Raftel (2) von sakemaki (The Rainbow Prism) ================================================================================ Kapitel 23: 23 - Pfadfindende Träume ------------------------------------ Die Flure und Gänge, die er wandelte, schienen ewig. Obgleich nur ein einziges Mal in seinem Leben gesehen, fühlten sie sich so vertraut an, als hätte er zeit seines Lebens nie etwas anderes getan, als sie zu erforschen und sie zu durchstreifen. Es war nicht störend, dass er eins ums andere Mal sie durchschritt und nie ein Ende dieser Wege fand. Es war ein ewiger Kreislauf des Sich-Verlaufens, doch hatte er das Gefühl, er würde nur so zum Ziel gelangen. Ein Labyrinth aus vollkommen verqueren Dimensionen, die keiner physikalischen Gesetzmäßigkeit zugrunde lagen. Ja, er kannte dieses Gemäuer. Er war schon einmal persönlich hier gewesen. Damals vor vierzehn Jahren hatte ihn das Schicksal und die Urquelle seiner Vergangenheit hierher getrieben, wenn auch gedächtnislos und nur später daran erinnert, weil er ein Tagebuch mit sich herumschleppte und einen Begleiter anbei hatte. Nun lief er wieder und wieder durch die langen Gänge und hatte das Gefühl, dem Ziel diesmal immer näher und näher zu kommen. Jedes Mal gelangte er bis vor eine Tür, die es zu passieren galt, doch nie schaffte er es. Ja, da war diese Tür, aber etwas war anders als sonst zuvor. Da war schemenhaft etwas um ihn herum. Nicht allein, sondern viele. Sonst hatte er sie immer nur als schwarze Schatten oder gefüllte Säcke wahrgenommen, aber nun nahmen sie Gestalt an. Menschen, unzählige Menschen unerkennbarer Form rotteten sich in diesen Gängen zusammen, strebten ebenfalls zu dieser Tür wie Geister, spukten aber mit ihren geschlossenen Augen umher. Erst als sie ihn erahnten, rissen sie die Augen wie kleine Sonnen auf und blendeten ihn ätzend mit ihren hellgrünen Strahlen. Sie griffen nach ihm und ließen ihn das Schlimmste spüren, auch wenn sie nur auf ihn zu schwebten. Das ewige Wandeln durch die Gänge war zu einer unheilvollen Hetzjagd geworden. Auch diese Mal schien der Ausgang ungewiss, denn eine laut rufende Stimme holt ihn zurück in die Wachwelt eines herrlich friedvollen Sommertages. Aus dem Schlaf gerissen, blinzelte Zoro umher, blickte aus schläfrigen Augen seinen Käpt'n an und realisierte einmal mehr, dass alles nur ein stets wiederkehrender Traum gewesen war. Egal, wie oft und wie lange er schlief, kamen ihm die Bilder immer wieder hoch. In einer Endlosschleife war er wieder in Raftel und in den Ruinen des Verlorenen Königreiches, wenn auch nur in einem verzerrten Abbild davon. Ein wahrer Albtraum regierte seine Nächte und ließen ihn immer mehr verstehen, dass etwas in Raftel nicht in Ordnung sein konnte, und je mehr er darüber nachdachte, desto mehr bestätigte sich seine Zusammensetzung einzelner Puzzleteile. Die bunten Lichtstreifen am Himmel, der mysteriöse Brief mit dem einzigen Satz „Erwache!“, das Gespräch bei Yurenda und nun diese Albträume. Nein, mit den Prismen lag irgendetwas im Argen, was er sich nicht erklären konnte. Etwas Unheimliches erwachte und er wurde den Verdacht nicht los, dass es mit diesen Gestalten zu tun haben musste, die in seinen Träumen durch die Gänge Raftels geisterten. Wenn er doch nur einmal im Traum hinter die Tür blicken könnte, ob die Prismen noch so wären, wie sie sich vor fast vierzehn Jahren verschmolzen hatten. Es misslang jedes Mal und so würde nichts anderes übrig bleiben, als vor Ort die Sachlage