Alles rein geschäftlich! von Hotepneith (Izayoi und der Höllenhund) ================================================================================ Kapitel 12: Die Trauerfeier --------------------------- Izayoi sah erst auf, als sie mehr spürte als hörte, dass die Tür zu dem Sonderzimmer geöffnet wurde. Sie brauchte nur einen Blick in das Gesicht des Arztes zu werfen um zu wissen, dass es zu spät war zu hoffen. „Dr. Kasai...“ Sie brachte es kaum hervor. „Es tut mir Leid, Prinzessin...auch Ihnen mein Beileid,“ wandte sich der Arzt höflich an den nächsten Familienangehörigen. Onigumo warf einen raschen Blick auf seine Cousine. Immerhin beherrschte sie sich. Hysterische Frauen hatte er noch nie ausstehen können, aber da war wohl ihre strikte Erziehung vor. Tatsächlich zwang sich Izayoi zur äußerlichen Ruhe: „Was...Kann ich ihn hier gleich noch einmal sehen oder erst zuhause?“ „Natürlich. Kommen Sie.“ Dr. Kasai hoffte in diesem Moment allerdings nur, dass irgendjemand von den Schwestern oder Ärzten intelligent genug gewesen war die Lebenserhaltungssysteme auszuschalten. Es war für Angehörige nie einfach jemanden zu verlieren, um wie viel weniger, wenn die künstliche Beatmung und damit das Heben und Senken des Brustkorbs noch Leben vortäuschte. Izayoi hatte davon keine Ahnung, als sie dem Leiter der Intensivstation folgte. Ihr Vater sah so friedlich aus, fast als ob er schliefe, und ihr wurde bewusst, dass sie ihn eigentlich noch nie so entspannt gesehen hatte. Sie wusste, dass Onigumo ihr gefolgt war, aber natürlich, das war sein Recht als letzter Verwandter außer ihr. „Ich...Dr. Kasai, was muss man jetzt machen? Etwas unterschreiben?“ „Ich würde sagen Sie gehen nach Hause, Prinzessin.“ Der Arzt suchte den Blick des männlichen Angehörigen: „Und....wir kümmern uns um Ihren Vater. Sie sollten uns nur bald mitteilen, wer die...die Trauerfeier leiten soll, ich meine, welcher Bestattungsunternehmer das regelt.“ „Oh, ja, natürlich.“ Izayoi atmete durch: „Da gibt es Anweisungen. Er wird sich bei Ihnen melden. Danke, Dr. Kasai.“ Sie wandte sich um und verließ das Krankenzimmer, noch immer nicht so ganz begreifend was geschehen war. Vor der Tür den Intensivstation warteten die Leibwächter, Polizisten und natürlich Takemaru. Sie sah zu ihm: „Rufen Sie doch bitte den Priester Miyatsu an. Er hat Anweisungen meines verehrten Vaters bezüglich der Trauerfeier. Und soll sie leiten.“ Gewöhnlich machte das ja der älteste Sohn, aber... Die Männer verstanden. Der Fürst war verstorben – und ihr Mitgefühl galt dem Mädchen, das sich sichtlich zusammennahm und so seltsam schutzlos wirkte. Jeder von ihnen wollte ihr in diesem Moment nur helfen. Mit einer Ausnahme. Onigumo war mittlerweile verärgert, auch darüber, dass sie als erstes sich an ihren Leibwächter wandte, wenn auch mit einem Befehl. In einem Augenblick, in dem sie in Filmen schluchzend an seinem Hals hängen würde, ignorierte sie ihn. Allerdings gab er zu, dass seine Cousine momentan vermutlich nicht einmal wusste was sie sagte oder tat. Seine Zeit würde kommen. Aber wirklich: je eher diesem Setsuna ein kleiner Unfall zustieß umso besser. Aber jetzt musste er dazu die Trauerfeier abwarten, scheinbar selbstlos Izayoi zur Seite stehen. Hm. Das Flugzeug könnte er dennoch schon im Voraus mieten... „Ja, Izayoi-sama,“ sagte Takemaru nur: „Dürfen wir Sie zum Auto begleiten? In einem Krankenhaus darf man kein Handy benutzen.