Wie man auf dem Rücken des Windes reitet -James & Lily the Prequel von Teela-chan (James&Lily) ================================================================================ Kapitel 33: Berufsberatung -------------------------- 33. Akt: Berufsberatung "It's not true that people stop pursuing dreams because they grow old, they grow old because they stop pursuing dreams." (Gabriel Garcia Márquez) Alles war dunkel, während sie zusammengesunken auf dem kalten Steinboden saß und mit dem Rücken an der hölzernen Tür lehnte. Es war ruhig dort, wo sie saß und dennoch hörte sie, wie ihr Atem in der Finsternis stetig leise ein und aus ging. Lily hatte die Hände vor die Augen gepresst und versuchte das Geschehene zu verarbeiten. Sie konnte sich noch daran erinnern, dass sie mit Remus zum Vertrauensschülertreffen gehen wollte und ab dann gab es einige Dunkel-Episoden in ihrem Kopf. Doch an eines konnte sie sich sehr gut erinnern. Nämlich, dass sie im Raum der Wünsche versucht hatte sich an James Potter heran zu machen und ihn zu küssen. Immer wieder murmelte sie leise vor sich hin, dass das nicht wirklich passiert ist und das alles nur ein böser Traum gewesen war, doch sie irrte sich. Als Lily beim nächsten Wimpernschlag die Hände aus ihrem Gesicht nahm und die Augen öffnete, hörte sie abermals wie es leise an der Tür klopfte. Wieder rührte sie sich nicht und zog auf dem kalten Boden ihren Cardigan dichter an ihren Körper. Doch als sie diesen genauer betrachtete, stellte sie fest, dass er ihr einige Nummern zu groß war. Er roch nach ihm, nach grünem Gras, ein wenig nach Holz und ganz leicht nach seinem Aftershave. Der Geruch war nicht penetrant, sondern er schlich sich eher sanft und langsam in ihre Nase, sodass sie ihn eine Weile gar nicht bemerkt hatte. Lily konnte sich nicht daran erinnern, wann sie seinen Cardigan angezogen hatte, doch als sie auf dem Sofa aufgewacht war, als Rosalie an ihren Arm gerüttelt hatte, trug sie ihn bereits. »Lily, mach bitte die Tür auf«, hörte sie Marys Stimme leise gegen die Tür flüstern. Sie hatte es mitbekommen, ebenso wie Rosalie und Remus und schlimmer noch Peter Pettigrew und Sirius Black. Vermutlich würde es morgen die ganze Schule wissen. Lily Evans hatte sich James Potter an den Hals geworfen, sie war ihm verfallen, doch er wollte sie, wie alle anderen nicht haben und hatte sie an nur einem Abend abserviert. Absolut jeder würde es wissen, da war sie sich sicher. Lily fragte sich immer wieder wie das passieren konnte, doch in ihrem Kopf formte sich keine allgemeingültige Antwort auf diese Frage. Vielleicht war es ein böser Streich von irgendjemanden gewesen, vielleicht war sie sogar nicht die Einzige, der das passiert war, doch sie fragte sich warum es ausgerechnet James Potter sein musste. Wieder kniff Lily ihre Augen zusammen und versuchte ihre Erinnerungen an diesen Tag zu verdrängen. Dies war sogar einfacher als gedacht, da es nicht viele Erinnerungen waren, die sie durch den Schleier aus Regenbogenfarbenden Nebel überhaupt bewusst erlebt hatte. Es war wie ein Rausch gewesen, als hätte sie eine ganze Flasche Feuerwhiskey getrunken. Es blitzen immer wieder kleine Momente in ihren Kopf auf. Vieles lag auch noch im Dunkeln und vielleicht war das sogar besser so. Doch all diese kleinen Momente, die immer wieder in ihrem Kopf aufflackerten und mit der voranschreitenden Zeit deutlicher zu werden schienen, ließen sie dennoch genug verstehen, um zu wissen was grob passiert war. »Lily, du warst die ganze Nacht da drin. Der Unterricht geht gleich los!«, drängelte Mary hinter der Tür. »Ich komme nicht mit«, erwiderte Lily trotzig. »Das sagst du doch nur so. Du hast noch nie den Unterricht geschwänzt.