Der Weg des Kriegers von sennen_item ================================================================================ Kapitel 1: Todesmarsch ---------------------- Todesmarsch Das laute Heulen des Windes und ihre vom Schweiß völlig durchnässte Kleidung brachten sie dazu ihre Augen aufzureißen und sich benommen umzusehen. Alles was sie erblickte war Sand. Er umgab sie von der rechten Seite, von der linken Seite und zu allem Überfluss hatte sie auch noch welchen in ihrem Mund bekommen. Angeekelt und völlig ausgedurstet, spuckte sie ihn aus, konnte dabei aber nicht vermeiden, dass einige Krümel in ihre Kehle gelangten und diese zusätzlich austrockneten. Angewidert hustete sie und war drauf und dran um einen Schluck Wasser zu bitten, doch als sie die Fesseln erblickte, die ihren Hals mit ihren Händen verband, erinnerte sie sich wo sie sich befand. Hinter, vor und neben ihr, konnte man nicht nur abertausende von Sandbergen erkennen, sondern desweiteren auch noch unzählige Menschen, die keuchend auf der heißen Erde zusammengepfercht waren und nach Luft rangen. Einige versuchten verzweifelt Schlaf zu finden und wälzten sich mit gefesselten Leibern auf der Erde herum, um eine nicht völlig unbequeme Schlafposition zu finden. Wieder andere weinten in ihre Hände, beteten zu den Göttern, dass sie sich ihrer annehmen und aus diesem Albtraum befreien würden, eine, ihrer Meinung nach vergebliche und vergeudete Tat, denn wer es bis hier her geschafft hatte, konnte lediglich auf Erlösung durch den Tod hoffen. Diesen Gedanken verspürend, glitt ihr Blick in die Ferne. Die großen Männer, Viehtreiber wie sie genannt wurden, weil sie mit Peitschen und Stöcken bewaffnet ihre Runden zogen, zerschnitten an manchen Stellen das Robuste Seil, dass sie alle mit einander verband und lösten die schweren Eisenketten, um die dritte Art von Menschen die sich unter ihnen befand, die Toten, aus der Reihe zu lösen. Wie Müll schmissen sie sich die toten Körper über die Schulter, um sie wenig entfernt achtlos in ein riesiges Loch zu schmeißen, ohne letzte Worte, allein der Wüste und den wilden Tieren ausgeliefert. Der Blick eines Viehtreiber traf sie, während sie das Geschehen in der Ferne beobachtete. „Was ist los, kleines Fräulein, fängst du gleich an zu weinen? Wirst du anfangen um Gnade zu flehen?“ Sie entgegnete ihm mit einem angewiderten Blick. Abschaum., dachte sie sich. Widerlicher Abschaum. Der von der Sonne völlig verbrannte Mann bäumte sich in seiner ganzen Größe vor ihr auf um seine Dominanz zur Schau zu stellen. „Hat es dir die Sprache verschlagen? Oder bist du einfach nur dumm wie ein Haufen Scheiße?“, fragte er provokant. Heftig zog sie die Luft durch ihre Nasenflügel und biss sich auf die Zunge. Wenn sie jemals lebendig aus dieser Situation herauskommen wollen würde, müsste sie lernen still zu sein. Doch sie konnte ihre Augen nicht davon abhalten, dem grässlich nach Aas und Schweiß stinkenden Mann, einen wütenden Blick zu zuwerfen, zeitgleich innerlich hoffend, dass dieser nicht von ihm bemerkt werden würde. Als der Viehtreiber jedoch einen weiteren Schritt auf sie zumachte und die Kette, die um ihren Hals befestigt war, um sie daran zu erinnern wo ihr Stand war, ergriff um sie zu sich hinauf zu ziehen, wusste sie, dass sie sich falsch verhalten hatte. Das war es jetzt also., dachte sie noch. Wer einmal von einem Viehtreiber bemerkt und in die Mangel genommen wurde, erlebte den nächsten Tag nicht mehr. So sicher, wie die Sonne des Nachts unterging und sich am Morgen wieder emporhob. „Da du mir freche Blicke zuwirfst, nehme ich an, dass du mich auch verstehen kannst, Weib.“, sagte er amüsiert und legte eine Hand um ihren schmalen Hals. Ihr Herz begann schneller zu schlagen und sie versuchte verzweifelt nach einem Ausweg zu suchen, doch wenn sie ihre verzweifelten Blicke zu ihren Mitgefangenen aussandte, schauten diese nur verängstigt bei Seite. Wer konnte es ihnen verübeln? Vermutlich hätte sie an ihrer Stelle dasselbe getan. „Nun?“, fragte der Viehtreiber ungeduldig, während er ihr seinen fauligen Atem ins Gesicht blies. Das Mädchen versuchte gegen den Reiz anzukämpfen sich zu übergeben und suchte wieder seinen Blick. „Ihr seid doch alle gleich. Ihr widerliches Insektenpack. Sitzt hier und fleht die Götter um Gnade und Erlösung an, anstatt vor Dank auf die Knie zu fallen und die Götter zu lobpreisen. Immerhin seid ihr am Ziel! Ihr seid auserwählt worden unserem Pharao zu dienen! Außerwählt worden, seiner glorreiche Herrschaft ein Denkmal zu errichten! Und doch sitzt ihr hier im Staub und schreit und bettelt wie räudiges Getier. Undankbar seid ihr! Undankbar und wertlos!“ Er schrie ihr die Worte regelrecht ins Gesicht und reihum richteten sich die Blicke auf ihn. Es war allen klar, dass er zu ihnen sprach und doch erwiderte niemand etwas darauf. Es war ohnehin schon klar, dass er an dem Mädchen ein Exempell statuieren würde. Sie erblasste bei seinen Worten. Dankbarkeit? Man konnte einiges von diesen Menschen erwarten aber Dankbarkeit? Sie wurden brutal ihren Familien beraubt, gepeinigt durch die Wüste getrieben nur um am Ende ihres Weges zu schuften, bis sie tot umfielen, an Freudenhäuser verkauft um ihre Ehre zu verlieren oder an die reichen verschenkt um ihnen ihr Leben zu erleichtern und sich selbst zu demütigen. Wut kochte in ihr hoch. Ihr Schicksal war ohnehin schon besiegelt, also was machte es noch für einen Unterschied? Sie zog den letzten Rest an Speichel, der in ihrem trockenem Mund verblieben war zusammen und spuckte der Wache ins Gesicht. Überrascht und auch schockiert blickte er sie an, während es um sie herum totenstill wurde. Die Menschen um sie herum hörten auf zu atmen, hörten auf zu weinen und den Blick abzuwenden. Sie waren im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Unglaube spiegelte sich auf dem Gesicht des Viehtreibers wieder. Geistesabwesend ließ er von ihr ab und wischte sich mit seinem Arm über das Gesicht, als ob er nicht sicher war, dass dies gerade passiert war. Als er den Speichel aus seinem Gesicht gewischte hatte und ihn auf seinem Arm vor sich in der Sonne glänzen sah, suchte er erneut fassungslos ihren Blick. Wütend starrte sie in seine Augen zurück. Etliche Augenblicke verstrichen, ohne dass sie jemand rührte, niemand wagte es auch nur nach Luft zu schnappen, während das zarte, ausgehungerte Mädchen und der Muskelbepackte Mann einander in die Augen starrten. Dann löste sich die Starre und der Viehtreiber schlug ihr ins Gesicht. Hart. Sie spürte wie ihre Lippe aufplatzte und die Zähne in ihrem Kiefer zu wackeln begannen. Ihr Kopf wurde so plötzlich zur Seite geschleudert, dass ihr Nacken einen ächzenden Ton von sich gab und ihre Knie unter ihr nachgaben. Inständig hoffte sie darauf ohnmächtig zu werden, da sie nicht mehr von dem mitkriegen wollte, was jetzt folgen würde. Benebelt von dem Schlag hörte sie das dumpfe Knirschen des Sandes unter den Sohlen seiner Schuhe und sie wusste, dass er seine Peitsche gezogen hatte um es zu beenden. Sie ließ die Augen geschlossen und verbat sich selbst auch nur einen Laut von sich zu geben. Niemals würde sie zulassen, dass sie noch mehr erniedrigt werden würde als ohnehin schon. Und wenn sie schließlich vor Anubis und Ammit stehen würde um ihr Herz gewogen zu bekommen, die Feigheit ihre Waage nicht ins Wanken bringen würde. Sie konnte das laute Schreien des Mannes durch einen Nebel hindurch hören und auch das Zischen seiner Peitsche, doch auch lange Zeit später spürte sie keinen weiteren Schmerz. Das laute Rauschen ihres Blutes in den Ohren machte es unmöglich für sie die Geräusche der Umgebung aktiv wahrzunehmen, doch mit dahin schwindender Zeit und dem weiteren Ausbleiben erwarteter Schmerzen, kehrten ihre Sinne langsam zu ihr zurück. Misstrauisch öffnete sie die Augen und hob langsam ihren schmerzenden Kopf. „… du es wagen? Dieses Miststück hat es gewagt mich anzuspucken und du verbietest mir sie dafür zu bestrafen?“ Die erboste Stimme des Viehtreibers überschlug sich vor Wut. Sein Kopf war vollkommen rot angelaufen und er spuckte während er den Mann anschrie, der ihn von hinten umklammerte. „Es reicht Abubakar! Du hast auf dieser Reise genug Sklaven getötet um deinen widerlichen Gelüsten Abhilfe zu verschaffen! Ich habe nichts dagegen, wenn du die alten und kranken umbringst, doch die jungen können noch viele Jahre im Dienste unseres Pharaos arbeiten!“ Der Angesprochene riss sich von seinem Begleiter los und stieß ihn von sich weg. „Wenn du dieses Weib am Leben lässt, obwohl sie mir gegenüber frech geworden ist, dann gibst du den anderen damit einen Grund es ihr gleich zu tun und sich in Sicherheit zu wägen! Du kannst mir nicht verwehren sie zu töten, nachdem sie die Frechheit hatte mich zu beschämen!“ „Hast du etwa Angst vor einem Haufen Sklaven, mein lieber Freund? Was bist du für ein Mann im Dienste des Pharaos, wenn du dich von ihr beleidigen lässt, wie du selbst gesagt hast, diese Menschen sind wie Tiere, sie sind dumm. Du müsstest doch darüber stehen. Außerdem, hast du dir das Mädchen mal angesehen? Im Gegensatz zu den zahnlosen, alten Schlampen hier, können wir für sie eine schöne Summe beim nächsten Hurenhaus einheimsen.“ Abubakar blickte das Mädchen zu seinen Füßen angewidert an. Blut lief ihre Lippe hinab und ihre Wange war bereits jetzt angeschwollen durch den Schlag den er ihr versetzt hatte, doch sein Gefährte hatte Recht, sie war kein hässliches Weib. „Der Pharao wird nicht erfreut sein, wenn er erfährt das du grundlos herumrennst und seine Sklaven tötest um deinen Spaß zu haben.“, versuchte der zweite Mann noch einmal in einem ruhigeren Tonfall zu erklären. Obwohl sein Tonfall ruhig und sachlich war, wusste der wütende Viehtreiber, dass eine Drohung in seinen Worten versteckt lag. Wütend wandte er sich von ihm ab und steckte seine Peitsche zurück an seinen Gurt, dann kniete er sich zu dem Frauenzimmer herunter. Seine Stimme bebte vor Verachtung als er ihren Kopf zu sich heranzog und ihr mit seinem heißen Atem ins Ohr flüsterte: „Das wird noch ein Nachspiel haben.“ Dann stand er auf, spuckte ihr vor die Füße und legte in langen wütenden Schritten den Weg zu seinem Kamel zurück immer wieder nach auf dem Boden liegenden Sklaven tretend. Das zweite Mann ließ ein letztes Mal seinen Blick über das Mädchen gleiten und während er sich von den Sklaven abwandte sagte er zu ihr: „ Glaub nicht, dass ich mich darum kümmern werde, ob du lebendig in der Haupstadt ankommst. Wenn du jetzt nicht mehr laufen kannst, wird es Abubakar nur umso glücklicher machen.“ Mit pochendem Herzen auf dem Boden sitzend, sah das Mädchen sich um. Um sie herum erhoben sich die Menschen zum Weitermarsch durch die Wüste. Doch sie spürte ihre Beine nicht mehr. Sie hatte jegliches Gefühl in ihrem Körper verloren, in dem Moment, indem sie mit ihrem Leben abgeschlossen hatte. Ihr Gesicht brannte wie Feuer und ihre Kehle war trockener als die Wüste die sie noch zu durchqueren hatten. Die anderen Sklaven setzten sich in Bewegung. Aus Angst mit ihr gesehen und auch geschlagen zu werden, nahmen sich keine Rücksicht auf sie und liefen einfach um sie herum, die Blick zum Horizont gerichtet. Immer noch stumm und unverständlich auf dem Boden kauernd, wurde das junge Mädchen von der Karavane mitgeschleift. Der Schock verharrte noch immer in ihrem Körper. Steh auf!, ermahnte sie sich. Steh endlich auf. Aus heiterem Himmel spürte sie die Hände einer anderen Person sich um ihre Hüfte legend und sie auf die Beine ziehend. Erschrocken drehte sie ihren Kopf und fuhr vor lauter Schmerzen in ihrem Nacken zusammen. Sie gab ein gequältes Geräusch von sich. Die Hände verfestigten ihren Griff und zogen ihre schlaffen Beine ein weiteres Mal von der Erde nach oben. „Ganz ruhig.“, flüsterte ihr jemand von hinten leise ins Ohr. Die Stimme bebte vor Erschöpfung, war aber gleichzeitig kräftig und sanft. Es war die Stimme eines jungen Mannes. Hinter ihr spürte sie wie einer seiner Arme sich um ihre Hüfte stabilisierte, während der andere ihren Arm um seine Schulter legte um ihr Halt zu geben. Sie blickte zu ihrer Seite und sah den jungen Mann an, der zu ihrer Hilfe gekommen war. Sein weißes Haar schimmerte in der Sonne und er war so blass, als hätte er Jahre seines Lebens im Untergrund verbracht. Seine Arme waren durchtrainiert und sein ganzer Muskelaufbau erinnerte ein jemanden, der sein ganzes Leben lang gearbeitet hatte. Seine grünschimmernden Augen waren nach vorne gerichtet und sein Mund zu einem kecken Grinsen verzogen. Gemeinsam machten sie ein paar Schritte nach vorne und sie war froh, dass er ihr Halt gab, anderenfalls wäre sie unter Garantie wieder in sich Zusammengebrochen. Ihr Kopf dreht sich noch immer und sie spürte, wie ihr linkes Auge langsam zu schwoll, sie konnte beinahe nichts mehr darauf sehen. Geistesabwesend leckte sie sich über ihre ausgetrockneten Lippen und schmeckte das Blut, dass aus ihrer aufgeplatzten Wunde lief. „D- danke.“, brachte sie unter Aufwand all ihrer Kräfte hervor. Der junge Mann kicherte vergnügt. „Du bist also nicht stumm.“, stellte er amüsiert fest. „Das macht das Ganze noch beeindruckender.“ Den letzten Teil sprach er weniger zu ihr als zu sich selbst. „Wenn einer zu danken hat, dann ich. Wie lange habe ich darauf gewartet, dass dieser widerliche Viehtreiber mal von jemandem angespuckt wird.“ Erneut verlor er sich in sein monotones Kichern. Ihre Schritte wurden allmählich fester und sie musste sich nicht mehr mit vollem Gewicht gegen ihren Helfer lehnen. „Wenn du so lange darauf gewartet hast, warum hast du ihn nicht selber angespuckt?“, erwiderte sie heiser. Der weißhaarige Junge richtete seinen Blick auf sie und grinste bis über beide Ohren. „Ich schätze, dass sich mir einfach noch nicht die Gelegenheit dazu geboten hat.“ Ein Hauch von Anerkennung spiegelte sich auf seinen listigen Gesichtszügen. Eine Zeit lang herrschte Schweigen zwischen den beiden und sie setzten ihren Todesmarsch durch die Wüste leise fort. „Außerdem…“, setzte er schließlich fort, „… hätte ich es niemals hinbekommen so ruhig dabei zu bleiben. Ich eher ein hitzköpfiger Streiter. Nicht so wie du, Mädchen. Du hast diesen Kerl mit deinem Schweigen beinahe in den Wahnsinn getrieben. Bei Ra! Was für eine Vorstellung. Du bist die geborene Unruhestifterin.“ Nun konnte auch sie nicht mehr anders und musste ein klein wenig kichern. Es tat gut nach all der Zeit jemanden zum Reden zu haben und ein wenig zu lachen. „Sieht so aus als müsstest du dich ranhalten, wenn du auch einen Platz unter der Sonne haben möchtest.“, schlug sie ihm halb grinsend halb schmerz verzerrt vor. Der junge Mann musterte das Mädchen eine Weile während er darüber nachdachte, was er sagen sollte. Im Gegensatz zu den meisten Menschen die mit ihnen zogen, schien sie nicht die Absicht zu haben, über ihr Schicksal in Selbstmitleid zu versinken und zu klagen. Nicht einmal nach der Tracht Prügel die sie von diesem Widerling erhalten hatte. Ihre Schritte wurden von Augenblick zu Augenblick kräftiger und sie richtete ihren Blick in die Richtung in die sie zu gehen hatten. Zielstrebig geradeaus. Das gefiel ihm. Ihre Art gefiel ihm. Sie gefiel ihm. „Nun, ich hoffe die Tatsache, dass ich dir helfe bringt mich meinem Ziel einen kleinen Schritt näher.“ „Da bin ich mir sicher.“, sagte sie gönnerhaft. Als die Sonne zur Mittagsstunde am Horizont brannte, fand sie schließlich die Kraft alleine weiter zu gehen. Ihre Kehle brannte unentwegt, aber sie wusste, dass es keinen Nutzen hätte jemanden nach Wasser zu fragen, denn niemand würde ihrem Bitten jetzt noch nachkommen, es sei denn er war ein Sklave. Aber die Sklaven verfügten logischerweise über keinerlei Wasser, dass sie sich selbst hätten einteilen dürfen. Weit konnte es aber nicht mehr sein, bis sie ihr Ziel erreichen würden, also richtete sie das Wort wieder an ihren Begleiter, um sich von ihrem zehrenden Durst abzulenken. „Ich möchte dir noch einmal meinen Dank aussprechen…?“ „Bakura.“, antwortete er auf ihre ungestellte Frage. „Bakura.“, wiederholte sie leise um seinen Namen im Gedächtnis zu behalten. „Nun, wir Verdammten müssen zusammenhalten, nicht wahr?“, fragte er und erntete ein heiseres Kichern von ihrer Seite. „Was ist so lustig?“ Sie schüttelte bitter lächelnd ihren Kopf und ihr schulterlanges braunes Haar kitzelte dabei ihren Nacken. „`Wir Verdammten`“, flüsterte sie. „Das trifft es ziemlich gut. Tausende Seelen dazu verdammt das Fortbestehen des „glorreichen Pharaos“ auf unseren Rücken zu erbauen.“ Der junge Mann zog seine Augenbrauen nach oben. Für jemanden, der aus der untersten Schicht zu stammen schien, konnte sich diese Frau erstaunlich gut ausdrücken. „Es verwundert mich, dass dich das zum Lachen bringt.“, stellte er fest, während sie ihren Weg fortsetzten. Langsam wurde es spät. „Das Fundament seiner Regentschaft errichtet auf den Leichen seines Volkes. Es ist nicht die Tatsache, die mich zum Lachen bringt, sondern vielmehr die Ironie.“ Je mehr er mit ihr redete umso neugieriger machte sie ihn. „Ich habe deinen Namen noch nicht erfahren.“, sagte er und war von sich selbst überrascht diese Worte aus seinem Mund zu hören. Seit sie vor einigen Wochen zu ihrem Todesmarsch aufgebrochen waren, hatte er nicht das Bedürfnis verspürt auch nur von einer einzigen Person den Namen zu erfahren. Er wollte nicht zu diesen Menschen gehören die nur stumm da saßen und die Götter für ihr miserables Leben verantwortlich machten. Die Karawane kam zum stehen und um sie herum hörten sie die Menschen Laute der Erleichterung von sich geben. Als die beiden Begleiter ihre Blicke nach links richteten wussten sie warum: Die Stadtmauern der Hauptstadt waren in der Ferne zu erkennen. Sie hatten das Ziel erreicht. Die junge Frau pustete sich ihre Haare aus dem Gesicht und suchte seinen Blick. „Mein Name ist Anzu.“ Kapitel 2: Ein Bund geschaffen von den Göttern ---------------------------------------------- Ein Bund, geschaffen von den Göttern. Mit festen Schritten lief er in seinen Gemächern ungeduldig auf und ab. Er hasste es, wenn man ihn warten ließ, hasste es wenn man ihn bevormundete und vorwarf, dass er nicht wüsste was er tat. Sein ruheloser Geist gönnte sich keine Auszeit und selbst wenn er stehen blieb, war sein Körper doch stets in Bewegung. War es nun, dass er unruhig mit seinen Füßen auf der Erde herum stampfte oder er auf seinen Lippen kaute. Er hasste es einfach nichts mit sich anfangen zu können. Wütend leiteten ihn seine Füße zu seinem Balkon. Von hier aus hatte er Ausblick auf einen der schönsten Gärten jen und diesseits dieser Welt, doch nicht einmal der Duft der Blumen und das Singen der Vögel vermochten es seinen Geist milde zu stimmen. Der warme Wind wehte über sein Gesicht und er erlaubte sich, seine Augen zu schließen, doch das Bild eines Mannes gekleidet in Gold, zwang ihn dazu sie im selben Moment wieder aufzureißen. Jedes Mal wenn er zur Ruhe kam und er sich selbst genehmigte sich auszuruhen, sprang das Bild jenes Mannes in seinen Kopf und erinnerte ihn daran, dass er nicht ruhen durfte. Dass er eine Aufgabe zu erfüllen hatte. Dass es Dinge gab, die wichtiger waren, als sein eigenes Wohlbefinden. Sich von dem Garten abwendend führten ihn seine Schritte zurück in seine prachtvollen Gemächer. Sein riesiges luxuriöses Bett lag zu seiner linken und obwohl sein Körper ihn anflehte endlich nachzugeben und sich auszuruhen, konnte er seinem Flehen nicht stattgeben. Der Wahnsinn, der sich über die letzten Jahre wieder manifestiert hatte, musste beendet werden. Ein für allemal. Das Geräusch einer sich öffnenden Tür ließ ihn herumfahren, angespannt und zornig. Doch als er das Gesicht erkannte, das hinter ihr zum Vorschein kam, atmete er erleichtert auf und ein Teil seiner Spannung löste sich in Wohlgefallen auf. Vor ihm stand ein junger Mann, seine Haare glichen einem schwarzen Stern umrandet mit roten Streifen und einem goldenen Pony. Er grinste innerlich, weil die Person ihm gegenüber so gleich in Aussehen und Ausstrahlung war, aber doch so völlig anders. „Yuugi.“, sagte er erfreut und schloss seinen Besucher eifrig in die Arme. Von allen Menschen in seiner Umgebung, dessen Anblick er inzwischen zu verabscheuen gelernt hatte, würde er seines Freundes niemals überdrüssig werden. „Es tut so gut dich zu sehen.“, fügte er hinzu und spürte, dass allein die Anwesenheit dieser einen Person, seinen Geist endlich in einen Zustand der Ruhe versetzt hatte. Nur er allein war dazu in der Lage. Was ihm selbst an Ruhe und Ausgeglichenheit fehlte, egal an welcher Eigenschaft es ihm fehlte, wenn Yuugi bei ihm war, fühlte er sich endlich wie eine komplette Person. Sein Freund war sein anderes Selbst. Er fühlte wie die Arme seines Freundes sich um ihn schlossen und wusste, dass es ihm andersherum genau so erging.. „Atem. Was ist denn los mit Euch? Euer Geist ist unruhig.“ Sie lösten sich aus ihrer Umarmung und sahen sich an. Der Angesprochene legte eine Hand auf die Schulter seines anderen Selbstes und sagte lächelnd: „ Mein Geist war unruhig. Jetzt bist du hier, Bruder, nun kann ich atmen.“ Yuugi warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. „Wieso habt Ihr nicht nach mir rufen lassen?“ „Ich wusste, dass du kommen würdest, auch wenn ich nicht nach dir rufe.“ Diese Antwort schien seinen Freund zufrieden zu stellen, denn die Sorge wich aus seinem Gesicht und machte einem warmen Lächeln Platz. Zwischen ihnen herrschte eine Verbundenheit die tiefer reichte als Verwandtschaft, eine Verbundenheit die aus ihren Herzen und ihren Seelen entstanden und nun nicht mehr wegzudenken war. Ein Bund geschaffen von den Göttern. „Was hat Euren Geist, denn in Aufruhr gebracht, mein Pharao?“, fragte sein Freund während er ihn aus seinen violett schimmernden Augen musterte. Sie erinnerten ihn an die Farbe des Sonnenaufgangs, denn wann immer er in die Augen seines Partners blickte, war es als wären die Sorgen des Vortages vergessen. Dennoch zuckte er bei seinen Worten zusammen, als er den Titel hörte mit dem er ihn ansprach. Wenn er aus Yuugis Mund kam, klang es einfach völlig falsch. Es erinnerte ihn daran, dass er seine Aufgabe durch sein Fortsein in den letzten Jahren, vernachlässigt und zugelassen hatte, das sein Name dazu missbraucht worden war, Korruption und Ungerechtigkeit zu rechtfertigen. Der Zorn und die Enttäuschung über sich und seine Entscheidungen, sowie das Gefühl der Verantwortlichkeit diesen Zustand zu ändern, brachen für einen kurzen Moment wieder über ihn herein. „Bitte Yuugi, ich ertrage es nicht, wenn du mich so nennst.“, sagte er beinahe flehend und wiederholte damit den Satz, den er schon etliche Male an seinen Freund gerichtet hatte. Er spürte seinen verwirrten Blick auf sich ruhen. „Aber Ihr seid mein Pharao, Herr.“ Erneut zog sich beim Klang dieses Wortes aus seinem Mund, dass Herz des Angesprochenen zusammen. Geduldig umfasste er Yuugis Schultern und atmete tief ein bevor er sprach: „Ich bitte dich, Bruder, wenn es einen Menschen gibt, den ich nicht beherrschen will, dann bist das du. Ich hätte niemals die Kraft dir Befehle zu erteilen. Ich sehe dich als Gleichgestellten und hoffe, dass auch du mich eines Tages so sehen wirst.“ Der Blick, des Kleineren wurde traurig bei seinen Worten. Eifrig nickte er zustimmend und schlug sich selbst mit seiner flachen Hand vor die Stirn, wie um einen irrsinnigen Gedanken zu erschlagen. „Natürlich sind wir gleichgestellt, verzeih mir, Bruder, ich wollte dich durch meine Worte nicht bekümmern.“ Sie lächelten einander an. „Ich weiß.“, sagte der Pharao und ließ von ihm ab. Weitere Erklärungen waren zwischen ihnen nicht von Nöten. Atem spürte, dass die zuvor gestellte Frage noch immer im Raum hing, doch ehe er auf diese eingehen konnte, hatte sein Freund das Wort ergriffen. „Hat der Rat dir immer noch nicht erlaubt vor ihnen zu sprechen?“ Selbstverständlich wusste er schon längst, was den Pharao beschäftigte. Missmutig schüttelte er seinen Kopf. „Seit unserer Rückkehr vom Schlachtfeld, hat es niemand für nötig gehalten, sich vor mir zu rechtfertigen.“ Die Wut drohte wieder von ihm Besitz zu ergreifen. „Du bist der Pharao. Sie müssen deinen Ruf folgeleisten.“ „Nun Yuugi, aber es tut niemand. Unsere Truppen sind vor drei Tagen von der Front zurückgekehrt und ich bereue beinahe, dass ich mich ihnen vor drei Jahren angeschlossen habe. In der Zeit in der ich Fort war, ist die Zivilisation, die mein Vater vor mir errichtet hat zugrunde gegangen. Mein Volk wird aus seinen Familien gerissen um Denkmäler für mich zu errichten, die ich nie und nimmer in Auftrag gegeben habe, in meinem Namen werden unzählige von ihnen geknechtet und in Erdlöchern verschanzt wenn sie sterben. Mein Name wird inzwischen wie ein Schimpfwort verwendet und liegt wie ein Fluch über mir. Ich dachte, dass ich mich damals richtig entschieden habe, dass ich eine Entscheidung im Sinne meines Volkes getroffen habe, eine Entscheidung, die mein Vater gut geheißen hätte, doch nun, sucht er mich in meinen Träumen heim, wie ein Mahnmal um mir vor Augen zu führen, dass ich auf ganzer Linie versagt habe.“ Die Wut packte den jungen Mann und er ergriff eine der unbezahlbaren Vasen, die in seinen Gemächern Platz gefunden hatten und schmiss sie an die gegenüber liegende Wand. Der Zorn drohte ihn zu übermannen, als er wieder einmal, dass Gesicht seines Vaters vor seinem inneren Auge sah. Er hatte ihn enttäuscht, auf ganzer Linie versagt und würde niemals die Gelegenheit bekommen ihn im Jenseits wieder zu sehen, da die Götter ihn für nicht würdig erachten würden. Nicht einmal er erachtete sich als würdig. Ein Nebel der Trauer und der Verzweiflung legte sich um ihn und begann ihm langsam die Kehle zuzuschnüren. Er kniete sich hin, aus Angst seine zitternden Knie würden ihn nicht mehr halten können. Sanfte Hände fanden sein Gesicht und ehe er sich versah, blickte er in den Sonnenaufgang. Er konnte Yuugis Stimme durch den Nebel um ihn herum nicht hören und doch fanden die Worte seines Freundes einen Weg in sein Herz. „Du bist vor drei Jahren mit uns in den Krieg gezogen, weil du deinem Volk das Versprechen gegeben hast, es zu beschützen und es am Leben zu erhalten. Durch deine Kriegsführung haben wir unseren Feind zurückgeschlagen und das Fortbestehen unserer Lande gesichert, Atem. Du hast alles getan, was in deiner Macht stand und das in Anbetracht der Tatsache, dass du erst 16 Jahre alt warst und den Tod deines geliebten Vaters, unseres geliebten Pharaos, zu betrauern hattest. Ich gebe dir Recht, dass in dieser Zeit, das Land gelitten hat, weil es den Falschen anvertraut wurde, aber wie hättest du das wissen können?“ Sein Blick und sein Gesicht waren leer als er erwiderte: „Ich hätte es wissen müssen. Ich bin ihr König, ihr Beschützer, ich hätte es wissen müssen.“ „Hör mir zu.“, sprach sein Freund weiter, „Ich habe auch nichts dergleichen vermutet. Diese Männer haben bereits deinem Vater gedient und wie du, dachte ich, dass sie sein Erbe forttragen würden. Aber es gibt böse Seelen auf dieser Welt. Du hast die Feinde vor unseren Toren vernichtet, siegreich geschlagen, nun ist es an der Zeit sich um die Feinde innerhalb unserer Tore zu kümmern. Du bist gerade erst am Anfang deiner Regentschaft und vermutlich hast du auch noch einen harten und steinigen Weg vor dir, aber du wirst die Liebe deines Volkes finden und den Stolz deines Vaters.“ Der Nebel lichtete sich. Atem fand sich in der Realität wieder. Sein Blick wurde wacher und der Zorn verwandelte sich in Entschlossenheit. „Du stehst nicht allein.“, ergänzte Yuugi sanft. Die Worte seines Freundes wirkten wie ein Zauberspruch auf seine Sinne und er fühlte wie sein Zweifel weggespült wurde, neue Kraft begann durch seinen Körper zu fließen. Dankbar legte er eine Hand in den Nacken seines Freundes und presste seine Stirn gegen die seine. Gemeinsam erhoben sie sich und wussten, dass die Zeit des Kämpfens noch nicht vorüber war, dass der eigentliche Kampf erst begonnen hatte. Der junge Paharo wusste nun welchen Weg er zu gehen hatte und die Entschlossenheit in seinem Geist würde durch nichts und niemanden gebändigt werden können. Er ließ seinen Blick ein letztes Mal auf seinen Freund gleiten und war sich sicher: Solange dieser Mann an seiner Seite stand, würde es gelingen. Kapitel 3: Auktion ------------------ Auktion Demütigend. Anders als das, war ihre Situation nicht zu beschreiben. Hintereinander aufgestellt um auf das Podest geführt zu werden um an den Meistbietenden verkauft zu werden wie ein Möbelstück. Anzu suchte den Blick des jungen Mannes, den sie auf dem Weg durch die Wüste und den Sklavenmarkt kennengelernt hatte. Die beiden kannten sich zwar erst, seit wenigen Tagen, aber dennoch, er war der Einzige Vertraute, den sie hatte und desweiteren, schien er das Regime und den Pharao beinahe genau so sehr zu verachten wie sie. Seine Gesichtszüge waren angespannt, sein Kiefer offensichtlich aufeinander gepresst und eine Ader pulsierte auf seiner Stirn. Das war untypisch für ihn. Für gewöhnlich hüllte er sich in einen Mantel der Gleichgültigkeit, oder vielleicht war ihm für gewöhnlich auch einfach alles gleichgültig. Nur nicht heute. Nicht an dem Tag, an dem sie beide auf das modrige Podest geführt werden würden um zu erfahren, wohin sie ihre Reise über diesen Punkt hinaus verschlagen würden. „Ich bezweifle, dass wir uns nach heute wiedersehen werden.“, sagte er und nahm ihr damit die Worte aus dem Mund. „Nein…“, stimmte sie ihm zu. Der Gedanke versetzte sie in Unmut. Auch wenn sie einander quasi völlig fremd waren, so war er doch der Einzige Freund den sie hatte. Auf dem harten Weg, den sie zurück gelegt hatten, hatte Bakura es sogar geschafft sie das ein oder andere Mal zum Lachen zu bringen. Außerdem interessierte er sie. In einigen Momenten erwischte sie sich dabei, wie sie ihn beobachtete. Nicht etwa, weil sie begann romantische Gefühle für ihn zu entwickeln, sondern vielmehr weil er ihr manchmal Angst einjagte. Manchmal, wenn sie ihm ins Gesicht blickte erwischte sie ihn mit einem Ausdruck des puren Hasses auf seinen Zügen, dann grinste er bösartig, als ob ihm jemand einen grausamen Witz erzählt hatte. Es interessierte sie, woher sein ausgeprägtes Minenspiel rührte oder wie er zu der Person geworden war, die ihr ein ums andere Mal einen kalten Schauer den Rücken hinunter gejagt hatte. Eine Hand auf ihrer Schulter, riss sie aus ihren Gedanken und Anzu bemerkte, dass er nach dem letzten Sklaven auf dem Podest an der Reihe sein würde. „Es war mir eine außerordentliche Freude dich kennenzulernen, Mädchen.“, erklärte er. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen und amüsierte sich als er das Feuer in ihren Augen auf sein Sticheln antwortete sah. Sie hasste es, wenn er sie Mädchen nannte. „Das gebe ich gerne zurück, Kerl.“, antwortete sie provozierend. Es war nicht der Abschied, den sie sich erwartet hatte, aber es schien passend und ihrer Beziehung ein angemessenes Lebewohl zu sein. Auch wusste sie nicht, WAS für eine Art von letzten Worten sie sich erwartet hatte. Bakura richtete seinen Blick auf das Podest, dass über seine Zukunft entscheiden würde und machte einen großen Schritt darauf zu. Er hatte den ganzen Weg hier her keine Angst gezeigt und würde es auch jetzt nicht tun. Seine Knie zitterten und er blieb einen Moment stehen um die Erregung in seinem Inneren zu beruhigen. An seinem Sklavenhalsband wurde tüchtig gerissen und er fiel vorne herüber auf das Podest, um von den Schaulustigen ausgelacht zu werden. Er fing sich auf seinen Händen ab, ehe er eine noch größere Lachfigur aus sich machen konnte und richtete sich wieder auf. Er sandte der lachenden Menge einen bösartigen Blick zu und einige von ihnen verstummten unsicher. Die vielen Augenpaare musterten ihn. Einige neugierig, andere interessiert. Er meinte sogar einen wollüstigen Blick seinen Körper herunter wandern zu spüren, tat diesen Gedanken aber mit einem Kopfschütteln ab. „Hier haben wir ein sehr schönes Exemplar.“, begann der Marktschreier. „ Sein Name ist Bakura und wie man sehen kann, hat sich dieser Sklave sein ganzes Leben über mit harter körperlicher Arbeit befasst. Gut geeignet wäre er um bei dem Bau der Pyramiden zu helfen, oder auf einem Bauernhof die schweren Milchkannen zu tragen. Den Damen unter ihnen, sollte aufgefallen sein, dass er auch als Lustknabe durchaus seinen Dienste erfüllen sollte…“ Der braungebrannte Marktschreier fuhr damit fort Werbung für ihn zu machen und seine zahlreichen Einsatzmöglichkeiten zu erörtern und Bakura musste an sich halten um nicht laut loszulachen. Wenn auch nur einer seiner möglichen Käufer wüsste, warum er hier auf diesem „Viehmarkt“ zum Verkauf angeboten wurde, würden sie ihre Goldbesetzten Häupter von ihm wenden um die Flucht zu ergreifen. Der Weg den er hinter sich hatte führte nämlich über einige Leichen. Er wusste, dass er seinen Weg finden würde, dass er keine Angst zu haben brauchte, gebrochen zu werden, denn sein Geist war stark und das Verlangen nach Gerechtigkeit, oder vor allem Rache, trieb ihn an weiter zu machen. Sein Sorgenvoller Blick suchte den des jungen Mädchens hinter sich. Sie würde nach ihm an der Reihe sein und bei ihr war er sich nicht sicher, ob sie es in dieser Welt lange überleben würde. Der weißhaarige junge Mann schüttelte seinen Kopf. Wieso machte er sich Sorgen um sie? Was scherte es ihn, was aus ihr wurde. Das Mädchen war nach heute nicht mehr sein Problem und doch erwischte er sich dabei, wie er ihr alles Gute wünschte. Vielleicht war es, weil er in ihr eine Verbündete in dem Hass gegen den Pharao gefunden hatte, vielleicht war es, weil sie keine Angst hatte ihren Mund aufzumachen, wenn jemand ungerecht behandelt wurde. Vielleicht war es auch einfach nur, weil sie ihn an ein kleines Mädchen erinnerte, dass er von früher kannte und das er nicht hatte retten können, als die Truppen des Pharaos über ihr Dorf hergefallen waren und jeden einzelnen getötet hatten. Die erste Hand in der Menge hob sich nach oben und Bakura musterte den Mann, zudem sie gehörte. Schwarze Haare, auf denen ein prachtvolles Diadem saß. Desweiteren trug er viele Ringe an seiner fleischigen Hand und seine Figur bedeutete ihm, dass er aus einem wohlhabenden Haus zu stammen schien. Der Fettsack ist auf der Suche nach jemanden, der ihm die Scheiße vom Arsch wischt., dachte der Sklave bei sich. Unwohlsein veranlasste seinen Magen dazu sich schmerzhaft zu verdrehen. Eher würde er sich an den Pyramiden zu Tode schuften, als diesem aufgeblasenen Typen seine Wünsche zu erfüllen. Eine zweite Hand folgte der des fetten Landesherren. „10 Goldstücke!“, rief er und überbot damit seinen Vorgänger um das Doppelte. Die Hände der Pyramidenbauer die sich gerade ein Stück in die Luft erhoben hatten, sanken auf einen Schlag wieder ab. Niemals würde einer von ihnen 10 Goldstücke oder mehr für einen Sklaven bezahlen, der letztendlich doch nur Teil der Wüste , oder Fraß für die Kojoten werden würde. Bakura hörte Anzu hinter sich in Erleichterung aufatmen und auch er freute sich für einen kleinen Moment, bis er den Mann musterte, der so viel auf ihn geboten hatte. Hinter ihm standen bereits andere Sklaven aneinander gekettet und sie alle waren entkleidet worden. Auch die Wachen, die mit ihm auf dem Markt erschienen waren, trugen alle nichts außer dem Notwendigsten um ihre Männlichkeiten zu verdecken. Die Erkenntnis traf ihn wie einen Blitz. Dem Mann, der das bis jetzt höchste Angebot für ihn getätigt hatte, war ein Harem handhabend. Der Knoten in seinem Magen begann sich zuzuziehen. Niemals würde er sich die Blöße geben in einem Harem sein Sein zu fristen. Eher würde er sich selbst in die tiefsten Abgründe der Unterwelt stürzen und das Risiko eingehen vom Ammit gefressen zu werden. Als würde er seinen Körper verkaufen wie eine billige Straßendirne. In Anbetracht seiner Situation schalt er sich über jenen letzten Gedanken. Wenn alle Dirnen über diesen Sklavenmarkt zu ihren Tätigkeiten gekommen waren, musste er Nachsicht ihnen gegenüber walten lassen. Andererseits, welche Wahl hatte er schon? Außer dem Tod. Dieser schien ihm nun wie ein alter Freund zuzuwinken, ihn einladend sich ihm anzuschließen. Gerade als er von dem Podest springen und damit sein Todesurteil unterschreiben wollte, riss jemand zu seiner Linken seine Hand in die Höhe. „15 Goldstücke!“ Bakuras Blick richtete sich auf den blonden, jungen Mann, der sein Retter zu sein schien. Er verhüllte sein Gesicht unter einer Kapuze, doch es war unschwer zu erkennen, dass er in seinem eigenen Alter war. Die braune Haut, die in Form seiner Arme zur Schau kam, sah unberührt aus, beinahe Makellos und unter dem Schatten, der sein Gesicht vor der Menge verbarg, die ihn erschüttert anstarrte, funkelten blaue Augen hervor. Auch der Marktschreier hielt inne und begutachtete die Farbe seines Umhanges. Es war ein violettfarbender Seidenumhang auf dem das Wappen des Pharaos eingestickt war. Kein Zweifel, der Bieter gehörte definitiv zu dem alten Clan der Grabwächter. „M- Meister Ishtar…“, richtete er seine Worte an ihn. Ishtar…, schoss es Bakura durch den Kopf. Er kannte jenen Namen. „Was sagt ihr? 15 Goldstücke und wir beenden das Durcheinander um den jungen Mann?“, fragte der mysteriöse Mann, während er seine Hand zurück an seine Seite sinken ließ. Eifrig nickte der Marktschreier. Er hatte ohnehin schon mehr für diesen weißhaarigen Mistkerl bekommen, als er erwartet hatte und jetzt wurde ihm auch noch die Ehre zu Teil einen Sklaven an eine der angesehensten Familien Ägyptens zu verkaufen, nicht weit unter der Familie des Pharaos. „Aber natürlich Herr! Wir sind uns einig.“, rief er erfreut. Der Grabwächter bahnte sich einen Weg durch die vor Staunen verstummte Menge. Demütig wichen sie vor ihm zurück, bis er den Weg zu dem Podest gefunden hatte und die Treppe hinaufstieg um seinen frisch erworbenen Sklaven in Empfang zu nehmen. Er baute sich vor Bakura auf, der einen Kloß in seinem Hals bekam, als er in das schöne Antlitz des jungen Mannes blickte. Seine Augen waren so tief und geheimnisvoll wie das Meer und auf seinen Lippen zeichnete sich der kleinste Hauch eines Lächelns ab, das seinen Geist leerte. Er erwischte sich dabei, wie sein Mund sich in Staunen öffnete und das Herz in seiner Brust seinen Schlag beschleunigte. Wie war es möglich, dass etwas so wunderschönes im Dienste eines Monsters stand. Das Zeichen des Pharaos auf seiner Kleidung hatte ihn zu dieser Vermutung bewegt. Die Neugier gewann Überhand und er fand sich beinahe ungeduldig auf den Moment wartend, indem er mehr über seinen neuen „Herrn“ erfahren würde. Der junge Mann überreichte dem Verkäufer die 15 versprochenen Goldstücke und beugte sich zu Bakura hinunter. Er strich seine Kapuze aus dem Gesicht und durch die Menge ging ein Raunen. Er dachte wie er den Namen „Marik“ ein ums andere Mal vernahm. Bakura spürte wie sein Kinn gepackt und sein Kopf von einer auf die andere Seite gedreht wurde, der Blick des Schönen unbekannten weitergehend auf sich ruhend. „Wie ist dein Name, Bursche?“, fragte er. Seine Stimme war wie das Grollen eines Sandsturmes, genauso mächtig, genauso angsteinflößend aber doch so unglaublich imposant und atemberaubend zu hören. Er musste sich räuspern, ehe er auch nur einen Laut aus seiner Verstopften Kehle hinausbrachte. „Ba- Bakura.“, antwortete er und ärgerte sich. Hatte sein Käufer, sein neuer „Meister“ seinen Namen nicht bereits am Anfang des Verkaufsgespräches mitbekommen? Warum musste er ihn also noch einmal fragen? „Gut. Also kannst du reden und du kennst deinen Namen. Das ist von Vorteil.“, brachte ihm der blonde Mann entgegen und lächelte dabei Schadenfroh. Mit einer Geste bedeutete er ihm aufzustehen, doch bevor er sein Halsband zu fassen bekam um ihn von dem Podest in sein neues „Heim“ zu führen, tat der Kluftenträger etwas gänzlich unerwartetes: Er zog ein Messer und schnitt ihm sein Sklavenhalsband ab. Alle Augenpaare waren nun auf sie beide gerichtet. Bakura riss seine Augen in Unglauben auf und wich einen Schritt von dem Mann zurück. Verwirrt suchte er Anzu´s Blick. Doch auch sie konnte sich keinen Reim auf das machen, was gerade geschehen war. Sie starrte fassungslos vom panischen Gesicht ihres Freundes, in das lächelnde Gesicht des jungen Mannes, den die Situation offensichtlich zu amüsieren schien. Seine Hand fand Bakuras Arm. „Hab keine Sorge, Bursche. Da wo wir beide hingehen, wirst du das Slavenband nicht benötigen, weil du nicht in meinem Dienst stehen wirst, sondern im Dienst der Götter.“ Er wandte sich an die empörte Menge. „Hat jemand ein Problem mit der Art und Weise, wie ich diesen Mann behandle, den ich so eben rechtskräftig erworben habe? Wenn dem so ist, bitte kommt in unseren Familientempel und richtet Eure Beschwerden an meine Schwester.“ Das Starren der Menge verflüchtigte sich, als jeder den Blick abwandte um ihn in eine der Himmelsrichtungen zu richten. Niemand wollte dabei erwischt werden, wie er die Ehre der Ishtar- Familie in Frage stellte. Zufrieden nickte der blonde Mann und richtete das Wort wieder an Bakura. „Komm jetzt Bursche.“ Geistesabwesend folgte er seinem Geheiß. Gerade als sie zusammen das Podest verlassen wollten, richtete der Marktschreier sein Wort noch einmal an den Grabwächter. „V- Verzeiht Herr, doch ich muss wissen, welchen Namen ich auf die Liste setzen soll.“ Der Mann vor Bakura wandte sich nicht einmal um während er auf die Frage des Verkäufers antwortete. „Marik.“, erklärte er und bestätigte damit das vorherige Rumoren des Pöbels. Der junge Sklave drehte sich ein letztes Mal in die Richtung seiner Freundin und flüsterte ihr: Gib auf dich Acht zu. Er war nicht sicher, ob sie verstanden hatte, was er sagte, doch als sie wenig später nickte und ihrerseits etwas erwiderte, drehte er ihr den Rücken zu und schritt mit seinem Meister den Weg zu seinem neuen Heim entlang. Anzu sah den beiden Männern hinterher. Sie hoffte Bakura hatte verstanden, dass auch sie ihm Glück wünschte und ihn ermahnt hatte, auf sich aufzupassen. Während sie den Weg auf den Verkaufspodest erklamm, sah sie sein langes weißes Haare in der Menschenmenge immer kleiner werden, bis es schließlich verschwunden war. Der einzige Freund der ihr geblieben war, war nun wie die Erinnerung an ihr früheres Leben untergegangen. Sie hob ihr Haupt und versuchte so stolz auszusehen wie sie konnte. Niemand würde es schaffen sie zu demütigen, oder zumindest nicht noch mehr als ohnehin schon. Sie würde nicht zulassen, dass das letzte bisschen Selbstrespekt, dass sie für sich selbst noch empfinden konnte, ihr genommen werden würde. Aus den Augenwinkeln, erkannte sie das Gesicht des Viehtreibers, mit dem sie auf dem Weg hierher aneinander geraten war. Er stand in der Nähe eines großen und musklulösen Mannes und drückte ihm etwas in die Hand, verborgen vor den Blicken der Menschen um sich herum, aber darauf bedacht, dass sie genau sehen konnte, was er tat. Dann suchte sein Blick ihre Augen und er grinste sie diabolisch an. Er bewegte seine Lippen und sie war sich sicher die Worte: Ich sagte doch, dass es ein Nachspiel haben wird., ablesen zu können. Obwohl die Nervosität in ihrem Herzen die Oberhand zu gewinnen versuchte, ermahnte sie sich und atmete tief durch ihre Nase ein um die Luft anschließend laut durch ihren Mund entweichen zu lassen. Egal welches Schicksal die Götter für die vorherbestimmt hatten, sie würde sich dem stellen. Außerdem, welche andere Wahl hatte sie schon. Immerhin war nicht sie die Stimme des Volkes. Bei Ra, nicht einmal die Stimme des Volkes, war die Stimme des Volkes. Die einzige Stimme die für sie alle zu zählen schien, war die Stimme des Mannes, der jenseits der großen Palastmauern auf seinem goldenen Thron saß und die Menschen unter sich beherrschte wie es ihm beliebte. Sie erhob ihren Blick in den Himmel und sandte ein Gebet an Horus hinaus, den Gott der für das warme Klima verantwortlich war, dass ihr den Schweiß auf die Stirn trieb. „Das nächste Exemplar…“, begann der Marktschreier. „…eine schöne junge Frau. Seht wie sie ihren Blick in den Himmel erhebt, wohl wissend an wen sie sich zu richten hat um den Pharao für diese Gelegenheit zu danken. Wie mir von ihrem Wärter berichtet wurde, neigt sie dazu ein wenig wild zu sein, doch das ist nichts, was man mit ein wenig Disziplin und einer Rute wieder wett machen kann. Sie spricht nicht viel, doch in ihren wachen Augen kann man erkennen, dass sie alles versteht, was um sie herum geschieht und um ehrlich zu sein, wer von uns möchte schon einen geschwätzigen Sklaven?“ Bei seinem Scherz ging ein Kichern durch die Menge. Übelkeit stieg in ihr auf. Wie konnten normale Menschen, Menschen die dieselben Emotionen und Hoffnungen teilten wie sie, nämlich ein friedliches Leben zu führen, ihre Mitmenschen nur so behandeln? Wie konnte man jemanden, der derselben Rasse entstammt nur so etwas antun? Sie kannte die Antwort auf ihre Frage: Macht. Macht war eine widerliche Wucherung die sich durch die Gebeine der Gesellschaft fraß, unaufhörlich und unersättlich voranschreitend und angetrieben durch den Wunsch des menschlichen Daseins, das Überleben. Wer mächtig war überlebte und wer überlebte konnte Teil der glorreichen Zukunft sein und sich darin vielleicht sogar einen Namen oder ein Monument errichten. Es war die menschliche Natur sich den Weg zu ihrem Ziel über den Rücken anderer Menschen zu erschleichen, anstatt gemeinsam daran zu arbeiten diese Zukunft in die Realität umzusetzen. Ein grauenvoller Scherz wie viele Leichen auf dem in die Zukunft hinterlassen wurden. „Ihr Aussehen ist von einer besonderen Schönheit und sie würde sich gut eignen als Hausmädchen, um sie anderen zu präsentieren. Vielleicht auch als kleines Geschenk für einen verehrten Gast…“, er zwinkerte mit seinem linken Augen und schlug Anzu anzüglich auf ihr Hinterteil. Sei gab einen überraschten Laut von sich und die Menge begann erneut zu lachen. Gedemütigt bemerkte sie wie ihr Gesicht rot anlief und sie versuchte die aufquellenden Tränen in Zaum zu halten, als sie ihre Augen zu ihren Füßen senkte. „Seht nur wie sie rot wird. Ich bin mir sicher, dass man dieses wilde Fohlen noch einreiten kann.