Wie man auf dem Rücken des Windes reitet -James & Lily the Prequel von Teela-chan (James&Lily) ================================================================================ Kapitel 27: Die etwas andere Aufgabe ------------------------------------ 27. Akt: Die etwas andere Aufgabe „Fragt ihr euch manchmal wie lange man braucht, um sein Leben zu verändern? Welche Zeitspanne dafür ausreicht? Sind es 7 Jahre wie in Hogwarts oder ein Jahr? Sind es zwei Monate Sommerferien oder nur ein einziger Tag oder ein Nachmittag? Kann sich ein Leben in ein paar Monaten, Wochen oder an einem einzigen Tag verändern? Wir haben es immer eilig, heranzuwachsen, etwas zu unternehmen, voranzukommen. Doch wenn man jung ist, kann eine Stunde alles verändern.“ - Lucas (OTH) Bereits am nächsten Tag sah Lilys Gesicht wieder aus wie neu, dank Madamme Pomfrey, die wirklich immer auf die kuriosesten Vorfälle vorbereitet war und das vermutlich erst seit die Rumtreiber zum ersten Mal Hogwarts betreten hatten. Auch James durfte nach ein paar Tagen den Krankenflügel wieder verlassen und zu Sirius' Verwunderung schien er nicht wütend zu sein, dass ihn jemand auf diese Weise beim Spiel außer Gefecht gesetzt hatte. Nicht mal die Tatsache das Gryffindor das Spiel zudem auch noch verloren hatte, schien ihn wirklich zu interessieren. »Ich weiß, dass du dich schnell langweilst Prongs, aber ich hätte gedacht, dass du die Mannschaft erst mal in die Zange nimmst nach der Leistung beim letzten Spiel.« »Das kommt schon noch. Wir werden auf jeden Fall öfter und härter trainieren müssen, wenn wir Hufflepuff und Slytherin schlagen wollen bei den nächsten Spielen.« »Naja, da sich durch die Vorfälle alles ein wenig verschoben hat, werden wir erst im Januar das Spiel gegen Slytherin bestreiten können. Es sind also noch gut 6 Wochen Zeit bis dahin.« »Genau Freitag ist der letzte Schultag in diesem Jahr und dann geht’s nach Hause«, versuchte Peter seinen Freund aufzumuntern. »Wir werden in Hogwarts bleiben«, meinte James und Sirius stimmte ihm zu. »Vollmond«, sagte Sirius nur auf Peters fragenden Blick hin, worauf er sich mit der Hand gegen die Stirn schlug. »Das habe ich vollkommen vergessen«, murmelte er nur. »Warum habt ihr nichts gesagt?« »Damit du fährst«, seufzte Remus »Du fährst ja über die Feiertage immer mit deiner Familie weg.« »Trotzdem hättet ihr es mir sagen müssen«, schmollte Peter und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Macht dir nichts draus Wormy. Remus wollte, dass keiner von uns bleibt. Er denkt, er würde uns Weihnachten und alles verderben und darum musst wenigstens du nach Hause fahren, um sein Gewissen zu beruhigen«, flüsterte Sirius seinem Freund zu. Die vier Freunde hatten gerade die große Halle erreicht, wo bereits alle beim Mittagessen saßen, als ihnen McCoy und Oldren entgegenkamen. »Oh schon wieder aus dem Krankenflügel entlassen?«, fragte McCoy. »Offenkundig«, erwiderte James und verschränkte die Arme vor der Brust. »Es tut mir wirklich Leid was passiert ist. Zu dumm, dass unser Sucher den Schnatz gefangen hat.« »Was willst du damit sagen McCoy?«, fragte Sirius schneidend. »Ich bitte dich. Es ist doch offensichtlich, dass Potters Sturz vom Besen beabsichtigt war, als er gemerkt hat, dass ihr das Spiel verlieren würdet.« »Es war Gleichstand zu dem Zeitpunkt«, warf Remus ein, doch niemand beachtete ihn. »Ach und ich dachte dein Cruciatusfluch hatte dafür gesorgt, dass ich vom Besen gefallen bin«, fiel James ihm ins Wort. »Wie bitte?«, lachte McCoy und ging einen Schritt auf James zu, sodass sich beide nun nur noch wenige Zentimeter gegenüber standen. »Du hast eine blühende Phantasie Potter. Meinst du nicht auch, dass du einfach nur ein schlechter Verlierer bist?« »Du weißt sicher genau, was ich meine.« »Na sie mal einer an, Potter du lebst ja noch!«, höhnte die Stimme von Mulciber. James wandte sich zu ihm um. Mulciber schien mit Snape und Regulus Black gerade aus den Kerkern zu kommen. »Ja offensichtlich, stört dich das?« »Ein wenig«, gestand Mulciber mit einem Grinsen im Gesicht. »Misch dich nicht ein«, fuhr Sirius ihn an, worauf Mulcibers Grinsen nur noch höhnischer wurde. »Du tust mir echt Leid Regulus. Dein Bruder, der Blutsverräter ist wirklich eine Schande für die Blacks. Jetzt nimmt er schon andere Blutsverräter in Schutz.« Sirius zückte seinen Zauberstab und schneller als Mulciber schauen konnte wurde eben dieser auch schon gegen die Wand geschleudert. Snape und Regulus hatten nun ebenfalls ihre Zauberstäbe gezogen, um notfalls etwaige Zauber abblocken zu können. »Ich fürchte ich muss dir als Schulsprecher Punkte abziehen, Black. Duelle auf den Fluren sind untersagt«, sagte Chad Oldren, doch Sirius hörte ihm nicht zu. Mulciber war bereits vom Boden aufgestanden, wischte sich immer noch grinsend das Blut von der Lippe und schwang seinen Zauberstab, als Sirius noch abgelenkt war. Doch James blockte den Zauber mit einem Protego ab. Wütend feuerte Mulciber ein Stupor auf James ab, welcher jedoch auswich. Stattdessen flog McCoy direkt gegen die Tür zur großen Halle aus der gerade die Mädchen kamen. Erschrocken fuhr Rosalie zusammen und drückte sich und Mary gegen die andere Flügeltür, als McCoy neben ihr auf dem Boden landete. »Hört sofort auf! Duelle sind verboten«, fuhr Lily die beiden an. »Genau!