Kiss me hard before you go von Karo_del_Green ================================================================================ Kapitel 17: Der zornige Weg in die falsche Richtung --------------------------------------------------- Kapitel 17 Der zornige Weg in die falsche Richtung „Ja, vielen Dank für deine Ehrlichkeit", sage ich tonlos und greife nach meiner Jacke. „Ben!" Ich gehe an Anni vorbei und verlasse das Zimmer. An der Wohnungstür hält sie mich zurück. „Ben, warte doch. Geh nicht. Lass uns reden, bitte." „Entschuldige, aber für heute hatte ich genug Wahrheiten und Ehrlichkeit für den Rest des Jahres." Ich gehe ohne mich ein weiteres Mal umzudrehen. Draußen bleibe ich einen Moment stehen und sehe zum grauen Himmel. Ich fühle mich ermattet. Einfach müde, aber der Gedanke, in mein Zimmer zurückzukehren, behagt mir nicht. Am späten Abend kehre ich in die WG zurück und habe ich die zwei Hosen, eine Strickjacke und einen Pullover erstanden, denen ich beim letzten Shoppingtrip mit Anni heldenhaft widerstanden habe.Dazu habe ich noch zwei Bücher gekauft, die ich im Buchladen bereits zur Hälfte gelesen habe. Ich fühle mich nicht besser, aber wenigstens habe ich so den halben Tag hinter mich gebracht. Ich werfe die Tüten in die Ecke und gehe duschen. Ausgiebig und lange. Mit feuchten Haaren und nur in Jeans hole ich mir aus dem Kühlschrank ein Bier. In der Küche bleibe ich unschlüssig stehen. Ich müsste etwas essen. Ich müsste etwas trinken. Von den anderen beiden ist nichts zu hören und tief im Inneren bin ich froh darüber. Ich habe keine Lust auf Erklärungen und luftig, bemitleidenswerte Bekundungen. Als ich am Montagmorgen erwache, blicke ich auf meinen Oldschool-Wecker. Das Geräusch ist zum Rütteln und zum Schütteln. Einfach zum Weglaufen, aber da ich mein Handy nicht anmachen wollte, musste ich mich anders wecken lassen. Den gesamten Sonntag habe ich das Telefon aus und trotzdem habe ich es ständig gehört. Reine Einbildung. Nichts anderes. Dennoch habe ich am Abend das Handy unter mein Kopfkissen geschoben und mir eingeredet, dass ich es mir dadurch weniger einbilde. Ich drehe mich auf die andere Seite und schließe die Augen. Die Bilder von ihm und dem fremden Mann kommen mir augenblicklich in den Sinn. In meiner Brust beginnt es zu brennen und ich fühle mich unsagbar dumm. Obwohl mittlerweile zwei Tage vergangen sind, fühle ich mich noch immer nicht stark und gefasst genug, um ihm gegenüber zu treten. Bewusst meide ich seine Vorlesung. Doch in dem Moment, in dem Sie endet, finde ich mich in dem Flur in der Nähe seines Büros wieder. Ich merke, wie das wiederbelebte Handy in meiner Tasche zu vibrieren beginnt. Natürlich ist es Antony. Ich gehe ran, führe es an mein Ohr und bringe kein Wort heraus. „Ben? Ben, bist du dran?", plappert er energisch. Antonys ungewöhnlich aufgeregte Stimme versetzt mich ein kleines Bisschen in Panik. Ein ungläubiges Seufzen verlässt meine Lippen und ich atme angestrengt aus. In diesem Moment biegt er um die Ecke. Das Telefon an seinem Ohr und einige Bücher unter seinem Arm. Er lässt das Handy sinken und kommt unbeirrt auf mich zu. Mein Puls geht mit jedem seiner Schritte weiter nach oben. Ich höre, wie er jeder einzelne Schlag durch meinen Körper schallt. Heiß und fast schmerzhaft. Antonys Blick wechselt von Verwunderung zu Unverständnis und dann kurz zu Wut. Doch kurz bevor er bei mir