« »Dann wird es Zeit mal damit anzufangen, findet ihr nicht?« »Bald fangen die Prüfungen an Lily, ich glaube kaum, dass du etwas verpassen wollen würdest.« Lily gab ein trotziges Schnauben von sich. Die Prüfungen waren ihr gerade herzlich egal. »Lily Evans, du wirst jetzt sofort da raus kommen und erhobenen Hauptes in den Unterricht gehen!«, rief Rosalie wütend gegen die Tür. Einen Moment war es ganz still. Lily wusste, dass Rosalie Recht hatte. Sie konnte sich nicht ewig hier drin verstecken und das war eigentlich auch nicht ihre Art. Sie ging Problemen nicht aus dem Weg, sondern versuchte sie zu lösen. Vielleicht hatte sie ja Glück und wenigstens Remus würde ihr beistehen und seinen Freunden einreden, dass sie sich nicht über sie lustig machen sollten. Aber vermutlich würde ihn das überhaupt nicht interessieren. Sie wusste wie egoistisch James Potter sein konnte. Lily runzelte die Stirn. James Potter war egoistisch, aber dennoch hatte er sie davon abgehalten ihn zu küssen und Lily fragte sich warum. War es ihm so zu wider gewesen? Oder hatte er sich tatsächlich wie ein Gentleman benommen? Es dauerte einen Moment bis das Türschloss sich bewegte und Lily endlich aus dem Badezimmer kam. Die dunkeln Ringe unter ihren Augen zeugten von der vergangenen schlaflosen Nacht. Rosalie seufzte als sie ihre Freundin näher betrachtete. Mary hingegen sah erleichtert aus. »Na endlich, ich muss so dringend da rein«, rief sie sogleich und schob sich an Lily vorbei ins Badezimmer. Rosalie hingegen nahm sich ein Taschentuch von ihrem Nachttisch und versuchte vorsichtig den verschmierten Maskara von Lilys Augenwinkeln zu entfernen. »Keine Angst, ich habe den Vieren nahe gelegt, die Sache vertraulich zu behandeln und damit gedroht, dass ich beim nächsten Quidditchspiel absichtlich schlecht spielen werde und die Klatscher auf James abfeuere, sollten sie sich über dich lustig machen.« Lily zwang sich zu einem schmalen Lächeln. Genau das hätte Nicky auch für sie getan. »Das war das peinlichste, was mir je in meinem Leben passiert ist«, murmelte Lily. »Aber es ist doch nichts passiert, oder?« Lily schwieg einen Moment, während Mary sichtlich erleichtert aus dem Bad kam. Rosalie packte sie an der Schulter und sah sie eindringlich an. Lily konnte in ihren Augen erkennen, dass sie befürchtete, dass doch etwas passiert sei. Doch selbst wenn, konnte Lily sich nicht daran erinnern. Vor allem die erste Zeit war noch ziemlich verworren in ihrem Kopf und nichts schien Sinn zu ergeben. »Ich glaube nicht«, antworte sie schließlich. »Es ist nicht alles klar in meinem Kopf, aber von dem, woran ich mich erinnern kann, weiß ich nur, dass er sich ausnahmsweise mal anständig benommen hat. Aber trotzdem möchte ich ihm diese Genugtuung nicht gönnen.« »Es war doch nicht deine Schuld, Lily. Wir werden schon noch herausfinden, wie das alles passiert ist und den verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen«, erwiderte Mary sichtlich motiviert auf Hexenjagd zu gehen. Lily seufzte und ließ sich auf ihr Himmelbett fallen. Rosalie wühlte währenddessen in ihrem Schrank und suchte nach einem frischen Pullover. »Du solltest dir was sauberes anziehen und dann gehen wir zum Unterricht«, redete Rosalie weiter während sie eine Bluse aus dem Schrank zog. »Ist dir der Cardigan nicht etwas zu groß?«, fragte Rosalie stirnrunzelnd, als sie Lily die frischen Sachen reichte. Diese zog sich die halb zugeknöpfte Bluse über den Kopf und tat so, als hätte sie Rosalies Frage nicht gehört. Lily blickte an sich herunter, auf den übergroßen Cardigan, den sie trug. Sein Cardigan. Sie würde ihn ihm zurückgeben müssen und eigentlich müsste sie ihn auch nach dem gestrigen Tag fragen. Er war der einzige, der ihr all diese Fragen in ihrem Kopf beantworten konnte. »Das ist so erniedrigend«, murmelte Lily, während sie ihr Gesicht abermals in ihren Händen vergrub. »Erniedrigend hin oder her, wenn du jetzt nicht gehst, kommst du zu spät und du weißt, wie sehr es McGonagall hasst wenn jemand zu spät zu kommt!