Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 155: Blut im Schnee --------------------------- Ich wünsche euch ein besinnliches Weihnachtsfest, viele Geschenke und wundervolle Tage im Kreise eurer Lieben. LG Kalea 155 Blut im Schnee Es war noch nicht mal auch nur andeutungsweise hell, als die Jäger schon wieder auf den Beinen waren und sich für einen Tag in Schnee und Kälte ausrüsteten. Sie kochten jede Menge Kaffee, füllten ihre Rucksäcke mit Thermokleidung zum Überziehen, Armeemahlzeiten, die zwar nicht schmeckten aber schnell heiß wurden und den Thermoskannen. Als sich der erste Streifen Helligkeit im Osten gingen sie los. Es dauerte über zwei Stunden, bis sie den knorrigen, vor Jahren umgekippten Baum, den William beschrieben hatte, endlich erreichten. Überhaupt war die Wegbeschreibung des Schamanen sehr genau gewesen und Sam fragte sich zum wiederholten Mal, ob er nicht schon mal hier gewesen war. Zumindest bewunderte er ihn für diese Vision. Seine waren damals nie so genau gewesen. Sie suchten sich einen geschützten Platz in der Nähe des Baumes unter einem überhängenden Gebüsch und richteten sich für eine längere Wartezeit ein. Die Zeit kroch langsamer dahin, als die Kälte in ihre Knochen. Die erste Kanne Kaffee war noch nicht geleert, als Sam schon kurz davor war, vor Kälte zu zittern. Bobby holte gerade Luft und zu fragen, wann sie sich über ihr Mittagessen hermachen wollten, als auf der anderen Seite der Lichtung, fast genau vor ihnen, ein Reh unter den Bäumen hervorsprang. Es kam nicht mehr sehr weit. Hinter ihm kamen zwei Wölfe aus dem Unterholz, die es hetzten. Einer von ihnen sprang auf das Reh. Er erwischte es am Hinterlauf und brachte es zu Fall. Sofort war der zweite, kräftigere Wolf zur Stelle und tötete das Reh mit einem Biss in die Kehle. Er wartete noch eine Weile bis seine Beute aufgehört hatte sich zu bewegen. Erst dann ließ er von seiner Beute ab, gab ein leises Grollen von sich und begann dem Reh den Bauch aufzureißen. Bobby schaute zu Sam und knuffte ihn kurz, als der so gar nicht reagierte. Erschrocken japste der Winchester. Er merkte erst jetzt, dass er die Luft angehalten hatte und atmete tief ein. Er schaute zu Bobby und nickte kurz. Seine Augen schimmerten feucht. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Sofort wandte er sich wieder dem Geschehen auf der kleinen Lichtung zu. Gerade rechtzeitig um zu sehen, wie fünf kleinere Wölfe auf die Lichtung kamen und sich sofort gierig über die Beute hermachten. Tränen liefen über seine Wangen und hinterließen brennende Spuren. William hatte Recht gehabt. Der große Wolf, der der das Reh getötet hatte, war Dean! Ihm war zwar nicht klar, wie Dean so schnell an eine Familie kommen konnte, aber es war eindeutig Dean. Er hatte ihn schon an der Zeichnung seines Gesichts, seines ganzen Fells erkannt, kaum dass der aus dem Gebüsch hervorgeschossen war. Und nur wie um das zu bestätigen, sah Sam durch seinen Feldstecher die grünen Augen seines Bruders durch die schräg einfallende Sonne regelrecht aufleuchten. Er musste hart schlucken. So dicht neben ihm zu sein und ihn doch nicht in die Arme schließen zu können, ihn nicht mal ansprechen zu dürfen, war fast zu viel für ihn. Sam kämpfte wieder mit den Tränen und trotzdem konnte er den Blick nicht abwenden. Einträchtig nebeneinander liegend oder stehend fraßen die Wölfen, bis Dean, gesättigt, mit vollem Bauch zu einem geschützten Platz unter einem überhängenden, von der Sonne beschienenen, Stein trottete. Er ließ sich in den Schnee fallen. Der zweite erwachsene Wolf, die Fähe, folgte ihm. Kaum stand sie neben ihm, rollte er sich auf den Rücken und angelte spielerisch immer wieder nach ihr, doch sie ging nicht auf ihn ein. Sie blickte aufmerksam in die Richtung, in der Sam und Bobby saßen und hob witternd ihren Kopf. Eine Weile blieb sie so hocken, dann stand sie wieder auf und knuffte ihn mit ihrer Nase in die Seite. Er drehte sich erneut auf die Seite und sie begann ihm die, vom Fressen noch blutige, Schnauze zu putzen, bevor sie sich neben ihn legte. Beide ließen sich von der Mittagssonne den Pelz wärmen. Lange hatten sie allerdings keine Ruhe. Schon bald fingen die kleineren Wölfe an sich zu langweilen. Sie jagten sich, kullerten vor den beiden Alten im