Ruf der Sterne von Wolfsfeuer ================================================================================ Kapitel 69: Trauer, Zweifel und Angst ------------------------------------- Schwarzstreif ging schweigend vor Amselpfote her. Der Tod ihrer einzigen Freundin aus dem Bachclan hatte sie schwer getroffen, sodass er sie gestern vom Training befreit hatte. Als sie beim Trainingsplatz angekommen waren, stellte sich der Kater ihr gegenüber. "Wir werden das Training heute kurz halten. Den restlichen Tag kannst du selbst entscheiden, was du tun wirst. Du kannst dich einer Patrouille anschließen, das Training fortfahren oder es bleiben lassen. Dafür wirst du dir jetzt wenigstens ein wenig Mühe geben. Einverstanden?" Als sie nicht reagierte sprang er sie an und riss sie zu Boden. Mit seinen großen, schwarzen Pfoten hielt er sie fest und starrte sie an. Den Blick erwiderte Amselpfote voller Schock und Angst. "Ein Gegner hat kein Mitleid mit dir." Nach kurzem Zögern ließ er von ihr ab. "Deine Clankameraden allerdings schon. Ich komme dir bereits entgegen, noch mehr kannst du nicht von mir verlangen." Die Schülerin grub ihre Krallen in die Erde und mied seinen Blick. "Du weißt doch gar nicht, wie es mir geht! Die einzige gute Erinnerung an meinen Geburtsclan ist mit Sturmpfote gestorben. Sie war meine einzige Freundin." Schwarzstreif sah sie einen Moment lang an, ehe er sich vor ihr aufbaute. "Denkst du etwa, dass du die einzige Katze bist, die jemanden verloren hat? Allein im Nachtclan fallen mir spontan Stachelherz, Sturmstern, Spechtfeder, Farnfuß, Federsturm, Stachelpfote und Streifenpfote ein, die schon jemanden verloren haben. Aber bei all jenen, inklusive mir, waren es Familienmitglieder, die sie verloren haben. Ich will damit nicht sagen, dass es nicht schlimm ist, wenn jemand, der einem Nahe stand stirbt, sondern dass du nicht allein bist. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass du nicht alles in dich hineinfressen solltest. Ich habe es getan und im Nachhinein bereue ich es." Zögernd legte er seinen Schweif um sie. Die Zwei saßen einige Momente so da, ehe Schwarzstreif aufstand. "Ich sehe schon, es hat keinen Sinn heute zu trainieren. Du musst deine Gedanken und Gefühle ordnen. Wenn du mich suchst, ich bin im Lager." Ohne ein weiteres Wort machte er sich auf den Rückweg, wurde aber schon kurz danach abgefangen. "Schwarzstreif! Der Bachclan!" Es brauchte kein weiteres Wort von Natternfell. Die Zwei rannten zurück zum Lager, wo Sturmstern bereits eine Patrouille zusammenstellte. "Mohnpelz, Rauchpfote, Federsturm, Ampferpfote, Amselpfote und Felsenkralle bewachen das Lager. Der Rest kommt mit mir." Der Anführer führte den Kampftrupp aus dem Lager und sah Schwarzstreif fragend an. "Wo ist Amselpfote überhaupt?" "Sie braucht etwas Zeit für sich. Aber wo ist Windfell? Ich sehe sie nicht.” Sturmstern beschleunigte seinen Schritt, damit sie möglichst bald an der Grenze ankommen würden. "Sie und Graufuß sagen dem Himmelsclan Bescheid. Für was haben wir verbündete?" Schwarzstreif duckte sich unter einem tief hängenden Ast durch und holte kurz darauf wieder zu Sturmstern auf. "Na hoffentlich kommt die Botschaft früh genug an." Falkenpfote saß im Heilerbau und versuchte Weißflamme zu folgen. Dessen Geduld wurde aber auf eine schwere Probe gestellt. "In Ordnung, versuchen wir es ganz langsam. Hast du dir gemerkt, für was Spinnenweben gut sind und wie man sie verwendet?" Der Schüler dachte scharf nach um sich daran zu erinnern, was ihn Weißflamme beigebracht hatte. "Man... drückt sie auf... eine Wunde?" Der Heiler atmete erleichtert aus. "Richtig, weiter so, Falkenpfote! Weißt du auch, warum man das macht?" Der Gefleckte starrte ihn verwirrt an. "Ich muss wissen, warum man das macht?" Der kurze Moment der Erleichterung wurde für Weißflamme ruiniert. Er bohrte seine Krallen in die Erde und versuchte sich zu beruhigen. "Ja, dass musst du. Du wirst es einmal deinem eigenen Schüler erklären müssen." Falkenpfote wirkte nun leicht verstört. Er ging einen Schritt zurück und sah aus, als würde er am liebsten weglaufen. "Aber das dauert natürlich noch lange! Bis dahin wirst du sicher ein hervorragender Heiler sein, Falkenpfote. Kommen wir aber am Besten wieder zu den Spinnenweben zurück. Du säuberst zuerst die Wunde damit sie sich nicht entzündet und dann kommen die Spinnenweben. Sie sind dafür da, damit der Blutfluss gestoppt wird." Als er wieder zu seinem Schüler blickte, bemerkte er zu seinem Bedauern dass dieser sich zusammenkauerte als hätte er Angst. Weißflamme wollte beruhigend auf ihn einreden, doch Falkenpfote war zu abwesend. Das kannte