Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 62: Roadhouse --------------------- 62) Roadhouse Schweigen verstopfte das Innere des Impala. Selbst das Radio schwieg. Immer wieder warf Sam einen Blick auf seinen Bruder, dessen Hände so fest um das Lenkrad geklammert waren, dass die Knöchel weiß hervortraten. Jedes Mal holte er Luft, um irgendwie ein Gespräch zu beginnen, atmete kurz darauf jedoch nur aus und tröstete sich damit es gleich noch einmal zu versuchen und dann endlich mit seinem Bruder zu reden. Doch der strahlte die ganze Zeit soviel Ablehnung aus, dass es Sam jedes Mal schier die Sprache verschlug, wenn er ihn nur anschaute. Also rutschte er auf seinem Platz etwas nach unten und versuchte sich zu entspannen. Irgendwann würde Dean etwas essen wollen und dann würde er diese Gelegenheit nutzen. Erneut wanderte sein Blick zu seinem Bruder, denn inzwischen machte er sich große Sorgen um ihn. Was hatte ihn nur so mitgenommen? Grübelte er immer noch über John und Adam? Oder versuchte er Alistairs Worte zu entschlüsseln? Lag es doch an dem Foto? Aber daran war doch nichts Besonderes gewesen! John stand mit Kate und Adam im Fenster einer Hütte. Er vermutete zumindest, dass es eine war. Ähnlich Bobbys Hütte, in der sie früher immer jagen waren, wenn Dean und er ihre Ferien bei dem alten Brummbären verbracht hatten. Was würde er nur dafür geben einmal Deans Gedanken lesen zu können! Er versuchte erneut es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich zu machen, es wollte ihm heute einfach nicht gelingen. Leise Seufzend ließ er seinen Blick noch einmal über seinen Bruder gleiten. Ob er nach dem Buch fragen sollte? Nein. Dean hatte das Buch bekommen und wohl kaum Zeit gehabt, es sich näher anzuschauen. Er angelte sich seinen Laptop vom Rücksitz, kappte ihn auf und begann wieder nach der Bedeutung von Alistairs Worten zu suchen. Dean kämpfte regelrecht darum, nicht denken zu müssen. Er wollte nicht nach einem Sender suchen, der Musik spielte, die letztendlich Johns Lieblingsmusik gewesen war, auch wenn er sie wohl genauso liebte, wie sein Vater. Im Moment wünschte er sich nichts sehnlicher, als den aus seinen Erinnerungen streichen zu können. Wenigstens Adam wollte er vergessen! Adam und den Verrat an seiner Mom. Warum hatte der Junge gerade diese Nummer gewählt? Warum lag dieses Handy noch immer im Handschuhfach des Impala? Und warum waren mit diesem Fall die alten Erinnerungen zurückgekommen? Jahrelang hatte er sich eingeredet, dass John seine Mom über Alles geliebt hatte. Jahrelang hatte er sich eingeredet, dass die Streitereien seiner Eltern nur böse Albträume waren. Warum hatte er das nicht einfach vergessen können? Stur starrte er auf die Straße, nicht gewillt irgendwann anzuhalten, sich diesen Gedanken oder Sams Fragen zu stellen. Denn spätestens wenn er den Motor abstellte, würde der aufwachen und dann würden sie essen gehen. Sam würde erzählen was er nicht im Netz gefunden hatte und danach würde er fragen! Natürlich hielt dieser Vorsatz nur bis die Tankanzeige in den roten Bereich gewandert war. Er fuhr an der nächsten Tankstelle raus. Ein Blick auf Sam ließ seine Mundwinkel kurz nach oben zucken. Sammy war scheinbar sehr tief ins Land der Träume eingetaucht. Er regte sich nicht einmal als er die Wagentür zuschlug, was ihm eine Gnadenfrist verschaffte. Schnell betankte er sein Baby und ging in den Verkaufsraum, um zu zahlen. Sein