Ruf der Sterne von Wolfsfeuer ================================================================================ Kapitel 35: Augen in der Nacht ------------------------------ Schwarzstreif saß alleine in seiner Ecke. Ihm gingen viele Gedanken durch den Kopf. Normalerweise würde nun Fleckenpfote auf ihn zukommen. Doch das ging jetzt nicht mehr. Es war so wie früher, bevor er geboren wurde. Bevor Schwalbenflügel gestorben ist. Nein. Inzwischen war er Mentor und Zweiter Anführer. Die Jungen trauten sich nicht mehr an ihn heran und einige Krieger sprachen ihn nun öfters an. Weizenpelz redete oft mit ihm und sie gingen oftmals zusammen jagen. Man könnte es… Freundschaft nennen. Mohnpelz erkundigte sich oft über Windpfote, da er sichergehen wollte, dass sie sich wohl anstrengte. Im Nachttraining war sie gar nicht einmal so schlecht. Sie besaß die nötigen Talente und könnte sich bald einer richtigen Patrouille anschließen. Seiner Pfote ging es inzwischen auch schon besser, sodass er nun wieder ihre volle Ausbildung übernahm. Er blickte auf, als Weizenpelz zu ihm kam. Er deutete auf einen Vogel, der auf dem Frischbeutehaufen lag. Der war inzwischen recht mager, aber trotzdem war noch genug da. Bald kam die Blattleere und dann würden sie viel weniger haben. Langsam nickte Schwarzstreif, wobei er immer noch seinen eigenen Gedanken nachging. In letzter Zeit mochte er das Training mit den Schülern am meisten, da er dort Fleckenpfotes Tod für kurze Zeit verdrängen konnte. Wie sehr er den Kleinen nur vermisste. Sicherlich war er nicht der beste Vater gewesen, aber auch nicht der Schlechteste. Aber nun war der gefleckte Kater bei seiner Mutter. Vielleicht hatte er in der Zwischenzeit sogar seine anderen Verwandten kennengelernt. Aber Spekulieren bringt einen nicht durchs Leben. Immer wieder musste Schwarzstreif sich ermahnen, nicht über so etwas nachzudenken. Weizenpelz kam mit dem Vogel zu Schwarzstreif und ließ ihn neben ihm fallen. Er machte es sich neben ihm bequem und nahm einen Bissen von der Beute und schob diese dann Schwarzstreif zu. Dieser biss ebenfalls ab und kaute nachdenklich, ohne den Geschmack überhaupt zu bemerken. Weizenpelz sah ihn mitfühlend an, ehe er sich räusperte. "Bald findet die nächste Große Versammlung statt." Schwarzstreif murrte zustimmend, ehe er noch einen Bissen nahm und den Vogel wieder dem jungen Krieger zu schob. Er spuckte noch eine Feder aus, die er beim rupfen übersehen hatte. "Dieses mal wirst du dich sicher nicht so leicht vor den anderen verstecken können. Immerhin werden dich sicher viele anstarren, jetzt da du Zweiter Anführer bist." Schwarzstreif starrte ihn genervt an. "Warum reibst du mir das jetzt unter die Nase?" Weizenpelz zuckte zusammen. "Nur so. Ich dachte du würdest dich über etwas Gesellschaft freuen. Das war das einzige, was mir eingefallen ist.” Der weiße Krieger verdrehte die Augen. "Habe ich mich jemals nach Gesellschaft gesehnt? Ich glaube nicht. Aber wenn dir so langweilig ist, kannst du ja die Nachtpatrouille anführen. Nimm noch Wolkenflug, Stachelherz, Schattenpelz und Windpfote mit. Ich selber werde auch mitkommen. Immerhin muss ich schauen, wie sich meine Schülerin macht." Weizenpelz sah ihn gekränkt an, ehe er in die Kinderstube ging. Schwarzstreif sah ihm hinterher. War er zu harsch gewesen? Lustlos stieß er die Reste des Vogels an. Windpfote sprang aufgeregt auf und ab. Schwarzstreif hatte ihr gerade gesagt, dass sie heute auf ihre erste Nachtpatrouille gehen würde! Rabenpfote sah sie neugierig an. "Warum bist du so aufgeregt?" Windpfote sah sie kurz an. Sie durfte den jüngeren Schülern nichts von der Nachtpatrouille erzählen, das hatte Schwarzstreif ausdrücklich gesagt. "Ach nichts, ich bin nur froh.! Die schwarze Schülerin starrte sie immer noch fragend an. Gerade als sie den Mund öffnete, fiel Windpfote noch eine