«, pflichtete Mary ihr bei, hielt jedoch ihren Zauberstab fest umklammert. »Wen interessieren die Worte von Schlammblütern? Wenn es nach uns ginge, hättet ihr nicht mal das Recht mit jemandem wie mir zu sprechen«, höhnte Mulciber, stolperte jedoch im nächsten Moment zurück, als Rosalies wütender Fluch ihn getroffen hatte. »Soll das ein Geständnis über die Plakate Mulciber?«, zischte Rosalie und richtete den Zauberstab wieder auf ihn. Lily wollte gerade zu etwas ansetzten, als McCoy sie beiseite schubste und mit erhobenem Zauberstab auf Sirius zu hechtete. *** Minerva McGonagall war gerade dabei ihr Steak zu zerteilen, als ein dumpfer Aufprall die Teller und Schüsseln in der großen Halle erzittern ließ. Sie griff nach ihrem Weinglas, gerade noch rechtzeitig bevor der Wein über Sinclairs weißes Hemd laufen konnte. Dumbledore hatte sich bereits erhoben und fixierte mit seinen hellblauen Augen die Tür zur großen Halle, auf die bereits die Augen aller Schüler gerichtet waren. Als er durch die Haustische hindurchlief folgten ihm einige neugierige Schülerblicke. Die Vertrauensschüler und die Schulsprecherin Anne Grey hatten sich ebenfalls erhoben und folgten ihm zur Tür. Noch nie hatte er in den vielen Jahren, in denen er nun schon in Hogwarts unterrichtete, eine derartige Szene gesehen. Das sich die Häuser untereinander nicht immer gut verstanden und es teilweise zu kleinen Duellen kam war zwar Gang und Gebe, doch ein solches wirres Durcheinander von Zaubern und Flüchen, welche von 13 Schülern wild durch den Flur der großen Halle geschossen wurden, hatte er noch nicht erlebt. Es hatten sich bereits einige Schüler in der Tür versammelt, welche den Lärm auf dem Flur wahrgenommen hatten und nun selber Zeugen dieses Spektakels werden wollten, als sich auch Professor Slughorn und McGonagall einen Weg zu Dumbledore durch gebahnt hatten. Dumbledore erhob seinen Zauberstab und ein ohrenbetäubendes Geräusch erklang, welches alle in ihren Zaubern inne halten und mit zugehaltenen Ohren auf den Boden sinken ließ. McGonagalls Nasenflügel blähten sich auf, als sie feststellte, dass die meisten beteiligten Schüler aus ihrem Haus waren. »Sie alle werden sich unverzüglich in den Klassenraum für Verwandlung begeben!«, fuhr sie die Schüler an, während Dumbledore die neugierigen Schüler, welche in der Tür gestanden hatten wieder in die große Halle scheuchte. *** »50 Punkte Abzug für jeden von Ihnen!«, fuhr McGonagall die Schüler an, als sich wenig später alle im Klassenraum für Verwandlung zusammengefunden hatten. »Ich muss sagen, dass ich wirklich maßlos enttäuscht von Ihnen allen bin! Vor allem von unserem Schulsprecher und den Vertrauensschülern. Sie sollen für Ordnung sorgen und sich nicht an etwas derartigem beteiligen!« Die Augen der Hauslehrerin von Gryffindor streiften durch den Raum. Niemand vermochte zu deuten, ob es alleinige Wut war, welche ihre Augen zum blitzen brachte oder ob es pure Enttäuschung war. Professor Slughorn, welcher neben ihr stand schüttele nur immer wieder den Kopf und seufzte vor sich her. »Sie alle sind schon mehrere Jahre hier in Hogwarts. Sie studieren hier zusammen, sie essen zusammen, spielen gemeinsam Quidditch oder arbeiten an außerschulischen Projekten miteinander. Doch was ich heute gesehen habe, lässt für mich einzig und allein den Schluss zu, dass sie alle sich nicht gut genug kennen, um weiter gemeinsam hierbleiben zu dürfen.« Der Klassenraum für Verwandlung war so still wie noch nie in ihrer gesamten Laufbahn als Lehrer in Hogwarts. Zudem saß dort eine bunte Mischung aus Schülern verschiedener Jahrgänge und Häuser. Remus und Peter, welche in der ersten Reihe saßen, sahen beschämt auf den Boden. Sirius Black saß neben seinem Bruder Regulus. Beide lieferten sich ein Duell im Niederstaren des jeweils anderen. Mary McDonald schluchzte stumm vor sich her, während Rosalie ihr den Rücken tätschelte. Mulciber schien McGonagalls Schimpftirade eher wenig zu beeindrucken, da er ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch vor sich hin tippte. James Potter hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah wütend zu Severus Snape herüber, welcher die ganze Zeit versuchte Blickkontakt mit Lily aufzubauen. Lily Evans saß am Fenster, hatte ihre Lippen zusammengepresst und den Blick von ihrer Hauslehrerin abgewandt. Sie konnte ihr nach allem was eben vorgefallen war einfach nicht mehr in die Augen sehen. »Mr. Oldren wie lautet der Name dieses Jungen hier?«, fragte McGonagall und deutete auf Peter. Chad hob die Augenbrauen und warf einen kurzen desinteressierten Blick auf Peter, bevor er sich wieder zu McGonagall umwandte. »Keine Ahnung.