Raftel (2) von sakemaki (The Rainbow Prism) ================================================================================ Kapitel 34: 34 - Krieg! ----------------------- Ein Morgen hätte beginnen können, wie jeder normale Morgen in seiner üblichen Weise auch. Die Nacht war wolkenlos und sternenklar gewesen. Ein weiches Licht von Osten her berührte nun langsam, aber konstant, den Nachthimmel und ergraute ihn zunehmend. Auf der dunklen Seite des Firmaments im Westen funkelten Sterne gegen die zarte Dämmerung des Ostens an, bis die ersten vorsichtigen Strahlen der Sonne über die Horizontlinie linsten und den Sternenglanz löschten. Die See war so ruhig wie am Vortage geblieben und hatte ihr Ultramarin der Nacht langsam gegen ein Türkisblau des Tages getauscht. Die perfekte Harmonie der Natur rundete den Ablauf eines eingeschliffenen Bordalltages ab, denn an einem normalen Morgen wäre wohl Sanji einer der Ersten, der sich rar machen würden. Er wäre schon sehr früh auf den Beinen, hätte sich für die Damen an Bord herausgeputzt und dabei schon mindestens zwei Packungen Zigaretten gequalmt. Er würde nun mit den Frühstücksvorbereitungen starten. Geschirrgeklapper und Messerwetzen würden sich zur Geräuschkulisse des Meeres gesellen. Doch zuvor hätte er längst die Kaffeemaschine in die Gänge gebracht. Denn Robin würde frisch wie der junge Morgentau aus der Bibliothek treten, obgleich sie zum Erstaunen aller nächtens kein Augen geschlossen hatte, und sich ihre Tasse mit der aromatischen Brühe aufgießen lassen wollen. Vielleicht wäre aber auch Usopp der Erste aus der Bande gewesen, der schon wach und beinig wäre. Aber nur, weil er mitten in der Nacht mindestens gefühlte hundert Male zur Toilette dackelte. Zoro würde gewöhnlich von dem Treiben seiner Freunde geweckt und zwischenzeitlich im ewigen Halbschlaf vom Krähennest hinabblicken. Ohne Umschweife würde er feststellen, dass es bis zum Frühstücksbeginn noch eine Weile dauern würde, und dann würde er wieder in den Tiefschlaf zurückwechseln. Erst lange nach Ablauf dieses inoffiziellen Hofprotokolls würde die restliche Mannschaft in beliebiger Reihenfolge aufkreuzen. Meist war es Chopper, der sich als Nächster blicken ließ, da er vor dem Essen die Mensa zu seiner Praxis durchquerte und nach dem Rechten sah. Seit Zoros Schmerzmittelmissbrauch zählte er seine Tablettenbestände allmorgendlich akribisch nach, auch wenn sein bester Freund niemals zugeben würde, dass er sich die Pillen einwarf, wie andere eine Tüte Gummibärchen. Das Rentier würde maßlos übertreiben, bekam dann Chopper wiederum von Zoro zu hören. Pah, der Hanyô würde schon noch merken, was er davon haben würde, sich ständig zu zudröhnen. Spätestens dann, wenn der Körper sich darauf eingestellt hätte und keine Pille der Welt mehr helfen würde. Werde würde da noch fehlen aus der Bande? Franky, Brook, Luffy und Nami hatten in dem Sinne keine festen Auftrittszeiten wie die anderen. Sie waren an und für sich pünktlich am Esstisch versammelt, wobei es sich doch eingebürgert hatte, dass Nami Luffy im Schlepptau hinterher schliff, wie es sich irgendwann eingeschlichen hatte, dass sie sich ein Bett teilten. Wie auch immer das zustande gekommen war. Das wäre der perfekte Standardmorgen, wie er sich schon tausende Male auf der Thousand Sunny ereignet hatte. Auch dieser Tagesanbruch