Paraplegia von Nightprincess (querschnittsgelähmter Held) ================================================================================ Kapitel 2: Der Abschied ----------------------- Es war früh am Morgen, als Katsuya bereits in Kaibas Helikopter auf dem Dach des Krankenhauses verfrachtet wurde, mit diesem würden sie direkt zum Flughafen fliegen, wo bereits Kaibas Privatflieger auf sie wartete, mit dem sie dann ohne Zwischenlandung direkt nach New York einfliegen würden. Katsuya hatte niemandem gesagt, was er gerade im Begriff war zu tun. Er hatte sich von niemandem verabschiedet. Er wollte nicht, dass irgendwer versuchte, ihm diese ganze Sache wieder auszureden. Er wusste ganz genau, worauf er sich hier einließ, ihm war völlig klar, dass er sich Kaiba regelrecht auslieferte. Und das nur um den winzigen Hauch einer Chance zu haben, irgendwann wieder auf seinen eigenen Beinen zu stehen, zu springen, zu gehen, zu tanzen, zu laufen. Er hatte zwar keine Ahnung, was für Experimente Kaiba mit ihm machen würde, doch das war ihm egal. Er würde alles über sich ergehen lassen, nur für diese winzige Chance. Und Kaiba wusste das mit Sicherheit, denn genau aus diesem Grund hatte er Katsuya doch erst dieses Angebot unterbreitet. Es war kein Mitleid, dass der Firmenleiter da zeigte, es war eine Notwendigkeit, ein Geschäft, ein simples Geben und Nehmen, wobei Kaiba wohl viel mehr nehmen würde, als er geben konnte. Denn Katsuya wollte eigentlich nur die Beweglichkeit seiner Beine zurück und war bereit dafür alles zu geben, außer sein Leben, aber er vermutete, dass Kaiba sein Leben gar nicht wollte, denn ein totes Versuchskaninchen würde diesem nicht viel nützen. Der Helikopter startete und Katsuya starrte wieder aus dem Fenster, doch diesmal nicht in den strahlendblauen Himmel, ohne wirklich etwas zu sehen. Er sah hinab auf die Dächer seiner Heimatstadt, mit der er so viele schöne Erinnerungen verband und genauso viel Schmerz. Domino City war in den letzten Jahren stetig gewachsen, Katsuya hatte noch nie das gesamte Ausmaß erfassen können. Es würde seine letzte Möglichkeit dafür sein, denn er wusste, er würde nie wieder hierher zurückkehren. Er würde Abschied nehmen von seinem Zuhause, es würde ein Abschied für immer sein. Während Katsuya in aller Stille Abschied nahm, saß Kaiba in Gedanken versunken neben ihm, doch blickte er nicht hinab auf die Stadt, sondern in Richtung des unbekannten Horizonts. Worüber er nachdachte, konnte man anhand seines reglosen Gesichts nicht erkennen, anders als Katsuya, der mittlerweile Tränen in den Augen hatte, ließ Kaiba keine Gefühlsregung erkennen, weder in seinem Gesicht, noch in seiner Körperhaltung. Er hatte lässig ein Bein über das andere geschlagen, seine Arme elegant verschränkt und starrte einfach nur scheinbar emotionslos hinaus, während sie dem Domino City Airport immer näher kamen. Sie landeten direkt auf der Landebahn neben dem bereitstehenden Privatflieger der Kaiba Corporation und Katsuya war das ganz recht. Auf diese Weise würde er niemandem im Flughafengebäude begegnen, er musste nicht befürchten, dort erkannt oder gar auf seine Behinderung angesprochen zu werden. Seine Heldentat ging eine ganze Woche lang durch sämtliche Zeitungen und selbst jetzt schrieb die eine oder andere Zeitung über Katsuya, über seine Heldentat, über seine Duell-Erfolge, über seine Freunde. Selbst Kaiba brachten einige Zeitungen mit Katsuya in Zusammenhang, allerdings wurden derartige Berichte recht schnell wieder aus der Öffentlichkeit verbannt, wobei Kaiba sicher seine Finger im Spiel hatte. Das Einzige, über was bisher keine Zeitung berichtet hatte, war Katsuyas Querschnittslähmung. Das Krankenhaus war zur Verschwiegenheit verpflichtet und hatte gegenüber der Presse nie eine Aussage diesbezüglich gemacht. Die Presse hatte zwar herausgefunden, in