Midian von Yumiko_Youku (Kyūketsuki) ================================================================================ Kapitel 29: Betrayal -------------------- Betrayal Mit geweiteten Augen sah ich dabei zu, wie Pater Andersen selbst zu einem Monster wurde. Von der Stelle, wo der Priester sich den Nagel in die Haut gerammt hatte, breiteten sich Dornen aus. Damit schien sein Schicksal besiegelt und seine Chance Alucard zu schlagen war vertan. In diesem Sinne, kam es mir nur Recht, doch es war schmerzhaft zu sehen, wie weit die Verzweiflung diesen stolzen Mann getrieben hatte. Oder vielleicht hatte der Stolz einen verzweifelten Mann zu dieser Handlung getrieben. Doch das war einerlei. Ich ballte die Faust und beobachtete wie erstarrt das Treiben. „Du... du verdammter Idiot!“, brüllte Alucard und richtete Zähne knirschend seine Waffe auf Andersen. Doch ein Bajonetten Hieb, trennte den rechten Arm des Vampires von seinem Körper. Ein weiterer und es folgte sein Haupt. Doch auch ohne Kopf richtete Master seine Jackal auf die Stirn des Priesters. Dessen Schädel explodierte und beide enthaupteten Körper drohten zu Boden zu stürzen. Im letzten Moment fingen sie sich jedoch. Master regenerierte wie selbstverständlich seinen Kopf, doch unter den erstaunten Blicken der Anhänger des Vatikans, tat es der Priester ihm gleich. Doch statt Schattengebilden, ragten Dornen aus seinem Hals. „Dornen. Ein Dornenbusch!“, riefen einige Priester erschrocken aus. Heinkel konnte ihren Augen nicht trauen. „Pater! Was um alles in der Welt ist aus ihnen geworden?“ „Andersen ist körperlich schon kein Mensch mehr.“, murmelte Lady Integra, die zwischen mir uns Seras stand und ich schluckte trocken. Alucard richtete sich auf. „Du und ich auch. Wir sind schon tot. Um ganz zu verrotten müssen wir noch etwas aushöhlen. Unsere Herzen.“ Andersen trat vor und zertrat dabei seine Brille unter seinen Stiefeln. Die Dornen tanzten unheimlich um seinen Körper. „Pa... Pater...Pater Andersen!“, stotterte Heinkel und Yumikou rief: „Pater!“ Der monströse Mann reagierte nicht. Wieder hielt er seine Bajonetten vor sich, sodass sie ein Kreuz bildeten. Alucard tat es ihm mit seinen Pistolen gleich, ehe er das Feuer eröffnete. Der Priester wurde von unzähligen Kugeln durchsiebt, doch aus den Eintrittswunden wuchsen nur neue Dornen. Dann rutschte Andersen über den Boden und setzte zu einem Sprung, auf seinen Gegner zu, an. Seine dornige Silhouette stellte ein Kruzifix dar. Alucard hob seine Waffe, um zu schießen, doch der Priester war schneller und seine von Dornen umrankte Bajonette stieß durch den Hals des Vampirs. Die Dornen breiten sich aus und bedeckten bald Masters gesamten Körper. Sein Blick trübte sich und wanderte in die Leere. Plötzlich fingen die Dornen Feuer und brannten die noch stehenden Reihen der Familiare wieder. Auch Alucards Körper wurde von den Flammen verschlungen. Selten war ich von einer solchen Furcht ergriffen worden. Das Feuer hatte inzwischen beinahe mein komplettes Sichtfeld ausgefüllt. Master. Master!, brüllte ich innerlich. Hatte ich nicht lange genug ausgeharrt? Hatte ich dem Treiben nicht lange genug tatenlos zugesehen? Das war Masters Kampf. Der lang ersehnte Kampf gegen seinen einzigen, wirklichen Erzfeind. Ich ballte die zitternde Faust und biss mir auf die bebende Unterlippe, während ich dabei zusah, wie sich die Dornen und die Flammen ausbreiteten. „Master!