« Die drei Mädchen kamen gerade noch rechtzeitig am Klassenraum für Verwandlung an. Die meisten Schüler saßen schon auf ihren Plätzen und Rosalie konnte den letzten Umhang eines Schülers durch die Tür gehen sehen, als die drei sich hinter diesem in das Klassenzimmer zwangen. Lilys Blick war starr auf das Lehrerpult gerichtet. Sie ging als letzte in das Klassenzimmer und hielt sich dicht hinter Mary. Ohne sich umzublicken nahm sie Platz und begann damit ihre Bücher aus der Tasche zu kramen. Es dauerte nicht einmal eine Minute bis es ruhig wurde und McGonagall den Unterricht begann. Ihre Hauslehrerin schien irgendetwas organisatorisches anzusprechen, worauf sich ein reges Gemurmel im Raum ausbreitete, doch sie hörte gar nicht zu. Als das Gemurmel verstummte und McGonagall ihnen eine kleine Vorführung in Verwandlung gab, versuchte sie aus den Augenwinkeln die Rumtreiber ausfindig zu machen, doch sie konnte sie nicht sehen. Sie mussten also an einem der zwei Tische hinter ihnen sitzen. Lilys Nackenhaare sträubten sich auf und sie bekam eine Gänsehaut, als sie plötzlich James Potters Stimme hinter sich vernahm. Er schien sich gemeldet zu haben, denn er antwortete auf McGonagalls Frage, die Lily gar nicht richtig mitbekommen hatte. Sie versuchte sich auf den Unterricht zu konzentrieren und kritzelte hin und wieder etwas auf ihr Pergament, was sie beiläufig aufschnappte. Doch sie wurde von jedem noch so kleinen Gemurmel abgelenkt und zuckte jedes Mal zusammen, wenn sie seine Stimme vernahm. Dabei war das noch nicht einmal so ungewöhnlich. Er meldete sich immer in Verwandlung, genauso wie in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Er war gut in diesen Fächern, sogar viel besser noch als alle anderen. Dennoch fühlte sie ein leises Unbehagen in sich aufsteigen, jedes Mal wenn sie seine Stimme hörte. Aber sie hatte nicht den Mut sich umzublicken. Es kam ihr so vor, als würde er sie anstarren; als würden seine Augen sie regelrecht durchbohren. Sie fühlte sich beobachtet und als es zum Stundenende läutete, war sie die Erste, die aus dem Klassenraum stürzte. *** James wandte sich immer wieder um, doch er konnte den Rotschopf nirgendwo entdecken. Es war nicht einmal mehr eine Minute bis der Unterricht begann, doch er konnte weder sie, noch Rosalie oder Mary entdecken. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals vor ihr einen Klassenraum betreten zu haben. Sie war immer pünktlich gewesen. Zu spät kommen schien für sie keine Option zu sein. Der schwarze Sekundenzeiger auf der Uhr bewegte sich nur mühselig, doch McGonagall hatte sich bereits in Position vor das Pult gestellt. Sie würde wie immer den Unterricht auf die Sekunde genau beginnen. Es waren noch zwanzig Sekunden, noch achtzehn, noch fünfzehn und dann bemerkte er wie Rosalie Pond ins Klassenzimmer stürzte. Dicht hinter ihr war Mary McDonald, an deren Umhang sich Lily Evans klammerte. Die drei beeilten sich zu den letzten freien Plätzen in der Reihe vor ihm zu kommen. Lily blickte sich nicht um, doch sie schien nervös zu sein. Er konnte ihr Unbehagen fühlen, als sie hektisch in ihrer Schultasche wühlte und McGonagall anfing von der anstehenden Berufsberatung zu sprechen, welche in einigen Tagen stattfinden sollte. James beobachte Lily eine Weile, doch als der Unterricht richtig los ging und er ihre Feder auf dem Pergament kratzten hörte, wandte auch er sich dem Unterrichtsgeschehen zu. McGonagall fragte gerade nach den Schwierigkeiten bei der Verwandlung von lebenden Wesen in Gegenstände. James schmunzelte. Er hatte eine Augenbraue hochgezogen und sah wie sich niemand sonst im Klassenraum meldete, als seine Hand nach oben schoss. Es war einfach für ihn. Verwandlung war sein Fach. