Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 144: Furchtbare Weihnachten ----------------------------------- 144) Furchtbare Weihnachten Hustend und keuchend erwachte Sam aus einem Traum, den er nicht mehr greifen konnte, der allerdings, zumindest wenn er seinen Gefühlen glaubte, keineswegs schön gewesen sein konnte. Fahrig wischte er sich über das Gesicht und suchte nach Taschentüchern. Sein Hals kratzte fürchterlich, aber das war ja auch kein Wunder, wenn die Nase vollkommen verstopft war. Wie sehr wünschte er sich jetzt Dean, oder wenigstens Bobby hier her, damit er nicht alleine leiden musste, aber er hatte den einen verloren und den anderen vertrieben. So war das also, wenn man einsam durch die Welt lief! Es war kein schönes Gefühl! Der nächste Hustenanfall ließ ihn sich keuchend, nach vornüber gebeugt zurück. Schweiß lief ihm über den Rücken. Er wollte nur noch duschen, etwas trinken und dann wieder ins Bett und weiter schlafen. Also kämpfte er sich auf die Füße, tappte zur Kaffeemaschine, um die erneut anzuschalten und verschwand dann im Bad. Eine Stunde später lag er vollkommen erschöpft im zweiten Bett. Gut, dass er noch immer ein Doppelzimmer hatte, aber er war ja auch davon ausgegangen, dass er seinen Bruder jetzt schon wieder als Menschen neben sich wusste. War wohl nichts! Er fühlte sich wie ein totaler Versager. Er schloss die Augen und dämmerte schnell wieder in einen unruhigen Schlaf. Fast unbemerkt vergingen für ihn die Tage. Er sah lediglich, dass es mal hell und mal dunkel war, wenn er erwachte und zwang sich jedes Mal dazu etwas zu essen, Tee zu trinken und sich zu duschen, um danach in das jeweils andere Bett zu fallen und erschöpft wieder einzuschlafen. Dann stand schließlich Weihnachten vor der Tür. Nicht dass es Sam dieses Jahr zu feiern gedachte, ihm ja war noch nicht einmal danach es überhaupt zu versuchen. Er verschlief den Tag in der Hoffnung, sich am nächsten Tag wieder etwas besser zu fühlen. Jody stand in ihrer kleinen Küche und bereitete sich ein paar Rühreier mit Speck zu. Sie hatte eigentlich keinen Hunger, aber sie wusste, dass sie essen musste. Essen! Sie schnaubte verächtlich. Wenn ihr Leben noch so wäre, wie es sein sollte, dann würde sie jetzt, wie vor zwei Jahren mit Owen und Sean am Tisch sitzen und den Weihnachtbraten essen. Immer wieder müsste sie ihren Sohn ermahnen still zu sitzen, weil der sehen wollte, ob Santa Claus nicht vielleicht doch in diesem Jahr eher kommt als sonst. Sie würde mit ihrem Mann reden und Pläne für das nächste Jahr schmieden. Aber nicht dieses Jahr. Dieses Weihnachtsfest saß sie vollkommen allein in einem noch immer fremden Apartment und stocherte in der Pfanne herum. Wahrscheinlich würde das Rührei doch wieder im Mülleimer landen, wie schon so oft in den letzten Tagen. Sie hätte bei Bobby Singer bleiben sollen! Sie mochte den altern Kauz doch! Sogar mehr als sie je zugeben würde, doch die Reaktion der Leute, der Hass und das Unverständnis hatten sie erschreckt und die Flucht ergreifen lassen. Dabei war sie doch noch nie ängstlich gewesen. Dieser verfluchte Geist hatte den taffen Sheriff bis ins Mark erschüttert. Sie wusste nicht mehr was sie denken sollte und wo ihr Weg sie hinführte. Ja, Bobby und Dean hatten ihr ein Leben ermöglicht, aber sie fragte sich inzwischen, ob es im Knast nicht einfacher wäre. Da wäre sie die durchgeknallte Mörderin ihres Mannes gewesen. Vielleicht hätte man ihr