Alles rein geschäftlich! von Hotepneith (Izayoi und der Höllenhund) ================================================================================ Kapitel 25: Folgen ------------------ Die Spinnenyoukai machte sich keine Illusionen über ihr Schicksal. Die Gesetze unter ihrer Art waren hart und allgemein bekannt. Sie hatte nur noch die Hoffnung, dass der Youkaiprinz sie schnell töten würde. Aber so, gefesselt von schwerttragenden Kriegern vor den Taishou geführt zu werden, dessen erster Blick seinem Sohn galt, dann ihr, schüchterte sie nur noch mehr ein. Der Raum war groß, mit grauen Platten ausgelegt und sie konnte Bannsprüche fühlen. Hier auszubrechen war unmöglich, auch ohne dass man vor Vater und Sohn kniete, deren Youki nur zu deutlich ihren Zorn anzeigte. Die Krieger zogen sich an die Wände zurück, ehe eine Kopfbewegung des Fürsten sie gehen ließ. Sesshoumaru berichtete kurz, was geschehen war. Der Taishou nickte knapp: „Dein Name?“ Sie brachte es kaum heraus: „Aki, oyakata-sama...“ „Wie kamst du an Onigumo?“ „Ich...ich arbeitete für ihn...musste für ihn arbeiten....“ Sie berichtete, dass sie sich in ihn verliebt habe, er aber schon nach kurzer Zeit sie fallengelassen hatte und zur Arbeit in einem illegalen Lokal eines Youkai gezwungen hatte. Nach seiner ersten Flucht hatte sie angenommen ihn nie wiederzusehen, aber dann war er bei ihr aufgetaucht, hatte sie erneut eingeschüchtert, damit sie den Brief schrieb und auch Sesshoumaru anlockte. Der Youkaifürst nickte wieder. Er musste nur daran denken, wie verschreckt Izayoi gewesen war. Dieser Mistkerl verstand sich offenbar darauf weibliche Wesen einzuschüchtern. Ein Attentat auf seinen Erben war allerdings nicht hinnehmbar, auch nicht nur die Mitwirkung daran, erzwungen hin oder her. Sie hätte auch zu Maseo gehen können, Sesshoumaru warnen, irgendetwas: „Hat er dir gesagt, wo er sich versteckte?“ Sie schüttelte den Kopf. Sesshoumaru warf ein: „Man könnte sehen, ob das der Wahrheit entspricht, verehrter Vater...“ „Sinnlos. Onigumo ist kein Narr, auch wenn ihm Fehler passieren.“ Er würde solch einem kleinen Licht nichts von Brauchbarkeit erzählen. Leider. Der Taishou sah jedoch zu seinem Sohn: „Ich überlasse sie dir. Mach es schnell.“ Aki wollte erschreckt aufsehen, aber ehe sie ganz den Kopf gehoben hatte, war sie bereits tot. Der Taishou ging im inneren Garten auf und ab. Es war dunkel geworden und still, und er hoffte überlegen zu können. Irgendwie schaffte es dieser Hanyou sich vor Menschen und Youkai zu verbergen. Irgendetwas übersahen sie alle. Die Fahndung lief, ja, seit gestern wurden die Kontrollen bei der Ausreise noch einmal verschärft. Das sollte Onigumo eigentlich wissen. Seine Konten waren gesperrt, schon seit Wochen, er sollte keinen Nachschub haben – nun ja, womöglich hatte er die fünfunddreissigtausend bei sich, die Sesshoumaru für Izayoi bezahlt hatte. Aber dennoch, das Geld musste irgendwann enden und dann...? Der Kerl war kein Narr und musste wissen, dass er sich nicht ewig verstecken konnte. Wie lautete also dessen nächster Plan? Wieder ein Angriff? Auf ihn selbst, Sesshoumaru oder Izayoi, die das leichteste Ziel darstellen sollte? Oder irgendwie Flucht in das Ausland? Er fuhr herum, als er einen gellenden Aufschrei hörte. Izayoi! Ohne weiter nachzudenken rannte er in das Haus, wo auch Krieger bereits aufmerksam geworden waren, aber anhielten, als sie ihn sahen. Der Trakt der Fürstin war für sie verboten und so ging nur er hinein. Die Schlafzimmertür stand offen: „Izayoi?