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen wie Lily Evans zusammenzuckte, als sich seine Stimme erhob. Er dachte es wäre ein Zufall gewesen. Doch er bemerkte, dass sie es jedes Mal tat, wenn er sich meldete und das brachte ihn abermals zum schmunzeln. Als es zum Unterrichtsende läutete, hatte sie den Klassenraum schneller verlassen, als James sein Buch überhaupt in die Tasche packen konnte. Er nahm gerade noch wahr, wie ihre roten Locken durch den Türrahmen verschwanden und Rosalie aufseufzte, als sie ihr hinterher blickte. Sie wollte ihm scheinbar aus dem Weg gehen, doch das würde sie sicher nicht ewig schaffen. Sie waren in einem Haus, hatten fast alle Fächer zusammen und saßen beim Essen an einem Tisch. Es gab kein entkommen, dachte James. Doch er irrte sich. In den nächsten zehn Tagen, konnte er sie nirgends ausfindig machen, weder in der Bibliothek noch im Gemeinschaftsraum. Beim essen saß sie immer so weit wie möglich von ihm weg und im Unterricht war sie immer die letzte die den Klassenraum betrat und die erste, die ihn wieder verließ. Dies alles war ziemlich untypisch für sie und James fragte sich, warum sie so einen Aufstand um die ganze Sache machte. Sie musste doch mittlerweile bemerkt haben, dass er nichts herumerzählt hatte. Es war merkwürdig, wie er sich automatisch nach ihr umblickte, jedes Mal wenn er einen Raum betrat, doch sie sah ihn partout nicht an und das störte ihn. Er fragte sich, wie so oft in letzter Zeit warum das so war. Warum störte es ihn, dass sie ihn nicht beachtete? Sie hatte ihn nie interessiert, doch das Schicksal schien sie immer wieder zueinander zu führen und sie fanden sich in den verworrensten Situationen wieder. Zudem interessierte ihn, von wem die Pralinenschachteln waren. Warum sollte jemand wollen, dass Evans sich ihm zu Füßen warf? Und vor allem, dass Sirius sich in sich selbst verliebte? Das Amortentia darin war nahezu perfekt gebraut gewesen und James wusste nicht, wer dazu in der Lage gewesen sein konnte. Doch vor allem fragte er sich, wie die Person an Haare oder etwas ähnliches von ihm und Sirius gekommen war. Er konnte sich an keine Situation erinnern, an der jemand die Gelegenheit gehabt hätte, ihm so etwas zu entwenden. Möglicherweise waren wegen ihres grandiosen Streiches am Valentinstag, auch alle Pakete durcheinander geraten? Vielleicht waren diese Pralinen nie für Sirius oder Evans bestimmt gewesen. Doch für den Moment, sah er keine Möglichkeit dem ganzen auf die Spur zu kommen. *** »Du hast gesagt, dass der Trank auf jeden Fall wirken würde«, beschwerte sich ein Mädchen, welche im Halbdunkel an der Steinmauer in den Kerkern lehnte. Sie hatte die Arme vor ihrer Brust verschränkt und ihrem Gegenüber einen bösen Blick zugeworfen. »Der Trank war einwandfrei und korrekt gebraut worden«, erwiderte er. »Der Valentinstag ist nun schon zehn Tage her.« »Möglicherweise hat er die Pralinen nicht gegessen?«, überlegte er. »In der großen Halle hat er einigen Mädchen gegenüber behauptet, er habe von allen Pralinen gegessen und sich wie immer natürlich sehr über die Geschenke gefreut!« »Ist dir in den Sinn gekommen, dass er möglicherweise gelogen hat?«, fragte ihr Gegenüber augenverdrehend. »Das würde er nicht tun!«, erwiderte sie, woraufhin ihr gegenüber entnervt aufseufzte. »Dann hast du vielleicht nicht genug von deinen Haaren in den Trank gegeben, bevor du sie in die Pralinen gegeben hast.