Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 184: Ich will sie sehen ------------------------------- 184) Ich will sie sehen Am nächsten Morgen kam Dean ohne Verbände zum Frühstück. „Meinst du dass das so schon klappt? Übertreibst du jetzt nicht?“, fragte Bobby besorgt. „Die werden doch nur dreckig. Wir wollten die Wracks erfassen“, erklärte der Winchester etwas kleinlaut. „Und das muss heute sein?“ „Ich kann nicht noch einen Tag Löcher in die Luft starren. Du lässt mich ja auch noch nicht mitarbeiten!“ „Ich will doch nur ...“ „Bobby! Ich langweile mich hier zu Tode!“ „Und eure Waffen?“ „Dafür sind meine Finger noch zu steif! An den alten Wracks kann ich nichts mehr kaputt machen.“ „Deshalb will ich dich ja auch nicht beim Impala dabei haben.“ „Du bist zu gut zu mir.“ Dean verdrehte die Augen. „Tu, was du nicht lassen kannst“, erklärte der alte Jäger in einem Ton, der ganz deutlich besagte: 'Beschwer dich aber nachher nicht, wenn es dir nicht gut geht.' Letztendlich verstand er den Jungen ja. So lange zum Nichtstun verdammt zu sein war die Hölle. Trotzdem wollte er seiner väterlichen Aufsichtspflicht nachkommen. „Beim nächsten Mal hör ich wieder auf dich“, grinste der Winchester. „Ich werde dich daran erinnern!“ Und so verbrachten die Brüder die folgenden Tage auf dem Schrottplatz. Dean kletterte in den Wracks herum und begutachtete die einzelnen Teile, während sein Bruder, mit Stift und Klemmbrett bewaffnet, daneben stand und alles notierte, was sein Bruder ihm zurief. Und wenn Dean sich den nächsten Wagen vornahm schrieb er noch eine Nummer auf den vorderen Kotflügel. Am Abend, wenn Dean seinen Händen die benötigte Ruhe gönnte, übertrug Sam seine Liste in den Rechner. Letztendlich war es nur eine grobe Begutachtung, aber immerhin wussten sie so wenigstens, was überhaupt auf dem Schrottplatz stand. Solange sie bei den Wracks waren, war Deans Welt in Ordnung, doch Wind, Regen und die noch immer unangenehmen Temperaturen zwangen sie immer wieder ihre Arbeit zu unterbrechen oder für den Tag ganz zu beenden. Zurück im Haus dauerte es allerdings nur wenige Minuten, bis Dean wieder in einem Strudel aus trüben Gedanken und schlechtem Gewissen versank. Er hatte immer mehr das Gefühl, dass egal was er machen würde, es nur im Desaster enden konnte. Egal wie er sich entscheiden würde, es wäre ein Fehler. Er musste, er wollte aussteigen. Er wollte dieses Jägerleben beenden. Für sich, vor allem aber für Sam. Sein kleiner Bruder sollte endlich weg von der Straße und das tun, was er sich schon so lange wünschte. Das Problem bestand einfach nur darin, dass er Angst vor diesem normalen Leben hatte. Mit dem Jägerdasein kannte er sich aus, aber wie lebte man ein richtiges Leben? In all den Jahren hatte er nie wirklich davon geträumt. Sam ja, aber er war so damit beschäftigt gewesen, John alles recht zu machen, dass er nie auch nur einen Gedanken an ein anderes Leben als das, was er führte, verschwendet hatte. Würde er das können? Jeden Tag zur Arbeit gehen. Es würde Menschen geben, die ihm etwas bedeuteten. Konnte er zulassen, dass sie gefährdet werden würden? Konnte er ohne tiefere Bindungen ein normales Leben leben? Konnte er sich jetzt noch von seinem Rückzug zurückziehen? Nein! Das wäre ein Verrat an all den Menschen, die ihm etwas bedeuteten. Nur weil er etwas nicht kannte oder vielleicht sogar Angst davor hatte, Angst davor zu versagen, kneifen? So war er nicht erzogen worden. Dieser Herausforderung würde er sich stellen und mit Sams Hilfe konnte er sie auch meistern. Blieb seine Wolfsfamilie. Er wollte sie sehen. Er wollte wissen, wie es ihnen ging, aber konnte er Sam bitten mit ihm dahin zu fahren? Konnte er ihm gestehen, dass er sich um sie sorgte? Würde er seiner Menschenfamilie damit nicht vor den Kopf stoßen? Er hatte ihnen doch schon genug Sorgen gemacht! Und wieder einmal versuchte er das Problem mit sich auszumachen. Sam, Bobby und Jody bemerkten Deans emotionalen Rückzug fast sofort und sie warfen sich immer wieder fragende Blicke zu, doch egal wer den älteren Winchester fragte, er bekam immer nur die lapidare Antwort das alles okay sei. Zumal Dean eigentlich normal reagierte, wenn man ihn um etwas bat oder er helfen sollte. Nur wenn er nichts zu tun hatte, versank er in seinen Grübeleien. „Was ist los, Dean“, fragte Sam. Er reichte seinem Bruder die zweite Tasse Kaffee, die er mitgebracht hatte und lehnte sich neben ihn gegen eines der Wracks. „Und jetzt sag nicht, dass alles in Ordnung ist, das ist es nicht.