Bin ich wertlos in deinen Augen ...? von North-Blue ================================================================================ Kapitel 44: ------------ Kaum an der Türe zu Laws Arbeitszimmer angekommen, klopfte Mītobōru auch schon an. „Komm rein“, war nur Sekunden später Laws genervt klingende Stimme zu vernehmen. Mītobōru wandte sich noch einmal zu mir um und warf mir einen vernichtenden Blick zu. Als er die Tür aufmachte und eintrat, sah man nur allzu deutlich, dass Law wohl jemand anderen erwartet hatte. Sein irritierter und gleichzeitig gereizter Gesichtsausdruck sprach da Bände. Mein Vater saß inmitten von Büchern und Seekarten an seinem Schreibtisch, den Kopf auf seiner Hand abgestützt. Da Mītobōru vor mir stand und dieser den halben Türrahmen einnahm, konnte Law mich aus seinem Blickwinkel nicht sehen. Mit gerunzelter Stirn blickte er Mītobōru an, wohl darauf wartend, dass dieser sagte, warum er zu ihm gekommen war. „Mītobōru, ich habe wirklich noch viel zu tun, also wenn es nichts Wichtiges ist-“ Mītobōru räusperte sich, ehe er mit seiner üblichen schleimigen Stimme antwortete, die er immer dann aufsetzte, wenn er mit Law redete: „Captain, nun, es geht um Folgendes: Weißt du, ich respektiere deine Entscheidungen als Captain, und ich möchte sie ungerne hinterfragen, aber hältst du es wirklich für das Richtige, sie jetzt schon wieder frei agieren zu lassen? Ich dachte, dass die Ereignisse der letzten Wochen gezeigt hätten, dass sie eine Gefahr für die Crew darstellt!“ Mein Vater zog nur eine Augenbraue nach oben, blickte ihn fragend an, während er mit einem genervten Aufseufzen seine Unterlagen beiseitelegte. „Wovon genau sprichst du? “ „Na von ihr!“ Mit einem Ruck zog er mich an meinem Arm nach vorne in den Raum rein. Ich behielt den Blick zu Boden gesenkt, mein Körper war angespannt. Mītobōrus Hand schloss sich wie ein Schraubstock um meinen Arm. „Findest du es wirklich in Ordnung, sie schon wieder alleine rumlaufen zu lassen? Du weißt doch, dass sie mich erst vorhin angegriffen hat, was, wenn wieder etwas passiert? Es wäre doch möglich, dass sie schon wieder jemanden angreift, oder noch schlimmeres anstellt!“ Mit einem lauten Knall zog Mītobōru die Türe hinter sich zu und schob mich mit seiner Hand an meiner Schulter näher an Laws Schreibtisch heran, sodass ich nun direkt vor meinem Vater stand. Mītobōru selbst lehnte sich neben seinem Captain gegen die Wand. Laws Miene fror augenblicklich ein, als er mich erblickte. Natürlich wusste er, dass er mich nicht hatte frei herumlaufen lassen, eher das Gegenteil war der Fall gewesen. Man konnte deutlich sehen, wie er eins und eins zusammenzählte und ihm klar wurde, dass meine Anwesenheit in diesem Raum nur bedeuten konnte, dass bei Bepo etwas nicht nach Plan gelaufen war. „Mina. Wo ist Bepo.“, knurrte er. Ich schwieg und sah ihn nicht an. Ich zitterte vor Kälte. Durch den Aufenthalt im Regen an Deck war meine Kleidung vollkommen durchnässt. Da ich sowieso lediglich ein Shirt und eine nicht grade warme Jeans trug, fror ich total. Auch meine Haare, die mir in nassen Strähnen vom Kopf hingen, verhalfen da nicht grade zur Besserung. Als meinem Vater klar wurde, dass ich wieder einmal weigerte, mit ihm zu reden, schien sein ohnehin schon strapazierter Geduldsfaden zu reißen. „Verdammt Mina, du willst dir wohl unbedingt Ärger einhandeln! Kannst du nicht einmal darauf hören, was man dir sagt? Ich frage dich jetzt noch einmal, wo ist Bepo?“ Seine Stimme war kälter als Eis. Er versuchte nicht einmal, seine Wut zu unterdrücken, und das hieß, dass er wirklich wütend sein musste, denn normalerweise ließ er sich in Sachen Gefühle von niemandem in die Karten gucken. „Mītobōru“, wandte er sich nun an denjenigen, der mich hierhergeschleppt hatte, „Wo hast du sie gefunden?