« Sie blinzelte und ging in Gedanken seine Aussage nochmal durch. »Von meinen Haaren? Du hast gesagt es kommen seine darein?« »Nein, da musst du mich missverstanden verstanden haben«, erwiderte er und in der Dunkelheit kräuselten sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln, welches er sonst nie in seinem Gesicht trug. Er konnte nicht bestreiten, dass es ihm gefiel wie sich die Tatsachen entwickelt hatten. *** Lilys Nervosität der letzten Woche war wie weggeflogen. Sie war erleichtert, dass sie James Potter erfolgreich aus dem Weg gegangen war und es scheinbar keine Gerüchte in der Schule gab, die sie kompromittierten. So war sie guter Dinge, als sie in der ersten Märzwoche durch die Gänge des Schlosses spazierte und sich auf den Weg zu Professor McGonagalls Büro machte. Es war der wohl einzige Tag in ihrer gesamten Schullaufbahn, in der man für eine Stunde vom Unterricht befreit wurde, um sich bei seinen Hauslehrern einzufinden. Lily wusste noch nicht, ob sie dem bevorstehenden Gespräch mit Wohlwollen oder Nervosität entgegen treten sollte. Als Lily vor McGonagalls Büro ankam, stellte sie fest, dass die Tür vor ihr noch verschlossen war. Es hing jedoch ein Schild daran, auf welchem in großen Lettern „Berufsberatung. Bitte nicht stören!« stand. Lily setzte sich auf einen der beiden freien Stühle neben der Bürotür und wartete darauf, dass sie dran kam. Sie war in den letzten zwei Wochen so sehr damit beschäftigt gewesen, James Potter aus dem Weg zu gehen, dass sie vollkommen vergessen hatte, sich auf dieses Gespräch vorzubereiten, geschweige denn darüber nachzudenken, was sie überhaupt nach der Schule machen wollte und konnte. Sie musste McGonagall gleich etwas über ihre Berufsvorstelllungen erzählen, um daraus dann die entsprechenden Fächer für ihr Abschlussjahr zu wählen. Damals in der vierten Klasse war es ihr ebenfalls schwer gefallen eine Entscheidung zu treffen, daher hatte sie für ihre ZAG's fast alle Fächer gewählt, die in ihren Stundenplan gepasst hatten. Doch diesmal konnte sie das nicht wiederholen. Sie musste sich für das entscheiden, was sie wollte, doch was wollte man schon mit 17Jahren? Nervös knetete Lily die Hände in ihrem Schoß, während die Minuten verstrichen und wartete darauf, dass sie endlich hereingebeten wurde. Wer auch immer gerade im Büro saß, ließ sich ziemlich viel Zeit. *** »Ich denke nicht, dass es nötig ist mit mir ein solches Gespräch zu führen, wenn man die Umstände bedenkt.« »Ich verstehe nicht was Sie meinen Mr. Lupin«, erwiderte McGonagall, während sie ihn durch ihre halbrunden Brillengläser fixierte. Remus seufzte. Er hatte gewusst, dass dieses Gespräch nicht leicht werden würde. Er hätte sich natürlich etwas ausdenken können und in seinen Gedanken fröhlich seine Zukunft planen können, doch das wollte er nicht. Er wollte weder sich, noch McGonagall oder sonst jemanden, der um sein Geheimnis wusste in dieser Hinsicht belügen. »Besteht für mich nach Hogwarts eine Möglichkeit einen Job zu bekommen?« Es war eine rhetorische Frage. Er kannte die Antwort bereits und McGonagalls mitleidiger Blick bestätigte nur das, was er schon immer gewusst hatte. Die Welt da draußen war nicht bereit jemanden einzustellen, der ein Werwolf war. Es war zu gefährlich. Er wusste ja nicht einmal, ob er sich selbst einstellen würde, wenn er auf der anderen Seite stehen würde. Werwölfe gehörten wie Riesen und andere magische Wesen immer noch zu den geächtetsten Wesen der magischen Gesellschaft. Er würde im Ministerium oder in anderen höher gestellten Unternehmen keine Chance haben und das wussten beide, auch wenn es niemand aussprach. »Ihre ZAG's sind auf jeden Fall überdurchschnittlich gut. Es wird sich bestimmt eine Möglichkeit auftun«, versuchte McGonagall ihm gut zu zureden. Doch tief in ihr drin, wusste sie, dass er es sehr schwer haben würde. *** Lily trippelte nervös mit dem Fuß auf dem Boden herum, als sich plötzlich die Bürotür öffnete. »Remus«, sagte Lily überrascht. »Seit wann kommt L denn vor E?