On Air von -Zerschmetterling- ================================================================================ Kapitel 19: ------------ -19-     Wir hatten schon viel zu viel Zeit verschwendet und darum teilten wir uns schnell auf. Lee würde beim Auto bleiben und mit Moegi und Udon schon mal alles vorbereiten, während ich mit Konohamaru ins Büro des Direktors gehen würde, um von dort aus eine Durchsage zu machen. Immerhin wussten die Schüler bisher noch nichts von ihrem Glück. Wir überquerten den Schulhof und ich grinste glücklich, während Konohamaru stolz voranschritt. Er schien es zu genießen, für uns den Betreuer zu spielen.     „Hey Lee“, rief ich noch einmal zurück.     Lee, der gerade eine Kiste aus dem Kofferraum geholt hatte, sah auf.     „Wir werden das Ding sowas von rocken!“     Ich streckte ihm zuversichtlich meinen erhobenen Daumen entgegen und er erwiderte die Geste. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich nach unserem Gespräch nur noch motivierter und konnte es kaum noch erwarten, endlich all die Schüler kennenzulernen.     „Hier rein“, sagte Konohamaru und deutete auf eine dicke Holztür, die sich nur schwer aufschieben ließ.     Vermutlich hatten das alle Schulen gemeinsam. Sie waren alt und die Türen waren so dermaßen schwer aufzukriegen, dass man sich gleich zweimal überlegte, ob man nicht doch lieber wieder umkehren wollte. Zumindest war das damals auf meiner Schule so gewesen. Ich hatte im Gegensatz zu Konohamaru und seinen Freunden die Realschule besucht und anschließend mein Fachabitur gemacht. Abgesehen davon, dass man nun mal sowas wie Unterricht gehabt hatte, dachte ich gerne an meine Schulzeit zurück.     Wir liefen ein paar Gänge entlang und stiegen ein paar Treppen hinauf. Ab und zu trafen wir auf ein paar Schüler, die wohl schon früher aus oder aber eine Freistunde hatten und uns neugierig hinterher sahen. Ich war mit meinen 21 Jahren zwar noch sehr jung, doch sie hatten wohl gemerkt, dass ich keiner von ihnen war. Hinter unseren Rücken wurde angeregt getuschelt und aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie ein paar Finger auf uns zeigten. Der Gedanke daran, dass sie mich eventuell erkannt haben könnten, ließ mein Herz aufgeregt schneller schlagen.     Nachdem wir ein kleines Sekretariat durchquert hatten, betraten wir schließlich das Büro des Direktors. Er war ein sehr kleiner Mann mit einem eindrucksvollen Spitzbart, der jedoch nicht mehr besonders viel Haupthaar besaß. Stattdessen bildete sein graues Haar eine Art Kranz um seinen Kopf. Sein Gesicht war schmal und durchzogen von vielen Furchen, doch er lächelte uns freundlich an, was ihn mir direkt sympathisch machte.     „Ah, du musst Naruto sein“, stellte er fest. „Es freut mich, dass ihr hierher gefunden habt.“     Seine Haltung sah irgendwie ungesund aus und auch wenn er es sich nicht anmerken lassen wollte, konnte man nicht übersehen, dass ihn Rückenschmerzen plagten. Er hatte am Telefon also nicht gelogen.     „Ja, der bin ich“, bestätigte ich grinsend. „Und wir haben einen Haufen Gebäck dabei für Ihre Schüler! Vielen Dank nochmal, dass sie die Aktion so kurzfristig genehmigt haben.