Raftel (2) von sakemaki (The Rainbow Prism) ================================================================================ Kapitel 32: 32 - Mondscheinsonate --------------------------------- Als Usopp die Augen wieder aufschlug, sah er zunächst eine recht unscharfe Umgebung vor sich, dessen bunte Konturen in mehreren Ebenen durcheinander schwammen und um keinen Preis passgenau stehen bleiben wollten, sondern sich lieber fröhlich überlappten und vermischten. Sein Körper fühlte sich an, als hätte er ungezählte Male Achterbahn im Nonstopbetrieb fahren müssen und hätte sich am Liebsten vom Sofa, auf welchem er bäuchlings lag, herunter erbrochen. Dem gefühlten Ende nahe, wagte er es kaum, sich von seiner liegenden Position zu erheben. Das würde doch gar kein Kreislauf mitmachen. Und seiner sowieso nicht. Eine von seinen ungezählten Hypochonderkrankheiten würden ein Weiterleben schon verhindern. Davon war er felsenfest überzeugt. Und so, wie es eben in seinem Hirn abging, musst der Tod quasi schon mit der Sense an der Tür kratzen. Dabei hatte Kaya ihm doch so oft zu erklären versucht, dass man gar nicht so schnell sterben würde, wie es sich oft für den Patienten selbst anfühlte. Dann hatte sie ihn wie immer mit ihrem gütigen Engelsgesicht angelächelt, und alle Schmerzen und Wehwehchen waren davon geflogen. Bestimmt hätte er noch einen Trostknutscher als Wunderheilmittel abbekommen. Kaya. Was gäbe er nur dafür, sich hier aus diesem Gruselkabinett voller Eiseskälte auch herausschwingen zu können, wie es Vögel oder Schmetterlinge zu tun pflegten. Alles hinter sich zu lassen und daheim geduldig bei seiner Freundin in der Sonne am Fenstersims hocken zu können. Dort würde sie ihn vermutlich lachend vertreiben, weil es sie bei der Arbeit störte, wenn er dort warten würde. Denn sie hatte es zu einer sehr erfolgreichen Kinderärztin gebracht und besorgte Eltern strömten mit ihrem Nachwuchs aus allen Teilen des East Blues zu ihr. Der kleine Wartesaal der Praxis platzte tagtäglich aus allen Nähten. Doch obgleich ihr der Arztberuf alles abverlangte und sie spätabends neben ihm übermüdet, aber glücklich, ins Bett fiel, machte sie stets bei allem und jedem ein unbekümmertes Gesicht. Keine Frage, Usopp gönnte ihr den Erfolg und dass sie eine ausfüllende Aufgabe gefunden hatte. Allerdings musste ihre gemeinsame Beziehung öfters Mal den kürzeren Ziehen. Da wäre sicher gegen den einen oder anderen Patienten weniger vor der Praxistür nichts einzuwenden. Kaya, warum bist du nicht da und rettest mich? Seine Lippen formten ihren Namen, während er ihr Gesicht vor sich sah. Wie war er eigentlich nur wieder in diese Situation geraten? Er suchte nach „hätte“ und „wenn“ und verstrickte sich immer mehr in absurden Kausalitätsketten, die damit endeten, dass schlussendlich alles seine eigenen Schuld gewesen war, als er vor langer Zeit beschlossen hatte, auf der Merry in Luffys Team mitzufahren. Da hatte doch alles seinen Anfang genommen. Er wollte ein wenig in Selbstmitleid versinken und machte einen Gedankensprung zurück an den Anfang seiner Überlegungen, wieso er ausgerechnet jetzt an Kaya denken musste. Vermutlich, weil sie Ärztin und dieser Ort hier ein ehemaliges Sanatorium und Krankenhaus gewesen war. Hier zogen einst die Halbgötter in Weiß durch die Gänge. Dabei trug Kaya häufig gar keinen Arztkittel, weil die Kinder dann häufig ängstlich wurden. Sie sollten doch gern zu ihr in die Praxis kommen. Kaya hätte sicherlich