Blick wanderte über die Regale und sein Magen meldete sich, kaum dass er die eingewickelten Sandwiches sah. Seine Augen huschten zu Sam, der noch immer selig schlief und er beschloss, dass das Risiko, das sein Bruder doch noch aufwachen könnte, zu groß war. Seinen knurrenden Magen ignorierend zahlte er die Rechnung und beeilte sich zum Wagen zu kommen und die Tankstelle hinter sich zu lassen. Meile um Meile verschwand unter den Rädern der schwarzen Schönheit. Seine Gedanken und Erinnerungen konnte Dean jedoch nicht so einfach hinter sich lassen. Sie folgten ihm wie ein Rudel hungriger Hunde einer verwundeten Beute. Sam richtete sich auf. Er rieb sich die Augen und streckte sich, so gut es ging. „Wo sind wir?“, fragte er, Deans noch immer fast greifbare Ablehnung zu einem Gespräch ignorierend. „Nebraska“, knurrte der ältere Winchester. „Nebraska?“ Sam starrte irritiert auf die vorbeihuschende Landschaft. Wie waren sie denn hierher gekommen, ohne zu tanken und ohne dass sein Bruder kurz davor war den Hungertod zu sterben? Dean ignorierte die Frage und hüllte sich wieder in Schweigen. Dafür redete sein Magen umso lauter. Selbst Sam hörte das Grummeln aus dem Grollen des Impalas heraus. „Verdammt noch mal, Dean, wofür bestrafst du dich denn jetzt schon wieder? Du musst essen. Das weißt du genauso gut wie ich. Gerade jetzt!“, schimpfte er und hoffte, dass sein Bruder ihn nicht komplett ignorierte. Doch genau das tat er offensichtlich. Wortlos trat der das Gaspedal noch etwas weiter durch und trieb so den Wagen noch schneller über die Straßen. „Dean!“, brüllte Sam wütend und erschrak, als er ihn zusammenzucken sah. Das war nicht die Reaktion, die er sich erhofft hatte! Verdammt noch mal! Wie kam er nur an seinen Bruder heran? Gerade als er erneut das Wort ergreifen wollte, setzte der Ältere den Blinker und bog auf einen Parkplatz ein. Was ihn hierher getrieben hatte, wusste Dean nicht zu sagen. Aber er wusste, dass er hier richtig war. Die braune Holzfassade und das blinkende Neonschild versprachen Sicherheit und tief in ihm drin schienen die drohenden Gewitterwolken nicht mehr ganz so schwarz zu sein. „Das Roadhouse?“, fragte Sam verwundert und starrte auf die hölzerne Wand vor sich. „Ellen hat es wieder aufgebaut?!?“, versuchte er seine Aussage nicht ganz so blöd aussehen zu lassen und ritt sich damit wohl noch tiefer hinein. Natürlich wusste er, dass Ellen das Roadhouse nach dem verheerenden Brand wieder hatte aufbauen lassen! Er war nur überrascht, dass Dean gerade das angesteuert hatte. „Wieso hier?“, fragte er also. Dean Augen huschten kurz über Sams Gesicht dann stieg er wortlos aus. Aus dem Kofferraum holte er seine Tasche und ging zur Tür. Er war so unendlich müde. In seinem Kopf drehte sich alles. Noch immer er es nicht geschafft, die Gedanken zur Ruhe zu zwingen. Sam beeilte sich, ebenfalls auszusteigen. Schnell holte auch er seine Tasche und schloss den Kofferraum wieder. Neben der Tür holte er seinen Bruder ein. Nacheinander betraten sie den Schankraum und schauten sich um. Dean fühlte sich fast wie damals, als er vor so unendlich vielen Jahren, zum ersten Mal hierher gekommen war, verloren und hilflos. Damals hatte er ein Bündel auf dem Arm, heute stand es riesig groß hinter ihm. Damals hatte dieser Ort ihm geholfen. Und heute? Alles war ihm entglitten und John hatte seine Mom erneut ermordet. Wie konnte der nur? Und wie konnte er mit