bereits das Messer und rammte es sich frontal in die Brust. Dem Shinigami blieb für einen Moment schlicht der Mund offen stehen. Sie hatte es tatsächlich getan. Das war selbst ihm neu. Noch nie war er bei einem Selbstmord dabei gewesen. Nun ja…seinen eigenen nicht mitgezählt.
 

Ein schmerzhaft klingendes Röcheln entfuhr dem Mädchen, während sie sich das Messer mit letzter Kraft wieder aus ihrem Körper herauszog. Blut sprudelte sowohl aus ihrer Brust, als auch aus ihrem Mund und wie eine Puppe, deren Fäden durchtrennt worden waren, fiel sie rückwärts zu Boden. „So ein verdammtes Miststück“, brüllte einer der Männer und trat einen Schritt vor. Doch einer der anderen Beiden hielt ihn an der Schulter fest. „Lass gut sein, die bekommt eh nichts mehr mit. Und ich persönlich stehe nicht auf Nekrophilie.“ „Wir sollten abhauen, bevor uns noch jemand sieht“, flüsterte der Dritte und es dauert keine 2 Sekunden, da hatte sie die Gasse bereits verlassen.
 

Grell rümpfte angewidert die Nase. „Elendes Gesindel“, murmelte er und sprang vom Dach herunter. Er landete keine 2 Meter von der Sterbenden entfernt elegant auf dem Boden und trat vorsichtig näher. Die marineblauen Augen hatten ihren Glanz verloren und schauten trübe nach oben. Nur an dem gelegentlichen Zucken ihres Körpers konnte man erkennen, dass sie noch lebte. Unter ihr hatte sich eine Blutlache gebildet, die stetig größer wurde und genau diesen hohen Blutverlust konnte man bereits in ihrem Gesicht sehen. Sie war so weiß wie Porzellan. „Armes Ding“, flüsterte er in jenem Moment, indem sich eine einzelne Träne aus ihrem Auge löste und zu Boden fiel.
 

Und dann wurden ihre Augen ganz plötzlich starr. Das Zucken hörte auf und ihr aufgerissener Brustkorb rührte sich nicht mehr.
 

Normalerweise liebte Grell den Anblick dieser Endgültigkeit. Aber dieses eine Mal hatte es irgendwie einen bitteren Beigeschmack. Mord und Selbstmord waren zwei von Grund auf verschiedene Dinge. Vor allem für die Seele.
 

Der Rothaarige versuchte erst gar nicht ihre Cinematic Records zu lesen. Das würde in diesem Fall sowieso nichts bringen. Er trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, denn aus Erzählungen wusste er, was jetzt gleich passieren würde. Und er musste nicht lange warten. Die Cinematic Records schossen aus dem Körper des Mädchens hervor und schwebten dicht über ihr. Sie bewegten sich so schnell, dass selbst er als geübter Shinigami die Bilder nicht sehen konnte. „Ich verstehe das nicht“, dachte er. „Warum stand sie nicht auf der Liste? Ein Fehler von oben? Ungewöhnlich…“
 

Plötzlich wurden die Cinematic Records von einem stechend grünen Licht umgeben. Genau das Grün, das die Augen eines jeden Shinigami zierte. Es erhellte für wenige Sekunden die Gasse, dann hörte der Filmstreifen auf sich zu drehen und schoss in den Körper des Mädchens zurück. Ein Ruck durchfuhr sie und ihre bisher geöffneten Augen fielen zu. Grell schaute fasziniert dabei zu, wie die Wunden begannen sich zu schließen und wieder Farbe in das so bleiche Gesicht zurückkehrte. Wenn man sich das ganze Blut wegdachte, dann sah es fast so aus, als hätte sie die ganze Zeit nur geschlafen. Und dann schlug die Shinigami ihre gelbgrünen Augen auf.
 