“     Er winkte ab und bat dann Konohamaru, mir die Sprechanlage zu erklären. Sie war bei Weitem nicht so kompliziert, wie die Technik bei uns im Studio. Genau genommen musste man nur einen Knopf drücken und dann war man direkt in allen Klassenzimmern und auf allen Fluren zu hören, die mit Lautsprechern ausgestattet waren. Einen Moment lang war ich von dem Gedanken abgelenkt, was wohl passieren würde, wenn man den Knopf aus Versehen in einem ungünstigen Moment betätigte, doch dann besann ich mich schnell wieder auf meine Mission.     „Vielleicht solltest du dir vorher überlegen, was du sagen möchtest“, fügte der Schulleiter Konohamarus Erklärungen noch hinzu.     „Ach was, er ist Radiomoderator!“, winkte Konohamaru ab. „Die machen sowas spontan.“     Ich spürte seine bewundernden Blicke und es machte mich mehr als stolz von ihm so angesehen zu werden. Natürlich wollte ich ihn dementsprechend auch unter keinen Umständen enttäuschen und beschloss stattdessen ein wenig anzugeben.     „Genau“, bestätigte ich also und nickte dabei energisch. „Das ist überhaupt kein Problem. Ich mach sowas dauernd.“     Als ich dann schließlich den Knopf betätigen sollte, zögerte ich doch ein paar Sekunden. Die Leute mit denen ich im Radio sprach, bekam ich normalerweise nur selten zu Gesicht. Die Schüler, zu denen ich jetzt sprechen würde, würden mir in ein paar Minuten von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Außerdem spürte ich deutlich den wachsamen Blick des Direktors auf mir liegen. Ich überlegte mir grob, was ich ungefähr sagen wollte, holte tief Luft, straffte die Schultern und betätigte dann den kleinen Knopf.     „Hallo Leute, hier ist Naruto von Akatsuki auf Konoha Kiku. Könnt ihr mich hören?“     Ich wartete tatsächlich einige Sekunden, bis mir bewusst wurde, dass die Schüler ja keine Möglichkeit hatten, mir zu antworten. Peinlich berührt fuhr ich mir mit der Hand über den Nacken und lachte dann beschämt.     „Hehe stimmt, ihr könnt mir ja gar nicht antworten. Aber ihr wollt sicher wissen was ich hier mache und das werde ich euch auch verraten! Ich bin hier, weil der Sender mir eine Mission aufgetragen hat und zwar soll ich so viele Leute wie möglich an einem Ort versammeln. Da dachte ich mir, wäre eine Schule doch optimal!“     Mit jedem Wort, das ich sprach, verflog meine Nervosität mehr und mehr und Konohamaru nickte mir aufmunternd zu. Er schien mit meiner bisherigen Leistung zufrieden zu sein.     „Aber natürlich komme ich nicht mit leeren Händen zu euch, das gehört sich einfach nicht für einen Akatsuki-Moderator. Wir sind nämlich die Coolsten! Deswegen hab ich euch ganz viel leckeres Zeug von Akimichi Backwaren mitgebracht, das wir auf dem Schulhof kostenlos verteilen werden. Also seid nicht schüchtern und kommt einfach bei uns vorbei, wir stehen mit unserem Auto direkt am Schultor.“     Mit einem Mal wurde es unruhig im Gebäude. Durch die Decke hörte man über uns eindeutig, wie mehrere Stühle mit einem unangenehmen Geräusch über den Boden kratzen. Unruhiges Getrampel drang aus den Zimmern, die sich neben uns befanden und vom Gang aus drang plötzlich fröhliches Stimmengemurmel an unsere Ohren. Ich hatte das Gefühl, irgendetwas Wichtiges bei meiner Ansprache vergessen zu haben. Konohamaru rammte mir eher unsanft seinen Ellenbogen in die Seite, während der Schulleiter mich düster anstarrte. Schnell drückte ich wieder auf den Knopf, um meine Durchsage noch um eine kleine, aber dennoch nicht ganz unwichtige Information zu ergänzen, die ich bisher unterschlagen hatte.     „Ähm sorry, ich hatte vergessen zu erwähnen, dass wir natürlich erst nach dem Unterricht mit unserer Aktion beginnen. Also rechnet in Ruhe eure Aufgaben fertig und schreibt eure Aufsätze zu Ende, wir werden auf euch warten.“     Der Geräuschpegel, der sich allmählich aufgebaut hatte, verstummte allmählich und man konnte die Enttäuschung der Schüler fast schon durch die Wände der angrenzenden Klassenzimmer spüren. Ich warf dem Direktor einen versöhnlichen Blick zu, doch zu meiner Erleichterung schmunzelte er bereits wieder. Offenbar war er ein ganz verträglicher Kerl, wenn man nicht gerade dabei war, unbeabsichtigt seinen Unterricht vorzeitig zu beenden.     „Es gibt noch so ein Formular, was du für mich ausfüllen müsstest, Naruto“, sagte er schließlich. „Bezüglich der Haftung und als Versicherung, dass für die Schule auf keinen Fall irgendwelche Kosten anfallen und so.“     Ich nickte. „Kein Problem."     „Wartet einfach nochmal kurz draußen im Sekretariat“, bat er. „Meine Sekretärin bringt es euch gleich.“     Ich bedankte mich nochmal bei dem Schulleiter und versprach auf die Sekretärin zu warten, bevor ich zurück zu Lee gehen würde, um ihm zu helfen. Am liebsten wäre ich zwar sofort gegangen, weil ich schon ganz aufgeregt war – insbesondere jetzt, nachdem die Schüler Bescheid wussten – aber umgekehrt wusste ich auch, dass Shikamaru mir den Kopf abreisen würde, wenn ich mich nicht an die Formalitäten hielt. Konohamaru wirkte auch nicht sehr begeistert. Dennoch begaben wir uns in den kleinen Vorraum und ließen uns dort auf ein paar Plastikstühlen nieder, die an der Wand standen.     Offenbar musste man hier als Schüler öfter warten und auch das kannte ich bereits aus meiner Schulzeit. Hauptsächlich wenn ich mal wieder etwas angestellt und deswegen zum Direktor gemusst hatte. Die Sekretärinnen hatten mich dann immer voller Genugtuung von oben herab angesehen und waren der Meinung gewesen, dass ich es auf jeden Fall verdient hatte, dazusitzen und auf meinen Anschiss zu warten. Ich hatte es immer gehasst, doch es hatte mich trotzdem nicht davon abgehalten, weiterhin Scheiße zu bauen.     Ungeduldig ließ ich meinen Blick durch das Sekretariat wandern. Momentan war es nicht besetzt, wahrscheinlich weil die Sekretärin gerade die nötigen Formulare für uns heraussuchte. Vielleicht musste sie die Unterlagen auch erst kopieren. Insgesamt standen hier zwei Schreibtische, die beide mit einem Computer und einem Telefon ausgestattet waren. An der Wand standen auf einer kleinen Kommode ein Drucker und ein Faxgerät. Die ganze Fensterbank war über und über mit Topfpflanzen bedeckt, was mich ein bisschen an den Eingangsbereich bei uns im Sender erinnerte. An Inos Platz standen auch grundsätzlich ein paar frische Blumen und jede freie Fläche war mit Topfpflanzen bedeckt. Vermutlich war das einfach so ein Sekretärinnen-Ding.     Neben der Tür, die nach draußen auf den Gang führte, stand eine kleine Glasvitrine, in der verschiedene Pokale ausgestellt waren. Wahrscheinlich Pokale, die Schüler im Namen der Schule gewonnen hatten und die nun hier verewigt werden sollten. Aus Ermangelung anderer Alternativen stand ich schließlich auf und beschloss, sie mir genauer anzusehen. Vom Schachclub bis hin zum Fußballturnier war so ziemlich alles vertreten. Ich ließ meinen Blick über die Pokale gleiten und stutzte plötzlich. Sasuke Uchiha.     „Sasuke war hier an der Schule?