zu inspizieren. Zoros Einstellung zu den Prismen war nach wie vor zwiegespalten. Als das rote Prisma in ihm erwachte, konnte er den Zustand kaum ertragen. Als sich das ganze Ausmaß dieser Bürde offenbarte, wollte er es sofort loswerden. Und als er dann vom Amt des Prismenträgers erlöst wurde, fehlte ihm plötzlich etwas, an das man sich gewöhnt hatte wie an einen ausgeleierten Lieblingspulli. Und er hatte öfters als es ihm selber beliebte darüber nachgedacht, was wohl wäre, hätte er das Prisma noch. Aber „hätte“, „wäre“ und „wenn“ waren blanke Thesen und unbeeinflussbar. Die Prismen kamen zum Träger und nicht die Träger zum Prisma. Was also auch immer gerade in Raftel passieren möge, man hätte keinen Einfluss darauf. Jedoch konnte Zoro bis heute nicht leugnen, dass es ihm vollkommen neue Perspektiven eröffnet hatte, die Welt einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu sehen. Es war mit ein Grund, weshalb es ihn bewegte, sich sehr mit diesem Thema auseinander zu setzen und welch wichtige Aufgabe die Hanyôs zu erfüllen hätten. Sie waren die einzigen, die den Weg nach Raftel beschreiten und die Prismen bewachen konnten. Und wen man da aktuell in der Gegenwart alles in Raftel antreffen würde: Zoro war bestens informiert. Seit Luffy und er Marijoa in Schutt und Asche gelegt hatten und auf der Flucht über die Redline waren, hatte er ziemlich viel Freizeit gewonnen, die tägliche Zeitung zu lesen. Natürlich waren sie beide in die komplett falsche Richtung gelaufen. Er, der keinen Orientierungssinn besaß, und Luffy, der nur seiner Nase nach zum nächsten Restaurant gelatscht war. Das Problem lag nun für beide darin, dass die Streitmacht Marijoas seit ihrer urbanen Brandrodung und dem Mord an Yurenda ausschwärmte, sämtlich Straßen und Ortschaften kontrollierte und eine Mordswut im Bauch trug. Nicht das es eine Schwierigkeit wäre, diese niederzuschlagen, doch es zöge die Tatsache hinter sich her, dass die Spur der Verwüstung und Leichen immer länger und länger werden würde, als es ihnen selbst lieb wäre. Das wollten sie vermeiden, weshalb sie einige Tage mal hier und einige Tage mal da entlang einer alten Handelsroute untergetaucht waren, um den richtige Moment des Entkommens abzuwarten oder bis ihr Geldbeutel durch Luffys unbändigem Hunger leer wäre. Spätestens dann müssten sie den Durchbruch zur Grandline wagen. Doch noch waren ein paar Berri vorhanden und Zoro faltete die Zeitung zusammen, welche so auf seinen Knien lag, wie er sie vor dem Einnicken hinterlassen hatte. Natürlich war der stetige Headliner davon geprägt, wie die Weltaristrokraten sich nun neu organisieren würden. Durch einen Putsch hatte Yurenda damals die Fäden in die Hand genommen, die politische Macht an sich gerissen und die Weltaristrokraten regelrecht klein geknüppelt. Nun war das übliche Machtgerangel entbrannt. Eine Welt mal wieder vor dem politischen Umbruch. Folglich durfte da auch eine Stellungnahme der Revolutionäre nicht fehlen, die Luffy mit gespieltem Desinteresse zur Kenntnis nahm. Der Weg zum Piratenkönig würde auch an den Revolutionären vorbeiführen, was dem Strohhutträger nicht sonderlich schmeckte. Zwar waren sich Vater und Sohn schon über den Weg gelaufen, doch wie es weiter gehen würde, würden beide ihre Absichten umsetzen und ihre Ziele erreichen, hatten sie noch nicht übereinkommend klären können. Passend dazu war Zoro aus dem Käseblatt nicht entgangen, dass auch Blackbeard nun offiziell das Piratenkönigrennen