Touching Tomorrow von Varlet ================================================================================ Kapitel 3: 03.12. ----------------- Jodie stand bereits früh auf. Sie war voller Tatendrang. Nun konnte sie zeigen, was in ihr steckte, sich beweisen und dem Fall zu einem Durchbruch verhelfen. Da sie sowieso nur kaum schlafen konnte, brauchte sie nicht einmal einen Wecker. Jodie saß auf dem Sofa, eine Tasse Kaffee stand neben ihr. Der Laptop lag aufgeklappt auf dem Tisch und zeigte eine Suchmaschine. Jodie machte ihre Hausaufgaben. Sie erhielt zwar Informationen von James, aber es konnte nicht schaden, wenn sie auch selber recherchierte. Ihr ursprünglicher Plan sah vor, dass sie Professor Agasa am Abend zuvor telefonisch um einen Termin bitten wollte. Sie hatte die Nummer bereits in ihr Telefon eingetippt, ließ es aber dann dabei bleiben. Keine Zivilisten. Der Professor wusste von der Organisation. Aber so lange es ging, mussten sie ihn aus dem Fadenkreuz raushalten. Mit einer vorherigen Terminabsprache hätte nicht nur der Professor von ihrem Kommen gewusst. Und wenn Ai einen Verdacht hatte, würde schon sehr bald Conan informiert werden. Jodie mochte Conan. Aber es gab Aufträge bei denen der Junge einfach nichts tun konnte und es auch nicht durfte. Das FBI hatte nicht den Ermessensspielraum um Conan in Gefahr zu bringen. Und auch wenn der jetzige Auftrag keine Gefahr darstellte, war es einer bei dem Conan nicht helfen konnte. Zumindest noch nicht. Wenn Jodie am Ende ohne Informationen da stand oder sich der ganze Fall als Reinfall entpuppte, konnte sie noch immer mit dem Grundschüler sprechen. Vorher die Hunde Scheu machen, brachte keinem etwas. Normalerweise hörte Jodie auch nie auf Kinder. Allerdings hatte sich Conan Edogawa ihren Respekt verdient. Er war hoch intelligent und wirklich begabt. Außerdem schien er kein gewöhnlicher Grundschüler zu sein. Leichen machten ihm nichts aus. Und sobald er den Schrei einer Person vernahm, lief er los, wollte helfen und setzte sich für die Opfer ein. Dass er in die Geschehnisse um die Organisation involviert war, erkannte sie nach der Begegnung mit Vermouth. Entgegen ihrer Art ließ sie Conan auch danach noch am Leben. Und dann war da noch die Sache mit Kir. Für Conan war die Organisation normal. So als würde er sie die ganze Zeit jagen. Nur war es jetzt nicht an der Zeit um die Wahrheit über Conan heraus zu finden. Jodie schüttelte den Kopf. Nicht jetzt. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt. Immer mal wieder blickte Jodie auf die Uhr am Laptop. Keine Ablenkungen mehr. Da sie nicht zu früh beim Professor auf der Fußmatte stehen wollte, öffnete sie den Internet-Browser. Mit einigen Mausklicks ließ sie sich die Unternehmensgeschichte von Medipharm anzeigen. Sie war nicht gerade spektakulär, aber wenigstens gab es sie im Internet – was man von Sota Shibungi nicht behaupten konnte. Die Firma wurde 2005 von Sota Shibungi gegründet und war zunächst nur auf Arzneimittel und Medizinprodukte ausgelegt. Damals waren sie außerdem nur für die Herstellung von Salben und Gelen zuständig. Zwei Jahre später hatten sie sich auf dem Markt weites gehend etabliert und fingen mit anderen Darreichungsformen, unter anderem Weichkapseln, Pulvern und Tabletten an. Irgendwann kamen schließlich die Nahrungsergänzungsmittel und die Kosmetikartikel hinzu. Jodie schrieb das Wichtigste mit. Für eine erste Übersicht reichte die