“ Die Menge brüllte vor Lachen und Anzu versuchte sich so klein zu machen, wie es ihr möglich war. Sie ärgerte sich über ihre eigene Schwäche. Hatte sie doch niemanden zeigen wollen, wie nah ihr ihre Gefangenschaft ging, so hatte sie es jetzt geschafft sämtliche Blicke des Marktplatzes auf sich zu ziehen. Hilfesuchend blickte sie auf und versuchte in der Menge jemanden zu finden, der sich ihrer erbarmen würde, doch das einzige Gesicht, dass ihr ins Auge sprang war das von Akubakar, dem grausamen Viehtreiber, der ihr panisches Gesicht als Anlass nahm um sich an seiner Männlichkeit zu reiben. Angewidert schaute sie von ihm weg und fand direkt vor der Tribüne das Gesicht einer wunderschönen blonden Frau, die ihr Dekoltè provozierend zur Schau stellte. Ihr fester Blick traf den von Anzu und als ihre Augen sich fanden, schüttelte sie resolut mit dem Kopf, wie um zu sagen: Sie dich doch nur an. Du bist eine Schande! Die schöne junge Frau hob eine Hand und legte sie unter ihr eigenes Kinn, anschließend drückte sie jenes ruckartig nach oben und warf ihr einen aufmunternden Blick zu. Das braunhaarige Mädchen verstand ihre Nachricht. Wie konnte sie es wagen, sich so hängen zu lassen, hatte sie sich nicht geschworen niemals so mitleidserregend und feige zu werden, wie sie in diesem Moment gewesen war? Hatte sie nicht geschworen sich ihrem Schicksal entgegenzustellen und mit aller Macht zu versuchen, das Beste daraus zu machen? Vielleicht sogar die Chance zu bekommen, etwas für alle Menschen zu erreichen, denen es genauso ergangen war wie ihr? Sie straffte ihre Schultern und pustete sich ihre zerzausten Haare aus den Augen, dann stellte sie sich in einen Hüftbreiten Stand, fest und entschlossen und hob ihren Kopf. Sie versuchte nicht länger den Blicken der lachenden Menschen auszuweichen, vielmehr forderte sie sie heraus. Viel Spaß bei dem Versuch mich zu brechen., dachte sie störrisch. Ich werde es euch mit Sicherheit nicht leicht machen! Kurz suchten ihre Augen nach der blonden Frau, die ihr das Zeichen gegeben hatte und Fand sie stolz lächelnd in der ersten Reihe stehend, wo sie sie vor gefunden hatte. Der Arm eines Mannes hatte sich um ihre Schultern geschlungen und seine Zunge nesselte an ihrem Hals. Der Blitz traf Anzu, als sie erkannte, welchem Gewerbe die Frau nachgehen musste. „Die Lebensgeister sind wohl in sie Zurückgekehrt, wollen wir doch mal sehen, für wie lange noch.“, setzte der Verkäufer seine Werbung fort. „Wenn dieses Mädchen ihrem Zweck gedient hat, wird sie auch als nicht Jungfrau noch von Wert für das nächste Hurenhaus sein, oder, wenn sich niemand für sie interessiert, wozu warten? Ich habe viele Bordellbetreiber in unseren Reihen gesehen! So eine Hure findet ihr nicht jeden Tag. Ihre Wangen sind rosig und sie besitzt noch alle Zähne!“ Wie zum Beweis trat er an das Mädchen heran und riss ihr grob den Mund auf um seine Aussage zu bestätigen. Drauf und dran zuzubeißen um diesen widerlichen Kerl einen seiner Finger zu rauben, schallt sie sich zur Vernunft. Alle diese Menschen würden ihren Kopf sehen wollen, sollte sie sich in der Öffentlichkeit wie ein wildes Tier benehmen. Schweigen, den Kopf noch immer erhoben, ließ sie die Prozedur über sich ergehen. „Nun denn, alle Vorzüge dieses Mädchens sind zur Sprache gekommen, sie konnten sie sich lange genug ansehen. Nun lasst uns sehen, was ihr bereit seid für sie zu bieten.“ Der Tag neigte sich nun beinahe dem Ende und leuchtete auch das Ende ihrer Reise ein. Fünf Hände schossen in die Luft. Unter anderem die Hand des Mannes, neben dem Akubakar sich noch immer an dem Anblick den sie, hilflos und in Ketten gelegt, auf dem Podest abgab, vergnügte. Anzu versuchte die Stimmen um sich herum auszublenden. Sie wollte nicht wissen, wohin sie zu gehen hatte, ohnehin würde sie es früh genug erfahren müssen. Für einen kurzen letzten Moment, wollte sie sich in ihre Heimat zurück denken. An das Lächeln ihrer Mutter, wenn sie sie zärtlich aufweckte, um sie an ihre Pflichten zu erinnern. An ihren Vater, mit seinem ergrauten Haar, der sie schalt, wenn sie sich dreckig machte, ihr den Hintern versohlte, wenn sie die Ziegen freiließ, aber ihr nachts eine Geschichte vorlas, und ihre Strin küsste, damit sie sich sicher fühlte. Und das kindliche Lachen ihres kleinen Bruders, wenn er sie mit Dreck bewarf und anfing zu weinen, wenn sie sich zur Wehr setzte. Doch all das hatte nun keine Bedeutung mehr. Sie war hier und musste sich für das wappnen was ihr bevor stand. Sie verschloss die Gesichter der Menschen die sie liebte und verloren hatte in ihr Herz und vergrub sie tief im Inneren ihrer Gedanken. Dorthin wo sie nun zu gehen hatte, musste sie alleine gehen. „Verkauft!“ Die Stimme des Verkäufers riss sie aus ihren Erinnerungen. Angsterfüllt öffnete sie ihre Augen und sah sich um. Akubakar lachte ihr grausam entgegen und die Gewissheit, dass etwas Schreckliches geschehen war brannte sich den Weg in ihren Kopf. Der Mann mit dem er sich vor Beginn der Auktion unterhalten hatte, legte den Weg durch die drängelnden Massen zurück. Verzückt verzog sich seine Mine zu einem Lächeln. „Du wirst meinem Haus eine Menge Geld bringen.“, sagte er zu ihr und riss sie an ihrem Halsband mit sich. Sie schallt sich eine Närrin, weil sie keine Acht gegeben hatte, wer der Mann war und was seine Berufung war. Doch als er den Blick über ihren Körper gleiten ließ traf sie die Gewissheit. Ihr schlimmster Albtraum war in Erfüllung gegangen. So eben war sie an ein Hurenhaus verkauft worden. Kapitel 4: Bewunderung ---------------------- Bewunderung Den Wind auf der Haut spürend, verließ Yuugi seine Gemächer. Der Geruch der Wüste stieg ihm in die Nase und wie jeden Morgen sandte er ein kurzes Gebet an den Wettergott aus und flehte um Regen. Die Wasserbecken des Palastes waren beinahe ausgetrocknet und nun, da die Erntezeit kurz bevorstand, konnten sie einen Wolkenbruch durchaus gebrauchen. Sorgenfalten zeichneten sich auf seiner Stirn ab. Nicht nur, dass der Pharao sich um den Verfall seines Reiches aufgrund der politischen Mängel zu sorgen hatte, sondern jetzt auch noch um den Wirtschaftlichen. Hatten sie doch alle gedacht, dass sie nach dem Krieg in den sicheren Schoß der Heimat zurückkehrten, sah er nun in den Augen ihrer Begleiter, die Sehnsucht nach dem Schlachtfeld. Krieg schien nun leicht, das Gleichgewicht zu wahren hingegen, schwer. Seit Nächten hatte er kein Auge mehr zugetan, weil er sich den Kopf darüber zermarterte, wie es über diesen Punkt hinaus weiter gehen sollte und vor allem, wie er seinem Freund helfen könnte. Ein blonder Haarschopf fand den Weg in sein Blickfeld. Ein Lächeln stahl sich auf seine Gesichtszüge. „Jounouchi!“, rief er freudig durch den langen Gang und winkte dem Angesprochenem zu, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Offensichtlich überraschte er den Blonden mit seinem freundlichen Gruß, denn der in Eile zu Seiende bremste seinen schnellen Gang ab, stolperte dabei über seine eigenen Füße und fiel mit dem Kopf voran auf den Mamorboden des Königsplastes. Sofort eilte Yuugi an seine Seite und entschuldigte sich dabei abermals, während er den Gestürzten davon überzeugen wollte, dass dies niemals seine Absicht gewesen war. Peinlich berührt schüttelte er den Kopf, pustete sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und starrte die Hand an, die Yuugi ihm zum Aufhelfen entgegenhielt. Dankbar nahm er sie entgegen, zog sich aber nur bis auf seine Knie hinauf. Demütig beugte er sein Haupt und sprach: „Großwesir!“ Der junge Mann zuckte unter seiner lauten Stimme zusammen und geriet ins Taumeln. „Verzeiht mir meine Eile, doch ich bin auf Geheiß des Pharaos unterwegs. Er bat mich auf den Markt zu gehen um mir einen Überblick über die Sklavenmassen zu verschaffen, von denen uns bei unserer Rückkehr berichtet wurden. Desweiteren soll ich die Männer ausfindig machen, die für ihren Transport zur Verantwortung zu ziehen sind.“ Peinlich berührt, starrte Yuugi auf ihn hinab. Nach all den Jahren, die er jetzt an der Seite des Pharaos stand um ihn durch seinen Rat zu dienen, hatte er sich noch immer nicht daran gewöhnt, dass die Menschen vor ihm auf die Knie gingen. Erst Recht nicht, wenn er diese Menschen zu seinen Freunden zählte. „B-bitte! Erhebt Euch, Kriegsmeister.“, ordnete er verlegen an und hoffte, dass seine Stimme nicht so unsicher klang, wie er sich fühlte. Jounouchi stand auf und nun, da sie einander gewürdigt und begrüßt hatten, ließ er die Fassade fallen, die er vor den Anderen zu wahren hatte. Er klopfte dem Großwesir freundschaftlich auf den Rücken und lachte dabei herzlich. „Es ist eigenartig wieder hier zu sein… der Palast, die Probleme… das Alles erscheint mir so fremd. Auf dem Schlachtfeld waren wir eine Einheit und nun…“ Yuugi unterbrach ihn, bevor er seine Gedanken weiter ausführen konnte, denn es gefiel ihm nicht, in welche Richtung die Melancholie seines Freundes zu gehen schien. „Nun sind wir noch immer eine Einheit! Mehr als jemals zuvor. Nur stehen wir dieses Mal einer namens- und gesichtlosen Bedrohung gegenüber. Vielleicht sogar ganzen Vereinigungen innerhalb unserer Mauern. Wir brauchen einander mehr als jemals zuvor. Lasst die Bruderschaft die wir im Kampf geschlossen haben, nicht verblassen.“ Der blonde Kriegsführer nickte seinem Gefährten demütig zu. Scham beschattete seine Gesichtszüge. „Natürlich habt ihr Recht. Der Pharao zählt auf uns und wir werden unser Bestes geben, ihn zu unterstützen.“ Sie sahen sich an und die Erinnerungen an den Krieg keimten in ihrem Gedächtnis zu neuem Leben auf. Das Blut, die Schreie der Verletzten und der Schmerz, wenn einer der Ihren in der Schlacht sein Leben gelassen hatte. Lange Zeit sprach keiner der Beiden ein Wort. Sie wussten, was ihnen durch den Kopf ging. Das Rauschen des Windes wehte ihnen Sand um die Füße, der sie kitzelte. Die ruhige Briese besänftigte ihre Gedanken, indem er ihnen eine Melodie vorsang, die durch kein Instrument kopiert werden konnte. Er sang ein Lied von längst vergangener Zeit, ein Lied, dass sich mit der Gegenwart befasste und einen gespannt wartend über die Zukunft grübeln ließ. Jounouchi war der Erste, der seine Sprache wiederfand. „Verzeiht, wenn ich Euch nun verlassen muss, doch der Auftrag des Pharaos liegt mir auf dem Herzen und ich möchte aufbrechen um ihm schnellstmöglich Bericht zu erstatten.“ Er hob seine rechte Hand zu einem Salut und wollte sich gerade umdrehen, als Yuugis Stimme ein weiteres Mal an sein Ohr drang. „Wartet!“, rief er ihm nach. Eine Augenbraue zog sich in Jounouchis Gesicht nach oben, als er sich verwirrt umsah. „Was kann ich noch für Euch tun?“ „Nun Kriegsmeister, wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich Euch gerne auf den Markt begleiten.“ Jounouchis Gesicht verlor für einen Augenblick jeglichen Ausdruck. Die Bitte des Großwesirs verwirrte ihn, doch andererseits erfüllte sie ihn mit Freude. Sie hatten schon eine ganze Weile keine Zeit mehr gehabt miteinander zu reden. Zumindest nicht auf persönlicher Ebene. „Es wäre mir eine Ehre, wenn ihr mir erneut zur Seite stehen würdet.“, sagte er und senkte dabei leicht seinen Kopf und legte zwei Finger auf sein Herz. Es war eine alte Geste um jemanden seinen Respekt zu zollen. Zufrieden erwiderte Yuugi seine Wertschätzung und eilte anschließend an seine Seite. Die beiden schritten durch den prachtvollen Palast und beschauten sich die Wände dieser heiligen Hallen. Beide erinnerten sich daran, wie sie das erste Mal das Ausmaß ihrer Schönheit zu Gesicht bekommen hatten. Die Abbildungen an den Wänden erzählten die Geschichte ihrer Kultur aber vor allem die Geschichte, der Königsfamilie. Wer diese Inschriften zu lesen vermochte, würde bis in die tiefsten Geheimnisse der Pharaonen eindringen können. Yuugi lächelte bei diesem Gedanken. Für ihn waren diese Symbole eine Art Zeitreise. Eine Reise durch die tiefsten Erinnerungen der Familie seines anderen Selbst. Den Gängen und ihren süßen Versprechungen von mehr Geschichten entfliehend, hielten die beiden sich rechts und schritten durch das große Tor hinaus auf den Palasthof. Hier fanden sie zwei Dutzend Wachen stehen, die mit ihren Speeren bewaffnet in Reih und Glied standen um ihre Befehle entgegen zu nehmen. Wenn sie auf einen verbalen Befehl gewartet hatten, wurden sie enttäuscht, da der Kriegsführer lediglich durch ihre Reihen hindurch marschierte und ihnen ein stummes Handsignal gab. Bewundernd verfolgte Yuugi die abrupten Bewegungen der Wachen. Keine von ihnen verpasste das kaum zu bemerkende Signal, sie alle setzten sich in Bewegung. Jounouchi wurde von jedem seiner Männer respektiert und erneut wurde dem Großwesir klar, dass der Pharao vor langer Zeit die richtige Entscheidung getroffen hatte, diesen Mann in seine Reihen auf zu nehmen. „Die Männer verehren Euch.“, sprach er ihm als Kompliment aus. „So sehr wie sie Euch verehren und den Pharao.“, gab der blonde Mann zurück. „Sie wissen, wem sie verpflichtet sind und haben mir niemals Grund zum Zweifeln gegeben. Deswegen verehre ich sie, meinerseits.“, fügte er hinzu. Sie setzten ihren Weg schweigend fort. Es war ein angenehmes Schweigen. Das Schweigen zweier Menschen, die sich, für den Augenblick, nichts zu sagen hatten und dennoch zufrieden waren. Während sie die Straßen zum Marktplatz entlang gingen, nahm der Kriegsmeister ihre Konversation wieder auf. „Der Pharao…“, begann er und Yuugi spitze seine Ohren. „Er wirkt unglücklich.“ Der junge Großwesir begann zu schmunzeln. Ihm entging nicht, dass Jounouchis Aussage vor allem eine Feststellung war. Es tat gut zu wissen, dass er nicht alleine in der Sorge um sein anderes Selbst war. „Ja… Der Zustand indem wir uns befinden erfüllt ihn mit Traurigkeit. Seit Tagen hat er nichts gegessen oder angemessen geruht… Ein permanenter Druck lastet auf seiner Seele… sogar jetzt…“ Er unterbrach sich und legte seine kleine Hand auf seinen Magen. Dieses ungute Gefühl stieg in ihm auf und er wusste, dass es vom Pharao herrührte. Jounouchi betrachtete seinen Freund. Unglaube drängte sich in seinen Geist. Wieder einmal sah er sich völlig verwundert über das Band, dass die beiden miteinander teilten. Seit er den Truppen des Pharaos beigetreten war, erzählten ihm die Menschen von den unglaublichen Dingen die zwischen dem Pharao und seinem Großwesir vor sich gingen. Und niemals hätte er ihnen Glauben geschenkt, doch wenn sein Freund vor ihm stand, der Schweiß ihm ins Gesicht stieg, während er mit absolut ernster Stimme die tiefsten Gefühle des Pharaos aufzuzeigen schien, wurde er an die Wahrhaftigkeit dieser Geschichten erinnert. Er biss sich auf die Zunge, doch die Neugier in seinem Geist war größer als die Angst vor den Konsequenzen. Außerdem, mit wem redete er hier? Der Großwesir war für sein ruhiges Gemüt berühmt, dass im Verhältnis zu leidenschaftlichen Pharao einen Ausgleich zu schaffen schien. „Ich… ich möchte Euch eine Frage stellen.“, sagte er bevor es ihm überhaupt bewusst wurde. Yuugi ermutigte ihn mit einem Blick dazu seine Frage laut auszusprechen. Jounouchi schluckte deutlich hörbar und sandte ein Gebet an die Götter aus, flehte, dass seine Neugier nicht dazu führte in den Unmut des Großwesirs zu fallen. Wer den Großwesir verärgerte, verärgerte den Pharao. „Ist… ist es wahr?“, brachte er unter Aufwand hervor. Innerlich bebte er, doch er hoffte, dass seine Stimme die Festigkeit aufbrachte, die notwendig war um Yuugi zu überzeugen, dass er keine Angst hatte. Obwohl man diese Frage in alle erdenklichen Richtungen hätte deuten können, war dem jungen Mann sofort klar, wonach er gerade gefragt wurde. Es war schließlich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis jemand den Mut aufbrachte ihn danach zu fragen. Jeder wusste, dass die beiden ein Verhältnis von verwirrender Natur teilten, doch niemandem schien der Ursprung dieses Bundes geläufig zu sein. Das verwirrte die Menschen und für gewöhnlich war er froh, dass ihn niemand danach fragte, zumal es nicht klug wäre darüber zu sprechen. Viele Einzelheiten, die ihren Bund geschmiedet hatten, waren auch Werkzeuge um den Pharao zu vernichten. Doch er redete hier mit Jounouchi, Ägyptens Helden in strahlender Rüstung. Ein Mann, der sich vor seine Kameraden werfen würde, um ihnen das Leben zu retten, einen Mann, der den Pharao verehrte mit Leib und Seele und sich seinen Platz im Kreis der engsten Vertrauten des Königs von Ägypten erarbeitet und verdient hatte. Er war ein Freund. Wenn jemand eine Antwort verdient hatte, dann er. „Ihr sprecht von den Gerüchten, denen zufolge der Pharao einen Teil meiner Seele verschlungen hat?“, fragte er amüsiert. Er hatte diese Aussage bewusst ins Lächerliche gezogen, denn die Menschen die keine Ahnung hatten, jene die ihre Augen der Wahrheit verschlossen, suchten nach düsteren Erklärungen, für diese reine und heilige Sache. Verlegen kratzte sich Jounouchi am Kinn, während er seinen Blick in den Himmel gleiten ließ. Die Vögel, die ihn für gewöhnlich mit ihren lauten, kreischenden Lauten nervten, schienen plötzlich ungemein interessant zu sein. Er hatte sich so weit vorgewagt, also wollte er auch die ganze Gesichte ans Licht bringen. „Ja.“, antwortete er verlegen und vermied noch immer Augenkontakt zu seinem kleineren Begleiter. Gerade als Yuugi sich zu einer Antwort entschlossen hatte, die seinem Freund genügend Auskunft geben sollte, aber gleichzeitig sein Anderes Selbst vor der Neugier des gemeinsamen Freundes schützen sollte, wurde seine Aufmerksamkeit auf eine Szene zu seiner Rechten gezogen. Er beobachtete aus den Augenwinkeln, wie ein kleiner Junge, nicht älter als 6 Jahre, sich verzweifelt auf seine Zehenspitzen stellte und mit einer simplen Holzkelle versuchte Wasser aus einem großen Holzfass zu schöpfen. Der Durst stand dem verzweifelten Kind ins Gesicht geschrieben, denn Mann konnte ihn ächzen und jammern hören. Sein Blick war glasig und es sah so aus, als hätte er seit Tagen nichts zu trinken bekommen. Seine hellbraunen Haare klebten an seinem kleinen Kopf. Mitleid regte sich in Yuugis Magen und sein Herz verzog sich schmerzhaft, als er seinen Blick auf den Hals des Kindes richtete. Er trug ein Halsband. Wie ein wildes Tier. Der Kriegsführer, der den plötzlichen Wandel seines Begleiters bemerkt hatte, wandte sich nun ebenfalls dieser Szene zu und spuckte bei dem Anblick verächtlich auf den Boden. „Das ist es also, was den Pharao so traurig stimmt.“, sagte er wütend. „Das ist abstoßend. Wie kann jemand so etwas einem Kind antun? Wie kann jemand so etwas überhaupt jemanden antun?“, fragte Yuugi an seiner Seite verzweifelt. Der pure Unglaube war auf seinem Gesicht zu lesen, während er seinen Blick über den Platz wandern ließ, um andere mit einem solchen Halsband ausfindig zu machen. Sein Blick traf eine Gruppe junger Frauen, die sich auf dem Boden zusammen gekauert im Schatten aufhielten. Sein Blick suchte anschließend erneut den Jungen, der noch immer mit dem Wunsch kämpfte seine trockenen Lippen mit etwas Wasser zu benetzen. Ein Dröhnen in seinem Hinterkopf hielt ihn davon ab, endlich zu ihm zu gehen und ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Er spürte die Sorge des Pharaos durch seinen Körper fahren. Offensichtlich war seine Entrüstung so immens gewesen, dass er sie nicht vor ihm hatte verheimlichen können. Wenn sie es zuließen, konnten sie sogar in die Gedanken des Anderen eintauchen, doch Yuugi wollte sich jetzt nicht vor ihm rechtfertigen und erst Recht hatte er jetzt keine Zeit dazu. Denn der kleine Junge war so eben an seinem Vorhaben gescheitert und hatte bei dem Versuch, dass ganze Holzfass mit sich umgerissen. Nun saß er dort auf der Straße, völlig durchnässt und hielt sich seinen blutenden Knöchel. Doch obgleich er Schmerzen hatte, vergoss er keinen Tränen. Er sah sich lediglich ängstlich in der Gegend um. Die Frauen, die sich im Schatten befanden, hatten sich aufgerichtet. Die Blicke, die sie dem Jungen zu warfen, mitleidig und ebenso ängstlich wie er, ließen auf nichts Gutes hoffen. Zwei große Männer ließen von ihrem Treiben an einem benachbarten Stand ab und wandten sich der Szene zu. Peitschen hingen an ihren Seiten. Einer von ihnen, gekleidet in edelste Stoffe, farbenfroh wie ein Paradiesvogel und sein Haupt von oben bis unten mit Gold behangen, starrte den Jungen wütend an, während des Zweite, ein Hüne mit abgerissenen Anziehsachen und einem löchrigen Turban auf ihn zustürmte und ihm einen Schlag ins Gesicht verpasste. Ein sofortiger Hass strömte durch seinen Körper und er ließ seine Hand an seiner Seite, den Griff seines Dolches finden. Er bemerkte, wie Jounouchi neben ihm, einen Schritt nach vorne machte und wollte es ihm gleichtun, als die Szene deren Zeugen sie soeben geworden waren, eine weitere Wendung erlebte. Binnen weniger Sekunden hatte sich eine der Frauen aus dem Schatten erhoben und war an die Seite des kleinen Jungens geeilt. Sich selbst vor ihn stellend, um ihn vor weiteren Schlägen zu schützen, breitete sie die Arme vor ihm aus und baute sich mit ihrer vollen Größer vor dem Mann auf, der ihm Schaden zugefügt hatte. „Geh zur Seite.“, sagte der Mann ruhig. Man hörte wie die Luft wütend aus seiner Nase gepresst wurde. Die junge Frau straffte ihren Rücken und breitete ihre Arme noch ein Stück weiter aus. Mit festem Blick starrte sie dem Mann ins Gesicht. „Nein.“, sagte sie und die Entschlossenheit in ihrer Stimme jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er und Jounouchi drängelten sich ihren Weg in dem Kreis nach vorne, der sich um die beiden gebildet hatte. Die Schaulustigen überschlugen sich beinahe um einen besseren Blick auf das Geschehen zu bekommen. Sie versperrten Yuugi den Blick, doch er konnte das Zischen von Wind hören und ein lautes Klatschen, gefolgt von einem dumpfen Aufschlag. Als es ihm endlich wieder möglich war zu sehen, lag die junge Frau auf dem Boden und presste eine Hand gegen ihre linke Wange. Der Junge vor den sie sich gestellt hatte, war an ihre Seite geeilt und schrie sie an. „Lauf! Lauf weg. Du hast nichts falsch gemacht! Bring dich in Sicherheit bevor…“ Er wurde vom keuchenden Lachen des Mannes unterbrochen, der über ihnen stand und sich die Finger leckte. „Bevor was?“, fragte er höhnisch. „Ich sie umbringe. Sie hat ihr Todesurteil längst unterschrieben.“ Etwas in seinem Ton verriet Yuugi, dass sie sich bereits kannten. Er blickte der jungen Frau ins Gesicht, die dem kleinen Jungen etwas ins Ohr flüsterte. Ihr Gesicht sah aus, als hätte sie erst vor kurzem Schläge bekommen. Die Kruste auf ihrer dicken Lippe schien ausgerissen zu sein und ihr linkes Auge war zugeschwollen. Man konnte das blau, das hinter ihm lag, beinahe nicht mehr ausmachen. Neues Leben trug sich in der Szene zu, denn der kleine Junge sprang auf seine Beine und rannte davon und als der widerliche Mann die Verfolgung aufnehmen wollte, stellte sie sich ihm erneut in den Weg. „Du wirst ihm nichts tun.“, sagte sie und spuckte ihm Blut vor die Füße. Erneut drang das bellende Lachen des Mannes über den Marktplatz. „Was kümmert es dich, was aus ihm wird? Du solltest dir lieber um dich sorgen!“, verhöhnte er sie. Ein bitterer Ton kam über ihre Lippen. „Wenn wir aufhören uns umeinander zu kümmern, dann hören wir auf menschlich zu sein.“, sagte sie und erntete dafür bloß weiteres Gelächter. „Du lachst, du widerlicher Abschaum. Ein Feigling bist du und nichts weiter! Du hast keinen Stolz und lebst deine perversen Fantasien an den Menschen aus, die du für Schwach erachtest. Du und deinesgleichen, ihr werdet verrotten in den Tiefen der Unterwelt und Eure Seelen werden gefressen werden von dem, der die Schandflecke dieser Welt entsorgt! Und wisst Ihr, was ich tun werde? Ich werde Lachen! Ich werde es beobachten und lachen während Eure Todesschreie in meine Ohren dringen! Die Menschen werden sich erheben! Sie werden sich erheben und dieses Regime vernichten und Euch mit ihm!“ Yuugi und Jounouchi tauschten einen Blick miteinander. Niemals im Leben, hatte er eine einfache Frau so reden hören. Es beeindruckte ihn. Sie beeindruckte ihn. Die Faust, die ihr Gesicht traf, riss ihn aus seiner Anerkennung. Blut spritze in die Luft, während sie erneut zu Boden sank um von einem Tritt zwischen die Rippen getroffen zu werden. Immer und immer wieder trat der schwere Mann auf sie ein, während er den anderen, in Seide gekleideten Mann lachen hörte. Warum um alles in der Welt, stand er noch in der Gegend herum. Irgendetwas an ihr, hatte ihn in einen Bann versetzt. Er stieß die restlichen Menschen beiseite, die seinen Weg blockierten und begann aus vollem Hals zu schreien. „HALT! Im Namen des Pharaos!“ Der Mann vor ihm erstarrte und ließ von dem Mädchen ab, das in sich zusammen sank und leblos auf dem Boden zum Liegen kam. Herausfordernd, aber auch unsicher begegneten ihm die Augen des Schlägers. Yuugi spürte die Blicke der Menschen um sie herum auf sich lastend. „Wer verlangt dies?“, wurde er von seinem Begleiter gefragt, der sich offensichtlich für wichtig genug hielt, um in Erscheinung zu treten. Gerade als er seinen Mund öffnen wurde, wurde er von Jounouchi unterbrochen. „Ihr sprecht mit Yuugi Mouto, Vertreter der Krone und Großwesir des Pharaos, also zeigt etwas Respekt!“ Erschrockene Laute drangen in seine Ohren, als die Menschen um ihn herum auf die Knie sanken und ihre Köpfe senkten. Doch er hielt noch immer dem Blick des Mannes stand, der zu ihm herunter blickte. Er empfand nichts als Wut gegen diesen Mann und wieder spürte er Atems Sorge in seinem Hinterkopf. Der in Seide gekleidete Mann trat auf ihn zu und wandte das Wort an ihn. „Es ist eine außerordentliche Ehre, Euch unter uns zu wissen, Großwesir.“, sagte er in einem charmanten Ton, doch Yuugi jagte er die Abscheu durch seinen Körper. Er würdigte ihn keines Blickes. „Tretet von dem Mädchen zurück.“, wies er den Schläger kühl an. Dieser schien für einen Moment zu überlegen, ob er diesem Befehl Folge leisten würde, doch als Jounouchis Wachen den Platz stürmten, trat er eilig einige Schritte zurück. Der Mann begann unsicher zu lachen und hob beschwichtigend seine Hände über den Kopf. „Ich habe mir lediglich das Recht herausgenommen, einen Sklaven zu bestrafen, der frech zu mir war.“, sagte er rechtfertigend, als ob es das normalste auf der Welt wäre. „Ihr habt eine Frau geschlagen, die sich schützend vor einen kleinen Jungen gestellt hat.“, wiedersprach er sauer. „Sie ist meine Sklavin, Herr.“, mischte sich der zweite Mann ein. „Und ich habe kein Problem damit, dass er sie bestraft hat.“ „Eure Sklavin?“, fragte Jounouchi interessiert. Vielleicht konnte er durch diesen Mann an die Informationen gelangen, die der Pharao gewünscht hatte. „In der Tat.“, antwortete der sichtlich schwitzende Mann. „Ich habe sie heute erst in meinen Besitz gebracht. Zusammen mit den anderen dort.“ Er deutete mit seinem Finger auf die knieenden Frauen im Schatten, die er zuvor bereits wahrgenommen hatte. Yuugi ließ von den Augen des Schlägers ab und trat an Jounouchis Seite. „Also gebt ihr zu, dass ihr diese Frauen auf den Sklavenmarkt gekauft habt?“, hakte er nach und erkannte am verwirrten Blick seines Gegenübers, dass dieser keine Ahnung hatte, worauf er hinaus wollte. Unsicher nickte er mit seinem Kopf. „Und was ist mit Euch?“, fragte der Großwesir und starrte dem Schläger erneut ins Gesicht. „Was soll mit mir sein?“ „Wie ist Euer Name?“ „Akubakar…, Herr.“, den letzten Teil spie er ihm beinahe vor die Füße, doch seine Abscheu ließ Yuugi kalt. „Akubakar, in welchem Verhältnis steht ihr zu dieser Frau?“, wollte er wissen und trat an ihre Seite. Vorsichtig beugte er sich zu ihr hinunter und kontrollierte ihren Herzschlag. Für einen Moment hatte er Angst, dass er bereits zu spät war, doch dann pochte das Leben gegen seine Hand, die er zärtlich an ihren Hals gelegt hatte. Sorgsam zog er sie zu sich hoch und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Die Wut überkam ihm von Neuen, als er in ihr angeschwollenes Gesicht sah. Das Blut klebte unter ihrer getroffenen Nase und ihrer aufgeplatzten Lippe. Wie konnte es jemand wagen, etwas so unschuldig Aussehendes zu verletzen? Während Akubakar ihm antwortete zog er ein Taschentuch aus seinem Umhang und begann damit ihr Gesicht von dem Blut zu befreien. „Ich stehe in keinem Verhältnis zu ihr.“, sagte er und Yuugi hörte die Lüge aus seinem Satz, in der Sekunde die sie seine Lippen verließ. Er winkte eine Wache zu sich heran und befahl ihr, sich um das Mädchen zu kümmern, während er zu den Frauen trat, die sich im Schatten zusammenpressten und ihn ängstlich anstarrten. Beruhigend ging er vor ihnen in die Knie und hob beruhigend eine Hand, wie bei einem scheuen Tier. „Habt keine Angst vor mir.“, sprach er und lächelte ihnen aufmunternd zu. „Niemand wird euch jetzt noch wehtun. Doch ihr müsst mir die Wahrheit sagen. Kennt ihr diesen Mann?“ Die ängstlichen Mädchen tauschten unsicherer Blicke miteinander und schauten ihm immer wieder abwechselnd ins Gesicht um sich zu entscheiden, ob sie ihm trauen konnten. Jounouchi beobachtete mit Bewunderung, wie Yuugi die Frauen durch seine Art dazu brachte ihm zu vertrauen. Er hatte eine seltene, unglaubliche Wirkung auf Menschen, die Angst hatten. Schließlich ergriff eine von ihnen das Wort. „Er war einer der Männer, die uns durch die Wüste hergebracht haben, Herr.“ Dankbar ergriff Yuugi ihre Hand. „Ich danke dir, für deine Ehrlichkeit.“ Dann erhob er sich und rief einige weitere Wachen zu sich. „Schneidet diese Frauen von ihren Bändern los und sorgt dafür, dass man sie ihm nächsten Frauenhaus unterbringt.“ Anschließend richtete er seine Worte an die umstehenden Menschen. „Diese Frauen, stehen unter meinem Schutz! Jeder, der ihnen weiteren Schaden zufügt oder sie behandelt wie Sklaven, wird sich vor mir dafür verantworten müssen!“ Er ließ seine gesamte Autorität in seine Worte fließen um ihnen zu zeigen, wie ernst er es meinte, während die Wachen seinen Befehlen nach kamen und die befreiten Frauen versuchten ein Stück seiner Kleidung als Geste der Dankbarkeit zu berühren. Das Wort des Sklavenkäufers brachte ihn dazu, seinen Blick von den flüchtenden Frauen loszureißen. „Das sind meine Sklaven! Das könnt ihr nicht tun! Ich habe sie gekauft! Sie gehören in mein Hurenhaus.“ Lässig sah Jounouchi ihn an. „Nun, da Ihr…“, er richtete seinen Blick auf Akubakar, „… und Euer Freund uns in den Palast begleiten werdet, wird euer Etablissement wohl auf Kurz oder Lang geschlossen bleiben.“ Mit diesen Worten klatschte er in die Hände und sah zufrieden zu, wie die beiden Männer von seinen Wachen umzingelt und in die Mangel genommen wurden. Zwar werten sie sich zunächst, doch als der erste Speer gezogen wurde, ließen sie schnell von ihren Fluchtversuchen ab. Unter wüsten Beschimpfungen, wurden sie durch die Menge hinweg in Richtung des Palastes geführt. Zufrieden lächelte der Kriegsführer, da er der Erfüllung seines Auftrages ein ganzes Stück näher gekommen war. Freudig trat er an Yuugis Seite und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich bewundere, was Ihr getan habt.“, sagte er anerkennend, doch der Großwesir schüttelte seinen Kopf. „Das war keine außergewöhnliche Tat. Es sollte vielmehr eine normale Tat sein. Diese Menschen müssen bestraft und ihre Opfer gerettet werden.“ Seine Augen suchten das bewusstlose Mädchen, dass von einer Wache gestützt wurde, die versuchte ihm Wasser einzuflößen. „Mit der Autorität die wir haben, war es ein Leichtes sich diesem Abscheu entgegen zu stellen, doch mit dem was sie hatte, nichts außer dem Wunsch nach Gerechtigkeit, das war schwer.“ Und während er diesen Worten Gehör verschaffte, fiel er eine Entscheidung. Vielleicht war es eine verrückte Idee, vielleicht völlig zum Scheitern verurteilt, doch dass, was dieses Mädchen hatte, konnten sie im Kampf gegen die Sklaverei gebrauchen. „Bringt sie in den Palast.“, rief er der Wache zu, die über die stille Form der jungen Frau gebückt war. Dann drehte er sich zu Jounouchi, dessen Gesicht ihm eine stille Frage stellte. Doch er ignorierte es. Er würde sich früh genug für seine Entscheidung rechtfertigen müssen und in diesem Augenblick, war ihm nicht danach zu Mute. „Der Käufer sprach von einem Hurenhaus in seinem Besitz?“, fragte Yuugi seinen Begleiter. „Ja.“, bestätigte dieser. „Bitte finde heraus wo es ist, geh mit ein paar Wachen dahin und befrei die Frauen, die unter seinem Joch leben.“ Jounouchi nickte, denn obwohl sein Freund es als Bitte verpackt hatte, wusste er ganz genau, dass es sich um einen Befehl handelte. Entschlossen wählte er sich einige Männer und machte sich auf den Weg, während Yuugi den Rückweg zum Palast antrat, immer darauf bedacht, den Blick nicht von dem ohnmächtigen Mädchen zu lassen, dass sanft in den Armen der Wache ruhte. Kapitel 5: Glühen ----------------- Glühen Die Nervosität fraß an seiner Seele, wie ein hungriges Krokodil, das seine wütenden Zähne in ein todgeweihtes Beutetier schlug. Erneut fand er sich beinahe rennend vor. Die Zeit, die er sich für gewöhnlich nahm um die Schönheit des Palastes zu bestaunen, war am heutigen Tag einfach unentbehrlich für ihn. Warum reagierte er nicht? Seine Schritte wechselten von einem schnellen Gehen in ein entspanntes Laufen. Der Laufwind, wehte ihm um die Ohren und flüsterte seinen Gedanken genau die Bilder ein, die er seit Jahren in seinen schlimmsten Albträumen sah. Das langsame Laufen wurde von seinem Instinkt in ein schnelles Rennen erhöht. Warum reagierte er nicht? Der Ausgang kam ihm immer näher und obwohl er keine Ahnung hatte, wo er zuerst nach seinem anderen Selbst zu suchen hatte, schmiss er sich gegen die vergoldeten Türen und zwang sie sich zu öffnen. Die Wachen die vor ihr positioniert waren, fuhren in sich zusammen und zogen aus einem Reflex heraus ihre Waffen. Als sie aber sahen, wer gerade in Eile aus dem Palast gestürzt war, sanken sie auf ihre Knie und wandten den Blick ab. „Ph-Pharao!“, riefen sie ihm demütig entgegen. Der Angesprochene hielt inne. Sie würden ihm Auskunft geben können. Er nahm einen tiefen Atemzug und versuchte sich soweit zu beherrschen, dass die Wachen nichts von seinem Unwohlsein mitbekommen würden. Er wollte nicht, dass seine Probleme seine Untergebenen beunruhigten. Gefasst wandte er sich ihnen zu und gehieß ihnen sich zu erheben. Als die Männer sich vor ihm wieder in eine stehende Position begeben hatten, legte er ein Lächeln auf seine Lippen und legte jedem von ihnen eine Hand auf die Schulter. „Danke.“, sagte er ehrlich. „Dafür, dass ihr Tag und Nacht hier steht und die Stadt vor Angreifern beschützt.“ Die beiden Männer legten sich zwei Finger auf ihre Herzen und nahmen seinen Dank glücklich an. „Für Euch, mein Lord, würden wir selbst die Tore zur Unterwelt bewachen.“, sagte der größere von beiden und sein Gefährte stimmte ihm eifrig nickend zu. Seinerseits brachte der Pharao zwei Finger an sein Herz, die Geste zurückgebend. Ihm fiel auf, dass er diese Männer kannte. Sie hatten im Krieg unter ihm gedient und hatten beide eine Auszeichnung, für ihr Vorbildliches Handeln auf dem Schlachtfeld erhalten. Tief in sein Innerstes abtauchend, suchte er nach ihren Namen. Und er fand sie zusammen mit den ganzen Erinnerungen, die ihm noch Hoffnung schenkten. „Apis.“, sagte er während er den größeren von beiden anblickte. „Bebti.“, wandte er sich an den anderen. „Ich muss von Euch wissen, ob ihr Yuugi heute schon gesehen habt.“ Die beiden Männer sahen sich an und überlegten. „In der Tat haben wir den Großwesir heute bereits gesehen, Herr.“ Erleichtert stieß der Pharao die Luft aus seinen Lungen. Wieder versuchte er Kontakt zu Yuugi aufzunehmen, jetzt wo er wusste, dass die Wachen ihn bereits gesehen hatten, war er zumindest am Morgen noch bei Gesundheit gewesen. Das positive Gefühl hielt nur für eine kurze Zeit an, denn als Yuugi wieder nicht reagierte und er spürte wie seine Gedanken, von seinem Freund abgeschirmt wurden, begann die Verzweiflung wieder damit um Dominanz zu ringen. „Wann?“, stieß er unter Aufwand seiner Willenskraft hervor. Bebti ergriff das Wort: „Vor nicht weniger als drei Stunden, mein Lord. Er war in Begleitung des Kriegsmeisters und seinen Speeren unterwegs.“ Er nickte seinen beiden Wachen ein letztes Mal zu, drehte sich von ihnen weg und lief auf den Weg in die Stadt hinein zu. Der Palasthof war weit, deswegen hatte er eine Weile zu laufen, bevor er den Weg zu Stadt rückgelegt hätte. Er sah sich nach links und rechts um, denn die Wachen die an ihren Posten verteilt zusahen, wie ihr König völlig unbewacht in Richtung der Stadt lief, schienen langsam unruhig zu werden. Niemand wusste, was sie tun sollten, da sie niemals einen Befehl oder etwas Derartiges erhalten hatten. Auch gab der Pharao ihnen kein Zeichen mit ihm zu gehen. Dieser wollte nicht in Gesellschaft unterwegs sein, er wollte schnell durch die Menschenmassen unterwegs sein können um endlich sein anderes Selbst zu finden um sich zu versichern, dass es ihm gut ging. Gerade als die ersten Wachen Hals über Kopf ihre Positionen verließen um ihren Platz an der Seite des Pharaos einzunehmen, rissen die äußeren Mauern des Palastinnenhofes sich auf. Atem blieb stehen und starrte den Männern entgegen, die auf den Innenhof stürmten. Er erkannte die erste Kompanie der Stadtwache unter der Führung seines Kriegsmeisters Jounouchi. Ihr Wappen war auf ihren Umhängen zu erkennen. Sie liefen in einem Kreis auf den Hof ein und der Pharao erkannte, dass sie zwei Gefangene in ihrer Mitte führten. Der größere von beiden, ein gefährlich aussehender Hüne, schimpfte laut und schlug immer wieder um sich, während der kleinere, wohlhabend Aussehende so aus sah, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen. Die Wachen die ihn passierten senkten alle den Kopf und legte eilig zwei Finger an ihre Brust. „Lord.“, sagten sie, während sie an ihm vorbeiliefen und mit den Gefangenen im Inneren des Palastes verschwanden. Als nächstes kam ihm eine einzelne Wache ins Blickfeld. Auf ihrem Arm trug sie eine junge Frau. Die offensichtlich verletzt worden war. Ihre Augen waren zugeschwollen, ihre Lippe dick und blutverschmiert. Ihre braunen, kurzen Haare klebten an ihrem Kopf und ihre Glieder hingen leblos in den Armen, des Mannes, welcher scheu seinen Blick suchte, um ihn zu grüßen. „Wartet!“, rief er ihm hinterher und wie vom Blitz getroffen, hielt der junge Mann inne. Atem fand seinen Weg an ihre Seite und beäugte die junge Frau vorsichtig. Mitleid stahl sich in sein Herz, während er ihr geschundenes Gesicht betrachtete. Sie sah so friedlich aus, wie sie bewusstlos in den Armen der Wache hing. Sie bot zwar einen schlimmen Anblick, aber die Ruhe, die sie trotz ihrer Verletzungen ausstrahlte, stand hierzu im Ausgleich. Niemals hatte er jemanden gesehen, der gleichzeitig so viel Leid und doch so eine Friedlichkeit ausstrahlte. Er schüttelte den Kopf und fragte die Wache, was mit ihr geschehen war, während er eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht hinter ihr Ohr strich. „Der Großwesir und der Kriegsmeister, haben in der Stadt zwei Männer festgenommen, die sie der Sklaverei verdächtigt haben. Diese Frau war in Besitz des Hurenhausinnhabers, der Großwesir hat sie befreit.“, bekam er nervös von dem jungen Mann erklärt. „Danke für deine Auskunft, aber was ist mit ihrem Gesicht passiert? Warum sieht dieses Mädchen aus, als wäre sie in eine Tavernenprügelei verwickelt gewesen?“ Die Wache blickte auf das Mädchen hinab und dachte verzweifelt nach, was er dem Pharao sagen sollte. So nervös wie in diesem Moment war der junge Mann noch nie zuvor gewesen, deswegen blieben ihm die Worte beinahe im Mund stecken. Gerade als er dachte seine Stimme wiedergefunden zu haben, erlöste ihn jemand von seiner Pflicht, indem er die Stimme erhob. „Wie wäre es, wenn ich Euch diese Frage beantworte?“ Ruckartig, war der Blick des Pharaos in Richtung dieser Stimme gerissen worden und die Wache atmete erleichtert aus. Jetzt konnte der Großwesir die Aufgabe übernehmen. „Yuugi!“, rief der junge Herrscher glücklich und rannte ihm entgegen. Eilig presste er seine Stirn, an die des Kleineren und umfasste sein Gesicht dabei mit beiden Händen. Er stieß ihn einen Schritt von sich zurück und untersuchte sein Gesicht. „Geht es dir gut? Bist du verletzt?“, fragte er, während er den Kopf seines anderen Selbst hin und her drehte. Als Yuugi anfing zu lachen und ihn bei den Handgelenken packte, stoppte er sein Vorhaben und blickte seinem Freund ins Gesicht. Yuugi zog die Hände des Pharaos von seinem Gesicht und legte sie auf seine schmalen Schultern. Anschließend senkte er seine eigenen Hände auf die Schultern seines größeren Freundes. „Es geht mir gut. Doch Jounouchi und ich haben einiges zu berichten.“, erzählte er ihm ruhig. Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. Wütend funkelte er seinem Freund entgegen. „Warum hast du nicht geantwortet? Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich dachte, Etwas sei vorgefallen.“ Wut, über das Ausbleiben einer Auskunft seitens seines Partners, nagte an seiner Geduld. Sie wurde einzig und allein von der Erleichterung die er empfunden hatte, als er das Gesicht Yuugis erblickt hatte, gemindert. Fest verschränkten sich seine Hände in Yuugis Nacken und zwangen diesen dazu ihm tief in die Augen zu schauen. Er wollte, dass er verstand, was in ihm losgewesen war. Wollte ihm klarmachen, dass er zwar mit dem Verlust seiner Gesetzte umzugehen wusste, aber niemals Schaden in Kauf nehmen konnte, der an ihm verübt werden könnte. Also fesselte er seinen Blick, ging tief in sich und riss das Tor zu seinen Gedanken auf, in das Ausschließlich Yuugi Einlass erhielt, wenn er es zuließ. Jeder Gedanke, der ihm durch den Kopf geschossen war, jede nervöse ängstliche Bewegung, die seinen Körper an diesem Morgen passiert hatte, jedes angsterfüllte Atem anhalten, jeden nervösen Blick aus dem Fenster, das alles floss durch seine Seelenfenster hinein in Yuugis Geist. Er beobachtete, wie sein Partner qualvoll das Gesicht verzog, als er empfand, was der Pharao an jenem Tag verspürt hatte. Doch seine Augen blieben offen. Wenn er sie geschlossen hätte, wären die Erinnerungsströme abgebrochen und er hätte seine Ruhe gehabt. Doch Yuugi ließ die Augen geöffnet. Er wollte sehen, was ihm durch den Kopf gegangen war. Er wusste, dass er seinem Freund unnötig Sorgen gemacht hatte und wollte sich nicht vor dem drücken, was der Pharao versuchte ihm mitzuteilen. Als Atem schließlich seine Augen schloss um die Gedankenübertragung zu stoppen, sank Yuugi auf seine Knie und schnappte japsend nach Luft. Auch das Herz des Pharaos pochte schneller gegen seine Brust. Er setzte sich zu Yuugi hinab. „V- Verzeih.“, sagte dieser. „Ich hielt meine Gedanken von dir fern, weil ich um dein Wohlergehen fürchte. Du bist erschöpft, das sehe ich. Ich wollte in deinem Namen an ein paar Informationen kommen, damit wir endlich wissen wer unser Feind ist. Damit wir ihn bekämpfen können und du endlich wieder ruhen kannst.“ Der kleinere holte einige Male tief Luft bevor er wiederholte: „Verzeih. Ich tat es aus Liebe.“ In seinen Augen, konnte Atem erkennen, dass er die Wahrheit sprach. Er konnte nicht lange böse auf ihn sein. Alles was Yuugi tat, tat er aus seiner Liebe zu anderen, stets darum bemüht allen ihre Last abzunehmen oder sie zu heilen. Scham stahl sich auf seine Gesichtszüge, darüber seinem anderen Selbst nicht genug zugetraut hatte. Er schämte sich dafür Yuugi unterschätzt zu haben. Natürlich ging es ihm gut, immerhin war er ein geschickter Kämpfer und ein listiger Stratege. Es überraschte ihn immer wieder, wie sehr Yuugi sich entwickelt hatte, seit er ihn kannte. „Bitte verzeih auch mir. Ich war zu übervorsichtig. Ich hätte dir mehr vertrauen müssen.“ Um Yuugi von der Ehrlichkeit seiner Worte zu überzeugen, ließ er ihn ein weiteres kurzes Mal in sein Inneres blicken. Als der Moment vorüber war, lachten sich die beiden ins Gesicht und zogen sich gegenseitig nach oben. So endeten ihre Auseinandersetzungen immer. Ein letztes Mal pressten sie ihre Stirnen zusammen und wandten sich dann den Menschen zu, die sie umringt hatten und ehrfürchtig anstarrten. Furcht zerrte in ihren Blicken. Niemand konnte das, was geschehen war zuordnen. Atem entfloh ein Kichern und Yuugi tadelte ihn mit seinem Blick. „Du weißt doch, dass sie es nicht verstehen können.“, sagte er mahnend. „Ich weiß aber an diese Blicke werde ich mich niemals gewöhnen. Sie sehen uns an, als wären wir Dschinn die planen, ihren Geist zu verschlingen.“, flüsterte er zurück. Er tauschte ein letztes Lächeln mit seinem Partner und richtete seine Worte an die Umstehenden. „Ihr dürft wegtreten.“, gehieß er freundlich, wandte sich anschließend aber wieder dem jungen Mann zu, der sich mit dem bewusstlosen Mädchen zusammen, in eine kniende Position gebracht hatte. „Du nicht. Du bleibst.“ Stumm nickte der Junge und versuchte das Gewicht der Verletzten zu verlagern. Die beiden Würdenträger traten auf ihn zu und nahmen ihm die Frau aus seinen Armen. Der Pharao selbst war es, der die junge Frau auf den Boden legte, darauf bedacht ihren Oberkörper in seinen Armen ruhen zu lassen. „Was ist nur mit Euch geschehen?“, fragte er sie flüsternd und er musste schlucken, als er merkte, dass sie ihm nicht antworten würde. Ihr Gesicht ließ ihn nicht los. „Sie hat sich auf dem Markt mit einem Sklaventreiber angelegt und ist dafür übel verprügelt worden.“, beantwortete Yuugi eilig. So genau wie möglich versuchte er die Situation auf dem Marktplatz wiederzugeben, legte großen Wert darauf Atem von seinen Gefühlsregungen in dieser Zeit zu berichten, ihm verständlich zu machen, warum er handelte, wie er es getan hatte. Geduldig lauschte sein Freund seinen Erzählungen und wechselte mit seinem wachen Blick stets von der jungen Frau, auf ihn. „Also gehst du davon aus, dass sie diesen Akubakar schon kannte und uns helfen kann andere Sklaventreiber und Verkäufer zu überführen?“ Sein Gegenüber nickte, fügte aber noch hinzu: „Wenn sie rechtzeitig aufwacht.“ Ein Lächeln spielte um seine Lippen und machten den Pharao neugierig. „Was ist?“, fragte er Yuugi. Dieser schüttelte lächelnd seinen Kopf und rieb sich mit einer Hand durch sein erschöpftes Gesicht. „Du hättest sie sehen sollen, Herr. Sie stellte sich vor diesen Jungen, als wäre es ihr eigen Fleisch und Blut gewesen. Als wäre es selbstverständlich gewesen, ihr Leben für ihn zu riskieren. Sie sprach so leidenschaftlich zu ihrem Peiniger und den Menschen um uns herum, als wäre sie dazu geboren worden.“ Misstrauisch zog der Pharao eine Augenbraue nach oben. Er kannte diesen Tonfall. So klang Yuugi, wenn er ihn von etwas überzeugen wollte. „Was willst du mir sagen Yuugi?“, fragte er gerade heraus. „Dieses Mädchen ist kein gewöhnliches Straßenmädchen. Sie steht in Flammen, wenn sie sich gegen die Ungerechtigkeit stellt. Sie ist eine Kämpferin des Volkes. Genau das, was wir brauchen.“ Atems Augen hingen wieder an ihrem Gesicht, während sein Freund zu ihm sprach. Er schüttelte den Kopf. „Woher willst du das wissen, Yuugi? Du kennst sie doch überhaupt nicht.“ „Ich habe mehr gesehen als nötig war. Gib es zu, du spürst es doch auch, oder nicht?“ Unzufrieden wollte er gerade wieder mit seinem Kopf schütteln, um Yuugi endgültig davon abzuraten eine Fremde in den Palast zu bringen, als er sich dabei erwischte, wie er ihr das Blut aus dem Gesicht wischte. Da bereits über die Hälfte ihres Blutes bereits an seinem Umhang klebte, musste er diese Bewegung schon länger vollführt haben, ohne es zu realisieren. „Was..?