eröffnet hatte, indem er die Hetzjagd auf die Hanyôs deklarierte. Wenn er daran dachte, dass dadurch seine Tochter zur Zielscheibe allerlei Abschaums geworden war, kochte sein Blut in den Adern, doch er hätte sich zugleich auch selbst ohrfeigen können. Man hätte damit rechnen müssen, dass eines Tages unzählige Machthungrige einen Hanyô benötigten, um One Piece zu finden. Welch Frechheit und Feigheit zugleich, sie anstelle ihn zu wählen. Wenigstens hatte „Frechheit-und-Feigheit“ nun ein Gesicht und einen Namen bekommen: Takeru. Auch Tashigi war nämlich nicht untätig gewesen. Nicht an der nächsten Anlegestelle an der östlichen Redlineküste verweilend, hatte sie sich von der übrigen Strohhutcrew und der Sunny getrennt und war weiter gesegelt. Niemand konnte wissen, wie sich die Lage entwickeln würde und solange die Marine noch eigenständig in sich geschlossen arbeitete, hatte sie die Chance ergriffen, durch das Archiv des Marinehauptquartiers zu stöbern. Die Leiche vom Überfall auf ihre Fregatte und die von einem Patrouillenboot aus dem Meer herausgefischten Mitattentäter taten unabsichtlich ihr übriges, die Identität zu klären. Bohnenstange und Würfel hatten in der Beugehaft von Imple Down so einiges unfreiwillig zu berichten gewusst. So war es leicht im Archiv das Bandenmitglied „Nummer Vier“ zu finden und Tashigi staunte nicht schlecht, als sie die Akte nicht im Regal derjenigen „normalen“ Verbrecher fand, sondern unter der Rubrik „Hochverrat“. Sie hatte nicht viel Zeit sich im Marinequartier aufzuhalten, sondern hatte die komplette Akte einfach ohne Erlaubnis unter ihren Mantel geklemmt und mitgehen lassen, ebenso wie sie im selben Moment sämtlich Akten einer ausgewählten Piratenmannschaft auch gleich mitnahm. Dem Bild einer schwangeren Auster gleich, war sie wieder aus dem Archiv empor gekrochen und hatte im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun, dass ihr auch nicht nur ein einziges Blatt unter dem Mantel herausfallen würde. Sie sah so unglaublich auffällig aus, dass ein jeder ihr diesen Raub hätte ansehen müssen. Aber niemand sprach sie an, als sie ein buntes Sammelsurium an Akten stahl. Die Marine war und blieb ein Amt. Nichts blieb hier in Bezug auf das Leben der Anderen verborgen. Ganz gleich ob Verbrecher, Marineangehöriger oder Zivilist: Ein jeder hatte hier seine Akte wie in einem Einwohnermeldeamt. Da war alles genausten geordnet und so hatte jedes Dokument auch selbstverständlich einen eigenen Farbcode. Grau waren die Akten der Piraten, egal wie hoch das Kopfgeld war. Darunter fiel natürlich zweifelsfrei die Strohhutbande. Blaue Akten standen hingegen für Marineangehörige und deren Familien. Waren sie rot überklebt wie bei Takerus Unterlage, so war es ein Marinemitglied, welches straffällig geworden war. Es brannte ihr unter den Nägeln, sofort das Siegel aufzubrechen und sie zu lesen. Doch sie musste sich gedulden. Am liebsten hätte sie auch in noch in ihrer eigenen und Taiyokos Akte oder in den Unterlagen ihrer Eltern geforscht, doch das Archivpersonal schaute kritisch durch die Regalreihen und wunderte sich über ihren langen Aufenthalt. Ob sie sich denn nicht zurecht finden würde, schnarrte es ihr übellaunig entgegen. Sie verneinte lächelnd, schnappte ihre Beute und raus war sie wieder aus den Kellergeschossen. Erst an Bord hatte sie eingehend die Unterlagen studiert, hatte Ungereimtheiten in Takerus Lebenslauf gefunden, die sie nicht verstehen konnte, und dann alles