ankommt, wird sein Blick besorgt. Eine Reaktion, die mir jeglichen Mut entzieht. Ich zögere und drehe meinen Fuß bereits in die andere Richtung. Alles in mir schreit danach einfach wegzulaufen. „Ben, warte!" Er packt mich am Arm und hält mich fest. Die Geschwindigkeit, mit der er nach mir greift, lässt mich verwundert keuchen. Antony führt mich in sein Büro. Ich folge und schweige. Hinter mir schließt er die Tür. Die nun doch erzwungene Konfrontation fördert alle möglichen Gefühle in mir zu Tage. Der gesamte Schmerz. Die bloßstellende Enttäuschung. Die nagende Hilflosigkeit. Die zerrende Wut. Ich funkele ihn an. Sein fragendes Gesicht macht mich wütend. Ich bin so verdammt sauer. Die Bilder unserer Auseinandersetzung über meine angebliche Affäre mit Luka kommen mir in den Sinn. Seine Wut und seine lächerliche Anschuldigung. Ich konnte nicht fassen, dass er sich so aufgeführt hat und mich eigentlich selbst seit Wochen anlügt. Er ist ein verdammter Heuchler. „Wo warst du? Ich habe am Samstag auf dich gewartet", sagt mit einer erstaunlichen Ruhe, die die Dringlichkeit gut zu verstecken scheint. Aber ich sehe sie. Er ist unruhig und eigentlich aufgebracht. Ich weiche seinem Blick aus. „Wieso hast du meine Anrufe nicht angenommen? Wieso hast du dein Handy ausgeschaltet? Ich hab dich hunderte Mal angerufen und auf deine Mailbox gesprochen. Ich war sogar bei dir in der WG, aber deine Mitbewohnerin hat mich weggeschickt." Antony war in der WG? Marie hat nichts gesagt und es änderte nichts. Er streckt seine Hand nach mir aus und ich weiche zurück. Sein Arm bleibt in der Luft stehen. Er nimmt ihn nicht zurück und ich lege abwehrend meine eigenen Arme um meinen Bauch, greife nach meinen Ellenbogen. „Ben, was ist los? Ich dachte, du freust dich auf den Abend, so wie ich. Ich habe mir Sorgen gemacht." Für einen Moment schwimmt tatsächlich echte Besorgnis in seinem Blick, doch in diesem Moment macht sie mich nur noch wütender. Dass er sich freute, ist eine glatte Lüge. Wie kann er mir so etwas sagen und wissen, dass zu Hause jemand auf ihn wartet? Die Gedanken daran schüren in mir die Fassungslosigkeit über seine Skrupellosigkeit. „Du hast dich gefreut, ja? Ich glaube dir nicht. Schließlich hattest du doch schon vorher umfänglich deinen Spaß", sage ich ihm kalt ins Gesicht. Verdattert lässt er seine Hand sinken. „Wie bitte?" Er schüttelt ungläubig den Kopf. „Ich hab dich gesehen. Mit ihm." „Was hast du gesehen?", fragt er mich stockend und ich sehe dabei zu, wie seine Hand unruhig über seine Seite zuckt. Sein Blick wird nervös. Ich fühle mich bestätigt. „Du und er in deinem Büro." „Wie... wieso warst du bei meinem Büro?" "Das ist also dein Problem hierbei?" "Du verstehst das falsch." „Ich hab dich nicht erreicht und hatte keine Adresse, da bin ich her gekommen und na ja, da warst du und er. Weißt du, man braucht nicht viel Fantasie um das richtig zu verstehen. Du hast ihn geküsst." Als ich aufsehe, kann ich erkennen, wie seine Gesichtsfarbe ein paar Töne bleicher geworden ist. Vom Südländer zum Isländer. Er fährt sich mit der Hand über sein Gesicht und sieht für einen kurzen Moment zu Fenster. Er versteht. „Lass es mich erklären", sagt er, ohne auch nur die Anzeichen einer Verneinung zu zeigen. Ich schnaufe verächtlich. „Was willst du da noch erklären und Ausflüchte kannst du dir sparen. Es war nicht das erste Mal, dass ich ihn gesehen