Internet-Präsenz aus. *** Jodie stand vor dem Haus von Professor Agasa. Sie brauchte „Vitamin B“, den Kontakt zu Bekannte. Sag nicht zu viel. Wir bringen keine Zivilisten in Gefahr. Sie war gespannt ob der Professor alleine zu Hause war. Natürlich war die Wahrscheinlichkeit das Ai auch zu Hause war hoch. Und trotzdem hoffte sie, dass das Mädchen mit Conan und den Detective Boys unterwegs war. Ai war ein sehr zurück gezogenes, ruhiges Mädchen. Außer man brachte sie in die Bredouille. Dann konnte sie aufbrausend sein. Und sie setzte sich für Freunde, aber auch für Fremde ein. Aus irgendeinem Grund schien sich Ai zu verstecken. Ai Haibara kannte die Organisation. Und sie kannte sie besser als jemand anderes. Ai konnte die Namen den Mitgliedern zu ordnen. Einige schien sie persönlich zu kennen. Und Vermouth war fixiert auf sie. Sie wollte das Mädchen unbedingt erschießen. Sherry. So hatte Vermouth das Mädchen bei ihrer Begegnung genannt. Sherry. Ein spanischer Weißwein, der aus Andalusien stammt. Ein Getränk welches sie selbst favorisierte und gerne trank. Fast hätte er sie verraten. Nur weil Jodie Conan und Heiji Hattori bei der Fallaufklärung half, nahm sie zu viel ihres Leibgetränkes ein und sagte die merkwürdigsten Sachen ehe sie einschlief. Aber Sherry musste ein Mitglied der Organisation sein. Und Ai war definitiv noch ein Kind. Ein Kind und ein alkoholischer Name machten die Situation nicht einfacher. Und dann war da noch die Dartscheibe die sie in Vermouths Wohnung fanden. Jodie schüttelte den Kopf. Nicht abschweifen, mahnte sie sich. Selbst wenn Ai nun nicht zu Hause war, war sich Jodie sicher, dass das Mädchen bald vom Professor in die neusten Tätigkeiten des FBIs eingewiesen werden würde. Bis Jodie von zu Hause losgefahren war, überlegte sie, wie sie den Professor am besten auf Sota Shibungi ansprechen sollte. Sollte sie ihm direkt die Wahrheit sagen oder sich lieber eine Ausrede einfallen lassen? Auf der anderen Seite brachte es ihr nichts zu Lügen. Sie durfte dem Professor zwar nichts zur Organisation mitteilen, aber das hieß nicht, dass sie sich eine komplett neue Hintergrundgeschichte ausdenken musste. Der Professor war – wie Conan und Ai – mit den Machenschaften der Organisation vertraut und versuchte die Kinder zu schützen. Er bot ihnen immer wieder seine Hilfe an. Eine Hilfe, die sie auf gar keinen Fall annehmen durften. Jodie entschied, sich wie immer zu verhalten und ganz natürlich zu agieren. Spontan und normal. Sie wollte sich nicht andauernd verstellen und so tun, als wäre die Sachlage eine ganz andere. Das war nicht ihre Art und es wirkte immer ein wenig gekünstelt. Genau wie damals als Englischlehrerin. Dass sie damit überhaupt durchkam, grenzte schon an ein Wunder. Ihre einzige Vorgabe damals bestand darin, keinen Verdacht auf sich zu ziehen. Dafür hatte sie extra lange recherchiert und überprüft wie sich die Japaner eine amerikanische Frau vorstellten. Sie hatte selbst einige Japaner aufgesucht und sie zu diesem Thema befragt. Jodie musste ein wenig aufreizend gekleidet herum laufen und ihren exotischen Status als blonde Frau ausnutzen. Und natürlich musste sie locker sein. Dazu legte sie sich extra einen stark übertrieben Akzent zu, so als würde sie gerade erst mit dem japanisch anfangen. Manchmal fiel es allerdings auch ihr schwer alles durch zu ziehen. Jodie klingelte an der Haustür des Professors. Sie musste ein wenig schmunzeln. Bis