brühwarm Zoro berichten können, als dieser sich nach einigen Tagen des Wartens endlich per Teleschnecke aus einem abgelegenen Winkel der Redline meldete. Es hatte nur Sekunden gedauert, Takerus Steckbrief durch das Schneckenfax zu schicken, obgleich dessen unscharfes Bildnis wenig hilfreich war. Doch es genügte Zoro sein neu gewonnenes Hassobjekt Fleisch werden zu lassen. Auf ein gepfeffertes Treffen müsste sich dieses Objekt gefasst machen, obwohl er noch nicht so recht wusste, was er genau mit ihm machen sollte. Einfach nur töten wäre ein viel zu kurzer Spaß. Außerdem war er doch recht stolz darauf, noch nie aus Rache getötet zu haben und das sollte zukünftig auch so bleiben. Und so schob Zoro seine Albtraumspaziergänge durch Raftel in den hintersten Winkel seines Gedächtnisses und platzierte Takerus Steckbrief im Hirn ziemlich nahe vor sein geistiges Auge. „Gübbt esch ballld Mittachesschen?“, mampfte es ihm von Luffy entgegen. „Schon wieder fressen? Du frisst doch die ganze Zeit!“, gab er ihm zu verstehen und konnte bei den Massen, die sein Käpt'n in kürzester Zeit verwertete, nur noch den Kopf schütteln. Auch wenn sie hier in diesem kleinen Holzhäuschen hockten und die Gastgeber doch sehr zuvorkommend waren, so hatten sie schon einige Male durchblicken lassen, dass Luffys tagtäglicher Fleischkonsum kaum mehr zu decken wäre seit die provisorische Regierung von Marijoa Lebensmittel rationiert und Wechselscheine ausgegeben hatte. Es war eh Luffys Unwissenheit und Neugier gewesen, was sie hier in diese Siedlung kleiner Holzhäuschen getrieben hatte. „Was ist denn ein Nurdachhaus?“ war aus ihm herausgeplatzt, als sie auf dem Weg entlang der Straße an einem Schild vorbeikamen, welche eben solche Häuser zur Vermietung anpries. „Halt ein Haus nur mit einem Dach. Ohne Wände“, hatte Zoro unbedacht geantwortet und es sofort bereut, denn im Kopf seines Freundes formten sich sofort die schrägsten, architektonischen Gebäude, die allesamt keinen Sinn ergaben. Also war man zum Vermietungsbüro abgebogen, hatte entschieden, hier die nächsten Tage unterzutauchen und Luffys Neugier zu befriedigen. Inmitten eines Wäldchens mit kleinen Wegen, Teichen und Lichtungen versteckten sich eine Vielzahl dieser mysteriösen Häuser und Luffy staunte: „Das ist ja tatsächlich nur ein Dach!“ „Hab ich doch gesagt...“ Einfache Satteldächer ragten aus dem Erdreich hervor. Die eine Giebelseite als Hausrückwand vernagelt, die andere verglast mit Eingangstür und Veranda mit Ausblick über einen kleinen See. So konnte man das Warten an warmen Sommertagen ertragen, und sie ertrugen es nun seit gut einer Woche. Der Tag des Standortwechsel war gekommen. Sie mussten weiter,w enn sie die Crew auf der Sunny nicht allzu lange warten lassen wollten. Leider wurde es auch der Tag des Wetterwechsels. Sie folgten der Handelsstraße bei Nacht und rasteten bei Tage, um nicht entdeckt zu werden. Die Umgebung veränderte zunehmend ihr Gesicht, je höher die Straße anstieg. Aus bewaldeten Gebieten wurden felsige Berge, hohe verschneite Pässe und zugige Abstiege. Man konnte nur hoffen, dass dieser sich wie Kaugummi ziehende Weg über die Berge bald ein Ende nehmen würde, doch der Blick über die nächste Bergkuppe hinweg offenbarte nur den Abstieg ins Tal und den erneuten Aufstieg über den nächsten Gipfel. War die Laune zu Beginn noch kühl, so war sie nun frostig. Hatte man zu Beginn noch das eine oder andere Wort gewechselt, so sprach man nun gar nicht mehr als wären