Alles rein geschäftlich! von Hotepneith (Izayoi und der Höllenhund) ================================================================================ Kapitel 1: Izayoi ----------------- „Wollen Sie dort wirklich hingehen, verehrter Vater?“ Etwas wie Unglauben klang in der ruhigen Stimme des jugendlichen Youkai, als er zu dem neben ihm im Fond der Luxuslimousine Sitzenden blickte. Nicht nur die weißen Haare zeugten von der Familienähnlichkeit, als der Vater unwillkürlich kurz nach vorne sah. Aber die selbst für Dämonen hördicht gemachte Zwischenscheibe würde verhindern, dass ihr Fahrer sie belauschte: „Was weißt du über diese Familie, Sesshoumaru?“ „Die Fukuwaras sind reich und eine recht alte Familie. Fürst Jiro Fukuwara hasst Youkai.“ „Das ist wahr und ich sitze ihm jeden Monat bei den Ratssitzungen gegenüber. Nun, das ist für ihn schlimmer als für mich. - Jiro Fukuwara ist der fast letzte Nachfahre der Fukuwaras, einer für Menschen ungewöhnlich langen Familiendynastie, die sich auf einen Kaiser im 11. Jahrhundert zurückführen lässt. Sein Sohn Hitoshi kam vor einigen Jahren bei einem Unfall um. Seither ist seine einzige Erbin Izayoi, eben die junge Dame, deren einundzwanzigster Geburtstag, ihre Volljährigkeit, nun so groß gefeiert werden soll. Natürlich steht es nicht in der Einladung, aber Jiro hofft bei diesem ersten großen Auftritt seiner Tochter auch Bewerber zu finden – nur Menschen, würde ich sagen. Dass er zusätzlich Youkai einlädt, hat de facto mit unseren Verbindungen im Geschäft und dem Rat zu tun. Die Fukuwaras besitzen auch Freizeitparks und Hotels, die sich mit unseren übrigens gut arrondieren würden.“ Sesshoumaru, vertraut mit der Art seines Vaters, sah fast zu hastig seitwärts: „Sie meinen doch nicht....“ Der Ältere strich seine zu einem Zopf gebundenen Haare beiseite, ehe er sich in die Polster lehnte: „Nein, du sollst dich nicht um sie bewerben. Das würde ich dir nicht zumuten – und Jiro wäre sicherlich strikt dagegen. Unsere Einladung ist nur sehr höflich, notgedrungen höflich, und hat keinerlei weiteren Hintergedanken. - Ich vermute, soweit mir berichtet wurde, dass Jiro daran denkt, sie mit ihrem Cousin zu verheiraten, einem gewissen Onigumo, damit der Fürstentitel, der ja nur in der männlichen Linie vererbbar ist, in der Familie bleibt. Aber da gibt es ein Problem. Für ihn.“ Man musste Konkurrenten im Auge behalten, das wusste er seit Jahrhunderten. Sesshoumaru stutzte: „Das ist kaum ein Menschenname.“ „Sehr richtig. Es handelt sich um einen Halbdämon, einen Hanyou. Jiros deutlich älterer, verstorbener, Bruder hatte sich mit einer Youkai eingelassen und einen Sohn.“ „Darum hat er ihm also seine Tochter auch noch nicht zur Frau gegeben.“ „Ja. Er hofft wohl auf einen Menschen. - Nicht nur du magst keine Menschen, es ist ebenso auch andersherum.“ Seit fast zweihundert Jahren lebten Youkai nun offen und zumeist friedlich mit Menschen zusammen, aber die Unstimmigkeiten und Vorurteile würden wohl kaum je verschwinden. Nun gut. In seinen Unternehmen arbeiteten auch viele Menschen und er wüsste nicht, dass sie sich zu beklagen hatten, aber er kannte die Unsicherheiten nur zu gut. Allerdings galten Hundedämonen, Inuyoukai, wie er und sein Sohn auch als menschenfreundlich, was Letzteren betraf, ein Irrtum. „Du musst nicht mitgehen. Ich werde dich höflich entschuldigen.