ein seelisches Trostpflaster für ihn übrig, und er schwor sich, dass, trotz aller innigster Freundschaft und Loyalität zur Strohhutbande, dieses definitiv seine letzte Tour wäre. Das halten ja keine Nerven der Welt aus. Er brauchte keinen Trost von einem Wollknäuel auf vier Beinen mit Geweih, dass immer so gnadenlos Spritzen setzen konnte. Oder auch nicht von einem hochgewachsenen Kerl mit Killerblick, bei dem man nie wusste, ob der nächste Handgriff Knochen richten oder lieber zerbrechen würde. Obgleich Usopp nun Law und seine anderen, wirklich sehr menschlichen, Seiten an ihm lang genug kannte, fand er ihn immer noch suspekt. Nur Perona war ihm so herrlich egal. Mit seiner Depri-Stimmung wäre er ihr sowieso immer und ewig überlegen. Und wenn alle Stricken reißen würde, hätte er ja immer noch die Kamera. Noch einmal stöhnte er schmerzhaft auf und registrierte jetzt erst, wie ihm aus seinem leicht geöffneten Mund die Spuke lief. Es sabberte geradezu aus seinem Mundwinkel heraus auf den abgewetzten Sofastoff und mischte sich mit dem Hausstaub der letzten Jahre zu einem ekelhaften Brei. Da warne garantiert tödliche Viren und Bakterien drin. Sicherlich würde er sofort tot umfallen, sobald er auch nur den Kopf von der nasskalten Sofalehne heben würde. Moment mal! Sofa? Nun kehrte doch der geordnete Überlebenstrieb zurück zu seinem Besitzer. Usopp presste die Augenlider schmerzhaft zusammen, lenkte der Karussellfahrt in seinem Kopf entgegen und öffnete ruckartig seine Augen wieder, als er glaubte, die eingebildete Fahrgondel hätte gestoppt. Tatsächlich war das Bild nun klar und deutlich. Schmerzerfüllt rieb er sich die pochende Schläfe und brauchte trotz der körperlichen Befindlichkeiten nur einen einzigen Augenschwenk, um die Sachlage zu erfassen. Da war sie wieder: Die Eingangslobby. Und wenigstens war er nicht allein. Ein Blick genügte, um zu sehen, dass es Law, Perona und Chopper anscheinend ebenso ging wie ihm. Auch sie lagen ziemlich geschafft auf den Polsterstücken herum und kamen nur schwerlich wieder zu sich. Das Rentier hatte alle Viere von sich gestreckt und ließ die lange Zunge aus dem Maul hängen. Perona glich mit ihren zerzausten Haaren eher einer Vogelscheuche. Und Law saß irgendwie aufrecht, aber der Kopf war am langen Halse nach hinten über die Rückenlehne gestreckt, was bei jedem Atemzug ein heftiges Gurgelgeräusch aus seinem Munde hervorbrachte. Aber wie waren sie nur hierher geraten? Hatten sie sich nicht vor Kurzem erst getrennt, um in zwei Gruppen das Gebäude zu erkunden? Und dann war doch noch dieses plötzliche Feuer ausgebrochen. Feuer überall und aus allen Richtungen. Nein, er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wie er es bis hier herunter in die Empfangshalle geschafft hatte und schon gar nicht, wie die anderen ebenfalls hier eingetroffen waren. Und noch eine ganz große Frage brannte in seinem Kopf, dass es schon fast einer aufgehenden Sonne glich. „Ey Leute, waren wir nicht mal zu fünft?