die Münder zugefroren. In Stille getrennt voneinander, machte sich ein jeder der beiden seine eigenen Gedanken, wie man diese Wandertortur überleben könnte. Immerhin hatten sie die letzten zwei Tage und Nächte unter freiem Himmel und somit im Frost verbringen müssen. Kein heißes Feuer und kein schützendes Dach weit und breit. Es zerrte an den Nerven, an den Kräften, an der Stimmung und am Magen. Wieder einmal obig auf einem Bergkamm angelangt verharrten sie eine Weile, schauten über die verschneite Landschaft und atmeten die eisig kalte Luft ein. Sie entströmte ihren Lungen in dicken Atemwolken und verloren sich zwischen den federgleichen Schneeflocken, welche langsam hernieder segelten, sich auf ihre Jacken und in ihre Haare setzten. Schneeflocken. Es erinnerte Zoro an etwas. Vielleicht lag es an den vorgerückten Lebensjahren, dass er unbedacht begann, viele kleine Dinge aus dem Alltag immer sofort mit irgend einer Gegebenheit aus seinem Leben zu verbinden. Und so legte sich auch um diese Schneeflocken ein zartes Bändchen und verknüpfte sich mit Schneeflocken aus vergangenen Jahren. Obgleich er schon unzählige Flocken in seinem Leben gesehen hatte, hing am anderen Ende des Fadens just eine Erinnerung, als er mit Tashigi über die Redline vor den Panzerreitern floh. Es war die Nacht, wo sie Unterschlupf auf einem Gehöft fanden und sie sich vor Kälte bei ihm anschmiegte. Das war verdammt lang her. Und es fiel ihm wohl auch nur deshalb ein, weil es elendig kalt war, er nicht wirklich wusste, wo er sich überhaupt auf diesem Teil der Welt befand und sich somit schrecklich einsam fühlte. Er vermisste sie und fand das augenblickliche Alleinsein ohne ihre Nähe grausam. Äußerlich zeigte sich über sein Innerstes keine Regung. Nur Eingeweihte konnten seine geballten Fäuste in den Hosentaschen, seinen düsteren, übellaunigen Blick und seine Schweigsamkeit als versteckten Kummer deuten. Ein kurzes Verschnaufen seinerseits und ein kurzes Maulen von Luffys Seite beendeten die kurze Rast. Was Zoro im Inneren tat, transportierte Luffy unverblümt nach außen. Eine gezogene Schnute und ein vor ein schwerverständliches Brummeln, warum seine Nami nicht da wäre, wenn man sie mal ganz dringend bräuchte, waren der aktive Kontrast zu Zoros Passivität. Weiter ging es. Den Berg hinab in ein tiefes, dunkles Tal. Der Schnee und sein Treiben nahmen zu. Sie stapften durch das hüfthohe Weiß und versackten in mannshohe Wehen. Es war ein schweißtreibender und kräftezehrender Marsch, obwohl es ausschließlich bergab ging. Längst hatte sich die Nacht über ihre Köpfe gesenkt, dass sie von Dunkelheit und Schneetreiben umschlossen wurden. Und plötzlich hört die Straße auf. Oder besser, sie war unter der dicken Schneedecke verschwunden und ihr weiterer Verlauf war nicht auszumachen. „Na toll!“ schoss es Zoro entnervt durch den Kopf und fragte seinen Mitstreiter: „Wo meinst du geht es weiter?“ Doch keine Antwort kam zurück. „Luffy?“ Er drehte sich und musste feststellen, dass sich immer eine auftretende Schwierigkeit mit der Nächstmöglichen paarte. Schnee war nun einmal gefrorenes Wasser, und obgleich Luffy winterfest war, setzten ihm diese Eiskristalle nun doch langsam zu, denn schon zu häufig hatten sie Wehen durchkämpfen müssen. Nun lag er da, fühlte sich dank seiner Teufelsfrucht furchtbar elendig schlapp und war dem Erfrierungstod doch recht nahe. Sie mussten hier weg und zwar schleunigst. Luffys Kräfte reichten nicht mehr, dass er sich