“ „Sie sollten den Hinterausgang benutzen,“ schlug ein Polizist vor. „Inzwischen steht sicher eine ganze Meute von Reportern vor dem Krankenhaus. Fürst Fukuwara war ein sehr einflussreicher Mann und Ratsmitglied.“ „Oh, ja. - Ich gehe voraus und hole den Wagen,“ meinte Takemaru Setsuna zu seinen Kollegen: „Bringt ihr Izayoi-sama dann möglichst rasch hinein. Keine Fotos sollten möglich sein.“ „Ich werde zu den Reportern gehen,“ meinte Dr. Kasai, der unbemerkt Izayoi gefolgt war: „Und die Nachricht mitteilen. Das sollte sie ablenken. Natürlich werde ich keine privaten Daten ausgeben, aber der Tod eines Regierungsmitgliedes ist nun einmal von öffentlichem Interesse.“ „Danke,“ murmelte die Prinzessin nur in antrainierter Höflichkeit. Onigumo unterdrückte ein Lächeln. Ja, sie würde alles tun, was ihr jemand sagte. Braves Mädchen. Der Inu no Taishou sah ein wenig irritiert auf, als seine Bürotür ohne Anmeldung geöffnet wurde, noch erstaunter als sein Sohn eintrat. Sesshoumaru hielt sich in aller Regel an die Höflichkeit, gerade auch hier im Konzern. Es musste etwas Wichtiges sein: „Er ist tot?“ war die logische Schlussfolgerung. „Ja. Es kam gerade als Eilmeldung in den Nachrichten. Und, wie Sie es vorhergesagt haben, brach der Kurs der Fukuwara-Aktien prompt ein. Er sank ja bereits gestern, als noch nicht sicher war, ob Fürst Fukuwara überlebt.“ „Wie tief sank er?“ „Unter Neunzig. - Unser, Ihr, Kauflimit für die Makler.“ „Gut.“ Der Youkaifürst lehnte sich ein wenig zurück: „Armer Jiro. Das war allerdings zu erwarten. Nun, mal sehen, wie sich die Prinzessin allein schlägt – und wann sie Onigumo heiraten wird. Sieben Wochen ist die engere Trauerzeit, danach vermutlich wird sie die Verlobung bekannt geben. Heirat...hm. Ich weiß nicht, ob sie nicht jetzt ein Jahr warten muss. Es wird gewiss eine buddhistische Trauerfeier geben, das heißt, morgen im Haus der Fukuwaras, dann die Einäscherung morgen oder übermorgen. Sicher werde ich eingeladen werden.“ „Sie hören sich die Sutren eines Priesters an?“ Sesshoumaru hätte das kaum freiwillig getan. „Ja. Es ziemt sich doch. Ich werde auch die übliche Geldspende geben. Nun ja. Im Zweifel bringen sie Jiro schon nach Hause und organisieren den Sarg, dann die Totenwache. Menschliche Trauerrituale sind immer recht kompliziert und der heutige Brauch im Krankenhaus zu sterben macht es nicht einfacher.“ „Es ist mir zugegeben ein Rätsel warum Menschen einen Toten als unrein betrachten. Immerhin achteten sie den Verstorbenen als er noch lebte.“ „Denke an früher. Es gab viele Krankheiten und Seuchen. Da war es durchaus sinnvoll Raucherstäbchen anzuzünden und anderes, schon zur Desinfektion. - Oh ja, Räucherstäbchen.“ Der Inuyoukai atmete unwillkürlich ein: „Das ist immer der schwierigste Part für unsereinen.“ Der Jüngere hätte um ein Haar den Kopf geschüttelt, als er sich seinen Vater, den vermutlich mächtigsten Youkai den es gab, vor einem menschlichen Ahnenschrein mit Räucherstäbchen in der Hand vorstellte. Er musste jedoch froh sein, dass dieser selbst hinging und nicht ihn anwies das zu übernehmen. „Aber an der Totenwache müssen Sie nicht teilnehmen?