“ Die Frage an die Gruppe war rein rhetorisch, fast schon zynisch. Natürlich musste einer fehlen. Und natürlich musste ausgerechnet Zoro fehlen. Usopp seufzte. Was auch immer sie alle hier zusammengeführt hatte, Zoro hatte es nicht hierher geleitet. Die banalste Erklärung wäre, er würde wie gewöhnlich immer noch durch das Gebäude irren, weil er einfach den Rückweg nicht fand. Dann bräuchte man eigentlich nur eine Weile warten, dann käme der Hanyô schon aus reinem Zufall mal ganz von selbst hier vorbei. Problematisch an der Idee war ihr Haken. Die „Weile“ konnte von einigen Minuten zu Stunden oder gar Tagen werden. Soviel Zeit hatten sie definitiv nicht, mussten sie doch pünktlich zurück auf der Thousand Sunny sein. Man würde also in den sauren Apfel beißen müssen, um den Nakama zu suchen. Mit Zoros Anwesenheit in der Gruppe stand und fiel die ganze Aktion, wenn nicht gar die ganze Weltrettung. Ob ihm das überhaupt so sehr bewusst war? Vermutlich war es dem Hanyô total schnuppe, welche Rolle er für die Weltgeschichte spielte, hatte Usopp doch längst gemerkt, dass persönliche Interessen mehr und mehr sich bei Zoro in den Vordergrund geschoben hatte. So wie im Prinzip mittlerweile bei jedem der Strohhutpiraten. „Wieso seid ihr alle hier?“, kam es ihm da als ungläubige Feststellung von Law zurück. Ziemlich verstört rappelten sich jeder von ihnen nacheinander auf, prüften ihr eigenes Wohlbefinden und rekapitulierten die Ereignisse der vergangenen Stunde. Man tauschte sich aus. Usopp berichtete von der Legende und dem Regenbogenkristall, und Law erzählte von seinen Erkenntnissen, die er über das Luna-Sedata-Syndrom gesammelt hatte. Natürlich durfte da die grausame Vision aus den geheimen Operationsräumen im Keller nicht fehlen, wobei die heftigsten Details ausgespart wurden. Allerdings konnte Chopper die Vision so gar nicht verarbeiten. Er zitterte am ganzen Körper, hatte geweitete Augen und schluchzte nur so vor sich her: „Sie haben dem armen Mädchen das Gesicht runtergeschnitten! Ohne Betäubung. Und sie hat dabei so geschrien...! Kannst du dir sowas schlimmes vorstellen?“ Dabei hatte sich das Rentier bei Law schützend an dessen Arm geklammert. Zur Verwunderung aller starrte der Chirurg nur ins Leere, nickte und versuchte die Erinnerung zu vertreiben, wie im Nebenraum dort unten in den Katakomben bei vollem Bewusstsein Versuche am offenen Gehirn praktiziert wurden. Sie nannten das Verfahren, jemanden die Krone aufsetzen. Dabei war die sogenannte Krone ein Drahtgestell, welches innen seitig feinste Kanülen hatte, die sich gezielt ins Hirn bohrten. Law hatte schon soviel gesehen. Viel zu viel. Aber das war der Gipfel an Grausamkeiten. Selbst er, der schon unzähligen Menschen im Kampf Leid zugefügt hatte, widerstrebte es, Menschen für Experimente zu missbrauchen. Da war er dann doch Mediziner genug und die Heilkunst ihm zu wichtig, anstatt er so etwas jemals tun würde. Perona und Usopp waren diese schrecklichen Bilder verborgen geblieben, konnten aber allein an der Reaktion der beiden Mitstreiter erahnen, dass hier jegliches Nachhaken unangemessen wäre. Man wechselte das Thema zu dem plötzlich aufgetretenen Brand im ganzen Haus. Sie alle waren in verschiedenen Richtungen entflohen, ins Koma gefallen und doch hier versammelt erwacht, als hätte jemand den Reset-Knopf gedrückt und alles auf Anfang gestellt. Zu dieser Theorie passte es, dass das Haus trotz Feuersbrunst unversehrt schien. „Wir sollten schnell Zoro suchen und wieder abhauen“, klapperte Chopper noch immer vor Angst. Alle waren einverstanden. Selbst Perona hatte für sich selbst die Entscheidung gefällt, dass diese Immobilie als neues Heim wenig tauglich war. Illusionen und Raum-Zeit-Verschiebungen mochte sie gar nicht leiden und gehörten nicht in ihre Welt von Kuscheltieren und Schokolade. Der Plan, Zoro zu finden, wurde bereits im Ansatz erschwert. Da unbedingt der verschlossene, geheimnisvolle