“     Konohamaru sah von seinem Handy auf, in das er bis eben fleißig etwas getippt hatte. Er hatte zuvor gefragt, ob es okay wäre, wenn er ein paar Freunden von anderen Schulen Bescheid geben würde und ich hatte natürlich nichts dagegen gehabt.     „Soweit ich weiß ja“, bestätigte er.     „Ich dachte, er ist in Otogakure aufgewachsen“, murmelte ich irritiert.     Zumindest hatte er das Sakura gegenüber in einer unserer ersten Sendungen behauptet.     „Er hat hier auch nicht seinen Abschluss gemacht“, erklärte Konohamaru. „Mit 13 oder so hat er dann die Schule gewechselt, weil seine Familie weggezogen ist. Ich weiß das auch nur, weil es mir ein paar von den älteren Schülern erzählt haben. Sasuke und sein Bruder waren Legenden an dieser Schule.“     Jetzt war meine Neugier geweckt.     „Itachi?“     „Ja, genau so hieß er“, auf Konohamarus Gesicht trat ein wissendes Leuchten. „Itachi hat hier sogar seinen Abschluss gemacht. Viele von den Pokalen hat er gewonnen.“     Er deutete auf das untere Fach, dem ich bisher noch nicht so viel Beachtung geschenkt hatte und tatsächlich prangte so gut wie immer der gleiche Name auf den Auszeichnungen. Itachi Uchiha. Scheinbar hatte der Kerl nicht nur eine wahnsinnig gute Stimme, er war auch noch schlau und sportlich, zumindest wenn man nach seinen Errungenschaften in seiner Schulzeit ging.     „Itachi hat ziemlich viele Rekorde an dieser Schule aufgestellt, die bis heute keiner gebrochen hat. Aber Sasuke hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sie alle der Reihe nach einzustellen – bis seine Familie dann weggezogen ist.“     „Und hat er es geschafft?“, fragte ich neugierig.     Konohamaru zuckte mit den Schultern.     „Ein paar“, räumte er ein. „Aber er hatte wohl nicht genug Zeit. Außerdem ist Itachi am Ende sogar Schülersprecher geworden und das hätte Sasuke niemals geschafft.“     Diesmal deutete Konohamaru auf die Wand neben der Vitrine. Es sah eher aus wie eine überdimensionale Pinnwand, an der nebeneinander aufgereiht die Fotos von verschiedenen Schülern hingen. Darunter stand jeweils der Name der Person. Der vierte in der Reihe war der Aufschrift nach Itachi Uchiha. Ich trat ein bisschen näher heran, um ihn mir genauer ansehen zu können.     Das Foto war in schwarz-weiß, doch ich glaubte zu erkennen, dass seine Augen mindestens genauso dunkel waren wie Sasukes. Obwohl er auf dem Bild jünger war als Sasuke, hatte er ein etwas kantigeres Gesicht mit härteren Gesichtszügen. Den Großteil seiner Haare hatte er nach hinten gebunden, nur zwei etwas kürzere Strähnen fielen zu beiden Seiten seines Gesichts aus dem Zopf. Die Verwandtschaft zu Sasuke war ihm trotz allem deutlich anzusehen.     „Warum hätte Sasuke es niemals geschafft?“, fragte ich schließlich.     Es fiel mir schwer, mir vorzustellen, dass Sasuke irgendetwas nicht schaffen könnte. Abgesehen davon, mich bei diesem Wettbewerb zu schlagen natürlich.     „Itachi kam immer gut mit allen klar“, erklärte Konohamaru. „Sasuke war mehr so der Einzelgänger. So genau kann ich dir das aber auch nicht sagen, das war alles vor meiner Zeit. Jedenfalls, was ich damit sagen will, die gesamte Schule ist auf deiner Seite Naruto oder wird es zumindest nach der Aktion heute sein.