sollte allen physikalischen und astronomischen Gesetzen folgen, indem die Dämmerung wie gehabt einsetzte. Das war etwas, was Zoro noch blinzelnd mitbekommen hatte, bevor er nach der anstrengenden Geisterhausvisite in einen leichten, oberflächlichen Schlaf versunken war. Durch das Einnicken hatte er den Wetterwechsel nicht mitbekommen. Die Hitze der Sonne hatte die Wasseroberfläche zum Kochen gebracht. Sie leckte mit ihren Strahlen gierig über die heißen Wellenkämme und sog sie in die Luft. Stickige Dunstschwaden waberten umher und verschleierten die Sicht. Jeder Atemzug strengte an. Man japste und hechelte, wobei man das Gefühl nicht loswurde, man würde innerlich verbrennen. Hinzu kam, dass die Schwüle aus jeder Hautpore den Schweiß nur so heraustrieb. Unangenehm rann einem die salzige Körperflüssigkeit in Bächen am Körper herunter. Die Kleidung klebt durchtränkt wie eine zweite Haut und scheuerte bei jeder Bewegung. Obgleich das unmenschliche Klima kaum auszuhalten war, briet dennoch der gelbe Ball schier unbeeindruckt am Himmel weiter erbarmungslos auf das blaue Nass herab, hielt die Verdampfung am stetigen Laufen und nahm keine Rücksicht auf Seereisende. Ein lautes Heulen eines Teekessels gleich ließ Zoro schon nach wenigen verstrichenen Minuten genervt aufstöhnen. Was auch immer das Geräusch verursacht hatte, er verfluchte es jetzt schon, denn es beendete seine erhoffte Schlafphase. Durch einen dünnen Augenschlitz sah er eher zufällig durch das Fenster gen Himmel in genau die Richtung, die von dem Geräusch zerschnitten wurde. Ein helles Objekt mit brennendem Schweif flog über seinem Kopf hinweg. Was war denn das? Eine Sternschnuppe? Nein, viel zu groß und zu grell. Ein Komet? Der würde nicht solchen Krach machen. Außerdem war das Ding viel zu nah am Mast vorbeigerauscht. Ein Feuerwerk? Aber hier gab es keine Insel in der Nähe, wo man so etwas hätte abfeuern können. Oder …? Sofort war Zoro klaren Verstandes bei der Sache, sprang aus seinem Nachtlager auf und löste in der Aufwärtsbewegung den Alarmknopf aus. Das unbekannte Flugobjekt war eindeutig eine Rakete mit Sprengladung. Sie wurden von „Wem-auch-immer“ angegriffen. Weiß der Teufel, wer es wagen würde, die Strohhutflagge nicht zu kennen und obendrein zu denken, die Sunny wäre eine leichte Beute. Es grenzte schon fast an selbstdefinierter Blasphemie, den Plan zu hegen, dass Schiff der Strohhutbande zu entern. Entweder war der Angreifer komplett dumm oder komplett lebensmüde. Beide Attribute trafen da eigentlich nur auf frischgebackene Marineoffiziere zu, die gerade erst die Marineschule absolviert hatten und sich nun die ersten Sporen verdienen wollten. Mürrisch über die verlorenen Stunden der Erholung zog sich Zoro seinen Marineparka über, den er nach wie vor als das seetauglichste Kleidungsstück überhaupt hochlobte, gesellte sich zu seinen schlaftrunkenen Freunden an die Reling und begutachtete den armen Irren, der hier eben dabei war, eine angezettelte Schlacht zu verlieren. Über dem Masten der Sunny zog nun ein Geschoss nach dem anderen seinen gefährlichen Funkenflug. Das Erstaunen wurde groß, als dort nicht die Marine, sondern ein halbes Geschwader unbekannter Kriegsschiffe die Horizontlinie pflasterte. Auch die Heart-Bande hatte sich irritiert auf dem Deck ihres U-Bootes versammelt und wusste nichts Rechtes mit der Situation anzufangen. Also beschränkte man sich auf die bloße Abwehr, bis auch Luffy endlich aufkreuzte, mit seinem Gum-Gum-Ballon die eine oder andere Rakete zurückschickte und dann wütend in das Megaphon bölkte, dass die Wellen des Meeres ihre Struktur änderten und die Schiffswände nur so vibrierten. „Hey, spinnt ihr? Ich habe noch geschlafen!