Carina wusste im ersten Moment weder wo sie war, noch was passiert war. Ihr Körper fühlte sich unglaublich träge an, ihre Kehle war schrecklich trocken und ihr Kopf pochte vor Schmerz. Mehrmals blinzelte sie, doch die Umgebung wurde nicht schärfer. Sie hatte zwar schon seit Ewigkeiten nicht die besten Augen gehabt, aber so schlimm war es eigentlich noch nie gewesen. Eigentlich hatte ihr Arzt ihr sogar eine Brille verschrieben, aber Carina hatte sie nie getragen. Ihre Mitschüler hatten sie schon wegen ihres Übergewichtes oft genug auf dem Kicker gehabt, da wollte sie nicht auch noch als Brillenschlange betitelt werden. Mit der Zeit hatte sie gelernt damit umzugehen, aber diese neue Entwicklung passte ihr nun wirklich überhaupt nicht. Wenn sie die Augen ganz eng zusammenkniff, dann konnte sie wieder halbwegs so sehen wie vorher. Aber das war definitiv keine dauerhafte Lösung, denn ihre Kopfschmerzen wurden dadurch nur noch schlimmer.
 

„Warte einen Moment“, ertönte plötzlich über ihr eine helle Stimme, die Carina nicht kannte. Erschrocken schaute sie auf und im nächsten Moment setzte ihr jemand eine Brille auf die Nase. „Gut, dass ich immer eine Ersatzbrille dabei habe.“ Sie blinzelte erneut. Meine Güte, so scharf hatte sie ja noch nie gesehen. „Hätte wohl doch schon früher eine Brille tragen sollen“, dachte sie und sah nun endlich den Mann über ihr an. Das Herz sackte ihr in die Hose.
 

„Oh nein“, schoss es ihr durch den Kopf. Genauso wie den Undertaker, kannte sie auch diesen Typen. Allerdings nur als einen irren Massenmörder, der sich als Butler ausgegeben hatte und in Wahrheit ein Shinigami war. Aber was wollte ein Shinigami von ihr…?
 

Ein Keuchen entfuhr ihr, als sie sich mit einem Schlag erinnerte. An die drei Männer. An ihre Flucht. Wie sie sie schließlich in die Enge gedrängt hatten. Wie sie das Messer gezogen hatte und…
 

Carina schaute mit so enormer Geschwindigkeit nach unten, das ihr fast die Brille von der Nase flog. Der schwarze Stoff ihres Kleides war um die Brust herum eingerissen und hing in Fetzen herunter. Überall war Blut, aber da waren keine Wunden. Für einen Moment wurde der 16-Jährigen furchtbar schlecht. Was zum Teufel war mit ihr passiert?
 

„Tja Kleines, ich fürchte deine Zeit als Mensch ist jetzt vorbei“, sagte der Rothaarige mit ruhiger Stimme. „Meine Zeit als…Mensch?“, murmelte sie verwirrt und hatte plötzlich ein Déjà-vu.
 

^^ Flashback ^^
 

„Die Story ist total klasse, glaub mir. Es kommen auch Shinigami drin vor, die magst du doch.“ „Wie in Bleach?“ „Na ja, sie sind schon anders. Im neuesten Manga erfährt man, dass Shinigamis diejenigen sind, die Selbstmord begangen haben. Ist also quasi so ne Art Strafe, aber so schlimm finde ich das Leben von denen überhaupt nicht.“
 

^^ Flashback Ende ^^
 

Für einen Moment hatte Carina das Gefühl, dass ihr Herz gleich erneut stehen bleiben würde. „Das darf nicht wahr sein“, dachte sie. Wie um alles in der Welt hatte sie so etwas nur vergessen können? Die Erkenntnis sickerte nur sehr langsam in ihr Gehirn. Sie war ein Shinigami. Ein Todesgott. Wie der Rothaarige ihr genau das sagte, bekam sie kaum mit. Ihr ging nur eines durch den Kopf. Sie lebte, obwohl sie eigentlich hätte tot sein sollen. Sie hatte sich umgebracht.
 