noch eine Art Schock zugebilligt, nachdem im Jahr zuvor ihr Sohn von einem betrunkenen Autofahrer überfahren worden war? Aber sie war frei! Frei? Sie schnaufte abwertend. Nein! Denn wenn sie wirklich frei wäre, wenn sie sich frei fühlen würde, dann wären ihr die Meinungen ihrer geschätzten Mitmenschen egal gewesen. Aber die hatten sie gewählt. Diese Menschen hatten sie zum Sheriff gemacht. Gab ihnen dies aber das Recht auch ihr Leben zu bestimmen? Sie hatte das Küchenfenster geöffnet, damit die Kochdämpfe abziehen konnten. Vor ihrer Haustür knirschte der Schnee. Ein Wagen hielt. Es erschreckte sie, dass sie nicht raussehen musste, um zu wissen, wem der Wagen gehörte. Ihr Herz machte einen kleinen Freudensprung, doch sie verbot sich die kleinste Regung. Sie wollte nicht wieder auf Gefühle hereinfallen, die dann doch nicht wahr werden durften. Sie schaltete den Herd aus und schob die Pfanne zur Seite. Vorsichtig zog sie die Gardine beiseite und schaute auf die Straße. Bobby hockte in seinem Wagen. Er machte keine Anstalten auszusteigen. Müde zuckte sie mit den Schultern, nahm die Pfanne und ging ins Wohnzimmer hinüber. Im Fernsehen lief irgendeine Serie. Die eingeblendeten Lacher nervten. Jody drehte den Ton leiser, bevor sie sich auf die Couch fallen ließ. Lustlos stocherte sie in ihrem Essen, zwang sich dann aber die Pfanne komplett zu leeren. Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken immer wieder zu dem Mann auf der Straße. Sollte er nicht mit Sam und Dean Weihnachten feiern? Wollten die Jungs nicht bei ihm sein, oder hatten sie es nicht geschafft? Mussten sie noch einen Fall bearbeiten? Menschen aus den Fängen von Geistern und Dämonen retten? War Bobby deshalb heute einsam und wollte es nicht sein? Sie brachte die leere Pfanne in die Küche und stellte sie in die Spülmaschine. Ein kurzer Blick nach draußen zeigte ihr, dass ihr heimlicher Besucher noch immer vor der Tür in seinem Wagen hockte. Bei der Kälte würde er sich den Tod holen! Jody straffte sich, griff nach ihrer Jacke und verließ die Wohnung. Immer wieder starrte Bobby zum Fenster hoch, hinter dem er ihre Küche wusste. Sie war da. Er konnte ihren Schatten sehen. Trotzdem fand er das letzte bisschen Mut nicht, um auszusteigen und zu ihr zu gehen. Er wollte ihr nicht nachlaufen, sie nicht bedrängen. Aber sie fehlte ihm. Es war schön gewesen, wieder eine Frau im Haus zu haben, zumal er sich nach dem letzten Sommer nicht einmal mehr schämen musste, wenn er jemand in sein Haus einlud. Sie hatten ganze Arbeit geleistet. Dean war ein Genie, was diese Arbeiten anging. Dean! Sein Hals wurde eng und er versuchte die aufkommende Panik zu bekämpfen. Mit fahrigen Bewegungen griff er in seine Innentasche und holte den Flachmann hervor, den er hastig aufschraubte und mit einem Zug leerte. Wütend und enttäuscht warf er die Flasche in den Fußraum auf der Beifahrerseite. Er war am Ende, kurz davor dem Alkoholismus zu verfallen. So lange hatte er widerstehen können, doch ohne die Jungs, ohne den Halt, den sie ihm, wenn auch unbewusst, gaben hatte er nichts mehr, das ihn vom Trinken abhalten konnte. Sam war zu Recht enttäuscht von ihm. Er hatte sich aus dem Staub gemacht und ihn mit der Suche nach dem Wolf und nach einem Weg den Fluch zu brechen allein gelassen. Er hatte in den letzten Tagen zwar hier seine Bücher gewälzt, doch das war nicht das Gleiche! Er hätte bei Sam bleiben und ihm beistehen müssen. Aber wie, wenn