“,zischte er verwundert und unterbrach das Geschehen. „Es ist ihre Aura. Sie strahlt so rein, dass man das Bedürfnis hat, sich ihrer anzunehmen.“, erklärte Yuugi und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Die letzte Person, die wir in unsere Reihen gelassen haben, hatte eine ähnlich starke Aura. Jeder, den wir in unser Vertrauen gezogen haben, hatte ein solches Glühen.“, fügte er hinzu. Atem schloss die Augen. Yuugi hatte recht. Er konnte sie fühlen, ihren Geist hören. Es war ein Schreien. Ein lauter Ruf nach Gerechtigkeit und die Bereitschaft alles zu geben. Er griff ihre Hand und suchte seines Großwesirs Blick. Unsicher biss er sich auf die Unterlippe. „Viele von denen, die wir zu unseren Vertrauten zählten, haben sich in meiner Abwesenheit gegen uns gestellt.“, sagte er nüchtern und wütend dachte er an den Rat, den er mit der Sicherheit seines Landes betraut hatte. „Aber niemand, den du persöhnlich rekrutiert hast.“, gab Yuugi sicher zurück. Seine Worte waren ruhig, seine Stimme fest. Er wich niemals von einer Entscheidung ab. „ Ich kann doch nicht einfach so einer Fremden meinen Palast öffnen.“, hakte der Pharao ein letztes Mal nach. Als ob sein jüngerer Freund gewusst hätte, dass er das sagen würde, packte ihn seine Hand am Oberarm und drückte kräftig zu. „Auch ich war früher ein Fremder für dich und dennoch hast du dich mir geöffnet.“, sprach er weise und verzog sein Gesicht zu einem siegreichen Lächeln. „Das ist etwas anderes.“ Yuugis Lächeln wurde breiter. „Nein ist es nicht.“, sagte er kurz und Atems Gedanken flogen davon. Plötzlich fielen ihm keinerlei Gründe mehr ein, nicht auf Yuugis Vorschlag einzugehen. Ernst wandte er sich an seinen Großwesir. „In Ordnung. Wir werden sie aufnehmen. Aber du trägst die Verantwortung für sie.“ Nachdem Yuugi sein Einverständnis bekundet hatte, überließ er das Mädchen wieder in die Hände der Wache, die sie zuvor getragen hatte. Als sie aus seinen Armen verschwunden war, fühlte er wie sein Herz für einen kurzen Moment schwer wurde und sein Körper aufschrie. Verwirrt schüttelte er seine Glieder und starrte ihrem geschundenen Gesicht hinterher, wie es durch die goldenen Palasttore verschwand. Als ihr Anblick sein Blickfeld verlassen hatte, drehte er sich zu seinem anderen Selbst und fragte ihn nach Jounouchis Verbleiben. Wie auf ein Stichwort, eilte sein blonder Haarschopf ihnen in diesem Moment entgegen. „Yuugi!“, rief er vom weiten und winkte. Als er vor ihnen zum stehen kam, beugte er ein Knie und senkte den Kopf. „Herr.“, sprach er ehrfürchtig und legte zwei Finger an sein Herz. „Kriegsmeister.“, nickte Atem ihm zu und erwiderte seinen Gruß. Jounouchi stellte sich wieder auf beide Beine und straffte seine Schultern. Er war größer als Yuugi und der Pharao, sein Schwert glänzte stolz in der ägyptischen Sonne. „Es freut mich Euch mitzuteilen, dass ich der Erfüllung meines Auftrags einen ganzen Schritt näher gekommen bin.“ Zufrieden lächelte er und kratzte sich an der Nase. „Und Euch..“, sagte er zu Yuugi, „Möchte ich sagen, dass das Hurenhaus geräumt wurde. Die Flüchtigen wurde evakuiert und unter meinem Schutz zu den Anderen geschickt.“ Dankbar nickten ihm die beiden Männer zu. „Habt Ihr bereits entschieden, was mit den beiden Gefangenen geschehen wird, mein Lord?“, fragte der Blonde seinen Herrn. Dieser sah sich nachdenklich in der Gegend um. Er wollte Antworten. Er brauchte Antworten. Das Gleichgewicht würde endlich wieder hergestellt werden müssen. Um jeden Preis. Eine Gänsehaut fuhr ihm über den Rücken und brachte ihn dazu seinen Nacken zu verrenken. „Bringt sie zum Hohepriester.“ Yuugi und Jounouchi tauschten einen Blick miteinander. Der Pharao nutzte die Kraft des Hohepriesters nur dann für sich, wenn ihm keine Wahl blieb. Das hatte mit den Arbeitsweisen dieses mächtigen Mannes zu tun. Alle Gefangenen, die ein Verhör mit ihm überstanden hatten, waren danach nicht mehr dieselben gewesen. Yuugi bekam seine Hand zu fassen. „Bist du sicher?“, fragte er, kannte die Antwort jedoch schon. Atem befahl nie etwas unüberlegt und handelte stets im Sinne dessen, was er als sicher erachtete. „Ja.“, drang seine dunkle Stimme in ihre Ohren. „Seto weiß, wie man sie zum reden bringt. Und nachdem ich gesehen habe, was sie diesem Mädchen angetan haben, wird man ihnen keine Gnade entgegenbringen.“ Sein Kriegsmeister salutierte vor ihm und nahm das Wort an sich: „Erlaubt mir, mich um ihre Eskorte zu kümmern, Herr.“ Ein Gefühl der Dankbarkeit überkam den jungen Pharao. Er befahl Jounouchi sich zu rühren und griff längs nach seinem Unterarm. „Ich würde mir nicht sicherer um die Erfüllung dieses Auftrags sein können, wenn Ihr ihn Euch annehmt.“, sagte er liebevoll. Seinerseits griff Jounouchi zu und die beiden sahen sich verbunden in die Augen. „Für niemand anderen würde ich mich so ins Zeug legen, wie für Euch.“ Er trat einen Schritt zurück, salutierte ein letztes Mal und eilte schließlich zufrieden davon. Die beiden Zurückgebliebenen sahen ihm hinterher und schwiegen ehe sich Atem seinem anderen Selbst zuwandte. „Ich glaube du hast Recht.“ Yuugi sah ihn verwirrt an, da er nicht wusste, was der Größere meinte. „Wenn das Mädchen sich nur im Entferntesten als so wertvoll erweist, wie Jounouchi…“ Er hielt einen Moment inne, ehe er diesen Satz zu Ende brachte und sah sich um. Sie Sonne trieb ihm den Schweiß ins Gesicht und er schluckte, als ihm die Trockenheit seiner Kehle auffiel. Vögel sangen und in der Ferne war dem Treiben der Stadt zu lauschen. Menschen die lachten, ihre Nachbarn fröhlich grüßten und dankbar den Göttern priesen. Aber auch das Weinen der Hoffnungslosen und Unglücklichen, fand sich in diesen Klängen wieder. „… dann haben wir diesen Kampf so gut wie gewonnen.“ Kapitel 6: Taktiken ------------------- Taktiken Die aufgehende Sonne begann gerade damit ihren Weg an den Horizont zu finden und das vor kurzem noch ruhende Land zärtlich mit ihrer Wärme wach zu küssen. Sie bahnte sich ihren Weg über die Felder, auf denen die ersten Sprösslinge sich ihrer warmen Umarmung entgegen reckten, kitzelte die Baumkronen, deren Blätter in einem saftigen Grün der Sonne ihren Dank entgegenschrieen und fand schließlich den Weg über die Häuser der Menschen, verscheuchte den Schrecken der Nacht und die Ungewissheit über die Frage, ob es noch ein Morgen geben würde. Die Vögel erwachten aus ihrem friedlichen Schlaf und begannen damit ihren Morgengruß auszusenden. Die ersten Kinder wurden wach, gespannt, was der Tag ihnen bescheren würde, hoffend und betend, dass man ihnen gnädig sein würde. Schließlich fand die Sonne auch ihren Weg in sein Zimmer. Sie kroch über den kalten Steinboden, der am Ende dieses Tages siedend heiß sein würde, züngelte sich den Weg über die kleine Truhe, die seiner wenigen Sachen handhabend war und fand sich schließlich auch auf der kleinen Matratze wieder, die ihm als Nachtgemach diente. Die sanften Strahlen kitzelten seine Wange und flüsterten ihn leise wach. Eins seiner Augen öffnete sich und er hob instinktiv eine Hand um es vor der gleißenden Sonne zu schützen. Als nächstes nahm er in seiner Morgentrunkenheit das dumpfe Gezwitscher der Vögel wahr und ehe es ihm lieb war, kehrten seine Sinne zu ihm zurück und er schreckte in seinem Bett nach oben. So endete so ziemlich jede Nacht, die er in diesem Gebäude verbracht hatte. Es waren bereits drei Tage, seit er hier aufgenommen wurde und stillschweigend versuchte, seinen Weg hinaus und in die Freiheit zu finden. Seine Träume jagten ihm, seit er sich das erste Mal nach Verlassen des Sklavenmarktes zur Ruhe gelegt hatte, tierische Angst ein. Und er hasste diesen Zustand. Er verachtete ihn, weil er niemals im Leben zuvor ein solches Unwohlsein verspürt hatte. Nach allem, was ihm zugestoßen war, hatte er nicht gedacht, dass ihm jemals etwas wieder dieses Gefühl beschaffen würde. Doch da hatten diesen Augen ihn auch noch nicht in ihren Bann gezogen. Jetzt war es soweit, dass er nachts versuchte wach zu bleiben, weil er nicht wieder in diese Welt der Illusionen eintauchen wollte, die ihm etwas vorspielten, dass er niemals zulassen würde. Hurtig streckte er seine Beine über den Rand seines Nachtlagers hinweg und berührte mit seinen nackten Füßen den kalten Boden, um den letzten Rest an Müdigkeit auf einen Schlag verschwinden zu lassen. Er zog scharf die Luft durch seine Nase ein, als seine Zehen sich unangenehm verzogen, in einem Versuch wieder in das warme Bett zu gelangen. Widerwillig setzte er sich auf und streckte seine trägen Glieder. Als er seine Arme hinter seinem Nacken verschränkte und sie nach unten zog, bei dem Versuch sie zu dehnen, gaben sie einen lauten Knacklaut von sich, die ihm die Luft aus den Lungen presste. Er fuhr sich über sein silberweißes Haare und brachte er damit, zumindest ein wenig, unter Kontrolle. Reiß dich endlich zusammen, du Weichei, zeterte die Stimme in seinem Kopf und er grummelte zustimmend. Er würde ohnehin nicht mehr lange hier sein. Er würde so schnell es ihm möglich wäre, aus diesem Haus und seinen nervenraubenden Träumen flüchten, würde das alles hinter sich lassen und davonrennen. Selbst wenn das bedeuten würde, dass er vogelfrei sein würde und somit von jedem angreifbar. Doch das war allemal besser als hier an den Rand des Wahnsinns getrieben zu werden. Er war schon früher auf der Flucht gewesen, er wusste wie er sich zu verhalten hatte und besonders was er tun musste um am Leben zu bleiben. Sein Magen knurrte laut. Bevor er sich über seine Zukunft Gedanken machen konnte, musste er etwas zu Essen zwischen die Zähne bekommen. Während er aufstand griff er sich das leichte Leinenhemd, dass ihm zum kleiden gegeben worden war und zog die Sandalen an, die neben seiner Tür standen. Verschlafen und wütend riss er die Tür auf und versuchte so missmutig auszusehen, wie es ihm möglich war, denn er wollte nicht, dass ihn jemand ansprach. Die düsteren Gänge entlang laufend, kratzte er sich am Kopf und lächelte boshaft als er die Fackeln an den Wänden wahrnahm. Das Aussehen von Feuer faszinierte ihn und brachte die Haare an seinen Armen dazu sich aufzustellen. Als er in der Bedienstetenküche ankam, griff er sich ohne ein Wort an die anderen Personen zu richten, die sich dort niedergelassen hatten, ein Stück Brot und verließ den Raum ebenso schnell wieder. „Hey Bakura!“, rief ihm jemand nach. „Der Meister sucht nach dir!“ Erschrocken blieb die Angesprochene Person stehen, antwortete jedoch nicht. Mit einem Nicken gab er zu erkennen, dass er den Hinweis wahrgenommen hatte, nahm aber seine Beine in die Hand und stürzte aus der Küche hinaus. Ein Knoten legte sich um seinen Hals und er vermied es in diesem Augenblick seine Augen zu schließen. Er wusste genau was auf ihn warten würde, wenn er sie geschlossen halten würde. Als er an die frische Luft gelangte, lehnte er sich an eine der stützenden Tempelsäulen. Das Brot sank ihm aus seiner Hand und schlug auf den Boden. Es wurde zusehends schwerer Luft zu bekommen also legte er eine Hand auf seine Brust um den angestiegenen Herzschlag zumindest in den Griff zu bekommen. Reiß dich zusammen!, schallt ihn die Stimme ein weiteres Mal. Es konnte doch nicht so schwer sein, sich zu beherrschen. Dann würde er eben ein letztes Mal zu diesem Mann gehen. Würde ein letztes Mal eine Aufgabe von ihm bekommen, bei der er ihm permanent über die Schulter schaute und versuchte ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Das letzte Mal würde er sein amüsiertes Kichern in den Ohren haben und es die ganze Nacht nicht mehr aus den Ohren kriegen. Dieses verdammte Arschloch! Wieder hatte dieser Mistkerl den Weg in seine Gedanken gefunden und Bakuras Hass auf ihn wuchs. Wenn er wieder den ganzen Tag damit verbringen müsste, diese Stimme aus seinem Kopf zu bekommen, würde er wieder nicht über seine Fluchtplänen nachdenken können. Tief einatmend, versuchte er seine Gedanken zu sortieren. Langsam hob er das Brot auf und begann es sich eilig in den Mund zu stopfen, ehe er den Weg zurück in die Tempelanlage suchte. Ein allerletztes Mal. Dann würde dieser Ort ihn nur noch von hinten sehen. Vor dem Gemach seines „Meisters“, dieses Wort passte ihm überhaupt nicht, angelangt, ballte er seine Hand zu einer Faust und schmetterte diese mehrfach gegen die Tür um auf sich aufmerksam zu machen. Er vermied es nach dem Bewohner dieses Zimmers zu rufen, denn seine Stimme würde zittern und er wusste, dass er sich dafür hassen würde. „Tritt ein!“, kam der Befehl aus dem Inneren des Gemaches. Bakura biss sich auf die Zunge, bis er Blut schmeckte und verweilte einige Momente in Bewegungslosigkeit, ehe er unruhig nach dem Türhenkel griff und sie entriegelte. Gefasst schloss er die Augen und öffnete sie erst wieder, als er wusste, dass er sich im Innenleben des Zimmers wiederfinden würde. Die Szene vor ihm traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Vor ihm stand sein Meister, in nichts außer seinen Unterkleidern und schien sich mit einem nassen Lappen gerade den Dreck von den Schultern zu reiben. Verdammte Scheiße!, schrie sein Innerstes auf, als die Röte ihm ins Gesicht schoss und sein Gaumen augenblicklich jeglichen Geschmack verlor. Hitze strahlte von seinen Wangen ab und trieb ihn beinahe in den Wahnsinn. Hastig schloss er seine Augen wieder und riss den Kopf in die andere Richtung herum. „Was ist denn los mit dir? Als hättest du noch nie einen nackten Mann gesehen.“, hörte er eine Stimme hinter sich vergnügt Kichern. Da war es wieder! Dieses widerliche Geräusch, dass seinen Magen dazu brachte sich zu einem Klumpen zusammen zu ziehen. Er schämte sich! Er war peinlich berührt! Er! Bakura! Der König der Diebe! Der hinterlistigste Grabräuber in der Geschichte der Verbrechen gegen die Krone! In all seinen Jahren auf der Straße hatte er niemals etwas anderes empfunden als Hass gegen den Pharao und Freude an seinem Handwerk. Ein Gefühl wie dieses, war ihm gänzlich fremd. Und er wünschte sich, dass es so geblieben wäre. Bakura presste seinen Kiefer zusammen und begann mit den Zähnen zu knirschen. Die Luft tief durch die Nase einatmend, versuchte er einen Satz hinaus zu bekommen. „Was-?“, begann er und musste ein weiteres Mal Luft holen, damit er den Satz flüssig beenden konnte. „- wollt Ihr von mir?“ Ein weiteres Kichern klingelte in seinen Ohren. Eine bereits bekannte Reaktion seines Besitzers, wenn er ihm nicht genug Respekt entgegen brachte. „Du bist immer so herzerwärmend fröhlich, Bakura.“, reizte er ihn. „Aber wenn du eine Antwort haben willst, wirst du mir schon in die Augen sehen müssen. Das gebietet und die Höflichkeit.“ Bakura lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Täuschte er sich, oder konnte er das arrogante Lächeln auf diesen Lippen hören? Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg, er konnte hören, wie der Mann hinter sich, fortsetzte sich zu waschen. Er wollte ihn nicht sehen. „Spuckt es aus und lasst mich ziehen!“, rief er unfreundlich über seine Schulter hinweg. Hinter ihm klang es, als würde jemand gerade einen nassen Lappen auswringen. „Bakura…“, sein Name wurde nur geflüstert und schon traf ihn der Schlag. Er bemerkte wie seine Handflächen feucht wurden und nervös begann er damit sie an seinen Kleidern abzuwischen. „W-Was?“ Verdammte Scheiße! Jetzt hatte er doch gestottert. Diese widerliche Entschuldigung eines Menschen hinter ihm, hatte ihn so weit getrieben. Die Wut stieg in ihm auf. Niemand demütigte ihn so! „Du weißt, dass ich immer meinen Willen bekomme?“, fragte die helle maskuline Stimme in seinem Rücken säuselnd. Der ehemalige Dieb verpasste sich innerlich eine Ohrfeige. Er ließ die Wut in sich glühen und fuhr einmal kräftig herum. Dieser Hexer würde ihn nicht noch einmal demütigen. Er strich sich lässig über das silberfarbende Haar und verschränkte seine Arme vor der Brust. Den Stand seiner Beine befestigte er und straffte seinen Rücken. Wenn dieser Einfallspinsel dachte, dass er ihm gegenüber buckeln würde wie ein Hund, könnte er es vergessen! Niemand zwang einen König in die Knie! Neuen Mut findend, schaffte er es sogar den Blick seines Gegenübers zu finden. Doch als seine Augen ihn trafen, schien es für einen Moment, als wäre er den Giften ausgesetzt die sie durch ihren blass violetten Schein, an eine Herbstzeitlosen erinnerten. Er schluckte kräftig, versuchte es aber beiläufig aussehen zu lassen. Unwissend ob ihm dies gelungen war, oder nicht, räusperte er sich ein letztes Mal und wiederholte seine Frage: „Was wollt Ihr von mir, Marik?“ Der Angesprochene hielt seinem Blick stand und spitzte seine Lippen amüsiert. Es schien als versuchte er, seine Gesichtszüge zu kontrollieren, denn seine Mundwinkel zuckten immer wieder kurz nach oben, als wollten sie seinen Mund in die Breite ziehen. Eine Augenbraue war bei dem Tonfall des jungen Sklaven auf seiner Stirn nach oben gerutscht. „Kann es sein, dass du noch unsympathischer bist, wenn du Auge in Auge mit jemanden sprichst?“, fragte er und ließ endlich seinen Blick wieder auf den Waschlappen fallen, der ihm in der Hand lag. Eilig presste er ihn in eine Schüssel mit kristallklarem Wasser und wrang ihn gründlich aus, ehe er ihn seinen Arm auf und abfahren ließ. Langsam, damit er auch keine schmutzige Stelle übersehen konnte. Bakura wusste, dass er auf die letzte Frage nicht antworten musste. Der Mann vor ihm testete lediglich seine Geduld, ein Spiel, dass er schon lange durchschaut hatte. Und obwohl er bereits mit den Taktiken vertraut war, die sein Gegenspieler für gewöhnlich verwendete, erwischte er sich dabei, wie sein Blick auf den Waschlappen fiel und ihm auf seiner Reinigungsaktion zuschaute. Mit einem genervten Husten, riss er sich von diesem Anblick los und straffte seine Schultern, sodass er seine Brust ein kleines Stück hinaus presste. Als würde er sich wie einen Schild verwenden. „Sagt mir endlich, mit was für einer Aufgabe ich heute gepeinigt werde.“ Sein blonder Gegenüber hielt in seiner Bewegung inne. Er war gerade dabei gewesen seine Brust zu reinigen, blickte nun aber verwirrt den jungen Mann an. „Gepeinigt?“, fragte er interessiert. Der spielerische Ton war aus seiner Stimme gewichen. „Ist dir jemand zu nahe getreten?“, fragte er und ließ den Lappen in die Schüssel sinken. „Hat dich jemand angefasst?“, hakte er nach. Der Klang seiner Stimme war nun in den Tonfall verfallen, die sie annahm, wenn er sich mit wichtigen Leuten stritt. Lauernd, bereit zum Angriff. Er wusste es, weil er seit seiner Ankunft gezwungen gewesen war, diesem Mann zu folgen und den Großteil seines Tages mit ihm zu verbringen. „Bakura.“, rief er seinen Namen. Ihre Augen trafen sich wieder und der junge Dieb schüttelte verwirrt den Kopf. „Weshalb gepeinigt?“, wiederholte Marik seine Frage fest. Das Lachen, war einem sachlichen Ton gewichen. Wieso wurde er so? Diese Stimmungsschwankungen trieben den Dieb langsam in den Wahnsinn. „Weil ich Euer Laufbursche bin und all die Aufträge erfüllen muss, für die Ihr Euch zu schade seid.“, sagte er lässig und grinste dem jungen Grabwächter seinerseits frech ins Gesicht. Sofort kehrte ein amüsierter Ausdruck in Mariks Augen zurück, doch er lächelte nicht. „Niemand hat dich angerührt?“, fragte er noch einmal nach. Der Sklave stieß ein bellendes Lachen aus und stemmte eine Hand in seine Hüfte. „Das sollte sich erst einmal jemand trauen.“, lächelte er und blies sich eine Haarsträhne aus den Augen. Bakura meinte, dass sein Gegenüber noch etwas murmelte wie „Gut.“, doch er war sich dessen nicht ganz sicher und wollte auch um keinen Preis nachfragen. Und wie als wäre ein Nebel gelichtet worden, kehrte das süffisante Lächeln auf Mariks Lippen zurück. „Dir gefällt also deine Laufburschentätigkeit nicht?“, fragte er und dieser listige Ton fand sich in seiner Stimmlage wieder. „Pff.“, stieß Bakura aus und ließ seinen Blick nun durch das Zimmer schweifen. Er versuchte überall hinzuschauen, aber nicht zu dem Mann, der es nun fortsetzte sich zu waschen. „Ich bin mir sicher, dass ich angenehmere Tätigkeiten für dich finden könnte.“, säuselte Marik über seine rosafarbenden Lippen. Da war es wieder! Dieses Lauern in seiner Stimme, dieser dunkle Ton, der den jungen Dieb dazu veranlasste seine Augen zu schließen und gegen den Drang anzukämpfen ihm ins Gesicht zu starren. Hämisch lachte er auf. Er würde diese Diskussion nicht abbrechen lassen und den Grabwächter in dem Glauben lassen gesiegt zu haben. „Und was stellt Ihr Euch vor? Soll ich statt Euch euer Mittagessen zu bringen, es jetzt auch noch für Euch kochen? Nein Danke. Das können Eure Lordschaft sich abschminken.“ Unsicher biss er sich auf die Zunge. War er jetzt zu weit gegangen? Andererseits, was scherte es ihn? Es war sowieso das letzte Mal, dass er ein solches Gespräch führen würde. Zu seiner Überraschung begann Marik herzhaft zu lachen. Dieser Klang riss seinen Kopf herum und zwang ihn dazu, seinen Gegenüber mit verwirrten Blicken zu überhäufen. Marik derweilen, begann sich den Bauch zu halten und strich sich kichernd über sein Haar. „Es ist unglaublich, wie du es mit deinem Mundwerk überhaupt lebend in die Hauptstadt geschafft hast. Du weißt, dass jeder andere dich bereits ausgepeitscht hätte für deine Dreistigkeit?“ „Ich habe keine Angst vor der Peitsche des Sklaventreibers! Nur zu!“, erwiderte er stolz und spuckte auf den Boden. Mariks Kichern hatte sich hingegen wieder gelegt und er trat einen Schritt auf Bakura zu. Erschrocken über diese Bewegung, wich dieser einen Schritt zurück und verschränkte die Arme wieder vor der Brust. „Ich habe nicht vor dich auspeitschen zu lassen, Bakura.“ Oh seine Name aus diesem Mund, klang wie ein Versprechen. „Dafür genieße ich deine Gesellschaft viel zu sehr.“ Er zwinkerte seinem jungen Sklaven zu und diesem schoss erneut die Röte in die Wangen. Verdammt, beschissener Scheißdreck!, schrie sein Inneres ihm zu. Gerade als er sich selber etwas sicherer gefühlt hatte, ging das Chaos von vorne los. Marik trat an seinen ursprünglichen Platz zurück und hielt ihm plötzlich den Lappen entgegen. „Wenn dir deine Aufgabe als mein Laufbursche nicht zugesagt hat, wie wäre es, wenn du mir den Rücken wäschst?“ Sein Körper war in Gefahr die Spannung zu verlieren und taumelte sichtbar. Hatte er sich gerade verhört? Als er das böse Grinsen auf Mariks Lippen sah und das listige Funkeln in seinen Augen, wusste er um die Wahrhaftigkeit dieser Aussage. Fassungslos begann die Stimme in ihm zu schreien. Warum hatten seine Worte eine solchen Effekt auf ihn? Jegliche Flüssigkeit in seinem Mund missend, schluckte er, doch er verspürte nur den Drang zu husten. Die Hitze auf seinen Wangen wurde unerträglich und seine Atmung hatte sich beschleunigt. Dieser verfluchte Bastard. Nervös leckte er sich über seine ausgetrockneten Lippen nur um festzustellen, dass diese Aktion völlig sinnlos bleiben würde. Die Stille in dem kleinen Raum schien auf einmal greifbar und dickflüssig zu sein. Die Sekunden zogen sich wie klebriger Brotteig hin und er stieß beinahe einen Dank an die Götter aus, als der Grabwächter erneut seinen Mund öffnete um den Bann zu brechen. „Ich will, dass du eine Nachricht an meine Schwester überbringst.“ Mariks Blick wanderte zu dem kleinen Tisch, der sich zu Bakuras Rechten befand und der Dieb folgte ihm geistesabwesend. Neben den Schreibutensilien lag eine zusammengerollte Papyrusrolle. Das Material war dünn und er konnte durch sie hindurch, die Handschrift seines Meisters erkennen. „Sie befindet sich am Grabmal des alten Pharaos.“, fügte Marik hinzu und streifte sich seine Gewänder über. Er hatte seine Waschungen abgeschlossen und zog sich nun an, um seinen Aufgaben nachzukommen. Bakura, noch immer in der Schockstarre verharrend, brachte es nicht fertig sich zu bewegen. Er war dankbar, dass der Blonde das Thema gewechselt hatte, doch kam er nicht umher sich zu fragen, aus welchen Gründen er es getan hatte. War Marik sein Unwohlsein aufgefallen? Oder war es wieder nur ein Spielzug seines Gegenübers gewesen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, musste er sich eingestehen ihn doch noch nicht gänzlich durchschaut zu haben. Marik setzte sich in Bewegung. Er ging einige Schritte auf Bakura zu, was diesen dazu brachte sich abermals zu versteifen, bog jedoch vor ihm ab und trat zu dem Tisch hinüber, auf dem die Nachricht an seine Schwester lag. Gespannt wie das Beutetier eines Raubtiers, ließ der Weißhaarige ihn bei keiner Regung aus den Augen. Innerlich schalt er sich, sich mit einem Beutetier zu vergleichen. Mariks linke Hand umfasste die Papyrusrolle grazil und streckte sie ihm auffordernd entgegen. Angespannt griff Bakura nach ihr und achtete dabei genau darauf, nicht die braungebrannte Hand, des jungen Mannes zu streifen. Als er das untere Ende der Nachricht ergriffen hatte, zog er heftig daran um sie dem Grabwächter zu entreißen. Es gelang, doch blitzschnell griff Marik mit seiner Rechten nach ihm und bekam das Handgelenk, seiner sich zurückziehenden Hand, zu greifen. Dort wo seine Finger das Fleisch berührten, wurde es siedend heiß. Es war als würde jemand seinen Arm mit einer glühenden Fessel umschließen. Erschrocken zog er scharf die Luft durch seine Nasenflügel. Panisch huschten seine Augen in das Gesicht seines Gegenübers. Wieder diese Farbe, die ihn an eine wunderschöne, gifte Pflanze erinnerte. Ernsthaftigkeit lag auf Mariks Gesicht, als er seine Stimme erhob. „Es ist von allergrößter Bedeutung, dass nur meine Schwester, diese Zeilen zu lesen kriegt.“ Seine Stimme klang mächtig und autoritär. Niemals zuvor, hatte Bakura diese Stimme zu hören bekommen. Sie war mächtig, wie der Donnerschlag in einer regnerischen Nacht. Wütend über sein bisheriges Zurückhalten, riss der Dieb sich los und funkelte Marik aggressiv entgegen. „Wenn es Euch so wichtig ist, überbringt ihr die Nachricht persöhnlich!“,zischte er und versuchte seinen Herzschlag zu kontrollieren. Das Brennen an seinem Handgelenk war weiterhin präsent. Binnen eines Wimpernschlags keimte ein Lächeln auf Mariks Gesichtszügen auf. „Du bist also nicht erstummt.“, stellte er zufrieden fest. Wieder einmal sprachlos schenkte Bakura ihm nur einen müden Blick. „Ich habe etwas zu erledigen und kann meine Schwester aufgrund dessen nicht selbst aufsuchen. Ich brauche jemanden, der sich schnell und unentdeckt durch eine Masse bewegen kann. Außerdem, muss es jemand sein, der wartet, bis sie mir eine Antwort verfasst hat.“ „Woher wollt Ihr wissen, dass ich so jemand bin?“, fragte der junge Sklave und hob neugierig eine Augenbraue. „Ich weiß mehr, als du ahnst.“, hauchte dieser beinahe tonlos zurück. Es klang wie eine Tatsache, nicht wie etwas, dass man zu jemanden sagte, wenn man ihn aufziehen wollte. Erschrocken riss Bakura seine Augen auf. Konnte es sein, dass Marik Bescheid wusste? Darüber wer er war? Unsicher suchte er nach den Augen des braunen Mannes. Als er sie erblickte, gab es keinen Zweifel mehr. Der Ausdruck auf Mariks Gesicht sprach Bände. Er wusste etwas. Vielleicht nicht alles, aber er wusste wer er war. Warum also, hatte er ihn noch nicht ans Messer geliefert? Als ob sein Gegenüber seinen Gedankengang mit verfolgt hatte, öffnete er wieder seinen Mund. „Hab keine Sorge. Du bist sicher.“ Diese Aussage ließ ihm übel werden und er gab sich Mühe, das zuvor verzerrte Brot in sich zu behalten. „Warum?“, presste er hervor. „Weil du noch eine Rolle zu spielen hast.“, antwortete der Blonde ernst. „Und weil ich deine Gesellschaft so genieße.“, fügte er hinzu und zwinkerte dem Dieb zu. Gänzlich verwirrt, gab Bakura auf und ließ seine Schultern hängen. Das alles ergab überhaupt keinen Sinn! Er drückte die Papyrusrolle in seiner Faust zusammen und steckte sie in seinen Gürtel. Er unternahm den Versuch, das Geschehen von sich zu lenken indem er eine Frage stellte. „Warum kann Eure Schwester nicht einfach herkommen und die Nachricht selbst lesen?“ Marik kniff verwirrt seine Augen zusammen und legte den Kopf schräg. „Weil sie eine Grabwächterin ist.“, antwortete er, als würde er den Sinn der Frage nicht verstehen. „Und?“, fragte der Dieb mürrisch nach. Er hasste es, wenn ihm jemand das Gefühl gab, nicht über alles Bescheid zu wissen. Und in Gegenwart dieses Mannes geschah das ohnehin schon zu oft. „Meine verehrte Schwester verlässt das Grabmal des verschiedenen Pharaos nicht.“, erklärte er simpel, doch beantwortete damit noch immer nicht Bakuras gestellte Frage. Der Dieb wollte gerade wieder den Mund öffnen, doch der junge Grabwächter kam ihm zuvor. Offensichtlich hatte er seine Verwirrung erkannt und nun endlich auch deuten können. „Nach dem Tod des alten Pharao hat meine Schwester ihren Platz als Beschützerin seines Grabes, angetreten. Seit nun mehr über drei Jahren, verweilt sie nun schon dort und führt uns, als einzig noch lebende Grabwächterin, in unserem Glauben. Das ist die Aufgabe, die sie von meinem Vater übernommen hat.“ Fassungslos bemerkte Bakura nicht, wie ihm die nächste Frage über die Lippen kam. „Sie verlässt das Grabmal niemals?“ „Sie hält sich stets in der Nähe auf und verbringt ihr Nächste dort, ja.“ „Warum?“ „Weil es ihre Aufgabe als Grabwächterin ist.“ „Es ist ihre Aufgabe in einem Grab zu leben?“ „Ja. Und sie wird auch in diesem Grabmal sterben und zur Ruhe gesetzt werden.“ „Wieso?“ Er wollte es nicht, doch der Dieb konnte seinen Mund nicht daran hindern all diese Fragen zu stellen. Der Schrei nach Antworten in seinem Kopf, brachte ihn dazu. „Damit ihr Geist, den ewigen Schlaf des Pharaos bewacht. Als derzeit einzige, lebende Grabwächterin, verfügt sie über große spirituelle Kraft. Der Gott der Weissagungen hält seine Hand über sie. Deswegen richten sich die Menschen auf der Suche nach Rat an sie. Wenn sie verstirbt und der derzeitige Pharao sein Leben lässt, werde ich meinen Platz in seiner letzten Ruhestätte einnehmen und mit dieser Aufgabe betraut werden.“ Still tauschten sie ein paar Blicke ehe Marik fortfuhr: „Und nach mir, wird der Nächste in unserem Clan mit dieser Aufgabe betraut werden. Mein Vater liegt bereits im Grab des vorletzten Pharaos begraben. Wir beschützen seit hunderten von Jahren die Ruhestätten der großen Könige vor Unheil.“ Bei seinem letzten Wort sah er Bakura verdächtig lange in die Augen. Sofort fühlte der Dieb sich ertappt. Er hatte schon etliche Gräber geplündert, doch noch nie das eines Pharaos. Ein Kribbeln durchfuhr ihn, wie ein bettelndes Verlangen, dass er zu unterdrücken versuchte. Seine Finger fühlten sich an, als wären sie eingeschlafen. „Würdest du nun die Freundlichkeit besitzen, meiner Schwester diese Nachricht auszuhändigen?“, fragte der blonde Mann ihn amüsiert. Mechanisch nickte Bakura mit seinem Kopf. Das schiefe Lächeln auf Mariks Gesicht brachte ihn dazu sich wieder aufzurichten. Er hatte sich genug gedemütigt für heute. Bevor er den Raum verließ, musste er den jungen Mann noch einmal in seine Schranken verweisen und ihm dieses widerliche Grinsen aus dem Gesicht vertreiben. „Woher wollt Ihr wissen, dass ich nicht einfach das Weite suche und gar nicht erst zurückkomme?“, fragte er höhnisch und lachte innerlich laut auf, bei dem Gedanken, dass dies wirklich geschehen könnte. Könnte? Würde! Es gefiel ihm nicht, dass Mariks Gesichtsausdruck sich nicht veränderte. Das Lächeln blieb auf seinen Lippen erhalten und das böse Funkeln in seinen Augen war noch immer präsent. Langsam schob der Grabwächter auf Bakura zu und schwenkte seinen Kopf dabei hypnotisierend von rechts nach links. Es war wie die tanzende Bewegung einer Kobra. Wunderschön anzusehen, doch auch so gefürchtet wie ihr Biss. Sein Atem stockte, als Marik von Vorne an ihn herantrat und zu ihm hinauf lächelte, während er den Kopf schräg legte. „Weil…“, hauchte er sinnlich über seine schmalen, zarten Lippen und stellte sich ein wenig auf die Zehenspitzen. Sein Gesicht kam entsetzlich nahe und der junge Dieb merkte, wie sein Körper erneut in eine Schockstarre fiel. Die Augen des jungen Mannes vor ihm, hielten ihn fest in ihrem Bann. Er konnte sich nicht bewegen, konnte seinen Kopf nicht abwenden, fühlte sich wie ihm Griff einer riesigen Würgeschlange. Mariks heißer Atem fuhr über die Haut seines Halses und eine Gänsehaut erwiderte den zarten Gruß. Der Grabwächter unterbrach den Augenkontakt für wenige Sekunden, als er zu Bakuras Lippen blickte, fesselte ihn aber im selben Augenblick schon wieder an Ort und Stelle. Der Blonde biss sich sinnlich auf seine Unterlippe und verzog sie dort in ein zufriedenes Lächeln. Dann hauchte er den Rest seiner Aussage in Bakuras Gesicht, sodass dieser seinen Odem auf den Lippen spürte. Unwillkürlich sog er den Geruch in sich auf. „… du nicht von hier weg kannst.“ Mit diesen Worten, war der Moment vorüber. Marik nahm einige Schritte Abstand von Bakura und schritt auf seine Tür zu. „Ich sehe dich heute Abend Bakura.“, rief er ihm zu und zwinkerte ein letztes Mal provozierend. Dann war die Tür geschlossen und der junge Dieb war allein. Sein Herz beförderte das Blut mit wildem Pochen durch seine Venen. Sein Gesicht rötete sich mit jeder verstreichende Minute um einen Farbton. Scham und Wut kochten in ihm hoch und er ballte sie Fäuste. Rammte seine Fingernägel in sein Fleisch und kümmerte sich nicht um den Schmerz den er dabei empfand. Wild schüttelte er seinen Kopf und trat frustriert an die Wand zu seiner Linken. Bastard. , schimpfte die Stimme in seinem Inneren. Sein gedrückter Blick, fiel auf die Papyrusrolle an seiner Taille. Einen Scheißdreck würde er tun und diese Rolle ausliefern. Er war Bakura! König der Diebe und kein Botenjunge, den man mit dem Versprechen auf eine warme Mahlzeit verpflichten konnte. Dieser selbstgefällige Grabwächter hatte sich über ihn lustig gemacht. Hatte ihn in Verlegenheit gebracht. Zur Unterwelt mit ihm! Er riss das dünne Material von seiner Hüfte und wollte es gerade zerreißen, als er erneut Mariks Handschrift hindurch scheinen sah. Wütend versuchte er seine Gedanken abzuschütteln, doch die Neugier in ihm übernahm die Überhand. Vorsichtig rollte er die Nachricht auf, wohl darauf bedacht sie nicht einzureißen und die Schrift nicht zu verschmieren. Er schalt sich einen Narren. Wieso gab er sich diese Mühe? Er würde die Nachricht ohnehin nicht austragen! Seine Augen huschten über die Zeilen. „Verehrte Schwester, Ich sende Euch das Versprechen auf Gemeinschaft in diesen schwierigen Zeiten. Wie erwartet, beginnt der Pharao den Kampf gegen den Verfall seines Reiches. Ich suche auf diesem Weg um Eure Erlaubnis ihn aufzusuchen. Als der zukünftige Wächter seines Grabes, ist es meine Pflicht ihm meinen Dienst anzubieten. In der Stadt geht die Geschichte herum, dass der Großwesir eine Schar weiblicher Sklaven von ihren Ketten gelöst hat und Eine von Ihnen in den Palast geholt zu haben. Die Leute berichten von der dummen Tapferkeit dieses Mädchens und von dem ausdrücklichen Befehl des Großwesirs sie mitzunehmen. Ihr wisst um die Verbundenheit zwischen dem Pharao und seinem Großwesir. Wenn er diesem Mädchen Bedeutung beimisst, so wird auch unser Herr ihr sein Vertrauen schenken. Ich muss mich davon überzeugen, dass sie keine Gefahr darstellt. Gehabt Euch wohl, verehrte Schwester und Lächelt in dem Wissen, dass ich bei Euch bin und alles tue um unser Erbe zu erfüllen. Marik“ Beim Lesen dieser Zeilen keimte ein Lächeln auf Bakuras Gesicht auf. Und auch die Erinnerung an ein Gesicht. Geschwollen und blutig. Auf diesem Weg, würde es vielleicht möglich sein, an seine Rache zu kommen. Sein Inneres kicherte verzückt und boshaft bei diesem Gedanken. Wenn er die Chance bekommen würde in den Palast zu gelangen, hatte er die Chance seinem Wunsch nach Gerechtigkeit nachzukommen. Lächelnd rollte er den Papyrus wieder zusammen und verstaute ihn erneut an seinem Gürtel. Das könnte interessant werden. Später an diesem Tag, die Sonne begann bereits unter zu gehen, fand er sich in einer dunkeln Seitengasse wieder. Sich im Schatten vor den Augen der Neugierigen versteckend, zog er die Antwort der edlen Weissagerin Ishizu von seiner Taille. Er hatten den ganzen Tag damit verbracht vor der Grabmal des ehemaligen Pharaos darauf zu warten, dass sie endlich die Zeit fand, die Nachricht ihres Bruders zu beantworten. Die Sonne hatte ihm übel zugesetzt, doch als Botengänger des Grabwächters, hatte er zumindest einen Schlauch mit Wasser erhalten um seinen Körper zu kühlen. Es hatte durchaus seine Vorzüge. Entschlossen schüttelte er diesen Gedanken ab und faltete ungeduldig die Nachricht der Seherin auf. Gierig verschlangen seine Augen die Informationen, die dieses Schreiben enthielt. „Kleiner Bruder, Dein Versprechen wird mit Freude empfangen und wertgeschätzt. Ich habe die Veränderungen im Flüstern des Landes wahrgenommen. Ich betete für den Tag, an dem unser König zurückkehrt und sich dieser Aufgabe animmt. Es erfüllt mein Herz mit Stolz, dich so leidenschaftlich mit deiner Aufgabe umgehen zu sehen. Die Schatten der Vergangenheit lichten sich, weil deine neu gefundene Entschlossenheit sie vertreibt. Du bist der geworden, der du schon immer sein solltest und niemand belächelt diese Tatsache mehr als ich. Also erlaube ich Dir, den Pharao aufzusuchen und deine Hilfe anzubieten. Denk an Alles, was ich Dir beibringen konnte, wenn du dich dieses Mädchens annimmst. Urteile nicht zu schnell. Ein Urteil gefällt aus den edelsten Gründen, kann dennoch einen großen Schatten werfen. Gib Acht auf Dich und lebe in dem Wissen, dass du geliebt wirst. Ishizu.“ Ein Plan begann in seinem Kopf Gestalt anzunehmen. Wenn er es schaffen würde Marik in den Palast zu begleiten, würde er auch einen Weg finden, mit ihr zu sprechen. Er grinste bei dem Gedanken, dass ihre Begegnung also doch einen Zweck erfüllte. Insgeheim hatte er sich allerdings doch bereits ein ums andere Mal gefragt, wie es ihr ergangen war. Aber das war absolut zweitrangig. Zufrieden rollte er die Nachricht wieder zusammen und machte sich auf den Weg zum Tempel seines Meisters. Während er die Straßen hinab lief, kam er nicht umhin an Mariks Worte zu denken. Weil du nicht von hier weg kannst. Es ärgerte ihn, dass er Recht behalten hatte, schob diesen Gedanken aber resolut von sich weg, er blieb lediglich, weil er nun einen Sinn darin gefunden hatte. Tief in seinem Inneren, völlig übertönt von seinen anderen brüllenden Emotionen, flüsterte eine leise Stimme dankbar in ihn hinein. Ein kleiner, neugieriger Teil, blickte der nächsten Begegnung freudig entgegen. Kapitel 7: Das Auge des Horus ----------------------------- Das Auge des Horus Pechschwarz. Blickdicht und schwer drückte die Dunkelheit sie zu Boden. Sie lag schwer auf ihrem Körper und hinderte sie daran sich zu bewegen. Jede Bewegung ihres Körpers wurde sofort zurückgehalten und niedergedrückt. Die Luft entwich ihren Lungen, bis sie sich schmerzhaft zusammen zogen und sich anfühlten, als würden sie zerbersten. Der Mangel an Sauerstoff führte bei ihr zu einem Hustenreflex, doch nicht einmal dem, konnte sie nachgeben. Panik begann sich in ihr auszubreiten. Verzweifelt öffnete sie ihren Mund um nach Hilfe zu schreien, doch kein Ton drang aus ihrer Kehle. Und dann begann der Traum von Neuem. Sie fand sich in mitten einer Wüste wieder. Weit und breit war niemand zu sehen. Einsam lag sie auf dem Boden und der trockene Sand kitzelte ihre Glieder. Die Sonne brannte unbarmherzig auf sie hinab, saugte ihr die Lebenskraft aus dem Leib. Es war wie ein schlechter Scherz, als sie erkannte, dass ihr lebensspendendes Licht zugleich auch bluthungrig und grausam zu sein vermochte. An dieser Stelle fanden sie zwei machthungrige Augen und sie spürte den Schmerz einer zuschlagenden Faust auf ihrem Gesicht. Die Szene wechselte und sie erwachte auf heißem Stein. Sie lag auf ihrem Rücken und spürte, wie die heiße Oberfläche sich in das Fleisch ihres Rückens brannte. Wiederholt, wurde ihr die Luft aus den Lungen gerissen, als brutale Tritte ihren Bauch traktierten. Wieder versuchte sie zu schreien, doch es war keine Luft übrig um diesem Vorhaben nachzugehen. Eine Stimme in der Ferne schrie laut auf und der Schmerz verblasste. Sie konnte nicht wachrufen, was geschrien war, doch sie erinnerte sich an diese Stimme. Etwas Reines lag in ihr, etwas, das ihr Hoffnung gegeben hatte. Ein Tumult rührte sich außerhalb ihres Wahrnehmungsbereiches und sie hörte wütende Stimmen, schreiend, flehend, letztlich sogar dankend. Der letzte Teil ihres Traumes, war lediglich ein Gefühl von Sicherheit. Nachdem sie etliche Male aufgehoben und wieder abgelegt oder um positioniert geworden war, fand sie sich in einem Gefühl von Sicherheit wieder. Sie spürte, wie ihr jemand durch das Gesicht strich und der Geruch von Blut in ihrer Nase wurde getilgt. Hatte es jemand weggewischt? Plötzlich, war dieses Gefühl vergangen und sie hörte ihren Körper aufschreien. Sie spürte, wie sie weggetragen wurde. Und an dieser Stelle, begann es wieder von vorne. Diesen Traum sah sie zum wiederholten Mal vor ihrem inneren Auge. Längst, hatte sie aufgehört mitzuzählen, doch sie konnte inzwischen jedes Detail vorausahnen. So verfiel sie nicht mehr in völlige Panik und Furcht, wenn sie sich alleine in der Wüste wiederfand und begann nicht mehr in Tränen auszubrechen, wenn sie geschlagen wurde. Inzwischen wünschte sie sich nur noch, diesen Kreislauf zu durchbrechen und endlich voran zu schreiten, wo auch immer das hinführen mochte. Konzentrier dich., befahl sie sich. Ihr Zustand würde sich nicht verbessern können, wenn sie nicht versuchte ihn zu ändern. Entschlossen konzentrierte sie sich auf ihren Körper und versuchte ihm Signale zu senden, die er in Bewegungen umwandeln würde. All ihre Willenskraft fokussierte sich auf ihre Augenlider. Wenn sie es schaffen würde sie zu öffnen, konnte sie den Kreis durchbrechen und diesen Albtraum endlich hinter sich lassen. Auf der Suche nach innerer Stärke, versuchte sie sich Erinnerungen wach zu rufen, die sie stark gemacht hatten. Der Morgen, an dem sie aus dem Schoß der Familie entrissen wurde, weil sie ihren kleinen Bruder versteckt hatte. Die Hände der Männer, die sie gefangen genommen hatten und sie aus der liebevollen Umarmung ihrer Liebsten gezerrt hatten. Sie hörte das Flüstern des verängstigten Jungen, der zu ihr hinauf blickte, während sie die Tür zu seinem Versteck schloss. „Anzu! Komm mit mir.“ Sie wusste noch, wie sie sich schwören musste stark zu sein um nicht zurückzusehen. Wenn sie es getan hätte, wäre ihre ganze Familie verdammt gewesen. So hatte sie sich abgewandt, sich ihrem Schicksal gestellt und die Stärke gefunden weiterzuleben. Die erste Nacht auf dem Schiff, das sie ihrem Ziel näher bringen sollte. Sie hörte das Weinen und Wimmern der Anderen und versuchte ihnen zu helfen. Doch sie waren verloren gewesen. Ihre Herzen hatten aufgegeben und die Hoffnung war aus ihren Blicken gewichen. Sie schwor sich insgeheim, niemals so zu werden und erkannte, dass selbst wenn sie nicht mehr an Gnade und Hoffnung glauben konnte, sie immer noch an sich selbst zu glauben vermochte. Anzu spürte wie ihre Augenlider zu zucken begannen. Sie konnte sie nun ganz genau wahrnehmen. Sie ließ ihre Erinnerungen durch ihren Geist kreisen und schließlich, drang Licht auf ihre Netzhaut. Zunächst schwach, wurde es immer wieder verdunkelt, wenn sie blinzelte, doch zunehmend, schaffte sie es immer weiter zu öffnen und schließlich auch, es geöffnet zu halten. Das einfallende Licht schmerzte und blitzartig, breitete sich dieser Schmerz aus. Er floss ihren Hals hinunter, rann durch ihre Venen, beschleunigte den Schlag ihres Herzens und kribbelte in ihren Zehen. Und dann begann sie zu schreien. Ein markerschütternder Schrei fand, nach einer so langen Zeit der Zurückhaltung, den Weg über ihre Lippen. Den eigenen Laut in den Ohren, fuhr ihr Körper auf und ihre Augen nahmen ihre Umgebung wahr. Es war ein großer Raum, mit einer verzierten Decke. Es sah aus, als stand auf ihr eine Art Geschichte geschrieben, denn sie erblickte, dass Zeichen des Horus direkt über sich. Das alles erblickende Auge des Lichtgottes. Gerade wollte sie diese Schriftzüge weiterverfolgen, als ihr jemand den Mund zu hielt. Verängstigt begann sie zu realisieren, dass sie nicht alleine in diesem Zimmer war. „Bitte!“, zischte sie jemand von der Seite an. Ihr Kopf fuhr herum und der Laut in ihrer Kehle erstarb, als sie ihre Augen auf die Person neben sich fallen ließ. Feuer schlug ihr entgegen. Ein leidenschaftliches Feuer, das einem Schutz bot, wenn sich das Licht des Tages langsam zurückzog. Feuer, das Wärme in die kältesten Ecken ihrer Seele brannte. Niemals im Leben, hatte sie solche Augen erblickt. Verwirrt riss sie ihre Seelenfenster panikweit auf und brachte eine Hand auf Höhe ihres Mundes. „Hey. Hey.“, flüsterte diese Stimme erneut und ihre Hand wurde sanft gepackt und zurück neben ihrem Körper zur Ruhe gebracht. „Beruhigt Euch bitte.“ Dunkel und tief. Dieser Klang. Wie ein Erdbeben oder ein tosender Sandsturm, der über die Stadt hinweg grollte. Ein atemberaubendes Naturschauspiel. Zu nah um den Rest ihres Besuchers auszumachen, begann sie zu Nicken. Der Wunsch ihn vollständig zu sehen, riss an ihren Gedanken. „Ich bin nicht hier, um Euch zu verletzen. Ihr seid sicher.“ Die Hand wich von ihrem Mund, strich vorsichtig ihre Wange und ihren Nacken entlang und kam auf ihrer Schulter zum liegen. Den neuen Raum sofort ausnutzend, wich sie von dem Unbekannten zurück um ihm endlich ins Gesicht zu sehen. Es war ein junger Mann. Ein freundliches Lächeln lag auf seiner reinen, braunen Haut. Seine Gesichtszüge maskulin und würdevoll, während sein wacher Blick, mit diesen brennenden Augen es schwer machten, sein Alter einzuschätzen. Lange goldene Strähnen vielen ihm ins Gesicht, wurden aber von goldenen Schmuck, den er auf seinen Haupt trug zurückgehalten. Sie rieb sich die Augen, als sie meinte auch noch rot und schwarz auf seinem Kopf schillern zu sehen. Beim erblicken ihres Gegenübers, hielt sie den Atem an. Niemals zuvor hatte ihr jemand auf den ersten Blick so viel Ehrfurcht eingeflößt. Beruhigend hob der junge Mann seinen rechten Arm, während der Linke auf ihrer Schulter verweilte. „Bitte. Habt keine Angst.“, wiederholte er und schenkte ihr ein ermutigendes Lächeln. Nervös starrte sie in ihren Schoß, wo sie ihre Hände gefaltet hatte. Unschlüssig starrte sie sie an und schüttelte ruckartig ihren Kopf. Sie hatte sich geschworen stark zu sein. Warum also saß sie hier und war so verunsichert, wie auf dem Podest des Sklavenmarktes? Tief durchatmend, beruhigte sie ihre Atmung und ihren Herzschlag. „Ich… ich habe keine Angst.“ Beim Sprechen dieser Worte, zog sich ihr Bauch vor Schmerz zusammen, hinderte sie daran, ihn in einem Stück herauszubringen. Ein erleichtertes Seufzen drang in ihre Ohren. „Gut. Denn seid versichert, dass es nicht von Nöten ist.