vor einigen Wochen lebte noch Shuichi unter seiner falschen Identität – Subaru Okiya – im Haus nebenan und kam häufiger zu Besuch. Allein das hätte sie schon schockieren sollen. Viel schockierender war seine neue Art. Er war nett und zuvorkommend, kümmerte sich um sein Umfeld, goss die Blumen und konnte kochen. Er war – normal. Diese Art von ihm machte ihr am Anfang sogar ein wenig Angst. Sie war nicht nur befremdlich, sie war komisch. Seit sie den Mann kannte, wirkte er anderen Menschen gegenüber immer unfreundlich und bedrohlich. Er konnte nicht einmal etwas mit Kindern anfangen, nannte sie Nervensägen und fand, dass sie sich in alle Themen einmischten. Die Person die Akai anschließend spielte, war ganz anders. Er war kein Einzelgänger, er mochte seine Mitmenschen und brachte den Kindern gern etwas bei. Er wurde von ihnen geschätzt und zu Ausflügen eingeladen. Trotz allem wollte er sich Ai noch nicht offenbaren. Und Jodie respektierte diesen Wunsch. Sie erinnerte sich noch an die erste Begegnung mit Subaru Okiya. Jodie war im Kaufhaus und suchte nach Narben-Akai. Ihre Spur war nur die Mütze die dieser auf dem Kopf trug. Camel hatte sie damals mit geschleppt ohne ihm die Wahrheit zu sagen. Und als Narben-Akai das Einkaufszentrum verließ, versuchte sie ihn aufzuhalten und stieß mit Subaru Okiya zusammen. Unsanft landete sie auf dem Boden, doch er half ihr hoch und sah sie mit diesem ganz speziellen Blick an. Hätte sie besser auf die Hinweise geachtet und ihrem Gefühl vertraut, hätte sie es vielleicht schon eher erkannt. Aber sie hatte nur Augen für Shuichi und rannte fast in ihr Verderben. Wie konnte sich in der kurzen Zeit nur so viel verändern? Jodie war sich nun nicht einmal mehr sicher, ob Shu die ganze Zeit nur eine Rolle spielte. Um das heraus zu finden, brauchte es aber noch mehr Zeit. Welcher Shuichi Akai gefiel ihr besser? Beide hatten ihre Vorzüge, aber sie wollte den echten Akai. Den Akai, der sie nicht verunsicherte. Shuichi ließ sie wie immer außen vor. Zuerst die Trennung vor einigen Jahren. Er entschied. Er ganz alleine. Sie hatte kein Mitspracherecht obwohl sie in einer Beziehung waren. Und dann sein Tod. Er setzte ihr zu. Täglich weinte sie sich in den Schlaf und zwang sich am nächsten Morgen wieder zur Arbeit. Zu Zeiten wo sie viel zu tun hatte, hörte der Schmerz auf. Sie verdrängte ihn. Aber er kam wieder kaum dass sie alleine war. Mit der Zeit wurde Jodie blasser, unglücklicher und nahm ab. Jeden Abend schlurfte sie zu ihrer Wohnung zurück, schaltete das Licht an und setzte sich entweder auf das Sofa oder ging direkt ins Bett. Und dann fingen ihre Tränen an zu laufen bis sie erschöpft in den Schlaf fiel. Am nächsten Morgen war sie vollkommen fertig und fühlte sich wie überfahren. Erst das Auftauchen von Narben-Akai gab ihr wieder neue Hoffnung. Sie suchte ihn und hatte ein neues Ziel vor Augen. Die Organisation rückte auf Platz 2. Sie kam nicht einmal auf die Idee, dass sie nur benutzt wurde um Akais Tod zu verifizieren oder um ihn aus seinem Versteck heraus zu locken. Aber es war egal. Sie fühlte sich schlagartig besser. Und am Ende offenbarte er sich ihr. Er kam zurück. Und was hatte Conan mit der ganzen Situation zu tun? Warum wollte Shuichi, dass keine Zivilisten wie Conan und Professor Agasa in die Sache hineingezogen wurden während er es doch tat? Jodie konnte die Art des Agenten einfach nicht nachvollziehen. Welchen Plan hegte er? Conan