“ „Nein, das ist die Sache der Familie. Vermutlich werden heute Abend noch die Einladungen für die Trauerfeier verteilt werden. Da sind dann auch Bekannte und Freunde dabei.“ „Also Izayoi und dieser Onigumo halten Wache.“ „Vermutlich. Und ein Priester. Jiro war sehr traditionsbewusst. - Bis heute Abend wirst du wissen, was die Makler kaufen konnten.“ „Ja.“ „Gut. Dann wirst du morgen deine Mutter besuchen.“ Mit einem winzigen Lächeln sah der Inu no Taishou zu seinem Sohn: „Damit kann ich dich bei der Trauerfeier entschuldigen.“ Sesshoumaru sah sich zwischen Scylla und Charybdis gestellt – und wählte Scylla: „Wie Sie wünschen. Ich werde Mutter von Ihnen grüßen.“ Der Herr der Hunde behielt recht. Die Einladung wurde ihm abends noch zuhause zugestellt. Er betrachtete sie nachdenklich. Die Prinzessin hatte ihren Haku, ihren Namensstempel, darunter gesetzt, formell und rechtsgültig, aber vermutlich hatte sie kaum selbst gestempelt. Sie musste die Totenwache halten, den Hausschrein verdecken und alles, was Menschen so taten. Aber die Fukuwaras hatten ja genug Personal. Hm. Es gab im Moment keinen Fürsten, der Titel war vakant – und damit waren auch die Stiftungen und einige Grundstücke, die an diesen Titel gebunden waren, ohne Führung. Sicher, in den sieben Wochen der Trauer war es kaum möglich, dass Izayoi heiratete, aber danach würde sie wohl müssen. Ein ganzes Jahr konnte keine Firma ohne Leitung sein. Und sie selbst konnte den Titel nicht erwerben, der ging nur an die männliche Linie, in diesem Fall an ihren Ehemann. Sesshoumaru hatte berichtet, dass sich der Aktienkurs noch nicht erholt hatte und die Makler weiter zu kaufen suchten. Mittlerweile besaß er selbst immerhin schon fast sechs Prozent der Fukuwara-Aktien. Noch einige mehr und er war definitiv der größte Anteilseigner nach der Prinzessin. Niemand, den ein künftiger Fürst Fukuwara übergehen konnte. Es war nicht die erste menschliche Trauerfeier an der der Youkaifürst teilnahm. Er hoffte allerdings es würde nicht so auffallen, dass er sich im Hintergrund hielt. An der Tür der Vorhalle war die Luft doch besser als die verräucherte Luft vorn am Ahnenschrein. Natürlich hatte auch er Räucherstäbchen und Spende dort abgelegt, aber damit war seine Pflicht im Großen und Ganzen auch erfüllt. Jetzt musste er nur noch, wie die Anderen, den Sarg vernageln – nun, symbolisch mit einem Stein darauf klopfen. Die Verbrennung des Verstorbenen würde morgen stattfinden, hatte die Prinzessin zuvor erwähnt, und das war dann eine reine Familiensache. Die Urne käme anschliessend dort auf den Schrein, einige Zeit, ehe Jiro in dem alten Familiengrab seine letzte Ruhe finden würde, vermutlich in sieben Wochen. Das gäbe noch eine Trauerfeier, dann aller Voraussicht nach größer und auch mit Medienrummel. Aber vielleicht hatte sich die Prinzessin bis dahin erholt. Momentan sah sie, gerade auch im schwarzen Kimono, sehr blass und übernächtigt aus. Nun, sie hatte bestimmt gemäß der Tradition die ganze Nacht am Sarg gewacht. Onigumo als Hanyou hatte sichtlich weniger Probleme. Dieser Priester Miyatsu war interessant. Auch dieser hatte gewiss Nachtwache gehalten, jetzt leitete er allerdings mit Andacht und Würde die Zeremonie, sprach die Sutren, und, das spürte er nur zu deutlich, besaß