Schnee und begannen schließlich auf ihnen herumzuklettern. Immer wieder bissen sie ihnen ins Maul oder zerrten an den Schwänzen. Sam hatte noch einmal die Luft angehalten, als er sah, wie Dean zu dem Platz lief, den er sich für ihre Beobachtungen ausgesucht hatte, kaum dass sie hier angekommen waren. Er warf einen kurzen, dankbaren Blick zu Bobby und sah, dass auch der mit den Tränen kämpfte. Er versuchte den Klos in seinem Hals herunter zu schlucken. Es ging nicht. Das war so ungerecht! Das Glück, das Dean in ihrem Leben verwehrt geblieben war, hatte er hier durch einen Fluch, gefunden. Gebannt starrte er auf seinen Bruder. Irgendwann waren es auch die Jungen müde und rollten sich neben den Altwölfen zusammen. Die beiden Jäger wagten kaum sich zu rühren. Sie wollten die Tiere nicht verscheuchen und sie wollten beiden den Schlaf dieser Familie schützen. Nach einem ausgiebigen Verdauungsschlaf trollte sich die Gruppe wieder. Sam warf seinem Freund einen kurzen Blick zu und sie waren sich einig, dass sie dem Rudel folgen würden. Mühsam krochen sie aus ihrem Versteck und streckten die kalten, kribbelnden Glieder. Dann folgten sie der Fährte. Erst ein paar Stunden später, als es schon fast zu dunkel war, um die Fährte sehen zu können, beschlossen sie zu ihrer Hütte zurückzukehren. Sie würden morgen hier weiter machen. Schnell heizten sie den Herd an und fütterten ihn so lange weiter, bis der fast glühte, doch sie wollten, sie mussten die Kälte aus ihren Knochen kriegen, wenn sie nicht in wenigen Tagen erkältet oder mit einer Lungenentzündung aufwachen wollten. Erschöpft ließen sie sich bald darauf auf ihre Schlafplätze fallen. Wortlos vergruben sie sich in den Decken. Sie hatten beide nicht mehr das Bedürfnis zu reden. Die Tage vergingen und wieder saßen Sam und Bobby zu einem kurzen Abendbrot zusammen. Inzwischen hatten sie sich an den Anblick des Rudels, an den Anblick eines glücklichen Wolfes, der einmal Dean Winchester gewesen war, gewöhnt. Es schmerzte nicht mehr so sehr und Bobby stellte gerade seine Tasse ab und sah Sam an. „Ich will morgen nochmal hin. Ich … ich will ihm Auf Wiedersehen sagen“, begann der von sich aus. Bobby nickte. „Ich kann ihn hier nicht wegholen. Er ist glücklich und sicher. Es geht ihm gut und ich denke nicht, dass er das noch wäre, wenn ich ihn mitnehmen würde. Ich könnte ihm nur wieder ein Leben in einem Motelzimmer bieten. Dean fühlt sich hier wohl und hier soll er bleiben. Es muss mir reichen, dass ich weiß, dass es ihm gut geht und ich werde ihn immer wieder mal besuchen“, erklärte der heiser. Wieder nickte Bobby. Er sah die Tränen in Sams Augen und versuchte seine zu unterdrücken. „Sobald wir etwas gefunden haben um den Fluch zu brechen, diesen Phönix oder die Zigeuner, kommen wir wieder her und dann nehmen wir ihn mit.“ „Ich bin mir gerade noch nicht mal sicher, ob ich den Fluch noch brechen will. In was für ein Leben würde ich ihn dann wieder zerren und aus was für einem Leben würde ich ihn rausreißen? Ich meine, ich will meinen Bruder wieder haben, ich will seine dummen Sprüche hören, ich will dass er mich mit seiner Musik nervt, aber er ist hier so viel glücklicher. Ich … Ich muss darüber nachdenken, Bobby.“ Der Ältere nickte wieder. Sie hatten in den letzten sechs Tagen kaum miteinander gesprochen. Sie waren dem Rudel immer weiter gefolgt und hatten einige Plätze gefunden, an denen es Höhlen hatte. Sie hatten sich, soweit es ging, in das Leben des Rudels geschlichen, ohne sie zu stören. Und sie hingen bei ihren Beobachtungen den Erinnerungen an Dean nach. Vor allem Sam hatte davon so viele, so viele traurige, die ihm immer wieder klar machte, wie glücklich Dean hier war. Nein Sam wollte ihn hier nicht rausreißen. Nicht ohne ein Mittel den Fluch sicher zu brechen. Noch bevor der Morgen dämmerte waren die Männer wieder auf den Beinen. Sie hatten beide nicht schlafen können und sich nur vor einer Seite auf die andere gedreht. Jeder hing noch immer seinen traurigen Gedanken nach. Schweigend prüften sie ihre Ausrüstung, füllten Kaffee in die Thermoskannen und setzten sich dann, weil die Sonne immer noch nicht aufgegangen war, an den klapprigen Tisch um zu Frühstücken. „Du musst was essen, Sam.