« »Ich heiße Peter Pettigrew«, sagte Peter ein wenig niedergeschlagen. »Sorry«, murmelte Chad nur. »So geht es sicher nicht nur ihnen Mr. Pettigrew«, versicherte ihm Professor McGonagal. »Es ist traurig, dass so viele von Ihnen sich nach all den Jahren so wenig kennen. Sie es aber immer wieder schaffen aneinander zu geraten, Differenzen aufzubauen, statt Gemeinsamkeiten zu finden.« »Mr McCoy, beschreiben Sie sich bitte in einem Wort!«, forderte McGonagall ihn auf. »Talentiert«, erwiderte dieser und konnte ein breites Grinsen nicht unterbinden. »Miss Evans, beschreiben Sie Mr. Potter in einem Wort«, forderte McGonagall die rothaarige auf, welche aus ihrer Abwesenheit plötzlich hochschreckte und ihren Blick auf James Potter richtete. »Selbstgefällig!« Einige der Slytherins begannen zu lachen und selbst Sirius Black konnte sich ein dämliches Grinsen nicht verkneifen, als er kurz zu seinem Freund herüber sah. »Na schön«, sagte McGonagall und wandte sich zur Tafel um. Sie zückte ihren Zauberstab und die Kreide begann automatisch zu schreiben. »Lassen Sie uns gemeinsam fünf Kategorien aufstellen, zu denen sich alle Schüler hier in Hogwarts zuordnen lassen. Zum Beispiel haben wir die Strebsamen unter euch. Was noch Miss Pond?« »Sportler«, antwortete Rosalie und die verhexte Kreide schrieb es an die Tafel. »Idioten!«, warf Mulciber ein, doch auch nach einem strengen Blick von McGonagall landete das Wort an der Tafel. »Die Freundlichen«, sagte Remus. »Einzelgänger«, murmelte Regulus Black. »Na schön. Miss Evans in welche Kategorie würden Sie Mr. Potter einordnen?« »Idioten«, warf McCoy lachend ein, hielt jedoch sofort seinen Mund, als McGonagalls Nasenflügel vor Ärgernis bebten. »Ähm Sportler«, sagte Lily schließlich, nachdem sie einen kurzen Blick auf James geworfen hatte. »Gut. In welche Kategorie gehört Miss Evans?«, fragte sie dann den Rest der Schüler, worauf die meisten »Streber« murmelten. »Mr. Lupin?« »Strebsam.« »Mr Oldren?« »Sportler.« »Mr Snape?« »Einzelgänger«, riefen einige, während andere wie Sirius und James »Idioten« dazwischen riefen. Und so ließ McGonagall jeden Schüler an die Reihe kommen. Die Mehrheit entschied in welche Sparte jeder gehörte. »Ob es Ihnen gefällt oder nicht, Sie sind aktuell das, wofür Ihre Klassenkameraden Sie halten. Wer von Ihnen war unzufrieden mit seinem Urteil oder sieht sich selbst vielleicht anders?« Zum ersten Mal seit sie alle das Klassenzimmer für Verwandlung betreten hatten, gelang so etwas wie ein schiefes Lächeln in McGonagalls Mundwinkel. Fast alle haben sich gemeldet. Was wiederum bedeutete, dass nahezu jeder damit unzufrieden war in welche Schublade er gesteckt wurde und das war möglicherweise ein Anfang, um gegen die bestehenden Differenzen anzukommen. »Heute werden Sie während des Nachsitzens etwas vollkommen neues ausprobieren«, fuhr McGonagall fort und Slughorn reichte ihr eine Blumenvase. »Der rechten Seite wird gleich ein Zettel mit einem Namen zugeteilt werden. Diese Person wird für den Rest des Tages ihr Partner für die Aufgabe sein, die sie gleich bekommen. Diese werden Sie nur gemeinsam bewältigen können. Sie werden dafür den Rest des Tages Zeit haben. Anschließend werden Sie diese Pergamentrolle vor dem Abendessen entweder bei mir oder bei Professor Slughorn abgeben.« Einige Schüler seufzten, andere verdrehten die Augen und wieder andere sahen sich entsetzt an, als McGonagall ihren Zauberstab erhob und aus der Vase kleine Pergamentfetzen heraus schwebten. »Ich warne Sie, wir werden auf jeden Fall merken, wenn Sie die Aufgaben nicht gemeinsam erfüllen und dies wird Konsequenzen im Rahmen von nachsitzen und weiteren Strafarbeiten für den Rest des Schuljahres mit sich ziehen.« Etwa die Hälfte der Schüler hatte nun einen Papierfetzten mit einem Namen vor sich schweben. »Darauf steht der Name ihres Partners«, erklärte McGonagal. »Bitte lesen Sie ihn laut vor. Miss Pond fangen Sie doch an« Rosalie entfaltete den Zettel, welcher vor ihr schwebte. »Mulciber«, sagte Rosalie mit Bedauern in der Stimme. Dann entfaltete Chad Oldren seinen Zettel. »Lupin« Nach zwei weiteren Schülern war James an der Reihe. »Evans«, las er laut vor. Nachdem auch der Rest die Zettel auseinander gefaltet hatte, kam Sirius mit Regulus Black und Mary mit Snape zusammen und Peter blieb am Ende übrig. »Nun, da wir eine ungerade Zahl sind Mr. Pettigrew werden Sie mit mir zusammen arbeiten.« James presste die Lippen aufeinander und Sirius wandte den Blick ab. Beide versuchten sich so lange wie möglich zu beherrschen, doch als McGonagall die Pergamentrollen mit den Aufgaben auf alle zu schweben ließ und darauf das Gemurmel im Klassenraum anschwoll, konnten sie sich nicht mehr zurückhalten und beide fingen lauthals an zu lachen. »Glückstreffer Wormy!« »Ach seid still!«, erwiderte Peter mit zusammengeschobenen Zähnen und griff wenig begeistert nach der Pergamentrolle, welche vor ihm schwebte. Wenige Minuten später hatten sich alle Paare mehr oder eher weniger freiwillig zusammengefunden und verließen mit Feder und der Pergamentrolle bewaffnet das Klassenzimmer. *** »Bringen wir diese absolute Zeitverschwendung hinter uns«, stöhnte Mulciber genervt auf und verließ den Klassenraum, während Rosalie Mary noch einen weinerlichen Blick zu warf bevor sie ihm auf den Gang folgte. »Wohin gehst du?