“ Die Hand von ihrer Schulter verschwand und die Person neben ihr regte sich. Der junge Mann hatte auf seinen Knien vor ihrem Lager gesessen, nun zog er sich zurück und setzte sich auf einen Hocker nicht weit hinter ihm. Offensichtlich war er aufgesprungen, als sie angefangen hatte zu schreien. Mutig glitten ihre Augen aus ihrem Schoß hinweg und versuchten ihre Umgebung nun vollständig wahrzunehmen. Das Lager auf dem sie lag, war vielmehr ein gewaltiges Bett, das mit glänzenden Stoffen bezogen war. Durch die geöffneten Fenster, drang der Klang von geschäftigen Treiben. Sie hörte Menschen miteinander reden und nacheinander rufen. Neben der ausladenden Tür befand sich eine Unterlage, auf der sie Schreibutensilien erkennen konnte. So fasziniert sie auch von diesem Ort war, Anzu kam nicht umhin sich zu wundern, wie sie hierher gelangt war. „Wo bin ich?“, fragte sie, während ihr Blick, die Tür zu einer Außenterrasse fand. Es kam keine Antwort. Stillschweigen füllte den Raum, bis sie es schließlich nicht mehr aushielt und sich wieder der einzigen anderen Person in diesem Raum zuwandte. Der junge Mann schien vollkommen abgelenkt. Er starrte wie besessen in ihr Gesicht. Erschrocken verfärbten sich ihre Wangen rot und sie schnippte einmal mit ihren Fingern vor seinem Gesicht. „Hallo?“, rief sie dabei laut. Der gewünschte Effekt ließ nicht lange auf sich warten, denn sofort fanden seine Augen die ihren und er lächelte entschuldigend. „Verzeiht.“, sprach er höflich, doch sein Gesicht verblieb entspannt und beherrscht. Sie hatte ihn nicht einmal aus der Ruhe gebracht. Als wäre sein Geist wie Wasser, das sich allen Gegebenheiten anpassen konnte. Ohne auf ihre Frage einzugehen, kam ihm der nächste Satz über die Lippen. „Erinnert Ihr Euch an das Geschehende?“ Anzu zog eine Augenbraue auf ihrer Stirn nach oben. Verwirrt fasste sie sich an ihren Kopf. Die Ereignisse an diesem Tag überschlugen sich förmlich in ihrem Inneren. „Ich wurde getreten.“, sagte sie und schluckte, als ihr bewusste wurde, was ihr Traum zu bedeuten hatte. „Danach verblasst die Erinnerung.“ Ihre Hände hatten damit begonnen, nervös, die Laken zu nässeln. Schwungvoll, dennoch nicht plötzlich, erhob sich der junge Mann und drehte ihr den Rücken zu, einen langen, roten Umhang hinter sich herziehend. Für einen kurzen Moment, glaubte sie ein bekanntes Zeichen auf dem Goldschmuck seines Hauptes zu erblicken, doch sie ließ von diesem Gedanken ab. Es gab jetzt wichtigere Fragen, auf die sie eine Antwort benötigte. Sie wollte ihren Mund öffnen, doch die Worte erstarben als er begann sich durch den Raum zu bewegen. Die Arme verschränkte er hoheitsvoll hinter seinem Rücken, während seine langen Beine ihn durch das Zimmer trugen. Während er sich bewegte, konnte sie ein ums andere Mal einen Blick auf seine Miene erhaschen. Er blickte mitfühlend drein. „Ihr seid bei einer Auseinandersetzung ziemlich ernstzunehmend verletzt worden.“, erklärte er und fand sich an ihrer Seite wieder. „Ich weiß.“, erwiderte sie trocken und hielt sich dabei ihre schmerzenden Rippen. Mit jedem Moment, den sie saß, nahmen die Schmerzen zu. Doch Anzu weigerte sich eine Miene zu verziehen. Immerhin wusste sie nicht, was mit ihr geschehen würde. „Eure Wunden sind versorgt worden, doch Ihr habt uns Sorgen bereitet. Die letzten drei Tage, wart Ihr nicht ansprechbar.“ Obwohl diese Nachricht sie erschütterte, drei Tage, reagierte sie beherrscht. Zum Teil schrieb sie sich selbst diese Tatsache zu, da sie gelernt hatte ihre Emotionen im Griff zu behalten, doch teils klang diese Nachricht aus seinem Mund überhaupt nicht bedrohlich. Sein Lächeln traf sie und zerrte an ihrer Beherrschung. „Jetzt kann man Euch immerhin schon wieder in die Augen sehen.“, sagte er freundlich. Das stimmte! Anzu rief sich in Erinnerung, dass sie nicht in der Lage gewesen war ihr linkes Auge überhaupt zu öffnen. Ihre Hände fanden den Weg in ihr Gesicht und verursachten dort ein dumpfes Pochen. Entschlossen wurde ihre Hand davon weggerissen. „Die Schwellung ist zurückgegangen, doch die Blutergüsse, sind noch präsent.“, mahnte sie der Unbekannte besorgt. „Außerdem, ist Eure Lippe noch nicht verheilt. Ich rate davon ab, an ihr herumzuspielen, sonst könnte sie wieder einreißen.“ Hitze stieg in ihre Wangen. Sie fühlte sich wie ein Kind, dem man gerade eine Rüge gegeben hatte. Eifrig riss sie ihre Hand los und fauchte den Unbekannten an. „Redet nicht mit mir, als wäre ich ein Kind!“ Sie schreckte unter dem bissigen Ton ihrer eigenen Stimme zusammen, doch ihr Gegenüber reagierte wiederholt ruhig. Doch kam sie nicht umher, die schlagartige Veränderung in seinem Blick zu sehen. Beschwichtigend hob er beide Hände. „Ihr habt Recht, verzeiht.“, sagte er und ließ sich wieder auf den Hocker sinken. „Ich wollte Euch nicht aufbringen. Sicher habt Ihr viele Fragen.“ Seine Stirn in Falten legend, ermutigte er sie dazu sie auszusprechen. „Wie bin ich von dort weggekommen?“ „Ein Freund hat Euch gesehen und war tief von Eurem Handeln beeindruckt.“ Entsetzt riss sie die Augen auf. War sie zwar gerettet vor der Arbeit in einem Hurenhaus, begann sie sich zu fürchten, dass es doch rein gar nicht geändert hatte. „Habt Ihr…?“, sie räusperte sie sich nervös, dann wurde ihre Stimme fest, sich auf die Antwort vorbereitend. „Habt Ihr mich erworben?“ Die junge Frau hatte versucht, ihre Frage so rational wie möglich zu formulieren, doch der angewiderte Ton in ihrer Stimme, wollte partout nicht weichen. Der junge, unbekannte Mann hielt in seiner Bewegung inne und musterte sie ausgiebig. Das Mitgefühl in seinem Blick nahm zu. „Nein.“, flüsterte er und schüttelte, seine Aussage verstärkend, den Kopf. Erleichtert atmete Anzu auf und bemerkte, dass sich ihre Hände über der Brust verschränkt hatten, wie um ihr Herz, im Falle einer Enttäuschung, zusammenzuhalten. Sie leckte sich über die Lippen und gab einen überraschten Laut von sich, als sie die dicke Kruste berührte, die auf ihrer Unterlippe wuchs. „Was ist mit den Männern geschehen?“, fragte sie nach einer Zeit des Schweigens. Wut ließ sie das Blut in ihren Ohren rauschen hören. „Sie wurden… fortgebracht.“, kam die Antwort. Seine roten Augen, sanken eine Sekunde lang von den ihren ab, zeigten ihr, dass er mehr wusste als er zugab. Nicht nur er verfügte über diese wachen, forschenden Blicke. Um ihn nicht zu erzürnen, bevor ihre anderen Fragen beantwortet wurden, nickte sie nur verstehend. Er verfolgte eine Strategie, indem er ihr diese Information vorenthielt. Was versuchte er vor ihr zu verstecken? „Was geschah mit den anderen Frauen?“ „Sie wurden ebenfalls in Sicherheit gebracht.“ „Und der Junge?“ „In Sicherheit.“ Genervt seufzte sie laut auf, ließ ihren Kopf in den Nacken fallen. „Ihr wollt mir diese Fragen überhaupt nicht beantworten.“, stellte sie fest. Stille. Das Mädchen hörte nichts, außer ihren regelmäßigen Atemzügen und denen ihres Besuchers. Das Zwitschern der Vögel war lauter geworden und sie kam nicht umhin sich zu fragen, wie spät es wohl sein mochte. Ärgerlich atmete sie aus und in diesem Moment begann auch er wieder zu sprechen. „Alles zu seiner Zeit.“, erklärte er ruhig und obwohl dies so ziemlich das Letzte war, was sie hätte hören wollen, fand sie doch eine unerklärliche Befriedigung in seinen Worten. „Jetzt, solltet Ihr all Eure Kraft darauf konzentrieren, zu Kräften zu kommen.“ Sie starrten sich an. Seine Augen schienen tiefer in sie zu sehen, als sie es lieb hatte, während ihre eigenen Blicke an seiner Oberfläche abzuprallen schienen. Niemals zuvor hatte sie so intensive Augen gesehen. Es war, als wären sie komplett in sie eingedrungen, auf der Suche nach ihren Gefühlen. Doch hielten sie sich fern, von jenen, die nur sie etwas angingen. Als wüsste er genau, wo die Grenze zu ziehen war. „Wo bin ich?“, wiederholte sie ihre Frage von früher geistesabwesend. Das Mädchen hatte beinahe nicht bemerkt, wie diese Frage über ihren Mund gehuscht war. Doch nach allem was sie erfahren, oder auch nicht erfahren hatte, musste sie es einfach wissen. Wie konnte sie sich Gedanken um ihr künftiges Handeln machen, wenn sie nicht einmal wusste, wo sie sich aufhielt. „Das erfahrt Ihr früh genug.“ Erneut! Er hatte keinen Wert darauf gelegt, ihre Frage zu beantworten aber dennoch fand sie sich zufriedengestellt und beruhigt wieder. Eine Hand erhebend, streckte er sich ihr entgegen. Vorsichtig, darauf bedacht ihr nicht wehzutun, führte er eine Hand an ihre Wange und legte sie behutsam darauf. Der Schmerz blieb aus. Die Berührung war so hauchzart, dass sie eine Gänsehaut auf ihrem Hals hervorrief. Sein Daumen bewegte sich langsam auf und ab und Anzu hatte das Gefühl, dass ihr niemand etwas anhaben konnte. Es war eine kleine, harmlose Bewegung, wie das Aufrollen einer Papyrusrolle. Eine simple Geste, die nichts anderes bekundete als Beistand. Fasziniert fand sie sich gedankenverloren wieder. „Wer seid Ihr?“, hauchte sie beinahe tonlos, doch sie wusste, dass er sie gehört hatte. Das Lächeln auf seinen Lippen zog sich noch ein Stück weiter nach oben, doch antwortete er nicht sofort. Als er seinen Mund öffnete, ahnte sie, dass sie auch auf diese Frage keine Antwort bekommen sollte. Lautes Trampeln ließ ihn seinen Blick von ihr, auf die Tür richten und er zog seine Hand von ihr weg. Binnen eines Wimpernschlags, war er aufgesprungen und hatte sich herumgedreht, den Eindringling empfangend. „Herr!“, rief jemand und klopfte heftig an die Tür. Im Anschluss daran, wurde sie aufgerissen und Anzu fand sich in einem Zustand tiefster Verwirrung wieder. Vor ihr und ihrem unbekannten Besucher, stand jemand, der diesem zum erschüttern ähnlich sah. Der junge Eindringling, war kleiner als ihr Besucher und seine Gesichtszüge unterschieden sich leicht, doch im Großen und Ganzen, war er ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Grundliegende Unterschiede erkannte man lediglich in seiner Stimme, die einem frischen Sommerwind glich und seinen Augen, die zwar eine ähnliche Farbe aufwiesen, aber friedlicher und ruhiger glänzten, als die seines Ebenbildes. „Yuugi.“, grüßte ihr geheimnisvoller Besucher den Eindringling, während sie gänzlich überfordert ihre Blicke zwischen den Beiden hin und her gleiten ließ. „Seto verlangt dich zu sehen. Er hat Erfolge erzielt.“, vermeldete der Bote. Sein Blick entfernte sich von dem Mann, den er angesprochen hatte und blieb auf ihr haften. „Ihr seid wach.“, nahm er fröhlich zur Kenntnis. „Das freut mich.“ Als die Antwort seines Gegenübers kam, war der Blickkontakt sofort unterbrochen. „Das wurde aber auch Zeit.“, murmelte er leise und begann wieder auf und ab zu laufen. „Wo erwartet er mich?“ „In dem Verließ, unterhalb des Palastes. Und er ersuchte dich um Eile.“ Mit einem Nicken gab der Angesprochene zu erkennen, dass er verstanden hatte und drehte sich ihr zu. „Meine Anwesenheit wird verlangt.“, sprach er zu ihr und senkte seinen Kopf als Abschiedsgruß. Während er auf die Tür zu lief, starrte sie ihm hinterher. Aus einem unbekannten Grund, breitete sich Unwohlsein in ihr aus. Vor seinem kleineren Ebenbild kam er zum Stehen und legte ihm vor Verlassen des Zimmers, eine Hand auf die Schulter. „Danke Yuugi.“, hörte sie ihn sagen. „Würdest du ihr Gesellschaft leisten, bis sie sich beruhigt hat?“ Ein Grinsen legte sich auf seine ruhigen Gesichtszüge, als der Gefragte mit einem Nicken bejahte. Dann war der Fremde aus ihrem Zimmer verschwunden. Zurück blieb sie mit gemischten Gefühlen. Einerseits erleichtert, darüber, seinen forschenden Blick los zu sein, doch andererseits enttäuscht durch sein Verschwinden. Der junge Mann, den er Yuugi genannt hatte, kam auf sie zu. „Wie fühlt Ihr Euch?“, fragte er freundlich. Seine Stimme, sie kam ihr so bekannt vor. „Kenne ich Euch?“, fragte sie ihn gerade heraus. Sie war dieser Ratespielchen überdrüssig geworden und verlangte nun, mehr denn je, nach Antworten. Scheinbar überrascht, legte der Mann namens Yuugi seine Stirn in Falten. „Wie kommt Ihr darauf?“ „Eure Stimme. Ich kenne sie.“, erklärte sie sachlich. Sie kramte in ihren Erinnerungen. Doch das Einzige, was sie zu finden vermochte, war Schwärze. Unsicher zuckte der junge Mann mit den Schultern, während er offensichtlich abwog, was er ihr sagen konnte. „Sagen wir, ich war Zeuge Eures Auftritts auf dem Marktplatz und schwer beeindruckt von Euch.“ Langsam kam er auf das Bett zu und hielt ihr eine Hand entgegen. Freundlich lächelnd, sprach er weiter. „Mein Name ist Yuugi Mouto.“ Unsicher ergriff sie seine Hand. „Anzu.“, stellte sie sich vor, doch wenig später riss eine Flut aus Erinnerungen sie aus der Realität. Ihr sprecht mit Yuugi Mouto, Beschützer der Krone und Großwesir des Pharaos., schallte es in ihrem Kopf wieder. Und dann ergab alles einen Sinn. Anzu erinnerte sich an das Geschehen um sie herum, während sie in die Dunkelheit driftete. Sie hörte diese Stimme, wie sie mit anderen stritt, hörte den Tumult um sich herum und vernahm schließlich den Befehl: Bringt sie in den Palast. Entsetzten veranlasste sie dazu ihm ihre Hand zu entreißen. Ihre blauen Augen starrten ihn vor Schreck geweitet an. „Ihr…!“, stieß sie aus. „Ihr seid der „Freund“ von dem er sprach!“ Verwirrt schüttelte ihr Gegenüber den Kopf und versuchte einen Schritt näher an sie heran zu treten. Für ihn musste ihr Verhalten übergeschnappt wirken. „Bleibt fern von mir!“, zischte sie und zog sich in ihrem Bett zurück. Der Eindringling blieb abrupt stehen und versuchte ihr in die Augen zu sehen, doch sie schüttelte seinen Blick ab. Sie hatte genug davon ruhig gehalten zu werden, besonders, wenn sie einen so schrecklichen Verdacht hatte. „Ihr habt mich in den Palast bringen lassen?“, es klang mehr nach einer Feststellung, als nach einer Frage. Kurz herrschte Schweigen zwischen ihnen, dann kam endlich ein Wort über seine Lippen. „Ja.“ Angespannt, rieb sie sich mit ihrer Hand über die Augen, die auf einmal so müde waren, als hätte sie seit Tagen keinen Schlaf gefunden. Verzweifelt fiel ihr Blick an die Decke. Wie hatte das geschehen können? Warum wollten die Götter sie um jeden Preis leiden sehen? Eine einzelne Träne fand den Weg aus ihren schmerzenden Augen. Reichte es nicht, dass sie allem beraubt wurde, dass für sie wichtig gewesen war, dass sie auf ihrem qualvollen Weg gedemütigt und misshandelt worden war? Nun fand sie sich auch noch im Haus jenes Mannes wieder, den sie tiefer verabscheute als Alles, was ihr jemals in den Sinn gekommen wäre. In Gesellschaft seiner Schergen. Ihr Augenmerk fiel erneut auf das Auge des Horus, dass sie zuvor dort ausgemacht hatte. Dieses Zeichen… sie kannte es. Eine weitere Vermutung bahnte sich den Weg in ihren Kopf. Ein Gedanke, der ihr die Wärme aus den Gliedern sog und ihren Magen dazu brachte zu rebellieren. Ihre Hand presste sich auf ihren Mund. Dasselbe Zeichen, war auf dem Goldschmuck ihres ersten Besuchers abgebildet gewesen. Anzus Bauch zog sich zusammen und sie musste würgen. Das Auge des Horus, war als Zeichen der Weisheit bekannt und seit jeher das Zeichen der Könige. Yuugi trat einen Schritt auf sie zu, besorgt um ihren plötzlichen Zustand, doch sie schlug mit ihrer freien Hand nach ihm und schüttelte wild den Kopf. Kräftig schluckend, stellte sie ihm eine Frage und der junge Großwesir ertappte sich dabei, zusammenzuschrecken über ihren heftigen Ausbruch. „Wer war er?“, wollte sie simpel wissen, doch ihr Ton ließ ihn hellhörig werden. Sie klang verängstigt, beinahe in die Ecke getrieben und völlig erschöpft. „Wer war er?“, wiederholte sie lauter. Der junge Mann musterte sie ausgiebig, bis er die Schultern sinken ließ und auf ihre Frage antwortete, sodass ihr der Boden unter den Füßen entrissen wurde. „Der Pharao.“ Als sie seine Worte vernahm, begann sie ins Dunkle zurückzufallen. Ungläubig hielt sie sich ihren Kopf, aus Angst er würde zerspringen. Es war, als wollten die Götter sie auf die Probe stellen, als wollten sie herausfinden, wie weit sie sie treiben könnten, bis sie ihren Verstand und ihren Willen zu leben verlor. Grausam, wenn man daran dachte, wie sie stets zu ihnen gebetet hatte sich ihrer anzunehmen. Ironisch, wenn man realisierte, dass sie ihren Bitten nachgekommen waren. Die Götter hatten sich ihrer angenommen, jedoch waren sie ihr nicht gnädig gewesen. Der Schmerz dieser Gewissheit, betäubte ihre Sinne und das Letzte was sie wahrnahm, war die Stimme des jungen Mannes, wie er ihren Namen rief, bevor es ihr schwarz vor den Augen wurde. Pechschwarz. Blickdicht und schwer drückte die Dunkelheit sie zu Boden. Kapitel 8: Sturm ---------------- Sturm Der Hohepriester war kein geduldiger Mann. Er hasste es, wenn man seine Dienste verlangte und ihn anschließend warten ließ. Hasste es daran erinnert zu werden, dass er, genau wie die anderen Menschen, mit ihren dümmlichen Gesichtszügen und ihren dümmlichen Augen, ein Untergebener war, der sich den Befehlen seines Königs zu unterwerfen hatte. Er selbst, war schon immer der Ansicht gewesen für etwas Höheres bestimmt zu sein, etwas, dass dazu auserkoren war, über jene zu herrschen, die sich stillschweigend unterordneten. Jemanden wie ihn, ließ man nicht warten. Jemand wie er, wartete nicht. Doch wenn man statt eines Herrschers, ein Beherrschter war, verfügte man offensichtlich nicht über die Freiheit, dies zu entscheiden. Er hasste diesen Umstand, verachtete ihn beinahe so sehr, wie den Mann, der ihn daran erinnerte. Doch und diese unglückliche Tatsache hasste er besonders inniglich, hasste er es sich nicht in der Lage zu sehen, den jungen Pharao zu hassen, der ihm seiner kostbaren Zeit beraubte. Nicht, dass er es nicht versucht hätte. Bei den Göttern, wie er es versucht hatte! Eine ganze Weile schien es sogar zu gelingen, doch jedes Mal, wenn er sich seiner Abscheu sicher war, bewies der junge, unerfahrene Herrscher wahre Größe, die ihn ins Staunen versetzte und dazu veranlasste, seine Abneigung gegen ihn zu überdenken. Und diese Tatsache, verabscheute der Hohepriester noch mehr, als alles Andere. Schließlich war er ein Mensch, der sich sicher zu sein hatte und sich schon immer auf seinen ersten Eindruck hatte verlassen können. Auf diesem Weg, war er schließlich an die Stellung geraten, die er bezog, hatte seine Vergangenheit hinter sich gelassen, seinen kleinen Bruder geschützt. Er hatte gewusst, dem alten Pharao ergeben zu sein, hatte den Kriegsmeister von Beginn an für einen Schwachkopf gehalten und den Großwesir für seine kindisch- utopischen Gedankengänge gescholten. Doch der Pharao, der junge König, hatte etwas in ihm ausgelöst, dass vorher noch niemals für Jemanden in seinem Inneren Platz gefunden hatte. Interesse. Vielleicht sogar eine schwache Form des Respektes. Und das, hasste der Hohepriester mit jeder Faser seines Körpers. Während er also ungeduldig mit seinem Stab auf dem kalten, matten Boden des Verlieses herum stampfte, vernahm er in der Ferne das Geräusch der sich öffnenden Verließ Türen und Schritte, die sich ihm zügig und zielsicher, näherten. Wenig später konnte er das Glänzen des goldenen Kopfschmuckes erkennen und legte missmutig seine Stirn in Falten. Als der Pharao um die Ecke bog und ihn erblickte, sandte er ihm einen wütenden Blick entgegen. Er machte sich nicht die Mühe, sich vor ihm zu verbeugen, dafür kannten sie einander schon zu lange und keiner von ihnen legte Wert auf die höflichen Gepflogenheiten, wenn sie doch aus einem dringenderen Anliegen zu einander gefunden hatten. „Verzeiht Seto. Ich wurde aufgehalten. Ich weiß, wie sehr Ihr es hasst warten gelassen zu werden.“, entschuldigte der König sich rasch, während Seto seine Entschuldigung mit einer Handgeste abschüttelte. Er wollte nicht noch mehr Zeit vergeuden. Ohne darauf zu achten, ob sein Herr sich ihm anschloss oder nicht, setzte er sich in Bewegung, tiefer hinein in das Verlies. Nach wenigen Schritten fiel der Pharao neben ihm in Gleichschritt. Sie schwiegen, doch war die Stille zwischen ihnen niemals unangenehm gewesen. Sie redeten miteinander, wenn es von Nöten war, wenn es einen Sinn hatte zu sprechen und es war dem Hohepriester nur lieb, da ihm von sinnlosen Konversationsversuchen der Kopf zu schmerzen begann. Der Pharao schien dies zu wissen und fügte sich. Eine weitere Eigenschaft, die ihn dazu veranlasste, den jungen König in einem anderen Licht zu sehen. Sie passierten einige Zellen, in denen sich die Gefangenen des Pharaos aufhielten. Stöhnen drang in seine Ohren. Er stahl einen kurzen Seitenblick auf seinen König, der angestrengt versuchte, die Geräusche um sie herum auszublenden. Er war eindeutig kein Freund von Klagelauten. Aus diesem Grund, hatte er schließlich auch ihn mit dieser Position besetzt. Denn er selbst, aufgewachsen, vertraut mit diesen Lauten, hatte schon lange gelernt sie auszublenden, wenn es erforderlich war. „Versucht Euch, auf den Grund Eures Besuches hier zu konzentrieren, nicht auf die unvermeidlichen Äußerlichkeiten.“, sagte er kühl, ehe er seinen Mund daran hindern konnte diese Worte auszusprechen. Es war nicht seine Aufgabe, sich um des Königs Wohlbefinden zu kümmern. Darüber konnte der Großwesir sich sorgen. „Diese Menschen sind Abschaum und verdienen, was sie bekommen haben.“, fügte er hinzu. Er spürte den Blick des Pharaos auf seinem Gesicht brennen, doch wenn er eine Meinung zu diesem Thema hatte, behielt er sie für sich. Er wusste wie Seto war und fügte sich, wie gehabt. Ihr Weg führte sie in das tiefste Innere des Verlieses. Hier fanden nur die Männer Platz, dessen Verhör der König persöhnlich angeordnet und abgesegnet hatte. Es sammelten sich Kriegsgefangene unter ihnen, Verräter, Überläufer während des Krieges, Deserteure, Spione, all jene, die versucht hatten die Krone zu stürzen. All jene, die versucht hatten, dem Volk zu schaden. Und jeder Einzelne von ihnen, egal wie stark und stolz er auch gewesen war, sie alle hatten geredet, wenn der Hohepriester mit ihnen fertig gewesen war. Vor der Zelle mit seinen neusten Insassen, blieb er stehen und wartete bis der Pharao ihren Inhalt begutachtet hatte. Die beiden Männer, die sich dort aufhielten, lehnten kraftlos an der gegenüber liegenden Wand und hielten ihre Augen geschlossen. „Warum habt Ihr mich zu ihnen geführt?“, fragte er, während sein goldenes Haupt sich im zuwandte. Seto antwortete nicht sofort. Er lehnte seinen Stab neben die Gittertür und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Der Aufgeblasene, Geschmückte von ihnen, begann zu sprechen, noch ehe ich das erste Mal Hand an ihn gelegt habe. Ich hatte vermutet, dass er von den Beiden jener mit mehr Grips, mehr nützlichen Informationen sein würde. Doch während er mir seine Lebensgeschichte erzählte, wurde mir klar, dass nichts dergleichen zutraf. Er hatte lediglich Glück. Sein Vater, war der mit dem Wissen, doch er verstarb im letzten Jahr. Dieser Parasit dort, hat sich seinen Harem angeeignet, sein Vermögen und hat von dort an, keinen weiteren Gedanken an die Machenschaften seines Vaters verschwendet. Kaufte seine Slaven auf dem Markt, ohne sich jemals Einblick in das Innere dieses Zirkels zu verschaffen.“, erklärte er und verzog angewidert seinen Mund, bei der Erinnerung an diesen wimmernden Mann. Der Pharao seufzte. „Also ist er nicht von Nutzen für uns?“ Seto schüttelte den Kopf, während der König verständlich nickte und über sein Kinn strich. „Was ist mit dem Anderen?“ Zeitgleich, fuhren ihre Köpfe herum und nahmen den zweiten Mann in der Zelle zur Kenntnis. „Er…“, begann der Priester zu erzählen, „… ist eine ganz andere Geschichte.“ Das grausame Lachen des Gefangenen fand den Weg in seine Erinnerung und, auch wenn er es niemals zugeben würde, jagte ihm diese Erinnerung einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Es war schwer ihn überhaupt zum sprechen zu bringen. Wenn man ihn auf den ersten Blick sieht, könnte man denken, er sei ein geistloses Werkzeug Jener, die den Handel mit Menschen wieder über unser Land gebracht haben. Doch lasst Euch nicht täuschen. Er mag zwar ein Werkzeug sein, doch er ist bei Weitem nicht geistlos. Er genießt sein Handwerk lediglich.“ Sein Begleiter zog die Stirn in Falten und schüttelte ungläubig seinen Kopf, während seine Körperhalten Seto´s zu spiegeln begann. „Er ist tiefer in diese Angelegenheit verstrickt?“, wandte er seine Frage an den Hohepriester. „Bei Weitem.“ „Was habt Ihr erfahren?“ „Er ist Teil dieser Organisation, seit sie begonnen hat, sich erneut im Untergrund zu sammeln. Er war einer der Ersten, die sich aufmachten um neue Sklaven in das Land zu schmuggeln. Er kennt Gesichter, Namen. Das Ganze geht weiter nach Oben, als ich mir denken erlaubt habe.“ Überraschung zierte die Gesichtszüge des jungen Herrschers, als er ihm einen, fragenden Blick zu warf. „Was wollt Ihr mir sagen, Seto?“ , fragte er scharf. Der Hohepriester holte einmal tief Luft, bevor er seine Bedenken laut aussprach. „Er hat noch nicht klein bei gegeben. Aber ich habe Grund zu der Annahme, dass diese Verschwörung, ihre Kreise bis in das Innere des Palastes zieht. Bis in die innersten Kreise, des Rates, den Ihr in unserer Abwesenheit mit der Sicherheit des Landes betraut habt.“ Seto konnte sehen, wie sein Herr die Luft in den Lungen gefror. Eine seiner Hände strich über sein Haupt, kümmerte sich nicht über den königlichen Schmuck, der sich darauf befand. Er rieb über seine, plötzlich ungeheuer müde aussehenden, Augen und fuhr sich geistesabwesend über sein Kinn, während sein Kiefer zu arbeiten begann. Seto konnte seine Zähne knirschen hören. „Was lässt Euch solche Schlüsse ziehen?“ Der Hohepriester hätte sich durch diese Frage beleidigt fühlen können. Immerhin konnte man denken, dass sie, so formuliert, seine Arbeit in Frage stellte. Doch er konnte die Verzweiflung seines Herrn durch den Schleier hinweg hören. Konnte hören, wie sehr er sich wünschte, dass diese Anschuldigungen falsch waren, konnte aber, im gleichen Maße hören, wie sich die schlimmsten Befürchtungen des Königs so eben bestätigt hatten. Selbst wenn er es wollte und bei den Göttern, wie er es versucht hatte, konnte er es dem jungen Staatsoberhaupt nicht verübeln. Er öffnete den Mund um seine Antwort zu geben, doch noch ehe das erste Wort über seine Lippen kam, wurde ihr Gespräch von einem grausamen Lachen unterbrochen und ihnen wurde klar, dass ihr Austausch nicht länger privat war. Der kräftige Mann, Akubakar, der Mittelpunkt dieser Konversation gewesen war, hatte sich erhoben und schleppte seinen schlaffen Körper auf die Tür seiner Zelle zu, während dieses widerlicher Kichern, fortan aus seiner Kehle drang. „Mein Pharao…“, lachte er spöttisch und lüftete seine unsichtbare Kappe, in einer Geste der Lächerlichkeit, „… was für eine Ehre, Euch kennenzulernen.“ Er musterte den König ausgiebig von Oben bis Unten. „Darf ich Eurer Majestät den Ring küssen?“, fragte er und entblößte dabei seine fauligen Zähne. Setos Inneres begann zu kochen. Wie konnte dieses Insekt es wagen, so mit seinem König zu sprechen? „Du sinkst vor deinem König auf die Knie, wie es sich gehört, Abschaum!“, zischte er drohend, doch der Pharao hob seine Hand und brachte ihn zum Schweigen. Er trat näher an das Gitter heran und fixierte den Gefangenen mit seinen Augen. „Was willst du?“, fragte er ruhig, doch seine Stimme grollte wie ein Gewitter. Der Angesprochene blickte einen Augenblick verstört in die Augen des Königs, bevor dieses Lachen wieder den Weg über seine Lippen fand. „Ich habe mich hier zu Euch hinüber gequält und Ihr verfügt nicht einmal über die Freundlichkeit mich zu begrüßen? Ich bin sicher, der alte Pharao würde diese Art der Behandlung tadeln.“ Die Dreistigkeit dieses Gefangenen ging eindeutig zu weit. Der Hohepriester griff nach seinem Stab und begann ihn, zum Schlag ausholend, über seinen Kopf zu heben, doch wieder, wurde er von der Hand seines Herrn zurück gehalten. Verwirrt suchte er nach einer Erklärung und ärgerte sich, als er keine bekam. Der König hatte nicht einmal den Blick abgewendet. Verärgert zischte Seto die Luft aus seinen Lungen, befolgte aber dennoch den stummen Befehl. Selbst, wenn er nicht wusste, was der König mit seinen Handlungen bezweckte, hatte dieser mit Sicherheit eine Absicht die er verfolgte. Der Pharao war ein begnadeter Stratege. „Mein Vater ist nicht hier. Sprich nun, oder schweig.“, befahl er mit dieser angsteinflößenden Stimme. „Ich sehe, Ihr seid ein Mann, der gleich zum Wesentlichen kommen will. Ich habe Euch einen Handel vorzuschlagen.“ Der junge Herrscher legte starrte ihn unbeeindruckt an. „Einen Handel?“ Der Gefangene nickte, sein geschundenes Gesicht zu einer Fratze verziehend. „Ich kann Euch alles sagen, was Ihr wissen wollt. Kann Euch alle Namen nennen, die Ihr begehrt. Die ganze Geschichte, so Ihr wollt, Herr, doch nur wenn Ihr im Gegenzug dafür auch etwas für mich tut.“ Seto begutachtete den König aus den Augenwinkeln, fest davon überzeugt, dass der König sich nicht auf einen Handel mit diesem niederen Lebewesen einlassen würde, doch als sein Herr dem Häftling mit einem Nicken bedeutete weiter zu sprechen, kochte die Wut in ihm über. Nach allem, was er von dem Pharao zu wissen glaubte, ließ er sich tatsächlich auf einen Handel mit einem Sklaventreiber ein? War er so verzweifelt? „Das kann unmöglich Euer Ernst sein.“, schrie er auf und stellte fest, dass der junge König sich nicht einmal die Mühe machte zu ihm aufzusehen. „Ihr könnt nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, diesen Abschaum in eine Vorteilhafte Lage zu bringen und Euch zu erpressen, wie einen gewöhnlichen Verbrecher!“ Hatte er sich, nach all dem, doch so sehr, in dem Prinzen täuschen können? Die Hand des Pharao erhob sich, ihn zum Stillschweigen ermahnend, doch das würde er nicht hinnehmen. Wie konnte er einem Mann gehorchen, der sich von Viehtreibern unter Druck setzten ließ? Er öffnete seinen Mund, doch die Stimme des Pharaos, bedrohlicher, gefährlicher als zuvor, ließ ihn den Satz hinunter schlucken. „Seto!“ Dieser warnende Tonfall und endlich auch die blutroten Augen seines Herrn ließen ihn erstarren, doch die Wut in ihm loderte weiter. Ruckartig wandte er seinen Blick ab und spuckte angewidert auf den Boden. Der König befahl dem Häftling weiter zu sprechen. „Ich will, dass Ihr mich gehen lasst, sobald ich meinen Teil der Abmachung erfüllt habe. Ihr gebt mir einen Beutel voll mit Gold und lasst mich meiner Wege ziehen. Quasi als Belohnung für meine großzügige Hilfe.“, grinste er frech. Der König rieb sich nachdenklich sein Kinn, bevor er den nächsten Satz formulierte. „Wenn ich Dir mein Wort gebe, wirst du also alle verraten, die an dieser Verschwörung mitgewirkt haben? Ohne Ausnahme?“ Theatralisch legte Akubakar eine Hand auf sein Herz. „Ich schwöre es, bei den Göttern und allem was mir heilig ist.“ Seto schnaubte wütend. Er ärgerte sich, dass er sich so sehr in dem neuen Pharao getäuscht hatte. Ärgerte sich, dass er ihn jemals als etwas anderes gesehen hatte als er war, ein verunsichertes Kind. „Warum?“, begehrte der König zu wissen. Der Gefangene starrte ihn als Antwort verwirrt an. „Warum, was?“ „Warum würdest du mir Alles verraten, was dein Leben hier ausgemacht hat? Alles verraten, was du dir zusammen mit jenen Männern aufgebaut hast, wenn du dir so sicher zu sein scheinst, dass wir es ohne deine Hilfe nicht erfahren werden?“ Überrascht schnellte Setos Blick zu dem König, dessen Worte den Raum zu füllen begannen. Seit wann, war dieser lauernde Ton in seiner Stimme präsent? „Warum solltest du jene Männer, an den Mann verraten, gegen den ihr im Untergrund dieses Komplott geschmiedet habt? Dessen Wort für dich zuvor keinerlei Bedeutung zu haben schien?“ Der Tonfall des jungen Herrschers hatte sich verändert. War seine Stimme zuvor einem Gewitter gleich gewesen, grollte sie nun wie ein ausgeprägter Sturm durch das Innere des Verlieses. „Du hast Angst. Du fürchtest dich, vor dem, was der Hohepriester in Erfahrung bringen wird, fürchtest dich vor dem, was er schon in Erfahrung gebracht hat, trotz deines Unwillens überhaupt zu sprechen. Du denkst, wenn er dich schon so weit gebracht hat, wird er dich noch weiter bringen. Deswegen versuchst du mit mir zu verhandeln, die Oberhand zurück zu gewinnen, irgendwie doch noch aus dieser Sache heraus zu kommen ohne größeren Schaden davon zu tragen.“ Während er diese Worte sprach, begann das Grinsen des Gefangenen nach und nach zu schwinden. Seine fauligen Zähne wurden von seinen Lippen überdeckt und sein Gesicht verzog sich zunehmend zu einem ungläubigen, ängstlichen starren, je mehr der Pharao seine Stimme erhob. Die sturmgleiche Stimme des Königs riss Bäume aus, verwüstete Häuser und brachte Füße zum versiegen. Und während der Häftling heftig zu schwitzen begann und der Sturm immer weiter fort wütete, dämmerten dem Hohepriester die Intentionen seines Herrn. Verzückt, stahl sich ein zufriedenes, kaum zu erkennendes Lächeln auf sein Gesicht und die Wut in seinem Inneren machte einem Gefühl der Anerkennung platz, so gewaltig, dass er es nicht einmal schaffte, diese Tatsache zu hassen. Dafür hatte er später Zeit. Jetzt konzentrierte er seine gesamte Aufmerksamkeit auf den König, der soeben den Kragen Akubakars ergriffen hatte und diesen unsanft gegen die Gittertür zog, während seine Augen ihn fesselten. „Du hast einen Fehler bei deinen Annahmen gemacht.“, grollte seine Stimme bedrohlich durch das totenstille Verlies. Es war, als hätte die Welt um sie herum aufgehört zu existieren und die Präsenz des Pharaos wurde umgeben von zehrenden Schatten, die sich vermehrt zu haben schienen und dem Ort das letzte Licht raubten. „Ich verhandle nicht mit Abschaum.“ Der Pharao stieß den Gefangenen von sich weg und dieser sackte wie ein nasser Sack zu Boden. „Du hast ein unschuldiges Kind geschlagen!“ Die Schatten entzogen dem Kerker die Wärme. „Du hast diese Menschen in Ketten gelegt wie Tiere!“ Die Kerzen in unmittelbarer Nähe des Königs wurden von einem eisigen Lufthauch erfasst und erloschen. Seto schlang seine Arme fester um seinen Körper. Er fror, aber verfolgte die Szenerie vor sich zufrieden. „Du hast… dieses Mädchen misshandelt!“ Der Sturm hatte seinen Höhepunkt erreicht und während der König seine Worte hinausschrie, war es als würden mehrere Personen auf einmal sprechen. Dann ebbte er ab, eine Spur der Zerstörung zurücklassend. Die Schatten zogen sich zurück, Wärme bahnte sich ihren Weg zu ihnen und der junger Herrscher trat einige Schritte von dem Kerker zurück und wandte sich an Seto. Der Nachhall des Sturms war sichtbar in seinen Augen, doch als er das Wort an seinen Hohepriester richtete, schwand alles feindselige aus seinem Geist. „Dieser Mann, wird nie wieder das Tageslicht erblicken. Nie. Wieder. Er soll hier leben wie das Tier, zu dem er Andere gemacht hat.“ Seto nickte zustimmend und sah sich ein letztes Mal zu dem völlig apathischen Mann in der Gefängniszelle um, der am ganzen Leib zitterte. „Er wird Euch keine Probleme mehr machen. Holt alles aus ihm heraus, was Ihr könnt. Dann lasst ihn hier verrotten.“ Der König wandte sich zum Gehen, hielt aber kurz Inne und sprach ein letztes Mal zu ihm, bevor er aus dem Verlies entschwand, um seinen weiteren Aufgaben nach zu kommen. „In einigen Tagen, werde ich meine engsten Vertrauten um mich versammeln um in Zeiten der Not gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Ihr würdet mich ehren, wenn auch Ihr daran teilhaben würdet, Hohepriester.“ Seto sah dem Pharao hinterher während er in der Ferne immer kleiner und kleiner wurde. Das zufriedene Lächeln auf seinen Lippen blieb. Ja, er hasste es, den König nicht hassen zu können, doch ein Teil von ihm, war froh es nicht zu tun. Ja, er hasste es warten gelassen zu werden, doch wenn das Warten einen solchen Auftritt mit sich brachte, konnte er vielleicht sogar ein Auge zu drücken. Kapitel 9: Hass --------------- Hass Anzu hatte immer von sich gedacht, dass sie stark war. Sie war nicht unverblühmt genug gewesen, sich selbst als "guten" Menschen zu bezeichnen, aber Stärke war Etwas, dass man sich aneignen konnte. Und genau das, hatte sie versucht. Sie hatte den Mund aufgemacht um zu sprechen, wenn sie Etwas als ungerecht ansah, hatte die Konsequenzen, die ihre Taten mit sich zogen, in Kauf genommen, wenn es der gerechten Sache diente und hatte stets versucht, sich für Jene einzusetzen, die selbst nicht dazu in der Lage waren. Kurzum, sie hatte immer versucht, sich der Angst zu stellen, die Andere dazu brachte zu versteinern. Genau wie ihr Vater seiner Zeit. Ja, Anzu hatte sich immer für einen starken Menschen gehalten, doch langsam begann sie sich selbst in Frage zu stellen. Wie viele Tiefschläge, würde sie noch verkraften, ehe sie unter dem Druck zusammenbrach? Die hohe, goldene Decke, zu der sie ihren Blick soeben erhoben hatte, schien sie, mit ihren feierlichen Abbildungen der Königsfamilie, nahezu grausam zu verspotten. Sie lieferte sich ein Blickduell mit der Zeichnung eines jungen Mannes mit feuerroten Augen, vom dem sie wusste, dass sie es nicht gewinnen konnte. Zornig biss sie sich auf ihre Unterlippe und zuckte zusammen, als sie das weiche, neue Fleisch ihrer verheilten Wunde, mit der Zunge ertastete. Anzu nahm einen tiefen Atemzug, vorsichtig, darauf bedacht, ihre, noch immer schmerzenden Rippen nicht zu überstrapazieren. Vier Tage. Vier ganze Tage waren vergangen, seit ihr klar geworden war, wo sie sich befand. Vier Tage, in denen sie qualvoll überlegt hatte, wie sie diesem Albtraum entfliehen konnte. Vier, völlig vergeudete Tage, in denen sie nicht einmal in der Lage gewesen war, eigenständig zu laufen. Sie hasste ihren Körper für seine Schwäche, denn ohne ihn hatte sie niemals die Hilfe 'seiner' Schergen annehmen müssen. Heute war es ihr zum ersten Mal gelungen, sich auf ihren eigenen Beinen zu halten. Diese Gelegenheit, hatte sie sofort wahrgenommen und hatte sich, sobald sie sicher war, alleine zu sein, aus ihrem Zimmer geschlichen um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Doch, alsbald sie den Punkt erreicht hatte, an dem sie sich nun befand, unter dem steinernen Blick dieser blutroten Augen, hatten ihre Kräfte versagt und sie musste sich ihre Niederlage eingestehen. Die Augen ihres Feindes verhöhnten sie leblos, als sie sich ihrer Tatenlosigkeit Hingabe und den Blick, von der Abbildung des Pharaos löste, die Niederlage gegen den Kunstgegenstand geltend machend. Das Mädchen blinzelte mit ihren himmelblauen Augen, um die brennenden Tränen hinter ihren Lidern zurückzuhalten. Sie würde es nicht zulassen, dass sie nun auch noch weinte, wie ein verängstigtes Kind. Schon gar nicht, innerhalb dieser Mauern, während sie von einem Bild des fleisch- geworden Bösen angestarrt wurde. Anzu ließ ihren Blick über das Abbild des derzeitigen Königs gleiten. Das Bild musste schon etwas älter sein, denn die Gesichtszüge des jungen Mannes, waren nicht so scharfkantig, wie sie sie in Erinnerung hatte. Auf dem Bild, sah er friedlich aus, glücklich. Sein Ausdruck, auf ewig festgehalten durch die getrocknete Farbe, beinahe unschuldig. Und auch bei ihrer Begegnung mit ihm, hatte er nicht den Eindruck erzielt, jederzeit eine Waffe zu ziehen und Schrecken zu verbreiten. Doch und dass wusste Anzu nur zu genau, der Schein konnte trügerisch sein. Der Feind hüllte sich nur zu gern in den Mantel der Unschuld. Jener Mann, der sie in ihrem Zimmer besucht hatte und ein Gefühl der Ruhe in ihr ausgelöst hatte, war ein Trugbild gewesen, ausgelöst durch ihre Erschöpfung und dem Flehen ihres Körpers, endlich ruhen zu können. Sie wusste es, wenn sie die Augen aufschlug und sie wusste es wenn sie sich diese Zeichnung ansah, doch das hinderte ihren Kopf nicht daran, jenen Mann und seine sturmgleiche Stimme, jede Nacht in ihren Träumen erscheinen zu lassen. Wütend, ballte Anzu ihre Hände zu Fäusten, während sie sich an die Wand presste, um ihren, aus dem Rhythmus geratenen, Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Ihr Körper war völlig erschöpft von dem kurzen Weg hierher. Vogelzwitschern drang in ihre Ohren, während eine kühle Brise ihr schlichtes Gewand umwehte und sie erzittern ließ. Die Sonne würde in einigen Stunden aufgehen, was sie selbst mitten in der Nacht, orientierungslos, durch den labyrinthartigen Palast wandern ließ, mit einem Körper, der nach wenigen Schritten versagte. Wie Anzu es auch drehte und wendete, sie steckte, vorerst, hier fest. "Ihr seid auf." Beim klang dieser Stimme, ließ die junge Frau ihre Schultern hängen, denn nun waren auch ihre letzten Hoffnungen, das Innere ihres Gefängnisses hinter sich lassen zu können, zerbrochen. " Seid ihr wohlauf?" Sie kannte diese Stimme nur allzu gut, hatte sie sie doch bereits jeden Tag, seit ihrer Ankunft hier, vernommen. Liebevoll, besorgt, vielleicht sogar vorsichtig tadelnd, genau wie die großen, ehrlichen Augen, die zu ihr gehörten. Langsam öffnete Anzu ihre Augen und fand sicherem jungen Großwesir gegenüber wieder, der nicht einen Tag ausgelassen hatte, um sich nach ihrem Wohlbefinden zu erkunden. Seine beinahe kindesgleichen Gesichtszüge zeichneten einen verständnisvollen Ausdruck ab und Anzu fragte sich zum wiederholten Mal, wie alt der Mann namens Yuugi wohl sein würde. Aber vor allem, wie es möglich war, dass jemand wie er, eine so tragende Rolle neben dem Herrscher Ägyptens einnehmen konnte. War nicht die Aufgabe eines Großwesirs, den Pharao mit seiner Weisheit und Lebenserfahrung zur Seite zu stehen? Wie konnte jemand wie dieser Yuugi dieser Aufgabe gerecht werden, wenn er selbst noch beinahe aussah wie ein Kind? Der neue Pharao spuckte scheinbar nicht nur auf seine Untergebenen, sondern auch auf Tradition. In einer aufkeimenden Welle des Zorns, sandte sie einen bösen Blick an den Großwesir, ehe sie ihm eine Antwort entgegen zischte. "Wollt Ihr mich nun auch in meinem Zimmer einschließen?" Ein Lächeln legte sich auf die Lippen ihres Gegenübers, ein Lächeln, dass sich nicht nur auf seinem Mund abzeichnete, sondern auch seine Augen erreichte. Anzu hasste dieses Lächeln. Es nahm ihr den Wind aus den Segeln und sie spürte, wie ihre Wut abebbte. 