“ rief er. „Sie ist hier, oyakata-sama,“ erwiderte Eri. Er blieb in der Schlafzimmertür stehen, bemüht, sich an sein Wort zu halten. Die Zofe kniete auf den Matten neben dem Lager und hielt ihre schluchzende Herrin im Arm, eigentlich eine unschickliche Sache, aber das war ein Notfall. „Sie hatte wohl einen schrecklichen Alptraum, oyakata-sama...Ich eilte her.“ Ja, einen schrecklichen Alptraum, dachte der Herr der Youkai. Und daran war nur ein Name schuld, der in ihr wohl diesen Rückfall wieder ausgelöst hatte. Er sollte diesen Mistkerl wirklich, wirklich umbringen. Izayoi sah verweint auf: „Ich...es tut mir Leid, Taishou. Ich...ich wollte nicht das Haus aufschrecken...“ „Natürlich nicht,“ erwiderte er: „Eri, Sie sagen morgen früh alle Termine der Fürstin für morgen ab. Und informieren Dr. Kagawa, dass sie vorbeikommen möchte. - Ziehen Sie sich etwas über, Izayoi, und kommen mit mir in den Garten. Ein wenig frische Luft und Ruhe wird Ihnen gut tun. Schlafen können Sie jetzt kaum.“ Izayoi nickte matt. Es klang nur vernünftig. Eri erhob sich und beeilte sich einen Yukata zu holen. Der Herr war wirklich fürsorglich um seine junge Gemahlin. Der Taishou wartete zuvorkommend vor dem Trakt, bis Izayoi herankam, ein wenig noch verweint, aber höflich den Kopf neigend. Das Zeremoniell vergaß sie nie. Sie ging neben ihm schweigend in den Garten, atmete dann tief durch. Ja, die frische Luft tat gut. Da er am Meditationsplatz anhielt, ließ sie sich nieder und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Ohne seine Begleitung wäre sie selbst auf diesen bekannten Wegen irre geworden. Nachts sah alles anders aus. So konnte sie das weiße Haar und die Schulterfelle über blau-weißer Seide als Schemen wahrnehmen. Er kniete ihr gegenüber nieder: „Wissen Sie noch was Sie geträumt haben?“ Vielleicht wäre das ein Schlüssel zu Onigumo. Sie schüttelte den Kopf: „Nein, nur das es...grässlich war. Es tut mir wirklich Leid, ich hatte Wochen schon keine Alpträume mehr.“ „Sie können nichts dafür.“ Nein, da gab es einen ganz anderen Schuldigen: „Ich würde Ihnen gern helfen sich zu beruhigen....Soll ich mich verwandeln?“ Er konnte wahrnehmen, dass sie versuchte ihn anzusehen, deutlich erkennbar verwundert. So fuhr er fort: „Ich hatte durchaus das Gefühl, dass Sie diese Gestalt angenehmer finden, als wenn ich so den Arm um Sie legen würde.“ „Oh.“ Izayoi sah verlegen zu Boden. Nun ja, es stimmte schon, irgendwie. Aber eben nur irgendwie. Seit Tagen träumte sie manchmal solche Sachen von ihm, dass er sie noch einmal küssen würde, den Arm um sie legen würde...Jedenfalls wäre es schrecklich unhöflich so eine freundlich gemeinte Geste eines Fürsten abzulehnen, auch, wenn Berührungen an sich nicht schicklich waren. Immerhin waren sie verheiratet. So stand sie auf: „Ich wäre froh, wenn Sie den Arm um mich legen würden.“ Sie machte die wenigen Schritte, unwillkürlich die Hand ausgestreckt. Es war wirklich dunkel hier, nur ein sehr mattes Sternenlicht erkennbar. Daher fasste er ihre Finger: „Kommen Sie nur. - Menschen sehen nachts nicht sehr viel.“ „Nein,“ gestand sie, fühlte sich dann leicht nach unten gezogen und gehorchte dem Wink. So fand sie sich eng neben ihrem Ehemann wieder und spürte den Arm, der sich um ihre Schultern legte. „Keine Angst,“ murmelte der Taishou in ihr Ohr, da er ihre plötzliche Anspannung fühlte: „Ich stehe zu meinem Wort.“ „Ich weiß.