“ „Vielen Dank, verehrter Vater.“ Sesshoumaru war wirklich erleichtert. Ein Einführungsball mit jeder Menge Menschen und Youkai – ihm schauderte förmlich. Natürlich gehörte das zu einem Leben als reicher und mächtiger Mann, aber wenn es ging, überließ er solche Dinge dann doch lieber seinem Vater. Er würde noch genug davon erleben müssen, wenn er erst einmal dessen Nachfolge als Herr der Hunde und Firmenchef angetreten hatte, und auch in die politische Rolle als Mitglied in dem Rat schlüpfen musste, der das Zusammenleben der zwei Arten regelte. Das Auto wurde kurz langsamer, als der Fahrer es auf eine langgestreckte Auffahrt lenkte, die rechts und links von Bäumen gesäumt wurde. Vorn zeigte sich eine hohe Mauer und ein Metalltor, hinter dem Wachen standen, eindeutig vier Youkai, die jedoch eilig beiseite wichen, als die Flügel auf einen Funkbefehl aufschwangen. Dahinter stand eine große Villa mit einem Obergeschoss, die sehr mittelalterlich wirkte. Der Hausherr schätzte diese Zeit seines Lebens und hatte sich entsprechend eingerichtet. Hinter dem Anwesen stieg ein bewaldeter Hügel auf. Hier endete die Großstadt. Als der dunkle Wagen stoppte, waren bereits zwei Youkai herangeeilt und rissen die hinteren Türen auf, öffneten für die Passagiere. Die Zwei trugen dunkle Anzüge, die sie jedoch nur in der modernen Geschäftswelt anhatten. Jetzt würden beide sich unverzüglich in die alte, japanische Kleidung umziehen. Allerdings würde selbst dann der Vater die beiden Fellteile auf seinem Rücken besitzen und der Sohn eines, das wie eine Boa um seine Schulter lag – es waren Teile ihres Körpers, in denen einiges ihrer wahren Energie verborgen lag. Die scheinbar menschliche Form vermochte es nicht all ihr Youki aufzunehmen. Schon von daher war es ein Statussymbol unter ihrer Art. „Benötigen Sie mich, verehrter Vater?“ erkundigte sich Sesshoumaru als sie in das Haus gingen. „Nein. - Ich bin später in meinem Arbeitszimmer. Die Nachrichten aus Europa müssten eintreffen.“ Mit gewisser Heiterkeit fügte der Inu no Taishou, der Herr der Hunde, hinzu: „Du kannst dein Bad ausdehnen.“ „Danke.“ Durch nichts gab sein Sohn zu erkennen, dass er den leisen Spott wahrgenommen hatte. Er liebte es zu baden, unbelästigt zu sein – und es liefen im Haus unter den Youkai durchaus Gerüchte um er habe früher Dienstboten umgebracht, die ihn störten. Die menschlichen Diener hatten bereits am Nachmittag das Anwesen verlassen. Sie erledigten Arbeiten, auf die sich kein Youkai verstand wie Gärtner oder auch Elektriker. Der Hausherr, jetzt in blau-weißem Oberteil und weißer Hose aus feinster Seide bekleidet, ließ sich in seinem Arbeitszimmer auf der Matte nieder, den Laptop ignorierend. Hm. Ganz so sicher, wie er gegenüber seinem Sohn getan hatte, war er nicht. Jiro Fukuwara war ein Mann der sich von Vorurteilen gegen Youkai gern verleiten ließ, aber er war kein Narr. Natürlich war er praktisch gezwungen zu einem derartig groß aufgezogenen Ball auch alle Geschäftskollegen und Ratsmitglieder einzuladen – aber, warum feierte er die Volljährigkeit seiner Tochter nicht etwas kleiner? Wollte er sie so unbedingt an den Mann bringen? Dann fragte