habe. Damals, als du mich aus deinem Büro geworfen hast, weißt du noch, da bin ich ihm auf der Treppe begegnet." Ich sehe, wie Antony kurz die Augen schließt. Er erinnert sich genau. „Er war der Grund, wegen dem du mich so schnell rausgeschmissen hast und trotzdem bist du danach zu mir und hast..." Ich breche ab, weil die Erinnerung daran, wie er mir diese eifersüchtige Szene machte die Wunden nur noch tiefer reißt. In meiner Stimme schwingt die eindeutige Anklage. Ich kann einfach nicht fassen, dass er mich die ganze Zeit derartig belogen hat. „So ist es nicht gewesen. Bitte, lass es mich erklären..." Ein weiterer Versuch, doch ich blocke ihn erneut ab. „Du hast mich angelogen und das obwohl ich dich sogar gefragt habe, ob da irgendjemand ist. Du hast gesagt, du wärst mit niemand zusammen. Du hast mich eiskalt belogen." Ich sehe, wie er schwer einatmet. „Du hast mich gefragt, ob ich verheiratet bin oder ob ich eine Freundin habe und...." Ich hebe meine Hand und unterbreche ihn. „Stopp, willst du mir jetzt die Schuld zu schieben, weil ich dich nicht direkt nach einem anderen Mann gefragt habe?" Fassungslosigkeit erfasst mich. Ich habe das Gefühl im falschen Film zu sein. „Ist das wirklich dein verdammter Ernst?" Meine Stimme wird laut und ich wende mich von ihm. Ich schüttele meinen Kopf und fahre mir ermattet über den Mund. Ich möchte einfach nur weg. Anni hatte Recht, das alles bringt nur Unglück. Mir wird es schwer in der Brust, denn nur ungern gestehe ich mir ein, dass es alles falsch läuft. „Nein, nein,.. oh gott... so war es nicht gemeint. Ich...", versucht er zu erklären, doch dann bricht er ab. Er beißt sich auf die Unterlippe und scheint mit einem Mal nicht mehr zu wissen, was er eigentlich meinte. „Natürlich nicht, denn nichts, was du gesagt hast, war so gemeint. Noch war irgendwas wahr." Ich streiche mir unwirsch durch die Haare. „Das stimmt nicht, Ben!" Erneut spüre ich seine Hand, diesmal an meinem Oberarm. Sanft, aber dennoch unnachgiebig und kalt. Ich weigere mich, mich zu ihm umzudrehen. „Das, was du gesehen hast...es ist... Das ist keine richtige Beziehung. Ich bin nicht mit ihm zusammen... Nicht mehr, verstehst du." Ein leichter Ruck, denn er will, dass ich mich zu ihm umdrehe. „Sah nicht so aus als ob eure Beziehung zu Ende ist", merke ich an. Wieder denke ich daran, dass ich niemals versucht hätte, mit ihm zusammen zu sein, wenn ich von seiner Beziehung gewusst hätte. Das hätte ich nicht gekonnt und nicht gewollt. Ich bin vielleicht dumm, aber ich bin nicht skrupellos. „Von meiner Seite schon. Es ist keine Beziehung mehr. Eher... Na ja...", druckst er, "Es ist nicht so einfach. Ja, ich habe nichts gesagt, aber es ist nicht, wie es im Moment aussieht. Wirklich nicht." Natürlich nicht. Das sagen sie immer. Das Abspulen stereotyper Phrasen. Doch von einem Akademiker habe ich weitaus mehr erwartet als das klassische Lügengebilde. So oder so, er rückt nicht mal jetzt mit der ganzen Wahrheit heraus. Ich bin es leid. „Du hast ihn geküsst, Antony und ich bin mir sicher, dass ihr vorher Sex hattet, also was bitte ist daran falsch zu verstehen? Richtige Beziehung hin oder her. Du warst mit ihm intim." Ich entreiße ihm meine Hand und sein Blick ist vielschichtig. Schuld, Scham und Bedauern. Doch das interessiert mich gerade herzlich wenig. Ich denke an seine Körperhaltung und an die zerzausten Haare. Er hat es nicht