Ausrede ein. "Hast du es noch nicht gehört? Rauchjunges geht es inzwischen schon ganz gut. Außerdem hat der Bachclan seit unserem Sieg sich nicht mehr über die Grenze gewagt. Die Zeichen stehen gut." Rabenpfote schnurrte amüsiert. "Die trauen sich nicht mehr über die Grenze, so wie ich sie bearbeitet habe. Und Rauchjunges geht es gut? Das ist toll! Aber sag einmal, hast du ein Auge auf Rauchjunges geworfen?" Windpfote starrte sie verstört an. Rabenpfote bemerkte ihre Worte und riss ihre Augen entsetzt auf. "Ich meinte es nicht so! Ich meine, ob du Rauchjunges gerne als Schüler hättest, wenn er alt genug ist. Entschuldige." Die braune Schülerin atmete erleichtert auf. "Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich glaube, für so etwas ist es noch zu früh." Rabenpfote nickte zustimmend. "Ich wäre so gerne Mentorin! Aber ich weiß noch nicht, von wem. Rauchjunges wird vielleicht mit mir zusammen trainieren und für Farnfuß’ Junge werde ich wohl noch zu unerfahren sein." Traurig sah sie auf ihre Pfoten. Windpfote schnurrte aufmunternd. "Keine Sorge, es wird wohl noch mehr Junge geben. Du wirst bestimmt eine großartige Mentorin werden." Rabenpfote sah sie zweifelnd an. "Wenn ich überhaupt einen Schüler bekomme." Windpfote rückte näher an sie heran. "Denk jetzt nicht zu viel darüber nach. Du wirst sicher einen Schüler bekommen, Rabenpfote. Ich meine, wer hätte gedacht, dass Schwarzstreif je Mentor oder Zweiter Anführer wird?" Rabenpfote schnurrte zustimmend. Weizenpelz steckte den Kopf in den Schülerbau. "Windpfote, komm und iss noch etwas. Es dämmert schon." Die Schülerin sprang auf und lief aus dem Bau. Rabenpfote sah ihr fragend hinterher. Die Krieger saßen vor dem Lager und warteten auf Windpfote. Schwarzstreif hatte sie noch einmal zum Schmutzplatz geschickt, damit sie ja nicht während der Patrouille musste. Die anderen merkten eine gewisse Spannung zwischen Schwarzstreif und Weizenpelz, da die zwei Kater den Blick des jeweils anderen mieden. Windpfote lief zu den vier Kriegern und blieb aufgeregt vor ihnen stehen. "Entschuldigung. Geht es jetzt los?" Sie trat aufgeregt von einer Pfote auf die andere. "Nein, meine Liebe. Zuerst müssen wir ausmachen, wer welche Position einnimmt. Das gehört schließlich auch dazu." Schattenpelz sah sich unter den anderen um. Ihr Blick blieb bei Schwarzstreif stehen und dieser grunzte nur entgeistert. "Weizenpelz führt die Patrouille an, also frag ihn. Für diese Nacht hat er das Sagen." Weizenpelz starrte auf den Boden. "Ich würde sagen, dass Schwarzstreif vorne geht. Ich bleibe hinten und Stachelherz bleibt auf der linken Flanke und Schattenpelz übernimmt die rechte. Windpfote bleibt in der Mitte." Schwarzstreif knurrte tief. "Ich habe gesagt, dass du die Patrouille anführst, also gehst du vorne. Ich gehe hinten." Weizenpelz sah ihn nun in die Augen und wollte etwas erwidern, doch bei Schwarzstreifs strengen Blick überlegte er es sich schnell anders. "Also gut, dann machen wir es so. Gehen wir zuerst zur Grenze zum Bachclan und von dort aus weiter zum Gewitterclan. Wir sollten dann kurz vor Sonnenaufgang fertig werden." Windpfote riss die Augen auf. "Wir gehen alle Grenzen ab?" Die Krieger sahen sie an. Schwarzstreif räusperte sich und sah in den Wald. "Habe ich das nicht erwähnt? Wir gehen immer alle Grenzen ab, markieren sie jedoch nicht, da wir sonst viel zu lange brauchen würden. Wir schauen nur nach dem Rechten und vertreiben Eindringlinge, die sich in der Nacht in unser Territorium wagen." Die Schülerin nickte verstört, da sie das nicht erwartet hatte. Sie nahm schnell ihre Position in der Patrouille ein und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe. Windpfote war überrascht. Bei Schwarzstreifs Training waren sie so oft gestorben, dass sie schon dachte, sie würde es nie schaffen. Aber es war leichter als gedacht. Sie