“     Er grinste begeistert und ich ließ mich davon anstecken. Dennoch musste ich die Informationen, die ich soeben über Sasuke erhalten hatte, erst mal einsortieren. Dass er ein Einzelgänger gewesen war, wunderte mich irgendwie. Denn auch wenn er oft nicht besonders gesprächig war, suchten die Leute doch meistens Kontakt zu ihm. Bisher war ich davon ausgegangen, dass er sich diese harte Schale erst viel später zugelegt hatte, aber scheinbar hatte er sich auch schon in der Schulzeit so kühl und distanziert verhalten. Hinzu kam die Fixierung auf seinen Bruder und die Tatsache, dass er unbedingt mit ihm mithalten wollte. War das der Fluch, den man ertragen musste, wenn man ein Uchiha war, dieser unendliche Leistungsdruck? Oder ging dieser Druck einfach nur von Sasuke selbst aus?     Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch, als plötzlich die Sekretärin den Raum betrat und uns lächelnd begrüßte. Tatsächlich hatte sie die entsprechenden Formulare erst kopieren müssen und sie entschuldigte sich dafür, dass es so lange gedauert hatte. Ich winkte nur ab und begann dann damit, das Formular auszufüllen. Schon nach wenigen Zeilen jedoch stellte ich fest, dass ich Hilfe brauchte.     „Entschuldigung“, machte ich die Sekretärin auf mich aufmerksam. „Könnte ich vielleicht mal ihr Telefon benutzen?“     Mein eigenes Handy hatte ich dummerweise im Auto vergessen, doch ich kannte die Nummer des Senders zum Glück auswendig. Schnell tippte ich die Zahlen in das Tastenfeld und lauschte dann dem langgezogenen Tuten am anderen Ende der Leitung. Ich hatte einfach auf der allgemeinen Nummer ohne eine spezielle Durchwahl angerufen, sodass die Chance, dass jemand abnahm möglichst groß war.     „Konoha Kiku, Shikamaru Nara hier, wie kann ich dir helfen?“     Außerhalb von der Verkaufsabteilung war es bei uns üblich, jeden Anrufer zu duzen. Immerhin duzten wir unsere Hörer auch on air.     „Hallo Shikamaru, hier ist Naruto“, begrüßte ich ihn. „Ich bin grad an der Schule und muss so ein komisches Formular ausfüllen bezüglich der Haftung und so, aber ich komm da nicht wirklich weiter.“     „Haftung?“, seine Stimme klang nicht gerade begeistert und er stieß ein genervtes Seufzen aus, bevor er plötzlich an irgendwen in der Redaktion gewandt irgendetwas murmelte, was ich leider nicht verstehen konnte.     Insgesamt war es im Hintergrund relativ laut, sodass ich Mühe hatte, die verschiedenen Geräusche voneinander zu trennen.     „Was ist denn bei euch los?“, hakte ich neugierig nach, statt auf seine Frage einzugehen.     „Ach“, er stöhnte genervt. „Sasuke hat diesen Suigetsu Hoozuki eingeladen und der hält jetzt eine Autogrammstunde unten vor dem Einkaufscenter ab. Das Problem ist, dass der Typ ständig irgendwas zu trinken haben will und auch sonst nur am Rummeckern ist. Aber er hat Sakura vorhin ein Exklusivinterview gegeben und jetzt sind wir ihm was schuldig.“     Shikamaru redete für seine Verhältnisse ziemlich schnell und in Kombination mit dem Lärmpegel, der im Hintergrund herrschte, hatte ich Schwierigkeiten zu begreifen, was er gerade gesagt hatte. Ein lautes Kreischen ertönte, das jedoch irgendwie ziemlich gedämpft klang.     „Herrgott nochmal, kann mal jemand das verdammte Fenster zu machen?“, fluchte Shikamaru plötzlich. „Diese ganzen Fangirls erträgt doch kein Mensch.“     Shikamaru war häufig genervt, doch er behielt normalerweise stets die Ruhe und blieb nach außen hin völlig gelassen. Es musste im Sender schon sehr turbulent zugehen, dass es ihn so aus der Fassung brachte oder aber er ertrug einfach das Gekreische nicht, was ich durchaus nachvollziehen könnte.     „Hör mal Shikamaru, ich krieg das, denk ich, schon alleine hin“, versuchte ich ihn schnell abzuwimmeln, um nicht auch noch ein Opfer seiner schlechten Laune zu werden. „Ihr habt ja scheinbar genug zu tun und ich will nicht stören.“     Allerdings ließ er sich nicht so leicht davon überzeugen und wir einigten uns schließlich darauf, dass ich ihm das Formular per Fax zuschicken würde, sodass er es in einer ruhigen Minute ausfüllen und zurückschicken konnte. Ich nannte der Sekretärin die Nummer, die ich von ihm hatte und war letztendlich doch ganz froh darüber, dass ich diesbezüglich nicht vollkommen auf mich alleine gestellt war. Noch nie in meinem Leben hatte ich ein Faxgerät bedient und es überraschte mich ehrlich gesagt, dass Menschen so etwas überhaupt noch benutzen. Jetzt gerade war es jedoch äußerst praktisch und deswegen wollte ich mich nicht weiter beschweren.     Nachdem alle Formalien erledigt waren, machte ich mich gemeinsam mit Konohamaru auf den Weg in den Pausenraum. Mittlerweile waren schon deutlich mehr Schüler auf den Gängen und diesmal versuchten sie auch gar nicht mehr, ihre neugierigen Blicke zu verstecken. Ein paar von ihnen folgten uns sogar nach draußen, was ich mit einem zufriedenen Grinsen quittierte. Konohamarus Brust war vor Stolz richtig angeschwollen, als er neben mir her durch die Gänge schritt und ich war nicht minder stolz.     Draußen angekommen sahen wir, dass Lee, Moegi und Udon bereits ganze Arbeit geleistet hatten. Die Seitentür des Transporters war geöffnet und bildete so eine Art Lager für die gestifteten Backwaren. Einige Kisten standen bereits vor dem Auto, sodass ihr Inhalt sofort an die Schüler verteilt werden konnte. Choji hatte uns praktischerweise  auch noch eine ganze Kiste mit Tüten mitgegeben, damit wir den Schülern die Backwaren nicht einfach so in die Hand drücken mussten. Quer über den Transporter hatte Lee das Banner der Bäckereikette aufgehängt, sodass niemand es übersehen konnte und schoss gerade ein paar Fotos.     „Hey, da seid ihr ja wieder“, freute er sich. „Coole Durchsage. Du hast sie alle mobilisiert! Jetzt können wir nur noch gewinnen – mit der Kraft der Jugend.“     Er strahlte und reckte siegessicher eine Faust in die Höhe. Auch ich strahlte und spürte ein vorfreudiges Kribbeln in meinem Körper, das mal wieder nur durch den Gedanken an Sasuke getrübt wurde. Es war mir völlig schleierhaft, wie er Suigetsu Hoozuki dazu gebracht hatte, vor dem Einkaufscenter und damit in unmittelbarer Nähe von größeren Menschenmassen, spontan eine Autogrammstunde zu geben. Normalerweise war der Schauspieler nämlich als eine richtige Diva bekannt und rang sich nur selten dazu durch, mit seinen Fans in Kontakt zu treten. Er war einer von den Schauspielern, die polarisierten. Entweder man hasste ihn oder man liebte ihn. Ein bisschen erinnerte er mich an Sasuke.     „Sasuke hat Suigetsu Hoozuki organisiert“, erzählte ich Lee zähneknirschend.     Einen Moment lang war er überrascht und machte große Augen, dann aber trat ein wissendes Lächeln auf seine Lippen.     „Die kennen sich bestimmt über seine Familie“, mutmaßte er. „Sasuke kennt bestimmt viele Promis, aber Suigetsu passt irgendwie zu ihm. Ich kann mir gut vorstellen, dass die beiden sich verstehen.