diesem Wissen überhaupt noch das kleinste Bisschen Achtung vor seinem Erzeuger haben? Sams Blick wanderte als Erstes zu der Stelle, an der im alten Roadhouse die Tür zu Ashs Zimmer gewesen war. Diese Tür gab es nicht mehr. Jetzt war an dieser Stelle eine Wand mit vielen Fotos, wo immer Ellen die auch her hatte.. Auch sonst erinnerte nicht mehr viel und doch fast alles an das alte Roadhouse. Es war komisch und er konnte es auch nicht wirklich in Worte fassen. Trotz der neuen Einrichtung und der teilweise anderen Aufteilung war es doch unverkennbar die Anlaufstelle für Jäger, die es schon vor dem Brand gewesen war. Erleichtert atmete er durch. Es tat gut, etwas zu haben, das sich verändern konnte und doch das Alte blieb. Es war noch ziemlich früh am Abend und so waren kaum Jäger da. An der Theke saßen drei Männer und an einem der Tische ein Mann und eine Frau. Die musterten die Brüder jedoch ausnahmslos misstrauisch. Wer wusste schon, wer hier alles herein kam. Von Ellen oder Jo war nichts zu sehen. Gerade als sie ihre Taschen neben der Theke fallen gelassen hatten, trat Ellen aus der Küche. Ihr Blick streifte die Brüder. Sofort legte sich ein Strahlen auf ihr Gesicht. Schnell brachte die sie Teller zu dem Pärchen am Tisch und wünschte ihnen einen guten Appetit. Dann drehte sie sich um, überbrückte die kurze Distanz zwischen sich und den Winchesters und breitete ihre Arme aus. „Jungs“, rief sie und zog Dean in eine feste Umarmung. Sofort erstarrte der. Ellen ließ sich davon nicht beeindrucken und knuddelte ihn weiter, bis sich der Winchester endlich etwas entspannte und seine Arme zögerlich um sie legte. Erst jetzt ließ sie von ihm ab und zog Sam in eine nicht weniger herzliche Umarmung, die der jedoch sofort und voller Freude erwiderte. „Habt ihr Hunger?“, wollte sie wissen und forschte in Deans Augen. Etwas daran kam ihr wage bekannt vor, doch im diesem Moment konnte sie es nicht deuten. „Hast du ein Zimmer für uns?“, fragte Sam leise. Er würde seinen Bruder nicht eher wieder hinter das Steuer seines Babys lassen, bevor der nicht wieder normal reagierte. Er machte sich eh schon Vorwürfe, dass er Dean überhaupt hatte aufstehen lassen. Aber er konnte auch verstehen, dass er es in diesem Zimmer nicht mehr aushielt. „Für euch doch immer“, erwiderte sie, griff unter die Theke und holte einen Schlüssel hervor. „Die fünf ist das ruhigste Zimmer. Ich zeig es euch.“ Aus reiner Routine trocknete sie sich die Hände ab und führte die Brüder zur Treppe. „Bin kurz oben“, rief sie schnell noch in Richtung Küche und ging, ohne eine Antwort abzuwarten, die Treppe hinauf. Die Winchesters folgte ihr ins Obergeschoss und dort bis ans Ende des Ganges, wo sie die letzte Tür öffnete und die beiden eintreten ließ, bevor sie ihnen folgte. „Macht euch frisch und dann kommt runter. Ich mach euch was zu essen“, sagte sie und schaute den Brüdern noch einmal in die Augen. Es raubte ihr fast den Atem als sie begriff, was sie in Deans Augen las und woher sie diesen Ausdruck kannte. Es war dieselbe fassungslose Leere, das Unverständnis der Dinge die passiert waren, die sie damals in den Kinderaugen gesehen hatte, als ein leicht verwirrter mann mit einem Kleinkind plötzlich mitten im Raum gestanden hatte, einem Kleinkind, dass ein Baby trug! Mit wenigen Schritten war sie bei ihm und zog ihn in ihre Arme. „Wir passen auf ihn auf“, sagte sie ohne nachzudenken den einen Satz, der ihn