doch jeder Blick auf das zweite Bett, jedes Wort und jeder Gedanke an den verschwundenen Bruder erinnerte? An den Jungen mit dem er inzwischen so viel mehr teilte als nur das Haus. Er stimmte Sam in der Annahme zu, dass es ein Fluch sein musste, doch ohne den Wortlaut konnten sie ihn nicht brechen. Wieder einmal nicht. Und dieses Mal konnte ihnen noch nicht mal Pam helfen, denn es gab schlichtweg keinen Gegenpart. Dieses Mal hatte Dean mit Niemandem die Seele getauscht. Dieses Mal war alles verloren! Mit aller Kraft, die ihm noch verblieben war, kämpfte er die Tränen herunter, die in seine Augen drängten und ihm Nase und Kehle verstopften. Heftig zuckte er zusammen, als sich die Beifahrertür öffnete. Aus trüben Augen starrte er die Frau an, die auf den Sitz rutschte. Sie schien ihm eher eine Fata Morgana zu sein, als ein realer Mensch. Reale Menschen mieden ihn schon seit einer Weile. Genau seit sie ihn … Er schluckte hart. „Du solltest gehen“, sagte er heiser. Er wollte sie nicht verletzen. „Und dich hier erfrieren lassen?“ Bobby schnaubte nur. Er fühlte diese Kälte nicht, die Kälte in seinem Herzen war schlimmer. „Komm mit rein“, sagte sie leise und öffnete die Beifahrertür. Er machte keine Anstalten sich zu bewegen. „Bobby!“, fuhr sie ihn an und sah, wie er zusammenzuckte. „Komm mit hoch oder soll ich dich nach nebenan in eine Zelle zum Ausnüchtern bringen?“, fragte sie schärfer als sie es wollte. Wieder zucke er zusammen und wieder streifte sie ein Blick aus trüben Augen. Was war nur passiert? „Jetzt komm. Mir ist kalt“, forderte sie und endlich bewegte er sich. Im Schein der Treppenhausbeleuchtung sah sie die tiefen Furchen, die sich in seinem Gesicht eingegraben hatten. Tiefe, schwarze Ringe unter den Augen verrieten den Schlafmangel. Aber am Meisten erschreckte sie, wie sehr seine Kleidung um den Körper schlotterte. Wann hatte er zuletzt richtig gegessen? Was war nur passiert und wo waren die Jungs? Sie drängte ihn die Treppen hoch und schob ihn in die Küche. Schnell nahm sie eine Kaffeetasse aus dem Schrank, füllte sie mit Punsch und drückte sie ihm in die klammen Finger. Sie wusste zwar, dass Alkohol nicht unbedingt die Lösung war, aber jetzt musste sie ihn erst einmal warm bekommen und vielleicht schaffte sie es so, ihn zum Reden zu bringen. Eine Weile saß sie einfach nur neben ihm und nahm hin und wieder einen Schluck aus ihrer eigenen Tasse. Dann raffte sie sich auf. Der Mann brauchte nicht nur Wärme, er musste auch essen und in ihrem Kühlschrank schlummerte noch ihr Weihnachtsmenü. Sie nahm die Rindersteaks heraus. Gleich darauf holte sie ihre Pfanne aus der Spülmaschine und wusch die kläglichen Reste ihres Abendessens ab. Sie marinierte das Fleisch, bevor sie es in die Pfanne legte, frittierte Kartoffelecken und schnippelte einen Salat klein. Immer wieder schaute sie zu Bobby, doch der starrte nur blind vor sich hin. Viel zu fest hielten ihn seine trüben Gedanken gefangen. Selbst zum Essen musste sie ihn zwingen. So hatte sie ihn noch nie gesehen und bei dem, was sie von seinem Leben wusste, konnte sie sich auch nichts vorstellen, was ihn so aus der Bahn werfen würde. Es sein denn … Nein, an diese Möglichkeit wollte sie gar nicht erst denken! Endlich, nach gefühlten Stunden, hatte der Jäger seinen Teller geleert. Sofort zog sie ihn auf die Beine und schob ihn mit sanfter Gewalt ins Wohnzimmer, wo sie eine Decke um seine Schultern legte und den Fernseher ausschaltete. „Was ist los, Bobby? Wo sind Dean und Sam?