es sich welchen Fehler die junge Dame besaß, dass sie derart angepriesen wurde. War es nur ein äußerlicher Makel, so konnte es ihm gleichgültig sein. Ihr Wesen jedoch war interessant, würde sie doch nach dem Tod ihres Vaters ein mehrfaches Millionenvermögen erben und ihm daher geschäftlich als Konkurrentin oder Partnerin begegnen. Er würde noch weitaus länger leben als sie oder auch nur ihre Kinder und Kindeskinder. Bislang war sie jedenfalls öffentlich noch nie in Erscheinung getreten und auch die Klatschpresse hatte nichts über sie verbreitet. Im Gegensatz zu ihm oder auch Sesshoumaru. Der arme Welpe litt unter jeder neuen Freundin, die da aufgetischt wurde, und musste langsam lernen, derartige Dinge zu ignorieren. Wenn er nur daran dachte, wie viele Menschen oder Youkai allein in den letzten fünf Jahren angeblich seine eigene Gunst genossen hätten oder gar schwanger geworden wären...Nein. Damit musste man leben, wie früher mit dem Gerede. Nun gut, die Arbeit wartete nicht. In einem weltumspannenden Konzern kamen Nachrichten jeder Zeit an – und in Europa war es noch acht Stunden früher als in Japan, genug, um die dortigen ersten Tagesberichte zu erhalten. Jiro Fukuwara in einen langen, dunkelblauen Kimono gehüllt, nickte ein wenig, als seine Tochter sein Zimmer betrat und sich höflich verbeugte. Sie wurde einundzwanzig, und, das gab er mit gewissem väterlichen Stolz zu, sie war hübsch. Das Auffallendste war gewiss ihr langes, schwarzes Haar, so lang und dicht, wie es eigentlich nur diese anderen Wesen besaßen, die aus der Hölle stammten. Aber daran wollte er nicht denken. „Komm her, Izayoi, setz dich.“ Sie nahm ihm gegenüber Platz und sah zu Boden, wie sie es gelernt hatte. Ihr Vater achtete sehr auf altmodische Höflichkeit. „Du warst heute im Hotel und hast die Anweisungen gegeben?“ „Ja, verehrter Vater. - Blumen, Musik und alles.“ Warum nur musste er so eine große Geburtstagsfeier ausrichten? Sie war nie zuvor in der Öffentlichkeit gewesen und dann gleich vor Hunderten? Falls sie etwas in der Organisation falsch gemacht hatte oder auch nur in der Höflichkeit einen Fehler beging...Das würde ihr vermutlich ein Leben lang nachgetuschelt werden. Zum Glück hatte ihre Erzieherin ihr gezeigt, wie man derartige Feste plante, im Kleinen und im Großen. Ihre eigene Mutter war schon früh bei einem Erdbeben gestorben, so dass sie nun die Hausherrin spielen musste, seit sie sechzehn geworden war. Allerdings noch nie in diesem Ausmaß und außer Haus. „Die Einladungen sollten heute ihre Adressaten erreicht haben und ich gehe davon aus, dass kaum jemand absagen wird, außer aus wichtigen Gründen. Ich rechne also mit um die sechshundert Gästen, einige davon bedauerlicherweise auch Youkai. Ich werde einen speziellen Sicherheitsdienst anfordern.“ „Ja.“ Das war bestimmt notwendig. Youkai mochten ja heutzutage mit den Menschen zusammenleben, aber sie waren böse Wesen, aus der Unterwelt, das hatte ihr Vater ihr immer wieder gesagt. Und was ihre englische Erzieherin ihr über Dämonen erzählen konnte, war auch kaum beruhigend gewesen. „Onigumo wird gewiss auch kommen. Ich werde mich mit ihm unterhalten und du wirst mit ihm tanzen, aber ja nicht mehr als einmal. Nun, mit niemandem mehr.“ „Ja, verehrter Vater.