“ „Ich hab keinen Hunger“, sagte der Winchester schob weiter sein Essen über den Teller. „Ich weiß dass es richtig ist Dean hier zu lassen. Hier ist er glücklich, hier kann er leben. Aber warum fühle ich mich dann so, als ob ich ihn im Stich lasse? So als ob ich alles verrate, was uns heilig ist? Ich will meinen Bruder zurück, egal was es kostet. Mein Verstand sagt mir, dass wir das Richtige tun, mein Herz schreit dass wir nichts Schlimmeres tun könnten. Was soll ich denn machen, Bobby?“, Sam zog die Nase hoch. Tränen glänzten in seinen Augen. Der ältere Jäger holte tief Luft, er fühlte sich ähnlich, vielleicht etwas rationeller, vielleicht war seine Vernunft ausgeprägter? Und doch fühlte auch er sich falsch bei der Entscheidung. Und auch er war sich sicher, dass er oft, sehr oft hierher kommen und Dean besuchen würde. Vielleicht konnte er Jody ja mal mitnehmen? Wenigstens hatten sie jede Menge Fotos von dem Wolf und seiner Familie. Auch wenn das nur ein schwacher Trost für den Verlust war. Sie brachen auf, als sich die ersten Schatten bildeten. Bald würde die Sonne aufgehen und sie hätten noch einen Tag um Dean ‚Auf Wiedersehen’ zu sagen, um ihn mit seiner Familie zu sehen. Sam atmete tief durch. Der Gedanke an Deans Familie, an Dean und seine Familie gab ihm Kraft. Doch er wusste, dass er heute Abend am Boden zerstört sein würde und er wollte nicht darüber nachdenken, wie er die Nacht und die nächsten Tage überleben würde. Nur nicht an morgen denken! Sie stapften durch den verharschten Schnee. Die Sonne stieg täglich höher und taute die oberste Schicht an. Nachts war es immer noch kalt genug, um alles wieder gefrieren zu lassen. „Sam!“, keuchte Bobby erschrocken. Er hatte vor kurzem die Führung übernommen und war gerade auf eine frische Wolfsspur gestoßen, eine Spur, die nicht viel Gutes besagte. Sofort stolperte der Jüngere nach vorn. Erschrocken starrte er auf die Blutstropfen die sich neben der Wolfspur deutlich abzeichneten. Sie starrten sich an: „Hoffentlich…“ keuchte Sam und wagte es nicht, den Gedanken auszusprechen. Und doch schnürte ihm allein der Anblick des Blutes die Kehle zu. Hier war Deans Revier. Gab es hier noch andere Wölfe? Vielleicht war das ein Einzelgänger? Wollte er Deans Familie übernehmen oder bedrohte er sie und Dean hatte ihn vertrieben? „Was meinst du?“, fragte er tonlos. „Ich habe keine Ahnung“, sagte Bobby fast genauso tonlos. „Es ist ihr Revier.“ „Und wenn Dean einen fremden Wolf vertrieben hat?“ „Du willst der Spur folgen?“, fragte Bobby geradeheraus. „Was haben wir zu verlieren? Wenn es ein fremder Wolf ist, dann haben wir einen Tag umsonst hier draußen verbracht. Aber wen stört das? Wir haben keinen Zeitplan. Wir können uns auch morgen von Dean verabschieden“, redete sich Sam in Rage. Er sagte sich zwar immer wieder, dass er sich sicher war das Richtige zu tun, wenn er seinen Bruder hier lassen wollte, aber er war sich nicht mal halb so sicher wie er sich gab und einen Tag länger in seiner Nähe war mit Sicherheit kein Fehler, auch wenn ihn das einen Tag länger von der Suche nach einer Lösung abhielt. Die Tage hier hatten endlich die Kopfschmerzen vertrieben, die ihn schon seit Wochen plagten. Die Zeit hier hatte er genutzt, um seine Gedanken zu sortieren. Er fühlte sich freier, nicht mehr so eingeengt wie in den Wochen davor und ja, er brannte darauf seine Suche nach dem Phönix endlich fortsetzen zu können. Trotzdem wollte er hier nicht weg. Hier war Dean. Hier war seine Familie, auch wenn die ihn so nie akzeptieren würde, weil er ein Mensch war. Nein, ein weiterer Tag hier wäre sicherlich keine Verschwendung. „Du willst nicht weg“, stellte Bobby ruhig fest. „Doch natürlich! Ich will endlich weiter nach einer Lösung suchen“, sprudelte Sam hervor und fühlte sich, wie bei einer Lüge ertappt. „Nein, ja doch, nein ...“, stammelte er. Der alte Jäger legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sanft zu. „Geht mir genauso“, sagte er ruhig. Sam nickte dankbar. Ein Blick in Bobbys Augen bestätigte ihm seine stumme Bitte. Sie würden die Spur verfolgen und sich morgen von Dean und seiner Familie verabschieden. Sie liefen ein paar Meter vor und zurück, um die richtige Richtung zu finden, dann stapften sie weiter, den Blick auf die Blutstropfen geheftet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)