festkrallen und Huckepack genommen werden konnte. Also blieb nur die unbequem Art des Transportes, ihn am Fuße wie einen frisch gefällten Weihnachtsbaum hinterher zu ziehen. Und abwärts ging es. Hinunter über Felsvorsprünge und Abhänge hinweg. Lawinen traten sich los und rissen sie abwärts in die Dunkelheit und Kälte. Irgendwann hörte das Kollern und Stolpern auf, als sie die Baumgrenze erreichten und sich zwischen den Latschenkiefern verfingen. Bis zum Halse im Schnee steckend konnte die Situation nicht schlechter werden. „Mir ist so elendig...“, flüsterte Luffy kläglich. Zoros Laune hatten nun endgültig eine Temperatur erreicht, welche noch viel weiter unter der aktuellen Außentemperatur lag. Er hatte die Nase gestrichen voll. Vom Schnee, von der Kälte und überhaupt. „Halt dich fest ...“, forderte er seinen Freund auf und griff nach dessen Hand, denn dieser hätte der Aufforderung kaum Folge leisten können. Zoro tat das, was er nun als letzten Ausweg tun musste, nicht gerne. Doch es blieb keine Zeit, die Risiken und Nebenwirkungen gegen den Nutzen aufzuwiegen, wollten sie hier in der weißen Hölle nicht elendig verrecken. Sie mussten durch das Zwielicht wandeln, wenn sie Überleben wollten. Und so tat sich das Licht auf. Erst fühlte es sich an, als würde eine kleine Flamme im Inneren sanft brennen, dann explodierte es förmlich aus einem Heraus, umarmte einen warm und gaukelte verführerische Sicherheit vor. Frei und schwerelos ließen sie diesen Abhang hinter sich. Kurz darauf waren die Berge Vergangenheit. Die Ostküste der Redline und die Neue Welt klafften vor ihnen auf. Wo war der vereinbarte Treffpunkt? Zoro wusste es nicht mehr und ließ sich einfach weiter treiben. Und es war schwer. Die eisige Kälte hatte ihn bereits an den Rande seiner Kräfte gebracht, doch die Mobilisierung der dämonischen Kräfte, um das Zwielicht zu beherrschen, verlangten ihm nun das Allerletzte ab, zumal er Luffy auch noch ihm Schlepptau hatte. Durchhalten war nun alles, auch wenn jeder Schritt härter wurde und das Bewusstsein sich langsam verabschiedete. Völlig benebelt und planlos hatte es sie beide zu einem Hafen geführt, der einst als Treffpunkt vor einigen Tagen ausgemacht worden war. Die letzten Wahrnehmungen Zoros waren, wie er eine Tür zu einer Taverne aufstieß, mit Luffy unterm Arm hinein stolperte und dann halb zusammenbrach. Grüne Lichtfunken stoben in einem floralen Bannkreis um ihn empor. Das Zeichen des Ausblühens nach einer unermesslichen Anstrengung tanzte sarkastisch vor seinen Augen. Das Zwielicht nahm einen hohen Preis, wenn es sich eigen machte. Warum konnte er es nicht verhindern, dass man sich bei Anwendung dieser Kräfte über so eine lange Dimension hinweg dermaßen verausgabte? Es wäre ein leichtes Taiyoko zu finden oder durch die Welt zu wandeln, wäre die Gabe nicht derartig auf die eigene körperliche und geistige Verfassung begrenzt. Es musst dafür verflucht nochmal eine Lösung geben. Eine wohlbekannte Stimme beruhigte seinen Zustand und gab neue Hoffnung: „Da seid ihr ja endlich...!“ „Du hier?“, war seine letzte verblüffte Antwort, an die er sich erinnern konnte. Niemals hätte er mit einem engen Vertrauten gerechnet, von dem man schon länger nichts mehr gehört hatte. Und nun saß dieser hier mit seiner Truppe, als wäre er zur Abholung bestellt worden. Dann wurde es erst einmal für eine Weile schwarz vor seinen Augen. Alle Reserven waren aufgebraucht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)