“, kreischte Seras verzweifelt neben mir auf und ohne zu Zögern rannte sie durch die Flammen auf unseren Meister zu. Ich löste mich aus meiner Erstarrung. Genau. Es war nun egal wessen Kampf das war. Ich würde nicht dabei zusehen, wie diese Monstrosität Alucard tötete. „Master!“, rief ich, und stürmte los. Ich bahnte mir einen Weg durch die brennenden Flammen und folgte Seras. „Master!“ Die blonde Draculina hatte die Klinge der Bajonette, welche Andersen aus dem Hals des Vampires gezogen hatte, nur um sie nun auf seine Brust nieder sausen zu lassen, mit ihrer gesunden Hand gepackt. „Master!“, rief sie noch einmal. Ich eilte an ihre Seite und packte die Waffe am unteren Griffstück. Diese Klinge durfte Masters Herz nicht erreichen. Niemals! „Kch...“ Mit all meiner Kraft stemmte ich mich gegen Andersen. Was hatte er für eine Kraft entwickelt? Ein Mensch war er wirklich nicht mehr. Plötzlich schlangen sich Andersens Dornen um Seras und meine Hand und wanderten unsere Arme hinauf. Und mit sich brachten sie das Feuer. Seras schrie gepeinigt und ich keuchte laut auf. Das brannte, wie die Hölle selbst. Inzwischen schienen die Ranken meinen gesamten Körper umschlungen zu haben. Die Dornen bohrten sich in meine ungeschützte Haut und das Feuer brannte unbarmherzig weiter. Die heiße Luft trieb Tränen in meine Augen, sodass ich diese vor Schmerz zusammen kniff. Niemals! Niemals würde ich dieses Klinge loslassen! „Master!“, rief ich verzweifelt. Erreichten ihn unsere Stimmen nicht mehr? Waren wir zu spät gekommen? Nein. Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein! „Master!“, wiederholte Seras. „Sei still, Polizistin.“ Meine Augen weiteten sich und ich wandte den Blick. „Du auch, Frischling.“ Alucard´s Blick ruhte sanft auf seinen beiden Schützlingen. „Eure Stimmen sind wie immer überdeutlich hörbar. Fast wie Bruchstücke einer Melodie.“ Ich erlaubte mir ein freudiges Grinsen und strahlte ihn an. Alucard packte die Bajonette des Priesters genau zwischen Seras und meiner eigenen Hand. „Andersen. Ich wäre zufrieden gewesen, hättest du mich besiegt.“, sagte Alucard und blickte seinen Nemesis an. „An jenem Tag zur Dämmerstunde in der Ödnis. An jenem Tag vor 523 Jahren hätte ich dir gerne mein Herz gegeben. Aber jetzt ist es zu spät! Du kannst mich nicht besiegen!“ Mit seiner geballten Kraft zerstörte Alucard die Klinge und stieß den Priester, dessen Dornen und die Flammen von sich. Seras eilte an Lady Integras Seite, doch ich blieb hinter Master stehen. „Es sind immer Menschen, die die Ungeheuer töten. Das müssen Menschen tun!“ Mit einem lauten Aufschrei, stürmte Master auf den Priester zu und rammte ihm seine rechte Hand in die Brust. Dann riss er ihm in einer flüssigen Bewegung das pumpende Organ heraus und zerquetschte es zwischen seinen Fingern. Es war, als wich ein Teil meiner Kraft aus meinem Körper. Es war vorbei. Der Kampf war vorbei. Aber die Schlacht war es noch nicht. Der Krieg dauerte noch an. „Du bist ich!“, brüllte Alucard unerwartet. „Du bist ich! Bei mir war es genau so!“ Er vergrub das Gesicht zwischen seinen bebenden Händen, als er vor seinen gefallenen Erzfeind trat. „Bei mir war es genauso.