der Heiler inzwischen zu gut. Da sein Schüler für die nächste Zeit wieder die Stimmen hören würde, richtete er inzwischen alles für die Versorgung her. Sowohl für die Verletzten des Kampfes als auch für Falkenpfote der, wenn die Stimmen aufhören würden, sehr aufgewühlt und geschwächt war. Noch während er ein paar Mohnsamen zurechlegte, verfluchte Weißflamme den Sternenclan insgeheim dafür, dass sie so einen jungen Kater so sehr zusetzen. Weißflamme hörte Schritte außerhalb des Lagers. Beruhigend sah er seinen Schüler an und legte einen Haufen Spinnenweben vor den Eingang des Heilerbaus. "Denk daran, Falkenpfote: Du musst nur die offenen Wunden auslecken und dann etwas Spinnenweben draufpressen. Wenn etwas sein sollte, frag mich einfach. Am Anfang werde ich dir helfen, einverstanden?" Er fühlte sich dumm dabei, es so zu erklären, aber ansonst würde Falkenpfote nur überfordert sein. Der Gefleckte nickte langsam. "Ich denke, das könnte ich schaffen." Der Heiler schnurrte zufrieden brach aber abrupt ab, als er Sturmstern sah. Sein Gefühl bestätigte, was er bereits gefürchtet hatte. Der Anführer des Nachtclans hatte ein Leben verloren. Als er auf ihn zulief, schüttelte dieser nur mit dem Kopf. "Wir reden später, Weißflamme. Kümmert euch erst um die Verletzten." Weißflamme hielt kurz inne, besann sich dann aber eines Besseren und ordnete an, dass sich jeder, der verletzt war, auf die Lichtung lag. Es waren viele Katzen, aber keine Wunde war äußerst tief. Wolkenflug behandelten Mentor und Schüler noch gemeinsam, danach arbeiteten sie für sich. Weißflamme blieb allerdings am Anfang immer in Falkenpfotes Nähe und schielte oft zu ihm um sicherzugehen, dass er nichts falsch machte. "Vertraust du ihm etwa nicht?" Windfell sah ihren Bruder prüfend an. "So ist es nicht. Er ist nur sehr unsicher." Die Kriegerin stellte ihr Nackenfell auf und antwortete in einem schnippischen Ton: "Du warst auch unsicher, aber Amselschwinge hat dir vertraut. Bei euch zwei ist es anscheinend anders." Weißflamme musste sich im Zaum halten, drückte aber ungewollt fester auf die Wunde. "Das verstehst du nicht. Er ist ein guter Kater, aber leider sehr unaufmerksam. Wenn sich das nicht ändert, wird er es schwer als Heiler haben." Windfell wollte bereits ihren Sohn verteidigen, aber Weißflamme ging bereits weg und untersuchte die nächste Katze. Sturmstern saß mit Weißflamme im Heilerbau. Falkenpfote war auf der Lichtung und unterhielt sich mit den anderen Schülern. Der Heiler sah den grauen Kater fragend an. "Wir haben gewonnen, aber wie du schon weißt, habe ich ein Leben verloren. Ich war wohl etwas zu voreilig. Der Himmelsclan kam erst am Ende der Schlacht an, aber da war es bereits zu spät." Weißflamme nickte langsam, sah Sturmstern aber trotzdem durchdringend an. "Das ist aber nicht alles, über was du mit mir reden willst, oder?" Der Anführer sah zu Boden und wühlte einige Kiefernnadeln auf. "Denkst du, ich habe wirklich das Zeug um ein Anführer zu sein? Immerhin habe ich in dieser kurzen Zeit bereits 5 Leben verloren." Sturmstern sah den Heiler gedrückt und voller Zweifel an. Dieser war mit der plötzlichen Frage auf einmal überfordert, hatte sich aber kurz darauf wieder gesammelt. "Du solltest dich nicht mit anderen vergleichen. Für mich bist du ein ausgezeichneter Anführer und unter diesen Umständen hätte jeder Anführer Leben verloren. Niemand ist perfekt, Sturmstern." Blütenregen ging durch ihr Territorium. Den Kampf gegen den Nachtclan hätten sie gewonnen, wenn nicht Flammenstern aufgetaucht wäre. Zusammen mit Wespenstachel war sie eine ausgezeichnete Taktikerin, die weiß, wie man sich präsentieren muss. Sie selbst hielt sich davon lieber raus und war völlig zufrieden damit, die Befehle die sie bekam auszuführen. Die Kriegerin blieb stehen, als sie etwas roch, dass sie noch nie gerochen hatte. Der Duft war appetitlich, also ließ sie sich dazu verleiten ihm zu folgen. Sie war immerhin nicht auf der Jagd sondern vertrat sich nur kurz die Beine. Es war kein Regelverstoß. Als sie der Geruchsquelle näher kam, sah sie, dass es sich um irgendetwas handelte, dass zwar nicht sehr einladend aussah, jedoch gut roch. Blütenregen kam einer eigenartigen Mulde näher in der kleine Bröckchen lagen. Es befand sich in einer Art Bau, also roch sie erstmal, ob der Bewohner in der Nähe war. Als sie sich vergewissert hatte, dass sie alleine war, ging sie hinein um etwas zu essen. Doch plötzlich schloss sich der Ausgang des Baues und sie war gefangen. Verzweifelt versuchte sie sich zu befreien, doch schaffte es einfach nicht und so rief sie um Hilfe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)