« »Ähm, ich wurde vorgezogen, weil ich noch was erledigen muss später«, nuschelte er verlegen. »Oh okay.« Remus sah müde aus. Die dunklen Schatten unter seinen Augen waren Lily nicht entgangen. Doch es war für ihn auch nicht ungewöhnlich. Er war oft krank und hatte in dieser Hinsicht schlechte Gene, wie er immer behauptete, doch Lily konnte in diesem Moment eine Traurigkeit in seinen Augen erkennen, die sie niemals jemanden wünschen würde. »Ist bei dir denn alles in Ordnung?«, fragte sie ihn schließlich und presste dabei die Lippen zusammen. Sie war in den letzten zwei Wochen, nicht nur James Potter, sondern allen Rumtreibern und damit auch Remus aus dem Weg gegangen. Lily bekam ein schlechtes Gewissen, da es ihm offenkundig nicht gut zu gehen schien. Remus war ihr Freund mittlerweile und Freunde sollten doch füreinander da sein in diesen Situationen. Doch sie war nicht für ihn da gewesen in den letzten Wochen. Sie hatte nur an sich selbst gedacht und ihre eigenen Probleme und das erschreckte sie irgendwie. Remus hingegen schenkte ihr ein schwaches Lächeln. »Mach dir mal um mich keine Sorgen«, erwiderte er schließlich. »Sag mir lieber wie es dir geht, du hast dich ziemlich rar gemacht in letzter Zeit.« Lily presste die Lippen zusammen und wandte ihren Blick ab. Sie wippte nervös mit ihren Füßen vor und zurück und überlegte was sie ihm antworten sollte. Doch Remus lächelte wieder nur, als ob er bereits wüsste, was sie bedrückte. »Rede mit ihm. Das hilft dir möglicherweise«, sagte er schließlich und Lily blickte sofort fragend auf. »Du solltest reingehen«, sagte er dann schnell, bevor Lily noch etwas sagen konnte. Remus zog seine Schultasche dichter um seine Schulter und ging in den Unterricht, während Lily ihm noch einen Moment blinzelnd hinterher starrte. Reden. Sie wusste selbst, dass das vermutlich am sinnvollsten war, da nur er ihr sagen konnte, was alles passiert und nicht passiert war, doch irgendwie fühlte sie sich noch nicht dazu in der Lage. Schließlich klopfte sie seufzend an die Bürotür ihrer Verwandlungslehrerin, welche sie auch sogleich hereinbat. »Miss Evans, setzen sie sich doch«, sagte McGonagall und deutete mit der Hand auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. »Ingwerplätzchen?« »Nein, danke«, lehnte Lily höflich ab und setzte sich auf dem ihr angebotenen Stuhl. Sie ertappte sich dabei, wie sie wieder damit begann ihre Hände in ihrem Schoss zu kneten. Sie fragte sich, warum sie nur so nervös war. Es war doch nur eine Berufsberatung. McGonagall suchte derweil nach einer Kopie ihres letzten Zeugnisses und legte das Dokument vor sich auf den Schreibtisch und überflog kurz die ZAG's, welche Lily im letzten Schuljahr geschafft hatte. »Sie haben im letzten Schuljahr wirklich viele Fächer belegt Miss Evans und ihre Noten sind meistens hervorragend gewesen.« Lily versuchte ein Lächeln aufzusetzen. Sie hatte im letzten Schuljahr auch so viel gelernt, dass sie kaum Zeit für etwas anderes hatte. »Damit steht ihnen ein breites Maß an Berufsmöglichkeiten zu Verfügung. Haben Sie denn schon selbst eine Vorstellung?« »Nein, ich habe noch keine Vorstellung, was ich machen kann.« McGonagall runzelte die Stirn. »Sie sind doch sonst so ein kluges Mädchen. Welche Fächer interessieren Sie denn am meisten.« Lily zuckte nur entschuldigend mit den Schultern. »Vor allem Zaubertränke liegt Ihnen, wie Professor Slughorn des öfteren im Lehrerzimmer erwähnt.