“, schrie er schnaubend dem unbekannten Feind entgegen und sah überzeugend darüber hinweg, wie der Rest der Bande mit den Augen rollte. Luffys Prioritätenliste in Bezug auf wichtige und unwichtige Probleme bedurften einer dringenden Generalüberholung. „Und Frühstück gab es auch noch nicht.“, ergänzte er, um seiner Problematik noch einmal Nachdruck zu verleihen. „Luffy?“, fragte da Nami nur trocken und klatsche ihrem Freund in Rage einige Male auf die Schulter, auf dass er wieder zur Besinnung käme. „Frag' die doch auch mal, wer sie sind und was sie wollen.“ Ohne seine Laune zu ändern, nickte Luffy zustimmend. Also wurde weiter ergänzt: „Ach ja, wer seid ihr und was soll das hier?!“ Die Antwort war ein Kanonenhagel, der sich gewaschen hatte. Vermutlich war dem Feind Luffys unbeabsichtigte Arroganz zu unhöflich erschienen. Sofort gingen die Strohhüte in die Verteidigungshaltung über und hatte auch umgehend alle Hände voll zu tun, sollte ihr treues Schiff nicht den Meeresboden küssen. Schon nach wenigen Bewegungen machte sich das schwüle Wetter bemerkbar. Der Kampf würde aller Voraussicht nach kräftezehrend werden. Law hingegen hatte seiner Mannschaft den Befehl erteilt, das Turmlug umgehend zu schließen und auf Tauchstation zu gehen. Der gelbe Jäger jagte lautlos und unsichtbar aus dem Hinterhalt heraus. Schnell mussten beide Seiten feststellen, dass sich hier wahre Profis gegenüberstanden. Der Feind operierte geschickt aus dem Dunst heraus, bildete einen gut geschlossenen Konvoi und hatte auf der gegnerischen Seite das U-Boot auf dem Schirm. Die Kriegsschiffe fuhren im Zickzack, so dass Law große Schwierigkeiten haben würde, eines der Schiffe aus dem Konvoi mit den Torpedos zu versenken. Darüber hinaus löste sich ein ganz besonderes Schiff aus der Gruppe heraus, welches zuvor nur großräumig den Kampf umkreist hatte. Es war schnell, wendig und hatte ein außergewöhnliches Geschenk für U-Boote an Bord. „Zerstörer mit Wasserbomben auf zwei Uhr!“, brüllte Brook vom Steuer aus den Anderen zu, die nach wie vor ihr Schiff verteidigten, als gäbe es keinen Morgen mehr. Entsetzt rissen alle gleichzeitig die Köpfe herum und mussten hilflos zusehen, wie der erste Bombenteppich abgeschossen wurde. „Scheiße! Wenn Traffi nicht tief genug taucht, dann zerfetzt ihn die Druckwelle!“, gab Franky den Anderen die besonders schlimme Lage zu verstehen. Man musste nicht unbedingt gegen den Auslöser der Bombe geraten. Der Druckzünder würde die Sprengung von selbst einleiten, und die Druckwellen hatten einen langen Weg durch die Wasserschichten. Sie waren für die Außenhülle eines U-Boots absolut tödlich. Nur ein Riss in einem der Druckbunker und die Heart-Bande würde nie wieder an die Wasseroberfläche zurückkehren. Ihr gelbes Vehikel wäre zugleich ihr eiserner Sarg. „Wir können ihm jetzt nicht helfen. Wir müssen erst einmal selber klarkommen!