“ Dieser war von Laws Reaktion sichtlich irritiert, schien aber langsam zu merken, dass ich wohl mal wieder Mist gebaut hatte und dass ich allem Anschein nach ohne die Legitimation meines Vaters unterwegs gewesen war. „Na auf dem Außendeck, wieso?“ „Ist dir irgendetwas aufgefallen?“ „Hmm, warte mal kurz…“ Er schien nachzudenken. Während Law mich weiterhin mit einem finsteren Blick fixierte, ließ ich meinen kurz zu Mītobōrus Gesicht hinüberwandern. Der Ausdruck auf diesem hätte mich, wenn mir diese Situation nicht so egal wäre, beunruhigen müssen. Feixend sah er mich an, sich scheinbar tierisch darüber freuend, dass ich Ärger bekam. Erst jetzt fiel mir die große Narbe an seiner Schläfe auf, welche von meinem Angriff herrührte und offenbar genäht worden war. „Naja, also… Da war schon etwas Merkwürdiges. Als ich das Deck betrat, hatte sie in der einen Hand eine Teleschnecke und in der anderen Hand so etwas wie eine Karte. Aber ehe ich bei ihr war, hat sie mich bemerkt und beides ins Meer geworfen.“ Wovon sprach der? Dachte er sich das grade aus, um mir noch mehr Ärger zu bereiten? Doch ich versuchte erst gar nicht, das richtig zu stellen. Ich würde, komme was wolle, mit niemandem mehr reden, es endete immer gleich. Mir würde doch niemand glauben. Und vor allen Dingen war es mir auch egal, was nun passierte. Es war nicht das erste Mal, dass ich mir vornahm zu schweigen, aber dieses Mal würde ich es durchziehen und mich nicht durch irgendwelche Provokationen aus der Reserve locken lassen. „Eine Karte und eine Teleschnecke? Bist du dir sicher?“ „Ja, Captain. Sie hat eindeutig mit jemandem geredet, wegen des Sturms konnte ich die Worte aber nicht verstehen.“ Ich hob meinen Blick. Kaufte mein Vater ihm das wirklich ab? „Jetzt mal Klartext. Mit wem hast du telefoniert?“ Alarmierend tonlos und eindringlich versuchte er, eine Antwort aus mir herauszubekommen. Ich wusste, dass dies bei ihm die letzte Vorstufe davor war, richtig wütend zu werden. Das hielt mich nicht davon ab, ihm einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. „Mina, hast du etwa Kontakt zur Marine aufgenommen?“ Zähneknirschend stand Law auf, umrundete den Schreibtisch und blieb bedrohlich vor mir stehen. Im ersten Moment dachte ich, dass er mich nun schlagen würde, aber er drehte sich seitlich zu Mītobōru, um diesem etwas zu befehligen: „Mītobōru, geh umgehend in den Navigationsraum. Penguin müsste grade Wachschicht haben. Gib ihm Bescheid, dass er die Radare nach sich nähernden Schiffen absuchen soll und er mir jede noch so kleine Auffälligkeit zu melden hat! Wenn du fertig bist, komm zu den Arrestzellen- und beeil dich.“ „Aye, Captain.“ Sofort verließ dieser den Raum, um die ihm erteilten Anweisungen zu erfüllen. Und, um wahrscheinlich nebenbei noch rumzuerzählen, dass ich dabei erwischt worden sei, wie ich die Marine kontaktiert hätte. Mir war klar, dass ihm jeder glauben würde. Aber… das war mir ehrlich gesagt egal. So, wie eigentlich alles andere auch. Denn schon bald würde ich mich nicht mehr mit all diesen Problemen herumschlagen müssen… Dachte Law jetzt ernsthaft, ich hätte die Marine kontaktiert und denen unseren Standpunkt durchgegeben? Oh, wenn er nur wüsste, wie falsch er damit lag. Und wo hätte ich bitteschön die Teleschnecke herhaben sollen? Zudem hatte ich doch selber gar keine Ahnung, wo wir uns grade befanden! Kaum war Mītobōru weg, widmete mein Vater seine Aufmerksamkeit wieder voll und ganz mir. Drohend stellte er sich vor mich. Ich wandte meinen Blick ab, als ich in seinen Augen für einen Moment lang neben Wut auch eine Spur von Enttäuschung auszumachen schien. Das unvermeidliche Brennen in meinen Augen blinzelte ich weg. Warum nur ging es mir noch immer so auf die Substanz, dass ich so eine Enttäuschung für ihn war? Mir war doch alles andere auch egal, nur wieso das nicht? „Was ist eigentlich in dich gefahren?