Raum geöffnet werden sollte, vermutete man, dass Zoro vielleicht seinen Irrweg dorthin aufgenommen haben könnte. Es wäre die größte Chance, ihn schnell zu finden. Als sie jedoch die Tür von der Lobby zum Flur durchschreiten wollten, war dort an der Wand nichts mehr. Die Tür war verschwunden. Usopps glatter Durchschuss mit Kabuto beschwerte den Vieren nur ein überdimensionales Loch in der Wand mit einem Blick nach draußen in die klare Vollmondnacht. Grashalme wogen sich im sachten Wind. Büsche und Bäume raschelten beruhigend in der Ferne und mischten sich mit dem Rauschen der Wellen. Der gesamte Korridor mit der verschlossenen Zaubertür war weg. Angstvoll hielt sich die Geisterprinzessin die Wangen und kreischte erschrocken, was denn zur Hölle nur mit diesem Haus los wäre. Sie sandte einige Hollows aus, die aber auch nur von einer weiten Wiese berichten konnten, aber nicht von einem Gebäudetrakt. Law, der es gewohnt war, Leute anzuleiten und sie durch die Gegend zu scheuchen und machte auf dem Absatz kehrt. Aus Gewohnheit ging er daher ganz selbstverständlich davon aus, dass der Rest ihm schon folgen würde. Ihm missfiel die Gesamtsituation. Mit seinen Hut tief ins Gesicht gezogen, dem Schwert über der Schulter und einem finsteren Blick stiefelte er zurück zu dem Sofa, auf welchem er erwacht war. Dort hatte er sich frustriert auf die Polster geschmissen und grübelte angestrengt über die nächsten Schritte nach. „Nochmal alles zusammen. Wir haben ein Krankenhaus, wo Menschen mit dem Luna-Sedata-Syndrom untersucht wurden. Das Syndrom gibt es aber nur allein hier auf dieser Insel. Hat also einen Ortsbezug hierher fern ab von allen anderen mystischen Gegebenheiten und wäre somit für uns vollkommen irrelevant. Parallel dazu wurden hier anscheinend Hanyôs behandelt. Nach Aktenlage scheint es keinen Zusammenhang zwischen dem Zwielichtwandeln der Hanyôs und der ortsstämmigen Krankheit zu geben. Richtig? Dann haben wir von Usopp die Geschichte gehört, die wohl die Entstehung der Prismen beleuchtet. Da ist ja ganz klar ein Zusammenhang zu den Hanyôs zu sehen. Aber warum genau hier? Was haben wir übersehen?“ Law machte eine Pause, während er jedes einzelne Erinnerungsbild in seinem Gedächtnis noch einmal genaustens beleuchtete. Das waren so ziemlich alle Fakten, die er zusammentragen konnte. Dann gab es da noch das Feuer. Ja natürlich, das Feuer hatte sie in ganz bestimmte Richtungen getrieben. „Das Haus! Es will uns irgendetwas sagen!“ Große Fragezeichen glühten über den Köpfen der anderen auf. Das Haus hatte etwas mitzuteilen? Wie kam er denn darauf? Law blieb ihnen die Antwort schuldig, sprang wieder vom Sofa empor und drehte sich kurz um sich selbst. Wohin könnte man gehen? Keine Frage, ohne Zoro saßen sie hier an Ort und Stelle fest. Doch wenn das Haus stets sein Gesicht änderte, so würden sie die Nadel im Heuhaufen suchen. Zoro könnte überall stecken. Und da war sie plötzlich wieder. Eine Geistergestalt mit brennend glühenden Augen, murmelte unverständliches Zeug und marschierte die Treppenstufen nach oben. Law wie von Sinnen hinterdrein. Und der Rest schockiert hinterher. „Traffi? Was hast du vor?“ „Trafalgar?“, dröhnte es ihm schallend im Treppenhaus hinterher. Law kümmerte sich nicht darum, sondern hetzte nach oben. Er war so in Fahrt, dass er gleich zwei, gar drei Stufen auf einmal nahm. „Was ist nun nun schon wieder mit diesem verrückten Haus los?“, stellte Perona kreischend fest. „Ich weiß es nicht...