“, mahnte Zoro die Bande, aufmerksam bei der Sache zu bleiben. Die Hitze trieb ihm den Schweiß in die Augen. Längst hatte er den Parka um die Hüfte geknotet und sein Kopftuch umgebunden. Man hätte ihn, wie die anderen Mitstreiter auch, auswringen können wie einen nassen Waschlappen. Durch die schlechte Sicht gestaltete sich die Übersicht schwierig. Es war nicht klar, wie viele feindliche Schiffe tatsächlich dort kreuzten. Gerade hatte er zusammen mit Robin eines der Kriegsschiffe durch einen gezielten Doppelschlag versenkt, während Usopp und Chopper fröhlich gegenseitig Hand und Klaue einschlugen. Auch sie hatten einen sehr guten Treffer setzen können, und das nächste Schiff versank mit dem Bug voran. Es gluckerte und brodelte dort, wo sich der alte Kahn hinabsenkte. Dann folgte das böse Ächzen und Knarren. Mit einem gruseligen Heulen aus berstendem Stahl brach es dem Schiff den Kiel entzwei. Dann war da nichts mehr außer verzweifelte Seeleute ihm Wasser und letzte Überreste an Schiffsteilen. Mucksmäuschenstill war es an Bord der Ghost. Das Wasser trug Schallwellen unheimlich gut und schnell davon. Die Besatzung lauschte angestrengt in den Ozean hinein. Da waren das Heulen der sinkenden Schiffe, das Bersten von Stahl und Schraubengeräusche der noch Manövrierfähigen. Torpedos hatten sie abgefeuert und auch Zielobjekte getroffen. Soviel war schonmal klar. Doch dann waren da plötzlich Schraubengeräusche eines Schiffes, welches sie zuvor noch nicht geortet hatten. Man hört es ganz genau an dem singenden Surren, wie es über den Köpfen der Mannschaft vorüberfuhr. Ping. Ping! PING! „Die Dreckssäcke haben Echolot“, flüsterte Law seiner Bande zu. „Ruder hart Backbord!“ Ping, ping, ping. Stoßgebete wurden gen Himmel geschickt, dass die Ghost nicht vom Echolot erfasst würde, denn dann wäre die Position des U-Bootes aufgeflogen. Ping. Ping. Ping. Man hört, wie sich der Ping-Ton des Echolots zusammen mit den Schraubengeräuschen wieder entfernte. Sie wollten Aufatmen, die erste Runde für sich entschieden zu haben, als ein Platschen über ihren Köpfen zu hören war. Etwas wurde ins Wasser geschmissen. „WASSERBOMBEN!“ rief ein Mannschaftsmitglied vom Horchposten und schon rummste es, als hätte das letzte Stündlein geschlagen. Die Erschütterung erfasst das ganze U-Boot. Die Besatzung purzelte von einer Seite zur anderen. Geschirr flog aus den Schränken. Lebensmittelvorräte, Kleidung und sonstiger Klimbim verteilte sich überall und nirgends. Die Mannschaft stöhnte über Prellungen, Blutergüsse und Verstauchungen. „Auf Angriffstiefe auftauchen!“, befahl Law unbeeindruckt vom Durcheinander an Bord. Er war nun sichtlich erbost über den neuen Feind und dessen Angriffstaktik. Vom Ehrgeiz gepackt, wollte er um jeden Preis als Sieger aus diesem Kampf hervorgehen. Koste es, was es wolle. Er stierte durch sein Seerohr und musste zu seinem Ärger feststellen, dass sich nichts Geringeres als ein Zerstörer ihrer Wenigkeit angenommen hatte. Der Hauptfeind eines jeden U-Bootes. Neben Flugzeugen versteht sich. Laws Gesicht verfinsterte sich. Zu lange hatten sie keine Torpedoangriffe mehr geführt. Es fehlte die Übung und die Erfahrung. Trotzdem war Law felsenfest überzeugt, die Schlacht aufzunehmen und sie auch zu gewinnen. Diesen flammenden Ehrgeiz jedoch konnte Laws Truppe nicht mit ihrem Anführer teilen. Angstschweiß perlten ihnen von der Stirn. Die Anspannung war förmlich zu spüren. Kommentarlos befolgten sie die Befehle ihres Kapitäns und pendelten das U-Boot auf Seerohrtiefe ein. „Wo steckt der nur, wo steckt der nur?