'Der Feind hüllt sich nur zu gerne in den Mantel der Unschuld.', rief sie sich ins Gedächtnis, doch, ähnlich wie die Augen des Pharaos, die sie in den Schlaf verfolgten, war sie machtlos, als der Zorn versiegte. "Niemand wird Euch irgendwo einsperren.", sagte er ruhig. "Ihr seid keine Gefangene." Das junge Mädchen kämpfte erneut gegen die aufsteigende Tränenflut, die hinter ihren Lidern brannte und wendete ihre Augen ab. Wie sehr sie ihm glauben wollte, wurde ihr immer erst bewusst, wenn er zu sprechen begann. Erschöpft schüttelte sie den Kopf und beschloss ihren Weg durch den Palast, ohne ein weiteres Wort an den Großwesir, fort zu setzen. Die Pause, die sie eingelegt hatte, hatte ihrem Körper gut getan und sie ging, ohne zu taumeln, voran. Ihre Gedanken überschlugen sich förmlich, als sie die Schritte vernahm, die sie verfolgten. " Wenn ich keine Gefangene bin, wieso folgt Ihr mir dann?", fragte sie und machte sich keine Mühe, dir Bitterkeit ihrer Frage zu verstecken. "Nun, ich denke, dass niemand gerne alleine spazieren geht." "Ich allerdings schon." "Dann ist es umso freundlicher von Euch, dass Ihr mir Gesellschaft leistet." Der junge Großwesir kicherte leise über seinen eigenen Witz und Anzu wunderte sich erneut nach seinem Alter. "Verzeiht bitte, ich scherze lediglich. Tatsächlich, hat der König nach mir verlangt und ich bin auf dem Weg, ihn zu treffen." Das Mädchen warf einen verstohlenen Blick auf ihren ungewollten Begleiter. Dieses Lächeln schwand einfach nicht aus seinem Gesicht. Sie schnaubte angewidert bei der Erwähnung des Pharao. "Er ruft Euch zu sich, mitten in der Nacht, wenn der Rest der Welt schläft, und Ihr leistet seinem Ruf blind folge, wie der brave Lakei, der Ihr seid.", spottet sie. "Ja.", gab der junge Mann zurück, scheinbar unbeeindruckt von ihrem Hohn. "Warum?", fragte sie, noch bevor sie Zeit hatte sich zu fragen, aus welchem Grund sie immer noch mit ihm redete, hatte sie doch beabsichtigt ihn zu ignorieren. Der Großwesir zuckte beiläufig mit den Schultern. "Weil er mein König ist.", erklärte er simpel. "Ich hatte eine etwas tiefsinnigere Antwort von Euch erwartet, Großwesir." Sie schüttelte den Kopf, während sie seinen Stand verhöhnte. "Ist die Wahrheit zu sagen nicht immer weise, egal wie simpel und belanglos sie auch scheint? " Sie waren vor einem Balkon zum Stehen gekommen. Zwei Wachen standen vor dem Zugang, ihre Speere an die Schulter gelehnt, jeder Zeit bereit, sie beim kleinsten Anzeichen vom Gefahr, als tödliche Verteidigung zu nutzen. Ihr Herz hatte, vor Anstrengung, seinen schlag beschleunigt und ihr Atem ging rasch. Wieder, wurde ihr schmerzhaft bewusst, dass sie alles Andere als in der Lage war, einen erfolgreichen Fluchtversuch zu unternehmen. Ehe sie protestieren konnte, hatte Yuugi ihr Handgelenk zu fassen bekommen und führte sie langsam und vorsichtig auf den Balkon. Als sie Anstalten machte, sich los zu reißen, ließ er sofort von ihr ab und trat einen Schritt zurück, eine Hand zu einer beruhigenden Geste erhoben. "Verzeiht, ich habe nicht nachgedacht. Ihr mögt es nicht angefasst zu werden, das ist nur allzu verständlich. Ich dachte nur, nach all der Zeit, die Ihr im Bett verbringen musstet, würde Euch etwas frische Luft gut tun." Anzu schluckte angestrengt, ihre Glieder zitterten vom dem Nachhall der Panikattacke. Seit den Vorfällen auf dem Marktplatz, ertappte sie sich immer öfters dabei, wie sie panisch wurde, wenn jemand sie überraschend berührte. Sie legte eine Hand auf ihr Herz und atmete tief ein. Genau wie ihr Körper, hatte auch ihr Geist einige Verletzungen erlitten. "Habt keine Angst.", sprach der junge Mann in einem, seinem Alter untypischen, Ton. "Ich habe keine Angst. ", erwiderte sie und trat an das Geländer, um sich abzustützen. Nein, was sie in diesen Panik erfüllten Momenten empfand, war keine Angst. Viel mehr, war es ein Überlebensinstinkt, der sie vor weiterem Schaden zu schützen versuchte. Aus den Augenwinkeln heraus, konnte sie beobachten wie der Großwesir sich, den Abstand wahrend, neben ihr positionierte. "Ist es nicht wunscherschön?", fragte er und lehnte Seim Gesicht gegen eine Hand. Verwirrt zog sie eine Augenbraue nach oben, bis ihr Blick dem seinen folgte. Unterhalb von Ihnen erstreckte sich ein Garten, so schön, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. Weiße Blumen waren das Erste, was sie erblickte, als sie ihre Augen gierig über die fruchtbare Erde gleiten ließ und die frische Nachtluft einatmete. Die weißen Blüten rankten sich um hölzerne Bögen und kletterten einen majestätischen, altern Baum hinauf, während sie im Mondschein leuchteten, wie auf die Erde hinab gestiegene Sterne. Zwischen den blühenden Beeten, führten schmale Pfade hindurch, deren Ende stets zu einer goldenen Büste eines Gottes führte. Doch, inmitten einer kreisrunden Insel, direkt im Zentrum dieses himmlischen Gartens, prangte ein riesiges Auge des Horus und starrte in den Himmel. Anzu blieben die Worte weg, hatte sie noch nie etwas Vergleichbares gesehen. "Dieser Garten, wurde angelegt, als die Königin verstarb und jedes Jahr, am Tag ihres Todes, stehen die Blumen in voller Blüte, als würde sie einen Gruß aus dem Reich der Toten senden." Yuugis Stimme riss sie aus ihrer Bewunderung. Trübsinn überkam sie und sie drehte dieser Schönheit den Rücken zu, lehnte sich mit ihrer Kehrseite gegen das Geländer. "Eine schöne Vorstellung. ", sagte sie traurig. "Ihr glaubt nicht daran?" Anzu konnte seine Augen auf sich spüren, konnte dieses omnipresente Lächeln in seiner Stimme hören. Ihre Trauer wurde ersetzt durch die bekannte Bitterkeit. "Normale Menschen haben keinen königlichen Garten um sich mit dem Gedanken zu trösten, dass ihre toten, Liebsten ihnen Grüße senden." "Das beantwortet nicht meine Frage. " "Ich glaube, wenn die Menschen tot sind, sind sie fort. So bald die Götter sie zusichern rufen, so bald der Körper erkaltet, gibt es kein zurück mehr und warum sollte man auch zurück wollen, wenn man die Chance hat, bei ihnen zu sein und diese Welt hier, hinter sich zu lassen?" Das Gesicht ihres Vaters, fand den Weg in ihren Kopf und sie versuchte es los zu werden, indem sie sich mit beiden Händen über das Gesicht strich. "Wen habt Ihr verloren?" Offensichtlich konnte nicht einmal er noch lächeln, wenn es um den Tod ging und obwohl sie ihm dafür dankbar war, konnte sie nicht länger an sich halten. Was tat sie hier eigentlich? Sie sollte diesen Mann hassen. Er war schließlich dafür verantwortlich, dass sie sich im Haus ihres Feindbildes aufhielt und, zu allem Überfluss, war er auch noch seine rechte Hand. Und doch, stand sie hier mit ihm und redete über Blumen und den Tod, als wären sie alte Bekannte, die sich nach langer Zeit wieder getroffen hatten, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er ihre Wut gedämmt hatte, der einzige Grund aus dem sie in diesen Mauern noch nicht den Verstand verloren hatte. Der Zorn kehrte mit voller Wucht zurück und sie zischte den Großwesir so bösartig an, dass die steingleichen Wachen sich zu ihnen umdrehten. "Ich wüsste nicht, warum Euch das interessieren sollte! Müsstet Ihr nicht längst bei Eurem Herrn sein, wie das brave Schoßhündchen das Ihr seid?" Sie hatten sich einander zugewandt und Anzu konnte dir Überraschung in seinen großen Augen sehen, doch seine Miene verzog sich nicht. Er schaute ernst drein und glich auf einmal nicht mehr dem kindlichen Eindruck, den sie von ihm hatte. "Mein Pharao weiß, dass ich mich verspäte.", begann er. Das braunhaarige Mädchen war für einen Moment verwundert, hatte Yuugi doch niemanden diesbezüglich informiert, doch ehe sie diesen Gedanken weiter nachgehen konnte, sprach er weiter. "Und es interessiert mich." "Warum? Warum sollte es Euch kümmern? Wenn Ihr nach jemanden sucht, den Ihr bemitleiden könnt, schlage ich vor, Ihr werft einen Blick auf die Umstände außerhalb dieser Mauer! " Die Augen des Großwesirs sanken für einige Sekunden zum Himmel und er bewegte seine Lippen, doch konnte sie nicht erraten welche Worte aus seinem Mund kamen. Als sein Blick Sir wieder fand, glaubte sie eine tief verborgene Trauer in ihm erkennen zu können. "Es interessiert mich, weil ich es verstehe." Anzu schmiss die Hände über den Kopf und lachte laut. "Ich bitte Euch! Was wisst Ihr schon über Verlust? " "Mehr als Ihr ahnt." "Was, ist Euer Hauspferd gestorben? " Dieses Mal ging der Hohn nicht spurlos an ihm vorüber, seine Augen weiteten sich schmerzerfüllt und sein Mund verzog sich zu einem gequälten Lächeln. Er blinzelte stark. Zum ersten Mal sah Anzu ihn als einen Menschen vor sich stehen und Reue wusch über sie hinweg, doch sie konnte diese Wut in ihrem Inneren nicht unter Kontrolle kriegen. "Für jemanden der Zeuge von so viel Leid war, wie Ihr, könnt Ihr selbst ziemlich grausam sein." Einen Moment lang, war sie sprachlos, seine Worte hatten ihr den Odem aus den Lungen entzogen und sie öffnete uns schloss ihren Mund wie ein Fisch, der an Land um sein Überleben kämpfte. Doch auch jetzt, fand die Wut einen Weg sich Ausdruck zu verleihen. "Ihr seid ein Mann von Adel, erzählt mir nichts von Grausamkeit. ", spie sie aus. Yuugi schien über ihre Worte nach zu denken, ehe er leicht mit dem Kopf nickte und seufzte, sein Ausdruck glich nunmehr dem Des Wehmutes. "Ja, das bin ich. Aber ich war es nicht immer. Ich wurde außerhalb des Palastes geboren, in Armut und verlor Alles, ehe ich meinen Platz fand. Ich verlor..." "Warum erzählt Ihr mir das?", unterbrach sie ihn schreiend. "Warum redet Ihr mit mir, als wären wir alte Freunde, obwohl Euch inzwischen klar sein sollte, dass ich Euch und alles Andere hier...", sie machte eine ausholende Geste "... Verabscheue! Dass ich lieber auf den Straßen wäre um meinesgleichen zu helfen, selbst, wenn es bedeutet, für den Rest meines Lebens als Sklavin zu arbeiten und geschlagen zu werden, als auch nur noch ein einziges Mal innerhalb dieser Gemäuer zu erwachen!" Der Großwesir biss sich auf seine Unterlippe und nahm einen tiefen Atemzug, durch den sich seine Nasenlöcher weiteten. Er sandte einen kurzen, besorgten Blick in Richtung der bewaffneten Männer, nickte einmal zufrieden, als er sie unbewegt erspähte und baute sich vor ihr zu seiner ganzen Größe auf. Er straffte seine Schultern und trotz der Sicherheit, die er ausstrahlte, seit sie dieses Gespräch begonnen hatten, wirkte er nervös. "Weil es so viele Dinge gibt, von denen Ihr noch nichts wisst. So viel mehr in Erfahrung zu bringen, Fragen auf die wir eine Antwort verlangen, Lösungen die gefunden werden müssen. Ich habe Euch damals nicht nur aufgrund meiner gütigen Natur mit in den Palast genommen, sondern, weil ich etwas in Euch gesehen habe, dass das selbe Ziel verfolgt wie wir. Und ich habe Leidenschaft gesehen und Mut, aber vor allem Kampfgeist. Ich erkannte in Euch etwas, dass wir brauchen." "Was wollt Ihr von mir?" "Eure Hilfe." Das junge Mädchen zog ihre Augenbrauen nach oben, das Gesicht völlig entsetzt. "Meine Hilfe?", fragte sie nach. Sie musste sich verhört haben. Doch der Großwesir bejahte ihre Frage mit einem kurzen eindeutigen Nicken. Anzu wusste nicht einmal wie sie sich fühlen sollte. Das musste ein Witz sein, dem sie nicht verstand. Doch die Miene ihres Gegenübers war so ernsthaft und fest entschlossen, als hätten die Götter selbst, sie auf seinem Gesicht geformt. "Habt Ihr mir nicht zugehört? ", begann sie und fügte eine hilflose Geste mit den Händen hinzu. "Ich hasse es hier zu sein. Wie kommt Ihr darauf, dass ich Euch helfen würde? " "Selbst dann nicht, wenn es mit Euren Interessen übereinstimmt? " "Was könnten wir für gemeinsame Interessen haben?" Ihr würde bewusst, wie angewidert sie klingen musste, konnte sich aber nicht helfen. Wie konnte er es wagen? "Die Befreiung der Sklaven und Festsetzung ihrer Peiniger." Dieser Satz war wie ein Schlag ins Gesicht. Das junge Mädchen japste nach Luft, ein ruckartiges Verfahren, dass sie an ihren kaputten Körper erinnerte. Sie griff nach ihren Rippen und bemerkte, dass ihr Mund offen stand und ihr Gesicht die Fassungslosigkeit darstellte, die ihren Kopf einzunehmen drohte. "Was?", war das einzige, das sie hervor bringen konnte. "Wir werden die Sklaverei beenden. Ein für alle Mal und könnten dabei jemanden wie Euch gebrauchen.", führte ihr Gegenüber genauer an. Ihre Gedanken überschlugen sich. Verhöhnte er sie? Wollte dieser Mann sich an ihr rächen, weil sie ihrer Abneigung kund getan hatte? Konnte er so grausam sein? Aber aus welchem Grund glaubte sie dann jedes seiner Worte? Warum sah er so bestimmt aus, während er sie aus seinen amnetyst- farbenden Augen ansah? Dann kam ihr eine weitere Frage. "Wer ist wir?" Ihre Stimme war ein Flüstern, beinahe torlos, ängstlich. Sie fürchtete sich, weil sie in jeder verstreichenden Sekunde unsicherer wurde. Was, wenn er die Wahrheit sprach? Das würde alles, was sie zu wissen gedacht hatte, ins wanken bringen. "Nun, wir alle. Die Kriegsmeister, der Hohepriester und natürlich der Pharao. " "Der Pharao?", stieß sie hervor. Ihre Stimme brüchig. Yuugi nickte und sah sich in der Gegend um, als wäre er auf der Suche nach etwas. Ein kälter Schauer lief ihr über den Rücken und sie legte eine Hand vor ihren Mund, um den Schrecken zu verbergen. "Er ist der Grund, für all das hier." Der Großwesir öffnete seinen Mund um zu sprechen, doch der Klang von näher kommenden Schritten, lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Flur, den sie selbst vor kurzem entlang gelaufen waren. Männliche Stimmen drangen ihnen in die Ohren. Es handelte sich um mindestens sechs Menschen. Anzus Gänsehaut nahm zu und sie begann deutlich zu zittern, als sie eine von ihnen wiedererkannte. Ihre Befürchtungen bestätigen sich, als die beiden Wachen vor dem Balkon, sich tief verneigen. Es wurden freundliche Worte mit Ihnen gewechselt, aus gesprochen von dieser bebenden, tiefen Stimme und wenig später fanden sich die Männer ihnen gegenüber wieder. Vier von ihnen waren gekleidet, wie Männer einer Leibgarde, doch einer, ein Blonder, zeichnete sich, mit zahlreichen Wappen auf seiner Rüstung, als höher Gestellter aus. An seiner Linken, baumelte ein Langschwert mit schlichtem Griff. Doch sie erkannte ein zierliches Flammenemblem. Der fünfte Mann, ein hochgewachsener, breitschultriger, mit braunem Haar und Augen so kalt wie ein Raubtier. Er hielt einen goldenen Stab fest umschlossen. Und dann war da er. Mit diesen stechenden Augen, die Ihr Angst vor ihren eigenen Träumen machten. Sein Blick war auf den Mann neben ihr gerichtet. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. "Yuugi.", sprach er freundlich, als hätte er erwartet ihn hier zu treffen. "Ist es bereits soweit? ", fragte dieser sanft zurück. Ein Nicken bejahte seine Frage, dann wandte er sich ihr zu und sie erstarrte zu Stein und hielt die Luft an. "Wie ich sehe, geht es Euch besser." Aufrichtige Erleichterung in seinen Worten. Wärme in seiner Stimme. Ein weiterer Schlag ins Gesicht. "Dennoch solltet ihr Euch nicht übernehmen. " Einfach alles in ihr stand Kopf. Sie war an einem Ort, den sie sich nie gewünscht hatte zu sehen, sprach mit dem Großwesir in mitten der Nacht, obwohl sie zuvor versucht hatte von hier zu fliehen und nun stand auch noch jener Mann vor ihr, den sie mehr hasste, als alles andere auf der Welt. Der Mann, der für jede Schlechtigkeit, jeden Kummer, jeden Schmerz stand, deren Zeuge sie geworden war. Sie machte einen Schritt nach vorne. Nein, was Yuugi sagte, musste eine Lüge sein. Ein weiterer Schritt folgte. Sie könnte niemals eine Allianz mit ihnen formen. Sie würde alles verraten, was sie ausmachte. Niemals. Die blutroten Augen des Mannes musterten sie neugierig, als sie direkt vor ihm zum Stehen kam. Hass. Er durchströmte sie, beseitigte die Steifheit ihrer Glieder und es spielte keine Rolle mehr, dass er sie heimsuchte. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie presste ihren Kiefer fest aufeinander. Besorgnis legte sich auf seine Gesichtszüge. Anzu schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. "Verräter!", schrie sie ihn an. Für einen Moment schien die Welt still zu stehen. Dann ging alles ganz schnell. Ein Stimmengewirr brach los und sie wurde vom dem König zurück gerissen. Kräftige Hände bekamen ihre Haare zu fassen und rissen ihren Kopf heftig herum. Zwei weitere hielten ihre Arme auf ihrem Rücken fest. Sie begann sich zu winden, während sie immer wieder Flüche ausstieß. Ohne einen Kampf würde sie sich nicht ergeben. Die drei Männer hatten sich zwischen ihren Herren hindurch gezwängt. Ihre Beine wurden angehoben und sie konnte sehen wie die verbleibenden Wachen mit ihren Handrücken ausholten. "Nein!" Der Befehl wurde gebrüllt und sofort hielten die Wachen inne. "Lasst ab von ihr.", etwas ruhiger gesprochen folgte der zweite und umgehend wurde Folge geleistet. Sie fühlte wie ihre Beine abgesetzt wurden, ihre Arme wurden frei gelassen und der Schmerz auf ihrem Kopf ließ nach. Reflexartig griff sie nach der schmerzenden Stelle. Yuugi, der völlig reglos neben ihr gestanden hatte, eilte auf den Pharao zu, der sich gerade mit seinem Handrücken, das Blut von der Lippe gewischt hatte. "Herr.", rief der Großwesir besorgt und legte eine Hand vertraut an die Wange des Königs um die Verletzung besser in Augenschein nehmen zu können. Der blonde Würdenträger funkelte sie wütend an, während der andere dir Szenerie vor sich beobachtete und seinen Stab fester umschloss. Der König umfasste Yuugis Handgelenk und zog seine Hand sanft aus seinem Gesicht. Er lächelte ihn an. "Es ist Nichts. Sorg dich nicht.", sprach er ehrlich. Er kreuzte Anzus Blick kurz, ehe er weiter sprach. Sie straffte sich und legte alle Abscheu die sie gegen ihm empfand in ihre Augen. "Ich denke, es wäre besser, wenn sie zu ihrem Gemach zurück eskortiert wird." Er sah sich zu dem Blonden um. "Jounouchi?", bat er. "Ja, mein Pharao." Der König nickte und suchte die Augen seines Großwesirs. Sie schwiegen sich an, doch Anzu kam es vor, als würde ein Austausch stattfinden. Der Pharao kicherte leise, als hätte jemand einen Witz erzählt und schüttelte den Kopf. "Okay.", erklärte Yuugi und ließ seine Stirn einmal kurz gegen dir Schulter seines Gegenübers fallen, während er erleichtert seufzte. Mit einer Handbewegung befehligte der König, seinen Wachen ihm zu folgen, die beiden anderen Männer nahmen ihre frühere Position wieder ein. Bevor er, mit seinen Wachen und dem braunhaarigen Mann verschwand, schaute er sie, ein letztes Mal an und ließ sie, in Begleitung von Yuugi und Jounouchi,völlig verwirrt zurück. Kapitel 10: Revolution ---------------------- Revolution Bakura nahm einen kräftigen Schluck aus dem Wasserschlauch, den man ihm gereicht hatte. Ein wohliges Seufzen entfuhr ihm, als der schale Geschmack sich in seinem Mund ausbreitete. Die lauwarme Flüssigkeit rann seine Kehle hinab,während einige, zarte Tropfen von seinen Lippen perlten und ihm über das Kinn floßen. Gierig schoss seine Zunge aus dem Mund, um ja keinen Tropfen des lebensspendenen Getränkes zu vergeuden. Seine, von der Hitze, aufgesprungenen Lippen brannten, als das Geschmacksorgan sie berührten. Er blickte missmutig auf das Gefäß in seinen Händen. Der halbvolle Behälter, den er für gewöhnlich an seinem Gurt trug, war das wertvollste, was ihm gegenwärtig handhabend war. Doch diesen Umstand, plante er zu ändern. Schon bald, würde er dem Ziel, dass er sich gesetzt hatte, einen Schritt näher gekommen sein. Vorausgesetzt, sein Plan würde aufgehen. Und vorausgesetzt, sie würden jemals ihren Anlaufpunkt erreichen. Genervt drehte er sich um, die schmale Gruppe Menschen suchend, die hinter ihm zurückgeblieben war. "Wo bleibt Ihr denn?", fragte er ungeduldig und fletschte die Zähne. Der Adressat seiner Frage, legte sein verschmitztes Grinsen auf, als er sich, mit einem seidenen Taschentuch, den Schweiß von der Stirn tupfte. Sein schweres, dunkelviolettes Gewand wehte ihm um den Körper, als ein trockener Windzug sie passierte. "Geduld, ist eine Tugend, mein lieber Bakura. ", tadelte er ihn kopfschüttelnd und trat von den übrigen Mitgliedern ihrer Reisegruppe, Rishid, seine rechte Hand und zwei schlichten Tempeldienern, zurück. Ein Kichern entfuhr ihm, als er Bakura musterte. "Du hast da noch einen Tropfen. ", stellte er fest und hob eine Hand. Das Gesicht des Diebes brannte wie Feuer, wo seine schlanken Finger das nackte Fleisch berührten und sein Daumen, hauchzart, über das Kinn strich. Er versuchte, sein Unwohlsein zu überspielen, indem er vermied, seinen Gegenüber anzusehen, doch er befürchtete, dass der Blonde ihm ohnehin besser zu lesen vermochte, als ein Buch. Zu allem Überfluss, dachte der Grabwächter nicht daran, es mit dieser Aktion gut sein zu lassen. Er fixierte, mit seinen violetten Augen, Bakuras Mund und leckte, den schmalen Tropfen Wasser, provozierend, von seinem Finger. Der Dieb schluckte angestrengt und drehte ihm ruckartig den Rücken zu. "W- wir sollten weitergehen! Wenn wir das Ziel zu spät erreichen, werden wir die Nacht dort verbringen müssen. " "Wäre das denn so tragisch? Wir könnten uns ein Zimmer teilen." Selbst, wenn er sein Gesicht nicht mehr sah, vermochte Bakura es, sein schiefes Grinsen zu hören. "Hört auf und bewegt Euch endlich!", zischte er ihm als Antwort entgegen und setzte seinen Weg fort. Eher würde er sterben, als freiwillig das Bett mit diesem Manipulator zu teilen, doch fühlte sich sein Magen mit einem Mal flau an. Bakura schob es auf die Tatsache, dass er seit den frühen Morgenstunden nichts festes mehr zu sich genommen hatte. Sein "Meister" kicherte ein letztes Mal vergnügt, ließ, seine Aufmüpfigkeit, aber unkommentiert. Sein Inneres schrie laut auf. Wenn er diesen Einfallspinsel nicht brauchen würde, um ihm die Türen, die es zu öffnen galt, zu öffnen, wäre er schon längst über alle Berge verschwunden. Als er eine Ecke passierte, fand er sich auf dem Marktplatz wieder. Der Palast, dass Ziel das sie seit vielen Stunden anstrebten, warf seinen mächtigen Schatten auf die Menschen, die hier ihrem Treiben nachgingen. Er hielt einen Moment inne und erlaubte sich, das prächtige Gebäude zu bewundern. Er spürte das gewohnte Kribbeln in seinen Fingerspitzen, während die Vorfreude sich in ihm auszubreiten begann. Bald. Sehr bald. Je näher die Mauern rückten, desto mehr kam er ins Grübeln. Was, wenn er hier nicht fündig werden würde? Was, wenn die Person, deren Präsenz er hier zu finden erhoffte, schon lange nicht mehr hinter diesen Mauern beherbergt würde? Immerhin war es nun schon gut eine Woche her, dass er seinen Verdacht bestätigt sehen wollte. Er konnte nicht absolut sicher sein, dass der Grund seines Besuches hier, noch immer zugegen war. Er baute darauf, bald eine Antwort zu erhalten. Der Dieb sandte seinen Blick in den Himmel. >Wenn es euch Mistkerle doch geben sollte, wagt es nicht, mir dazwischen zu funken!< Die Köpfe der Händler und Käufer drehten sich zu ihnen, als ihre Gruppe die zahlreichen Stände passierte. Er sah, die Männer ihre Häupter ehrfürchtig auf den Boden senken und die Frauen, steckten die Köpfe zusammen, während sie hinter erhobenen Handrücken kicherten. Ihre Augen waren auf den gutaussehenden Grabwächter gerichtet, der am Kragen seiner Kluft zupfte, um sie zu lüften. Der weißhaarige, junge Mann beobachtete die Szenerie angeekelt. Das Weibsvolk gackerte Marik an, als handelte es sich um den Lichtgott persönlich. Er ballte seine Fäuste, eine Welle des Zorns unbekannter Herkunft in ihm aufkeimend und legte den Abstand zurück, den er zwischen sich und den Anderen aufgebaut hatte. Rishid musterte ihn aufmerksam, funkelte ihn böse an, als er Mariks Arm zu fassen bekam und begann, daran zu reißen. Der Grabwächter protestierte wild, wirkte im Allgemeinen ziemlich überrascht. "Bakura! Was tust du da?", verlangte er zu wissen. "Ich beschleunige unseren Weg, verhindere, dass diese Frauen bei Eurem Anblick zu sabbern beginnen und Ärger mit ihren Männern bekommen.", blaffte er zurück, seinen Griff um Mariks Arm verstärkend. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Rishid die Verfolgung aufnahm, doch es kümmerte ihn nicht. Er fürchtete den großgewachsenen Mann mit dem Gesichtstatoo nicht. "Was ist denn nur in dich gefahren? " Obwohl der Tonfall des Blonden amüsiert klang, lauerte ein verunsicherter Klang in seinen Worten. Hinter einer Gasse, in die er sie beide manövriert hatte, kam er zum Stehen. Täuschte er sich, oder hatte er es tatsächlich geschafft, die blonde Nervensäge zu ubertölpeln? "Erklärst du mir jetzt endlich, was gerade vor sich ging?" Bakura schwieg und lugte hinter der Ecke hervor. Die Zivilisten hatten ihre Tätigkeiten wieder aufgenommen. "Nichts. Ich bin es nur leid, dass Ihr trödelt. Ich wollte verhindern, dass Ihr durch den Pöbel noch länger aufgehalten werdet. " Marik zog seine Augenbrauen nach oben und legte seine Stirn in Falten. Er musterte ihn ausgiebig. Sie schwiegen einen Augenblick. Mariks Blick wanderte zwischen dem Dieb und dem Marktplatz, den sie übereilt hinter sich gelassen hatten. Ohne Zweifel, musste er auch Rishid entdeckt haben, doch wenn dem so war, ließ er es sich nicht anmerken. Dann verwandelte sich seine fragende Miene, als er ein junges Mädchen bemerkte, dass an der Gasse vorbeilief und errötete, als sie ihn sah. Mit Mühe und Not, schaffte sie es den Korb, den sie umklammert hielt, nicht aus ihrem Griff fallen zu lassen. Seine strahlend weißen Zähne, kamen zum Vorschein. Der Dieb verschränkte seine Arme schützend vor der Brust, wie immer völlig überwältigt von diesen unerwarteten Ausbrüchen. Er atmete durch seine Nase, versuchte seine Aufregung als Hitzeausbruch zu überspielen. "Jetzt verstehe ich.", grinste Marik zufrieden. "Und was bitte?" Hatte er vor einigen Sekunden noch Überlegenheit verspürt, musste er sich jetzt zusammenreißen, seinen nervösen Ticks nicht stattzugeben. "Nun mein Lieber, ich versichere dir, dass du keinen Grund hast, eifersüchtig zu sein. Wenn du bei mir bist, habe ich ohnehin nur Augen für dich. " Sein Gegenüber zwinkerte anzüglich und der Dieb hielt die Luft an. Ein Kloß blieb ihm im Hals stecken, doch er schaffte es eine Antwort auszustoßen. "Pff. Bildet Euch bloß nichts ein. Ich bin ohnehin nur mitgekommen um zu sehen wie unser "glorreicher" König, Euch dieses dämliche Grinsen aus dem Gesicht wischt. Und behaltet Eure aufdringlichen Augen bei Euch!" Doch wenn der Grabwächter sich eingeschüchtert fühlte, so zeigte er es nicht. Er schüttelte lediglich sein Haupt und fuhr sich mit einer Hand durch die schweißnassen Haare. "Du bist mitgekommen, weil ich es verlangt habe. " Bakura sah, wie er einen Schritt auf ihn zu machte. "Weil wir Etwas gemein haben. ", setzte er fort. Der Dieb lachte ihm höhnisch ins Gesicht. "Macht Euch nicht lächerlich! Was könnten wir gemeinsam haben?" "Genau wie du, habe ich mein Eigentum gern in meiner Nähe und mag es nicht, wenn Andere es anstarren. " Ein eiskalter Schauer lief Bakura über den Rücken und er musste an sich halten, nicht zu taumeln. Seine Gedanken, waren in tiefstes Chaos gestürzt worden. Es war wenig hilfreich, dass sein Begleiter diesen selbstsicheren Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Sein Herz schlug schnell, sein Blut kochte vor Wut, vor Erregung, aber vor allem aus Scham. Er schämte sich für sich selbst. Normalerweise hatte er sich unter Kontrolle, hatte all jene Gefühle, die sich in der Vergangenheit als wertlos erwiesen hatten,tief vergraben in einem Loch, dass er mit Hass und Zorn angereichert hatte, auf das diese Schwäche nie wieder ans Licht gelangen sollte. Doch mit jedem Zusammentreffen, war es, als würde jemand dieses Grab öffnen, um an das Verborgene zu gelangen. Er hasste dieses Gefühl, er wollte die Vergangenheit mit niemanden teilen, nicht einmal mit sich selbst. Beinahe hätte er gelacht, hatte er selbst doch seit frühesten kindertagen Gräber geplündert und was verborgen lag, ans Licht geholt. Es hatte ihn Jahre gekostet, seine schwache Seite loszuwerden und er dachte nicht daran, sich mit ihr auseinander zu setzen. "Ihr sagtet damals, ich wäre nicht Euer Sklave. ", stellte er, scheinbar gleichgültig, fest. Dieser Marik und sein selbstgefälliges Grinsen, konnten nach dem heutigen Tag tot umfallen, soweit es ihn betraf. "Und es ist die Wahrheit. ",erklärte der Blonde geduldig. Der Dieb glaubte, ein hinterlistiges Zischen, wie bei einer Schlange zu vernehmen. "Dennoch gehörst du mir." Seine Aussage klang nicht, als würde er ihm drohen, eher wie ein Tadel, den man an ein Kind richtete, dass eine Spielregel missverstanden hatte. Ein Versprechen, womöglich. Bakura schluckte hart, brachte es aber fertig den Blickkontakt aufrecht zu halten. "Du weißt, dass ich Recht habe." Beinahe schon stolz, verzog er keine Miene, ganz gleich, wie sehr er seinem Gegenüber eine verpassen wollte. Niemand besaß ihn. Niemand würde ihn jemals besitzen. Einen König besaß man nicht. Offensichtlich hochgradig amüsiert, trat Marik von ihm zurück und rief nach Rishid und ihren anderen Begleitern. Wenig später stießen diese zu ihnen. Als sie ihren Weg fortsetzten, spürte der Dieb Rishids bösartigen Blick auf sich ruhen. Doch wenn die rechte Hand etwas zu sagen hatte, ließ er es. Schließlich würde er niemals einen Befehl ausführen, den sein Meister ihm nicht erteilt hatte. Angewidert spuckte Bakura auf den Boden. Niemals würde er es zulassen, so zu werden. Ohne weitere Zwischenfälle erreichten sie die Palastmauern, wo man sich nach ihren Namen und dem Grund ihres Eintreffens erkundigte. Die Wachen machten überraschte Gesichter, als sie erfuhren, wer den Pharao zu sehen verlangte. Sie wurden hereingebeten und die Anspannung Des Diebes wuchs. Er hatte niemals damit gerechnet, bis hier her vorzudringen. Hatte immer gedacht, dass seine Rache sich außerhalb dieser Mauern ereignen würde. Auf dem Schlachtfeld, oder in einer dunklen Seitengasse. Das der Palast einmal Teil seines Ziels sein würde, schien ihm immer weit hergeholt. Blutrünstige Vorfreude überkam ihn, als er die Gänge entlang lief. Er kam nicht umhin sich vorzustellen, wie sein Erzfeind diesen Weg schon etliche Male gegangen war, während er sich den Kopf zerbrach, wie er seiner Regentschaft noch mehr Finsternis einflößen konnte. Er begutachtete die wertvollen Zeichnungen, die vergoldeten Torbögen. Ja, schon bald, würde er endlich bekommen, was er verdiente. Doch zunächst, musste er sich von seiner Reisegruppe absetzen. Die beiden Flügeltüren, auf die sie zugelaufen waren, wurden aufgerissen und ein Dutzend Männer strömte hinaus. Hinter ihnen konnte er, in etwa fünfzig Schritten Entfernung, den goldenen Thron ausmachen, von dem aus der König Ägyptens seine Männer befehligte. Doch jetzt, stand er leer. Bakuras Augen musterten die Männer, die vor ihnen zum Stehen gekommen waren. Einige trugen Speere, Andere Breitschwerter, die an ihren Seiten befestigt waren. Sie begutachteten die Besucher aufmerksam, wie um sicherzustellen, dass keine Gefahr von ihnen ausging. Die Gruppe teilte sich und wich in zwei Richtungen aus, als zwei Personen durch ihre Mitte traten. Der hintere, ein junger kleingewachsener Mann mit großen Augen, die besorgt auf den Mann vor sich gerichtet waren. Der Dieb rieb sich die Augen, für einen Moment besorgt, dass die sengende Sonne seinen Geist verbrüht hatte. Die beiden Gestalten sahen einander so ähnlich, dass es sich um ein Trugbild handeln könnte. Doch der strahlende Kopfschmuck, der das Haupt des Vorausgehenden bedeckte, sprach Bände. Wenn er ehrlich war, hatte Bakura sich den Pharao anders vorgestellt. Älter, vielleicht. Der Mann vor ihm sag sogar noch jünger aus, als er selbst. Sein Gang war stark, aufrecht, stolz wie der eines Königs, doch die Ringe unter seinen Augen, glichen eher denen einer Küchenhilfe. Hass stieg in ihm hoch, beim Anblick dieses Mannes und er vergönnte ihm jede Sekunde, in der er keinen Schlaf fand. Zusammen mit der Abscheu, stiegen auch die Erinnerungen an seine Heimat. Das Blutbad, die Schreie. Alles, kurz nachdem sich die Kunde von der Krönung des Prinzen, herumgesprochen hatte. Er presste seinen Kiefer fest zusammen und bohrte seine Fingernägel in das Fleisch seiner Hände. Der Schmerz half ihm, kontrolliert zu handeln und nicht auf den König zuzustürmen, um ihn mit bloßen Händen zu erwürgen. Er begnügte sich damit, sich in seinen Gedanken auszumalen, wie er die Kehle des Mannes zudrückte, bis das Leben aus seinen forschenden Augen gewichen war und sie in seinen Kopf zurück rollten. Er konnte es kaum erwarten. "Marik.", sprach der Gekrönte freundlich und riss ihn damit zurück in die Wirklichkeit. Seine Stimme ließ ihn erschaudern, sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen und Bakura wich zurück, aus Angst nicht in der Lage zu sein, den Anschein zu wahren. "Mein Pharao. ", erwiderte der Angesprochene und legte zwei Finger an seine Brust, während er sich tief verneigte. Der Dieb beobachtete ihren Austausch mit Adleraugen. Er hatte erwartet, dass die Beiden sich kannten, doch sie gaben sich wie gute Bekannte, vielleicht sogar Freunde. "Was verschafft mir die Ehre, eures Besuches? ", fragte der junge Prinz und es klang nicht im Mindesten, als würde der Besuch ihn stören. Bakura spitze die Ohren, vielleicht konnte er auf diesem Weg schon selbst etwas in Erfahrung bringen. Doch Marik sah sich zu seinen Begleitern um und durchkreuzte sein Vorhaben mit den folgenden Worten: "Ich fürchte, dass ich darauf bestehen muss, Euch im Vertrauen zu sprechen. " Sein Blick streifte den des Diebes und barg einen wissenden Ausdruck. Der Dieb schluckte, ließ sich außerdem aber nichts anmerken. Er fragte sich zum wiederholten Mal, wie viel der Grabwächter tatsächlich über ihn wusste. Der Pharao zog eine Augenbraueüberrascht nach oben, nickte dann aber, sein Einverständnis gebend und drehte sich seinem kleineren Doppelgänger zu. "Yuugi, sei so gut und kümmere dich in der Zwischenzeit um Mariks Begleiter. Sie werden hungrig sein. Und bitte sieh nach unserem Gast. " Der letzte Teil seines Satzes, traf auf die hellhörigen Ohren des Diebes. Er wusste, dass diese Aussage für ihn selbst, interessanter war, als die Aussicht auf etwas zu Essen. Der Angesprochene nickte mit einem Lächeln und verneigte sich höflich vor dem Grabwächter und seinem Herren, in einer Geste des Abschieds. Mit einem letzten, langen Blick auf ihn, drehte Marik sich um und folgte dem König in die entgegengesetzte Richtung. Sechs Männer liefen ihnen nach, der Rest der königlichen Leibgarde, blieb an der Seite des kleineren Mannes. In diesem Augenblick, setzte Bakura in seinem Kopf die Puzzleteile zusammen, dir zuvor ungelöst im Raum geschwebt hatten. Der Doppelgänger des Königs war wichtig genug, ein halbes Dutzend Bewaffneter, mit seiner Sicherheit zu betrauen. Offensichtlich war er dem König teuer. Desweiteren, trug er nichts, außer einem Dolch an seinem Gürtel und das Zeichen des Königs auf seiner linken Brust. Er musste sich einfach um die rechte Hand, des Herrschers handeln. Wie, um seinen Verdacht zu bestätigen, sprach Rishid in diesem Moment zu dem jungen Adeligen. "Eine Freude Euch wiederzusehen, Großwesir. " Der Kleinere grinste bis über beide Ohren und erwiderte die Aussage, während er sie aufforderte, ihm zu folgen. Die Gruppe setzte sich in Bewegung und Bakura hielt sich im Hintergrund, damit niemand seinen zufriedenen Gesichtsausdruck sehen konnte. Den Großwesir hatte er also gefunden. Wenn er ihm jetzt auf den Versen blieb, würde er auch besagten "Gast" treffen. Die Zeit verstrich, die Sonne setzte ihren Weg über den Horizont fort und obwohl er ungeduldig nach einer Gelegenheit suchte, sich abzusetzen, genoss er das Essen, das ihnen aufgetischt wurde. "Ich würde Euch gerne noch etwas Wasser anbieten, doch sind die königlichen Becken beinahe bis auf den letzten Schluck geleert. ", entschuldigte sich der Mann namens Yuugi, während er einen Teller mit Essen füllte. Seine Aktion wurde von Bakura genaustens beobachtet. Der Teller des Großwesirs war bereits vor wenigen Augenblicken vom Personal abgeräumt worden, was zu bedeuten hatte, dass er gesättigt war. "Ich muss mich bei euch entschuldigen, doch möchte ich mich noch nach Jemanden erkundigen, bevor ich meine Pflichten wieder aufnehme. Euch steht es frei, den Garten aufzusuchen, oder einen Schluck Wein zu trinken, ehe Euer Herr zurückkehrt. " Endlich! Der junge Mann verabschiedete sich freundlich und setzte sich mit seiner Leibgarde in Bewegung. Alsbald sie außer Sicht waren, sprang der Dieb auf, um ihnen zu folgen. "Wo willst du hin?", fragte Rishids ungeheuerliche Stimme, die ihn an ein lauerndes Krokodil erinnerte. "In den Garten. Ich werde hier nicht rumsitzen, bis unser feiner Herr entscheidet wieder aufzutauchen. ", keifte er genervt. Dieser hohle Handlanger sollte ihn in Ruhe lassen, sonst würde der Abstand zum Großwesir zu groß. Also machte er sich, ohne Rishid Zeit zum erwidern zu geben, auf den Weg. Seine Fähigkeiten als Dieb machten sich nützlich, als er die Verfolgung aufnahm. Gekonnt, versteckte er sich in den Schatten, ohne Aufsehen zu erregen. Er konnte keine Zeugen gebrauchen. Sie gaben ihn Zuflucht, waren sie doch sein zweites Zuhause geworden. Der Weg war nicht weit, führte ihn aber in einen anderen Teil des Schlosses. Es war nicht ganz einfach außer Sicht zu bleiben, bei all den Wachen, die hier positioniert waren, doch Bakura vertraute seinen Instinkten. Augenmerklich befanden sich hier die dutzenden Schlafgemächer des Schlosses. Vor einer Tür, auf der linken Seite des Ganges, kamen der Großwesir und seine Leute zum Stehen. Geduldig beobachtete der Dieb, wie der Mann namens Yuugi, mit dem Teller voller Essen, das Zimmer betrat, die Wachen hinter sich lassend. Er rieb sich den Kopf und sah sich um. Es musste doch eine Möglichkeit geben, in das Zimmer zu gelangen, ohne dabei an den Wachen vorbei zu müssen. Angestrengt, dachte er nach. Dann ein Geistesblitz. Er öffnete leise die Tür des Raumes nebenan und schloss sie leise, als er sich in dessen Inneren befand. Zufrieden stellte er fest, dass sich seine Annahme bestätigte. Die Vorhänge am anderen Ende des Zimmers bargen einen Balkon. Aufgeregt, betrat er diesen und staunte nicht schlecht über die Aussicht. Eifersucht loderte in ihm. Während er, all die Jahre ums Überleben gekämpft hatte, hatte der König diesen Ausblick genossen und auf seine Diener gespuckt. Er schüttelte den Kopf. Er hatte andere Dinge zu tun. Zunächst wollte er jetzt das Gespräch belauschen, dass im anderen Raum stattfand. Er kletterte über das Geländer und schluckte einmal unsicher. Die Konstruktion lag höher, als erwartet und zudem war der Abstand zwischen diesem und dem anderen Balkon, größer als gedacht. Bakura holte einmal tief Luft und legte den Kopf in den Nacken, lockerte seine Muskeln. Nichts, nicht einmal der Tod, würde ihn von seinem Vorhaben abbringen. Entschlossen, lehnte er sich zurück um den Schwung auszunutzen und sprang. Auf der Hälfte des Weges, spürte er die Schwerkraft an sich reißen. Die Luft entfuhr seinen Lungen, als er gegen das angepeilte Geländer prallte, es mit beiden Armen umklammernd, während seine Beine über dem Abgrund baumelten. Seine Muskeln schrien auf, als er die Arme anspannte und sich mit all seiner Kraft, nach oben zog. Festen Boden unter den Füßen spürend, genehmigte er sich eine kurze Auszeit, um wieder zu Atem zu kommen. Seine Pause wurde unterbrochen, als er die Stimmen aus dem Inneren des Zimmers vernahm. "... vernünftig. Es ist zu gefährlich für Euch, ohne Schutz auf die Straßen zu gehen. Ihr habt zu viel Aufsehen erregt. " Die Stimme des Großwesirs war ruhig, als würde er mit einem scheuen Tier sprechen. Ein weibliches Seufzen war die Antwort und gespannt spitzte der Dieb die Ohren. Dies war der entscheidende Augenblick. "Ich verstehe, was Ihr sagen wollt. Und ich bin Euch dankbar, für Alles was Ihr getan habt, Großwesir. Ihr seid ein guter Mann. Doch ich kann nicht hier sein." Bakuras Augen weiteten sich. Ja. Er kannte diese Stimme. Er hatte sich nicht getäuscht! Sie war es! Das Mädchen namens Anzu. "Kann ich Euch wirklich nicht davon überzeugen uns zu helfen? ", fragte der Mann namens Yuugi in einem traurigen Tonfall. "Nein.", flüsterte das Mädchen zurück. "Selbst wenn ich Euch glauben könnte, wäre ich dazu nicht in der Lage... Nicht mit ihm." Der Dieb fragte sich worüber sie sprachen und hoffte, dass der junge Mann bald gehen würde. Er selbst, hatte noch genug mit dem Mädchen zu besprechen. Ein tiefes Seufzen ging von dem Großwesir aus, als Schritte auf dem Boden erklungen, die sich entfernten. "Also gut. Ich halte niemanden gegen seinen Willen fest. Obwohl es eine Schande ist..." Das Geräusch der sich öffnenden Tür sollte das Ende der Konversation bedeuten, doch die Stimme des jungen Mannes erfüllte den Raum ein letztes Mal, ehe es still wurde. "Ich möchte nur, dass Ihr wisst: Die Dinge sind nicht immer so, wie sie zu sein scheinen und Unwissen, Unnachgiebigkeit kann Euch den Blick für die Wahrheit entziehen. " Der Dieb kicherte vergnügt, als er das Mädchen, in die Stille des Raumes, fluchen hörte. Scheinbar war sie noch genauso hitzköpfig, wie bei ihrer ersten Begegnung. "Wer ist da?", fragte sie gereizt. Offensichtlich war er lauter gewesen als beabsichtigt. Er hörte wie sie auf den Balkon zuging, doch er kam ihr zuvor und zog die Vorhänge beiseite. "Begrüßt man etwa so einen Mitverdammten, Mädchen? ", grinste er sie an, während er sich an ihr Kennenlernen erinnerte. Ihre himmelblauen Augen öffneten sich schockiert und ein überraschtes Japste entfuhr ihr. Sie starrte ihn stumm an, als würde sie ihren Augen nicht trauen. Und auch er musterte sie neugierig. Sie sah erschöpft aus, als hätte sie seit Tagen nicht geschlafen und trug andere Kleidung, als beim letzten Mal. Ihre Gesichtsfarbe war rosiger und sie hatte etwas an Gewicht zugenommen, ihre Wangenknochen standen nicht mehr so hervor. Ihre Unterlippe zierte eine kleine Narbe, an der Stelle, wo sie von dem Viehtreiber, in der Wüste, geschlagen worden war. "Ba- Bakura? ", brachte sie ungläubig hervor. Er verschränkte die Arme vor der Brust und grinste gönnerhaft. "Hast du jemand anders erwartet?", antwortete er überheblich. Es amüsierte ihn, wie überfordert sie zu sein schien. Unsicher machte sie einen Schritt auf ihn zu. "Was... Wie?", lautete ihre Frage. Eine Hand streckte sich ihm entgegen, hielt aber auf halber Strecke inne und zog sich zurück, als hätte sie Angst, gebissen zu werden. "Der Kerl, der mich auf dem Markt gekauft hat, ist der Grabwächter des Pharao. ", begann er. "Er ist hier um mit dem Mistkerl zu sprechen und ich dachte, ich könnte dir einen Besuch abstatten. " Ein ungläubiges Lächeln spielte um ihre Mundwinkel, während sie ihn anstarrte, als wäre er eine Halluzination. "Woher...?" "Ich habe einen seiner Briefe gelesen. Er schrieb von einem aufmüpfigen Mädchen, dass sich mit den Viehtreibern angelegt hat und in den Palast gebracht wurde. Ich dachte mir, dass kannst nur du sein." Er verschwieg die Tatsache, dass er bis zum Schluss gebangt hatte, sich zu täuschen. "Du hast einen Brief gelesen? " Sie schüttelte zweifelnd den Ihr Haupt. "Du bist nicht der einzige Unruhestifter. ", erklärte er arrogant. "Offensichtlich. ", kommentierte sie fassungslos und lachte leise. Sie gingen gemeinsam in ihr Zimmer und er pfiff sarkastisch, als er den Prunk zu sehen bekam, der hier zur Schau gestellt wurde. "Das ist Un einiges luxuriöser, als dort wo ich unter gekommen bin. ", bemerkte er ironisch. Ein abschätzendes Lachen entfuhr ihr. "Ich versuche schon seit Tagen hier wegzukommen. " Ihre flehenden Augen trafen auf ihn. "Sag mir bitte, dass du mich von hier fortbringst. Ich halte es hier keinen Tag länger aus." Ablehnung war in ihrer Stimme zu hören. Ihr flehender Tonfall ließ ihn kalt, doch er riss sich zusammen. Immerhin brauchte er sie und musste deswegen in ihrer Gunst bleiben. "Ja... So etwas in der Art, hatte ich erwartet. ", sagte er und ließ sich auf ein Polster sinken. Sie schwiegen, denn er wartete darauf, dass sie fortfuhr. Als nach einigen Minuten noch nichts von ihr kam, ergriff er jedoch wieder das Wort. "Haben Sie dir etwas angetan?" Anzu schüttelte den Kopf, mit einem traurigen Ausdruck auf den Gesichtszügen. "Sie haben meine Wunden versorgt, mir zu essen gegeben... ", sie hielt inne, "... Aber ich verliere hier den Verstand. " Sie begann auf ihrer Unterlippe zu kauen. "Sie sind ganz anders, als ich es erwartet habe. Alle sind freundlich zu mir. Niemand rührt mich an und alle geben sich so verständnisvoll... Sogar er..." Sie verzerrte ihr Gesicht verständnislos, wütend. "Wer?", fragte er nach. Es gefiel ihm nicht, in welche Richtung sich dieses Gespräch entwickelte. "...Der Pharao. " "Du hast ihn gesprochen? " Sie erzählte ihm in kurzen, genauen Sätzen, wie der König an ihrer Seite war, als sie erwachte und von dem Ausgang ihrer letzten Begegnung. Währenddessen verarbeitete er die Informationen die er von ihr erhielt. Der Dieb konnte das schallende Lachen nicht zurück halten. "Du hast den König geschlagen und hast noch immer deinen Kopf? " Ihr Ausdruck verriet, dass sie nicht über diesen Fakt zu lachen vermochte. "Ja. Verstehst du jetzt, was ich meine? Das Alles, es verwirrt mich. Warum sollte er das tun? Das ist gegen alles, was ich zu wissen dachte. Und der Großwesir redet unaufhörlich davon, dass sie die Sklaverei abschaffen wollen, das sie meine Hilfe gebrauchen können. Das ergibt doch keinerlei Sinn...", wieder schaute sie hilfesuchend zu ihm, "... Du musst mich hier rausholen, ehe ich gänzlich wahnsinnig werde. " Der Dieb nickte, während er lauschte. Er konnte ihrem Tonfall entnehmen, wie sehr sie sich wünschte, dass diese Geschichten der Wahrheit entsprachen, wie sehr sie gegen diesen Wunsch ankämpfte. >Verdammtes Weibsvolk<, dachte er zornig, >viel zu leicht zu beeinflussen < "Hier gehen Dinge vor sich...", flüsterte sie weiter, "... Etwas zwischen dem König und seinem Großwesir ist nicht normal. " Interessiert ermutigte er sie fortzufahren, während er den Zorn über ihre Gutgläubigkeit hinunterschluckte. Er brauchte sie. "Manchmal, ist es, als würden sie miteinander sprechen, ohne den Mund zu öffnen. Sie sehen sich an und nicken, ziehen von dannen, Dinge zu erledigen, die niemals ausgemacht wurden..., selbst das Personal wispert davon, wenn es sich unbeobachtet fühlt... " Bakura folgte ihren Erzählungen aufmerksam und nickte dann und wann. Zufrieden, überkam ihn ein ruhiges Gefühl. Er hatte bereits jetzt mehr jn Erfahrung gebracht, als er sich erhofft hatte. Sein Plan begann Form anzunehmen. Doch dafür musste er das Mädchen nun zur Kooperation bewegen. "Ich verstehe das einfach nicht ", wiederholte sie und stützte ihren Kopf auf die Hände. Alles in ihm streubte sich, als er eine Hand hob und sie, bei dem Versuch mitfühlend zu wirken, auf ihren Rücken legte. Körperkontakt hatte ihm noch nie sonderlich zugesagt. Er gab ihnen beiden einen Moment der Stille, während er sich den nächsten Schritt überlegte und die neu erlangten Informationen verarbeitete. Er suchte nach den idealen Worten um sie in sein Vorhaben einzuweihen. "Ich verstehe, was du meinst. Aber nach allem, was ich gerade gehört habe, denke ich du übersiehst die Gelegenheit, die dir hier geboten wird.", begann er schließlich, eine ungefähre Vorstellung davon habend, wie er vorgehen musste. Der Weißhaarige wartete, bis er sich ihrer Aufmerksamkeit sicher war,ehe er fort fuhr. Er lehnte sich weit nach vorne und fixierte sie an Ort und Stelle. "Du bist in unmittelbarer Nähe des Pharao und sie betteln förmlich darum, dich in ihren Kreis aufzunehmen. " Das Mädchen sah in unzugänglich an, doch er konnte erkennen, wie es in ihr arbeitete. Das Interesse spiegelte sich in ihren Augen. "Was wäre, wenn du auf ihre Wünsche eingehen würdest? Wenn du zuließest, dass sie dir ihr Vertrauen schenken? Du ihre Schwachstellen herausfindest, herausfindest, wie man ihnen entgegen treten kann. Uns einen Ausgleich verschaffst, die unerfreuliche Situation in etwas verwandelst, dass uns einem kleinen Vorteil verschaffen kann...?" Sein Gegenüber blinzelte erschrocken. "Du meinst..." "Revolution. ", beendete er ihren Satz. "Das ist Wahnsinn! ", rief sie und bedeckte ihren Mund umgehend mit beiden Händen. Nervös sah sie sich um. "Die sprichst wirr.", flüsterte sie, "... Wir sind ganz allein. Und du beabsichtigst, gegen das gesamte Königshaus zu rebellieren . Wenn wir erwischt werden..." "... droht uns der Tod, das ist mir bewusst. Doch es wäre nicht umsonst. Es wäre für den Versuch etwas zu ändern. ", appellierte er an ihren Gerechtigkeitssinn. Bakura versuchte so überzeugend wie möglich zu klingen. Das gesamte Gelingen seines Plans, hing von diesen Augenblicken ab. "Verstehst du nicht, du hast die Möglichkeit unseren Brüdern und Schwestern eine Chance auf Freiheit zu schenken. Denk doch an die ganzen leidenden Menschen, die unter seinem Joch leben. Denk an die Leute, die uns in der Wüste begleitet haben, die eingepferchten Massen auf dem Sklavenmarkt. Die Hälfte dieser Menschen ist vermutlich nicht einmal mehr am Leben. Du hast die Gelegenheit, jenen zu helfen, die nicht mit einem blauen Auge davon gekommen sind, wie du und ich." Ihre gesamte Aufmerksamkeit lag bei ihm, denn er konnte sehen, wie sie gebannt an seinen Lippen hing, während sie seine Idee abwog. "Was stellst du dir vor?" Das vorsichtige Interesse war unüberhörbar. "Du freundest dich mit ihnen an, bringst ihre Schwächen ans Licht und informierst mich darüber. Den Rest nehme ich, außerhalb der Mauern, in die Hand." Ihr Gesicht zeigte noch immer Unsicherheit. Es galt, sie schnell und vollends zu überzeugen, doch konnte er nicht riskieren sie zu sehr zu bedrängen, oder ihr Misstrauen zu erwecken. Zwar war sie eine Unruhestifterin, doch würde sie wirklich dieses Risiko eingehen und ihre eigene Haut in Gefahr bringen, einzig aus dem Grund wehrlosen Mitmenschen zu helfen? Ihm selbst, waren die Anderen so egal, wie der Dreck der unter seinen Füßen klebte, doch Idealismus, das Gefühl gebraucht zu werden, war unumgänglich, wenn man versuchte sich Verbündete zu schaffen. Der Dieb ergriff ihre Hände. Wenn er es jetzt richtig anstellte, war er der Erfüllung seiner Rache einen gewaltigen Schritt näher gekommen. "Du hast Angst, das verstehe ich. Aber du wärst nicht allein. " "Ich habe keine Angst.", sagte sie wie selbstverständlich. Er verkniff sich das böse Grinsen, dass seinen Mund in die Breite ziehen wollte, doch der wilde, blutrünstige Teil seiner Persönlichkeit, freute sich einfach zu sehr. Er hatte schon immer gewusst, wie er bekam, was er wollte. Das Mädchen sah sich nachdenklich im Raum um, schien sich den Kopf über etwas zu zerbrechen, ihr Ausdruck unlesbar. "Angenommen, dein Plan geht auf, angenommen, wir sind erfolgreich, was geschieht dann mit dem Pharao und seinen Dienern? " "Tod.", sagte er automatisch. Es war die einzige Antwort, die er sich auf diese Frage vorstellen konnte. Unzufrieden beobachtete er, wie sie ihm ihre Hände entzog. "Nein.", sprach sie fest entschlossen und schüttelte energisch den Kopf. "Das Blutvergießen muss endlich ein Ende haben." fügte sie resolut hinzu und sah ihn dabei bestimmt an. Am liebsten hätte Bakura ihr ins Gesicht gelacht, doch er hielt sich zurück. Sie war ein Werkzeug. Und ein Werkzeug, funktionierte nur dann, wenn man es einzusetzen wusste. Eine Hand fuhr ihm durch die Haare und er setzte einen beschämten Gesichtsausdruck auf. "Verzeih. Wut sprach aus mir. Aber du hast Recht. Wir werden uns die Freiheit nicht mit Blut erkaufen. " Misstrauisch musterte sie ihn, die Augen wachsam, entschlossen. "Niemand wird verletzt? ", wiederholte sie. Ihre Moral war so ausgeprägt, dass es schon beinahe lächerlich war. Menschen mit starken Prinzipien wie sie, einem Glauben an das Gute in der Welt, mit Vertrauen, waren leicht zu manipulieren. "Ich schwöre es, bei Allem, was mir heilig ist.", gelobte er feierlich, achtete aber darauf, nicht zu dick aufzutragen. Anzu behielt ihn im Auge, als wollte sie sich selbst davon überzeugen, dass er die Wahrheit sprach. Achtsam erwiderte er ihren Blick, jede seiner Bewegungen genau abwiegend. Er wusste, dass sie nicht dumm war. Nur hatten ihre Ideale keine Chance gegen Jemanden, dem nichts mehr heilig war. Ein vertrauensvollen Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie ihm ihre Antwort gab. "Als gut.", erklärte sie und nickte geistesabwesend, wie, um sich selbst vollends zu überzeugen. Er jubelte laut in seinem Inneren. "Du tust das Richtige.", versicherte er ihr. Das Mädchen zuckte mit den Schultern und er ergriff die Gelegenheit seine Planung weiter auszuführen. Der Plan hatte inzwischen schärfere Formen angenommen, doch behielt er sich die Möglichkeit bei, ihn unter Umständen zu ändern. "Wir treffen uns in sieben Tagen auf dem Marktplatz. Mein Käufer schickt mich des öfteren auf Botengänge in die Stadt und sobald du dir das Vertrauen der Palastbewohner erschlichen hast, verfügst du gewiss über die Freiheit den Markt zu besuchen." "Zu welcher Stunde gedachtest du dich zu treffen? " "Zur Mittagszeit, wenn der Betrieb am intensivsten ist. Es wird kaum auffallen, wenn sich dort zwei Menschen unterhalten. " Anzu gab ihre Zustimmung, doch etwas an ihr verriet, dass sie noch immer zweifelte. "Sorg dich nicht. Verhalte dich einfach ganz normal und vermeide es den König zu schlagen. ", scherzte er. Unbeeindruckt schüttelte sie das Haupt. "Das ist es nicht.", seufzte sie. "Ich befürchte, dass in diesen Mauern Dinge mit mir geschehen könnten. Was ist, wenn ich mich verändere? Der König hat nicht ohne Grund so viele Anhänger, was ist wenn, er so überzeugend ist?" Der Dieb rümpfte die Nase. Närrisches Weibsvolk. Langsam war er es leid, Interesse zu heucheln. "Hör mir zu, Mädchen. ", begann er und neckte sie mit dem Spitznamen, den sie so hasste. "Wenn du das Gefühl hast, du schaffst es nicht länger, dann hole ich dich hier raus und wir finden einen anderen Weg. Außerdem kennst du die Wahrheit. " Er zwang sich ein freundliches Lächeln ab. Solange sie Vertrauen in ihn hatte und ihn einen Freund nannte, würde er sich ihrer Hingabe sicher sein können. Diesen Umstand galt es zu bewahren. Er kannte Menschen wie sie. Scheinbar ruhiger, erwiderte sie sein Lächeln. "Danke." Sie blieben noch eine Weile sitzen und redeten mit einander. Sie fragte nach seinen Erlebnissen, seit ihrer Trennung und er erzählte von seinen Botengängen, ließ dabei aber den Effekt, den sein Meister über ihn hatte, aus. Sie beobachtete ihn aufmerksam während er sprach, teilte ihm ihre Ansichten mit und er musste sich eingestehen, dass es angenehm war sich mit ihr auszutauschen. Als er sich zu fortgeschrittener Stunde auf den Rückweg machte, um keine Aufmerksamkeit zu erzeugen, die seinen Plan in Gefahr bringen konnte, verließ er ihr Zimmer mit einem Gefühl des Missmutes. Unter anderen Umständen, in einer anderen Zeit, einem anderen Leben, hätten sie vielleicht Freunde sein können. Er schüttelte diesen Gedanken ab. Es nutzte nichts, über das Womöglich nachzudenken. Diese Welt war, genau wie er, ein Ergebnis von Gier und Grausamkeit. Es gab keinen Platz für Träumereien. Er konnte erst Frieden finden, wenn er dem Mann, der ihm Alles genommen hatte, diesen Gefallen erwidert hatte. Kapitel 11: Zeichen ------------------- Zeichen Es war mitten in der Nacht, doch fand er keine Ruhe. Es war mitten in der Nacht, doch fand er keinen Schlaf. Die Augen starrten in den Himmel, die Kälte fraß sich ihren Weg durch seine Gewänder. "Bitte.", wisperte er erhobenen Hauptes, doch mit gesenktem Knie. "Ihr erhörtet mich so oft und ich leistete euch stets Gehorsam, weil ich eurem Urteil vertraue, weil ich euch Alles verdanke, dass mich ausmacht. Ich tat euren Willen und ihr beschenktet mich mit eurem Segen. Jetzt, ersuche ich Nichts, nur ein Zeichen, ob sich die Dinge zum Guten wenden werden. Nur ein Zeichen, dass mich Kraft schöpfen lässt und mir zeigt, dass Ihr noch an uns glaubt. Ich weiß, ich spreche aus Selbstsucht, doch kann ich es nicht ertragen zu sehen, wie er vor Sorge umkommt. Er war euch immer ein guter Diener, ein Vertreter eurer Lehren, ein treuer Verbündeter, schickt ein Zeichen, egal wie klein, um uns Mut zu geben." Er schloss inniglich seine Augen, versuchte die Anwesenheit jener Allmächtigen zu spüren. Ergeblich, öffnete er seine Arme. "Väter dieser Welt, Beschützer der Zeit, bitte erhört mich, mein Flehen... ", er hielt inne, als eine Träne über seine Wange Floß. "...meine Sorgen. " Das schmale Rinnsal tropfte von seinem Kinn und sog sich in den Stoff seines schlichten Schlafgewandes. "Nehmt euch unser an.", beendete er sein Gebet und öffnete seine Augen. Seine Knie schmerzten, da er auf dem harten Steinboden gekniet hatte, doch es störte ihn nicht sonderlich. Als er sich erhob, knackte sein Rücken laut und er stöhnte schmerzerfüllt. Er zog seinen Mund zu einem Lächeln auseinander. Noch nie hatte es verstanden, was es bedeutete wenn man sagte: Man ist nur so alt, wie man sich fühlt. In letzter Zeit, war es, als hätte er bereits zwei Leben geführt. Womöglich, lag es aber auch nur an dem Wassermangel, den sie alle zu ertragen hatten. Noch immer, war kein Wolkenbruch über sie hereingebrochen, noch immer war die Luft staubtrocken. Sein Blick glitt über den Inhalt seines Gemaches. Er würde all seinen Besitz geben, ihn nicht einmal missen, wenn ihnen endlich etwas Gutes geschehen würde. Es suchte in seinen Gedanken, tauchte tief in sein Inneres ab,auf der Suche nach der einzigen Person, mit der er diese Sorgen jetzt teilen wollte. » Atem?