« »Kerker« »Du spinnst wohl! Mit dir geh ich nur irgendwohin wo andere Menschen sind.« »Angst Pond?«, fragte Mulciber und schenkte ihr ein schleimiges Grinsen. Rosalie verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen angewiderten Blick zurück. »Wohl eher ekel«, feixte Rosalie und lenkte Mulciber mit sich in die Bibliothek. *** »Wo wollen wir hingehen?«, fragte Mary, doch Snape antwortete ihr nicht und trottete nur so vor ihr her. »Könntest du vielleicht mal antworten?« Wieder reagierte Severus Snape nicht und trottete weiter durch das Eichenportal bis zu dem Baum am großem See unter dem er sich nieder ließ. Mary schlang ihren Schal dichter um ihren Hals und zog ihren Umhang enger, bevor sie sich neben ihn setzte. Es war in den letzten Tagen wirklich unheimlich kalt geworden. »Wir müssen leider miteinander reden, um diese Aufgaben zu erfüllen«, seufzte Mary. »Willst du lieber den Rest des Schuljahres nachsitzen und Strafarbeiten schreiben?« »Na gut«, wisperte Severus und entfaltete die Pergamentrolle. »Sagen Sie sich gegenseitig was sie voneinander halten«, las Snape die erste Aufgabe vor. Zu ihrer beider Erstaunen ging es anscheinend nicht um Wissensfragen, sondern vielmehr um persönliche Dinge. »Du bist ne Schlammblüterin und obendrein noch ein Streber und wie man des öfteren bemerkt, ein wenig trottelig«, sagte Snape und sah ihr dabei ohne das geringste Bedauern direkt ins Gesicht. Mary schluckte hart und versuchte nicht wütend zu werden. Ob er es nun aussprach oder nicht. Sie wusste sowieso was er und all die anderen Slytherins von ihr hielten wegen ihrer Abstammung. Selbst vor Lily hatte er damals keinen Halt gemacht und sie so genannt. Dabei war sie mal seine beste Freundin und der wohl einzige Mensch, der jemals an ihn geglaubt hatte. »Und du bist unfreundlich, vulgär und vorurteilsbehaftet«, erwiderte Mary schließlich und schenkte ihm einen selbstgefälligen Blick. »Und das was du von mir hältst, nennst du nicht vorurteilsbehaftet?« »Ich habe dir von Anfang an eine Chance gegeben, aber du warst schon immer abweisend und unfreundlich gewesen, selbst als Lily noch mit dir befreundet war. Ich kann nicht glauben, dass sie das jemals war«, fuhr Mary ihn an und Severus spürte einen Stich in seinem Herzen, als Mary Lily Namen erwähnte. *** »Ich halte dich für arrogant, eingebildet und möglicherweise viel zu selbstgefällig.« James Potter verdrehte die Augen. »Danke für die Blumen Evans. Ich hingegen empfinde dich als außerordentlich freundlich und charmant.« Der Sarkasmus triefte nur so in seiner Stimme. »Zu der Streber-Kategorie, in die ich dich vorhin eingeordnet habe stehe ich, auch wenn du dich gemeldet hast, als McGonagall fragte, wer mit seinem Urteil unzufrieden ist.« Lily verschränkte die Arme vor der Brust und ging ein paar Schritte auf und ab. Die beiden waren zum Bootshaus runter gelaufen und hatten sich dort niedergelassen. James Potter lehnte an der Wand und beobachtete Lily dabei wie sie mit verschränkten Armen auf und ab ging. Eine einzelne Haarsträhne hatte sich aus ihrem improvisiert hochgestecktem Dutt gelöst und sich in ihren Wimpern verfangen. Sie schien es erst nicht zu bemerken, doch schließlich strich sie die Strähne beiseite als sie ihn wieder anblickte. Sie sah ihn so an, als würde sie überlegen, ob es sinnvoll war weiter mit ihm zu reden. Doch irgendwie musste sie das ja, wenn sie nicht den Rest des Schuljahres nachsitzen und Strafarbeiten ableisten wollte. »Ich bin kein Streber«, sagte sie schließlich. »Ich lese gern Bücher über all dieses magische Zeugs, aber nur weil ich als Muggelgeborene nicht so viel über diese Welt weiß wie ihr anderen. Ich hatte eben viel aufzuholen und darum war ich immer so oft in der Bibliothek. Außerdem ist es dort ruhig. Im Gemeinschaftsraum Hausaufgaben machen, kann manchmal wirklich anstrengend sein.« »Nichtsdestotrotz lernst du viel zu viel Evans.« »Nur für die wichtigen Prüfungen lerne ich viel, aber nur weil ich diese mit den bestmöglichen Noten bestehen will. Weil ich nicht solche Chancen haben werde wie ihr.« James runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?« »Ich bin eine Frau und eine Muggelgeborene noch dazu, schon vergessen? Wenn ich keine super Noten habe, werde ich niemals einen vernünftigen Job bekommen.« »So ein Unsinn!«, erwiderte James und schüttelte nur ungläubig den Kopf. »Ach ja? Hast du dir die Quote mal angesehen wie viele muggelstämmige Frauen z.B. im Zaubereiministerium arbeiten?« »Keine Ahnung. Dazu gibt’s Quoten?« »Eine! Eine einzige muggelstämmige Hexe arbeitet dort und das als Sekretärin!« »Weißt du, das wirft nicht gerade ein besseres Licht auf die Streber-Schublade an dir.« Lily seufzte nur und beschloss, dass diese Aufgabe schwachsinnig war. »Das sollte ein Scherz sein. Weißt du, ich habe manchmal diesen sarkastischen Humor.