abgelehnt. Die erneute Erkenntnis erfasst mich, schmerzhaft. Antony schluckt, als ihm immer begreiflicher wird, dass ich mehr mitbekommen habe als er glaubt. „Du hättest es einfach sagen sollen, dann wären uns die ganzen Diskussionen rund um das Fernbleiben und dem Nicht-Wiedersehen erspart geblieben. Ich hätte dich einfach nicht wiedersehen wollen. Aber du wolltest anscheinend nur deinen Spaß und den hattest du. Auf meine Kosten." „So denkst du über mich?" „Ist es denn anders?" „Würdest du mir denn glauben?" Ich sehe ihn ernüchtert an und erinnere mich an die Zurückhaltung, die er in verschiedenen Situationen an den Tag gelegt hat. Nein, ich würde ihm nicht mehr glauben. Er schluckt schwer und ich habe keine Lust auf weitere Ausflüchte. Zorn und Wut lassen meinen Körper erbeben. Meine Hände zittern und ich habe nur noch wenig Kontrolle über sie. Ich muss hier weg. „Entschuldigen Sie die Störung!", sage ich kraftlos. Antony greift nach meinem Handgelenk und zieht mich zu sich. Ich erschrecke vor der plötzlichen Nähe und der Intensität seines Blickes. Mein Herz schlägt heiß und heftig in meiner Brust. Meine eben noch abweisende Fassade beginnt zu bröckeln. Ich will mich lösen, doch sein Griff wird fester und mit einem Mal drückt er mir seine Lippen fest und unnachgiebig auf den Mund. Der Kuss ist hart. Voller Wut und Enttäuschung, doch sie richten sich nicht gegen mich. Ich weiche zurück und diesmal lässt er mich gewähren. Meine Hand fährt zu meinen Lippen. Antony sieht mich nicht mehr an und ich verlasse sein Büro. Schnellen Schrittes laufe ich über den Gang und verschwinde in der nächsten Herrentoilette. Ich stütze mich mit beiden Armen am Waschbecken ab und atme tief durch. In meinem Hals beginnt es zu kribbeln. Heiß und Reizend. Nur schwer kann ich meine Tränen zurückhalten. Meine nächste Vorlesung beginnt gleich, doch ich schaffe es nicht mich zusammenzureißen. Ich schlucke trocken und spüre die erste Träne, die über meine Wange rollt. „Verdammt. Verdammt. Verdammt", murmele ich gegen das kalte Porzellan. Bestraft für einen kurzen Moment des Glücks. Was habe ich dem Schicksal nur getan? Trauer weicht der Wut. Meine Handfläche trifft die kühlen Kacheln der Wand als ich dagegen schlage. Meine Finger verkrampfen sich und finden in der glatten Oberfläche keinen Halt. Als meine Beine nachgeben, bleibe ich vor dem Waschbecken hocken. Ich brauche einen Moment um das Gefühl seiner Lippen zu verdrängen. Ich richte mich auf und benetze meine Lippen mit kaltem Wasser. Ich rede mir ein, dass es seinen Geschmack davon wischt, doch das ist eine Lüge. So, wie alles andere auch. Er wird nur noch prägnanter und die Wut in meinen Gliedern heißer. Wie kann er mir das antun? Dieser Feigling. Dieser Idiot. Ein weitere Enttäuschung, die die bereits lange Kette meiner Unzulänglichkeiten ergänzt. Ich werde auch das überstehen. Ich muss es. Ein weiteres Mal schlage ich gegen die Wand und richte mich dann auf, atme tief durch und verlasse die Toilette. Ich komme mit leichter Verspätung zur Vorlesung. Nichts bleibt hängen. Es ist frustrierend. Auch die nächste Vorlesung bietet mir wenig Potenzial zur Ablenkung. Ich reiße mich zusammen und überstehe sie. Nach einer kurzen Unterhaltung mit zwei Kommilitonen, mache ich mich auf den Weg nach Hause. „Ben!", dringt eine bekannte Stimme zu mir durch und sehe Luka, der im Sportdress auf mich zu gejoggt