«, rief er vorsichtig und wartete, schaute hinter den Vorhängen hervor. Eine Mauer versperrte die Aussicht auf den Garten, dessen Schönheit und Trost er jetzt hätte gebrauchen können. »Yuugi? Ist alles okay?«, meldete sich die erhoffte, baritonklingende Stimme. Es war Balsam für seine Seele, seinen Klängen zu lauschen. »Du hast gebetet?«, setzte er fort. Es überraschte den jungen Großwesir nicht, sein älteres Selbst pflegte stets ein Auge auf ihn zu werfen. »Ja.«, antwortete er ihm. Es war nicht nötig es weiter auszuführen, hatte er dem Älteren soeben die Seele geöffnet. »Du sorgst dich zu viel.«, tadelte der Pharao besorgt. Yuugi kam nicht umhin zu kichern, während er sich auf seine Ellenbogen lehnte und die Sterne beschaute. »Du musst gerade reden.«, erwiderte er frech. Sein Herz fühlte sich schon jetzt um ein vielfaches leichter an und er konnte auch das zustimmende, tiefe Kichern des Königs in seinem Kopf widerhallen hören. »Reicht es nicht, wenn sich einer von uns sorgt?«, fragte sein anderes Selbst sanft. »Du weißt, dass das so nicht funktioniert. « Eine Sternschnuppe zischte über den Horizont, erleuchtete ihn für einen kurzen Augenblick, ehe sie erlosch und den Himmel in mondloser Dunkelheit zurück ließ. »Was haben du und Marik heute besprochen? « Die Frage hätte ihn seit den späten Nachmittagsstunden beschäftigt, doch hatte er bis zu diesem Moment, nicht mehr darüber nachgedacht, zu beschäftigt war er, mit seinen eigenen Gedanken gewesen. Die Kälte, die die Wüste zu ihnen hinüberwehte, wurde von Nacht zu Nacht zehrender, während die Tage so unbarmherzig auf sie hinab brannten, wie dad Feuer der Sonne selbst. Die Tageszeiten waren so unterschiedlich, wie sie es nur zu sein vermochten, so grundlegend verschieden, wie die Menschen, die auf der Erde wandelten, tagtäglich ihre Existenz in ihren gleißenden Licht fristeten. »Er erhielt Kunde, dass wir vom Schlachtfeld zurückgekehrt sind und wollte nach uns sehen. Wollte sich vergewissern, wie wir mit der Situation umgehen, mit zusichern, dass er getan hat was er konnte, um den Neuaufstieg der Sklaverei zu vermeiden. Ich hätte ihn damals in den Rat berufen sollen. Vielleicht wäre alles dann ganz anders verlaufen. «, erzählte sein Freund ihm ruhig, zeigte ihm ein paar Ausschnitte jenes Gesprächs. Durch seine Erinnerung sah er die vertrauensvollen Augen des blonden Grabwächters, lauschte seinen bedachten Worten, der vertrauten Stimme, mit der sie in der Vergangenheit bereits bekannt gemacht worden waren. Er betrachtete Mariks Gesicht durch die Augen des Königs. Der junge Mann hatte sich seit dem letzten Mal, keineswegs verändert. Die braune Farbe seiner makellosen Haut, gut, die Haare waren länger als zuvor und Alles in Allem, sah er glücklicher aus, mit sich selbst im Reinen. »Also gut. Und welchen Teil des Gespräches, willst du vor mir verbergen? «, verlangte er zu wissen. Er war in der Lage, das Gesicht seines anderen Selbst vor seinem Inneren Auge zu sehen. Sah, wie er die Augen verdrehte und sich ergebend mit einer Hand durch das derzeitig kronenlose Deckhaar fuhr,während ein zartes resigniertes Lächeln um seine Mundwinkel spielte. »Das hast du bemerkt, hm?« »Ich bitte dich, Atem. Du bist mir gut darin gewesen, etwas vor mir zu verbergen.«, belehrte er seinen Freund kopfschüttelnd. Als Antwort vertiefte sich lediglich sein amüsiertes Lächeln und zog ein ungewolltes Auflachen mit sich. »Das kann ich durchaus zugeben.«, ergab er sich. Yuugi stimmte in die gelöste Stimmung mit ein. Er genoss es, wenn sie am Ende des Tages ein paar Stille Augenblicke miteinander teilen konnten, wenn sie die Verantwortung ablegen, die Probleme für eine kurze Zeit ausblenden vermochten. »Also?«, fragte der Großwesir dennoch, während die letzten Spuren ihres Gelächters durch seinen Körper wallten. Das Gesicht seines anderen Selbst zeichnete einen Ausdruck der Besorgnis Er senkte seinen Kopf und ließ die Luft aus seinen Lungen weichen. » Er... Hat eine Warnung ausgesprochen. Oder viel mehr, mahnte er mich zur Vorsicht. « »Zur Vorsicht? Wovor?« Der Pharao schloss seine Augen und begann mit zwei Händen seine Schläfen zu massieren. Yuugi spürte den stechenden Kopfschmerz durch ihre Verbindung pulsieren und japste erschrocken nach Luft. Er konnte nur ahnen, wie lange diese Schmerzen seinen König schon plagten. In einem Versuch ihm Milderung zu verschaffen, schloss er seine Augen fest und dachte an den Brunnen, dessen Aufenthalt sich weit außerhalb der Palastmauern befand. Immer wenn der Schmerz ihn zu überwältigen drohte, wenn es zuviel für ihn wurde, die Probleme ihn zu übermannen drohten, kehrte er an jenen Ort zurück, an dem die Zukunft noch so weit entfernt schien und nichts von Wichtigkeit war, außer in Jetzt zu leben. Atem gab ein zufriedenes Geräusch von sich. »Eines Tages kehren wir dorthin zurück «, flüsterte er versprechend. Selig, stellte Yuugi fest, dass der pulsierende Schmerz nicht mehr so überwältigend gegen das Innere seiner Schädeldecke pochte. »Ja.«, stimmte er glücklich zu. Sie schwiegen und erfreuten sich einfach nur an ihrer Gesellschaft, ehe der Pharao sich an die zuvor gestellte Frage erinnerte. »Er hat von dem Mädchen gehört... «, begann er, daß Thema wieder aufgreifend. »Anzu? «, fragte der Großwesir nach. Was hatte sie damit zu tun? Er spürte, wie sein anderes Selbst nickte, während er sich in seinem Bett wand. »Marik sorgt sich, ob es klug ist Fremden den Einlass in den Palast zu gewähren, nach allem wad geschehen ist.« Yuugi lehnte sich mit seiner Rückseite gegen das Geländer des Balkons, während er den Worten seines engsten Vertrauten lauschte. Er vernahm den unsicheren Ton des Königs, während er selbst begann an seinen Lippen zu spielen. Eine schlechte Angewohnheit die er bereits seit Kindertagen hatte und die sich immer nur dann zeigte, wenn er nervös wurde. »Du musst schon zugeben, dass sie etwas... eigen ist.«, setzte der König fort. Yuugi dachte an den Tag zurück, als sie alle mit ihrer Forschheit überrascht hatte. Atem fasste sich an seine rechte Wange und der Großwesir spürte die Ungläubigkeit, die seinem anderen Selbst an jedem Tag zuteil wurde. »Vielleicht mag sie etwas ungestüm sein, doch ist sie nicht gefährlich. «, verlieh er seiner ehrlichen Meinung Gehör. » Ich würde sie wild nennen, aber wer könnte es ihr verübeln, bei all dem Schrecken, den sie zu sehen bekommen hat. Wir können uns nur vorstellen, wie der Weg aussah, den sie zurück legen musste. « »Eben das, war auch mein erster Gedanke. Auch hege ich keinen Groll gegen sie. Ich kann mir ihre Qualen nicht einmal erdenken... Dennoch...« Der König unterbrach sich, einen Atemzug nehmend und glitt mit seinen Gedanken, an das wutentbrannte Gesicht jenes Mädchens. Ihre blauen Augen kalt, beinahe eingefroren und dennoch, zu gleichen Teilen, stürmisch und unberechenbar, wie das Meer. »Sie sieht mich an, ihre Augen voller Hass, als wäre ich der Gott der Finsternis und des Chaos persönlich... Und ich komme nicht umhin... Wenn ich in ihre Augen blicke, dann kann ich diesen Groll verstehen.« Die Worte seines Freundes wurden begleitet von eisiger Stille. Der einzige Ton, den sie zu vernehmen vermochten, war der des Windes, der unaufhörlich durch die Palmenwipfel bließ und das Zirrpen der Heuschrecken. Die Bäume Bögen sich bei den kräftigen Luftzügen, als hätten sie sich gleichzeitig zu einem Tanz gebeten, dessen Ende nicht mehr zu kontrollieren vermochten. Der Großwesir nickte verstehend. Auch er hatte die Zerstörungswut der jungen Frau zu sehen bekommen, hatte ihren Zorn gespürt und war Zeuge ihrer wechselhaften Persönlichkeit geworden. Dennoch... Wenn er ihren Worten lauschte, ihre Körpersprache zu lesen versuchte, kam er nicht umhin, wissen zu wollen, woher dieser tief sitzende Schmerz herrührte. Ein enttäuschtes Seufzen kam über seine zusammen gepressten Lippen. Der Laut ließ sein anderes Selbst hellhörig werden. »Es ohnehin, nicht mehr von Bedeutung. «, erklärte er, noch ehe der andere eine Frage formulieren konnte. »Sie sagte mir, dass sie nicht mehr in der Lage ist hier zu verweilen. Ich versuchte, sie zu überzeugen, ein Teil von uns zu werden, sie zum bleiben zu bewegen, doch sie lehnt ab. Und... Sie ist keine Gefangene. « »Also wird sie uns verlassen?« Yuugi sah sich nicht in der Lage, die Stimmlage seines Königs einzuordnen. »Ja.«, stimmte der Jüngere unzufrieden zu. »Das tut mir leid.« Das Bedauern seines Älteren Begleiters, klang aufrichtig, so nahm er es gerne an. Immerhin hatte er sich so viel mehr von dieser schicksalhaften Begegnung auf dem Marktplatz erhofft. Yuugi war schon immer der Auffassung gewesen, dass alles was geschah, einen Grund hatte. Das jedes Treffen und schien sie noch so unbedeutend und zweitrangig, einen Zweck erfüllte. Sei es auch nur, um jemanden zum Lächeln zu bringen oder um eine Lehre daraus zu ziehen. Denn eins stand fest: Man sollte niemals damit aufhören, Wissen anzuhäufen. Seine Enttäuschung war groß, als er sich an diesem Nachmittag seine Niederlage eingestehen musste. Er verlor nicht gern, doch er konnte es akzeptieren, wenn er geschlagen war. »Ich werde niemanden zwingen, sich unserer Sache anzuschließen. «, sagte er, mehr zu sich selbst, als zu seinem Gesprächspartner. Beide ächzten angestrengt. »Es werden bessere Tage für uns kommen.«, erklärte der Pharao schließlich. »Sagst du mir dies, weil du deinen Worten glaubst, oder weil du dich um mich sorgst? « »Beides. Doch was mir an Glauben fehlt, hast du stetsausgeglichen. Wenn ich also nicht an einen Silberstreif glauben kann, so glaube ich an dich.« Yuugi schloss seine Augen und konzentrierte sich stark. Er wollte das Gesicht seines Freundes sehen, der doch so viel mehr für ihn war. Ein Bruder, ein Beschützer, ein Retter, ein König, ein Seelenverwandter. Selbst wenn er all die Zeit der Welt hätte, könnte er diese Liste ewig fortsetzten. Das zerzauste Haar, war das Erste, was ihm ins Auge sprang und ganz gleich, wie oft er diesen Anblick schon zu sehen bekommen hatte, entlockte es ihm ein verzücktes Kichern. Am Tage wirkte der König stets gesammelt, ausgeglichen und es erfüllte sein junges Herz mit Freude, Zeuge seiner nächtlichen Unvollkommenheit sein zu können. Die beiden sahen sich fest in die Augen. Dies waren die einzigen Momente, in denen sich der junge Adelige dem Gefühl der Entspannung völlig hingeben konnte. »Dein Vertrauen in mich, ist der einzige Grund, aus dem dem ich durchhalte.« Der Großwesir erwiderte daraufhin nichts. Es war unnötig, etwas in Worte zu fassen, was ohnehin auf Gegenseitigkeit beruhte, etwas, dass auch ohne es auszusprechen so fest stand, wie die Pyramiden der alten Pharaonen. Diese Blicke, die sie im Inneren ihrer Herzen miteinander teilten, vermochten mehr auszudrücken, als die Berührungen, die sie einander außerhalb dieses Ortes schenkten, um Beistand zu bekunden. Der Jüngere hielt sich, in seinem physischen Körper das Herz. Ahnte dieser Mann überhaupt, wie sehr er ihn liebte? Die Sorge spiegelte sich, in besagtem Mannes Blick, doch Yuugi schüttelte nur mit seinem Kopf. Gerade, als er zu einer Gegenfrage ausholen wollte, vernahm er ein zaghaftes Klopfen an der Tür seines Gemaches. »Wer kommt, dich zu sehen, um diese Stunde?«, fragte der König misstrauisch. Der Großwesir öffnete die Augen, verließ das Innenleben seines Herzens und fand sich auf dem Balkon stehend wieder, wie er ihn verlassen hatte. »Ich kann es mir auch nicht erklären. «, antwortete er unsicher, während er durch das Zimmer glitt, um seinen unangekündigten Gast zu empfangen. »Gib Acht. Soll ich dir meine Männer schicken? « »Ich habe selbst Bewaffnete vor meiner Tür positioniert. Mehr als nötig, wenn ich das hinzufügen darf.«, zog er seinen selbsternannten Beschützer auf. »Vermutlich ist es nur Jounouchi, der nach mir sehen will.« »Jounouchi verbringt die Nacht bei seiner Schwester. «, widersprach der Pharao angespannt. Es klopfte erneut, dieses Mal bestimmter und er war sich sicher, Stimmen von den Gängen vernehmen zu können. Trotz seines Vertrauens in die Wachen, die ihm zugeteilt worden waren, breitete sich Unwohlsein in ihm aus. Doch er schluckte dieses ungute Gefühl herunter und griff nach der Klinke vor sich. Auf der anderen Seite der Tür starrten ihm sieben Augenpaare entgegen. Sechs der Menschen vor sich, hatte er erwartet, doch das siebte Paar Augen verwirrte ihn durch seine Anwesenheit. Himmelblaue Augen sahen zu ihm hinunter. "A-Anzu...?" »Das Mädchen? « Die Stimme in seinem Kopf drückte dasselbe Maß an Verwunderung aus, dass auch er durch seine Frage zum Ausdruck gebracht hatte. "Verzeiht bitte, Großwesir. Das Mädchen hat verlangt Euch zu sehen und war nicht davon abzubringen. Sie drohte, den ganzen Palast zu wecken und wir wollten nicht riskieren, den Pharao zu wecken. ", sprach der Anführer seiner Leibgarde vorsichtig. Um ein Haar, hätte Yuugi angefangen zu lachen. Die armen Männer, konnten ja nicht ahnen, dass der König ohnehin nicht schlief. Außerdem, hatte er ihnen erklärt, dass Ihr Gast zu jeder Stunde zu ihm vorgelassen werden sollte. »Warum sieht sie so angestrengt aus? «, hallte es durch seinen Kopf. "Ihr habt richtig gehandelt. ", versicherte er seinen Wachen, ehe er sich zu der jungen Frau wandte und einladend eine Hand ins Innere seiner Räumlichkeiten streckte. "B-bitte, kommt herein." Die Braunhaarige nickte dankbar und tat wie ihr gehießen, den Blick gesenkt, die Hände demütig über ihren Bauch gefaltet. Er schloss die Tür vor den Wachen und folgte ihr durch das Zimmer. Der König meldete sich leise zu Wort. »Ich denke, es wäre das Beste, wenn ich mich für's erste zurückziehe. Solltest du Probleme bekommen, ruf nach mir.«, sprach er und zog sich aus ihrer Verbindung zurück. Yuugi war ihm dankbar, dass er ihm in diesem Moment etwas Freiraum ließ, doch die abrupte Abwesenheit seines anderen Selbst, ließ ihn erzittern. Das unglückliche Seufzen des Mädchens, ließ ihn aus seiner Trance aufschrecken. Verlegen kratzte er sich am Kopf, als ihm bewusst wurde, dass er nur in seinen Schlafgewändern vor ihr stand. Eilig lief er zu seinem Bett und warf sich seinen Umhang über den Leib, um seine entblößte Brust zu verdecken. "W-wie kann ich Euch zu Diensten sein?", fragte er noch immer völlig überfordert durch ihr plötzliches Erscheinen. Die junge Frau durchquerte sein Zimmer leichtfüßig und strich mit ihren schlanken Fingern über die Oberflächen seines Mobiliars. "Ich musste mit Euch sprechen. Verzeiht, dass es erst zu so später Stunde ist.", erklärte sie. Ihre Finger nesselten mit dem Stoff seiner Vorhänge. Sie sah ihn nicht an, wirkte im Allgemeinen ziemlich angespannt. In einem Versuch sie zu beruhigen, bot der Großwesir ihr einen Kelch Wein an. Ein denkendes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, doch sie schüttelte ihr Haupt. "Ich bin nicht hier, um mit Euch zu trinken." "Nun, wad führt Euch stattdessen zu mir?" Er deutete mit einem Nicken zu den Sitzpolstern inmitten des prächtigen Raumes. Er selbst ließ sich auf ein rubinrotes Kissen sinken und wartete geduldig, bis sie es ihm gleich getan hatte. Ihre Körperhaltung wirkte mit jeder verstreichenden Sekunde verkrampfter, trotz der Weichheit ihres Sitzes. Aufmerksam, beobachtete der Großwesir ihre Bewegungen. Sie spielte unaufhörlich mit ihren Fingern und wischte sich Haarsträhnen aus dem Gesicht, wo keine waren. Ihr Anblick besorgte den jungen Adeligen, war er doch so ungewohnt. "Anzu?", fragte er vorsichtig und griff nach ihrer Hand, langsam, um sie nicht zu verschrecken. Zu seiner Überraschung ließ sie die freundschaftliche Geste widerspruchlos, zu. Schlussendlich fanden ihre himmelblauen Seelenfendster die seinen. Die Unsicherheit ruhte in ihnen ebenso wie in ihrer Körpersprache. "Verzeiht. ", sagte sie schließlich. "Ich habe seit unsrem Gespräch heute, viel nachgedacht. " Ein Nicken seinerseits ermutigte sie zum weitersprechen. "Ich bin also bri Euch, weil ich zu einer Einsicht gekommen bin und Angst hatte, meine Meinung erneut zu ändern, wenn ich Euch meine Entscheidung nicht umgehend mitteile. " Neugierde begann sich, gegen seinen Willen auf seinen Gesichtszügen abzuzeichnen. Es ehrte ihn, dass sie mitten in der Nacht zu ihm kam, um etwas zu besprechen, hatte er die vergangenen Tage doch alles getan, damit das ehemalige Sklavenmädchen endlich etwas Vertrauen zu ihm aufbaute. Außer mit ihm, hatte sie bisher nur Kontakt zum Pharao und dem Kriegsmeister gehabt. Beide Treffen waren nicht sonderlich befriedigend verlaufen. Während sie beim Zusammensein mit dem König um ein Haar ihren Kopf verloren hatte, hatten sie und der Kriegsmeister sich nur angeschrien. Die beiden waren wie geschaffen dafür, sich gegenseitig zur Weißglut zu bringen, konnten sie beide nicht im rechten Moment den Mund halten. "Von welcher Entscheidung sprecht Ihr?" Die Adressatin seiner Frage stieß einen Ton aus, der wie ein Lachen klang. Als konnte sie selbst nicht begreifen, was hier vor sich ging. Sanft, entzog sie ihm ihre Hand und studierte sie in der Dunkelheit. "Ihr habt mich gefragt, ob ich mich Euch anschließen würde. " "Und ihr habt wiederholt abgelehnt... " Als sie sich auf die Lippe biss, kam er nicht umhin Hoffnungen in sich aufkeimen zu spüren. "Ja...", gestand sie und ließ den Kopf hängen. "Doch vielleicht, habe ich etwas voreilig gehandelt. " Sie hatte ihr Haupt von ihm gewandt, als Geste des Schams. Yuugi traute seinen Ohren nicht. "Ihr... Wollt Ihr damit sagen...?" Genervt, rollte die junge Frau mit ihren Augen, doch vermochte er nichts gegen das überwältigende Gefühl auszurichten, dass ihn stammeln ließ, wie einen Geisteskranken. "Aber... Ich...Ihr..." Ein wenig genierte er sich für sein Unvermögen vollständige Sätze zu formulieren. Es ließ ihn noch kindlicher wirken, als seine schmale Gestalt und die großen Augen. "Ich bin zu Euch gekommen, um zu fragen, ob Euer Angebot noch steht.", erklärte sie nun ausführlicher. Der Großwesir starrte sie an, ehe er sich seine Professionalität wieder ins Gedächtnis rief. Was musste er für einen schrecklich inkompetenten Eindruck auf sie machen? Mit diesem Gedanken richtete er sich auf, so gut er konnte und straffte den Rücken. "Selbstverständlich. Dieses Angebot, wie Ihr es nennt, war für Euch und Euch allein gedacht. " Er suchte ihren Blick. "Dennoch müsst Ihr verstehen, ich war der Annahme, Ihr hättet mir ein klares Nein vermittelt. " Ihre nervösen Bewegungen hatten ihn angesteckt und er erwischte sich dabei, wie er an seinen Lippen spielte und sich nachdenklich über das Kinn strich. Ihre Augen zeichneten einen verblüfften Ausdruck. "Glaubt mir, ich war genauso überrascht wie Ihr, als ich zu dieser Entscheidung kam.", erklärte sie und rümpfte die Nase. Der Großwesir erhob sich von seinem Platz und lief einmal quer durch den Raum. Vor einer massiven Kommode kam er zum Halt und füllte sich einen Becher mit süßem Wein. Er nahm einen großen Schluck des rötlichen Getränkes, ehe er erneut das Wort an sie richtete : "Ihr scheint mir noch recht unsicher zu sein." Der Blick des Mädchens zeigte einen trotzigen Ausdruck, der ihm seine Annahme nur weiter bestätigte. "Dafür, dass Ihr meine Hilfe so dringend wolltet, stellt ihr Euch jetzt unnötig quer. Ich war der Meinung, es wurde Euch erfreuen. " Den Rest seines Weines stürzte er seine Kehle hinab. Überwältigt durch den plötzlichen Effekt des alkoholischen Getränks, legte er eine Hand vor die Augen, um das Gleichgewicht wiederzufinden. "Ich bin durchaus erfreut, nur fürchte ich, dass Ihr Euch aus den falschen Gründen unentschieden habt. Ich sorge mich, dass Ihr die Entscheidung bereuen könntet, wenn Ihr Euch nicht absolut sicher seid." Sie lauschte unzufrieden und setzte sich in Bewegung. Sie erhob sich aus ihrer sitzenden Position und folgte seinen früheren Bewegungen durch das Zimmer. Als sie an der Kommode zum Stehen kam und den Tonkrug in die Hand nahm, stellte sie ihm eine stille Frage. Er bestätigte sie mit einem kaum bemerkbaren Nicken und wandte sich seinem eigenem, geleerten Becher zu. Unachtsam, stellte er ihn neben sich auf den Boden. Der Alkohol pochte durch sein Blut und erschwerte seine Augenlider. Ein Gähnen drang aus seinem Mund. Anzu nippte an ihrem Getränk und lächelte. "Was ist so amüsant? ", wollte der Großwesir interessiert wissen. Sie hob ihren Becher. "Jetzt trinken wir doch zusammen." Ein großer Schluck folgte. Das Mädchen schloss ihre Augen und seufzte wohlig. "Es ist viele Jahre her, dass ich Wein trank. ", erzählte sie. Yuugi schaute interessiert zu ihr hinüber, spürte, das es Unrecht wäre, sie jetzt zu unterbrechen. Die junge Frau ließ ihre Augen durch den Raum schweifen. "An meinem dreizehnten Geburtstag, ließ mein Vater mich kosten... " Liebevoll leuchteten ihre Augen bei dieser Erinnerung. "Ich habe den Geschmack verabscheut. " Nachdenklich beschaute sie den Behälter in ihren Händen. "Jetzt muss ich gestehen, dass ich dieses Getränk wohl einfach nicht zu schätzen wusste, in meinen jungen Jahren. " Eine Augenbraue rutschte auf der Stirn des jungen Adeligen nach oben. Er spürte, dass sie etwas zu sagen versuchte. "Was ich versuche deutlich zu machen, ist, dass ich mich verändert habe über die vielen Jahre, die seit jenem Tag ins Land gestrichen sind. Ich wusste den Wein nicht zu würdigen, als ich ihn hatte und jetzt wo es für mich unmöglich schien, ihn jemals wieder auf meinen Lippen zu schmecken, genieße ich jeden einzelnen Tropfen. " Wie als Beweis ihrer Worte, nahm sie einen weiteren Schluck. "Ich fürchte, dass ich diese Gelegenheit nocheinmal wahrnehmen werden kann, ebenso wie es unmöglich schien, noch einmal einen Schluck Wein zu genießen. " Sie wog den Becher nocheinmal nachdenklich zwischen ihren schlanken Fingern, ehe sie es ihm gleichtat und ihn beiseite stellte. "Zudem sagtet Ihr mir, dass Unwissen mir den Blick vor der Wahrheit verschleiern kann. Wenn ich mich Euch verweigere, werde ich wohl auf ewig unwissend bleiben. Also ja, Ihr liegt richtig, wenn Ihr sagt, dass ich unsicher scheine, denn ich bin es. Trotz alledem, möchte ich es versuchen. " Sie zeigte ihm ihre Zähne, als ein atemberaubendes Lächeln ihren Mund in die Länge zog. "Was haben wir zu verlieren? ", fragte sie ihn und zuckte mit den Schultern. Während ihres Vortrags, hatte sich die Stimmung im Raum verändert. Endlich, hatte er das Gefühl, dass sie sich ihm gegenüber geöffnet hatte. Seit Tagen hatte er versucht diese Barriere bei ihr einzureißen und zum ersten Mal zeigte sie ihm, dass sie womöglich, unter Umständen dazu in der Lage war. "Geht Ihr mir jetzt Eure Antwort, oder muss ich darum betteln? " Ihre Frage klang eher stichelnd, als feindselig, doch eine leichte Spur Genervtheit schwang im Subtext mit. Der junge Großwesir legte seinen Kopf schief und strich sich nachdenklich über das Kinn. Ihr Potential war unverkennbar und er wartete seit ihrer Ankunft auf diesen Augenblick. Die Worte seines anderen Selbst drängten sich in seinen Kopf. Doch er war sich seiner Sache vollkommen sicher. Sie war nicht gefährlich. Yuugi ging auf die junge Frau zu und streckte seine Hand nach ihr aus. Zögerlich, kam sie seiner stummen Aufforderung nach und ließ ihre Hand in die seine gleiten. "Ihr liegt im Recht. Was haben wir zu verlieren?", sagte er, während er ihr Gesicht in Augenschein nahm. Für wenige Sekunden schien sich ihr Blick zu verdunkeln. Etwas lag noch immer schwer auf ihrer Seele, doch hatte er jetzt genug Zeit, ihren bösen Geistern auf den Grund zu gehen. "Eine Voraussetzung habe ich jedoch.", gab er von sich. Er ließ ab von ihrer Hand und trat einen Schritt zurück, während sie ihm, in seinen Bewegungen folgte. "Ihr müsst mir versprechen, Eure Hand nicht mehr gegen den Pharao zu erheben. " Sie starrte ihn beschämt an. Es war eindeutig zu sehen, dass Ihr dieses Thema nicht zusagte. Aus diesem Grund schenkte er ihr ein ermutigendes Lächeln. Anzu verzog ihren Mund zur Seite und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. "Das kann ich Euch nicht garantieren. " "Versucht es.", bat er sie innig. "Schön. Ich werde mein bestes tun.", gab wie patzig zurück. Zufrieden nickte er. Er hoffte inständig, dass diese Beiden sich verstehen würden, hatten sie doch mehr gemeinsam, als die junge Frau sich eingestehen wollte. Er freute sich, dass sie zumindest ihm gegenüber eine neue Seite aufzeigte. Das Thema schien ihr unangenehm, denn sofort nachdem sie die Fronten geklärt hatte, wandte sie ihm ihre Kehrseite zu und begann auf die geschlossene Tür zuzulaufen. "Danke, dass Ihr mich empfangen habt. Entschuldigt die Störung zu so später Stunde. Ich überlasse Euch jetzt wieder Euren nächtlichen Angelegenheiten. " Der Großwesir versuchte nicht, sie zu stoppen, hatte er von diesem Abend ohnehin schon mehr bekommen, als er erwartet hatte. Bevor sie jedoch endgültig aus dem Zimmer geflohen war, hielt er sie, ein letztes Mal, mit seinen Worten zurück. "Anzu." Ihr Haupt drehte sich zu ihm. "Wir sehen uns morgen." Er konnte sehen, wie sie dagegen ankämpfte, doch verzogen sich ihre Mundwinkel nach oben. "Bis morgen." Mit diesen letzten Worten, verließ sie sein Zimmer und ließ ihn mit dem leisen Zirrpen der Heuschrecken zurück. Der Großwesir schüttelte ungläubig sein Haupt. Er trat zurück auf den Balkon und atmete die kühle Nachtluft ein. Seine Augen fanden den mondlosen Himmel, als er ein zartes "Danke" an ihn richtete. Das Zeichen für das er gebetet hatte, war zu ihm gekommen. Die Götter hatten sein Flehen erhört und er spürte ihren Segen durch seinen Geist wandeln. Wenn das Schicksal selbst diesen Wandel vorherbestimmt hatte, einen Wandel, der genauso unmöglich wie unwahrscheinlich schien, war das Ziel, die Bestimmung die sie hatten, womöglich doch nicht so abwegig. Er konnte es kaum erwarten, mehr über dieses ungewöhnliche Mädchen herauszufinden. Fröhlich schloss er die Augen, um seinem anderen Selbst die frohe Kunde zu erstatten und seine Ansichten zu dem Thema einzuholen. Kapitel 12: Aufruhr ------------------- Der Wind. Der Wind, zweifellos eine Macht der Natur. Er kann Mauern niederreißen, Meere zerteilen, vermag es Feuer zu erlöschen. Wind, selbst wenn er für das bloße Auge unsichtbar scheint, kann für unermessliche Verwüstung sorgen. Sein Einfluss, lässt die Bäume anmutig tanzen und verbreitet die brennenden Sande der Wüste. Doch gerade an diesem Tag, zu dieser Stunde, auf den heißen Steinböden, die den Weg zum Marktplatz ebneten, wurde er von den Personen, die ihm schutzlos ausgeliefert waren, lediglich als lästig empfunden. Immerzu, blies er, den wandernden Personen, Haarsträhnen ins Gesicht. Hier und dort, zu allen Seiten, hörte man das genervte Schnauben, welches unausweichlich, von einer streichenden Geste begleitet wurde. Die Männer um die junge Frau herum, zupften an ihren Krägen, fächelten sich mit den Handflächen kalte Luft zu und rangen sichtlich mit sich, nicht an den Wasserschlauch zu greifen, um die letzten Tropfen, der raren Flüssigkeit, aus ihnen hinaus zu saugen. Obwohl um sie herum bereits so viel Bewegungen und Geräusche stattfanden, brachte sie es nicht fertig, einen Mann und seine lautstarken Ausdrücke des Unwohlseins, zu ignorieren. Dieser Mann schien ständig mit einem Teil seines Körpers in Bewegung sein zu müssen. Wenn sie liefen, drehte er Kreise um ihre Gruppe, wenn sie standen, stapfte er mit dem Fuß, in einem Tempo, dass die königlichen Heerscharen vor Eifersucht erstarren lassen würden. Zu allem Überfluss, schien, sein Honigblondes Haar in der brütenden Mittagssonne, so grell, dass sie Angst um ihr Augenlicht bekam. Anzu konnte sich das nervöse Verhalten des Kriegsmeisters nicht erklären. Konnte nicht sagen, ob seine überschüssigen Bewegungen herreichten von Tatendrang, oder ob sie einfach nur schlechte Angewohnheiten, aufgrund mangelnder Erziehung waren. Um ihren Kopf vor weiteren Schmerzen, seitens des blonden Energiebündels zu ersparen, sandte sie ihren Blich nach den anderen Begleitern ihres königlichen Trosses aus. Zu ihrer Linken, schritt Yuugi, dessen Lächeln und Freundlichkeit sie tagtäglich verfolgten und ein Gefühl der Unruhe auslöste. Seit sie zugestimmt hatte, sie auf ihren, fragwürdigen, Wegen zu begleiten, begegnete er ihr mit übermäßig viel Zuneigung und Aufmerksamkeit, dass sie sich am liebsten übergeben hätte. Es war, als wolle er ihr durch seine Freundlichkeit das Falsche und Böse austreiben, dass sie in sich aufkeimen spürte. Je mehr Tage ins Land zogen, die sie in seiner Gegenwart verbrachte, desto mehr betrachtete sie ihn, wohl gleich gegen ihren Willen und ihre Vernunft, als einen Freund. Es erfreute sie, wenn er am Tag bei ihren Räumlichkeiten Halt machte und auf einen Spaziergang einlud. Oft, wanderten sie ziellos durch die schier endlosen Gänge der majestätischen Behausung und sprachen über Belanglosigkeiten. Und so sehr die Zeit sie auch drängte ihm Informationen zu entlocken, verlor sie sich immer mehr und immer stärker in seinen freundschaftlichen Gesten. Sie war nun in der Lage, anders als zuvor, die Intelligenz des jungen Mannes zu erkennen, ebenso wie sein gutes Herz. Was fesselte ihn also an diesen Ort? Er verstand sich auf Literatur, erzählte ihr viele Geschichten über die Entstehung des großen Imperiums, dass er mit Leib und Seele liebte und Sagen über die Götter, ihren Einfluss auf die Welt, die Menschheit, von denen sie nicht einmal gehört hatte. Nun konnte sie sich nicht mehr erklären, wie sie ihn jemals für kindisch erachten konnte und sah, aus welchen Gründen der König ihn in seinen Stand erhoben hatte. Ihr wurde übel, wenn sie daran dachte, dass sie und dieser Tyrann ähnliche Auffassungen zu haben schienen. Über die Tage die sie in ihrer gegenseitigen Gesellschaft verbrachten, konnte sie, so sehr sie es auch versuchte, sich nicht mehr in der Lage sehen es zu leugnen: Sie konnte die rechte Hand des Königs gut leiden. Diese Feststellung führte lediglich zu noch größeren Unannehmlichkeiten seitens des jungen Mädchens. Wenn er bei ihr war, vergaß sie die Zeit, ihr Vorhaben, bis sie sich in ihrem Bett wiederfand und die volle Last ihrer Aufgabe mit voller Wucht, einen Weg zurück in ihre Gedanken fand. Stets, versuchte sie sich ins Gedächtnis zu rufen, aus welchen Gründen sie dieses doppelte Spiel spielte. Das sie sich nicht zu sehr auf diese aufkeimende Kameradschaft einlassen durfte, da es Dinge gab, die einfach dringlicher waren, als ihr unvorhersehbares Interesse. Der Tag, den Bakura und sie als Zeitpunkt ihres Treffens ausgewählt hatten, war nur einen Steinwurf entfernt und sie hatte nichts vorzuweisen, um ihren Brüdern und Schwestern einen Weg in die Freiheit zu weisen. Doch, dass hatte sie sich fest vorgenommen, als man sie in den frühen Morgenstunden aus dem Schlaf gerissen hatte, um ihr mitzuteilen, dass ihre Hilfe benötigt würde, dieser Umstand sollte heute geändert werden. Wütend, ballte das Mädchen die Fäuste, als sie daran dachte, wer sie zu diesem ´Ausflug` eingeladen hatte. Die Bitte des Königs, war sachlich gewesen, er hatte ihr fest ins Gesicht gesehen, während er sie fragte, ob sie als Vermittlerin zwischen dem Volk und den adeligen Schlossbewohnern agieren könne, doch hielt er mehrere Schritte Abstand zu ihr. Wenn er diesen Sicherheitsabstand aus Furcht, vor weiteren überraschenden Angriffen gehalten hätte, wäre die junge Frau, durchaus, in der Lage gewesen, ihn zwecks dieses Streifzugs zu ignorieren. Doch die Augen des Herrschers, voller Vorsicht auf sie gerichtet, sprachen angsterfüllt mit ihr, die Hände, die langsame, kontrollierte Bewegungen ausführten, taten es nicht, weil sie sich in Acht nahmen, nein, seine Körpersprache verriet ihr, dass er sich um sie sorgte. Dieser Umstand, hatte ihr Herz beinahe zum explodieren gebrachte und ließ den Zorn hochkochen. Widerwillig, hatte sie zugestimmt, einsilbig und hatte den Thronsaal, so beherrscht es ihr möglich war, verlassen. Schließlich hatte sie keine Wahl gehabt. Wenige Augenblicke später, hatte sich bereits wieder ein Lächeln auf ihre Lippen gestohlen und als sie jetzt, Stunden später, tatsächlich in Mitten bewaffneter Männer, den Weg entlang lief, konnte sie die Vorfreude nicht mehr zurückhalten, die sie in jedem Moment überkommen hatte. Zum einen, war sie endlich wieder außerhalb der massigen Palastmauern unterwegs und genoß den kurzen Blick auf die Freiheit und zum anderen, sehnte sie den Augenblick herbei, in dem dem König bewusste werden würde, wie sehr das Volk ihn hasste. Schon seit sie aufgebrochen waren, wurden sie, von hasserfüllten Augen, verfolgt. Auch Blicke der Angst waren auf sie gerichtet, Blicke voller Betrug, doch auch, wenn auch nur vereinzelt, Blicke voller Ehrfurcht. Wenn Anzu diesen Menschen ins Gesicht sah, kam sie nicht umhin sich schlecht zu fühlen und das Lächeln auf ihren Lippen, versiegte. Was, wenn sie jemand erkannte? Was, wenn die Sklaven, die eilig durch die Straßen liefen, sie als eine von ihnen identifizierten? Sie trug noch immer ihr Sklavenband um den Hals, weigerte sich, es abzunehmen, wollte nicht, in keiner Art und Weise von den Menschen getrennt werden, für die sie dieses falsche Spiel ertrug, oder sich gar in einen ´höheren´ Stand erheben. Dieses Band, erinnerte sie, woher sie kam und führte ihr vor Augen, wer der Feind war und was sie alles erduldet hatte um heute hier zu sein. Sie brauchte dieses Band. Es war eine Rettungsleine um, unter all dem Glanz und der Freundlichkeit der Hochgeborenen, nicht zu vergessen, wer sie war. Doch gerade diese Rettungsleine, veranlasste sie nun dazu, sich nervös umzusehen. Wenn jemand sie als Sklavin erkannte, würde man sich fragen, weshalb sie unter dem Banner des Königs, des Monsters, lief, als sei sie eine enge Vertraute. Ihre Leidensgefährten, konnten schließlich nicht wissen, dass sie verdeckt arbeitete und würden sie als Überläuferin abstemplen. Und sie würde es ihnen nicht einmal verübeln können, sah sie sich selbst, in immer häufiger werdenden Momenten, als solche. Die Augen des jungen Mädchens, hefteten sich an den Hinterkopf des Königs, der ihnen einige Schritte vorauslief. Er zog einen tiefblauen, beinahe schon schwarz wirkenden, Umhang hinter sich her, der um Haaresbreite den Kontakt mit dem staubigen Gehweg vermied. Anzu hatte gelernt, seinen Anblick zu meiden, so gut es ihr möglich war, begann ihr Herz doch immer wild zu schlagen, wenn sie ihn betrachtete, während ihr Magen sich anfühlte, als hätte man ihm einen Schlag versetzt. Doch, so wie seine brennenden Augen noch immer einen Weg in ihre Träume fanden, suchte sie in schwachen Momenten, gegen ihren Willen, nach seiner Erscheinung. Wie konnte ein Mann, der so sanft lächelte, wenn er mit seinem Großwesir sprach, ein Mann, dessen hauchzarte, beinahe liebevolle Berührung ihr eine Gänsehaut beschert hatte, ein Mann, dessen Worte so besorgt über sein Land sprachen, in Wirklichkeit ein solches Monster sein? Die Dinge sind nicht immer so wie sie scheinen. Gänzlich versunken in ihren Gedanken, übersah sie eine Erhebung auf dem unebenen Boden und stieß sich dabei ihren nackten Zeh. Unwillkürlich, stolperte sie einen Schritt nach vorne, während der Schmerz in ihren tiefliegenden Regionen ihr Tränen in die Augen trieb und ihr die Sicht nahmen. Nahezu blind, taumelte sie geradeaus und verlor das Gleichgewicht. Die Männer um sie herum gaben erschrockene Laute von sich, als sie im Sturz etwas Stoff zwischen die Finger bekam und sich instinktiv daran festklammerte, um ihren Fall zu verhindern. Mit aller Kraft riss sie an dem Zwirn und konnte weiteren Verletzungen , ausgelöst durch den Aufschlag auf dem harten Steinboden, entgehen. Jedoch, hatte sie wohl ein Gewicht , am Ende ihrer Rettungsleine in Bewegung gesetzt , welches bei dem Ruck, der sie vor Schmerzen schützte, in ihre Richtung gerissen wurde und mit ihrem Oberkörper zusammen krachte. Der Aufprall presste ihr die Luft aus den Lungen. Sie gab ein ächzendes Geräusch von sich. Um sie herum herrschte reger Aufruhr und noch ehe sie ihre Augen zu öffnen vermochte, legte sich ein Paar Hände um ihre Taillenweiteund richtete sie auf, während ein Weiteres ihr den Stoff aus den verkrampften Fingern löste. Der Schmerz in ihrem Zeh war vergessen, als sie die hellen, sandfarbenden Augen des Kriegsmeisters zu sehen bekam. Sie waren weit aufgerissen, Unglaube spiegelte sich in ihnen, während der Rest seines Gesichts scheinbar nicht wusste, ob es Empörung oder Belustigung ausdrücken sollte. Seine Mundwinkel zuckten auf und nieder, seine Nasenflügel waren geweitet. Noch völlig in einer Schockstarre gefangen, drehte sie ihren Kopf in alle Richtungen und traf auf die ähnlich aufgelösten Blicke der Wachen, die sie in ihre Mitte genommen hatten. Erst, als sie ein Husten vernahm, richtete sie ihr Haupt nach vorne und sah den tiefblauen Stoff eines faltigen Umhangs. Yuugis Haare schauten hinter der Gestalt hervor, die jenen feinen Zwirn am Leib trug. Unfreiwillig wanderte ihre rechte Hand über ihren Mund. `Bei den Göttern`, dachte sie, sicher, dass dies ein weiterer, schlechter Scherz sein musste, doch die Stimme des Großwesirs, die in jenem Moment ihren Weg an die Luft fand, bestätigte ihren schlimmsten Verdacht. „Seid Ihr wohlauf?“, fragte der junge Mann, an die hustende Gestalt vor sich gewandt. Sie hatte diesen einen, ganz speziellen, besorgten Blick erst einmal bei ihm gesehen. In der Nacht, als sie sicher war, ihren Kopf zu verlieren. ´Oh nein… ich flehe euch an… bitte nicht.´ Doch das Stoßgebet an die Gottheiten war sinnlos, dessen war sie sich absolut bewusst. Anzu beobachtete, wie sich eine Hand auf Yuugis Schulter legte und ließ die Person, dessen Schaden sie nun schon zum zweiten Mal zu verantworten hatte, nicht aus den Augen. Auch, wenn sie es längst gewusst hatte, setzte ihr Herz einen Schlag aus, als sie das Gesicht des Pharaos zu sehen bekam, der mit seiner freien Hand den Umhang um seinen Hals lockerte. Entgegen ihrer Erwartungen, lag ein amüsiertes Lächeln auf seinen Gesichtszügen, dass sich nur verstärkte, als er ihren Blick kreuzte. Ihr Herz schlug ihr, von einer Sekunde auf die nächste, bis zum Hals, dieses übelkeitserregende Gefühl zog ihren Magen zu einem Klumpen zusammen und wütend, nahm sie ihre Hand von den Lippen und ließ sie, ebenso wie die Andere, schlaff zu ihren Seiten hängen. Ärger trieb ihr die Röte in die Wangen. Wie konnte dieser Mann sie in einem so peinlichen Moment anlächeln? „Nun, wie mir scheint, sagt Euch die Farbe meines Umhangs zu. Oder sollte ich dieses Vorkommnis als gescheiterten Angriff auf mein Leben verwehten?“ Das Herz sprang ihr beinahe aus der Brust und sie war sich sicher, dass die Umstehenden es laut und deutlich zu hören vermochten. Die Welle der Peinlichkeit verflog, wurde ersetzt durch ihren Kampfgeist. Sie würde nicht zulassen, dass der König sie vor den erstarrten Menschenmengen noch mehr demütigte, als sie selbst es schon getan hatte. Das junge Mädchen straffte ihren Rücken und schaute ihrem Gegenüber herausfordernd entgegen. „Wenn ich Euch zu töten versuchte, fielen mir andere Wege ein, dieses Ziel zu erreichen.“ Ein mehrstimmiges Raunen drang in ihre Ohren, doch ließ sie sich nicht beirren. Die Worte waren ausgesprochen. Ab hier, gab es kein Zurück. Der König zog eine Augenbraue nach oben. Sie bekam das Funkeln in seinen blutroten Augen zu sehen, dass sie sehr stark an ihre eigene Kampfansage erinnerte. „Tatsächlich?“, fragte er interessiert, seine tief grollende Stimme, ihre Herausforderung, annehmend, „Und welchen Weg würdet Ihr wählen, würdet Ihr meinen Tod wollen?“ „Nun, wie ich hörte, soll es schneller und weitaus sicherer sein, jemandem, die Kehle aufzuschneiden, statt ihn zu erdrosseln.“, erklärte sie und legte ihren Kopf spielerisch auf die Seite, während sie ihrem Gegenüber ein zuckersüßes Lächeln schenkte. „Interessante Wahl, aber könntet Ihr mich nicht einfach vergiften? Das wäre für Euch körperlich weniger anstrengend.“ „Ihr verfügt doch sicherlich über Vorkoster, dass würde das Risiko steigern erwischt zu werden. Desweiteren könnte ich den Tod eines Unschuldigen niemals mit meinem Gewissen vereinbaren.“ „Und Ihr seid der Ansicht, dass Ihr mit meinem Tod, keinen Unschuldigen töten würdet?“ „Seid Ihr unschuldig, mein König?“ Das letzte Wort spie sie ihm förmlich ins Gesicht. Ihr Gegenüber schüttelte mit dem Kopf, dass Lächeln schwand und Anzu kam nicht umhin sich über den unlesbaren Ausdruck in seinen Augen zu wundern. „Nein. Bei weitem nicht.“ Dieser melancholische Klang in seiner Stimme, besorgte das Mädchen, auch wenn sie sich dies niemals eingestanden hätte. Die Stimmung war in eine Richtung abgedriftet, mit der sie weniger anfangen konnte, als ihrem Wortgefecht. Doch kurze Zeit später, schien der König, was auch immer seinen Geist betrübt hatte, abgeschüttelt zu haben und das Feuer kehrte zurück in sein Gesicht. „Warum haltet Ihr ausgerechnet diese Todesart für angebracht?