“ Dean, der gerade Luft geholt hatte, um genau das zu sagen, atmete wieder aus und starrte auf den Boden. „Bitte Dean. Es frisst dich auf und mittlerweile solltest du doch wissen, dass du mit mir über wirklich alles reden kannst.“ „Es ist nur, ich ...“, wieder stockte der Ältere, bevor er alles auf eine Karte setzte: „Ich will sie sehen!“ Sam wusste für einen Augenblick nicht, was Dean meinte. „Ich will wissen, ob es ihnen gut geht.“ „Du fühlst dich noch immer für sie verantwortlich?“ Sam war ein Licht aufgegangen, wen Dean meinte. „Ich habe sie dahin gelockt.“ „Du weißt, dass das Quatsch ist.“ Sam blickte seinen Bruder an. „Ist es das?“ „Vom logischen Standpunkt aus betrachtet ja, rein emotional gesehen wohl eher nicht. Dean du ...“ „Jetzt fang nicht wieder damit an, dass ich eigentlich tot sein müsste“, begann Dean aufgebracht. „Du nein, der Wolf ja.“ Sam holte tief Luft. „Wenn es dir so wichtig ist, fahren wir hin. Du kannst hier eh noch nicht viel ausrichten und bis ich Antworten auf meine Bewerbungen bekomme, vergehen sicherlich auch noch Wochen.“ „Du meinst ...“ Nur langsam sickerte die Bedeutung von Sams Worten in sein Gehirn. Er begann zu stahlen. Warum hatte er sich nur solche Gedanken gemacht, wenn es doch so einfach sein konnte? „Wann willst du los?“ „Kommt darauf an, wie weit Bobby mit dem Impala ist und wie schnell ich mit unseren Waffen fertig werde.“ Dean trank den Kaffee aus und machte sich voller Tatendrang auf den Weg zu Bobby. Angefressen schüttelte Sam den Kopf. Wann hatte Dean das letzte Mal wegen ihm so gestrahlt? Und seit wann nahm Dean das Leben so schwer? War es sonst nicht immer sein Part gewesen, sich über alles und jeden Gedanken zu machen? Ihm kam eine Idee. Er wollte auch endlich mal wieder der Grund für Deans Strahlen sein! Er nahm sich das Klemmbrett von der Motorhaube und ging ins Haus, um diese Notizen in den Rechner zu übertragen. Leise betrat Dean die Werkstatt und schaute sich um. Sein Baby stand noch immer auf der Grube. Sofort machte sich das schlechte Gewissen in ihm breit. Seit sie ihm gehörte hatte nie jemand anderer als er selbst die anfallenden Reparaturen an ihr ausgeführt. Es fühlte sich komisch an, sie jetzt in anderen Händen zu wissen. Sanft ließ er seine Finger über das kalte Blech gleiten, als er nach hinten ging. Bobby beobachtete ihn mit einem Schmunzeln. Dean und sein Wagen, das war mehr als nur Besitzerstolz, mehr als nur die Liebe zu einem Fahrzeug. „Wie weit bist du?“, fragte der Winchester leise und schaffte es nicht seinen Blick zu heben.“ Es war falsch, dass Bobby allein an ihr schraubte! „Ich sollte heute fertig werden. Ist nicht mehr viel. Warum fragst du?“ „Ich … wir … Die Wölfe. Ich wollte mich verabschieden“, druckste Dean herum. Bobby nickte. Er konnte den Jungen verstehen. Immerhin hatte er einen Teil seines Lebens mit der Wölfin geteilt. „Wann wollt ihr los?“ „Wenn du heute fertig wirst, morgen oder übermorgen.“ „Okay, ich sage dir Bescheid wenn ich fertig bin.“ „Danke Bobby“ Schnell machte sich Dean wieder aus dem Staub, bevor ihn sein schlechtes Gewissen komplett überrollte. Jody fuhr auf den Hof. Sie war nicht nur körperlich müde. Diese Nacht hatte ihr mal wieder gezeigt, was das normale Leben für Schlechtigkeiten auf Lager hatte. Gut, dass es solche Nächte nicht so oft gab, denn das wäre ein Grund, sich einen anderen Beruf zu suchen. Ihr Blick fiel auf den Impala, der vor der Veranda parkte. Die Jungs wollten sich heute auf den Weg machen. Und nein, Jäger wollte sie auch nicht wirklich werden, auch wenn es interessant war. Müde rieb sie sich über das Gesicht und betrat das Haus. Feiner Kaffeeduft empfing sie und verdrängte die trübsten Gedanken. Es tat gut, nach so einer Nacht von einer Familie empfangen zu werden. Ja, inzwischen waren diese Männer zu ihrer Familie geworden. Sie mochte die Jungs genauso gerne, wie Bobby und über ihre Gefühle zu dem alten Zausel musste sie nicht länger nachdenken. Es war nicht diese große, überschwängliche Liebe der Jugend, es waren langsam wachsende Gefühle von Freundschaft, Respekt und nicht zuletzt Zuneigung, die immer noch stärker wurde. So hatte sie sich zuletzt bei Owen gefühlt. Bevor Sean bei diesem Unfall ums Leben gekommen war. Danach waren die Gefühle langsam erkaltet und irgendwann hatten sie nur noch nebeneinander her gelebt. Und gerade als sie begonnen hatten, sich endlich wieder näher zu kommen, war dieser Geist aufgetaucht. „Hey“, grüßte Sam von der Treppe aus. „Hey“ Energisch schob sie die Gedanken an die Nacht beiseite. „Ihr wollt gleich los?