welchem Krankenhaus Katsuya sich befand, doch hatte dieses der Presse jeglichen Zugang ins Krankenhaus verweigert und Katsuya wollte niemanden empfangen, erteilte also ebenfalls keine Erlaubnis. Und heute würde er einfach spurlos verschwinden, sich still und heimlich davonstehlen. Zwei von Kaibas Angestellten hoben Katsuya aus dem Helikopter in den bereitgestellten Rollstuhl, einer von ihnen schob ihn über die Laderampe, am Heck des Flugzeugs, ins Innere und durch eine Tür, am Ende des Laderaums, in die Kabine. Er wurde in einen der hinteren Flugzeugsitze gehoben und darum gebeten, sich anzuschnallen, was er auch sogleich tat. Kaiba ging an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen und ließ sich ganz vorne auf einem Flugzeugsitz nieder. Katsuya war es egal, er wollte Kaibas Gesellschaft nicht. Er saß an einem Fensterplatz und er nutzte diesen Umstand, um wieder hinaus zu starren, als hätte er nie etwas anderes getan. Er besah sich das Flughafengebäude und fragte sich, wie viele Leute sich wohl gerade dort befanden und wie viele davon in den letzten beiden Wochen intensiv die Berichte in der Zeitung verfolgt und verschlungen hatten? Wie viele von ihnen hätten ihn wohl erkannt und wie viele von ihnen hätten auch den Mut gehabt, ihn anzusprechen, trotz der mehr als offensichtlichen körperlichen Einschränkung, die er durch den Rollstuhl zur Schau stellte? Wie viele mitleidige Blicke hätte er dort in diesem Gebäude wohl ertragen müssen? Katsuya war froh, dass er darauf wohl nie eine Antwort bekommen würde. Das letzte Mal, als er sich im Domino City Airport aufgehalten hatte, kamen sie gerade aus Ägypten zurück und hatten Abschied von Pharao Atemu genommen. Nun nahm Katsuya erneut Abschied, diesmal allerdings von seinem Leben in dieser Stadt. Ein Leben voller Abschiede, Enttäuschungen, Erniedrigungen, Gefahren, Prügeleien, Hass und Gewalt. Aber auch ein Leben voller Wiedersehen, Erfolgen, Freude, Freundschaft, Liebe und Glück. Katsuya wusste nicht, wie seine Zukunft nun aussah, was genau ihn in New York erwarten würde, aber er würde sich dennoch in dieses ungewisse Dunkle wagen und seine Vergangenheit hier und jetzt auf diesem Flughafen und in aller Stille hinter sich lassen. Er würde nicht vergessen, nein, aber er würde auch nicht mehr zurückdenken. Er würde einen Schlussstrich unter sein altes Leben ziehen und ein neues, besseres Leben beginnen, denn alles war besser als das Leben, das ihn als querschnittsgelähmter Held in dieser Stadt erwarten würde, sollte das an die Öffentlichkeit dringen und das wäre es, wenn er heute ganz normal und wie ursprünglich geplant aus dem Krankenhaus entlassen worden wäre und wenn Kaiba ihn nicht nahezu ungesehen aus dem Krankenhaus geschafft hätte. Katsuya war Kaiba jetzt schon heimlich dankbar, dabei hatte dieser noch gar nichts Großartiges getan. Katsuya hatte seine Wohnung gekündigt und von Kaiba seine persönlichen Sachen holen lassen. Da Katsuya die Wohnung möbliert gemietet hatte, hatte er sich keine Gedanken um die Einrichtung machen müssen, er hatte die Wohnung nicht einmal mehr betreten, hatte allerdings von Kaiba bzw. dessen Angestellten protokolieren lassen, ob alle seine Sachen auch wirklich aus der Wohnung entfernt wurden, mit Ausnahme der Möbel. Soweit Katsuya beim Nachlesen erkennen konnte, war die Liste vollständig gewesen, zumindest war alles Wichtige dabei und wenn doch ein paar Kleinigkeiten fehlten, war es nicht weiter tragisch. Der Pilot kündigte über Lautsprecher den Abflug der Maschine an und das Flugzeug setzte sich in Bewegung, wurde immer schneller und schneller und erhob sich schließlich in die Luft. Katsuya warf noch einen Blick auf Domino City, wandte sich dann entschlossen ab und starrte mit leerem Blick in den strahlendblauen Himmel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)