“, vernahm ich nur Sekunden später seine wutentbrannte, aber dennoch beherrschte Stimme. „Übernimmst du jetzt Saburos Rolle? Bist du dir eigentlich darüber im Klaren, was das für Folgen haben würde, wenn die Marine jetzt hier auftauchen würde?“ Während er sprach, wurde seine Stimme immer kühler. Doch ich hielt meinen Blick unentwegt gen Boden gerichtet. Dass ich ihn nicht einmal ansah, schien ihn erst recht wütend zu machen. Laut knallte er mit seiner Hand auf den neben ihm stehenden Schreibtisch. „Mina, ich glaube, du versteht den Ernst der Lage nicht! Wenn jetzt die Marine hier auftaucht, bist du diejenige, die ich dafür zur Verantwortung zu ziehen habe! Nach all den Dingen, die du die letzten Wochen getan hast, werde ich kein Auge zudrücken, nur, weil du meine Tochter bist! Ich hoffe, du weißt, was das für dich für Folg- Mina, ich rede mit dir!“ Ich hatte mich von ihm abgewandt, als er wieder einmal betont hatte, dass ich seine Tochter war. Mit dem Rücken zu ihm stehend und für ihn nicht sichtbar, kniff ich fest die Augen zusammen, um die Flüssigkeit, die sich in meinen Augenwinkeln angesammelt hatte, bloß nicht sichtbar werden zu lassen. Nicht vor meinem Vater. Was war nur plötzlich los mit mir? Auf der einen Seite empfand ich nur diese dunkle Leere, und gleichzeitig begann ich beinahe, vor meinem Vater zu loszuheulen… Und für letzteres hasste ich mich wirklich. Als er von mir noch immer keine Reaktion erhielt, packte er mich, wie es zuvor bereits Mītobōru getan hatte, unerwarteterweise fest am Oberarm und zog mich mit sich zur Tür. „Bepo wird mir ganz sicher erzählen, was passiert ist. Und es wäre besser für dich, wenn du ihm dieses Mal nichts getan hast. Gehe ich recht in der Annahme, dass er sich bei den Arrestzellen befindet?“ Ich wusste nicht, wieso er das wusste, aber ich bestätigte es ihm auch nicht. Den Boden des Gangs ansehend schwieg ich. Genervt wurde ich von meinem Vater mitgezogen. Dass ich bei seinem Tempo nicht mithalten konnte, schien ihm egal zu sein. Mehrmals stolperte ich beinahe, wurde nur durch seinen Griff am Fallen gehindert. Er sah mich nicht an. Seine Augen waren stur geradeaus gerichtet, während er sich mit mir in Richtung der Zellen begab, um nach seinem Vizen zu sehen. Es kam mir nur wie wenige Sekunden vor, ehe wir am Gang ankamen, den mein Vater angesteuert hatte. Dieser beschleunigte seine Schritte und trat an die Zelle heran, in welcher sich Bepo befand. Es bot sich ein für Außenstehende im ersten Augenblick sicherlich erschreckend aussehendes Bild: Die Zelle war voller blutiger Scherben, welche sogar bis auf den Flur hinaus verteilt waren, und inmitten dieser lag Bepo, mit einer Tatze nach wie vor an das Gitter gekettet. Da durch den draußen wolkenverhangenen Himmel kaum Licht durchs Fenster drang und die Flurbeleuchtung in diesem Teil des Schiffes eher dürftig war, konnte man in der kaum beleuchteten Zelle nicht eindeutig ausmachen, was mit Bepo los war. „Bepo?“ Laws Stimme klang angespannt. Als der Angesprochene sich nicht rührte, verfinsterte sich das Gesicht meines Vaters. „Room.“ Um uns herum bildete sich eine blaue Kuppel. „Shambles.“ Sekunden später schon hatte Bepo mit einer auf dem Flurfußboden liegenden Scherbe den Platz getauscht. Augenblicklich beugte sich Law zu diesem herunter und fühlte seinen Puls. Zeitgleich schlug Bepo seine Augen auf und blinzelte irritiert gegen das Licht an, ehe er sich langsam aufsetzte. „Bepo, alles okay?“ „J-Ja, ich bin nur eingeschlafen, Entschuldigung“, gab der Angesprochene sogleich zurück. Noch immer vollkommen weggetreten sah er sich um, bevor er realisierte, wo er sich befand. „Aber… Wieso liege ich auf dem Boden?“, fragte er, scheinbar vollkommen überfordert, meinen Vater. Erneut ließ er seinen Blick umherwandern, während er sich gähnend am Kopf kratzte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)