“, fragte er und legte ein Hand an sein Kinn. „Würde ich Euren Tod wirklich wollen,“, begann sie sachlich zu erklären, „ würde ich Euch in die Augen sehen wollen, wenn es soweit ist. Niemand verdient es, seine letzten Momente alleine zu verbringen, unschuldig oder nicht.“ Völlig absurd, als wäre er zufrieden mit dieser Antwort gewesen, nickte der Pharao und schenkte ihr ein schmales Lächeln. „Außerdem, glaube ich, dass es beinahe etwas traditionelles hat, einem Tyrannen auf diese Art das Leben zu nehmen.“, hängte sie hinten dran, wild entschlossen, ihm eben dieses Lächeln wieder aus dem Gesicht zu wischen. „Ihr denkt, ich sei ein Tyrann?“ „Und Ihr?“ „Ich denke, ein Tyrann, würde niemals von sich selbst zugeben, ein solcher zu sein.“ „Das mag stimmen…“, begann sie, „… doch beantwortet das nicht meine Frage.“ „Ebenso wenig, wie Ihr die meine beantwortetet.“ „Nun, verzeiht, doch im Gegensatz zu Euch, genoß ich keine königliche Erziehung mit Privatlehrern, die mir die Kunst der Höflichkeit zu vermitteln versuchten. Dort, wo ich herkomme, stellen wir eher Fragen, statt ihnen, durch irrelevante Floskeln ihrer Wichtigkeit zu berauben.“ Der Pharao faltete seine Hände hinter dem Rücken zusammen und machte einen Schritt auf sie zu, seine Augen, ebenso wie die ihren, erbarmungslos. Keiner von ihnen, wollte als Verlierer aus dieser Partie hervorgehen. „Auch in meinen Kreisen stellt man Fragen, scheint, als hätten wir eine Gemeinsamkeit gefunden.“ Um ein Haar, hätte das Mädchen die Kontrolle über ihre Gesichtszüge verloren, war diese Aussage doch so unglaubwürdig, dass allein ihre Erwähnung, wie ein Schlag ins Gesicht gewesen war. Dieser Mann wusste ganz genau, welche Knöpfe er bei ihr zu drücken hatte, um sie aus der Fassung zu bringen. Ironisch, hatte sie doch so viel Zeit damit verbracht, keine Zeit mit ihm zu verbringen. Sein amüsierter Ausdruck war nun in voller Form zurückgekehrt, nein, trotz der Ruhe seiner äußeren Ruhe, hatte er sich sogar noch gesteigert. Ihr ganzer Austausch schien wie ein Spiel. „In Euren Kreisen kleidet man sich auch in schwere Umhänge, die sich beim kleinsten Stolpern in eine tödliche Schlinge verwandeln. Meine Leute sind da eher praktisch als ästhetisch veranlagt.“, sie klimperte provozierend mit ihren Wimpern, auf eine Reaktion hoffend, ehe sie ihren Satz, mit einem stark melodramatischen Unterton, beendete: „Und dahin sind die gerade erst gefundenen Gemeinsamkeiten.“ Aus den Augenwinkeln, sah sie den Großwesir, der mit einem breiten Grinsen ihrer Konversation folgte. „So zwecklos Ihr ihn auch darstellt, leistete dieser Umhang mir heute schon gute Dienste.“, gab der König ruhig zurück und trat einen weiteren, auffordernden Schritt auf sie zu. Mit gespielten Interesse, legte das junge Mädchen ihre Stirn in Falten. „Tatsächlich? Und welchen Zweck war er so überaus dienlich?“ Sie weigerte sich einen Schritt zurück zu treten. Niemand hier sollte glauben, dass sie Angst hätte. Inständig hoffte sie, dass niemand ihren weichen Knien Beachtung schenkte, die jede Sekunde nachzugeben drohten. Je mehr der Mann vor ihr sprach, je näher er ihr kam, desto unsicherer wurde sie, völlig überwältigt von seiner Ausstrahlung und je unsicherer sie wurde, umso mehr brannte der Hass auf ihn in ihrem Inneren, weil er einen solchen Effekt auf sie hatte. Ihr Körper spannte sich an, als er den Mund öffnete um ihr seine Antwort zu geben: „Er hat Euch dazu veranlasst, ein paar Worte mit mir zu wechseln. Das ist mehr und durchaus erstrebenswerter, als unser letztes Zusammentreffen. Auch wenn das Thema unserer Unterredung etwas fröhlicher sein könnte.“ Das war´s. Seine Worte im Einklang mit diesem Blick, dieser Stimme, der unüberhörbaren Freude die er ausstrahlte, machten sie sprachlos. Die Schlacht war vorüber. Er hatte gesiegt. Die Peinlichkeit kehrte zurück, schlimmer als zuvor, da sie sich nun fühlte wie ein kleines Mädchen, dass zum ersten Mal mit einem Jungen sprach. Sie wünschte sich, im Erdboden versinken zu können oder von einem Blitz niedergestreckt zu werden. Anzu wandte sich von dem Mann ab, den sie für das Gefühlschaos in sich, nur noch mehr verabscheuen wollte. So eben hatte sie seine Macht am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er kannte seine Gegner. Aus diesem Grund, hatte er wohl auch so viele Anhänger. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wartete. Wartete, auf seine letzten, sicherlich demütigenden Worte, die seinen Sieg bestätigen würden. Ein leises Kichern, sehr gedämpft, kaum lauter als ein Windhauch, drang an ihr Gehör. Erst jetzt wurde ihr klar, wie nah sie beieinander gestanden hatten. „Ihr seid wirklich ein Uniklat.“ Blitze durchzogen ihren zitternden Körper. Alles in ihr schrie, brüllte sie an diesem Mann ihre Verachtung entgegen zu schleudern, doch ihr Mund, folgte nicht länger ihrem Willen. Völlig handlungsunfähig, musste sie daher zusehen, wie er ihr ein letztes, unbekümmertes Lächeln schenkte, ehe er sich von ihr abwandte. Das Mädchen wusste, dass er Etwas zu seinen Männern sagte, da sie sich wenig später, wieder in Bewegung setzten, doch auch ihre Ohren ließen sich nun im Stich. Dumpfes Dröhnen, war das Einzige. Was zu vernehmen sie imstande war. Der kleine Tross, marschierte weiter und zog sie mit sich, wie ein gefallenes Blatt, auf einem reißenden Fluss. Sie hatte den König, ihren Feind, so nah an sich herangelassen, wie sie selbst es niemals für möglich gehalten hätte. nicht nur hatte sie sich auf einen Kampf mit ihm eingelassen und verloren, sondern war seiner Gnade ausgeliefert gewesen, als sie geschlagen war. Warum, warum handelte er immer anders, als sie es von ihm erwartete? Warum war sie so anfällig für seine Spielchen? Und dann, war da noch seine Furchtlosigkeit, diese bodenlose Frechheit, sich ihr zu nähern, ihr seinen Atem ins Gesicht zu blasen. Die Gänsehaut, die beim Hauchen seiner letzten Worte an sie entstanden war, prickelte noch immer über ihre Haut. Gerne hätte sie behauptet, dass sie vor lauter Ekel in diese Starre verfallen war, doch war dieses Gefühl in ihrem Inneren ihr gänzlich fremd. Sie wusste nichts damit anzufangen. „Macht Euch nichts draus.“ Überrascht, nahezu erschrocken, Worte wahrzunehmen, hatte sie doch angenommen auf ewig in Stille leben zu müssen, riss Anzu ihren Kopf herum, um von dem Gesicht des Kriegsmeisters in Empfang genommen zu werden. „Ich kenne niemanden, der ein Wortgefecht mit dem Pharao gewinnt.“ Seine strahlend weißen Zähne schienen ihr entgegen, während sie aus den Augenwinkeln das nervöse Nesseln seiner Finger am Griff seines Schwertes beobachtete. „Naja niemanden außer Yuugi.“, sprach er munter weiter, als eine Antwort ihrerseits ausblieb. Auich wenn das junge Mädchen die Kontrolle über einen, verloren geglaubten Sinn zurück erlangt hatte, war ihre Zunge noch immer wie gelähmt, während ihre Beine nur stur den Männern vor sich folgten. So konnte sie nicht verhindern, dass sie in ein Gespräch hineingezogen wurde, ohne in der Lage zu sein, es zu beenden. Denn, als er seinen Namen zu hören bekam, entschloss sich der Großwesir anscheinend, hinter seinem König zurück- und mit ihnen in Gleichschritt zu fallen. „Mein Herr und ich, liefern uns keinerlei Wortgefechte. Wir sind, bei nahezu jeder Angelegenheit einer Meinung.“ „Doch wenn ihr nicht einer Meinung seid, gibt er Euch zu Liebe nach.“ Der Großwesir zog seinen Mund in die Länge und beäugte den Anführer ihrer kleinen Gruppe. „Er gibt nach, wenn ich im Recht liege. Es ist nicht meine Schuld, dass dies des Öfteren der Fall ist.“ „Und Ihr schwört, dass Ihr diesem `Recht haben´ nicht gelegentlich nachhelft?“ Der Angesprochene setzte ein wissendes Lächeln auf und zwinkerte seinem Begleiter verschmitzt zu. „Nun… wenn ich Euch dies beantworten würde, gefährde ich doch meinen größtes Geheimnis zu verraten und mich des Vorteils, den ich daraus ziehe, zu berauben.“ Der Kriegsmeister gab einen zustimmenden Laut von sich und richtete seinen Blick auf das junge Mädchen, das völlig apathisch neben ihnen entlang lief. Auch wenn sich ihre Bewegungen eher als ´abwesendes voran Stolpern` bezeichnen ließen. Wäre Anzu dazu in der Lage gewesen, hätte sie womöglich selbst über den frechen Scherz des Großwesirs gelacht, doch noch immer, wurde sie einfach von den bewaffneten Männern um sie herum, mitgezogen. Längst schon, hatte ihre Gruppe den Marktplatz hinter sich gelassen und war weiter vor gestoßen, in die Außenbezirke der riesigen Hauptstadt. Je näher sie denen kamen, desto öfter sah sie die kurzen Blicke die ihr, von Menschen mit Halsschmuck, der dem ihren bis ins Detail ähnelte, zugeworfen wurden Beunruhigte Augen musterten sie mitfühlend, verwirrt, zornig, zugleich. Doch erst als Anzu ein Paar Augen traf, dir auf ewig festgehalten aus dem Gesicht eines jungen Mannes zu ihr hinüber sahen, verstand sie es. Ihre Sinne kehrten auf einen Schlag zurück, als die Erkenntnis über diese zufällige Begegnung und welche Bedeutung sie hatte, auf sie einprasselte. So, wie der junge Mann sie alle musterte, so, wie er sie aus seinen laubgrünen Augen ansah, hoffend, beinahe mitleidig, gab es nur eine Erkenntnis : Man hätte auf sie gewartet. Aus diesem Grund, starrte dieser fremde Mann sie an, noch immer denkend, sie sei eine von ihnen. Sorge für jemanden seines Standes, schien ihm ins Gesicht geschrieben. Sämtliche Alarmsignale beschleunigten Anzus Herzschlag auf ein Vielfaches und veranlassten sie dazu, das Wort an den Kriegsmeister zu richten: "Sind Euch die Blicke aufgefallen, die uns zugeworfen werden? " Ihre eigene Stimme klang in diesem Moment so weit weg, machte ihren Klang mechanisch, nahezu eisern. Der junge Blondschopf wandte sich ihr fragend zu, seine Bewegung so ruckartig und plötzlich, dass der Schild, den er auf seinem Rücken trug, sie um ein nur, verfehlte. Eine Augenbraue erhob sich auf seinem Gesicht fragend nach oben, während er stehen blieb und ihr einen erschöpften Gesichtsausdruck schenkte. Sie meinte ihn etwas wie "Weiber!", nuscheln zu hören, doch wenn er diesen Gedanken laut aussprechen wollte, beraubte ihm der Großwesir dieser Gelegenheit, indem er sich einmischte. "Was ist mit ihren Blicken, Mylady? " Kurz errötete das junge Mädchen, aufgrund der hochgestellten Anrede der jungen Mannes, ehe sie sich zur Ordnung rufen konnte und Yuugis Frage beantwortete. "Je näher wir den Sklavenfeldern kommen, desto mehr Menschen schauen uns entgegen, als würden sie versuchen uns durch diese Blicke etwas mitzuteilen... Oder vielmehr..." Die Stimme des jungen Adeligen mit den großen Augen, beendete ihren Satz, wie sie es erwartet hätte. "Euch." Anzu stimmte ihm mit einem Kopfnicken zu, während sie verstohlene Blicke auf die Menschen warf, die inzwischen die Straßenseite wechselten, wenn sie einen Blick auf das königliche Banner geworfen hatten. Yuugi, an ihrer Seite, tat genau dasselbe, mit einer ernsten Denkfalte, die mürrisch an seiner Stirn haftete. Sie hörte das unruhige, nervöse Klicken, das entstand, wenn Jounouchi mit einem Finger gegen den Griff seines Schwertes trommelte. Eindeutig, ließ auch ihn etwas außer Ruhe. "Und was zum Geier, soll das jetzt bedeuten? ", kam kurz darauf unzufriedene, dennoch erwartete Frage des Kriegers. Wie, als hätten seine Worte als ein Stichwort fungiert, entdeckte Anzu in jenem Moment eine im Kapuzen gefüllte Gestalt, die, in der Menge verborgen, aus mörderischen Augen zu ihnen blickte. Der Umhang jenes Fremdlings war weit, seine Körperformen nicht preisgebend und den Betrachter nur erahnen lassend, was, außer seiner eigenen Haut, unter den Schichten seiner ärmlichen Bekleidung verborgen lag. Als sie ein schmales Stück geschwungenen Holzes wahrnahm, dass hinter seinem Rücken hervor gezogen wurde, dämmerte es ihr. Sie riss den Kopf herum, in Richtung des Mannes, der durch seine laute Frage, die Aufmerksamkeit des Schützen auf sich gelenkt hatte. "Bogen!", war das einzige, dass sie ihm als Warnung entgegen werfen konnte, ehe sie das geräuschvolle Zischen, jenes präzisen Todeswerkzeugs, vernahm. Ihre Augen waren auf die Gestalt des Kriegsmeisters gerichtet, während sie jeden Moment die entsetzlichen Folgen dieses Schusses erwartete. Die Zeit lief dick und zähflüssig durch ihre bebenden Hände. Sie hätte schwören können, dass alles langsamer verging. Steine füllten ihren Magen, als sie vergeblich versuchte, einen Weg aus dieser Situation zu finden, der ohne ein menschliches Leben im Tausch zu lassen, funktionieren könnte. Sie versuchte ihr verlangsamtes Zeitgefühl zu nutzen, die Zeit, die sie geschenkt bekam, nicht zu vergeuden. Doch gleichzeitig, immer näher kommend, lief die Zeit des Kriegsmeisters, vor ihren Augen, ab. Seine lebhaften neugierigen Augen, verzogen sich zu vor Entsetzen geweiteten Löchern, dieser unbekannte Ausdruck verpasste Anzu einen Schlag in den Magen, als ihr Kopf ihr lauthals zuschrie: "Duck dich! Bring dich in Sicherheit! ", aber ihr Herz diesen Schrei beinahe übertönte: "Tu etwas! Steh nicht nur so rum! Rette ihn!" Als hätte sie eine Ohrfeige bekommen, setzte sie sich in Bewegung. Niemand, sollte bei dieser Sache Schaden erleiden. Ihre Beine beförderten sie vorwärts, folgten ihrem stummen Befehl. Länge Schritte rannten in die Schussbahn des heimtückischen Pfeiles hinein, nur um zum zweiten Mal an diesem Tag abrupt, durch Fremdverschulden, zum Stehen zu kommen. Sie erschrak, als sie das goldene Auge des Horus in ihrem Sichtfeld wieder fand. Das Mädchen hatte so sehr auf den bedrohten, jungen Mann geachtet, dass alle anderen ihrer Wahrnehmung entgangen waren. Schmerz sammelte sich in ihrer rechten Schulter, als sie grob von ihren Beinen gerissen wurde und ohne jede Logik, zu der sie noch fähig war, nach hinten geschleudert wurde. Der braungebrannte Arm des Pharao, war einige Sekunden mitten in der Luft, zum Stehen gekommen. Wieso schubste dieser Mann sie weg, war sie doch bereit gewesen, einen seiner Männer zu schützen? In ihrem Sturz nach hinten, schaffte sie es, das Geschehen im Auge zu behalten. Ruhige, kontrollierte Bewegungen hauchten dem prächtigen, statuenähnlichen König wieder Leben ein. Ein gekonnter, perfekt ausgeführter Griff, löste den Gurt, den der Kriegsmeister längs über seiner Brust verknotet hatte, während die andere Hand über seine Schulter hinweg, den fallenden Schild zu fassen bekam. Blitzschnell, riss er den Schild über Jounouchis Kopf hinweg und positionierte sich vor der Brust des Kriegers. Als ihre Kehrseite Kontakt mit dem staubigen Boden machte, hörte sie ein lautes, eisernes Kratzen und als sie ihre, aus Reflex geschlossenen Augen wieder öffnete, war ein deutlicher Kratzer, auf dem ansonsten unbeschadeteten, offensichtlich neuen, Schild zu sehen, während der gefürchtete Pfeil, entzwei gesprungen, zu ihren Füßen lag. Die Menschenmassen brachen in einen panischen Aufruhr aus. Laute Schreie hallten durch die Luft, fütterten sie, mit ihrem Schrecken. Die Wachen hechteten zu den beiden Männern, die dem Angriff mit einem Schrecken überstanden hatten. Zumindest, sah einer von ihnen verschreckt aus. Seine Lippen öffneten und schlossen sich, während seine weit aufgerissenen Augen, den König nicht aus den Augen ließen. Dieser beantwortete lässig, seine letzte Frage, während er den Schild sinken ließ und auf sie zugelaufen kam. "Sie haben uns erwartet. ", sprach er ihre und Yuugis Bedenken laut aus. Vor ihr, kam er zum Halt und sah sie entschuldigend an. "Verzeiht, wenn ich Euch verletzt haben sollte, doch Ihr seid direkt in die Schussbahn gerannt. " Seine freie Hand, bekam ihren nackten Oberarm zu fassen und zog sie mit einem Ruck, zurück auf die Beine. Die alarmierten Wachen, stritten laut miteinander. Widerwillig, schüttelte Anzu seine warme Hand ab, richtete ihre nächsten Worte aber doch an ihn, da er der einzige in ihrer Umgebung war, der ihre brüchigen, unheilvollen Worte zu vernehmen vermochte. "Es ist noch nicht vorbei. ", flüsterte sie und suchte nach seiner Reaktion. Verstehend, nickte er und wirkte, als wäre dies eine Annahme, die auch er bereits gemacht hatte. "Ihr habt Recht. Wir wurden schon seit unserer Ankunft beobachtet, dieser Mann, war nur die Eröffnung. " Die Menschen hatten nicht so ängstlich ausgesehen, wenn nur ein Einzelner versuchen würde, die Krone zu bedrohen, brachte sie seine Worte zu ende. Er wandte sich seinen Wachen zu, um ihnen neue Befehle zu erteilen, als ein zweiter Pfeil, an der Stelle einschlug, wo er zuvor noch gestanden hatte. Noch ehe sie einen sorgenvollen Blick an den Großwesir aussenden konnte, um sich nach seiner Unversehrtheit zu erkunden, hatte man sie an beiden Schultern gepackt und nach vorne gerissen. Langsam kam sie sich vor, wie ein Gepäckstück. Die blutroten Augen des Königs brannten in den ihren und pressten ihr die Luft aus den Lungen. "Lauft!", schrie er ihr entgegen und ließ, wenig später, von ihr ab, drehte ihr den Rücken zu. Das Mädchen fühlte ihre wackeligen Beine, hörte die aufsteigende Panik, Angst um ihr Leben, wo sie doch endlich wieder etwas hatte, dass sie zum weiterleben ermutigte und klammerte sich an das Einzige, dass in diesem Chaos, diesem Albtraum, einen Sinn machte. Sein Befehl. Anzu stieß mit ihren Beinen fest in den Boden, als sie ihre Hände schützend über sich hielt, als würden sie wirklich in der Lage sein, Pfeile abzuwehren. Sie rannte, ohne zu wissen wohin, da sie aus den Augenwinkeln weiterhin zurück schaute, zu den Menschen mit denen sie hergekommen war und die nun ihren Albtraum teilten. Sie erkannte das Blau, des königlichen Umhangs, das gezielt durch die flüchtenden Mengen raste. Ohne das jemand etwas hatte sagen müssen, wusste sie, wo er hinrannte, während der Schild des Kriegsmeisters, seine Glieder vor tödlichen Wunden schütze. Yuugi. Für den Bruchteil eines Augenblicks zog sich ihr Herz zusammen. Dieser Schild war der einzige Schutz, den der König bei sich trug. Kein Schwert. Keine Waffe. Kurz bevor ihre Füße sie um eine Ecke beförderten, vernahm sie noch, die gebrüllten Worte des Pharao, die sich an jemanden in seiner unmittelbaren Nähe richteten : "Pass auf ihn auf! Beschütz ihn! Beschütz ihn!" Jede Erwiderung dieses Befehls, verlor jegliche Bedeutung, als sie erkannte, was hinter der Straßenecke, die ihre Rettung hatte sein sollen, auf sie wartete. Die vermummte Gestalt, die den ersten Pfeil abgefeuert hatte und dann in dem Chaos, dass sie losgetreten hatte, untergetaucht war. Ihre Gesichter kreuzten sich. Auch er erkannte sie wieder. Er war nicht allein. Zwei bullige Männer standen ihm zur Seite. "Scheiße!, fluchte sie laut und machte mitten in ihrem Sprint Halt, um einen Haken zu schlagen und in die entgegengesetzte Richtung zu flüchten. Sie wusste, dass sie die Verfolgung aufgenommen hatten, ohne sich umdrehen zu müssen. Ihre Atmung ging stoßweise und sie war, nun doch, dankbar dass sie in den königlichen Mauern etwas Erholung gefunden hatte. Sonst, wäre sie schon jetzt zusammengebrochen. "Scheiße!", schrie sie, als sie in einen Gasse abbog, in der Hoffnung, ihre Verfolger dort abhängen zu können. So schnell es ihr möglich war, tauchte sie in die Häuserreihen ab, wild den Kopf herumreißend, auf der Suche nach einem Fluchtweg. Doch so sehr sie ihren Körper auch anschrie weiter zu laufen, spürte sie ihre Muskeln ächzen. Diese Männer waren definitiv in einer besseren körperlichen Verfassung als sie. "Scheiße! " Die einzigen Möglichkeiten, die sie noch sah, war entweder die Männer durch häufige Richtungswechsel zu überfordern und sich im einem solchen Moment zu verstecken, oder sich ihnen entgegen zu stellen und hoffen, auf diese Weise einen Ausweg zu finden. Die nächste Ecke und was sie zu sehen bekam, nahm ihr die Entscheidung ab. Nichts, nur eine sandfarbende, kalte Wand. Eine Sackgasse. Das Mädchen kämpfte gegen die aufkommenden Tränen, als ihre letzte Hoffnung darin bestand, sich allein gegen drei Männer zu stellen. Die zum Stehen kommenden Schritte ihrer Verfolger, rissen sie aus ihrem Selbstmitleid. Immer nach einem Ausweg suchen. Nicht aufgeben. Sarkastisch, warf sie ihr Hände in die Luft und zuckte mit den Schultern. "Tja... da hab ich mich wohl in etwas verrannt. ", scherzte sie furchtlos und stemmte ihre Hände in die Hüften. Ohne darauf einzugehen, kamen die drei Hühnen näher, versperrten jeden erdenklichen Ausweg, allein durch die Masse ihrer Körper. "Du!", knurrte der Anführer des Aufstandes. "Was hattest du bei dem König zu schaffen?" "Na was schon? Jetzt, wo der feine König sich noch ein Denkmal errichten lässt, ist er in Stimmung und hat sich eine neue Sklavin gesucht, die er ficken kann, wenn es ihm beliebt. ", lachte der Mann zu einer Linken laut und trieb Anzu mit seinem vulgären Worten die Schamesröte ins Gesicht. Gleichzeitig konnte sie nicht fassen, dass jemand so etwas denken würde. "Ist das wahr?", ergriff der Vermummte wieder das Wort, "Bist du gegen deinen Willen bei ihnen gewesen? " Anzu blinzelte nervös. Hier war er. Diese Männer hatten ihr selbst einen Fluchtweg aufgetan, hatten ihr einen Weg gegeben hier unbeschadet hinauszukommen. Aber dann, sah sie das fette, widerliche Grinsen auf den Lippen des dritten, bisher schweigenden Mannes. Seine Augen wanderten gierig ihren Körper auf und nieder, während er seine wulstigen Lippen mit der Zunge benetzte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als Ekel sie schüttelte. Eher würde sie sich töten lassen, als solchen Menschen in die Karten zu spielen. Frech, zog sie ihre Lippen auseinander. "Ganz im Gegenteil sogar, der König hat mich ganz förmlich eingeladen und ich habe dankend akzeptiert. " Die beiden linksstehenden Männer lachten laut auf, während der Dritte sie zufrieden anlächelte und sich den Schweiß, mit dem Handrücken, abwischte. "Schnapp sie dir, Großer ", sagte der vermummte Anführer zu dem riesenhaften Ekel, dass sie mit seinen Augen auszog. Der brockenhafte Mensch, setzte sich in Bewegung und trieb sie mit jedem weiteren Schritt zur Wand hin. Auch, wenn sie ängstlich war, verfiel dad junge Mädchen nicht wieder in eine instinktive Panik, sondern ging in ihren Gedanken durch, was sie tun konnte, um diesen Mann davon abzuhalten sie zu schänden. Eine Idee kam ihr, mehr noch, die einzige Rettungsleine, die sich ihr noch darbot. Sie musterte das menschliche Raubtier, dass nur noch zwei Schritte von ihr entfernt war und war sich ihrer Aussichtslosigkeit bewusst. Welche Wahl, hatte sie schon? Sie hatte ja nicht einmal ein Messer, um es diesem Pack in den Wanst zu rammen. Sie dachte an den Moment zurück, als der erste Pfeil abgefeuert würde. Der König hatte keine Sekunde gezögert. Entschlossen, schnappte sie nach Luft und nahm den wenigen Anlauf, den sie noch kriegen konnte. Die Sohlen ihrer offenen Sandalen wirbelten den Staub auf, als sie ein Bein, mit aller Kraft nach hinten ausholte und dann, blitzartig nach vorne schnellen ließ. Wie erhofft, hatte ihr Angreifer ihren Gegenschlag nicht kommen sehen und griff sich nun, mit beiden Händen, zwischen die Beine, Schmerz hatte die Lust in seinem Blick vertrieben. Schwer getroffen, gab er ein Winseln von sich, das einem getretenen Hund deutlich mehr ähnelte, als einem Menschen und ging in die Knie, um sich anschließend zur Seite, auf den Boden, fallen zu lassen. Völlig abwesend, beobachtete Anzu das Geschehen, nicht begreifen könnend, dass Ihr Plan tatsächlich aufgegangen war. Das Erfolgsgefühl durchströmte ihren Blutkreislauf, als ihr klar wurde, was der Schmerz in ihrem Fuß zu bedeuten hatte. Sie hatte einen Mann außer Gefecht gesetzt. Fehlten nur noch zwei. Ihr Tatendrang und das Gefühl alles zu schaffen, wenn sie nur hart genug dafür kämpfte, fanden ein jähes Ende, als der vulgäre Mann, sie grob gegen die Wand knallte, während der Anführer ihm dabei über die Schulter schaute. "Du miese Fotze! ", schrie er sie an, so dass es in ihren Ohren klingelte. "Du hältst dich wohl für äußerst schlau, wenn du dachtest, du würdest es vermeiden von jemanden gefickt zu werden. Ich sag dir was, du Dreckstück: wenn er es nicht machen kann... Mach ich es..." Sein Griff dehnte den Stoff ihres Gewandes. Wenn er weiter so zerrte, würde es zerreißen. "Und ich bin nicht so nett und lasse dich nach einem Mal gehen.", fügte er noch bedrohlich hinzu. Mit einem Mal, hatte das junge Mädchen den totalen Durchblick. Nicht die Götter, trugen Schuld an den sich verschlechternden Zuständen in ihrem Leben. Nicht sie, machten sich einen Spaß daraus, sie leiden zu sehen, oder waren ihr gegenüber so gleichgültig eingestellt, wie sie immer dachte. Nein. Allein ihr loses Mundwerk, ihre impulsiven Entscheidungen, waren der Grund für Ihre dauerhafte Pechsträhne. Die Hände des groben Mannes rieben ihr über den Körper. Seine Finger ließen eine tiefe Narbe der Zerrüttung auf ihrer Haut zurück. Sie schloss die Augen und schwor sich, keinen Laut zu machen, wenn dieser Widerling sich an ihr vergehen sollte. Sie würde ihm nicht auch noch ein Gefühl des Triumphes, in ihren Plageschreien finden lassen. Seine Hände waren rauh, dicht behaart und sehning, nichts, was sie früher als gefährlich wahrgenommen hatte, was nun aber für immer in ihre Netzhaut gebrannt wurde, als Erkennungsmerkmal eines Monsters. Jede weitere Berührung seinerseits, verstärkte dieses Gefühl nur noch. Sein heißer Odem brannte auf ihrer Haut, wie ein Peitschenhieb und schnitt ihr das Fleisch von den Knochen. In ihrer Kehle sammelten sich flehende Worte, von denen jedermann denkt, sie wären die letzte Chance, wenn sie sich in einer lebensbedrohlichen Situation wiederfanden. Gerade, als er seinen Mund öffnete, um ihr mit seiner dicken, stinkenden Zunge, den letzten Widerstand zu rauben, wurde er an den Haaren zurück gerissen. Sein Griff, verlor jede Härte und auch jede Macht, die er über sie gehabt hatte. Ihre Zehen berührten die Erde und als sie wieder festen Boden unter den Füßen spürte, begann sie sich von der Wand zu entfernen. Auf zittrigen Beinen, trat sie einen Schritt vor den Anderen, behielt dabei stets den Mann im Blick, dessen bösartige Worte, sie wohl fortan begleiten würden. Als sie einen Halbkreis um den sich windenen Mann vollzogen hatte, erkannte sie die Ursache, die seinen Angriff auf sie beendet hatte. Das gleißende Licht der Sonne strahlte ihnen, von seinem goldenen Haupt abgeprallt, in die Augen. Doch, auch wenn es schmerzte hinein zu sehen, konnte man bei genauer Betrachtung, das allessehende Auge erkennen. Zu ihrem großen Bedauern, handelte es sich, bei ihrem Beschützer in dunkler Stunde, um den verhassten König Ägyptens. Seine schnellen, muskulösen Hände, hatten so eben den Schopf des vulgären Mannes, losgelassen und zog sich zu seinem Körper zurück. Der tobende Hühne trat dichter an ihn heran, während er unheilvoll knurrte und fluchte. "Du mieser Wichser! Für wen hältst du dich, mir zu nehmen, was mir zusteht? " Der König behielt den Mann im Auge, wich nicht vor ihm zurück, hob lediglich seine einzige Quelle der Verteidigung vom Boden. Den Schild, mit dem er das Leben des Kriegsmeisters gerettet hatte. Er strafte die rühden Worte mit schweigen und tat, als hätte er nichts gehört, richtete seine Stimme an Anzu: "Kommt hinter mich. Euch wird niemand etwas tun, aber kommt hinter mich." Das Mädchen lauschte seiner Stimme und wog ihre Optionen ab. Sie hatte die Kraft, dieser Männer am eigenen Leib zu spüren bekommen. Würde der König, der im Gegensatz zu den beiden Gegenern, die ihn kleiner und schmächtiger wirken ließen, der, weder eine anständige Waffe, noch Unterstützung dabei hatte, sich gegen sie behaupten können? Und dann war da hinter ihm der schmale Durchgang, der den Weg hinaus aus dieser Falle ebenen würde. Und niemand versperrte ihr den Weg. Der Pharao und sein Kontrahent warfen sich böse Blicke zu. Der hühnenhafte Mann vor ihm begann, immer ungeduldiger auf- und ab zu wippen. Es würde nicht mehr lange dauern, ehe er den ersten Schlag austeilte. Die junge Frau, setzte ihren ersten Schritt, als der König sie wieder ansprach : "Kommt hinter mich und ich hole uns hier hinaus. Aber wenn Ihr weglauft, verliere ich Euch wieder aus den Augen. Ich kann Euch nicht versprechen, Euch ein weiteres Mal zu finden." Seine Tonlage, war zugleich sachlich, als auch verständnisvoll und ergaben auch tatsächlich einen Sinn. So hätte sie auch gehandelt, wäre es ihr möglich gewesen. Bei einem Aufstand, durfte man nicht darauf hoffen, sich alleine durchschlagen zu können. Allein war man verloren. Und doch setzte sie in diesem Fall, auf ihren Fluchtinstikt, wenn sie diesen widerlichen Wiedersacher ansah. Wenn es sich vermeiden, oder auch nur hinauszögern ließ, dass jener Mann sie je wieder berührte, dann war ihr sogar diese Aussicht recht. Zwei weitere Schritte führten sie näher an ihren Ausgang heran, dann noch einer, doch gerade als sie die Beine in die Hand nehmen wollte, um sich mit letzter Kraft zu retten, schenkte der König ihr einen aufgebrachten Blick, als er einen zischenden Fluch ausstieß und festen Schrittes auf sie zuging, die beiden Männer, verwirrte Blicke tauschend, hinter sich lassend. Der Anführer des Aufstandes hatte sich bisher ziemlich zurück gehalten, während sein Kämpfer wild auf den Boden stampfte. Anzu hob schützend die Arme, als ihr selbsternannter Retter zu ihr aufschloss. Seine Arme ließ er seitlich, schlaff an seinem Körper ruhen, doch seine Augen verhinderten jede weitere Bewegung ihrerseits. Diese blutroten Vollmonde, fesselte sie, wie der Griff einer Würgeschlange. "Hört mich an! Ihr werdet hier bleiben und mich die Sache regeln lassen und dann werden wir gemeinsam die Anderen finden. Ich weiß, Ihr erkennt mich nicht als Euren König an, das ist Euer Recht, doch als wir heute morgen zusammen losgezogen sind, seid Ihr damit unter meinem Schutz aufgebrochen. Ihr seid eine Verpflichtung eingegangen, meine Befehle zu befolgen, wenn es Eurem Schutz dient, so wie ich mich verpflichtet habe, Euch zu beschützen! Ihr habt die Pflicht mir zu gehorchen! " Instinktiv, zog sich alles in ihr, bei seinem Tonfall zusammen und die Steine in ihrem Magen, drückten schwer auf ihre übrigen Organe, als sie erkannte, dass seine Worte den einzig, wirklich, logischen Plan bildeten, den diese Situation zuließ. "Also begebt Euch hinter mich und wartet. ", beendete er seine Rede bestimmt. Ohne auf ihre Reaktion zu warten, wandte er sich den beiden Männern erneut zu, stellte sich ihnen herausfordernd entgegen. "Wenn ihr eure Waffen fallen lasst, werde ich euch nicht verletzen. ", sprach er an sie gerichtet. "Ach ja? Der Pharao sitzt doch lediglich auf seinem Thron und befehligt die Männer, die seine Drecksarbeit verrichten! ", höhnte der vulgäre Mann, "Eure Fähigkeiten im Nahkampf, dürften ziemlich dürftig sein. " Der junge König, festigte den Griff um seinen Schild. "Für Euch, werden sie reichen. " Unheil lag in seinen Worten. Die Dunkelheit, schien zugenommen zu haben und doch, spürte Anzu nach seiner Kampfansage, keinerlei Angst mehr. Nun wieder alleinige Herrin ihrer Sinne, suchte sie, wie befohlen, hinter seiner Gestalt Schutz. "Euer Kopfschmuck gefällt mir, den werde ich tragen, wenn ich bei dem Mädchen da weiter mache, wo Ihr uns so wüst unterbrochen habt.", spuckte ihm sein Gegener entgegen, während sein Begleiter, ebenso wie Anzu, schwieg. "Niemand, wird Euch jemals wieder in die Hände fallen. " Diese letzte Aussage, reizte den ungeduldigen Hühnen so sehr, dass er einen wütenden Kampfschrei ausstieß und sich in Bewegung setzte. Seine prankenähnliche Hand formte sich zu einer Faust und schnellte dem König entgegen, der sich noch keinem Schritt bewegt hatte. Kurz bevor, die Faust Kontakt mit seinem Gesicht machte, Schritt der Pharao einen Satz nach rechts und drehte seinem Gegener den Rücken zu. Seine eigene Hand umschloss das Handgelenk, der fliegenden Faust und riss kräftig daran, den Angreifer aus dem Gleichgewicht bringend. Als dieser ins Stolpern geriet, drehte der Pharao sich über seine linke Schulter und riss, den Schild in seiner Linken, mit sich herum, während er mit der Anderen, seinen Griff um das Handgelenk löste. Ein ohrenbetäubendes Krachen zog durch die brennend heiße Wüstenluft. Völlig erschrocken, legte Anzu ihre beiden Hände, über ihren, vor Entsetzen, aufgerissenen Mund. Das, für sie, unbesiegbare Monster, glitt regungslos und schlaff, wie ein nasser Sack zu Boden. Nur der Pharao stand, wie eingefroren, noch auf seinen Füßen, die Hand, die den vernichtenden Schlag ausgeführt hatte, hoch in der Luft erhoben. Er dehnte seinen Nacken, warf ihr einen aufmunternden Blick über die Schulter zu und drehte sich, während er seine Glieder schüttelte, dem letzten, noch stehenden Gegener zu. "Nur noch ein Letzter. ", sagte er und jagte dem Mädchen damit einen Schauer über den Rücken. Er schien so unglaublich siegessicher, dass auch sie in ihrem Gefühl der Sicherheit, bestärkt wurde. "Scheint, als hätte mein Partner Euch unterschätzt, Majestät. ", entgegnete sein Kontrahent frech und kramte, aus seinem Gewand, ein Messer hervor. "Dieser Fehler, wird kein weiteres Mal begangen werden." Die beiden Männer, begannen schleichend um einander herum zu laufen, fixierten einander, jeder erwartend, dass Der Andere, den ersten Zug machte. Geistesabwesend, folgte Anzu den Schritten des Herrschers, noch immer völlig schockiert, über die Kürze des letzten Kampfes. Außer, das der Pharao seine linke Hand schüttelte, die vom Aufschlag wohl sehr weh zu tun schien, hatte er das Zusammentreffen ohne weiteren Schaden, überstanden. Anerkennung, machte sich in ihr breit. Er war anscheinend, sehr gewillt, sein Wort zu halten, wie ein Ehrenmann. Dieses neue, unbekannte, jedoch keineswegs negative Gefühl, stahl sich wieder zurück in ihre Gefühlslage. Was war das nur? Auch wenn sie in diesem Augenblick keine Antwort auf diese Frage erhalten sollte, wehrte sie sich gegen diese Empfindung, würde ihr dann nur wieder unwohl, wenn sie den König ansah. Die Dinge, sind nicht immer, wie sie scheinen. Die Szene vor ihr, setzte sich in Bewegung. Der Anführer des Aufstandes hatte anscheinend die Geduld verloren und den ersten Schritt gemacht. Ein Satz nach vorne, brachte das Messer in seiner Hand zum aufschimmern. Er stieß es, in seiner Hand, nach vorne, steuerte es auf die Körpermitte des Königs, der den Angriff, mit seinem Schild ablenkte. Der Angreifer stolperte an ihm vorbei, hielt sich aber auf den Beinen, als er sich umdrehte und erneut losstürmte. Dieses Mal, holte er mit seiner Waffe, über den Kopf hinweg, aus, um von oben zuzustoßen. Der Verteidiger riss seinen Schildarm nach oben, das Messer von seinem Gesicht stoßend und wehrte mit seiner freien Hand, einen Faustangriff auf seine Magengegend ab. Der Pharao nutzte den Schwung seines Gegenübers, duckte sich und knallte ihm mit seinem Schild vor die Knie, sodass er über die erhobene Verteidigung des jungen Königs stürzte. Im Fall, versuchte der unheilvolle, Vermummte noch einmal einen Angriff, fuchtelte wild mit seiner Waffe. Für einige, ewig erscheinende Momente, war Anzu nicht in der Lage, die Schäden dieser Angriffswelle auszumachen. Erst, als die beiden Gegener sich wieder gegenüber standen, jeder sich zunächst zurückziehend, war es ihr möglich, einen Blick zu erhaschen. Der Angreifer humpelte auf und ab, hielt sich zischend seine Knie. Doch, der König wischte sich mit seiner Hand über eine Wange. Die rote Flüssigkeit, die an ihr haften blieb, lenkte ihre Augen in sein Gesicht. Blut floss aus einem geraden Schnitt, oberhalb seines Wangenknochens. Der Pharao sah das Blut auf seinem Handrücken an, während sie scharf die Luft durch ihre Zähne sog. Es klang, wie ein besorgtes Piepsen. Sie hasste es. "Alles in Ordnung, es ist kein tiefer Schnitt. ", versicherte er ihr. Ihr Herz hämmerte, als sie errötend feststellte, dass er ihren Angstschrei , laut und deutlich zu hören bekommen hatte. Genervt verschränkte sie die Arme. "Hört auf Loblieder auf Euch zu singen, solange Euer Feind noch immer in der Lage ist, zu stehen. " Ein leises Kichern, verstärkte ihre Errötung nur noch mehr. Es klang echt und amüsiert, donnerte aber, wie ein tosender Wasserfall. Seine Mundwinkel zuckten, beinahe ungesehen, nach oben, bevor sie wieder einer entschlossenen Miene wichen. "Jawohl ", sagte er gerade laut genug, für ihre Ohren. Als die beiden Gegner zum zweiten Mal aufeinander losgingen, fiel ihr etwas auf. Heute hatte sie viele eigenartige Gedankengänge. Bevor der König an ihrer Seite erschienen war, hatte sie vor lauter Furcht beinahe die Kontrolle verloren, aus Angst, vor den Alternativen, doch jetzt, fühlte sie sich inzwischen so sicher, dass sie sogar ihr lautes Mundwerk wiedererlangt hatte. Das Klirren von Metall auf Metall, riss sie zurück zum Geschehen, das vor ihrer Nase stattfand. Irgendwie, hatte der Angreifer es geschafft, den Schild des Pharao zu fassen zu kriegen. Sie rissen heftig an der einzigen Verteidigung des Königs, keiner von beiden wollte dieses Ringen verlieren. Sie schmissen sich wild von Seite zu Seite, als der Kontrahent versuchte nach dem Besitzer des Schildes zu treten. Dieser, wich seinen Attacken aus, während er dafür einige Schritte zurück weichen musste. Der Abstand zwischen ihnen, brachte ihm eine reine Verteidigungsposition. Der Pharao musste seinen Tritten ausweichen, und gleichzeitig den Griff um den Schild festigen. Eine Weile ließ er sich, von dem Vermummten umhertreiben, als er die Geduld zu verlieren schien. Mit einem heftigen Satz nach Vorne, riss der Pharao seinen Kopf in den Nacken und rammte seine Stirn auf die Nase seines Wiedersachers. Dieser stieß einen spitzen Schmerzensschrei aus, als er ruckartig nach hinten taumelte, durch seinen Schwung, den Schild des Königs, aus dessen Hand reißend. Das ovale Verteidigungswerkzeug knallte auf den Boden und wurde anschließend, wütend, von seinem Angreifer, außer Reichweite getreten. "Ihr! Ihr seid des Todes! ", brüllte der blutende Mann, vorsichtig, seine wohl gebrochene Nase, betastend. "Niemand wird heute durch Eure Hand den Tod finden. ", gab der Pharao gewissenhaft zurück. Doch seine Augen suchten nach Etwas, womit er sich wehren konnte, während der störende Wind, seinen Umhang um seine Knöchel wehen ließ. Dieses lästige Ding, würde womöglich noch sein Todesurteil. Voll blinder Wut, stürmte der Mann, mit der zertrümmerten Nase los, das Blut überall in seinem Gesicht klebend. Er riss das Messer empor, wie zu einem tödlichen Stoß. Wieder, verlangsamte sich die Zeit und Anzu nahm alle Bewegungen schleichender wahr. Doch dieses Mal, blieb sie nicht regungslos stehen, um ihre Logik nach einer Lösung zu bitten. Dieses Mal, verließ sie sich auf ihren Kampfgeist, während das Blau des Umhangs ihren Blick fesselte. "Euer Gewand! Ihr könnt den Umhang nutzen! ", brüllte sie, noch bevor sie ihren Lippen diesen Befehl geben konnte. In der verlangsamten Zeit, die vor ihr verging, sah sie, was ansonsten nur flüchtige Sekunden gewesen wären, deutlich. Der König veränderte seinen Gesichtsausdruck gleich mehrfach. Zunächst sah er gestört aus, dann wandelte sich seine Miene in ein Gesicht der Verwirrung, bevor sie sich ein letztes Mal änderte. Er hatte verstanden, was sie meinte. Schnell, wich er dem Messerstich seitlich aus, zog sich mit beiden Händen am Kragen seines Umhangs herum. Mit geschickten Fingern, gelang es, ihn zu lösen und zog ihn vor sich. Der tobende Angreifer ließ ihm keinen Augenblick Zeit, sich mit dem neuen Hilfsgegenstand eine Strategie zurecht zu legen. Der nächste Stoß seiner scharfen Waffe, wurde durch den nachtblauen Stoff abgefangen, der sich um seinen Arm wickelte. Der König gab ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich, als die beiden auseinander glitten. In seiner Rechten hielt der König, den Stoff, der ihm vermutlich das Leben gerettet hatte. Doch der andere Arm blutete. Eine dunkelrote Schnittwunde, zog sich über den Unterarm des waffenlosen Mannes. Blut sickerte unaufhaltsam aus der Wunde und auch, wenn sie keinerlei Erfahrung über Kämpfe und dem Gefährlichkeitsgrad vom Wunden hatte, konnte sie sehen, dass diese Verletzung tiefer reichte, als der schmale Schnitt auf seiner Wange. Doch, auch wenn sie eingreifen wollte, blieb ihr keine Zeit mehr dafür. Mit gesteigertem Selbstbewusstsein, setzte der Kontrahent zum finalen Schlag an. Das er seinem Gegner eine Wunde zugeführt hatte, ließ ihn jegliche Kontrolle verlieren und unvorsichtig werden. Dieser letzte Angriff, würde die Entscheidung bringen. So schnell es ihm, mit dem verletzten Arm möglich war, rannte der Pharao, mit dem Umhang in dem anderen los und glitt, bei voller Geschwindigkeit auf seine Knie. Er rutschte auf ihnen voran, eine schmale Blutspur zurück lassend. Augenscheinlich, waren seine nackten Knie, beim Kontakt mit dem Boden aufgeschlagen. Er riss den Umhang hoch, als er seinem Angreifer zwischen den Beinen hindurchrutschte. Der Stoff seines Gewandes wickelte sich um die Beine seines Gegners und rissen ihm die Füße weg. Der Vermummte, stürzte nach vorne, ließ dabei sein Messer fallen und versuchte sich nun, mit vorausgestreckten Händen abzufangen. Doch er war zu langsam und fiel auf sein, ohnehin schon, geschundenes Gesicht, während der Pharao sich so eben auf seine Füße erhob und sein Gewand abklopfte. Anzu starrte mit offenem Mund auf den regungslosen Mann vor sich. Jede voran schreitende Sekunde, wurde ihr deutlicher bewusst, dass er kein weiteres Mal aufstehen würde. Sieg. Das Mädchen richtete ihr Haupt, in Richtung des verletzten Königs. "Ich merke, ich habe in den letzten Tagen mein Training vernachlässigt. Früher, hätte ich die Sache eleganter geregelt. " Fassungslos starrte sie ihn an. Wenn das so war, interessierte es sie, wie der König IM Training war. Ungläubig, begeistert, widerwillig, erleichtert schüttelte sie ihren Kopf. "Scheint ganz so.", antwortete sie ihm frech. Oder, es sollte frech klingen, kamen aber nicht mehr als brüchige Worte aus ihrer Kehle. "Wenn Ihr mir nicht diesen Tipp gegeben hättet, hätte es böse für mich enden können. ", sagte er, ihr seine Schulter zuwendend, während er sein Gewand zusammrnrollte und es hochhielt. "Seht Ihr? Noch ein guter Dienst, den diese 'Todesfalle' mir geleitet hat. " Das lautlose Kichern drang aus ihrem Hals, noch ehe sie reagieren konnte. Der König stimmt kurz in ihr leises Lachen mit ein, ehe er auf sie zulief und unmittelbar vor ihr zum halten kam. Ernst sah er sie an. "Jetzt müssen wir Yuugi finden.", erklärte er ruhig. Bei der Erwähnung ihres neuen Freundes, dachte Anzu an den ersten Angriff zurück. Der König war doch losgeeilt, um ihn zu holen. "Wo ist er?", fragte sie besorgt. "Wir wurden getrennt, als die Angriffe losgingen, ich habe ihn bei Jounouchi gelassen. Sorgt Euch nicht, er ist in guten Händen, doch wir müssen ihn jetzt finden. ", entgegnete er, an ihr vorbei laufend, sie mit einer Geste auffordernd, ihm zu folgen. Ihr Blick, glitt zu seinem blutenden Arm, aus dessen Wunde, der rote Lebenssaft unnachgiebig tropfte. "Ihr seid verletzt. ", sagte sie nüchtern, rührte sich keinen Schritt. Sein Blick haftete sich kurz auf seinen Unterarm, als er den Kopf schüttelte und weiter gehen wollte. "Es ist Nichts. Das kann ich behandeln lassen, wenn wir die Anderen gefunden haben." Doch sie blieb noch immer stur stehen. "Es ist nicht, Nichts. Das sehe sogar ich als Laie. Ihr müsst die Wunde verbinden, ehe Ihr verblutet. " "Dafür ist keine Zeit. Die Anderen... " Das Mädchen unterbrach ihn: "Dann müsst Ihr Euch die Zeit nehmen. Ihr seid der König. " Sie starrten sich in die Augen, keiner von beiden versucht, den Blick abzuwenden. Erst, als sie mit den Augen rollte und einen Schritt auf ihn zumachte, kehrte Leben in seine reglosen Glieder zurück. Er drehte ihr die Brust zu und beobachtete, wie sie immer näher auf ihn zutrat. Anzus Gedanken, wanderten zu Yuugi. "Der Großwesir, würde es mir niemals verzeihen, wenn Ihr durch mein Nichtstun den Tod findet, denn glaubt mir, eine solche Wunde tötet Euch." Sie zog ihn an seinem verletzten Arm, näher zu sich, würdigte ihn keines weiteren Blickes in seine Augen. "Ihr nützt niemanden etwas, wenn Ihr jetzt unvorsichtig werdet. Das hat auch diese Männer zu Fall gebracht. ", deutete sie über ihre Schulter hinweg. Zügig wanderten ihre Finger zu dem Saum ihrer Bekleidung und rissen den Stoff entzwei. Sie zerrte sich zwei Streifen los, die lang genug waren, den Schaden zu bekämpfen. Das Ende ihres Rockzipfels, reichte ihr nunmehr knapp über die Knie, hatte es vorher, eben diese verdeckt. "W-was tut Ihr?",fragte der König verwirrt. "Ihr kommt ja nicht aus Eurer Starre heraus, also beschleunige ich das Ganze und verbinde Euch selbst, ehe Ihr noch durch Rumstehen sterbt. " Resolut, griff sie nach seiner Hand und begann ihn, so gut es ihr möglich war, zu behandeln. "Wieso habt Ihr Eure Kleidung zerrissen? Ihr hättet das Gewand nutzen können. ", verlangte er amüsiert zu wissen. "Der Umhang wurde durch den Dreck geschleift. ", antwortete sie, als wäre seine Frage ohne jeden Sinn gewesen, fügte dann aber widerwillig lächelnd hinzu: "Außerdem, hat er uns das Leben gerettet. " "So nutzlos ist er gar nicht, seht Ihr?" Anzu kam nicht umhin sich selbst für dieses freundschaftliche Geplänkel zu hassen. Gut, der König, hatte ihre Haut gerettet, doch hatte sie ihm geholfen, wo sie konnte. Sie hatte sich also nichts zu schulden kommen lassen. Und dennoch fühlte sie sich verpflichtet, seinen Arm weiter einzubandagieren und mit einem Lächeln, seine Frage zu beantworten. "Scheint ganz so." Der König zuckte kurz zusammen, als sie den Stoff enger zurrte. Um diesen Schmerzenslaut zu überspielen, überrumpelte er sie schon mit der nächsten : "Wir bilden ein funktionsfähiges Team. " Wieder, dieser Drang zu antworten, wieder verdrehte sie die Augen. Was geschah nur mit ihr? "Scheint ganz so." Mit ein paar Verbesserungen, trat sie zurück und begutachtete ihr Werk. Zwar trat noch immer Blut aus der Wunde, doch der Fluss hatte sich verlangsamt. Durch den Druck, hoffte Anzu sie im Zaum zu halten, bis sich ein Medicus die Verletzung ansehen konnte. Alles in allem, war sie durchaus zufrieden. "Und jetzt suchen wir Yuugi? ", fragte sie, als sie den gefallenen Schild vom Boden hob und aus der Gasse hinaussteuerte. Ihre Ohren vernahmen, wie er die Verfolgung aufnahm. "Jetzt suchen wir Yuugi. ", pflichtete er ihr entschlossen bei. Kapitel 13: Kälte ----------------- Kälte Diefesten Schritte ihres Begleiters, fesselten ihre Augen auf den Boden. Inzwischen, wusste sie schon gar nicht mehr, wo sie hinsehen sollte. Zwar vermied sie, durch das Starren auf die sandige Erde, den Blick auf den Rücken des männlichen Begleiters, der, den Blick stur nach vorne gerichtet, die Führung übernommen hatte, doch barg die Erde, hier und da, ihren ganz eigenen Schrecken. Blut. Die Flecken warm zum größten Teil bereits versickert und hatten lediglich ihre dunkelbraunen Schatten zurück gelassen, doch allein das Wissen, dass hier Blut vergossen worden war und das Vermögen abzuschätzen, wessen Blut hier auf den Steinen haftete, brachte das junge Mädchen dazu, den Gehweg von der Liste der Dinge zu streichen, die anzusehen keine weitere Panikattacke auslösen würden. Vielleicht würden die gefürchteten Nebenwirkungen, die sie mit ihm zu assoziieren begann, ausbleiben, wenn sie sich Stück für Stück vorarbeitete, wie, als würde sie in kaltes Wasser waten. Um ein Haar, hätte sie sich eine Hand vor die Augen gehalten, um ihr Vorhaben zu erleichtern, riet sich selbst aber im letzten Augenblick davon ab. Sollte er sie so zu sehen bekommen, würde sie vermutlich vor Scham im Boden versinken. Nein, der hochwohlgeborene Herr sollte nicht noch mehr Grund zur Annahme bekommen, sie wäre ein Tölpel. Angespannt streckte sie ihren Nacken, drehte ihren Kopf von links nach rechts, dehnte die Schultern, als würde sie sich auf einen Sprint vorbereiten. Dann, langsam, erlaubte sie ihren nervös zuckenden Augen, sich der Gestalt ihres Begleiters zu nähern. Doch schon, als sie sein Kreuz beschaute, begann ihr Magen zu rebellieren und sie sah weg. Die junge Frau holte einmal tief Luft, versuchte ihre kreisenden Gedanken zu sammeln, den Inhalt ihres Bauches bei sich zu behalten und erlaubte sich einen weiteren Versuch, ehe sie das Handtuch warf. Die Selbstbeherrschung, für die sie sich immer so angepriesen hatte, war dahin, als die nackte Haut seiner angespannten Oberarme sich in ihre Netzhaut brannte. Sie biss sich auf die Zunge und erforschte ihn weiter. Schließlich musste man sich den Dingen stellen, die einem Unwohlsein bereiteten. Dankbar, konnte sie sich trotz allem damit brüsten, dass, der von ihr angelegte Verband, noch immer an Ort und Stelle ruhte, die Blutung im Zaum haltend. Ihr verdammtes Herz, schien nun endlich dem Rest ihres Körpers zu folgen, machte es ebenso wie dieser, wieder einmal was es wollte. Dieser ständige Kontrollverlust, würde sie schlussendlich ins Grab befördern, noch ehe sie das 20. Lebensjahr erreichte. Ihr Vater drehte sich vermutlich gerade in seiner letzten Ruhestätte herum, wenn er ihre misslichen Versuche beobachtete, in der Gegenwart eines Mannes nicht völlig den Kopf zu verlieren. Noch furchtbarer würde er im Jenseits toben, wenn man den Fakt hinzuzog, dass sie dem König ihr Leben verdankte. Sie selbst konnte sich nicht entscheiden, welche Tatsache ihr weniger schmeckte. Doch darüber, konnte sie sich auch später noch den Kopf zerbrechen. Erst einmal galt es, lebend, aus diesen Straßenschlachten heraus zu gelangen. Sie warf einen achtsamen Blick über ihre Schulter. Die Straße hinter und vor ihnen, war menschenleer. Doch überall um sie herum, dröhnte das Schreien von verlorenen Seelen, das Klirren von Schwertern, das tödliche Surren von Bogensehnen, an ihre Ohren. Die Geräusche allein waren unheilvoller, als Alles, was ihr je zu Ohren gekommen war. Zwar hatte sie schon viel Grausamkeit in ihrem kurzen Leben zu sehen bekommen, doch Menschen die sich bis auf den Tod bekämpften und das freiwillig, waren ein neuer Höhepunkt. Wie tief, konnte ihre Rasse denn noch sinken? Die junge Frau, dachte an ihre unangenehme Auseinandersetzung von vorher zurück und suchte das Antlitz des Pharao. „Die Männer…“, begann sie. Sein kontrollierter, flotter Gang wurde unterbrochen. Er kam, mit dem Rücken zu ihr, langsam zum Stehen. „…sind sie tot?