“     Da konnte ich ihm nur Recht geben. Es war bestimmt nicht leicht gewesen, den Schauspieler zu überzeugen und noch dazu so spontan. Außerdem hatte er Sakura ein Exklusivinterview gegeben, was ihn zusätzlich Zeit gekostet hatte. Entweder die beiden kannten sich schon wirklich lange und waren dementsprechend sehr gute Freunde oder Sasuke hatte noch etwas gutgehabt bei Suigetsu. Gerade wollte ich damit beginnen, mir Gedanken darüber zu machen, wie viele Leute die beiden wohl angelockt haben konnten, als endlich das erlösende Läuten der Schulglocke ertönte. Und auch wenn sich die Unterrichtsstunden zu meiner Schulzeit oftmals zäh wie Kaugummi dahingezogen hatten, hatte ich es noch nie so sehr herbeigesehnt wie in diesem Moment.     Man konnte die Unruhe, die sich allmählich im ganzen Schulgebäude ausbreitete, förmlich spüren. Fenster wurden aufgerissen, fröhliche Stimmen drangen nach draußen und hallten über den Hof bis zu uns hinüber. Nur wenige Sekunden später bahnte sich der erste Strom an Schülern seinen Weg durch die schweren Holztüren und zielsicher in unsere Richtung. Lee neben mir begann damit freudig auf und ab zu hüpfen und ich konnte es ihm nicht verdenken, denn ich war mindestens genauso aufgeregt. Konohamaru lehnte sich betont lässig neben die offene Seite des Transporters und hatte die Arme vor der Brust verschränkt, doch seine Augen sprachen eine andere Sprache. Auch für ihn war es etwas Besonderes.     Zunächst trauten sich die Schüler nicht auf uns zuzukommen, doch nachdem ein paar Mutige das Eis gebrochen hatte, strömten sie förmlich auf uns ein. Leuchtende Augen. Strahlende Gesichter. Fröhliches Lachen. Ich wurde direkt von der guten Stimmung angesteckt und freute mich, dass die Aktion offensichtlich so gut ankam. Ich verteilte zusammen mit Konohamaru und seinen Freunden die Backwaren an die Schüler, wobei wir fast nicht hinterherkamen, sodass sich uns noch ein paar weitere Freiwillige anschlossen. Lee knipste währenddessen fleißig ein paar Fotos und wagte sich sogar an ein paar Audioaufnahmen, indem er die Schüler zu der Aktion befragte.     Irgendwann wurde ich so stark in Beschlag genommen und mit Fragen zu Akatsuki und meinem neuen Leben als Radiomoderator bombardiert, dass ich die Essensausgabe vollständig den anderen überlassen musste. Lee war inzwischen dazu übergegangen, kleine Wettbewerbe mit den Schülern auszutragen. Wer konnte die meisten Liegestützen machen, wer konnte am längsten auf den Händen stehen. Die Schüler liebten ihn. Alles in allem war es ein absolut toller Nachmittag und ich genoss es, von so vielen Menschen umgeben zu sein, denen man eine Freude machen konnte und die einem mit ihrer guten Laune und Dankbarkeit so unglaublich viel zurückgaben.     „Naruto, wir werden dich alle wählen“, versicherten sie immer wieder. „Du packst das! Mach Sasuke fertig.“     Es tat gut, so viel Zuspruch zu bekommen. Auch wenn ich schon immer fest entschlossen gewesen war, mein Bestes zu geben, bestärkte mich dieser Tag nur umso mehr in meinem Vorhaben. Es war genau das, was ich am liebsten für den Rest meines Lebens machen wollte. Radio. Mit Menschen in Kontakt sein. Etwas bewegen. Es war genau das, was ich machen wollte und deswegen würde ich darum kämpfen. Und da würde mir mit Sicherheit keiner im Weg stehen – auch kein Uchiha.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)