« Gemeinsamkeiten finden, Differenzen abbauen... Was hatten sich die Lehrer denn da bitte spontan ausgedacht? Wie sollte man das mit diesem selbst ernannten Komiker? »Komm schon Evans, denk über so was nicht weiter nach. Ich weiß, dass du talentiert bist. Wer könnte sonst Schniefelus in Zaubertränke alt aussehen lassen? Und das werden die Menschen da draußen schon noch begreifen.« *** »Wieso müssen wir die Aufgaben auf dem Klo der maulenden Myrte erledigen?«, fragte Sirius entnervt. »Weil hier niemand stört«, raunte Regulus ihm zu. »Wobei? Beim sich anschweigen?« »Weißt du mich interessieren nicht wirklich deine persönlichen Dinge«, erwiderte Regulus. Eine Weile schwiegen beide. Regulus saß auf dem Boden und hatte sich an die Wand gelehnt. Er strich sich seine schwarzen Haare hinters Ohr und begann dann wieder mit seiner Schreibfeder zu spielen. Es schien ihm momentan das interessanteste Objekt im Raum zu sein. Sirius stützte sich mit den Ellenbogen am Fenstersims ab und starte eine Weile aus dem Fenster. Der Nachmittag war angebrochen und die Sonne zog sich allmählich zurück. Da war eine Eule, die schreckhaft aus dem Geäst einer Birke flog und sich in Richtung des verbotenen Waldes davon machte. »Wie steht es zu Hause?«, fragte Sirius dann so leise, dass Regulus es beinahe nicht verstanden hätte. »Na jetzt wo du weg bist, liegt der ganze Augenschein bei mir«, erwiderte Regulus mit zusammengepressten Lippen. »Wolltest du das nicht immer?« Regulus ließ ein abfälliges schnauben erklingen. »Nein.« Sirius wandte sich vom Fenster ab und zu seinem Bruder. Diese Antwort überraschte ihn. Früher als sie Kinder waren, hatten sie sich zwar mal verstanden, doch dann als er nach Gryffindor kam wehte ein anderer Wind daheim, den Regulus ein Jahr später mit seiner Zuordnung zu Slytherin wieder wett machen konnte. Seitdem schenkte Walburga Black auch ihrem zweiten Sohn mehr Beachtung und das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern verschlechterte sich. Sirius hatte immer gedacht, dass es daran lag, dass er immer in seinem Schatten gestanden hatte und nun endlich selbst im Licht der Aufmerksamkeit stand. »Der Erwartungsdruck ist wohl zu hoch, was?«, fragte er dann. Regulus antwortete nicht. »Lass dich auf nichts ein was du nicht willst Reg!« »Als ob das so einfach wäre.« »Ich helfe dir wenn du mich nur-« »Helfen? Mir helfen?«, fuhr Regulus ihn an. »Du bist abgehauen, als es dir nicht mehr gepasst hat!«, schrie er beinahe. »Ich- ich konnte nicht länger da bleiben.« »Glaubst du, du bist der einzige, den sie mit dem Cruciatus bestrafen wenn mal was nicht so läuft, wie sie es gerne hätten? Natürlich denkst du das, so wie du immer nur an dich gedacht hast.« »Das ist nicht wahr Reg!« »Streite es nicht ab!«, schrie Regulus nun. Er war aufgesprungen und stand nun Sirius genau gegenüber. Dieser hatte seine Hand in seine rechte Umhangtasche gesteckt und umklammerte seinen Zauberstab, bereit sich zu verteidigen, wenn Regulus ihn angreifen sollte. Doch er schien sich allmählich zu beruhigen. Die Wut, welche vor wenigen Sekunden noch in seinen Augen flackerte war erloschen. Er atmete wieder ruhiger und seine Brust zog sich zusammen. »Ich komm schon klar«, wisperte Regulus dann. »Ich denke außerdem, dass das wohl persönlich genug für uns heute war. Los die nächste Aufgabe. Ich will nicht den ganzen Tag mit dir hier verbringen« Sirius Mundwinkel zogen sich nach unten und seine sonst so durchdringenden stahlgrauen Augen wirkten ein wenig mitleidig und sahen voller Trauer auf seinen Bruder hinab, welcher nach der Pergamentrolle auf dem Boden fischte. »Tun Sie zur Abwechslung mal was, über das Sie beide lachen können. Imitieren Sie beispielsweise eine berühmte Person.« Sirius und Regulus sahen sich einen Moment lang an bevor sie gleichzeitig »Nein!« sagten und Regulus zur dritten Aufgabe blätterte. *** »Ich werde Ihm ein Angebot machen, was er nicht ablehnen kann«, sagte Lily und versuchte ihre Stimme möglichst kehlig und männlich klingen zu lassen, während sie sich über ihren nicht vorhandenen Bart kratze. James hatte bereits angefangen zu lachen. »Eine Karriere als Stimmenimitator würde ich nicht in Erwägung ziehen Evans.« »Hey!« Empört schlug Lily ihm gegen die Schulter. »Deine Imitation von einem Bergtroll war ja wohl nicht viel besser«, rügte sie ihn. »Wen hast du eigentlich imitiert?« »Das war aus der Pate II. Der lief vor ein paar Jahren im Kino.« »Was ist Kino?« »Ach vergiss es«, seufzte Lily nur und wandte ihrem Blick wieder zur Pergamentrolle. »Stimmen imitieren. Nie im Leben hat McGonagall sich diese Aufgabe ausgedacht«, sagte sie dann kopfschüttelnd. »Klingt eher nach Dumbledores Humor«, meinte James, was Lilys Augenbrauen in die Höhe schießen ließ. »Ernsthaft. Wenn du so oft in seinem Büro warst wie Sirius und ich kriegt man eben schon einige mit«, grinste James. *** »Wie erwachsen von dir eine Hetzrede gegen Muggelstämmige von deinem Vater zu imitieren!«, erwiderte Rosalie und verdrehte die Augen. »Wirklich wahnsinnig witzig!« »Du bist Reinblüterin Pond, auch wenn du dich mit den falschen Leuten abgibst.