“, wollte sie leise wissen und legte ihm mitfühlend die Hand auf den Arm. „Weg!“, stieß er dieses eine Wort hervor und sah dabei aus, als hätte es seiner ganzen Kraft bedurft. „Wie weg? Sie lieben dich wie einen Vater! Die verschwinden nicht einfach so“, brachte sie aufgebracht hervor. Die Wärme, das Essen, der Alkohol und nicht zuletzt die Sorge, die er in ihrer Stimme hören konnte, ließ seine Dämme brechen. Eine einsame Träne rann über seine Wange. Er schloss die Augen und holte tief Luft. „Sie sind weg, glaub es mir, und zumindest Dean wird nie wiederkommen“, erklärte er heiser. „Aber warum, Bobby? Dean liebt dich. Er würde nie so einfach verschwinden!“, erklärte sie im Brustton der Überzeugung. „Er ist nicht einfach so verschwunden. Er … Er ist …“ Es fiel ihm so schwer darüber zu sprechen. „Dean … wir nehmen an, dass er verflucht wurde. Er ist jetzt ein Wolf. Ohne Erinnerungen an sein Leben davor. Ich kann es nicht erklären. Am Anfang war er vollkommen verängstigt und Sam hatte die Hoffnung, dass sie, bis er einen Weg gefunden hätte um ihn zu erlösen, zusammenleben könnten, doch Dean wurde sich seiner immer sicherer und ist vor ungefähr einer Woche abgehauen. Wie haben ihn nicht gefunden und wo er jetzt steckt? Weiß der Geier! Wo würdest du einen Wolf suchen?“ „Er ist … was?“ Fassungslos starrte sie den Mann an. Das war zu viel, um es zu verstehen. Ihre Knie gaben nach und sie ließ sich schwer auf das Sofa fallen. „Und Sam sucht ihn jetzt?“ „Ich weiß es nicht, aber ich denke schon. Ich habe ihm gesagt, dass es besser wäre, wenn wir erst etwas finden um den Fluch zu brechen und ihn dann suchen würden. Sam war anderer Meinung. Wir haben uns gestritten und bis jetzt hat er sich nicht mehr gemeldet.“ „Ihr seid solche Sturköpfe!“, schimpfte sie. „Dean war der Klebstoff, der alle zusammenhielt“, nuschelte Bobby rau. „Ohne ihn zerfällt alles. Wir …“ „Das ist Quatsch! Sam vermisst dich mit Sicherheit ebenfalls. Er wird seinen Bruder suchen und ist vielleicht gerade nicht erreichbar. Er meldet sich wieder!“, versuchte sie ihm Mut zu machen. Es sah Sam, so wie sie ihn kennengelernt hatte, nicht ähnlich diese Verbindung einfach so zu kappen. „Du darfst nur nicht aufgeben.“ „Ich glaube, das habe ich schon!“, nuschelte er und rieb sich mit der Hand müde über das Gesicht. „Nein! Du hast nicht aufgegeben und du wirst nicht aufgeben! Auch wenn Sam erst mal Zeit braucht, um diesen Verlust zu verdauen, auch wenn du erst mal Zeit brauchst, um das zu verdauen, du wirst weiter nach einer Lösung suchen und du wirst Sam anrufen. Ihr werdet eure Ergebnisse abstimmen, damit jeder auf dem Laufenden ist. Nur weil Dean nicht da ist, werdet ihr nicht einfach so auseinander rennen wir aufgescheuchte Hühner! Was wollt ihr ihm denn sagen, wenn er wieder da ist?“ „Er kommt nicht wieder! Er ist ein Wolf! Was meinst du denn wie lange Wölfe in freier Wildbahn leben?“, begehrte der alte Jäger auf. „Jedenfalls länger als du, wenn du hier weiter so rumjammerst!“, schimpfte sie. Erschrocken zuckte er zusammen. Diesen Ton kannte er nur vom Sheriff, nicht aber von der Frau Jody Mills. „Ihr habt Geister und Dämonen gejagt und überlebt. Ihr habt euch mit Vampiren abgelegt und du willst mir erzählen, dass ihr damit nicht klar kommt?“ „Du hast ja keine Ahnung“, stöhnte Bobby. „Dann erkläre es mir!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)