“, fragte sie und deutete auf die Tasche. „Ja, nach dem Frühstück.“ „Ist dein Bruder noch oben?“ „Er kümmert sich um die Waffen.“ In dem Moment kam der ältere Winchester mit einer verdächtig leeren Tasche aus dem Keller. Er brachte sie nach draußen und sortierte das Wenige in den Kofferraum. „Was habt ihr jetzt vor?“, wollte Jody während des Frühstücks wissen. „Wir wollen zum Kings-Canyon und danach?“ Dean warf seinem Bruder einen fragenden Blick zu. „Und da wir eh durch Las Vegas müssen, wollten wir die Casinos für ein paar Tage unsicher machen. Außerdem wollen wir nochmal zum Grand Canyon.“ „Nochmal?“ „Das ist das Schöne an so einem unsteten Leben. Wir haben die meisten Sehenswürdigkeiten des Landes schon gesehen“, erklärte Sam mit einem wehmütigen Lächeln. „Wenigstens war nicht alles schlecht“, überlegte Jody leise. „Nein, alles nicht“, bestätigte jetzt der ältere Bruder, bevor er wieder in der Betrachtung seines Kaffees versank. Gerade als er ausgetrunken hatte, schob Sam ihm ein kleines Päckchen über den Tisch. „Was ist das?“, wollte er unsicher wissen. „Mach es auf und du weißt es.“ Dean musterte das Zeitungspapier und Sam grinste. Er wusste nicht, was ihn geritten hatte, es einzupacken, aber irgendwie fand er es richtig. Noch einmal drehte Dean sein Geschenk und packte es dann schnell aus. Verwundert starrte er seinen Bruder an. „Das ist ...“ „Deins, klar. Aber du hast es so lange nicht getragen.“ Dean lächelte. Er schob sich seinen Ring wieder über den Finger und die Kette über den Kopf. Einen Augenblick wog er den Anhänger in der Hand. Seine Augen blitzten. Jetzt war er wieder Dean Winchester. Gleich darauf verabschiedeten sie sich mit einer herzlichen Umarmung voneinander. Bobby schob Sam einen Umschlag in die Hand. „Danke“, sagte der. „Du bekommst es wieder.“ „Es ist euer Geld“, wehrte der alte Jäger ab. „Ich dachte, dass hast du angelegt?“ „Habe ich auch. Das ist ein Teil der Rendite. „Ein Teil?“, fragte Sam ungläubig. Er hatte sich nie mit der Börse oder anderen Arten Geld anzulegen befasst. Warum auch. Das was sie normalerweise erspielten, ging für ihr tägliches Leben drauf. Und für das, was das Geld nicht abdeckte, mussten die gefälschten Kreditkarten herhalten. „Keine Angst, es ist noch genug da.“ „Du bist der Experte“, erklärte Sam und löste sich aus der Umarmung, um Jody ebenso herzlich zu drücken. „Pass auf den alten Sturkopf auf“, bat er sie. „Das hat mir dein Bruder auch schon aufgetragen“, lachte sie und löste sich wieder von ihm. „Kommt gesund wieder“, wandte sie sich an Beide. „Wir passen aufeinander auf“, erwiderte Dean ruhig. „Davon gehe ich aus!“, brummelte der alte Jäger. Sam lächelte. Es tat gut, dass sich jemand, der nicht Dean hieß, um ihn sorgte. Er öffnete den Kofferraum, hob die Abdeckung hoch und starrte in ein fast leeres Waffenversteck. Was war das denn? Dean wollte sich doch darum kümmern? Der Ältere startete derweil den Wagen und Sam fasste das als die Aufforderung auf, die es sein sollte. Er schlug den Kofferraumdeckel zu und lief nach vorn. „Wolltest du dich nicht um unsere Waffen kümmern?“, fragte er, während er auf den Beifahrersitz rutschte. „Wollte ich und habe ich.“ „Aber der Kofferraum ist leer?!?“ „Genau.“ Schon wieder grinste Dean. Er lenkte den Impala mit einem eleganten Schlenker des Hecks auf die Straße. „Erleuchtest du mich?“ „Wenn wir keine Waffen haben, können wir auch keinen Fall übernehmen.“ Schlagartig erhellte sich Sams Mine. Diese Logik war … „Du bist so ein Idiot!“, grinste er breit. „Trottel!“ Erleichtert ließ sich Sam gegen die Rückenlehne fallen. Wann hatte er zuletzt einfach nur die vorbeifliegende Landschaft beobachten können? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)