“ Es irritierte sie immer noch, dass zum einen japanische Kleidung erwünscht war, andererseits eindeutig westliche Tanzmusik spielen sollte. Aber sie vermutete, dass das dazu dienen sollte, dass sie in kurzer Zeit möglichst viele Männer kennenlernte, in durchaus ehrenhaftem Rahmen. Immerhin bedeutete dies auch, dass sie nicht zu viele Kleiderlagen an Kimono tragen musste, da sonst auch nur ein Walzer unmöglich gewesen wäre. „Ich hege keine Zweifel, dass sich einige junge Männer für dich interessieren werden. Merk dir ihre Namen.“ „Ja.“ Nun ja, es würden sich einige für sie interessieren, oder eher, für die Millionen, die sie einmal erben würde. Wie sollte sie nur je herausfinden ob jemand sie oder das Geld mochte? „Darf ich eine Frage stellen, verehrter Vater?“ „Nun?“ „Sie haben Youkai eingeladen. Wie soll ich sie behandeln?“ „Sie sind Gäste, nicht mehr und nicht weniger. Wenn einer aus dem Rahmen fällt, wird sich der Sicherheitsdienst darum kümmern. - Und ich denke kaum, dass einer von denen tanzen kann oder will. Keine Sorge. - Es sind auch drei oder vier Ratsmitglieder dabei. Der Wichtigste von ihnen ist der Inu no Taishou. Ich habe ihn mit seinem Sohn eingeladen. Der Sohn hat dich nicht zu interessieren.“ „Ja.“ War der dann so alt wie sie? Ach nein, das konnte nicht stimmen, diese Youkai lebten ja angeblich viel länger als Menschen. „Und der Inu no Taishou erhält Höflichkeit.“ Zufrieden meinte Fürst Fukuwara: „Genau das. Du darfst gehen, meine Tochter.“ Ein scheinbar Mitte der Zwanzig zählender junger Mann mit langen, schwarzen Haaren betrachtete die Einladung nachdenklich. Izayoi wurde einundzwanzig. Volljährig. Damit konnte sie über ihr Erbe verfügen, wenn ihrem Vater etwas...nur zu menschliches passieren sollte. Aber, wozu voreilig werden. Noch lebte der liebe Onkel Jiro und wenn es nach ihm ging, sollte er das auch ruhig noch einige Jahre. Bei einem so einflussreichen und mächtigem Mann würde jeder Verdacht eines unnatürlichen Todes sicher überprüft werden. Nicht notwendig. Der Letzte der Fukuwaras war über sechzig und schwer herzkrank. Das ließ sich abwarten, zumal, wenn man selbst als Halbdämon eine weitaus längere Lebensspanne zugemessen bekommen hatte. Dann stand Izayoi allein und benötigte sicher Trost und Hilfe in geschäftlichen Dingen. Nun gut. Er würde sie sich auf der Feier einmal ansehen. War sie hübsch, so konnte man eine Heirat ja durchaus in Erwägung ziehen. Wenn nicht, oder falls sie zu stur war....es gab auch andere Methoden. Auf jeden Fall würde früher oder später er, Onigumo, den Namen, den Titel eines Fürsten und das Vermögen der Fukuwaras besitzen. Jetzt noch einmal bei dem Onkel vorbei zu sprechen, um Izayoi kennen zu lernen, würde nichts bringen. Der war gegen alles, was Youkai hieß, sei man es auch nur zur Hälfte. Immerhin war es ihm gelungen eine gewisse Anerkennung zu wecken, dass er das von seinem Vater ererbte Fukuwara-Vermögen nicht vergeudet hatte, sondern weiter vermehrt hatte. Allerdings sollte Onkel lieber nicht alles über seine Geschäfte wissen. Die legalen, ja, natürlich, aber es gab ja auch gewisse einträgliche Grauzonen, die der ehrbare Alte kaum zu schätzen wusste. Er griff zum Telefon und meinte nur, als seine Sekretärin abhob: „Ist es üblich bei einer Geburtstagsfeier ein Präsent mitzubringen? Dann besorgen Sie eines für meine Cousine. Sie wird volljährig. Ihre Interessen kenne ich nicht. Der Preis wäre mir gleich.