“ Der Arm um sie, das Flüstern: das Kribbeln im Bauch war unerwartet wieder da. Instinktiv lehnte sie sich gegen ihn, spürte an ihrer Wange Wärme unter der kühlen Seide. Sie war in Sicherheit, das wusste sie, und so entspannte sie sich. Er würde ihr nichts tun, Onigumo vermochte es nicht...Sie atmete tief durch. Er freute sich, dass sie ihren Kopf an seine Schulter legte, und wagte nicht sich zu bewegen um sie nicht wieder zu verschrecken. Sesshoumaru betrat am frühen Morgen ein wenig angespannt den Garten. Krieger hatten ihm gemeldet, dass es einen Zwischenfall im Trakt der Fürstin gegeben hatte und sich der Herr selbst darum gekümmert habe. Falls es Onigumo gewagt hatte in Izayois Schlafzimmer vorzudringen, so wartete nicht nur auf die unaufmerksamen Krieger sondern auch auf ihn, ihren Befehlshaber hier im Haus, eine Sanktion. Sein verehrter Vater hatte sich jedoch die gesamte Nacht nicht bei ihm blicken lassen, saß aber mit deutlich fühlbarem Youki noch immer im Garten. Dem Prinzen war klar, dass es noch nie etwas gebracht hatte eine Strafe hinausschieben zu wollen. So bog er um einen Rotahorn, den die menschlichen Gärtner kunstvoll beschnitten – und erstarrte, als er einen Anblick vorfand, den nicht nur er für unmöglich gehalten hätte. Auf der Meditationsplattform am sonnigen Morgenteich saß sein Vater, Izayoi auf dem Schoss und in beiden Armen, die Fellteile über sie gebreitet. War das schon erstaunlich genug, so steigerte das noch die Tatsache, dass sein Youki wie eine dunkle Wolke um ihn lag, gewissen Zorn verriet – und die Menschenfrau in seinem Arm sich zu ihm gedreht hatte, das Gesicht an seiner Brust barg und tief und fest schlief. Bevor Sesshoumaru dazu auch nur ein gedanklicher Kommentar einfiel, traf ihn der Blick seines Vaters und er verneigte sich lieber nur stumm. Mit einem wütenden Youkaifürsten war nicht zu spaßen, das wusste er. Umso überraschender war es, dass dieses schwache menschliche Wesen nicht nur das Youki so direkt vertrug, sondern diese Energie offenbar auch noch für den sichersten Platz auf der Welt hielt. „Bringt mir Onigumo,“ befahl der Taishou nur. Sie hatte es tatsächlich vermocht in seinen Armen einzuschlafen und atmete seit Stunden nur mehr ruhig und gleichmäßig. Er war froh darum, dass er sie trösten konnte, froh auch, dass sie diese Nähe offenbar zumindest unbewusst zuließ, ja, erkannt hatte, dass sein Youki für sie keinerlei Gefahr sondern Schutz bedeutete. Er hatte nicht vergessen, dass sie erwähnt hatte, nicht einmal ihr Vater habe sie je umarmt. Schön, das machte er auch mit Sesshoumaru nicht, aber zum einen waren Youkai anders und zum zweiten hatte er durchaus mit dem Welpen gekuschelt, wenngleich in ihrer Hundeform. Izayoi fuhr auf, als er sprach. Bevor sie genau wusste was los war, kniete sie bereits ordnungsgemäß auf den Brettern. Schade, dachte der Taishou, sah jedoch zu seinem Sohn. Der verstand die stumme Aufforderung und verließ den inneren Garten, doch ein wenig erleichtert, dass Izayoi sich noch immer richtig benahm. Jedenfalls solange sie wach war. „Guten Morgen, Izayoi.“ Nichts verriet das gewisse Bedauern. „Guten Morgen, Taishou,“ brachte sie hervor, verlegen den Kopf geneigt: „Ich bitte vielmals um Verzeihung, dass es meine Wenigkeit gewagt hat Sie im Schlaf derart zu belästigen..“ „Es hat mich nicht gestört. Jedenfalls nicht so, wie Sie es wohl meinen.