“, murmelte Law sich in seine Bart, während sein Auge am Periskop klebte und den Horizont nach dem Zerstörer absuchte. Dabei konnte er in der Ferne die Sunny sehen, die erfolgreich schon eine Handvoll Schiffe versenkt hatte. Law drehte sich noch ein Stück weiter um die eigene Achse. Dann tauchte zwischen dem Dunst und den Wellen die Silhouette des gesuchten Kriegsschiffes auf. Er gab den Befehl, die Mündungsklappen zu öffnen und die Torpedos scharf zu machen. Hach, das wäre doch gelacht. Eine weitere Welle schwappte wieder gegen das ausgefahrene Seerohr und der Zerstörer war aus dem Blickfeld verschwunden. Law fluchte vor sich her. Der konnte sich doch nicht in Luft auflösen? Wieder drehte Law sich mit seinem Periskop. Und dann fand er sein Zielobjekt. Nur leider keineswegs so, wie er es geplant hatte. „Verdammt, verdammt... Sofort durchsacken!“, brüllte Law in die Runde und tobte wie ein Rohrspatz. Diese Drecksau von Zerstörer hatte eine Besatzung mit Adleraugen. Tatsächlich musste diese das Seerohr im Wellengang entdeckt haben und hatte ihr Schiff jetzt auf Frontalkurs gesetzt. Wie ein Fahrstuhl sackte die Ghost nun in die Tiefe und entging nur um Haaresbreite der Metallaußenwand des Zerstörers. Der Feind hatte doch tatsächlich versucht, dass U-Boot zu rammen. Und nun ertönte auch gleich wieder als Strafe für Laws geschicktes Ausweichen das Platschen auf der Wasseroberfläche. Die nächsten Wasserbomben fielen ins Wasser. Wütend über sich selbst, den Trick des Zerstörers viel zu spät durchschaut zu haben, setzte Law alles auf eine Karte. Entweder die oder die Ghost! Er ließ die Ghost drehen, hämmerte einige Werte in den Torpedoangriffsrechner und gab das Kommando zum Abfeuern. Bange Sekunden verstrichen. Leise rauschend pressten sich die Aale, wie die Besatzung ihre Torpedos nannte, aus den Rohren hinaus und surrten blasenlos durch die Tiefe des Wassers. Würden sie ihr Ziel treffen? Oder wäre es wahrlich ein Schuss ins Blaue gewesen? Lautlos zählte jedes Besatzungsmitglied die Sekunden mit, die die Aale an Wegzeit zurücklegten. 20 Sekunden, 30 Sekunden. So langsam müssten sie explodieren, wenn sie getroffen hätten. 43 Sekunden! Es krachte. Das Ächzen eines sterbenden Kahns klang durch die Wasserschichten. War es der Zerstörer oder nur eines der Schiffe, welche durch die Sunny versenkt wurden? Man wusste es nicht, sondern konnte nur hoffen. Zumindest wurde es stiller über ihnen und neue Bomben wurden auch nicht mehr geworfen. Alle Torpedos ihrerseits waren verschossen. Und so warteten sie mit dem Auftauchen bis es leiser und leiser wurde. Nur noch das Heulen sinkender Schiffe auf den Grund des Meeres dröhnte dort draußen. Erst Stunden später, als die See wieder ruhig war und keine Kampfhandlungen mehr zu hören waren, erlöste Law seine total entnervte Mannschaft und ließ die Ghost wieder auftauchen. Pressluft zischte laut in die Druckkammern, drückten das Meerwasser wieder hinaus in den Ozean und machten das Boot leichter. Behäbig hob es seine Nase an und schob sich an die Oberfläche. Nur Sekunden später durchbrach es die gleichmäßigen Wellen und pendelte wie eine Badeente mit dem Seegang auf und ab. Law drehte das Turmlug auf. Durch den