eine gehörige Portion Magie. Das war einer jener Männer – und Frauen – mit denen er sich vor Jahrhunderten Kämpfe geliefert hatte. Früher hätte Miyatsu sicher nicht nur diese Wurmdämonen vertrieben sondern auch Oni, Kappa, ja, auch Mononoke wie ihn selbst, kurz, alle Youkai, wenn man das als weit gefassten Gattungsbegriff der magischen Lebewesen sehen wollte. Sehr interessant. Das lag sicher in der Familie. Wieder glitt der Blick des Inuyoukai zu der jungen Hausherrin. Sie sah wirklich so aus als ob sie ins Bett gehörte. Aber sie hielt sich tapfer aufrecht, selbst, als sie nun als erste den Stein aufnahm um auf den Sargdeckel zu klopfen, diesen symbolisch zu verschließen. Dann reichte sie den Stein Onigumo weiter. Er selbst sollte wohl auch wieder vor gehen, um die Zeremonie weiter zu führen. Draußen hatten Diener Kissen und Decken hingelegt, niedrige Tischchen hingestellt, mit Gläsern gedeckt. Zum Glück für Izayoi regnete es nicht, so dass der Empfang im Garten stattfinden konnte. Es wäre unziemlich gewesen, in menschlichen Augen, neben einem Toten zu essen. Sie waren wirklich manchmal kompliziert und auch er verstand sie noch immer nicht, obwohl er sich wahrlich seit Jahrhunderten mit dieser Spezies beschäftigte, ja, die Verträge mit ihnen geschlossen hatte. Was ihn selbst betraf, so wusste der Taishou, was ihn erwartete: ein Denkmal im Diesseits, das von seiner Macht und Stärke zeugen würde, aber leer wäre – und in der Zwischenwelt sein wahres Grab, das niemand eben mal einfach so erreichen konnte. Dort würde er sicher sitzen, angetan mit seiner Rüstung. Und, tot war eben tot – weder sein Sohn noch seine Gemahlin würden sich lange damit aufhalten. Nur Menschen unterlagen dem „Was wäre...“ Onigumo reichte ihm den Stein und er klopfte auf den Sarg. Izayoi wirkte wirklich müde, hatte wohl auch viel geweint...Diese Traditionen und Riten verlangten viel von Angehörigen. Er wagte jedenfalls zu bezweifeln, dass seine eigene Familie nach seinem Ende auch nur an ihn denken würde, bei allem schuldigen Respekt gegenüber ihm solange er am Leben war. Aber Youkai lebten, ebenso wie Götter, in einer realeren Welt als die, die sich Menschen zu bauen pflegten. Frühling kam nach dem Winter und der Tod nach dem Leben. Ein ewiger Kreislauf. Er trat zurück und reichte den Stein einem anderen Ratsmitglied weiter, ehe er den Raum verließ und mit gewissem Aufatmen auf die Terrasse trat. Hoffentlich galt das jetzt nicht schon wieder als unhöflich, aber für eine um soviel bessere Nase als die der Menschen war das fast unerträglich. Die vier eingeladenen Youkai, allesamt Ratsmitglieder, aßen und tranken nichts, auch, wenn sie aus Höflichkeit sich zu den Menschen gesetzt hatten. Der Inu no Taishou bemerkte ebenso wie alle anderen, dass Izayoi sich erhob und Richtung Haus ging. Sie sah wirklich mitgenommen aus, dachte er. Doch, es war schon richtig gewesen Jiro zu versprechen ein Auge auf sie zu haben. Sie war hübsch, eine höfliche, bemühte Gastgeberin, wohlerzogen dazu eine Fürstin zu sein. Hm. Vielleicht sollte er ihr von der Bitte ihres Vaters erzählen, damit sie wusste an wen sie sich zumindest in den nächsten neununddreißig Trauertagen wenden konnte, wenn es um das Geschäft ging, sofern Onigumo ihr da nicht helfen konnte. Ah, alle