kommt. Er trägt eine interessante Kombination aus einem weiten kurzärmeligen Shirt und einer knielangen, bunten Hose mit vielen Taschen. Ich hebe meine Augenbraue. Als Luka vor mir zum Stehen kommt, dreht er sich einmal präsentierend im Kreis und ich beginne zu schmunzeln. Es fehlt nur noch ein Stirnband aus Frotteestoff. „Du siehst aus, wie eine Mischung aus 'Gefangen in den 90er Jahren' und Survival-Camp", sage ich und lasse meinen Blick noch einmal über Lukas Garderobe wandern. „Du stehst doch drauf", antwortet er frech. Ein weiteres amüsiertes Geräusch entflieht meinen Lippen. Es gleicht einem Kichern. Doch dann holen mich meine Gefühle wieder ein. Ich atme schwer und deute Richtung Flur. „Du, ich muss weiter." „Hey, warte. Meinst du, ich habe meinen Traumkörper ohne Grund in deine Nähe geschleppt?" Luka hält mich zurück und sieht mich forschend an. „Ein paar Minütchen hast du bestimmt für mich, oder? Denn, ich will dir was zeigen." Seinem unwiderstehlichen Lächeln kann ich nichts entgegensetzen. Schon gar nicht in meiner jetzigen Verfassung. „Na gut, aber nur, weil du so nett bettelst.", erwidere ich seltsam ruhig und ohne zu verstehen, wie ich es schaffe meine bröckelnde Fassade aufrechtzuhalten. Luka lächelt neckend. Ich folge ihm eine Etage höher und stehe dann in einen kleinen, komplett zu gebauten Raum. Tausende Zeitungsstapel türmen sich auf dem Boden, auf den Schränken und auch auf dem relativ langen, aber schmalen Schreibtisch. Lukas Arbeitszimmer ist eine typische journalistische Rumpelkammer. „Du wolltest mir also zeigen, dass du keine Ordnung halten kannst?", kommentiere ich meinen ersten Einblick in sein kleines Reich. „Haha, Humor hat seine Grenzen, mein Lieber", bemerkt er und zieht nun seinerseits eine Augenbraue nach oben. „Und die Grenzen ist deine Türschwelle? Oder der Zeitungshaufen da...nee der...vielleicht doch der..." Ich deute witzelnd auf verschiedene Haufen, sehe wie Lukas Lächeln breiter wird und dann doch ein herbes Lachen über seine Lippen huscht. „Tut mir Leid. Was wolltest du mir zeigen?", antworte ich brav und gehorsam. Luka tippt sich gegen die Lippen. Er verschwindet hinter seinen Schreibtisch und beginnt in einem Stapel nach etwas zu suchen. Irgendwann reicht er mir einen ordentlich zusammengefalteten Artikel. „Den habe ich letztens gefunden. Ich dachte, dass er dich vielleicht interessiert." Als ich ihn entfalte, erkenne ich, dass es das Interview ist, das er mit Professor Stroud geführt hat. Ein verschmitztes Grinsen und er deutet auf seinen Schreibtischstuhl, damit ich mich setzen kann. „Wie aufmerksam von dir." Eine andere Sitzmöglichkeit hat er nicht. Also lasse ich mich auf den dargebotenen Bürostuhl nieder und beginne zu lesen. Als ich an zwei Stellen über Antonys Namen stolpere, lasse ich den Artikel auf den Tisch sinken. In meiner Brust wird es schwer und meine Finger werden mit einem Mal eiskalt. Enttäuschung und Schmerz schwappen durch meinen Körper. Beißend. Brennend. Lähmend. Ein feines Seufzen entrinnt meinen Lippen und ich wandere mit meinen Augen Lukas Schreibtisch ab. Ein zu geklappter Laptop. Tausende Papiere und Zeitungen. Eine Zigarettenschachtel direkt neben einem Aschenbecher. Lukas Blick ist die ganze Zeit auf mich gerichtet und er lehnt sich mit verschränkten Arm gegen einen klischeehaften metallischen Schubladenschrank. Er beobachtet meine Bewegungen und folgt