musste nur schauen, dass Weizenpelz nicht zu schnell ging und dass Schwarzstreif nicht zurück fällt. Stachelherz und Schattenpelz waren etwas schwieriger, da sie ihren Schweif nicht von Schwarzstreif nehmen konnte, aber irgendwei ging es. Doch sie durfte nicht unkonzentriert werden! Jederzeit könnte jemand einen Fuchs oder einen Dachs entdecken. Windpfote zuckte zusammen, als sie Schwarzstreif nicht mehr spürte. Sie sah schnell nach hinten und bemerkte, dass er zurück fiel. Sie reagierte schnell und kniff Weizenpelz in die Schweifspitze und stieß Stachelherz und anschließend Schattenpelz leicht an. Die Patrouille wurde sofort langsamer und Schwarzstreif holte wieder auf. Sie sah sich fragend nach ihm um, doch er starrte auf den Boden. Die Augen zusammen gekniffen und die Ohren nach hinten gestellt konzentrierte er sich auf das, was hinter ihm lag. Nun wagte auch Stachelherz einen Seitenblick auf den Kater und führte seinen Schweif vor Schwarzstreifs Schnauze. Dieser wurde instinktiv schneller und Windpfote sah beschämend zur Seite. Sie übernahm mit ihrem Schweif und Stachelherz konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe. "Hat er dir nicht beigebracht, dass du den hinteren mit dem Schweif führen musst," flüsterte er. Windpfote nahm ihren Blick nicht von Weizenpelz ab und konzentrierte sich noch mehr auf ihre Aufgabe. "Doch, aber ich… habe es… vergessen." Stachelherz zuckte mit dem Ohr und ging schweigend weiter. Inzwischen hatten sie die Grenzmarkierungen zum Bachclan erreicht. Sie liefen ein paar Fuchslängen von der Grenze entfernt entlang. Stachelherz richtete seinen Blick auf das feindliche Territorium und sah ein Augenpaar aus der Dunkelheit heraus leuchten. Oder bildete er sich das nur ein? Ein Fuchs oder Dachs war es schon einmal nicht und es war nicht auf seiner Seite der Grenze, also hielt er es nicht für nötig, den anderen Bescheid zu sagen. Jetzt noch nicht. Vielleicht würde er es Schwarzstreif im Lager gegenüber erwähnen, doch er bezweifelte, dass es wichtig war. Die Patrouille lief im gleichmäßigen Tempo weiter und kam ohne größere Vorkommnisse gut voran. Als sie die Grenze zum Gewitterclan hinter sich brachten und nun nur noch die letzte Strecke vor sich hatten, bei der die Geruchslinien nicht die eines anderen Clans, sondern nur hin und wieder auf die von einigen Streunern, stießen, bemerkte Windpfote, das Weizenpelz Blick hin und wieder über die Grenze fiel. Er wurde auch zunehmend nervöser, als würde er etwas erwarten und das wirkte sich auch auf Windpfote und somit auf den Rest der Patrouille aus. Der Anführer der Patrouille ging zunehmend schneller und die Schülerin hatte mühe, die Katzen zusammenzuhalten. Als sie diese Grenze hinter sich ließen, wurde Weizenpelz wieder entspannter und drosselte sein Tempo. Windpfote hörte Schwarzstreif hinter sich erleichtert ausatmen und ihr wurde bewusst, dass er immer noch nicht in Topform war. Oder in seiner normalen Form. Wie alt er wohl schon war? Aber sie musste sich wieder auf ihre Aufgabe konzentrieren! Sie wollte auf keinen Fall kurz vorm Ende noch einen Fehler machen! Erleichtert kamen sie ins Lager. Wolkenflug begrüßte sie mit einem freundlichen Schwanzschnupsen. Windpfote blieb in der Mitte der Lichtung stehen, da sie erwartete, dass die die Patrouille gleich alles besprach. Doch sie gingen nur an ihr vorbei und in den Kriegerbau oder wie Schattenpelz, zum Schmutzplatz. Nur Schwarzstreif trat zu ihr. "Geh schlafen. Dein Training beginnt erst nach Sonnenhoch." Windpfote sah ihn fragend an. "Meinst du echt, dass wir jetzt noch über die Patrouille reden? Wir würden dabei einschlafen, deswegen besprechen wir es erst bei Sonnenhoch. Also ruh dich jetzt besser aus, morgen geht es mit dem nächsten Schritt in deinem Trainingsplan weiter." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)