standen jetzt auf, offenbar war der strikte Teil vorbei und man würde noch ein wenig plaudern. Möglichst unauffällig schlenderte er ebenfalls Richtung Haus. Er sollte es ihr sagen – aber das sollte auch unter ihnen bleiben. Es war ein rein persönlicher Gefallen, um den ihn Jiro da gebeten hatte, und das war dem sicher schwer gefallen diese Bitte auch nur auszusprechen. Und das brauchte niemand wissen, zumal sicher irgendwer Rückschlüsse auf geschäftliche Dinge ziehen würde, vor allem wenn herauskam, dass er die Fukuwara-Aktien aufkaufen ließ. Das Eine hatte mit dem Anderen nichts zu tun, aber Menschen sahen das gern anders. Sie waren nicht gerade rational. Ah, da war sie. Er hielt an. Sie stand an der Tür, eine Dienerin reichte ihr ein Glas und noch etwas. Sie nahm eine Tablette, erkannte er dann. Kopfschmerzen oder so, ja, das mochte gut sein. Der vergangene und der heutige Tag hatten es sicher in sich gehabt für die Prinzessin. Und morgen würde die Verbrennung und die zeremonielle Bergung der Knochenreste sie gewiss auch noch einmal beanspruchen. Er wich ein wenig zurück als er wittern konnte, dass Onigumo sich von schräg ebenfalls dem Haus näherte. Hinter einem Rotahorn gedeckt, beobachtete der Taishou wie Izayoi der Dienerin das Glas zurückgab und sich umwandte, um zu den Gästen zu gehen, als sie ihren Cousin auf sich zukommen sah. „Ich komme gleich,“ sagte sie und es klang müde: „Hat mich schon wer vermisst?“ „Nein. Ich wollte nur die Gelegenheit nutzen mit dir allein zu sprechen. - Izayoi, du weißt, dass die Gäste wichtige Personen sind. Was hältst du davon, wenn wir ihnen sagen, dass wir nach der Trauerfrist unsere Verlobung bekanntgeben? Dann sparen wir uns …“ Der Hanyou brach lieber ab. Seine Cousine richtete sich mit einer fast geschmeidigen Bewegung zu ihrer vollen Größe auf und starrte ihn an: „Das habe ich gerade überhört! Wie kannst du nur auf solch einen Einfall kommen, auf Vaters Trauerfeier! Das Leben gehört nicht zum Tod und das würde mich, Vater, die Familie, in alle Ewigkeit vor diesen Personen, wie du sagst, beschämen! Im Übrigen kann ich mich nicht entsinnen, dass du mich je gefragt hast, ob ich dich heiraten will!“ Da hatte sie im ersten Punkt zumindest vollkommen Recht, dachte der Taishou, der gut genug hörte, um dem Gespräch auch aus dieser Entfernung zu folgen. Dieser Vorschlag mochte praktikabel erscheinen, wenn man nur sachlich dachte – aber für Menschen war das eine Zumutung. Onigumo hatte vollendete Tatsachen vor Zeugen feststellen wollen, sich in wenigen Wochen die Hand seiner Cousine sichern wollen – und war offenkundig in das größte anzunehmende Fettnäpfchen getreten. Aber, dachte der Youkaifürst seltsam zufrieden, nicht mit Izayoi. Diese Bewegung, die sie gemacht hatte – in Sekundenbruchteilen war aus einem trauernden Mädchen eine stolze Frau geworden. Als ob sie ein Rückgrat aus Stahl besäße. Es hatte fast gewirkt, als ob ein schwerer Mantel von ihren Schultern gleite. Sehr schön zum Ansehen – und er sollte jetzt wohl sich zeigen, um die Sache zu bereinigen. Hatte Jiro an derartige Missverständnisse zwischen den Arten gedacht, als er sich an ihn wandte? Es wäre wohl besser so zu tun als ob er nichts gehört hätte – und immerhin bemerkte jetzt der Hanyou sein nun offeneres Youki, denn der wandte den Kopf. So meinte er: „Ah, Prinzessin, schön, dass ich Sie noch antreffe. Ich möchte...muss mich dann verabschieden. Darf ich Sie noch zu den anderen Gästen zurückbegleiten?