half Akai und Akai half Conan. Warum ausgerechnet der Junge? Warum war Shu nicht zu ihr gekommen? Hielt er so wenig von ihr? Jodie schüttelte hastig ihren Kopf. Sie durfte sich nicht ablenken lassen. Ihr Auftrag war wichtig. Sie musste ihn sich in Gedanken rufen und so oft es ging an ihm arbeiten. James setzte sein Vertrauen in sie und sie durfte es nicht verspielen. Sie durfte keinen Fehler machen. Jodie ahnte bereits, dass die mitleidigen Blicke der Belegschaft sie auf immer verfolgen würde. Wobei die Blicke der Kollegen nicht das Problem darstellten. Es war schlimmer wenn James und Shu sie so ansahen. Sie kam sich dann wie ein kleines Kind vor und wollte sich verkriechen. Es war leicht nach außen hin die taffe Agentin zu mimen. Sie hatte lange an ihrem Ruf gearbeitet. Aber die Wahrheit war eine andere. Sie war noch immer eine unsichere junge Frau die ihren Weg ging. Nun reiß dich zusammen, mahnte sie sich erneut. Wie sollte sie an der jetzigen Stelle überhaupt einen Fehler machen? Der Auftrag befand sich noch am Anfang. Sie musste nur ein Gespräch führen. Mehr nicht. Wenn es neue Informationen gab, würde sie diese mitbringen. Die Agentin seufzte. Wann war ihr Leben eigentlich so kompliziert geworden? Und warum musste sie dazu noch darauf achten, dass Personen die offensichtlich auch in den Fall verstrickt waren, nichts ahnten? Manchmal vermisste Jodie die Auftrage in denen es nicht um Undercover-Missionen ging: Aufträge die schnell erledigt werden konnten und einfach waren. Sie dauerten meistens nur 1-2 Wochen. In seltenen Fällen länger. Aber sie war selber Schuld. Damals in den Staaten bekam sie von James nur Kleinigkeiten. Und dann wollte sie mehr. Viel mehr. Sie wollte in die Fälle der Organisation eingebunden werden und die Mörder ihres Vaters finden. Sie wollte die Welt verbessern. Aber nun war es Jodies Primärziel den Tag nur noch hinter sich zu bringen. Ein weiteres Mal drückte die Agentin auf die Klingel. Der Ton erklang und erst dieses Mal bemerkte sie, dass der Professor noch immer eine ganz normale Klingel besaß. War es nicht offensichtlich, dass er für sein Haus einen eigenen Ton konzipierte? Oder hatte Ai etwas dagegen? Als Jodie ihm damals vorgestellt wurde, hatte sie das typische Bild von einem Professor vor sich. Sie sah, wie er in seinem Labor stand, ausgestattet mit Kittel und Laborbrille, bastelte und kurz darauf flog alles in die Luft. Anschließend stand er mit einem rußbefleckten Gesicht da und wunderte sich. Fast hätte sie bei diesem Anblick anfangen müssen zu lachen. Die Vorstellung wurde auch nicht besser als Shu die Position des Professors einnahm. Stattdessen musste sie ihre ganze Kraft aufbringen um nicht loszulachen. Es war wirklich schwer. Nun aber stand sie vor seiner Tür und wartete…Hatte der Professor tatsächlich eine andere Verabredung oder war für Einkäufe außer Haus? Vielleicht war er auch mit den Kindern unterwegs. Jodie hatte diese Szenarien nicht bedacht. Sie biss sich auf die Unterlippe. Warum musste sie spontan vorbei kommen? Es war ihre Schuld wenn der Zeitplan nicht eingehalten werden konnte. Die Agentin holte ihr Handy aus der Handtasche und suchte nach der Nummer des Professors. Sie seufzte. Es war unvermeidlich ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Eine Nachricht die mit großer Wahrscheinlichkeit von Conan und Ai mitgehört werden würde. „Großartig…einfach nur großartig…“ärgerte sie sich. Der