meinen Regungen mit aufmerksamen Augen. Ich strecke meine Hand nach der Schachtel aus und streiche mit den Fingerkuppen die Kippöffnung auf. Es sind noch Zigaretten drin. Geschickt ziehe ich mit nur zwei Fingern eine Kippe hervor. Aus den Augenwinkeln heraus sehe ich, wie sich Luka auf mich zu bewegt und sich über den Tisch beugt. Ich möchte so gern einfach vergessen und diese grausame betrogene Gefühl loswerden. Seinen Geschmack von meinen Lippen tilgen und das Gefühl seiner Haut unter meinen Fingern verlieren. Ich sehe von meiner Hand, die die Zigarette hält, auf. Lukas blaue Augen blicken mir entgegen. Der feine Schimmer, der immer in ihnen schwebt und ihm einen verschmitzten und aufgeweckten Ausdruck verleiht, ist diesmal besonders intensiv. Er beugt sich über den Tisch direkt zu mir. Seine Hände greifen die Seitenstützen des Stuhls. Ich starre auf die vielen Ohrringe an seinem rechten Ohr. Ich zähle sie und komme auf insgesamt elf Stück. Ich strecke meine Hand danach aus und fahre jeden Einzelnen mit der Fingerspitze ab. Kühl und glatt fühlen sie sich an. „Was hat mein Eco-Boy? So schlecht ist der Artikel nicht. Nur etwas langweilig", flüstert er mir rau entgegen und beobachtet meinen Gesichtsausdruck. Ich sehe ihn ermattet an. Nur kurz und dann wandern meine Augen weiter. Sein Shirt ist weit und locker. Ich lasse meinen Blick über seine freigelegte linke Schulter wandern. Eine Narbe am Ansatz des Schlüsselbeins. Er beugt sich noch dichter zu mir und eröffnet mir noch mehr Blickweite. Ich schaue weiter über seinen Hals zu dem Ausschnitt, der durch seine gebeugte Haltung eine deutliche Sicht auf seinen Oberkörper ermöglicht. Lukas leicht behaarte, männliche Brust. Seine Brustwarzen wölben sich hart hervor und ich kann auf beiden Seiten Metall ausmachen. Schmale Ringe mit jeweils einer Kugel, die direkt unterhalb der erhobenen Warzenspitze liegen. Ich folge dem haarigen Pfad bis der Rand des Shirts weitere, tiefere Blicke verhindert. Luka beobachtet mich weiterhin, lässt seine Augen über mein Gesicht wandern und das Stoppschild in meinem Kopf löst sich einfach auf. Ich beuge mich zu ihm vor und lege meine Lippen auf seine. Das plötzliche Bedürfnis dem anderen zugeben, was er will, brennt heiß in mir. Luka will mich und er soll mich haben. Ein kurzer Ruck der Überraschung fährt durch seinen Leib, doch er währt nicht lange. Er ist sofort bei der Sache. Der herbe Geschmack seiner nikotingetränkten Lippen lässt mich einen Moment erschaudern, aber es ist kein unangenehmes Gefühl. Es ist anders. In diesem Augenblick ist anders besonders gut für mich. Denn es verwischt den Geschmack des anderen Mannes. Nur ein kleines Bisschen. Doch das reicht mir. Luka ist nicht zögerlich und zieht mich samt der Stuhls näher an sich heran. Das scharrende Geräusch scheint sich auf meinen Körper zu übertragen und ich erbebe. Meine Hände fassen Halt suchend an die Tischkante. Ein ungewöhnlich sanfter Biss in meine Unterlippe. Mein Puls schnellt nach oben. Was tue ich hier? Luka tippt sich mit der Zungenspitze gegen die Oberlippe. Ein seltsames Gefühl durchströmt mich. Seine Stimme vibriert in meinen Gehörgängen und ich habe das Gefühl, dass sie noch rauer klingt, als sonst. Ein weiterer intensiver Kuss, der Wellen der Lust durch meinen Körper jagt. Sie branden gegen die still errichtete Mauer in meinem Inneren. Wieder und wieder bis die erste