“ Sie blickte fast irritiert auf, starrte aber lieber zu Boden um ihre roten Wangen zu verbergen. Das war eine Dreistigkeit sondergleichen einen Fürsten, einen so mächtigen Mann, auch nur zu berühren, geschweige denn auf ihm zu schlafen. Jedenfalls schien er nicht zornig zu sein. Nun ja, er hätte sie gewiss wegstoßen können oder Ärgeres. Nein, er hatte ja versprochen sie nur mit ihrer Einwilligung zu berühren – und die hatte sie im Schlaf nicht geben können. Oh, das wurde ja immer schlimmer. Sie hatte sein Versprechen schamlos ausgenutzt, ihn ausgenutzt. „Bitte, verzeihen Sie mir. Es wird sicher nie wieder vorkommen...“ „Es freut mich, dass ich Ihnen zur Ruhe verhelfen konnte,“ erklärte er, ehe die Sache völlig schiefging, er später das genaue Gegenteil von dem erhielt, von dem er in den letzten Stunden geträumt hatte: „Vergessen Sie nicht, ich bin als Ihr Ehemann auch für Ihren Schutz zuständig.“ „Oh, ja, natürlich.“ Wie töricht von ihr: „Ich danke Ihnen. Ich konnte wirklich ruhig schlafen. Ohne Alpträume.“ Die hätte in den letzten Stunden Onigumo bekommen sollen, wenn der auch nur die Hälfte dessen aufgeschnappt hatte, was er sich für ihn ausgedacht hatte. „Ja. - Gehen Sie nur und ziehen Sie sich an, aber schonen Sie sich heute noch.“ „Wie Sie wünschen.“ Sie verneigte sich zeremoniell, ehe sie aufstand: „Danke, o...Taishou.“ Er erhob sich gleichfalls, mit einer Geschmeidigkeit, die kein Mensch vermocht hätte, zumal, wenn er Stunden bewegungslos verbracht hatte. „Ich möchte Sie als Gegenleistung allerdings um etwas bitten. Darf ich Ihnen einen Kuss geben?“ Er hoffte inständig, dass sich die Krieger an seinen Befehl hielten diesen Garten zu meiden. ER, der Herr aller Youkai, bat seine eigene Frau sie küssen zu dürfen... Es wäre sehr unhöflich gewesen diese Bitte abzulehnen, nachdem er offenbar die halbe Nacht damit verbracht hatte sie zu beruhigen. Und da war auch dieses Kribbeln, die Erinnerung an diese seltsamen Schmetterlinge im Bauch bei seinem letzten Kuss in der Hochzeitsnacht...So sah sie zu ihm auf und schloss die Augen, spürte nur, wie er näher trat, dann seine Hände auf ihren Schultern, seine Lippen – und die Schmetterlinge begannen wieder zu tanzen, seltsamerweise diesmal viel wärmer, fast heiß. Dass der Inu no Taishou die Disziplin fand zurückzutreten und sie loszulassen, war für ihn selbst fast ein Wunder. Aber er meinte nur: „Bei Ihnen könnte man die Zeit vergessen, Izayoi....“ Sie sah ihn an, ein wenig verwirrt, dass es endlich oder schon vorbei war. Irgendwie hatte sie wohl auch ihr Zeitgefühl verloren. „Ich fahre ins Büro,“ erklärte er. Immerhin hatte er da nicht permanent ihre Witterung in der Nase. Und er sollte wirklich zusehen, dass seine Leute endlich brauchbare Ergebnisse lieferten. Er wollte Onigumo. Als Izayoi ihre Zimmer betrat, ertappte sie ihre Zofe bei einem seltsamen Lächeln. „Was ist?“ erkundigte sie sich daher. Eri verneigte sich lieber eilig, ehe sie gestand, da es nichts brachte die junge Fürstin anzulügen, um dann später bei dem Fürsten bekennen zu müssen: „Sie haben lange geschlafen nach dieser unruhigen Nacht. Im Arm des Herrn, wie ich vermute.“ „Äh, ja...“ antwortete Izayoi glühend rot: „Es hat geholfen.“ Sie hatte ihr Leben lang, umgeben von Personal, gelernt, dass diese Leute sowieso immer Bescheid wussten. „Oyakata-sama hat Sie sehr gern.“ „Meinen Sie?