“, wiederholte er und zwei blutige Tränen wanderten seine Wange herab. Andersen, welcher nun auf dem Boden lag, lächelte. Die untergehende Sonne erhellte seine Züge, während sein geschundener Körper begann zu zerfallen. „Ein Teufel weint nicht. Du bist doch ein Teufel geworden, weil du nicht mehr weinen wolltest? Wenn Menschen weinen, trocknen ihre Tränen aus. Daher wollten sie zu Teufeln und Ungeheuern werden und wenn sie das geschafft haben, gehen sie zu Grunde.“ Der Körper des Priesters begann zu zerbröckeln. „Also lach.“,, forderte er. „Lach dein altes arrogantes Lachen.“ Tatsächlich lächelte Alucard. „Ich gehe.“, murmelte Andersen. „Du wirst für immer leben. Du Erbarmungswürdiger, wie lange wirst du noch leben müssen?“ Ich sah Master schräg von der Seite an, während ich auf seine Antwort wartete. „Bis meine monströse Vergangenheit von meiner monströsen Zukunft verschlungen wird.“ Er grinste. „Doch warum so früh? Na denn, mein alter Erzfeind. Bis irgendwann in der Hölle.“ Andersens Körper war nun beinahe völlig verfallen. Allein seine Lippen liesen ein Lächeln erkennen. „Ich... höre... Stimmen.“, murmelte er schwach. „Ah... sind das... die Stimmen der Kinder?“ Ich hörte, wie Lady Integra ihr Schwert aus der Scheide zog und in den Boden rammte. Der Schatten der Klinge erinnerte an ein Kreuz. Mühsam reckte Pater Andersen seine Hand gen Himmel. „Ich höre die Stimmen all der spielenden Kinder... Ich muss... zu ihnen... Alle... warten... Maxwell... wartet...“ Heinkel und Yumikou waren auf die Knie gesunken und hatten den Blick schluchzend gesenkt. „Ihr dürft... nicht... weinen...“, befahl Andersen sanft. „Und betet... vor dem Schlafen gehen...“ Auch ich senkte das Haupt. „Amen...“, brachte der Pater hervor. „Amen.“, wiederholte Alucard und lächelte. „Amen...“, murmelte ich. „Amen.“ Eine vertraute Stimme und ein vertrautes Geräusch rissen mich aus meiner andächtigen Trauer. Einige Gebäude in der Nähe stürzten in sich zusammen, als ein blauer Schimmer durch sie hindurch fuhr. Ein Fuß zerstob achtlos die letzten Reste des gefallenen Körpers der einst Pater Andersen gewesen war. In mir schwankten zugleich mehrere Gefühle und kämpften um die Vorherrschaft. Zunächst hatte ich ein auf klommen von Freude und Hoffnung verspürt, als ich glaubte die Stimme meines Onkels zu erkennen. Doch sein Auftritt und sein Aussehen, welchem ich nun gewahr wurde, als ich den Kopf hob, liesen Platz für Verwirrung, Bestürzung und so etwas wie Wut. Unweigerlich wich ich einen Schritt zurück. „Wa...Walter?! Sind Sie das, Walter?“, fragte Integra verwirrt. Ihre Frage war verständlich. Denn statt des gereiften älteren Mann, den ich seit einigen Jahren kannte, stand vor uns ein Mann mittleren Alters und blickte mit arrogantem Blick auf uns herab, während er die letzten Überreste des Priesters mit der Sohle seines Schuhs zerstreute. Diese Verjüngung konnte keine Anti-Aging Creme vollbracht haben. „Müll.“, begann er ausdruckslos. „Wenn Menschen sterben, werden sie zu Müll. Und Müll braucht keine Bestattung. Ist doch so, oder Integra?“ „Walter...“ Ich konnte aus ihrer Stimme nicht herauslesen, was sie gerade dachte. „Walter, was haben die... was haben die Kerle mit Ihnen gemacht?