Vormittag war die reinste Zeitverschwendung. Sie würde nach Hause gehen und sich überlegen wie sie alles richten konnte. Vielleicht würde sie erneut recherchieren in der Hoffnung doch noch Material über Sota Shibungi zu finden. Vielleicht war es auch in der Suchmaschine so weit nach hinten gerutscht, dass eine Suche länger dauerte. Und wenn es nicht so war, musste sie mit James reden. Ein Unterschied zwischen Amerikanern und Europäern zu Japanern bestand leider auch darin, dass die Japaner ihr Privatleben nicht im Internet öffentlich machten. Sie hatten keine Accounts zu den Plattformen und posteten nicht dauernd was sie wann und wo taten. Sie schrieben nichts über die Dinge, die sie ihrem Körper zuführten oder ab. Warum konnten die Japaner nicht in diesem Moment eine andere Mentalität an den Tag legen? Jodie brauchte doch nur ein paar kleine Informationen. Nichts Großes. Während sich Jodie umdrehte und zum Gehen aufmachte, wählte sie die Nummer des Professors. Die Sekunden verstrichen…aber es passierte nichts. Als sie den Anrufbeantworter des Professors hörte, sprach sie drauf: „Hallo Professor Agasa, Jodie Starling hier. Könnten Sie mich bitte zurück rufen?“ Sie steckte ihr Handy wieder ein. Erneut seufzte sie. Jetzt hieß es abwarten und auf einen frühen Rückruf hoffen. „Miss Jodie?“ Die Gefragte drehte sich um. Er war also doch zu Hause. „Professor Agasa.“ Sie nickte ihm zu. Ihre Laune besserte sie. „Bitte entschulden Sie, dass es so lange gedauert hat. Ich war unten in meinem Labor und habe ein wenig gebastelt.“ „Eine neue Erfindung?“, wollte Jodie wissen. „Naja…so in der Art“, murmelte er und kratzte sich am Hinterkopf. Er konnte ihr schlecht sagen, dass Ai unten am Gegenmittel für das APTX 4869 arbeitete, Conan ihr zu schaute und einfach nur zuschaute. „Ich hab mir ein paar alte Erfindungen angesehen. Kommen Sie doch rein.“ Agasa stellte sich ein wenig abseits. „Danke.“ Jodie trat ein und sah sich um. „Sind Sie heute alleine da?“ Bitte. Lass. Ihn. Alleine. Sein. Agasa schüttelte den Kopf. „Conan und Ai sind ebenfalls unten und sahen mir zu. Sie sind noch in meinem Labor. Soll ich sie nach oben holen?“ „Nein“, kam es sofort von Jodie. „Ich bin hier, weil ich mit Ihnen sprechen muss. Alleine.“ Agasa runzelte die Stirn. „Natürlich….“ Jodie folgte ihm in das Wohnzimmer und setzte sich. Vielleicht hatte sie wirklich Glück und Conan blieb mit Ai lange genug unten. Aber dafür musste sie schnell machen. Jodie holte ihr Notizbuch aus der Handtasche heraus. „Möchten Sie einen Tee? Oder einen Kaffee?“ Jodie schüttelte den Kopf. „Nein, Danke.“ Sie sah ihn an. „Bevor ich anfange, Professor, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass alles was zwischen uns nun besprochen wird, diese Räumlichkeiten nicht verlassen darf. Sie dürfen auch weder Conan noch Ai etwas von diesem Gespräch erzählen. Bitte geben Sie mir ihr Wort darauf.“ Agasa musste schlucken. Wenn jemand so anfing, konnte es nichts Gutes verheißen. „Sie haben mein Wort.“ „Danke. Ist es richtig, dass Sie früher einmal Kontakt zu einem Herrn Shibungi pflegten?“, wollte Jodie wissen. „Ja, ich kenne ihn“, kam es gleich vom Professor. „Wir haben zusammen studiert.“ Jodie sah ihn überrascht an. Er hatte mit Sota Shibungi studiert? Pharmazie? „Sie haben also mit Sota Shibungi Pharmazie studiert?“, fragte sie deswegen nach. „Was? Sota? Nein…nein…ich meinte seinen Vater. Kaito. Kaito Shibungi“, entgegnete Agasa. „Sota hat sich nie für Ingenieurwissenschaften interessiert. Er wollte, wie Sie erwähnten, Pharmazie studieren.