“ Nun ja, er schätzte den Fukuwara-Konzern, die Immobilien und die Tatsache, eine schöne, junge Fürstin zu haben, die seine Gäste bewirtete, das hatte er selbst gesagt. Eri hätte fast den Kopf geschüttelt: „Sie sind jung und recht unerfahren, Izayoi-sama. Aber glauben Sie mir, die ich schon fünfundzwanzig Jahre in diesem Haus diene: weder Youkai noch Mensch erhielt je diese Aufmerksamkeit von oyakata-sama. Er kann es vermutlich nur nicht so zeigen wie ein Menschenmann. Sie sind anders, Youkai. Nicht unbedingt schlecht, aber anders. Und als Inu no Taishou hat er eben alle Youkai unter sich. Er kann sehr hart sein, das hörte ich schon von den anderen Youkai im Haus. Strafen sind häufig und manchmal tödlich. Aber das ist bei diesen Wesen eben so und alle sind so.“ „Tödliche Strafen?“ Waren es doch Höllenwesen? Sie bemühte sich jedoch ruhig zu klingen. Eine Trennung war unmöglich, sie musste damit leben. Eri hätte sich am liebsten den Mund zugehalten. Wusste es die junge Fürstin etwa nicht? Aber jetzt musste sie zusehen, dass sie rettete, was zu retten war: „Nur unter Youkai. Da steht auf Mord der Tod. Nun, ich glaube, bei Menschen eigentlich auch, aber das wird fast nie gemacht.“ „Das weiß ich nicht...“ „Und da ist oyakata-sama eben der Richter.“ „Ayame erzählte, früher habe es auch Kriege gegeben.“ „Kriege und Kämpfe unter den Youkai, das hat sie erzählt. Sie soll Ihnen ja diese fremde Welt erklären. Was möchten Sie anziehen?“ lenkte sie lieber ab. Das war sicher nicht besonders klug von ihr gewesen. Die Fürstin sah so erschrocken aus. „Ich werde dann nach Ayame schicken. Sie kann Ihnen sicher viel mehr erzählen als ich. Und es ist ihre Aufgabe. - Ihre Termine, Izayoi-sama, habe ich alle abgesagt. Die neuen liegen neben Ihrem Laptop.“ „Danke.“ Izayoi nahm sich wie gewohnt zusammen. Ja, sie würde Ayame fragen. Kaum, dass der Taishou in seinem Büro stand, griff er zum Telefon. Während er durch die wandgroße Scheibe auf die Silhouette der Hochhäuser blickte, sprach er ein einziges Wort, als abgehoben wurde. „Maseo.“ Der alte Wolfsyoukai spürte ein Prickeln über den Rücken laufen – ungewohnte Angst. Da war jemand so wütend, als ob man seinen Schützling attackiert hätte. Nun, dämlich, erkannte er dann. Ein Mordversuch an dem einzigen Sohn. So war er froh erwidern zu können: „Die menschliche Polizei teilte mit, dass sie eine Spur von Onigumo in einer Pension hier in der Stadt haben. Der Besitzer erkannte ihn auf dem Fahndungsbild, das nach den Angaben von Sesshoumaru-sama angefertigt wurde wieder. Er hat jetzt kurze Haare, grauhaarig, Pullover und Jeans an. Ein guter Schauspieler. Seit dem At...dem Zwischenfall ist er in der Pension nicht mehr aufgetaucht.“ „Der Besitzer ist ein Mensch.“ „Ja, oyakata-sama. Die Polizei verhört ihn, aber er scheint nicht viel zu wissen. Onigumo war sehr vorsichtig. Die Durchsuchung des Zimmers durch Inuyoukai und meine Familie läuft noch.“ Immerhin ein Ergebnis. „Wohin könnt er sein?“ „Vermutlich in das gleiche Versteck, das er vor Wochen hatte. Wir sind dran. Das neue Bild wurde auch an alle Grenzstationen übermittelt.“ Nun ja, nachlässig waren sie nicht. „Wenn sich irgendetwas Neues ergibt, erwarte ich Bericht.“ „Ja, oyakata-sama.“ Maseo hörte, das das Gespräch unterbrochen wurde, und wählte selbst: „Kouga.“ Sein Enkel hob seufzend ab: „Verehrter Großvater?“ „Ich hatte gerade ein Gespräch mit dem Taishou. Heute Morgen mit Sesshoumaru. Sie wollen Ergebnisse.“ „Das kann ich mir vorstellen. Aber dieser Onigumo ist nun mal kein Idiot. Ja, eigentlich schon, ich meine ein Attentat auf Sessy, ...