Auf einmal schnürte es ihr die Kehle zu. Sie versuchte einzuatmen, doch keine Luft erreichte ihre Lunge. In Panik griff die 16-Jährige sich an die Kehle, während Grell die Augen aufriss. Er kannte diese Situation. Ihm selbst war es nach seiner „Wandlung“ genauso ergangen. Sanft, aber dennoch bestimmt, packte er das Mädchen an den Schultern. Ihre gelbgrünen Augen schauten ihn an, er konnte die blanke Panik in ihnen sehen. „Beruhige dich“, sagte er mit fester Stimme und es schien zu wirken. Die Blondine tat einen tiefen Atemzug und dann noch einen. Und dann – als Carina endlich wieder richtig atmen konnte – begann sie zu weinen. Eine Träne nach der Anderen kullerte ihre Wange hinab und obwohl sie ihre Lippen zu einem weißen Strich zusammengepresst hatte, entflohen ihr dennoch einige Schluchzer.
 

„Na großartig“, murmelte Grell etwas genervt, denn im Trösten war er nun wirklich nicht gut. Seine Kernkompetenz war normalerweise so ziemlich das genaue Gegenteil. Etwas hilflos tätschelte er ihr ein paar Mal den Rücken und hoffte, dass die Heulerei von alleine aufhören würde. Und tatsächlich, nach wenigen Minuten verstummte das Mädchen und schaute nur noch mit geröteten Augen zu Boden. „Was passiert jetzt?“, fragte sie schließlich ganz leise und schaute ihn an. Irgendwie wirkte er gar nicht so grausam wie im Manga. Nun ja, wirklich viel von ihm hatte sie ja auch nicht gesehen. Jetzt, wo sie so darüber nachdachte, hatte er die letzte Seite eingenommen, die sie im Manga gesehen hatte. Gott schien einen Sinn für Ironie zu haben…
 

„Ich bringe dich zu Will, der wird sich um dich kümmern.“ „Wer ist Will?“, fragte Carina verwirrt und runzelte die Stirn, als Grell verliebt aufseufzte. „Ein wirklich toller Typ“, sagte er und Carina war sich sicher, wären sie in einem Manga, dann würden ihm jetzt lauter Herzchen aus dem Körper fliegen. „Äh, okay…“, sagte sie zögerlich, was Grell wieder in die Wirklichkeit zurückbrachte.
 

„William ist ein Aufsichtsbeamter der Shinigami und kümmert sich in der Regel um die Neulinge. Wir beide haben zusammen unseren Abschluss auf der Shinigami Akademie gemacht.“ Carina war verblüfft. „Es gibt eine Akademie?“, fragte sie und Grell nickte. „Ja, dort werden alle auf ihren zukünftigen Job vorbereitet.“ Carina atmete kurz tief ein. „Und was ist mein zukünftiger Job?“ Grell gähnte und schulterte seine Kettensäge, was die 16-Jährige ein wenig nervös machte. „Das kommt darauf an für welche Abteilung du dich entscheidest bzw. für welche du geeignet bist. Jetzt aber Schluss mit den Fragen, wir sollten endlich aufbrechen." Er stand auf und hielt ihr seine rechte Hand hin, die in einem schwarzen Handschuh steckte.
 

Carina hatte immer noch Angst vor dem, was jetzt auf sie zukommen würde. Sie würden den Undertaker genauso unwissend wie ihre Eltern zurücklassen müssen. Aber das hatte sie sich selbst eingebrockt. Nun gab es kein Zurück mehr.
 

„Wird schon schief gehen“, dachte sie und ergriff Grells Hand. Dieser grinste und zeigte dabei seine spitzen Haifischzähne.
 

Dann, innerhalb eines Augenaufschlags, löste sich die Welt auf.



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