“ „Mhmm… verstehe“, murmelte Jodie. „Dann fangen wir am besten vom Anfang an. Kaito Shibungi. Wie haben Sie ihn kennen gelernt?“ „Das war nicht spektakulär. Wir haben uns damals auf der Einführungsveranstaltung unseres Studienjahrgangs kennen gelernt. Wir waren viele Studenten sodass uns die Dozenten in unterschiedliche Gruppen einteilten. Wir sollten einen Zettel ziehen und den Zwilling mit dem gleichen Wort finden. So sind Kaito und ich ins Gespräch gekommen. Wir haben gemerkt, dass wir uns gut verstanden und die gleiche Ziele hatten. Daraufhin saßen wir in allen Vorlesungen zusammen und versuchten die gleichen Kurse zu belegen. Kaito war schon immer ein sehr guter Student. Er arbeitete verbissen und hatte sich voll und ganz auf sein Ziel konzentriert. Sie hätten ihn damals sehen sollen. Er war strukturiert mit fünf-Jahres-Plänen. Ich hielt davon nichts. Ich war mir sicher, dass ich die Zukunft nur bis zu einem bestimmten Grad planen kann. Aber Kaito…er hatte alles bis ins Detail vorhergesehen. Beziehungsweise er wollte das.“ Jodie nickte. „In seinem letzten Jahr lernte Kaito seine Frau kennen und kurze Zeit später war auch der gute Sota unterwegs. Ich denke, ich muss Ihnen nicht sagen, dass Frau und Kind so gar nicht in seinen Zeitplan passten. Ich weiß noch wie wütend er damals war. Er musste den Plan zerreißen und schrieb stattdessen einen neuen. Aber als er Sota das erste Mal auf dem Arm hielt, bemerkte er, dass es auch wichtigere Dinge im Leben gibt als das Studium und die Karriere. Leider konnte er nicht aus seiner Haut. Kaum das ein Plan nicht mehr funktionierte, schrieb er den nächsten und den nächsten und den nächsten… Sie wissen worauf ich hinaus will, nicht wahr?. Nach seinem Studienabschluss fing Kaito bei einem Chemiekonzern an. Dort arbeitete er so lange bis er schließlich in Rente ging. Ich war damals auf seiner Abschiedsfeier.“ „Mhm…und was wissen Sie über seinen Sohn: Sota Shibungi?“ „Eigentlich nicht viel. Ich sah ihn in der Anfangszeit natürlich häufiger. Aber Sota war klein und nachdem wir unseren Abschluss in der Tasche hatten, verlief sich der Kontakt. Zu Beginn wurde ich öfters eingeladen. Ich versuchte auch an Geburtstagen teilzunehmen. Aber irgendwann ließ es die Zeit nicht mehr zu. Wir sahen uns über 30 Jahre nicht mehr. Zu seiner Abschiedsfeier stand ich allerdings auf der Gästeliste. Sota war auch dort. Kaitos Wunsch war es, dass Sota in seine Fußstapfen tritt und noch besser wird. Sota aber interessierte sich nie für diese Art der Naturwissenschaften. Er wollte viel lieber Pharmazie studieren.“ „Was er auch getan hat.“ Agasa nickte. „Wie ich gehört habe, leitet er mittlerweile ein gut laufendes Pharmaunternehmen.“ „Er hat es vor einigen Jahren gegründet und ist mittlerweile auch verheiratet.“ Der Professor lächelte. „Das freut mich für ihn.“ „Haben Sie sonst noch Kontakt zu den Shibungis?“ Agasa schüttelte den Kopf. „Nur hier und da eine Karte zu Weihnachten oder zum Geburtstag.“ Er sah Jodie an. „Ich bin Ihnen keine große Hilfe, nicht wahr?“ „Machen Sie sich darüber keine Gedanken, Professor. Sie haben mir bereits geholfen. Nun konnte ich mir ein besseres Bild über die Familie machen.“ „Wenn Sie wollen, höre ich mich ein wenig für Sie um. Oder benötigen Sie den Kontakt zu den Shibungis?