« Lily presste die Lippen aufeinander und versuchte McGonagall möglichst nicht direkt anzuschauen, doch um eine Antwort würde sie nicht herum kommen. »Ich stelle mir viel Berufe spannend vor. Heiler dürfte interessant sein. Oder vielleicht was bei Gringotts oder etwas im Ministerium, aber...« »Aber?« »Die Frage lautet nicht, was ich tun möchte, sondern was ich überhaupt tun kann nach meinem Abschluss.« »Sie haben zahlreiche Fächer gewählt und wie bereits erwähnt in den meisten hervorragende Noten. Damit könnten Sie sich in all diesen Gebieten bewerben.« »Würden die mich denn annehmen oder meine Bewerbung direkt zerreißen und in den Müll werfen?« »Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen Miss Ev-.« »Sie sehen es doch auch«, fiel Lily ihrer Professorin ins Wort. »Nach allem was in der Welt passiert, nach allem was in Hogwarts passiert ist in letzter Zeit, wer würde jemanden wie mich schon haben wollen?« McGonagalls blau-graue Augen weiteten sich. In ihr blitzte Überraschung, entsetzen und Traurigkeit zugleich auf. *** »Ich möchte professionell Quidditch spielen, wenn das für mich möglich sein sollte«, sagte James Potter, welcher gerade ein Ingwerplätzchen genauer betrachtete. McGonagall schenkte ihm ein Lächeln und legte seine ZAG's beiseite. Sie selbst war ein großer Quidditchfan und hatte in ihrer Schulzeit als Sucherin in der Hausmannschaft gespielt. Sie liebte diesen Sport über alles und war jedes Mal unheimlich stolz, wenn jemand aus ihrem Haus eine Karriere ihres geliebten Sports in Betracht zog. Jedoch hatte es bisher nur einer wirklich geschafft in diesem Milieu Karriere zu machen. »Ich hege keinen Zweifel daran, dass sie gut spielen Potter, jedoch müssen Sie die Talentscouts von sich überzeugen. Einer war beim letzten Spiel sehr angetan von ihnen bis Sie... nun ja bis zu dem Unfall. Aber ich bin mir sicher, dass im nächsten Schuljahr weitere Talentscouts kommen werden.« »Das hoffe ich doch.« »Dennoch sollten Sie sich einen Alternativplan überlegen, falls es nichts wird oder sie unzufrieden mit ihrer Karrierewahl sein sollten.« »Das wird nicht passieren.« Wieder hatte er dieses charmante Lächeln aufgesetzt, wodurch er sich bei Schülern und Lehrern gleichermaßen an Beliebtheit erfreuen konnte. Selbst McGonagall musste schmunzeln, als sie die Selbstsicherheit in seinem Blick erkannt hatte. *** »Sie sind zu spät Mr. Black. Ihre Sitzung war bereits heute Morgen«, sagte McGonagall im strengen Tonfall. »Ich für meinen Teil ordne mich unter dem Nachnamen 'Potter' ein, wenn Sie nichts dagegen haben«, erwiderte Sirius und schenkte McGonagall ein unschuldiges Lächeln. Diese seufzte nur theatralisch und ließ Sirius schließlich in ihr Büro eintreten. Als sie an ihrem Schreibtisch Platz nahm, bot sie Sirius ein Ingwerplätzchen an, der daraufhin jedoch den halben Teller verspeiste. »Also Mr. Black, was genau möchten Sie nach Hogwarts tun?«, fragte McGonagall ihn, nachdem sie eine Weile auf seine ZAG's geschaut hatte. »Ich würde gerne Motorräder reparieren«, überlegte er schließlich. »Ich denke nicht, dass Sie dafür eine Hogwartsausbildung benötigt hätten, Mr. Black.« McGonagall schenkte ihm einen strengen Blick, doch Sirius hatte sein Gesicht abgewandt. Es war nicht sein ernst gewesen, dass konnte sie sehen. »Also, was würden sie denn gerne tun, was eine Hogwartsausbildung benötigt?«, fragte sie ihn schließlich. »Ich weiß nicht«, erwiderte Sirius nur schulterzuckend und biss in einen weiteren Keks. » Sie sind ein kluger junger Mann. Wären Sie nicht so faul würden ihre UTZ im nächsten Jahr sicher hervorragend ausfallen, womit Ihnen ein breites Maß an Möglichkeiten zur Verfügung stehen könnte. Welche Fächer interessieren Sie am meisten?