schäumenden Gischt hinüberschwappt. „Schmeckst du überall so unglaublich?", flüstert er während er meinen Kiefer entlang küsst. Ich schlucke. Seine tiefer Stimme und diese Worte sind ungewohnt, aber auch erregend. Luka richtete sich auf und sieht mich an. Minimal hebt sich eine seiner Augenbrauen und mit wenigen Schritten steht er vor mir. Er dreht mich zu sich und ich kann mich nicht mehr an der Tischkante festhalten. Erneut stützt er sich auf die Armlehnen des Stuhls. Sein ekstatischer Blick scheint mich zu durchdringen. Mit einem heftigen Ruck schiebt er mich gegen den metallischen Aktenschrank hinter mir. Ein erschrockenes Keuchen löst sich von meinen Lippen und ich greife haltsuchend nach seinen Unterarmen. Luka kniet vor mir und augenblicklich spüre ich seine Lippen. Seine fordernde Zunge, die meine lockt und entdeckend erkundet. Seine Bewegungen und seine Berührungen sind forsch und wenig sanft. Fast ruppig, doch in diesem Moment ist es das, was ich ersehne. Der Biss in meine Unterlippe schickt schmerzhaft kribbelnde Stöße durch meinen Körper. Seine Hände wandern über meinen Leib, ertasten die Konturen meiner Figur über der Kleidung, doch das reicht ihm nicht. Meine Finger krallen sich in die Lehnen um seinen abrupten Handgriffen einen Widerstand zu bieten. Seine großen Hände umfassen mein Becken, ziehen mich dichter, sodass er zwischen meinen Beinen hockt. Seine raue Art hat etwas Elektrisierendes, aber ich spüre auch, wie sie langsam beginnt mich einzuschüchtern. „Luka." Mein Atem geht schwer und als ich ihn erneut fort drücke, sieht er auf. Das ist nicht richtig. Luka beugt sich zu mir, haucht einen Kuss auf meine Wange. „Bin ich dir zu forsch? Magst du es sanfter?" Erstaunlicher Weise schwimmt keine Verärgerung in seinen Worten, kein Spott und kein Hohn. Er streift mit seinen Lippen über meinen Kiefer und meine Wange, haucht einen weiteren Kuss auf meine Lippen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Will ich wirklich, dass er aufhört? Es ist der Gedanke an Antony, der mir verletzende Stöße in den Körper treibt und zu gleich, diese unendliche Wut in mir entfacht. Ich will ihn ebenfalls verletzen und das mit dem anderen Mann. Luka ist das Mittel zum Zweck, doch ich spüre den inneren Widerstand, der mich unsicher zurückrudern lässt. Ich fühle mich gefangen zwischen Wut und Vernunft. "Ich kann auch sanfter, aber das macht nur halb so viel Spaß", säuselt er mir entgegen und beißt mir zart ins Ohrläppchen und entfacht einen Stromstoß, der durch meinen Körper fährt. Pure Spannung, während seine Zunge ihren Weg über meinen Hals zu meiner Brust sucht. Er hält sie spitz und unnachgiebig. Doch als er bei meiner Brustwarze ankommt, wird sie zunächst weich und einfach nur feucht. Sofort erhärtet sie sich als die Feuchtigkeit durch das T-Shirt dringt. „Lass uns...", unterbricht er und lässt seine Zunge noch einmal über mein Knospe wandern. Seine andere Hand schiebt mein Shirt unverblümt nach oben. „... einen ..." Nun wird seine Zunge spitz und er kreist mehrere Mal um die empfindliche Haut. „... Deal machen." Ein Biss und ich keuche schmerzerfüllt auf. Danach sieht er auf. Schaut direkt in meine nur leicht geöffnet Augen. Sieht dabei zu, wie ich abwartend schlucke. Ein Deal. Etwas in mir schreit 'Nein', doch kein Wort kommt über meine Lippen. Hosted by Animexx e.V. 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