« »Stell dir vor, mir ist es egal welchen Blutsstatus meine Freunde haben. Ich lege mehr Wert auf Charaktereigenschaften wie Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Treue und Loyalität!« Mulciber machte ein abfälliges Geräusch, welches so laut war, dass Madamme Pince Ihnen einen bösen Blick zu warf. Vielleicht war die Bibliothek nicht der richtige Ort für diese Aufgaben, da man leider sehr viel miteinander reden musste, um diese zu erfüllen. Doch Rosalie wollte ihm keinesfalls in die Kerker folgen, denn irgendwie war Mulciber dazu viel zu gruselig. »Gestehe etwas ein was dich beunruhigt oder wovor du dich fürchtest«, las Mulciber die nächste Aufgabe vor. »Na Pond, wovor hast du Angst?«, fragte er dann und hatte dabei wieder dieses schleimige Grinsen aufgesetzt. »Dich finde ich zwar auch ziemlich gruselig, aber momentan nur davor den Rest des Schuljahres nachsitzen zu müssen, weil du dich nicht benehmen kannst und wir deswegen diese Aufgaben nicht bewältigen können.« *** »Erzähle deinem Partner ein persönliches Geheimnis«, las James laut vor. »Das steht da nicht«, widersprach Lily sofort und versuchte nach dem Pergament zu greifen, doch James zog es ihr unter der Nase weg. »Glaubst du ich lüge Evans?« »Ja das glaube ich«, erwiderte sie nur und riss ihm diesmal das Pergament aus der Hand und überflog genau das, was James eben vorgelesen hatte. »Okay wenn es Schokoladentorte gibt, esse ich gern zwei Stücke.« »Ein Geheimnis Evans und nichts offenkundiges«, erwiderte James, konnte jedoch ein schmunzeln nicht unterdrücken. »Da ist es ja sogar noch geheimer, dass du die Füllung aus den Oreo-Keksen futterst und den Rest liegen lässt.« »Woher weißt du das?«, fragte Lily empört. »Ach ich hab da so meine Quellen«, erwiderte James augenzwinkernd. »Wie auch immer. Ich bezweifle, dass du mir ein Geheimnis erzählst.« James schien zu überlegen, da er die Stirn in Falten gelegt und einen Moment lang eine lose Diele im Boden fixiert hatte, als er plötzlich aufsprang. »Steh auf!«, forderte er sie dann auf und Lily sah ihn fragend an. »Mach schon Evans.« Als die beiden das Bootshaus verlassen hatten, folgte Lily ihm in Richtung des verbotenen Waldes. »Wo willst du hin? Der verbotene Wald ist verboten.« »Das wusste ich ja noch gar nicht!«, erwiderte James gespielt schockiert und Lily musste doch tatsächlich schmunzeln bei der Miene, die er aufsetzte. Dennoch blieb sie stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Trau dich Evans. Sei mutig und folge dem bösen Wolf in den Wald, dann wirst du ein Geheimnis erfahren.« »Verwandelst du dich dann wirklich in einen Wolf und willst mich auffressen oder was?« »Sei nicht albern, McGonagall würde wissen, dass ich der letzte war, der dich gesehen hat, das würde nur Ärger geben«, erläuterte er schmunzelnd und ging weiter in den Wald hinein. Er blickte sich nicht um und verschwand bereits hinter den ersten Bäumen, während Lily nervös mit dem Fuss auf dem Boden herum tippelte und überlegte was sie tun sollte. Zunächst wartete sie, doch James tauchte nicht wieder auch. *** »Also ich hab Angst vor Clowns«, sagte Mary und rieb sich über die Oberarme, da der pure Gedanke daran ihr eine Gänsehaut bescherte. »Mein kleiner Bruder wollte unbedingt in den Zirkus letztes Frühjahr, ich wäre beinahe gestorben« Severus Snape seufzte und fragte sich wie er nur in diese Situation geraten konnte. Und warum musste er ausgerechnet das Plappermaul McDonald als Partner bekommen? Er konnte sie aus eben diesem Grund schon damals nicht leiden, als Lily sie und auch ihre anderen Freundinnen manchmal mitgeschleppt hatte um etwas gemeinsam zu unternehmen. Doch es wurde schnell klar, dass diese Kombination irgendwie nicht funktionierte. Auch Lily hatte das gemerkt und meistens getrennt etwas mit beiden Parteien unternommen. Lily. Er hatte in diesem Moment, als McGonagall ihnen die Aufgabe erklärt hatte, so sehr gehofft, dass er sie ziehen würde. Die Chancen standen gut, bis Potter sie gezogen hatte, den, den er wohl am meisten hasste auf Hogwarts. »Hat sie mich vielleicht mal erwähnt?«, fragte Severus schließlich leise, als er bemerkte, dass Mary ihre Erzählung beendet hatte und scheinbar darauf wartete, dass er nun über seine Befürchtungen sprach. Mary runzelte die Stirn. Sie wusste genau wer mit „sie“ gemeint war. Sie war froh, dass Lily ihn nie erwähnt hatte, seit dem Tag der ZAG Prüfungen. Kurz danach hatte sie zwar noch mit Nicky darüber gesprochen aber jetzt wo sie darüber nachdachte, wunderte sie diese Tatsache doch. »Nein, sie hat dich seitdem nicht mehr erwähnt.« Severus senkte den Blick. Seine schwarzen Augen waren auf die Pergamentrolle vor ihm gerichtet, während er seine rechte Hand im Gras verkrampfte und schließlich einige Grashalme herauszog. *** Schließlich stieß Lily einen genervten Seufzer aus und ging auf den verbotenen Wald zu, doch bereits nach den ersten zwei Bäumen wandte sie sich um und blickte nochmals auf das Schlossgelände zurück, da sie sich nun nicht mehr so sicher war, ob es richtig war den verbotenen Wald zu betreten. Dennoch ging sie etwas weiter hinein und schaute sich um, doch sie konnte James nicht sehen. Da waren überall nur Bäume und Sträucher und je weiter sie ging, desto dunkler wurde es im Wald. »Buhh!