“, fragte Seras und sie trat einen Schritt vor. Ich sah meinen Onkel an und forderte ihn mit meinem Blick zu einer Antwort auf. Innerlich hoffte ich, dass Millenium ihn umgepolt, hypnotisiert hatte und er deshalb... Doch ich glaubte nicht wirklich daran. Ich klammerte mich nur an diese winzige Hoffnung, da sie nicht so sehr schmerzte, wie die Wahrheit, die Walter nun offenbarte, als er meinen Blick ausdruckslos erwiderte: „Was sie gemacht haben? Sie haben mich gefangen und zu einem Vampir gemacht. Ich bekam eine Gehirnwäsche und wurde zu allem übel gezwungen, gegen meine frühere Herrin zu kämpfen.“ Er blinzelte. „Stellt Sie diese Antwort zufrieden, Seras? Ich verdanke mein Leben niemandem! Ich stehe hier aus eigener Kraft! Als ich selbst. Als Walter C. Dolneaz! Ich habe meine eigene Mordlust und gedenke euch bei Tagesanbruch zu zerstückeln.“ „Walter...“, begann Integra leise, ehe sie verständnislos brüllte: „Warum? Walter?“ „Nennen Sie mich nicht bei diesem Namen!“, herrschte er sie an. Ehe irgendjemand noch etwas sagen konnte, hörte ich, wie Yumikou hinter uns wütend auf knurrte und losstürmte. „Nein! Nicht!“, versuchte Seras sie aufzuhalten, doch das Mädchen ignorierte die warnenden Rufe. „Ich töte dich!“, knurrte sie. „Ich bring dich um! Euer Herrin-und-Diener-Geschwätz ist mir völlig egal!“ Ich biss mir auf die Lippe. Ein selten dämlicher Instinkt hätte mich beinahe dazu gebracht, dass dunkelhaarige Mädchen zu stoppen und ihre Klinge mit meiner eigenen abzufangen, nur um sie von Walter fern zu halten. Um zu verhindern, dass sie ihn tötete. Meine Hand ruhte zitternd an dem Griff meines Katanas und jeder einzelne Muskel in meinem Körper war zum Zerreißen gespannt. Ich wäre wohl los gerannt, hätte sich in diesem Augenblick nicht eine große, schwere Hand auf meine Schulter gelegt. Ich wirbelte herum. Hinter mir stand der Hauptmann. Er hatte so plötzlich hinter mir gestanden, dass ich ihn gar nicht hatte kommen sehen. Ich sah ihm fest in seine ernsten blutroten Augen. Wer war dieser Mann? Er war kein Vampir. Das konnte ich spüren und er war stark. Sehr stark. Ein Kampf mit ihm schien den sicheren Tod zu bedeuten. Seine Hand schien sich zu einer gigantischen Klaue zu verformen und bohrte sich tiefer in meine Haut. Dann schien es plötzlich, als hatte er es sich anders überlegt und er lies von mir ab. Ich blinzelte irritiert. Was hatte das zu bedeuten? Er und Walter tauschten einen kurzen Blick aus, dann verschwand der Hauptmann und flitzte wie ein Blitz durch die Straßen Londons. Diese Geschwindigkeit... War es möglich, dass dieser Mann ein Werwolf war? Erst jetzt bemerkte ich, dass ich immer noch am ganzen Leib zitterte. Zähne knirschend ballte ich die Fäuste und mein Kopf wandte sich wieder dem aktuellen Geschehen zu. Einige Meter vor dem Gegner, lies sich Yumikou zu Boden fallen und rutschte über die steinernen Platten, während sie ihre Klinge zückte. „Shimabara Schwerttechnik: Shouki!“, verkündete sie und lächelte siegessicher. „Du bist tot!“ „Nein, du hast mich nicht getötet.“ , erwiderte Walter ruhig. „Du selbst wirst getötet.“ In diesem Augenblick zerlegte Walter das Mädchen und seine Klinge in unzählige Einzelteile. Yumikou war tot, ehe sie den Boden berührte. Heinkel brüllte den Namen der gefallenen Kameradin und richtete die Waffe auf ihren Mörder. Doch plötzlich stand neben ihr der Hauptmann und schoss aus nächster Nähe auf die Blonde. Heinkel wurde getroffen flog einige Meter durch die Luft, ehe sie blutend zu Boden ging. Sie schrie laut auf. Die Kugel war lediglich in ihre linken Wange eingedrungen und auf der rechten ausgetreten. Wieder richtete der Hauptmann ihre Waffe auf die am Boden Liegende, doch statt abzudrücken, schüttelte er nur sachte den Kopf, ganz so als wolle er sagen: „Halt dich aus der Sache raus.