“, gab Law monoton zurück und hechtete vorwärts ohne zu wissen, ob er das Tempo bis zum Ende durchhalten würde. In der Tat hatte das Treppenhaus sein Gesicht verändert. Die einst viereckige Form des Raumes mit den Eckpodesten, auf welche die Treppen absatzweise mündeten, hatten sich gerundet. Wie eine Schlange wandte sich nun die Treppe an der kreisrunden Wandform nach oben. In der Mitte war der Fahrstuhlschacht längst entschwunden. Ein tiefer Abgrund ohne erkennbaren Boden klaffte auf. Ein Absturz kostete unweigerlich das Leben. Doch auch gen Himmel war noch keine Zimmerdecke in Sicht. Perona flog neben Law her, während sich der Abstand zu Chopper und Usopp schon merklich vergrößert hatte. Als sie endlich die oberste Treppenstufe erreicht hatten, hingen sie allesamt wie die Badematten zum Trocknen über dem Treppengeländer. Wild nach Luft hechelnd mit einem Herzschlag, der mühelos hätte den Rippenbogen durchbrechen können. Nur Perona wippte leicht wie eine Feder im Wind neben ihnen und lenkte ihre ganze Konzentration auf die verrostete Eisentür vor ihnen. „Braucht ihr noch eine Pause oder soll ich schon mal vorgehen?“, fragte sie schnippisch. „Warte...“, keuchte Usopp, schleppte sich an Law und Chopper vorbei und schob seine Fernglasbrille zurecht. Ein Blick damit durch das Schlüsselloch offenbarten keine neuen Entdeckungen, weshalb die Tür unter schwerstem Knarzen umgehend aufgestoßen wurde. „Ein Leuchtturm?“, platzten alle wie aus einem Munde hervor. Die Lichtkuppel des Leuchtturms wirkte riesig. Sie mussten sich in einer erstaunlichen Höhe befinden, denn man blickte weit über die ganze Insel und über das Meer, welches trotz des Vollmondes sich mit der Schwärze der Nacht vereinte. Der Kuppelboden war im Schachbrettmuster gefliest. Mittig reflektierten die Glasfacetten des erloschenen Leuchtfeuers im Mondlicht. Abgegrenzt wurde das Plateau von den großen Glasfronten und einem Stahlgeländer, welches harte Muster auf den Fliesen zeichnete. Das Staunen wurde noch größer, als sie bedächtig den Ort erkundeten und hinter dem Leuchtfeuer eine skurriles Ding von einer Knochenorgel mit drei Registern und abgegriffenen Tasten entdeckten. „Schwimmt bei euch auch das Schachbrettmuster so vor den Augen?“ Schwindelig torkelte Chopper zwischen den Feldern umher. „Nein, der Boden vibriert tatsächlich“, antwortete Law trocken und seufzte darüber, dass sie anscheinend frisch in eine neue Katastrophe geschlittert waren. Da wurde das Ganze nur noch perfektioniert, als über die äußere Brüstung Geister mit grellgrünen Augen krochen, lautlos durch die Fensterfronten traten, als wären sie ohne Glas, und mit ausgestreckten Armen nach ihnen griffen. „Los, zurück zur Treppe!“, gab Law die neue Marschroute vor. „Hat sich erledigt!“, schrie Usopp quer über das Plateau zu den anderen und deutete auf den Boden, der an den Rändern langsam vor sich wegbrach. Vereint griffen sie die Feinde an. Perona musste schnell einsehen, dass ihre Hollows auf die Geistergestalten keine Wirkung zeigten. Auch Law und Chopper droschen pausenlos mit Schwert und Geweih auf die Geister ein, die sich aber nicht beirren ließen und einfach wieder aufstanden. Einzig und allein Usopp war mit der Kamera erfolgreich, obgleich er bei der Masse an Geistern nicht wusste, wohin er zuerst fotografieren sollte. Dennoch schafften es die Freunde, eine Schneise der Verwüstung zur Orgel zu schlagen. Wie eine Rettungsinsel schwebte sie über einem Staubtornado, der sich unter ihren Füßen wild drehte und auch an diesem letzten bisschen Hoffnung auf Überleben mahlte. Bedrohlich blitzte und donnerte es. Ein Blick hinab raubten einem den Verstand. „Room Mes!