« »Aaaaaah!« Lily stieß einen spitzen Schrei aus, während James Potter lachte. Doch dann schlug Lily ihn mit voller Wucht gegen die Brust. »Du blöder Arsch!«, fuhr sie ihn an und fasste sich an ihr rasendes Herz, während sie heftig ein und ausatmete. »Wow, ich habe dich noch nie fluchen hören Evans!«, lachte James. »Das tue ich für gewöhnlich auch nicht. Da siehst du mal, wozu du mich bringst.« Dann wandte sie sich von ihm ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie auch immer. Du bist mutiger, als ich dachte Evans und bist mir in den dunklen Wald gefolgt.« Lily zog eine Augenbraue hoch und schenkte ihm einen unbehaglichen Blick. »Stellt sich jetzt heraus, dass du ein Serienmörder bist und mich hier nur still und heimlich umlegen wolltest?« James verdrehte die Augen. »Weißt du ich denke tatsächlich aktuell darüber nach«, murmelte James und Lily sah ihn böse an. »Na egal. Komm. Es ist nicht mehr weit.« Tatsächlich gingen sie auch gar nicht so weit in den Wald hinein, vielleicht waren es 500 Meter, als sie an einer kleinen halb umzäumten Lichtung ankamen. »Oh gut, dass sie jetzt da sind«, meinte James nur und betrachtete voller Stolz die Lichtung, während Lily von ihm zur Lichtung und wieder zurück blickte. »Hier ist nichts.« »Komm mit. Ich zeig es dir«, sagte er dann und zog sie am Arm hinter sich her. »Vertrau mir bitte«, sagte er dann eindringlich und Lily errötete bei der Intensität, bei der er ihr in die Augen schaute. Schnell wandte sie den Blick ab und hoffte, dass er es nicht bemerkt hatte, folgte ihm jedoch auf die Lichtung. Als sie etwa in der Mitte angekommen waren, sah sie dabei zu wie James seinen linken Arm hob und eben diesen in der Luft bewegte. Jetzt hatte er den Verstand verloren. Mal wieder. »Was genau tust du da?«, fragte sie und bemerkte plötzlich, dass ihr diese Szene bekannt vor kam. Lächelnd zog James an ihrer Hand und legte sie scheinbar mitten in der Luft ab, genau da wo seine zuvor gelegen hatte. Lily erschrak, als sie plötzlich etwas spürte. Sie wollte ihren Arm zurückziehen, doch James hielt hier Handgelenk fest. »Keine Angst«, sagte er sanft und legte ihre Hand wieder auf den für sie unsichtbaren Körper. »Das sind Thestrale«, erläuterte James dann, als wären unsichtbare Wesen das normalste auf der Welt. Aber vielleicht war es das auch in der Zauberwelt. Langsam strich Lily mit der Hand auf und ab und spürte die schuppige Haut und Wärme von etwas, was sie nicht sehen konnte. »Die Thestrale ziehen die Kutschen von Hogsmeade zum Schloss«, erläuterte James und zog sein Buch über die Pflege magischer Geschöpfe aus der Tasche. Er blätterte ein wenig darin herum, bis er die Seite über Thestrale gefunden hatte und reichte ihr das Buch. Lily fiel sofort die Zeichnung des magischen Wesens ins Auge. Es schien eine Art Pferd zu sein, welches jedoch einen Reptilienartigen Kopf und schuppige Haut hatte. Jedenfalls hatte sie letzteres gespürt, als sie das Wesen eben gestreichelt hatte. Außerdem hatte ein Thestral riesige schwarze Flügel und Lily erschrak, als sie unter ihren Fingern die Rippen des Thestrals fühlen konnte, genau wie sie auf der Abbildung dargestellt wurden. Dieses Wesen musste also tatsächlich vor ihr stehen. Etwas benommen zog Lily ihre Hand weg. »Wieso kann ich es nicht sehen, du aber schon?« James presste die Lippen aufeinander. Er hätte damit rechnen müssen, dass sie das fragen würde und es war dumm von ihm gewesen, ihr überhaupt diese Wesen zu zeigen, denn selbst wenn er es ihr nicht verriet, so würde sie es ja doch nachlesen können. »Thestrale können nur von Menschen gesehen werden, die den Tod gesehen haben«, gluckste James und wandte seinen Blick von ihr ab. Er wandte sich nun ganz dem Thestral zu und streichelte scheinbar seinen Kopf, während Lily ihn nur mit großen Augen ansah. Dann blickte sie wieder in das Buch und überflog den Text auf Hinweise, dass James sie mal wieder zum Narren hielt. Doch es stimmte, was er sagte. Es stand hier schwarz auf weiß und es konnte unmöglich gelogen sein, dass er sie nicht sehen konnte. »Du hast den Tod gesehen?«, fragte Lily ruhig, doch in ihrer Stimme klang auch ein wenig Neugierde mit. »Wie?« James schwieg und Lily wurde klar, dass diese Frage sehr intim, wenn nicht sogar unverschämt gewesen war. »Schon gut. Ich- ähm nun ja das war unhöflich von mir.« »Tut mir Leid, aber das soll vorerst nicht Teil des Geheimnisses sein, welches ich dir anvertraue. Ich hoffe die Thestrale reichen aus?« Lily nickte nur stumm und betrachtete James Potter noch eine Weile dabei, wie er über die schuppige Haut des Thestrals streichelte. *** »Ich habe Angst, dass du so wirst wie der Rest unserer liebevollen Familie«, sagte Sirius in Stille der Toilette. Dabei war sein Blick immer noch auf das Pergament in seiner Hand gerichtet. “Gestehe etwas ein was dich beunruhigt oder wovor du dich fürchtest.