Unterdruck im Boot flog es ihm fast aus den Händen. Sauerstoff fiel über sie herein wie eine Flutwelle und brachte alle Lungen an den Rand des Kollaps. Erst jetzt registrierte Law, wie hart die Unterwasserfahrt im Kampfmodus tatsächlich gewesen war. Das Adrenalin in seinen Adern hatte die Strapazen nicht spüren lassen. Oben angekommen bot sich ein schlimmes Bild der Zerstörung. Schiffsteile und Segeltuch schwammen so weit das Auge reichte um sie herum. Öllachen schimmerten tiefschwarz auf dem Meer. Gerettete Seeleute vegetierten in Rettungsbooten dahin. Eine große Erleichterung machte die Runde, als die Thousand Sunny über all dem Chaos thronte wie eine Königin. Man näherte sich in langsamer Schleichfahrt an und blickte auf einige heftige Blessuren an dem schönen Schiff. Und man konnte eine angespannte Szene an Deck der Sunny ausmachen. Gefesselt saßen Menschen auf dem Rasen und führten eine hitzige Diskussion mit einigen Piraten der Strohhutbande. Die Kleidung der Leute zeichneten sie als Marineoffiziere aus. War es doch die Marine gewesen? Law kam das alles sehr spanisch vor. „Hey, da ist die Ghost! Sie leben noch!“, hallte es von Perona über das Meer. Sie schwebte mit ihrem Schirmchen hoch oben in den Wanten und hatte die Aufgabe des Wachpostens übernommen, während die Piraten an Deck ihr gnadenloses Verhör durchführten. Freudig drängten sich alle an die Reling. Mit einem großen Hallo wurden die Rückkehrer aus der Meerestiefe gefeiert. Und auch erst jetzt erfuhren die Heart-Piraten, welch guter Schütze ihr Kapitän war. Zwei Kreuzer, fünf Frachter und ein Zerstörer waren ein guter Schnitt für einen Konvoiangriff. Allerdings hegte man zwischenzeitlich auch große Sorge, als an einer Stelle verdächtig viel Dieselöl und Luftblasen aufstiegen. Man hatte tatsächlich geglaubt, die Ghost wäre beschädigt worden und gesunken. Man einigte sich darauf, die Seeleute in ihren Rettungsbooten im Schlepptau bis zur nächsten Insel mitzunehmen. Sanji hatten für jeden eine Schüssel Reis und eine Becher Tee übrig. Doch für die nun wiedervereinte Gruppe an Freunden tischte er ein großzügiges Bankett auf. Ausgelassen feierte man den kleinen Sieg über die Angreifer, die man zeitweilig links liegen ließ. Erst als man aus dem heißen Dunstklima herauskreuzte und sich in der untergehenden Abendsonne eine Insel abzeichnete, nahm man wieder Notiz von den Kriegsgefangenen in der Marinekluft. Zoro hatte die kleine Offiziersgruppe den ganzen Nachmittag beobachtet und sich ihre Gesichter eingeprägt. Es waren sechs Männer unterschiedlichster Statur und Alters, die anscheinend den Konvoi unter ihrer Fuchtel gehabt hatten. An den Abzeichen auf den Jacken erkannte er die Offiziersränge. Mit der Flasche Sake in der einen Hand und einer geballten Faust in der Hosentasche ging er langsam auf die Männer zu und blickte argwöhnisch auf diese herab, wie sie da so gefesselt und geknebelt im Gras saßen und finster Löcher in die Gegend starrten. Besonders einer der Offiziere erregte die Aufmerksamkeit Zoros. Er trat an ihn heran und musterte ihn von oben bis unten. Dabei überlegte er, wie er das Gespräch am Geschicktesten beginnen könnte und nahm noch einen großen Schluck aus der fast leeren Flasche. „Wir kennen uns“, herrschte er den Mann so leise an, dass es zwar die Piraten am Bankett nicht hören konnten, aber demjenigen zu seinen Füßen bedrohlich erscheinen musste. Ein Blick voller Hass und Zorn wurde auf Zoro gerichtet, was der Pirat als Bejahung deutete. „Ihr seid allesamt Fahnenflüchtige. Was ist passiert?