“ Law formte ein Fingerzeichen. Ein großer Lichtwürfel legte sich schützend um die Orgelinsel, bereit, jeden Feind zu zerschneiden, der durch seine Wände dringen wollte. „Es hilft nicht!“, kreischte Chopper und erklomm die Orgel, als er erkannte, wie die ersten zerschnittenen Geister sich wieder zusammensetzen. „Meine Filme sind auch alle voll! Perona, kannst du nicht rüberfliegen und Zoro suchen?“ Usopps Verzweiflung wuchs ins ebenso bodenlose, wie der Tornado unter ihnen stetig an Fahrt aufnahm. „Nein, der Windsog zieht mich runter!“, gab Perona verzweifelt zu verstehen und klammerte sich dabei ebenfalls an das Musikinstrument. Dabei berührten ihre Arme die Tasten der Orgel. Ein markerschütternder Ton drang aus den Orgelpfeifen. Schlimmer als jede Quietschkommode auf einem Kirmes Nicht nur die vier Freunde hielten sich die Ohren zu, auch die Geister krümmten sich unter der Tinnitustonlage. „Spiel, Usopp!“, flehte Chopper. „Was? Wer? Ich?“ Usopp glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Er hatte gelegentlich mal die eine oder andere Taste auf dem Klavier drücken können, wenn Brook und Franky wieder einer ihrer Gitarrensessions hatten. Aber vom Notenlesen oder gar Instrumentenspielen war er doch noch meilenweit entfernt. Außerdem war er viel zu nervös, als dass er überhaupt irgend eine Taste einer bestimmten Note hätte zuordnen können. Es war Laws Killerblick, der die Langnase dann sofort auf den Klavierschemel verbannt. Mit zittrigen Fingern zog er willkürlich ein Register nach dem anderen. Ja, dort lag ein Notenblatt, aber auf welchem Manual und in welcher Oktave wurde gespielt? Dann probierte er die erste Note. Wieder dröhnte es schief aus der Pfeife. Die Insel erschütterte. Vielleicht eine ganze Oktave höher? Das klang schon wohlklingender und für die Geister einschläfernd. Die nächsten Töne folgten im abgehackten Viervierteltakt. Ohje, soll das da nun ein H oder ein B sein? Das Notenblatt war vergilbt und hatte Löcher. Er probierte ein H und bekam sofort die Quittung, dass es wohl ein B sein müsste. Es war eine traurige Melodie in D-Moll und erinnerte ihn etwas an das Lied, mit welchem sie auf dem Stationsflur beschallt worden waren. Immer wieder und wieder spielte er ein und dieselbe Melodie. Ein Rhythmus und Selbstsicherheit festigte sich langsam in ihm. Wie lange würde er wohl hier sitzen und Tastenklimpern müssen? Für jeden schlafenden Geist, der vom Tornado ergriffen worden war, tauchte sofort ein Neuer auf. Mit jeder Drehung des Sturmes bröckelte wieder ein Stück mehr von ihrer fliegenden Insel ab und wurde in der Tiefe zermahlen. Usopp wagte nicht mehr nach rechts oder links zu schauen. Er stierte nur noch auf die Handvoll an schwarzen Punkten auf dem Notenblatt, die ihm eine Melodie vorgaben. Wenn sie hier wirklich jemals wieder lebend herauskommen wollten, dann gäbe es nur einen einzigen Ausweg. Es war Zeit, die ultimative Geheimwaffe einzusetzen. Nervös kauerte er auf der Unterlippe herum, sodass sie längst blutig schmeckte. Die ultimative Geheimwaffe, die bis jetzt immer irgendwie funktioniert hatte. Er sog seine Lungen voller Luft und schrie aus ganzer Seele nur ein Wort: „Zoooorrrooo!!!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)