“ »Das geht dich nichts mehr an«, erwiderte Regulus nur. Sirius wurde langsam wütend, schritt auf seinem Bruder zu und packte ihn mit beiden Händen am Kragen. »Mensch Reg! Hör auf so zu sein wie sie dich haben wollen. Du warst nie der Typ, der sich für die dunklen Künste interessiert hat!« »Woher willst du das wissen, du warst all die Jahre doch nur mit dir selbst beschäftigt!« »Das ist nicht war! Du bist plötzlich so abweisend zu mir geworden und wolltest nichts mehr mit mir zu tun haben!«, fuhr dieser ihn an. »Dann frag dich besser mal warum, großer Bruder.« Entnervt lies Sirius seinen Kragen los und wandte sich von ihm ab. »Es ist sinnlos mit dir zu reden.« »Schön, dass du das auch mal eingesehen hast. Erledigen wir die letzte Aufgabe und geben den Mist hier ab. Ich habe keine Lust mehr länger als nötig Zeit mit dir in einem Raum zu verbringen!« *** Diese etwas andere Aufgabe hatte dazu geführt, dass Schüler, welche sich sonst tunlichst mieden, anfingen miteinander zu reden, Meinungen über sich auszutauschen oder den anderen besser kennen zu lernen. Dies bedeutete zwar nicht, dass alle nun gute Freunde geworden sind und das hatten Dumbledore, McGonagall und Slughorn mit dieser Aufgabe auch nie beabsichtigt, aber alle Beteiligten wurden vor die Herausforderung gestellt Aufgaben gemeinsam zu lösen bei denen man miteinander reden musste. Und ob man nun andere Seiten an seinem Partner kennen lernen durfte oder ob Differenzen oder alte Konflikte angesprochen wurden ist egal. Und ja irgendwie war das alles auch angenehmer gewesen, als verstaubte Pokale per Hand sauber machen zu müssen oder die Schulregeln zum bestimmt fünfzigsten Mal abschreiben zu dürfen. So wie die Sonne nun vollkommen am Himmel verschwunden war und es Zeit fürs Abendessen wurde, so machten sich auch alle Beteiligen des sonderbaren Nachsitzens auf den Weg zurück ins Schloss. Lily und James hatten die Lichtung mittlerweile verlassen und trotteten nebeneinander durch den verbotenen Wald wieder in Richtung Hogwartsgelände zurück. »Weißt du-«, durchbrach James die Stille. »Ich weiß jetzt, dass es unfair war, dich vorhin nur in die Streber-Sparte einzuordnen. Vielleicht gehörst du auch noch in andere Sparten. Bis auf die Sportler, da sehe ich dich irgendwie nicht so.« »Wer weiß, vielleicht bin ich ein unentdecktes Quidditch Talent«, schmunzelte Lily, woraufhin James ihr einen ungläubigen Blick zu warf. Eine Weile gingen sie noch so nebeneinander her. Es war bereits dunkel geworden und die Spitze ihrer Zauberstäbe leuchtete ihnen den Weg durch das Geäst des Waldes. Doch trotz der Dunkelheit bemerkte Lily, dass James Potter hin und wieder zu ihr herüber sah. »Was ist?«, fragte sie ihn dann schließlich. »Ich habe mich nur gefragt, ob, naja ob-« »Ich ebenfalls meine Meinung über dich revidieren möchte?« »Ja.« »Ist das wichtig?« »Nein, aber ich würde es gern wissen, um mir ein abschließendes Urteil über dich bilden zu können.« Der Nachmittag mit James Potter war im Vergleich dazu, was sie befürchtet hatte, sehr viel angenehmer gewesen. Wenn sie das beurteilen sollte, was sie heute erlebt hatte, so musste sie feststellen, dass er nicht nur ein arroganter, selbstgefälliger, aber dennoch talentierter Quidditchspieler war. Er hatte sich heute von anderen Seiten gezeigt. Er konnte witzig sein ja, dass wusste sie bereits, aber dennoch hatte sie noch nie über etwas gelacht was er gesagt hatte. Zudem war er sehr freundlich zu ihr gewesen und irgendwie auch strebsam, da sie alle Aufgaben erfüllt haben und dafür war sie dankbar. Als Vertrauensschülerin den Rest des Schuljahres nachsitzen zu müssen wäre wirklich eine Blamage gewesen. Doch das alles, was sie heute Nachmittag erlebt hatte, ließ sie nicht den Vormittag vergessen, in dem er sich im Flur vor der großen Halle duelliert hatte und sie alle eigentlich nur wegen der Rumtreiber überhaupt in diese Situation geraten waren. Zudem ließen sie diese paar Stunden auch nicht vergessen, wie sein missglückter Streich in Zaubertränke sie getroffen oder wie er all die Jahre Severus behandelt hatte. Lily schob einen Ast beiseite und duckte sich unter einem weiteren drunter weg, als sie endlich wieder auf bekanntes Terrain traten. »Ich verstehe deinen Charakter nicht. Heute hast du eine freundliche Seite an dir gezeigt, aber meist zeigst du dunklerere Seiten an dir. Du gibst ständig an beim Quidditch und mit diesem Schnatz und das du nicht so viel lernen brauchst, weil dir alles in den Schoß fällt. Du bist arrogant und verhext andere, weil du Lust drauf hast ohne an deren Gefühle zu denken. Doch dann engagierst du dich wieder für deine Mannschaft oder hilfst Nicky bei irgendeinem Aufsatz. Das ist alles so ambivalent und ich verstehe nicht wie man alles auf einmal sein kann. Aber vielleicht ist das meiste auch nur eine Fassade, weil du dich dann sicherer fühlst wegen irgendeinem Komplex, den du hast. Wer also bist du wirklich James Potter?« Als sie sein schiefes Grinsen sah, war Lily jedoch klar, dass sie darauf keine Antwort bekommen sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)