damals wenigsten etwas beruhigen konnte und legte ihre Hand an seine Wange. Ganz kurz zuckten Deans Mundwinkel nach oben, doch diese alles umfassende Trauer in seinen Augen blieb. Ellen seufzte. Er hatte damals nur für Augenblicke geholfen, warum sollte es heute besser sein? „Es tut mir so leid, Dean“, sagte sie, ließ ihre Hand sinken und verließ das Zimmer. „Was …“, begann Sam seine Frage, verstummte aber augenblicklich, als er zu seinem Bruder blickte. Dean wirkte so verloren. So kannte er ihn gar nicht! Dean stand noch immer wie erstarrt da und blickte auf die Tür. Etwas hatten Ellens Worte in ihm ausgelöst. Etwas, das weh tat und doch schienen sie seine Gedanken wenigstens für einen Augenblick zur Ruhe bringen zu können. Er musste sich zwingen seinen Blick von der Tür abzuwenden. Sam beobachtete seinen Bruder aufmerksam. Unruhig huschten dessen Augen durch den Raum, so als suchte er etwas. Was hier passierte konnte er nicht einordnen. Und doch hatte er das Gefühl, dass Worte alles zerstören würden. Er machte einen Schritt auf Dean zu. Der richtete sich erschrocken auf, blinzelte und wandte sich ab. Er wollte nicht reden. Er wollte seine Gefühle nicht erklären müssen, weil er sie nicht einordnen und schon gar nicht in Worte fassen konnte, denn er fand keine. Der Bereich, der für Sprache zuständig war, schien wie leergefegt. Nur im Rest seines Kopfes herrschte das blanke Chaos. Bilder und Gedanken wirbelten wild durcheinander, während sein Körper von dieser bleiernen Müdigkeit gelähmt wurde. Er wollte nur noch schlafen! Mit wenigen Schritten überbrückte er die Distanz zu dem vorderen Bett und ließ sich darauf fallen. Sam starrte ihm mit großen Augen hinterher. Was war mit Dean? Sollte er sich zu ihm setzen? Er entschied sich dagegen, räumte seine Tasche weg und hoffte, dass sein Bruder in dieser Zeit ein Lebenszeichen von sich gab. Nichts geschah. Er ging zu dem Bett und hockte sich so daneben, dass er Dean ins Gesicht sehen konnte. Aufmerksam musterte ihn. Dean schlief, auch wenn er noch immer angespannt wirkte. Er hatte also Recht gehabt. Sein Bruder war fix und fertig und brauchte jede Menge Ruhe. Schade nur, dass er vorher nicht noch etwas gegessen hatte! Egal. Das konnte er später nachholen. Jetzt schlief er und er würde den Teufel tun seinen großen Bruder zu wecken. Vorsichtig schob er seine Hände unter den Älteren und versuchte ihn wenigstens von seiner Jacke zu befreien, ohne ihn zu wecken. Dieses Mal gelang es ihm nicht. Kaum berührten seine Hände Deans Körper, wurde der unruhig und versuchte sich der Berührung zu entwinden. „Schsch! Ich bin’s, Dean. Will es dir nur etwas bequemer machen“, versuchte Sam seinen Bruder zu beruhigen. Dean blinzelte, seine Augen huschten durch den Raum und blieben endlich an Sam hängen. Erkennen schlich sich in seinen Blick. Und doch blieb ein Funken Misstrauen. Entschieden befreite er sich von Sams Händen und stemmte sich in die Höhe. Schnell zog er sich aus und ließ seine Kleidung und das Buch, das noch immer in seinem Bund steckte, achtlos neben seinem Bett fallen. Er wühlte sich unter die Decke und war eingeschlafen bevor Sam noch ein Wort sagen konnte. Der setzte sich auf sein Bett und starrte seinen Bruder fassungslos an. Was sollte das? Seit wann vertraute Dean ihm nicht mehr? Das Verhalten seines Bruders schmerzte. Was hatte ihn nur so tief verletzt? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)