“, hackte Zoro nach, war sich aber schon vorher sicher, dass er garantiert keine Antwort bekommen würde. Diese Marinetruppe war darauf gepolt, lieber zu sterben, bevor sie auch nur ein Sterbenswörtchen von sich geben würde. Zoro seufzte, als ihm bewusst wurde, wie tief er doch durch Tashigi schon in der Marinesache steckte ohne es jemals gewollt zu haben. Er hatte einfach zu viel Hintergrundwissen. Seine Gedanken schweiften wieder zurück zu dem begehrten Opfer, was Wissen besaß, dass es gefälligst mit Zoro zu teilen hätte. Man könnte nun noch eine Weile Geduld aufbringen oder die Gunst der Stunde nutzen, jemanden dabei zu haben, dem es keine Probleme bereiten würde, sämtliche Informationen aus dem Gefangenen herauszuholen. „Du warst auf Tashigis Schiff und darum kann ich dich leider nicht schweigen lassen“, erläuterte Zoro mit hartem Nachdruck die nun anstehende Prozedur. Das war der Satz, der nun doch alle auf der Sunny erreichte. Sofort war das Essen und die alkoholischen Getränke vergessen und alle Augenpaare auf Zoro und sein kleines Opfer gerichtet. Man war gespannt darauf, was der Pirat nun tun würde. Noch war der Starrsinn des Offiziers nicht gebrochen, denn der böse Blick blieb nach wie vor bestehen. Ein versuchter Tritt gegen Zoros Schienbein sollte den Widerstand unterstreichen, ging aber ins Leere. Zoro musste viel innere Ruhe aufbringen, um nach außen sehr hart und gleichgültig zu wirken. Innerlich aber tobte die Sorge um Tashigi. „Perona?!“, fragte er höflichst, aber mit Nachdruck. Schon schwebte die Geisterprinzessin hernieder. Es bedurfte keiner Worte zwischen den beiden, dass sie wusste, was zu tun war. Sie nickte zustimmend und jagte einen Hollow-Geist durch den Offizier. Umgehend sackte er in sich zusammen. Seine Augen wurden leer und füllten sich kurzerhand mit Tränen. Und plötzlich sprudelte alles aus ihm heraus. Unter wildem Schluchzen redete er wie ein Wasserfall von sich, seinem halben Leben und seinem Schicksal. Lang und ausführlich. Zu langatmig für Zoros Geschmack. Er warf Perona einen aussagekräftigen Blick zu, ob es auch einen seichteren Hollow gäbe oder ob er sich das depressive Gerede noch bis in die Nacht hinein anhören müsste. Beleidigt schickte die Geisterprinzessin den nächsten Hollow los. Tatsächlich fing sich der Offizier und konnte nun kurzgefasst berichten, dass große Teile der Marine meuterten. Auch Tashigis Schiff wäre in interne Machtauseinandersetzungen verwickelt worden. Da ihre Fregatte allein gegen eine Überzahl von Meuterern keine Chance gehabt hatte, war diese abgeschleppt worden. Sie läge nun mit anderen gekaperten Schiffen auf einer kleinen Insel vor Anker. Was mit Tashigi selbst passiert wäre, könnte keiner von ihnen sagen. Starr wie eine Salzsäule hatte Zoro keine Regung gezeigt. Noch nicht einmal eine Wimper hatte gezuckt. Fast schon ein bisschen hochnäsig schaute er mit verschränkten Armen vor der Brust hinab auf das gefesselte Häufchen Elend, welches sich heulend im Dreck wandte wie ein Wurm. Das waren wahrlich keine guten Nachrichten gewesen. Erst Taiyoko und nun Tashigi. Einen Sack voller Flöhe zu hüten, wäre