“ „Danke, nicht nötig. Ich habe alles erfahren, was ich wissen musste.“ Agasa überlebte. „Es geht um die Organisation“, sprach er dann leise. „Arbeiten die Shibungis für sie?“ Jodie schwieg. „Ich hab Recht, nicht wahr?“ Jodie nickte. „Das muss aber wirklich unter uns bleiben. Ich kann Ihnen nicht viel darüber sagen. Wir wissen nicht, wer von Ihnen für die Organisation tätig ist. Wir wissen nur, dass sie ihre Finger im Spiel haben.“ Agasa schluckte. „Ich…werde kein Wort sagen“, fing er an. „Das bleibt unter uns.“ „Was bleibt unter Ihnen?“ Jodie drehte den Kopf zur Seite. „Conan…Ai…“ Sie lächelte gezwungen. „Schön euch zu sehen.“ „Gleichfalls.“ Conan musterte sie. „Gibt es Neuigkeiten zur Organisation?“ „Nein. Ich hatte nur ein paar allgemeine Fragen an den Professor.“ Bereits an Conans Gesichtsausdruck erkannte sie, dass der Grundschüler ihr nicht glaubte. Aber daran war nichts mehr zu ändern. Conan musste damit leben. Vorerst. „Wirklich?“, kam es von dem Grundschüler. „Sie sahen aber nicht so aus“, warf Ai ein. „Haben Sie eine neue Spur zu der Organisation?“, fragte Conan direkt heraus. Jodie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Sie sah ruhig auf die beiden Kinder und überlegte sich ihre Worte ehe sie sprach. „Auch wenn es mein Primärziel ist die Organisation ausfindig zu machen und sie für ihre Verbrechen zu überführen, erhalte ich gelegentlich auch Aufträge aus den Staaten. Unter anderem handelt es sich dann um ein wenig Recherchetätigkeit für verschiedene Bereiche. Da wir hier nicht so gut aufgestellt sind wie drüber, muss ich auf andere Ressourcen zurück greifen.“ „Deswegen waren Sie also hier?“, wollte Ai wissen. „Genau.“ Im Grunde war es auch keine Lüge. „Egal wofür Sie recherchieren, vergessen Sie bitte nicht, dass sich die Organisation überall befindet. Sie halten ihre Augen und Ohren immer offen. Man könnte meinen die Aussage Die Wände haben Ohren wurde von der Organisation in die Gesellschaft integriert.“ Ai blickte mit einer Mischung Langeweile und Furcht zu ihr. „Menschen denen man sein Vertrauen entgegen brachte, können einen sehr viel schneller Verraten als fremde Menschen. Menschen die Fehler machen sind einfacher zu manipulieren und zu erpressen“, fügte sie an. Obwohl Jodie Ai ein wenig kannte, überraschte sie die Aussage des Mädchens. Sie schien aus Erfahrung zu sprechen. „Mach dir mal um mich keine Sorgen. Ich kann auf mich aufpassen.“ „Trotzdem. Sie sollten nicht vergessen, dass überall Mitglieder der Organisation tätig sind. Wir wissen ja, dass sie hohe Positionen in der Gesellschaft bestreiten. Passen Sie auf, dass Sie nicht unwissentlich auf einen von ihnen treffen.“ Ai nickte zustimmend. „Die Tatsache warum sie noch nicht aufgeflogen sind, liegt daran, dass ihre Mitglieder weit zerstreut sind und sie einander immer ein Alibi geben würden.“ „Das weiß ich doch alles“, entgegnete Jodie ruhig. „Professor, ich möchte nicht mehr von Ihrer Zeit stehlen. Sollten Sie weitere Informationen für mich haben, melden Sie sich bitte…egal zu welcher Zeit.“ „Ja, natürlich“, nickte Agasa. Er stand auf und brachte Jodie in den Flur. „Passen Sie auf sich auf.“ „Das mach ich“, nickte die Agentin. „Und Professor? Bitte vergessen Sie nicht, dass Conan und Ai nichts erfahren soll.“ „Machen Sie sich darum keine Gedanken“, entgegnete er. Das Telefon im Haus fing an zu Klingeln. „Oh…ich müsste dann…“ „Ja, natürlich. Auf Wiedersehen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)