“ Zumal, wenn er bedachte, dass an der Hand Izayois vierzig Millionen hingen... Der Inu no Taishou hatte ein ähnliches Problem. Ein Geschenk war bei jedem Besuch höflich zumal aus solchem Anlass. Aber er wusste herzlich wenig darüber, über was sich menschliche Mädchen diesen Alters freuen würden. Eine Youkai brauchte er gar nicht zu fragen. So zuckte die junge, menschliche, Empfangsdame an der Rezeption zusammen, als sie unerwartet den milliardenschweren Konzernlenker vor sich sah. Fast hätte sie vergessen sich zu verneigen. „Wie alt sind Sie?“ „Äh, zwanzig, oyakata-sama.“ War sie ihm schon zu alt für den Empfang? Eigentlich musste man dazu doch fünfundzwanzig oder älter sein, ehe man entlassen oder zumindest woanders hin versetzt wurde, nach den landesüblichen Gepflogenheiten. „Was würden Sie sich zum Geburtstag wünschen?“ Er bemerkte, dass sie mehr als rot anlief, und erklärte eilig: „Verzeihung. Das klang ein wenig direkt. Ich bin zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, kenne die Dame nicht, aber sie hat Ihr Alter und ist ein Mensch.“ „Oh, ja, natürlich.“ Wie hatte sie auch auf den seltsamen Einfall kommen können, der so mächtige Youkai würde ihr etwas zum Geburtstag schenken wollen? „Äh, ein großer Geburtstagsempfang?“ Das war bestimmt verpflichtend, geschäftlich. „Jedenfalls nichts Persönliches, kein Parfüm oder so....Hobbies oder so, sagten Sie, kennen Sie nicht....Das ist schwer....Schmuck wird die junge Dame auch haben?“ vermutete sie. „Blumen machen nichts her, außerdem verderben sie im Laufe einer solchen Feier....“ Überdies, dachte der Youkai, würden die sonstigen Gerüche dieser Party seine arme Hundenase schon genug malträtieren, da musste er doch nicht noch höchstpersönlich dazu beitragen. „Kakteen?“ Die rochen nicht und es gab wertvolle. „Nein, verzeihen Sie, oyakata-sama, aber das könnte die Dame als....Anspielung verstehen und als sehr unhöflich werten.“ „Gut, dass ich frage. Weiter.“ „Äh...Seide?“ „Was meinen Sie?“ Nein, sie sollte ihm besser nicht sagen, dass sie für einen Moment tatsächlich an Unterwäsche gedacht hatte: „Einen Kimono? Sie kennen doch sicher altmodische Schneider...das ist nicht zu billig, aber man kann auch wenig falsch machen, denke ich. Zumal wenn die...junge Dame nicht näher bekannt ist...“ Rote Seide mit einem weißen Hund gestickt darauf...„Ja, das ist wahr. Danke.“ Er wandte sich ab und ihre Kolleginnen schossen förmlich auf die Rezeptionistin los, um zu erfahren, was der shachō , der Konzernchef, von ihr gewollt hatte. Izayoi sah zu ihrer Erzieherin, als sie berichtet hatte: „Was ist? Du wirkst so bedrückt?“ Sie waren übereingekommen sich untereinander zu duzen – solange niemand anderer zuhörte, denn der Fürst Fukuwara hätte das sicher verboten. Eliza Oberton seufzte und ließ sich auf einem Hocker nieder: „Du ahnst es noch immer nicht? Ich dachte darum hat dein Vater dich gerufen.“ „Nein, er gab mir nur Verhaltensmaßregeln für diesen...Ball. Oh, warum nur muss er ihn so groß feiern?“ „Er will dich verheiraten, meine Liebe. So bald wie möglich. Sein Herz ist nicht mehr sehr gut, wie du weißt, und ich glaube, er fürchtet....