äh..Sesshoumaru-sama, aber er passt auf keine Spuren zu hinterlassen. Ich habe unsere besten Menschen auf seine Computer gehetzt, aber...Das Schlimmste, was man ihm nachweisen kann, ist, dass er Spenden für Taifunopfer gibt....Und natürlich das Attentat,“ beteuerte der junge Wolf eilig, um auf seinen Bildschirm zu starren: „Moment, verehrter Großvater. Laut Angaben einer gewissen jungen Dame, deren Namen wir nicht kennen, hat Onigumo seine Finger im Mädchenhandel. Die Polizei in einigen Ländern sucht nach einer Gruppe, die Mädchenhandel betreibt. Sie entführen bevorzugt Opfer aus Katastrophengebieten.“ Maseo atmete durch: „Suche in der Richtung weiter. Ich muss bald Bericht erstatten.“ Es war wahrlich ein Glück, dass sich sein Enkel so für Computer interessiert hatte – und sehr schnell war. Früher hatte jeder angenommen,das beschränke sich nur auf die Beine, aber auch die Finger flogen nur so über die Tastatur. „Wie geht es Ayame?“ „Gut, denke ich, verehrter Großvater. Ich meine, sie meint, dass sie gut mit Izayoi-sama auskommt. Die sei sehr nett und hätte eigentlich keine Scheu vor Youkai, sei nur sehr förmlich und höflich.“ „Das könnte sie auch sagen müssen. Der Taishou würde es sicher mitbekommen, wenn sie seine, wenngleich auch menschliche, Gemahlin kritisiert.“ „Nein, ich denke, das ist Ernst. Sie waren zusammen Dessous kaufen.“ „Darüber soll Ayame nicht sprechen. Sie war im Dienst!“ „Äh, es war wohl eher so, dass Izayoi-sama ihr freigab um das zu kaufen...“ „Das hat sie dennoch zu verschweigen!“ donnerte Maseo, der sich schon einer mehr als heiklen Frage des Youkaifürsten gegenübersah. „Ja, okay, Großvater, ich sage es ihr....“ „Nein. DAS sage ich meiner Enkeltochter. Die blamiert ja die gesamte Wolfsfamilie!“ Kouga seufzte. Er war schnell, auch mit dem Mund, und er ahnte schon, wer das wieder ausbaden durfte. Das gäbe Wochen auf der Couch. „Ich...ich bin sicher, ich habe sie missverstanden.“ „Dann sorge ich dafür, dass du mich nicht missverstehst: besorge etwas über diese Taifunopfer. Ich brauche Ergebnisse.“ Seien sie auch noch so klein. Der Taishou dachte lange nach. Ihr Gewicht in seinen Armen, auf seinem Schoss, ihr Geruch so nahe bei sich...Sie hatte ihm im Tiefschlaf vertraut. Warum nur tat sie es nicht, wenn sie wach war? Warum war sie fröhlich seiner nun wirklich großen Hundegestalt gegenüber – und schüchtern seiner Menschenform? Was konnte da nur los sein? Plötzlich dämmerte ihm eine Erkenntnis und er ließ sich in den westlichen Bürostuhl sinken. Der Hund, groß oder nicht, aber sie sah darin ein Tier mit dem Menschen gerne umgingen, ja, spielten. War er in seiner Menschenform war er für sie der zu respektierende Fürst. Schlimmer noch. Sie hatte begonnen sich zu bedanken mit: „Danke, o...Taishou.“ Er hatte unwillkürlich angenommen, sie habe „oyakata-sama“ sagen wollen, die Anrede, die ihm zustand. Aber nein, sie hatte es bestimmt anders gemeint. Sie wusste ja, dass er viel älter war....Er war nun sicher, sie hatte outou-sama sagen wollen, verehrter Vater. Deswegen. Er war der Fürst, der zu respektieren war, Höflichkeit einforderte, ja, älter als Fürst Jiro war. Kurz, seine eigene Ehefrau sah ihn als Vaterfigur, der sie Vertrauen schenken konnte, die sie zu respektieren hatte - und mit der sie ganz sicher nie ins Bett gehen würde. Der Herr der Hunde sah ins Nichts. Doch, dachte er zynisch, das hast du gut gemacht, Taishou. Ein Mann, der sich seine eigene Hölle erschaffen hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)