“ Dann kramte er aus dem Inneren seiner Manteltasche ein Medikit hervor und warf es Heinkel auf die Brust. Dann flitzte der Werwolf durch die Straßen, bis er nicht mehr zu sehen war. Es war, als hätte mich der Schuss aus meiner Erstarrung befreit und ich blinzelte, um mich aus der selbst herbeigeführten Trance zu reißen. „Onkel!“ Beinahe flehentlich sah ich ihm in die Augen. Immer noch konnte ich nicht fassen, dass das hier die Realität sein sollte. Vielleicht war es nur ein Traum. Nein. Unsinn. Das war kein Traum. Ich trat einige selbstsichere Schritte auf ihn zu, mit denen ich versuchte meine Unsicherheit zu überspielen. Sein kalter Blick traf mich wie ein Blitz,sodass ich unmerklich zusammen fuhr. Mein Mund war trocken und mein Kopf leer. Was solle ich ihm sagen? Was sollte ich tun? Sollte ich ihn nach einem Grund fragen? Nach dem Warum? Nach dem wie lange schon? Sollte ich versuchten an seinem Verstand zu appellieren? Sollte ich versuchen ihn wach zu rütteln? Sollte ich ihn daran erinnern, dass wir eine Familie waren? Hatte das einen Wert? Würde er zuhören? Wie lange dauerte dieser Verrat schon an? Während ich darüber nachdachte, passte alles. Damals, nachdem Arthur gestorben war, war Walter nicht zur Stelle gewesen um das junge Fräulein zu beschützen und daraufhin war Master befreit worden. Walter hatte es geschickt eingefädelt, dass ich außer Haus war und auch vor wenigen Tagen, als er mich zu diesem Spaziergang überredete, wäre ich beinahe in Milleniums Fängen gelandet. Hatte er all das geplant? Hatte er all die Zeit für Millenium gearbeitet? Schon seit 55 Jahren? Waren all seine Worte und seine Taten Lügen gewesen? Hatte er jemals was ehrlich gemeint? Ich erinnerte mich an seinen sanften Blick, wenn er mich angelächelte hatte. An seine Wärme, wenn er mich in den Arm genommen hatte. An seine tröstenden und stärkenden Worte, wenn es mir nicht gut ging. War das alles nun vorbei? Ohne, dass es mir bewusst war, taumelte ich einige Schritte auf ihn zu. Wollte ich ihn töten, oder wollte ich ihn umarmen? Ich wusste es selbst nicht genau. In meinem Kopf war alles völlig verworren. In diesem Augenblick rührte sich Walter. Es war eine kleine, beinahe unmerkliche Bewegung. Wieder hoffte ein dämlicher, irrationaler Teil von mir, dass meine Worte und meine Gefühle ihn erreicht hatten, doch dem war nicht so. Statt eines ehrlichen Lächeln, oder einer sanften Umarmung, verzog Walter geringschätzig den Mund zu einem Knurren und seine bläulichen Drähte wickelten sich um meinen Körper. „Du nervst!“, lies er mich zischend wissen und schlang seine Waffen noch fester um mich, sodass die feinen Drähte in mein Fleisch schnitten. Sie wickelten sich um meine Schenkel, Arme und um meinen Hals. Blut strömte meinen Körper herab und ich war gezwungen nach Luft zu schnappen. Verschwommen nahm ich Seras Rufe wahr und auch die anderen schienen irgendetwas zu sagen, was ich nicht verstehen konnte. Noch versuchte ich die scharfen Drähte von meiner Kehle so fern wie möglich zu halten, dann lies ich meine Arme ergeben sinken. Kuso... fluchte ich innerlich. So würde es also Enden. Verdammt. Scheiße. Im nächsten Augenblick lies Walter von mir ab und ich ging hustend zu Boden. Es dauerte eine Weile, bis sich mein Sichtfeld wieder klärte und nicht mehr alles vor meinen Augen tanzte. Wieder ruhte sein funkelnder, kalter Blick auf mir. „Misch dich nicht ein. Du störst.