“ Sie brach ab: „Aber, was du unbedingt wissen solltest: mit deinem einundzwanzigsten Geburtstag wirst du nach hiesigem Recht volljährig. Und damit ist meine Arbeit beendet.“ „Was?“ Izayoi sank unwillkürlich auf die Knie: „Eliza!“ „Ich erhielt die Kündigung bereits von deinem Vater. - Nimm dich zusammen.“ Das klang weniger nach Freundin als nach Erzieherin: „Du musst das dir doch irgendwann mal gedacht haben.“ „Ja, aber...ich dachte, du kannst trotzdem bei mir bleiben. Ich...ich habe dann doch niemanden mehr.“ Eliza hatte ihr solange die Mutter ersetzt... „Ich bat deinen Vater darum als deine Zofe arbeiten zu dürfen, aber er meinte, ich sei lange genug fern der Heimat gewesen. Nun ja, zwanzig Jahre.“ Die etwas über fünfzig Jahre zählende Engländerin seufzte erneut: „Du hättest es wirklich bedenken sollen. Wie ich allerdings auch. - Und du wirst nicht ganz allein sein.“ „Eine mir bislang unbekannte Zofe?“ „Du wirst dir auch so behelfen können, es gibt hier genügend Dienerinnen. Mich kanntest du damals auch nicht. - Überdies bist du erwachsen. Ein gewisser Takemaru Setsuna soll das Amt als dein Leibwächter und Chauffeur übernehmen.“ Izayoi runzelte die Brauen: „Setsuna? Das sagt mir nichts.“ „Ich habe ihn mir möglichst unauffällig angesehen. Er ist Anfang Dreißig und der stellvertretende Leiter der Wachen deines Vaters. Er stammt aus einer alten Samurai-Familie, die wohl auch schon lange deiner Familie dient. Ich fand ihn nicht...ungeschickt. Sehr höflich und er wäre nicht in seinem Alter schon so hochgestiegen wenn er unfähig wäre.“ Die Engländerin atmete durch: „Du wirst eben endgültig erwachsen, Kleine. Wir können ja über das Internet Kontakt halten.“ „Ja, aber du kannst nicht einmal in Japan bleiben?“ „Nun, dein Vater...Fürst Fukuwara gab mir deutlich zu verstehen, dass ich in meine Heimat soll. Und dir ist klar, dass er solchen Wünschen Nachdruck verleihen kann. Er ist Ratsmitglied und ich bin eine Ausländerin.“ „Ein nettes Geschenk zu meinem Geburtstag!“ Das klang bitter. „Izayoi, nimm dich zusammen. Du weißt, dass du niemandem gegenüber deine wahren Gedanken preisgeben darfst. Bislang hast du es bei mir gekonnt, aber du bist eben kein Kind mehr, sondern eine junge Dame und sicher bald verheiratet. Du kennst die Regeln.“ Das Mädchen versuchte tapfer seine Tränen zu schlucken: „Aber...dieser Setsuna ist kein Anwärter?“ „Denke nach,“ befahl ihre Erzieherin streng: „Ein Samurai und eine Fürstentochter? Du kennst deinen Vater.“ Ja, das war wahr. Aber ihr war ebenso bewusst, dass ihr Vater eifrig nach einem Schwiegersohn suchte, seit er nach seinem zweiten Herzinfarkt sich der Kürze des menschlichen Lebens nur zu bewusst war. Er wollte die stolze Familie nach über tausend Jahren nicht untergehen sehen und auch seine Tochter gesichert wissen. Da stets ihr Bruder als Erbe und Nachfolger erzogen worden war, besaß sie zugegeben nur wenig Ahnung über die geschäftlichen Dinge und könnte Hilfe wohl gebrauchen. Sie war sich jedoch soweit der Liebe ihres Vaters sicher, dass er ihr nie einen ihr unangenehmen Bewerber auch nur vorschlagen würde – und stets auf ihre Einwilligung hören würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)