einfacher. Irgendetwas lief hier komplett aus dem Ruder. Er hatte sich einst geschworen, immer auf die beiden aufzupassen. Das hatte auch alle die Jahre geklappt, selbst wenn er häufig auf allen Meeren unterwegs war. Obgleich er sich in stillen Stunden dennoch gefragt hatte, ob er die beiden nicht zu lange allein ließ. Warum funktionierte das plötzlich alles nicht mehr so? Ihm wurde bewusst, dass sich für die Zukunft dringend etwas ändern musste. Nachdem er Perona schweigend zugenickt hatte, macht er auf dem Absatz kehrt und setzte sich ohne ein Wort zu verlieren zu seinen Freunden an den Tisch. Die Geisterprinzessin sammelte ihren Hollow wieder ein und schwebte hinterdrein. „Der Spinatschädel greift aktuell aber auch echt jedes Mal in jedes Klo“, kommentierte Sanji unbedacht die brisante Angelegenheit zu sich selbst. „Das hab ich gehört!“, kam es da gleich postwendend von Zoro zurück, der bis dahin eigentlich stumm vor sich her starren und nach einer Lösung grübeln wollte, nun aber derart schnell die Faust auf Sanjis Kiefer platziert hatte, dass es diesen völlig überrumpelt samt Speiseteller in den Händen über das Deck purzeln ließ. Es war seit Jahren nicht mehr vorgekommen, dass Zoro Sanji eine gelangt hatte und somit hatte der Koch auch nicht damit gerechnet. Perplex rieb dieser sich die malträtierte Stelle am Kinn, die dick anzuschwellen drohte. Die restliche Mannschaft hatte ebenso wenig solch einen Reaktion vorausgesehen, weshalb man nun abwechselnd und fragend zwischen beiden Konfliktprotagonisten hin und her blickte. Zoro tat es um Sanji und dessen Kiefer gar nicht leid. Und der Frust hatte sich auch nicht abgebaut. Ärgerlich! Sollte die Flachpfeife doch einfach mal die dumme Fresse halten und sich selber eine Familie anschaffen. Und zwar eine Echte und nicht so einen Ersatz, wie die Crew. Dann wüsste der schon, wie das so wäre. Nie hätte er gedacht, dass es da tatsächlich so unterschiedlich starke Gefühle gab. Man empfand in beiden Familien Lieben und Lachen, Heulen und Krachen, Ausrasten und Beruhigen, … Man fand in beiden Familien Halt und Geborgenheit. Respekt und Vertrauen. Verantwortung und Achtgeben auf den Anderen waren selbstverständlich. Er konnte nicht beschreiben, warum es sich bei der Crew so anders anfühlte als bei Tashigi und Taiyoko. Luffy saß Zoro genau gegenüber. Mit ernstem Gesichtsausdruck wartete er auf eine Antwort, die nicht ausgesprochen werden sollte. Nach einer Ewigkeit voller Stille trafen sich ihre Blicke. Niemand hatte bis heute diesen Code entschlüsseln können, was die beiden in jeder Sekunde beschlossen hatten. Wortlos. Einig. Emotionslos. Es raschelte über ihren Köpfchen. Eine Zeitungsmöwe krächzte und kreiste dabei unruhig ihre Runden. Nami warf ihr eine Berry-Münze entgegen und eine Zeitung segelte hernieder. Sie war so dünn und leicht, dass sie sich leise wie ein Herbstblatt auf den Tisch legte, als wäre sie eben von einem Baum gefallen. Doch der Inhalt lastete schwerer als die vorgespielte Unschuld im Papierformat. Die Sonderausgabe war von einer Übergangsregierung in Marijoa herausgegeben worden und umfasste nur ein einziges Blatt. Viel Druckerschwärze war dafür verschwendet worden. Nur eine einziges Wort in großen Lettern in der Überschrift dominierte das Papierweiß: KRIEG! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)