“ Ich sah ihn mit großen Augen an und konnte mich immer noch nicht dazu bringen, ihn wütend anzustarren. Nein. Dann war Seras bei mir und half mir auf die Beine. Sie erkundigte sich besorgt nach meinem Befinden, doch ich sah mich außer Stande zu antworten. Wieder fixierte Walter die Mitglieder der Hellsing Organisation. „Niemand kann mich aufhalten. Niemand kann mich von meiner Rebellion abhalten.“ Lady Integra trat einen Schritt vor. „So ist das also, Walter. Verstehe. Du bist aus eigenem Antrieb ein dreckigen Verräter geworden und wagst es auch noch, dich hier vor mir aufzubauen. Du bist nun nicht mehr mein Butler und ich bin nicht mehr deine Herrin, Walter C. Dolneaz..“ Alucard lachte schallend. „Hi, Todesengel. Dass das Altern für Engländer ein Vergnügen ist, waren doch deine Worte. Und es warst du, der sagte, er lehne ein bequemes, kampfloses Leben im Alterswohlstand ab. Du als Greis, warst Trillionen mal schöner als jetzt. Du bist unglaublich hässlich. Du bist körperlich und geistig zum Todesengel geworden.“ Am Horizont über Walter tauchte der Zeppelin Milleniums auf und er kam direkt auf uns zu. „Ja. Diese Welt ist ohnehin nur der Traum einer Nacht. Der Traum von einem Blutbad. Ein Schläfchen! Im Rausch. Ich bin der Rest des Todesengels dieses einen Traums. Bei Tagesanbruch im Augenblick des „Dawn“ bin ich endlich zum Todesengel geworden.“, sagte Walter kalt. Master ging in die Knie. Seine Hand ruhte auf den letzten Überresten Andersens. „Steh auf. Steh auf und kämpfe. Hellsing! Alucard!“, forderte der ehemalige Butler. „Du bist ein Hund. Genau wie ich.“, erwiderte der Vampir. „Ein Jagdhund. Hunde bellen nicht von alleine.“ Er neigte sein Haupt noch tiefer vor seiner Herrin. „Ihren Befehl. Ich erwarte Ihren Befehl, meine Herrin. Ich kann töten ohne jedes Zögern, oder Gewissensbisse. Ich kann vernichten. Denn ich bin ein Monster. Und Sie sind das junge Fräulein Integra. Das Gewehr in Anschlag bringen werde ich. Das Ziel bestimmten werde ich und ich werde die Waffe laden. Doch die Tötungsabsicht ist Ihre. Also Ihren Befehl, bitte. Hellsing-Oberhaupt Integra Fairbrook Wingates Hellsing!“ Lady Integra ballte stumm die zitternde Faust. „Sagen Sie es. Sie müssen es aussprechen.“, begann Walter ruhig, ehe er brüllte: „Sagen Sie es! Sagen Sie es, Mylady!“ Die blonde Frau hatte sich inzwischen eine Zigarre angezündet, welche zwischen ihren Fingern zitterte. „Search and Destroy, Diener! Das ist mein Befehl und an ihm ändert sich nichts. Vernichte jede Macht, die uns Widerstand leistet. Zermalme und vernichte jedes Hindernis, das sich dir in den Weg stellt! Search and Destroy! Das ist dein Befehl, Diener. Unterwerfe jede Macht, die uns widerstand leistet. Vernichte sie. Zermalme und vernichte jedes Hindernis, das sich dir in den Weg stellt.“, brach es schließlich aus ihr hervor. „Egal, wer es ist. Egal, was es ist.“ Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse des Schmerzes und der Trauer. „Wer auch immer es sein mag.