“ „Ja, natürlich, danke, edler Fürst.“ Izayoi warf ihrem Cousin noch einen funkelnden Blick zu, ehe sie mit gesittet gesenktem Kopf neben den Inuyoukai trat. „Ich...ich war mir nicht bewusst so lange abwesend gewesen zu sein,“ entschuldigte sie sich. „Es war nicht lang, aber man vermisst eben angenehme Begleitung.“ Oh, Onigumo schien wütend, verbarg es aber sofort. Sah der Hanyou ihn etwa als Konkurrenten? Kaum. Was sollte er denn mit einem Menschenmädchen? Nun, ihre Millionen benötigte er nicht, die Aktien kaufte er langsam aber sicher zusammen...Nein. Er würde nur, wie Jiro es gewollt hatte, ein Auge auf sie haben, bis sie verheiratet war. Mit ihrem Cousin, wenn es nach den Wünschen ihres Vaters ging. So griff er in sein Jackett, als sie auf halbem Weg zwischen Onigumo und den anderen Gästen waren, und nahm ein Portefeuille heraus, suchte in den Karten: „Hier, Prinzessin. Falls Sie irgendwann das Bedürfnis haben zu reden – rufen Sie diese Nummer an.“ Izayoi nahm die kleine Karte. Eine Handynummer, erkannte sie, kein Name, nichts: „Danke...“ Sie klang jedoch verwundert. „Sie können diese Nummer zu jeder Tages- oder Nachtzeit anrufen. Es ist mein Privathandy.“ Er sah geradeaus: „Ich habe es immer in Reichweite.“ Nun, momentan nicht, aber das würde er ab sofort. „Vielen Dank.“ Das war sicher sehr nett gemeint, zumal sie nicht annahm, dass allzu viele Leute, Menschen oder Youkai, diese Nummer kannten. „Ihr Vater bat mich ein Auge auf Sie zu haben.“ Sie blieb stehen, hätte um ein Haar ihn unhöflicherweise angestarrt: „Mein...Vater?“ „Ihre Überraschung ist für mich nicht gerade schmeichelhaft.“ Sie wurde feuerrot: „Oh, Verzeihung, das...das meinte ich nicht, edler Fürst. Ich dachte nur....ich vermutete nicht, dass mein Vater einen Youkai....Aber ja, Sie kannten ihn ja aus dem Rat und sicher gut...“ Ja, die Überraschung hatte auch auf seiner Seite gelegen. Und daraus konnte man nur wirklich und wiederholt schließen, wie wichtig Jiro diese Sache gewesen sein musste. Zumal kaum zu vermuten stand, dass die Prinzessin ahnte, dass sie nicht die volle Kontrolle über ihr Erbe hatte. „Kommen Sie weiter.“ Sie gehorchte. Onigumo sah ihnen nach. Was sollte das? Hatte der Taishou wirklich nach Izayoi gesucht? Möglich, wenn er gehen wollte war es nur höflich sich von der Gastgeberin zu verabschieden. Und für jemanden wie ihn war eine menschliche Trauerfeier sicher eine gewisse Zumutung. Überdies konnte keiner der anderen Youkai gehen, solange er blieb. Bedenklicher war Izayois Aufbegehren gegen seinen eigenen Plan eine Verlobung auch nur anzukündigen. Sie hatte eine eigene Meinung? Das war schlecht. Schön, ja, er hatte nicht bedacht, dass eine Trauerfeier, noch vor der Verbrennung, ein schlechter Termin für die Bekanntgabe einer Verlobung wäre, aber er wollte die Sache schnell unter Dach und Fach bringen. Nun gut. Spätestens, wenn dieser Takemaru Setsuna weg war, würde sie sich nur noch auf ihn verlassen können. Und dann stand einer Heirat nichts mehr im Weg, genauer, seinem Fürstentitel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)