« »Ähm Verwandlung und Verteidigung gegen die dunklen Künste«, überlegte Sirius. Zumindest waren das die beiden Fächer in denen er am besten war. Eigentlich wusste Sirius genau was er werden wollte, doch er war sich nicht sicher, ob er mit McGonagall darüber reden sollte. »Eigentlich, nun ja ich würde gerne versuchen Auror zu werden«, erwiderte Sirius schließlich und McGonagall schien sichtlich überrascht zu sein. »Das ist nicht einfach Mr. Black. Sie brauchen dazu erstklassige Noten in ihren UTZ Prüfungen im nächsten Jahr und das in mindestens fünf Fächern«, erwiderte McGonagall, während sie in einem Stapel Papieren im Regal hinter ihrem Schreibtisch herumwühlte und schließlich ein dunkles Merkblatt aus dem Stapel zog, welches sie vor Sirius auf dem Schreibtisch legte. »Verteidigung gegen die dunklen Künste und Verwandlung sind im letzten Jahr großartig bei Ihnen gelaufen. Aber Sie benötigen noch weitere Kenntnisse. Ich würde vorschlagen, dass Sie zudem noch Zauberkunst und Zaubertränke belegen sollten, aber Professor Slughorn nimmt nur Schüler mit einem E in seinen UTZ Kurs auf. Sie liegen gerade mal bei einem A. Es wird harte Arbeit, wenn sie bis zum Schuljahresende noch ein E schaffen wollen«, fuhr McGonagall fort, doch Sirius verzog keine Miene. »Aber warum denn Zaubertränke?«, nuschelte Sirius niedergeschlagen. »In der Arbeit als Auror ist es außerordentlich wichtig, dass Sie sich im Gebiet der Gifte und Gegengifte auskennen, dass kann Ihnen in diesem Beruf das Leben retten.« Sirius verdrehte die Augen, nickte jedoch im dem Sinne, dass die Botschaft bei ihm angekommen war. Er musste in Zaubertränke unbedingt besser werden. »Zudem Mr. Black, werden sie sich im Ministerium einigen Eignungs- und Fähigkeitentests unterziehen müssen. Beispielsweise, ob Sie unter Druck arbeiten können. Selbstverständlich werden auch Ihre Fähigkeiten in praktischer Verteidigung auf die Probe gestellt werden, aber diese sind, wie ich bereits gehört habe immer sehr hervorragend ausgefallen«, sagte McGonagall mit einem Lächeln im Gesicht. »Gut, es wird also nicht einfach werden, aber es ist nicht unmöglich.« »Das nicht, aber Sie werden merken, dass selbst wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, Sie auch nach Hogwarts viel arbeiten und lernen müssen in der drei Jährigen Aurorenausbildung. Es werden nur die absolut besten genommen. Ich glaube mich daran zu erinnern, dass der letzte der die Aufnahmeprüfung zum Auroren geschafft hat, Frank Longbottom vor drei Jahren gewesen war«, schwelgte McGonagall in Gedanken. Es war unüberhörbar, dass es sie mit Stolz erfüllte, dass ein ehemaliger Schüler von ihr, es in die Aurorenabteilung geschafft hatte. Nach ihrer Schilderung, schien das ganze kein einfaches Unterfangen zu sein und Sirius zweifelte zum ersten Mal in seinem Leben daran, ob er das auch wirklich alles schaffen würde. *** An diesem Abend lehnte sich Professor Minerva McGonagall in ihrem Bürostuhl zurück und starrte an die Holzdecke in ihrem Büro, während sie abwesend in ihrer Tasse Tee herumrührte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals so eine schwierige Berufsberatung durchlebt zu haben in all den Jahren, in denen sie nun schon Lehrerin in Hogwarts war. Die Schüler dieses Jahrgangs waren verunsichert. Sie hatten Angst und andere wiederum waren viel zu selbstsicher. Jeder einzelne hatte Probleme damit, seinen Platz in der Welt zu finden und einige zweifelten an sich und an der Zauberergesellschaft, in der sie momentan lebten. Diese Kinder hatten Angst vor Ausgrenzung und Diskriminierung, davor abgelehnt und ausgegrenzt zu werden und das machte die Welt für sie noch ein klein wenig dunkler, als sie es ohnehin schon geworden war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)