“ Walter lächelte begeistert.„Wunderbar! Sie sind eben doch eine Herrin, die meiner Dienerschaft würdig war!“, rief er mit ausgestreckter Hand aus. Alucard erhob sich grinsend. „Roger, my Master.“ Lady Integra knirschte mit den Zähnen und ohne ihren ehemaligen Buter anzusehen, sagte sie: „Ich frage nicht mehr nach dem Grund Ihres Verrates. Sie sind mein Feind geworden. Sie sind jetzt Hellsings Feind! Und Englands Feind! Sie sind unser Feind geworden! Wir müssen Sie besiegen. Wir müssen Sie zugrunde richten!”„Schön gesagt, Integra Fairbrook Wingates Hellsing!“, klang die Stimme des Majors aus Lautsprechern, die sich an dem Zeppelin befinden mussten. „Es tut mir leid, dass ich Sie Amateurin nannte. Es kommt nicht wieder vor. Endlich sind Sie mein Feind geworden. Mein wunderbarer, mächtiger Erzfeind, den ich einfach besiegen muss.“ Mit einem lauten Krachen landete der rot-schwarze Zeppelin und riss bei seiner Landung einige Säulen und Gebäude mit zu Boden. „Das Schicksal hat die Karten neu gemischt. Kommen Sie. Ich rufe zum Kampf.“ Die Eintrittsluke öffnete sich und eine gigantische Gangway ermöglichte den Einstieg in das Innere des Zeppelins. Schrödinger deutete mit einer Hand auf das ungewisse Schwarz, das tiefer in das Flugobjekt führte. Irgendwo da drinnen waren die letzten versprengten Reste Milleniums. „Das dritte Reich. Seien Sie herzlich willkommen.“, begrüßte uns der Katzenjunge mit einem Lächeln. Ohne weitere Umschweife wandte sich Integra ab und trat auf den Zeppelin zu. „Gehen Sie. Gehen Sie sie töten. Unterwerfen Sie den Feind ein für alle mal.“, forderte Alucard und sie antwortete: „Ja. Ich werde ihn unterwerfen.“ Sein Blick ruhte auf mir. „Du auch, Frischling.“ Ich nickte zerstreut und warf einen letzten Blick auf meinen Onkel, ehe ich Integra folgte. „Ma...Master!“, rief Seras unsicher aus. „Geht mit Seras.“, befahl Alucard. „Die Herrin braucht Gefolge. Geht und beendet den Traum jenes Mannes, der seit 55 Jahren träumt. Der Morgen ist angebrochen. Ich werde den langen Traum des Mannes beenden.“ Unerwartet wandte sich Seras ein letztes Mal an Walter: „Walter! Sir! Es klingt vielleicht komisch, aber… äh… wie soll ich sagen. Vielen Dank für alles. Alles Gute!“ Flüchtig weiteten sich die Augen des ehemaligen Butlers, ehe er lächelte und erwiderte: „Sie auch“ Ich verzog die Miene, als meinem Herz erneut ein schmerzhafter Stich versetzt wurde. „Beeilung!“, forderte Integra die blonde Draculina auf. Dann riss sie ihr Schwert aus dem Boden und streckte es von sich. „Walter! Adieu! Leb wohl und stirb.“ „Sayonara.“, murmelte ich. Vermutlich so leise, dass diese Worte niemand verstanden hatte. Ohne weitere Umschweife erklommen wir die steile Gangway. „Willkommen, die Damen.“, wurden wir von Schrödinger begrüßt, ehe Integra, ohne zu zögern, eine Pistole zückte und dem Jungen in den Kopf schoss. Sie sah nicht zurück. Sie wandte den Blick nicht ab. Sie sah nur noch vorne. Genau so war es. Den Blick nach vorne richten. Genau. So war es richtig. Alucard richtete den Blick auf seinen neuen Gegner. „Das sind gute Mädchen, was?“, fragte er und grinste. „Sie gehören nun mir. Und zwar nur mir! Sie sind nun nur meine Herrin und nur meine Dienerinnen. Sie gehören nicht mehr dir!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)