“ Sein Haupt zuckte ein wenig auf die rechte Seite, sodass sie in der Lage war, sein Profil anzusehen. Seine hohe, maskuline Stirn, war Faltenfrei, als würde er nicht einmal über ihre Frage nachdenken müssen. Er drehte sich ihr ein wenig weiter zu, während Anzu bemerkte, dass sie sehr knapp nur, hinter ihm zum Halten gekommen war. Obwohl es schier unmöglich war, verschnellerte sich der Schlag ihres Herzens noch rasanter, als sie sich Angesicht zu Angesicht gegenüber wiederfanden. Das war nicht gerecht. Er spielte mit unfairen Mitteln. Niemand, niemand, nicht einmal die gesegneten Väter und Mütter ihrer Erde, sollten über solche Augen verfügen dürfen. Das Mädchen hielt die Luft an, als er seinen Lippen öffnete. Sein Blut, dass aus der Wunde seiner Wange getropft war, bröckelte von seiner Haut, gab ihm ein verwegenes, rohes, beinahe kriegerisches Aussehen, so völlig gegensätzlich zu seinem ansonsten, beherrschten Auftreten. Heute hatte sie, wenn auch gegen ihren Willen, eine neue Seite an ihm erkannt. „Nein.“ Erleichtert, stieß sie den angestauten Odem aus ihren Lungen. Im nächsten Moment fragte sie sich, warum diese Antwort sie so zufrieden stellte, hatten diese Männer doch unaussprechliches mit ihr vorgehabt. Dennoch, ein Leben zu beenden, oder für den Tod eines Anderen verantwortlich zu sein war falsch, war etwas, über das nur die Götter allein zu richten vermochten. „Es sei denn, Ihr habt den einen mit Eurem Tritt getötet?“, fragte ihr Begleiter, seine Augen, noch immer in den ihren brennend. Gegen alle Vernunft und Logik, musste sie kichern. „Gewiss nicht. Es ist ein Wunder, dass dieser Streich überhaupt geglückt ist.“, erklärte sie und zuckte beiläufig mit den Schultern. Nachdem sie ihre drei bewusstlosen Angreifer hinter sich zurück gelassen hatten, äußerte der junge König Interesse daran, zu erfahren, was mit dem ersten Kontrahenten geschehen war, jener, der, die Hände in seinem Schritt, mit Schaum vor dem Mund, im Dreck gelegen hatte, noch ehe er hatte Laut machen können. Sie setzten ihren Weg, nun Seite an Seite, auf diese Weise, musste sie ihn nicht mehr ansehen, fort. Dennoch waren sie sich etwas zu nahe, wenn die junge Frau es sich recht überlegte, doch tat sie auch keinen Schritt von ihm weg. Auch, wenn die Konversationen mit ihm unkompliziert waren, ärgerte es sie maßlos, dass sie ausgerechnet mit ihm zusammenarbeiten musste. Sogar der hyperaktive Kriegsmeister wäre ihr in dieser Situation lieber gewesen. Bei ihm, würde sie wenigstens keine Existenzkrise durchleben müssen, sollte sie plötzlich nicht mehr in der Lage sein, ihn blind zu hassen. „Ihr stellt Euer Licht unter den Scheffel.“, riss die donnernde Stimme des Pharao sie aus ihren Gedanken, als er an das vorherige Gespräch anschloss. „Ihr seid doch ziemlich einfallsreich.“ Als wäre sie, mit dem Gesicht voran, in eine Wand gerannt, errötete Anzu peinlich berührt. Noch heute Morgen, hätte sie ihm für diese unverfänglichen Worte eine weitere Ohrfeige verpasst, doch nun, fand sie keine tosende Wut mehr in ihrem Inneren, um dieser Idee nachzugehen. Sie warf einen verstohlenen Blick auf ihn, um das ironische Lächeln zu sehen, dass diese Worte begleiten musste, doch der König untersuchte lediglich, mit ernster Miene, den sandigen Boden auf Spuren. Es war ihm ernst. Die Röte in ihrem Gesicht wurde dunkler, niemals war sie so froh gewesen ignoriert zu werden . Dennoch, war es nun ihr Stolz, den sie durch seine Anerkennung empfand, oder der Umstand, dass sie sich selbst in Staunen versetzt hatte, als sie diesen Mann besiegte, hörte Anzu sich sprechen: „Und Ihr seid ziemlich geschickt mit einem Schild.“ Der König riss seinen Kopf herum, ohne stehenzubleiben und sah sie verwundert an. Seine Miene zeichnete Unglaube, eine Augenbraue, unterstützte diesen entglittenen Gesichtsausdruck. Das Mädchen fürchtete beinahe, sie hätte etwas Falsches gesagt, wirkte er nahezu so erschrocken, als hätte er die Tore der Unterwelt zu sehen bekommen. Dann aber, wurden seine Züge weicher und er schenkte ihr ein erschöpftes Lächeln. „Nicht meine bevorzugte Waffe.“, gestand er scherzend. Die beiden kicherten angespannt. Die Luft um sie herum schien so dick, dass man sie mit bloßen Händen hätte einfangen können. Anzu sah, wie er den Mund verzog, etwas zu angestrengt um es lässig wirken zu lassen und sie erkannte, dass er offensichtlich an starken Schmerzen litt. Doch erklärte die Wunde seine schleierhafte, erschrockene Reaktion auf ein simples Kompliment? Im nächsten Augenblick, wollte sie sich selbst mit der flachen Hand vor die Stirn schlagen. Nicht erschreckend. Unerwartet. Mit einem Mal, wollte sie vor lauter Scham im Boden versinken. Sie hatte ihm ein Kompliment gemacht. Doch viel schlimmer war die Tatsache, dass sie es vollstens und wahrhaftig ernst gemeint hatte. Der zufriedene Gesichtsausdruck, der seine angestrengte Miene, etwas an Härte genommen hatte, verschlimmerte das Ganze nur noch. Was war denn nur los mit ihr? Sie hasste diesen Mann. Um das Geschehen von sich und diesem unangenehmen Zwischenfall zu lenken, ergriff sie hastig wieder das Wort, versuchte dabei beiläufig zu klingen um den Ernst dieses Gespräches hinter sich zu lassen. „U…“, sie schluckte angestrengt, „… und welche Waffe bevorzugt Ihr für gewöhnlich?“ Hätte sie sich in diesem Augenblick selbst sehen können, dessen war sie sicher, hätte sie sich gewünscht, der König hätte sich damals ihren Kopf geholt. Sie stotterte wie ein Trottel und versuchte ihn ungeschickte , in ein Gespräch zu verwickeln, als wollte sie ihn beeindrucken, oder, den Göttern bewahre, näher kennenlernen. Wenn er aber genervt war, oder seine Ruhe wollte, auf der Suche nach ihren Begleitern, ließ er sich nichts anmerken. „Die trage ich nur im Krieg.“, gab er zurück. Erst, als er diesen Satz ausgesprochen hatte, begann sie sich darüber zu wundern, warum er, der wichtigste Mann des Landes, ohne jegliche Verteidigung, außer seiner Leibgarde aufgebrochen war, wenn er doch eindeutig in der Lage war, eine Waffe zu führen. War er wirklich so naiv gewesen zu denken, dass es niemanden gebe würde, der nach seinem Leben trachtete? „Ich töte nicht, wenn es nicht nötig ist.“, sagte er mehr zu sich selbst, als zu ihr. „Man verliert dabei jedes Mal ein Stück von sich selbst.“ Verstehend, nickte Anzu mit ihrem Kopf. Alles, was er sagte, schien einen Sinn zu machen. Wieder rang sie sich dazu durch, einen scheuen Blick auf ihn zu werfen. Seine ansonsten so wachen, lodernden Augen, waren überzogen mit einem matten Schimmern. Doch, was immer auf seiner Seele lastete, verschwand binnen eines Wimpernschlags von seinen Zügen und er sprach weiter, als hätte es diese Worte niemals gegeben: „Was ist mit Euch?“ Die junge Frau brauchte eine Weile, bis sie diese Frage verstand, oder dem Themenwechsel folgen konnte. Sie hob abwehrend ihre Hände. „Ich besitze keine Waffe. Ich wüsste nicht einmal, wie ich ein Schwert korrekt halte. Ich bin besser mit Worten.“ Müde winkte sie ab, der Gedanke an eine Waffe in ihren Händen, laugte sie aus. Vermutlich, würde sie, mit einem Schwert mehr Schaden anrichten, als ihn zu vermeiden. Zu ihrer Linken, nickte der König einmal Kräftig mit seinem Haupt und sah sie an. „Ich auch.“, stimmte er ihr zu, ein schiefes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Das Mädchen wurde an ihr Wortgefecht erinnert, dass sie so jämmerlich verloren hatte, doch auch die Erinnerungen an den zurückliegenden Kampf, fanden einen Weg in ihre Gedanken. Wie leichtfüßig, flüssig und präzise er die beiden Männer niedergestreckt hatte. Selbst, wenn er Verletzungen davon getragen hatte, hatten seine Kontrahenten im Gegensatz zu ihm, gewirkt wie Steine. Träge und kräftig, doch so instabil, dass sie unter dem Druck gebrochen waren, dem der Pharao ihnen ausgesetzt hatte. Dieser Mann verstand sich auf das Handwerk des Kampfes. Doch sie würde sich hüten, ihm noch mehr Anerkennung aus ihrem Mund zu schenken. Sie musste verhindern, dass sie sich durch diesen unfreiwilligen Streifzug nicht selbst verriet. „Offensichtlich.“, stimmte sie ihm frech zu und deutete mit einer spielerischen Geste, auf seine geschundenen Knie. Sie schloss die Augen und betete, dass diese Unterhaltung damit beendet war, ungeachtet der Tatsache, dass sie es war, die dieses Gespräch losgetrampelt hatte. Zu ihrem großen Glück, wurden ihre Gebete erhört, denn kaum hatte sie ihre Worte ausgesprochen, drang lautes Dröhnen in ihre Ohren. Schritte. Laute, trampelnde Schritte, bewegten sich auf sie zu. Neben sich, versteifte sich der König, als auch er die Ohren spitzte. Die zuvor leere, beinahe schon geisterhafte Straße, füllte sich urplötzlich mit Menschen. Mit weit aufgerissenen Augen, Angstschreien auf den Lippen, rannte ihnen eine aufgelöste Menge entgegen. Ängstlich, warfen sie immer wieder Blicke über ihre Schultern hinweg. Es brauchte kein Genie, um zu erkennen, dass sie verfolgt wurden. Ein Blick auf ihre Hälse verriet, dass es sich bei den Flüchtenden um Sklaven handelte. Ihr Körper spannte sich an, als sie die panischen Menschen direkt auf sie zuhielten, ohne Anstalten zu machen, zu stoppen. Was auch immer sie so verängstigt hatte, zog ihren brodelnden Hass auf sich. Ihr Rage nahm zu, als sie eine Mutter, mit einem verletzten Bein sah, die, verzweifelt, ein Baby umklammert hielt. Der verschreckte Aufstand, war ihr egal, ebenso wie die Tatsache, dass sie wohl von ihm niedergetrampelt werden würden. Alles, was sie wollte, was Vergeltung für diese Leute. Mit einem Mal, war der König dicht an ihrer Seite. „Wir müssen an ihnen vorbei.“, erklärte er matt. Das braunhaarige Mädchen sah ihn entgeistert an. „Seid Ihr des Wahnsinns? Die Massen versperren jeden Weg hindurch, außerdem…“ „Warten hinter ihnen, die Männer, die sie so aufgelöst haben.“, beendete er den Satz für sie. Er hatte Recht. Wenn sie es schafften, durch die flüchtende Masse zu kommen, hatten sie die Gelegenheit ihre Verfolger auszuschalten. „Des Weiteren, ist es der schnellste Weg, um zu Yuugi zu gelangen.“, fügte er hinzu. Beinahe, hätte sie gefragt, wie er sich da so sicher sein konnte. Die Stadt war riesig und er hatte den Großwesir bereits am Anfang des Aufruhrs verloren. Er konnte unmöglich mit Sicherheit wissen, wo der junge Adelige sich derzeitig aufhielt. Doch dann sah sie in sein Gesicht. Es ließ keinen Zweifel offen. Ohne zu wissen warum, nickte sie ihm bestätigend zu und starrte den Menschenmassen entgegen, die sich unnachgiebig auf sie zubewegten. Anzu zuckte zusammen, als sie seine Hand fühlte, die sich um die ihre schloss. „Bleibt dicht bei mir.“, flüsterte er, ehe er zu rennen begann, sie mit sich reißend. Ihr Körper protestierte, als er ohne eine angemessene Vorwarnung, vom Stand in einen Rennen gezerrt wurde. Sie nahmen an Geschwindigkeit zu, rannten nun schon so schnell, als wären sie selbst auf der Flucht vor etwas. Der Pharao tauchte in die erste Reihe der Masse ein, ohne dabei mit jemanden zusammen zu prallen. Gekonnt, bewegte er sich durch die unsortierten Flüchtlinge, sie, bei jedem Haken, den er schlug, mit sich ziehend. Völlig überwältigt, begann sie den davonlaufenden Menschen Entschuldigungen entgegen zu schreien. Er führte sie so sicher und zielorientiert durch die Massen und das bei einer Geschwindigkeit, die ihr die Tränen in die Augen trieb. Jeden voranschreitenden Schritt, verschwammen die ihnen entgegenkommenden Menschen, zu einem gesichtslosen Hindernis. Hätte sie seine Hand nicht auf der ihren gespürt, wäre sie sicher von ihnen mitgerissen worden und hätte ihn aus den Augen verloren. Dennoch, egal wie beachtlich seine Führungskräfte waren, es nervte sie, dass er sie bei der Hand hielt, wie ein Kind. Sie tauchten durch die letzte Reihe der Flüchtlinge und sahen sich, erneut, einer leeren Straße gegenüber. Doch, der König dachte nicht daran, seinen Schritt zu verlangsamen. Zielstrebig, rannte er weiter. „Warum haltet Ihr meine Hand? Das ist nicht nötig.“, rief sie ihm bei voller Geschwindigkeit zu. Sofort, als hätte er es zuvor nicht bemerkt, ließ er von ihr ab, wie von heißem Stein. „Verzeiht.“, lautete seine Antwort. Anzu spürte, wie ihr Innerstes laut aufschrie, als der Hautkontakt zu ihm abbrach, zwang sich aber störrisch dazu, ihre Miene um keinen Zentimeter zu verziehen. Sie hatte beschlossen, die Zusammenarbeit mit ihm, als eine einmalige Sache zu verbuchen. Sie hatte sich mit Yuugi ohnehin schon zu sehr auf dieses Bündnis eingelassen und wollte es mit ihm gut sein lassen. Außerdem wäre es lächerlich sich mit dem König anzufreunden. Andererseits, war nicht genau dies, eigentlich ihre Aufgabe? Ihre Überlegungen fanden ein jähes Ende, als sie um die nächste Ecke bogen, sich gemeinsam, dem Unbekannten entgegen stellend. Zu ihrer Verwunderung, blieb ein Kampf, oder auch nur ein Anzeichen, für einen solchen, aus. Nichts, Niemand, wartete hier auf sie, vor ihnen befand sich nur eine leere Straße. Verwundert, sahen sie sich um, mäßigten ihren Schritt. Zwiegespalten, legte sie eine Hand auf ihr Herz. Einerseits, war sie erleichtert, einem Kampf entgangen zu sein, doch auf der anderen Seite, war die Enttäuschung ihrem Drang nach Vergeltung nicht nachkommen zu können. Ihre Augen suchten den verletzten König. Wäre er überhaupt noch in der Lage, weitere Gegner zu überwälltigen? Sie hob ihren Blick an den Horizont. Die Sonne hatte den Zenit bereits seit einer ganzen Weile hinter sich gelassen. Ihre Schatten, hatten sich ausgeweitet, boten inzwischen Zuflucht vor ihren brennenden Strahlen. Das Mädchen spürte, wie der Durst in ihr zu schreien begann. Seit sie aufgebrochen waren, hatte sie keinen Schluck Wasser mehr zu sich genommen. Der Drang etwas zu trinken, versiegte, als sie sich zu fragen begann, wann der Pharao zu letzten Mal etwas getrunken hatte. Nicht nur, hatte sie ihn den Wasserschlauch nicht einmal ansetzten sehen, auch, trug er keinen bei sich. Und er blutete stark. Seine Miene war ernst, während sie ihren Weg fortsetzten, doch ein dünner Schweißfilm glänzte auf seiner sonnengeküssten Haut, verlieh ihm, einen sportlichen Eindruck. Je länger sie ihn ansah, desto sicherer war sie, dass er nicht mehr in der Lage sein würde, es mit dem ganzen Aufstand aufzunehmen, obwohl seine Miene, eben dies prophezeite. Schweigend, unwissend, wie sie sich mit dieser Erkenntnis verhalten sollte, setzte sie ihren Weg, neben ihm fort. Das Kampfgetöse kam immer näher. Wo auch immer sie drauf zu steuerten, war wohl das Zentrum, der ausgebrochenen Straßenkämpfe. Entsetzt, blieb sie stehen, als sie in der Ferne eine blutende Gestalt gegen eine Hauswand lehnen sah. Alle Vorsicht über Bord schmeißend, rannte sie auf die Verletzte zu, bei der es sich um eine Frau handelte. Das Mädchen, ging vor ihr auf die Knie und legte beide Hände über ihren Mund, der Atem war ihr in den Lungen gefroren. Das blutverschmierte Gesicht, hatte sich nachtschwarz verfärbt, die einzigen Lichtblicke, die weit aufgerissenen Augen. Das dunkle Braun, dass sie einmal gehabt hatten, zeichneten nur noch einen matten Grauton. Das Leben war aus ihr gewichen, hatte nur die sterbliche, schwer beschädigte Hülle zurück gelassen, die in der Wüstensonne vor sich hin verweste. „Bei den Göttern…“, wisperte sie entsetzt, als sie nichts desto trotz nach ihrer Halsschlagader tastete, um das Unausweichliche zu bestätigen. Enttäuscht, ließ sie ihre Hand sinken und begann zu zittern. Eine stumme Träne stahl sich aus ihren brennenden Augen, tropfte, wie ein schimmernder Edelstein von ihrem Kinn und verpuffte auf dem heißen Steinboden, der ihre nackte Haut reizte. „Welcher Mensch, kann jemanden so etwas nur antun?“, flüsterte sie, an niemand bestimmten gerichtet. Vielleicht, konnten die Götter ihr eine Antwort liefern, fand sie selbst keine Erklärung für den, offensichtlich, gewaltsamen Tod, dieser jungen Frau. so, wie ihr Körper gegen die Wand lehnte, die Glieder, verbogen, verdreht , von sich gestreckt, wahr anzunehmen, dass man ihr wohl den Ein oder Anderen Knochen gebrochen hatte. „Das sind keine Menschen.“ Seine Stimme überraschte sie, ließ sie zusammenzucken. Sie hatte völlig vergessen, dass sie nicht alleine mit ihrer Entrüstung war. Der Pharao, klang, als würde er beim Sprechen den Kiefer fest zusammen pressen. Das Mädchen hörte seine langsamen Schritte hinter sich, spürte, eine gewaltige Aura, die sich in ihren Rücken bohrte. Erschrocken, hob sie ihren Kopf, um ihn anzusehen. Um ihn herum, schien es dunkler geworden zu sein, als würde sein Körper einen riesigen Schatten werfen. Er hatte die Fäuste geballt, der Umhang in seiner Rechten, knitterte bei dem ausgeführten Druck. Anzu bekam ein ungutes Gefühl, als er neben ihr auf ein Knie sank und eine Hand nach dem Leichnahm ausstreckte. Seine Augen, waren das Einzige, das sie durch den schwarzen Schleier hindurch, der seinem Gesicht ansonsten jede Kontur raubte, erkennen konnte. Ein völlig neuer Ausdruck fand sich in ihnen wieder. Wut. „Sie werden dafür büßen.“, sprach er unheilvoll, als seine Finger die erstarrte Miene der Frau erreichten. Mit der flachen Hand, fuhr er ihr über die leblosen Augen und schloss sie zärtlich. Anzu beobachtete ihn nervös, traute, nein, war nicht in der Lage etwas zu sagen. Es war, als lähmte seine Gegenwart sie. Er erhob sich anmutig und schüttelte sein wertvolles, lebensrettendes Stück Kleidung sorgfältig aus, ehe er es über dem leblosen Körper ausbreitete. Diese Geste löste sie aus ihrer Starre. Sie musste ihn nicht erst fragen, was er da tat, denn, auch wenn sie es nie für möglich gehalten hatte, wusste sie, was er in diesem Augenblick dachte. Sie konnten sie nicht einfach so hier liegen lassen. Ungläubig, mit offen stehendem Mund, ging sie ihm schweigend zur Hand und drapierte den königlichen Stoff, liebevoll, über ihren erkalteten Leichnahm. Als sie, nach einigem zurecht zupfen, zufrieden war, erhob sie sich mit zittrigen Knien und stellte sich neben den König, unschlüssig, warum er noch immer hier verweilte, oder warum ihn das Schicksal der toten Frau ihn so beschäftigte. Er war der König. Er kümmerte sich nicht um sein Volk. Deswegen hasste sie ihn. Das waren die Fakten und doch, verharrte er regungslos an Ort und Stelle, bis er den Kopf senkte, die rubinroten Augen schloss und sie mit einer bekannten Gesten, in tiefsten Unglauben stürzte. Er legte zwei Finger an sein Herz. Verwirrt, beschrieb ihren Gemütszustand nicht einmal ansatzweise. Entsetzt, völlig entgeistert, traf es schon eher. Diese alte Geste der Ehrerbietung, teilte man nicht mit jedem. Sie war heilig, durfte nur genutzt werden, wenn man ihre Tragweite verstand, ihre Aussage begriff und auch nur, wenn man es ernst meinte. Es hieß, wer sie sorglos vollführte, zog den ewigen Zorn der Gottheiten auf sich. Niemals, zuvor, hatte sie einen Hochgeborenen gesehen, der einem Gewöhnlichen, diese Ehre hatte zuteilwerden lassen. Beinahe schien es, als segnete er die Tote mit diesem letzten Gruß, um ihr den Übergang in die Unterwelt zu erleichtern. Sprachlos, senkte auch sie ihr Haupt und murmelte ein kurzes Gebet, dass sie in Kindertagen von ihrem Vater gelernt hatte. Als sie sich wieder rührten, war auch seine Ruhe zurückgekehrt. Doch in ihr, stand Alles Kopf. Warum, warum handelte er immer anders, als sie es von ihm erwartete? Warum schlug ihr Herz so schnell, wann immer sie ihn dabei beobachtete? Warum, wollte sie, je länger sie zusammen waren, nicht mehr von seiner Seite weichen, mehr über ihn erfahren, Alles von ihm wissen? Die Fragen schienen beinahe kein Ende mehr zu nehmen. „Seid Ihr wohlauf?“, fragte er, nachdem sie sich nicht seinen Bewegungen angeschlossen hatte. Geistesabwesend, nickte sie ihm zu, traute ihrer Stimme nicht mehr. Er begann, ihr Voraus, den Ort des Geschehens zu verlassen. Betroffen schloss sie zu ihm auf, lief neben ihm her, traute sich jetzt, weniger als je zuvor, ihn direkt anzusehen. Die Fragen, die auf sie einprasselten, machten es schwer sich auf den Weg zu konzentrieren, mehr noch, machten es anstrengend, einen Fuß vor den Nächsten zu setzten. War es möglich… nur vielleicht… dass sie ihn schlechter machte, als er war? Die Dinge sind nicht immer, wie sie zu sein scheinen. Entschlossen schüttelte sie den Kopf. Er war ein Stratege, konnte die Menschen zu seinem Vorteil manipulieren, hatte die Sklaverei zurück gebracht. Was änderte da die Ein oder andere gute Tat? Nur, weil er kein Monster war, wie die Schlächter, die hier ihr Unwesen trieben, bedeutete das nicht, dass er ein guter Mensch war. Bedeutete nicht, dass er ein Herz besaß. Und dennoch… Lautes Getöse, kam ihnen entgegen. Zunächst, nahm das junge Mädchen an, es handle sich um weitere Flüchtlinge, doch freudiges, grauenvolles Lachen, ließ sie diese Idee schnell wieder verwerfen. Niemand, der auf der Flucht war, den Tod fürchtete, lachte dabei so vergüngt. Wut drohte sie zu übermannen, als sie an die Tote hinter sich erinnert wurde. Eine Hand schloss sich um die ihre. Überwältigt, suchte sie nach der Quelle dieser überraschenden Wärme, als sie den König erspähte, der an ihr zu reißen begann. Ein paar Schritte, ließ sie sich von ihm, von der Straße zerren, ehe sie anhielt und ihn damit aus dem Gleichgewicht brachte. „Was tut Ihr?“, verlangte sie aufgebracht von ihm zu wissen. „Ich suche nach einem Versteck.“, antwortete er, als wäre es selbstverständlich und machte Anstalten, wieder an ihr zu ziehen. Sie lehnte sich dagegen, machte sich schwer. „Was? Warum? Ich dachte Ihr sucht Vergeltung und jetzt versteckt Ihr Euch feige, weil der Feind näher kommt?“, schrie sie ihn entsetzt an. „Und hört auf, meine Hand zu halten!“ Kraftvoll, riss sie sich von ihm los, ließ ihm einen Augenblick Zeit, ihr eine Erklärung zu liefern. Beinahe, hätte sie gegrinst, als er hilflos die Hände in die Luft riss und sich mit einer, erschöpft durch das Gesicht strich. Also konnte man ihn doch aus der Fassung bringen. Mit zwei großen Schritten stand er vor ihr und sah ernst zu ihr hinab. Als er den Mund öffnete, klang er gehetzt, als würde er mit einem bockigen Kind sprechen: „Euer Tatendrang ist wirklich löblich, doch kommen uns mindestens zwei dutzend Feinde entgegen…“ „Woher…?“ „Unwichtig, denkt Ihr nicht? Ich weiß es einfach. Denkt nach, selbst wenn ich mit meinem Arm noch in der Lage bin zu kämpfen, schaffe ich es nicht, mehr als sechs Gegner auf einmal auszuschalten. Ihr habt keine Waffe. Wie viele würdet Ihr schaffen?“ Gegen ihren Willen, ernüchterte sie seine Frage restlos. Beim letzten Mal, hatte sie es, mit aller Kraft, gerade einmal geschafft, einen Mann zu erledigen. Und dazu gehörte zudem noch eine gehörige Portion Glück. „Außerdem, wenn wir jetzt schon unsere Kraftreserven aufbrauchen, sind wir nutzlos, wenn wir unsere Begleiter wieder finden. Ihr sagtet, ich dürfe nicht leichtsinnig werden. Ich habe Euren Rat befolgt.“, fügte er wenig später hinzu. Anzu sah sich nach dem Trampeln um, dass immer näher kam. Er hatte Recht. Sie hasste es, nickte aber, ihr Einverständnis gebend. „Und wo genau, gedenkt Ihr Euch zu verstecken? Das hier ist eine offene Straße. Es gibt nicht einmal eine Gasse, in die wir fliehen könnten.“ Vermutlich war die Nützlichkeit ihrer Aussage in etwa so hilfreich, wie sie mit einem Schwert in der Hand und das war nicht gerade weitreichend. Doch auf dem Gesicht des Königs arbeitete es angestrengt. Offensichtlich hatte er selbst noch nicht so weit gedacht. Ehe sie sich versah, hatte er sie wieder an der Hand gepackt und riss sie einer Häuserwand entgegen. Das junge Mädchen war zu nervös um zu reagieren. Die ganze Situation schien mit jeder verstreichenden Sekunde an Absurdität zuzunehmen. Es war, als würden sie und ihr ernster Begleiter immer tiefer in einen Strudel hinab gesogen, aus dem es kein Entrinnen gab. Immer wenn sie glaubten, sicher zu sein, überzeugt endlich fortfahren zu können, kam ihnen etwas in die Quere. Der Punkt war, sie fürchtete sich nicht allzu sehr vor der drohenden Gefahr, noch davor weiteres Übel zu erblicken, denn ehrlich gesagt, war sie davon überzeugt, dass es nicht mehr viel grausamer werden konnte, nein, ihre größte und wohl präsenteste Furcht lag auf dem Mann der sie soeben unter einen Türbogen zog. Wie lange, würde er durchhalten, ehe der Blutverlust seinen Körper zum aufgeben zwang? Sie musterte sein angespanntes Gesicht, sah, wie seine Ohren sich konzentriert spitzten, abschätzend, wie viel Zeit ihnen noch blieb, erkannte, die schmalen Denkfältchen auf seinem Antlitz, die ihr verrieten, dass, obwohl er hier und eifrig bemüht war, sie beide in Sicherheit zu bringen, sein Geist, ein nicht physischer Teil von ihm ganz weit entfernt war, zeitgleich ein anderes Problem zu lösen versuchend. Das junge Mädchen spürte eine Wand in ihrem Rücken, deren heißer Stein auf ihrer Haut brannte. Verwirrt, sichte sie nach den Augen des jungen Königs, doch war es ihr nicht mehr möglich, sein Gesicht zu sehen. Mit hochrotem Kopf, stellte sie fest, dass er seinen Körper gegen den ihren, in die schmale Nische presste, sie zwischen seiner muskulösen Brust und dem Stein, festsetzte. Empört, stieß sie kräftig mit ihrer freien Hand nach ihm, die andere, wie sie feststellte, hielt er eisern umklammert. Überrascht, trat er einen Schritt nach hinten, blickte genauso irritiert drein, wie sie selbst. „W- was denkt Ihr bitte, wa- was Ihr da tut?“, fauchte sie ihn an, obwohl es eher wie ein Schnurren klang. Die Hitze stieg ihr zu Kopf, als sie bemerkte, dass ihre Herzfrequenz schon wieder so erhöht war, dass sie bunte Ringe vor ihren Augen tanzen sah. Es war doch unmöglich, dass er es nicht schlagen hörte! Um sich abzulenken und sich weiter von ihm zu entfernen, riss sie ihre Hand aus der seinen. „Und hört auf, meine verdammte Hand zu halten! Warum tut Ihr das?“ Der König beäugte sie, doch war sein Gesicht dabei so unlesbar, wie die alten Inschriften im Inneren der Palastmauern. Er trat wieder auf sie zu, ohne auf ihren Protest einzugehen, was sie nur noch wütender machte. „Nein!“, schrie sie laut. „Was um Alles in der Welt, wollt Ihr von mir?“ „Beruhigt Euch bitte.“, antwortete der Herrscher Ägyptens leise, machte aber keine Anstalten, sich aus ihrem Wohlfühlbereich zu entfernen. „Wie soll ich mich beruhigen, wenn Ihr mich in eine Ecke drängt und Euch an mich schmiegt, als wäre ich ein neues Kissen in Euren Gemächern?!“ Eine Augenbraue rutschte auf seiner Stirn nach oben, beinahe so weit, dass sie unter seinem Scheitel ein Versteck fand. Für einen Augenblick schien es, als würde er ihr wiedersprechen wollen, doch dann schien er sich eines Besseren zu belehren und sprach ruhig: „Würdet Ihr bitte nicht so herumbrüllen? Die Männer werden uns finden.“ „Und Ihr versucht Ihnen zu entgehen, indem Ihr Euch in meinen Brüsten versteckt? Noch dazu in einer leicht einzusehenden Nische? Eure Lehrer wären wirklich stolz auf Euch.“, entgegnete sie sarkastisch, die Hände hoch erhoben, für den Fall, er würde ihr nocheinmal zu nahe kommen. Der Pharao seufzte laut und fuhr sich mit einer Hand durch das Haar. „Ich versichere Euch, ich versuche unser Leben zu schützen und nicht etwas Anrüchiges mit Euch loszutreten.“ „Und dafür, müsst Ihr mich in den Armen halten?“ „Bei den Göttern!“, zischte er, seinen Kopf in den Nacken fallen lassend, als er tief ausatmete. „Ihr seid wirklich eine Handvoll….“ „Ich bin eine Handvoll? Wer rennt denn hier stillschweigend durch die Gegend und baut ungefragt Körperkontakt auf? Denkt Ihr, nur weil Ihr der König seid, könnt Ihr…?“ Ihre Tirade wurde jäh unterbrochen, als eine Hand auf ihren Lippen den Redefluss erstickte. Panisch, riss sie ihre Augen auf und versuchte den dreisten Eindringling in ihre Privatsphäre wegzustoßen. Was fiel diesem reichen Widerling ein, sie zu behandeln, als wäre sie eine Puppe. Anzus Augen fanden die seinen und hatte sie zuvor noch gezappelt, wie ein Fisch auf dem Trockenen, erstarben nun alle Bewegungen zugleich, während seine feuerroten Augen sie beobachteten. Sein Gesicht, war nicht mehr von Ruhe gezeichnet, flackerten seine Lider nervös auf und nieder, warfen Schatten auf sein Gesicht, wie eine Fackel, die im Wind tanzte. Doch Wut, war es auch nicht, was er ihr entgegen brachte. Er sah aus, wie ihr Vater seiner Zeit, wenn sie sich weigerte ins Bett zu gehen. „Haltet bitte, für einen Moment nur, Euren Mund und hinterfragt nicht Alles was ich tue.“ Empört blähte sie ihre Nasenflügel auf, um ihm zu signalisieren, dass ihr diese Bemerkung gehörig gegen den Strich ging. „Ich habe Euch gesagt, dass ich auf Euch Acht geben werde, nur scheint Ihr nach, wie vor der Meinung zu sein, ich wolle Euch schaden. Von mir aus, könnt Ihr gerne damit fortfahren mich zu hassen, wenn wir zurück im Palast sind, doch in der Zwischenzeit, tue ich, was in meiner Macht steht, um uns vor Schaden zu bewahren. Also schweigt und bleibt ruhig.“ Der Ausdruck auf seinen majestätischen Zügen wich, als er einen festen Schritt auf sie zumachte, sie wieder gegen die Wand drückte und sich dicht vor sie stellte, jedoch diesmal darauf bedacht, sie nicht zu berühren, wenn es nicht nötig war. „Es wird kalt werden.“, flüsterte er noch, ehe er die Augen schloss und langsam die Hand von ihrem Mund entfernte. Das junge Mädchen blieb reglos stehen, ihr Körper spannte sich an. Jetzt wusste sie, was sie an seinem Ausdruck so überrascht hatte. Er war ihr fremd. Dieser genervte, tadelnde Ton in seiner Stimme, er war ihr neu. Nie zuvor, hatte sie ihn so sprechen, oder so dreinschauen gesehen. Scham, kroch in ihr empor, ebenso wie ein ungutes Gefühl in ihrer Magengegend, dass ihren Herzschlag veränderte. Egal, wie sie ihm bisher an den Kopf geworfen hatte, egal, was sie getan hatte, um ihn zu erzürnen, nie zuvor, hatte er sie so angesehen. Und es gefiel ihr nicht. Ganz und gar nicht. Stillschweigend, sah sie von ihm weg, fragte sich erneut, was wohl mit ihr nicht stimmte, lauschte den herannahenden Schritten, der Männer, die Seite an Seite mit dem Verderben auf sie zu eilten. Der Schild des Kriegsmeisters, berührte ihre Wade, erinnerte sie daran, wie viel dieser Stahl innerhalb eines Tages nur durchgemacht hatte, wie unbeschadet er noch vor wenigen Stunden gewesen war. Ebenso wie sie. Es fühlte sich an, als hätte sie an nur einem Nachmittag ein ganzes Leben gelebt und das auch noch an der Seite ihres geschworenen Feindes. Doch warum also, lächelte sie dann bei diesen Gedanken? Das junge Mädchen unterbrach ihre Gedanken, als sie beobachtete, wie ihr Atem in einem weißen Wölkchen von ihren Lippen trat. Entsetzt, riss sie die hellblauen Augen auf und wiederholte den Vorgang achtsam. Kein Zweifel. Die Luft um sie herum, war so kalt, dass der Odem, den sie von den Göttern eingehaucht bekommen hatte, sichtbar wurde. Als ihr Geist zweifelnd zu erfassen begann, was ihr Körper ihr mitteilte, begannen ihre Glieder sich, zitternd, zusammen zu ziehen. Ihr Leib erbebte vor Kälte, hatte er wenige Augenblicke zuvor noch nach einer Linderung von der brütenden Hitze gebettelt. Sie suchte ängstlich nach den wärmenden Strahlen der Sonne, doch war es dunkel geworden, eine finstere, tiefe Nacht um sie herum, die jeden Lichtstrahl, jedes Versprechen auf ein Morgen, mit sich genommen hatte. "W-was?", hauchte sie atemlos, die Worte gefroren ihr in der Kehle, kamen beinahe tonlos aus ihrem Mund. Sie versuchte ihre Finger zu bewegen und zuckte zusammen, als sie schmerzten, als würden sie von Nadeln durchbohrt. Blanke, instinktive Angst, drohte sie zu übermannen, als sie nach einem Ausweg suchte. Seit ihren schmerzhaften Erfahrungen auf dem Marktplatz, hasste sie die Dunkelheit, die Einsamkeit für die sie stand, die Konsequenzen, die sie repräsentierte. "Ganz ruhig." Warmer Atem blies auf einen schmalen Punkt an ihrem Hals, linderte die stechende Kälte für einen Moment. Überrascht, wandte sie ihr Gesicht nach vorne, erblickte die, nun wieder geöffneten Augen des Königs, erkannte seine maskulinen Gesichtszüge, sogar die Umrisse seiner Form in der erkalteten Umgebung. Das junge Mädchen hatte in ihrer Furcht seine Anwesenheit völlig vergessen. Ein erleichterter Ton kam über ihre bibbernden Lippen. Sie war nicht allein. Unwillkürlich, machte sie einen zittrigen Schritt zur Seite und berührte dabei mit der Schulter etwas wunderbar Warmes. Erschrocken stellte sie fest, daß es sich hierbei um die Hand des Königs handelte, die er gegen die Wand gepresst hatte um ihr nicht zu nahe zu kommen. Ihr Innerstes stand Kopf. Wie konnte er soh warm sein, während ihr Leib immer unkontrollierter zitterte und ihre Glieder sich anfühlte, als würden sie jede Sekunde abfallen? Eine Hand, löste sich von ihrer Brust und streckte sich dem jungen Herrscher entgegen. Wohlige Wärme empfing sie, in Form seines Fleisches. Die Haut auf seinem Oberarm spannte sich bei der Berührung und er gab einen überraschten Laut vom sich. "Ihr seid eiskalt.", flüsterte er entsetzt. "A- ach w-w-was...", gab sie ebenso leise zurück, konnte den ironischen Ton einfach nicht abstellen, während sie sich über seine Besorgnis amüsierte. Das Trampeln schwerer Stiefel, riss sie aus ihren Gedanken. Gröhlendes Lachen mischte aich mit den lauten Schritten und sie vermochte, wie durch einen Schleier hindurch, Worte zu vernehmen. "Habt ihr gesehen wie dieses Dreckspack gerannt ist?", schrie eine männliche Stimme und ein ganz Chor dröhnte lachend zurück. "Diese feigen Säue hätten sich uns anschließen sollen, als sie noch die Chance dazu hatten!", brüllte ein weiterer Mann kichernd. "Ihr brüstet euch damit, dass ihr Sklaven umbringt, die noch nie ein Schwert in der Hand hielten! Aber ich, ich habe einen Schweinepriester der königlichen Garde erwischt!" "Du hattest doch nur Glück, du Arschloch! Warte, bis wir zu den anderen stoßen, mal sehen, wie voll du den Mund dann noch nimmst!" Wieder verfielen die etlichen Stimmen in ein fieses Kichern. Nun waren diese Männer wohl direkt neben ihnen, klangen ihre Worte deutlicher und lauter in ihrem Ohren. Anzu spannte ihren zitternden Leib an. Nur noch wenige Schritte und sie wären in der Lage, in ihr Versteck zu blicken. "Habt ihr den Pharao gesehen?", verlangte einer der unzähligen Männer zu wissen. "Noch nicht! Aber der Plan war doch ihn und seine Palastratten auf dem Marktplatz zusammen zu treiben und ihnen dort dem Gar aus zu machen!" Das junge Mädchen ballte ihre Fäuste, sah sich zu ihrem Begleiter um, der seinen Kiefer fest zusammen presste. "Ich will den blonden Stümper haben, der sich am Anfang geweigert hat ins Gras zu beißen!", bellte eine unheilvolle Stimme und erntete dabei Beifall von seinen Mitstreitern. Das junge Mädchen traute ihren Ohren nicht. Diese Männer hatten sie nicht nur in eine Falle gelockt, nein, sie wären noch nicht einmal damit zufrieden, den Hofstaat in Angst versetzt zu haben, planten auch noch die eiskalte Ermordung des Königs und seiner Anhänger. Anhänger, die nur seinen b Befehlen Folge leisteten. Wütend, reckte sie sich, wollte w einen Blick auf die Gesichter dieser Menschen erhaschen, selbst durch die Dunkelheit hindurch, um sie sich einzuprägen. Wer nicht scheute zu töten, nein, wer sogar noch Vorfreude und Stolz dabei empfand, musste dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Anzu hatte den Schild an ihrer Seite völlig vergessen. Entsetzt, riss sie die Augen auf, als ihre zittrigen Beine mit dem kalten Stahl im Berührung kamen und diesen dazu veranlassten, sich aus seiner Starre zu lösen. Mit einem ohrenbetäubenden Klirren, ging das Verteidigungswerkzeug zu Boden, löschte binnen eines Wimpernschlags sämtliche umliegenden Geräusche aus. Das Lachen der Männer verstummte, ebenso wie der wild pochende Schlag ihres Herzens. Hatten die Männer sie bis jetzt nicht gefunden, wild auf einander einredend, sich anstachelnd, hatte dieser laute Ton, ihre Aufmerksamkeit mit großer Wahrscheinlichkeit nicht verfehlt. Der König, gab einen zischenden Ton von sich und war ihr mit einem Mal so nahe, dass es ihr die Luft aus den Lungen presste. Wo vorher noch platz zwischen ihnen gewesen war, drückte er sich nun, mit seiner ganzen Größe gegen sie, sodass sie nicht mehr wusste, wo sie aufhörte und er anfing. Seine Arme schlangen sich schützend um ihre Taille, ruhten auf ihrem Rücken, sein Kinn lag auf ihrem Kopf, den er an seine Brust gezogen hatte. Anzu hörte sein Herz schlagen, stark und schnell und voller Leben und plötzlich fror sie nicht mehr. Die Kälte war gewichen, als hätte er einen Zauber ausgesprochen und obwohl die Gefahr ihnen so nah war, konnte sie nur an eins denken. Sie wollte nicht angefasst werden, scheute sogar Yuugis freundschaftliche Berührungen, zog sich zusammen, wenn jemand nur die Hand nach ihr ausstreckte, doch bei dem König, war es etwas Anderes gewesen, dass ihr graute . Sie scheute sich vor seinen Händen nicht, weil sie fürchtete, er würde ihr etwas zu Leide tun, dass hätte er längst tun können, nein, sie hatte Angst davor, dass es nicht der Albtraum sein würde, den si sich ausgemalt hatte. Sie hatte sich davor gefürchtet zu erkennen, dass er ein Mensch aus Fleisch und Blut war, dass er ihr grundlegend, so ähnelte, wie sie es nie für möglich gehalten hatte. Doch hier war er, ebenso wie sie, mit pochendem Herzen und einem wärmenden Leib, der von der Dunkelheit nur Erinnerungen zurück ließ. "Was war das denn?", fragte einer der Männer auf der Straße laut. "Scheint als hätten wir jemanden übersehen, als wir vorhin hier vorbeigekommen sind." "Wer ist da? Zeigt euch!", herrschte der Lauteste von ihnen an, wahrscheinlich, hatte er hier das Kommando. Der Pharao drückte sie näher an sich und sie ließ es stumm geschehen, sein Körper war dad Einzige, was sie nun noch von diesen Männern abschirmte. "Seid still", flüsterte er in ihr Ohr. "Alles wird gut." Das Mädchen wollte ihm wiedersprechen, sagen, dass er sich dessen unmöglich sicher sein konnte, doch sie schwieg. Die Entschlossenheit seiner Worte, hatte sie schon einmal gehört, als er den drei Männern ihren Untergang prophezeit hatte. Also schloss sie ihre Auge und klammerte ihre Finger in den Stoff seines Leinenhemdes. Wenn sie schon sterben sollte, dann wollte sie zumindest nicht frieren. "Ich sagte: Zeigt euch!", brüllte der Kommandant der Rebellen wütend, seine Männer brummte einverständlich. "Vielleicht war es nur eine Ratte.", warf einer vin ihnen ein, als sie noch immer keine Antwort erhalten hatte. "Klang des für dich nach einer Ratte, du Vollidiot?", lautete die genervte Antwort. "Elias! Farid! Ihr zwei geht nach sehen. Bringt die feigen Arschlöcher hier her, damit wir ihnen zeigen können, was passiert, wenn man sich weigert, meine Befehle zu befolgen." Die junge Frau versuchte ihr Gesicht zu heben, wolltw die Augen ihres Begleiters sehen, wollte so sehr an seine Worte glauben, so sehr so sicher sein wie er, doch er ließ es nicht zu, verstärkte lediglich den Griff seiner Arme um ihren Leib, wickelte sie im seine Präsenz, wie um ihr zu sagen, dass er nicht zulassen würde, dass jemand ihnen wehtat. Die Schritte der beiden Auserkorenen kamen näher und näher. Fest und unnachgiebig ihr Gang, das monotone 'tap,tap,tap' immer lauter werdend, das Ende einläutend, wie ein tosendes Unwetter. Kurz vor dem Ende, war der Sturm bekanntlich am schlimmsten. 'Vater... ', dachte die junge Frau, während sie bei jedem Geräusch, dass diese Männer machten, zusammenzuckte '... Wir werden uns wohl nicht wieder begegnen, hab ich mir doch so viel zu schulden kommen lassen, seit Ihr nicht mehr seid. Seid aber bitte gewiss, dass ich es nur tat, um etwas zu verändern, dass ich es nur tat, um zu beschützen. Ich bitte Euch, findet einen Weg Eurer nutzlosen Tochter zu vergeben, während sie sich in den Armen ihres Feindes windet. ' "Es ist bald vorüber.", wisperte die Stimme des Königs leise, klang dabei aber si weit weg, dass sie, wenn sie nicht das Leben gegen ihr Ohr hätte schlagen hören, angenommen hätte, er wäre meilenweit von ihr entfernt. Obwohl die Aussage seiner Worte verheißungsvoll und gefährlich hätten klingen sollen, wie das tödliche Schweigen der nahenden Bedrohung, schienen sie eher nach dem beruhigenden Versprechungen eines Elternteils zu klingen, dessen Kind sich das Knie aufgeschlagen hatte. Anzu schloss ihre Augen und presste ihre Stirn an seine Brust, als sie das Atmen ihrer Feinde vernahm, dass nun direkt neben ihnen war. Es klang wie das schwere Schnauben eines Ebers und hatte einen ähnlichen, unangenehmen Geruch. Die Luft gefror in ihren Lungen, sie wagte nicht länger, dem Verlangen nach Sauerstoff nachzugehen. "Chef!", brüllte einer der entsandten Späher abrupt. Der König verharrte regungslos. "Was ist, hadt du die Mistkäfer gefunden?!", lautete die Antwort. Das Mädchen rechnete damit, dass ihr Begleiter jeden Augenblick von ihr fortgerissen werden würde, dass Sein Herzschlag erst in ihren Ohren und wenig später auch in seiner Brust zum Erliegen kommen würde. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, festigte sie ihren Griff in seinem Gewand. Wenn ihn jemand zu Fall bringen würde, dann mit Anstand und der Chance für seine Sünden einzustehen und zu sühnen. Den Tod auf einer staubigen Straße, niedergestreckt von Monstern, verdiente niemand, ganz gleich wie abscheulich seine Verbrechen auch waren. "Nein Chef! Hier ist nichts!" Anzu riss die Augen auf. Was? Waren diese Männer blind? Sie standen genau vor ihnen, das weiße Gewand des Königs strahlte im Sonnenlicht. Selbst seine Haare, waren aus weiter Entfernung schin zu sehen! "Sieh im Inneren dieser Bruchbude nach!", schallte der Befehl des Anführers zu ihnen hinüber. Ohne auch nur zu zögern, liefen die schweren Schritte der Bewaffneten an ihnen vorbei, ins Innere des Hauses, deren Eingang sie als Zufluchtsort auserkoren hatten. Die junge Frau hob verwirrt ihren Kopf von der Brust des Königs, nahm ihn zurück und suchte nach seinen Augen, um zu prüfen, ob er genau so erstaunt war, wie sie. Ihre Blicke tragen sich und sie öffnete den Mund, um ihn nach einer Erklärung zu fragen, sah er doch so unglaublich unbeeindruckt durch das Geschehen aus, doch er schüttelte bestimmt sein Haupt, noch ehe sie ihre Stimme erheben konnte. Aus dem Inneren des Hauses dröhnten wütende Geräusche. Möbel wurden ungeschmissen, Bücher wurden entzwei gerissen, hier und da, mischte sie sich mit genervten Schnauben der Männer. Das alles geschah, während Anzu draußen versuchte, den zufriedenen Ausdruck des Königs zu entschlüsseln. Wad ging hier nur vor? Wie konnten die Bewaffneten sie nur übersehen haben? Die blutroten Rubine des Pharao musterten sie achtsam. Dann, fiel es Uhr wie Schuppen vom den Augen. Die Dunkelheit, die Kälte! Wie hatte sie das übersehen können? Sobald er sie im Arm gehalten hatte, waren die Erinnerung an diese Momente wie weggeblasen gewesen, doch vor diesem Geschehen, war sie in Dunkelheit versunken. Sie war nicht einmal in der Lage gewesen ihre Umgebung wahrzunehmen. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihr aus, als sie ihre Augen, von seinem Gesicht sinken ließ. "Hier ist nichts und niemand, Chef!", meldeten die beiden Kundschafter, die gerade aus dem Haus zurückgekehrt waren. Anzu versuchte die Chance zu nutzen und einen Blick auf sie zu erhaschen, ihre Theorie zu überprüfen, doch der Körper des Königs, versperrte ihr die Sicht. "Vermutlich ist irgendwo ein Stein aus der Wand gefallen, dieses Haus fällt ohnehin bald auseinander.", murmelte einer ihrer Begleiter. "Nun, wenn das si ist, sollten wir uns wohl lieber auf den Weg machen, ehe der ganze Spaß ohne und stattfindet!", entgegnete die Stimme des Anführers. "Bewegt euch, ihr dummen Missgeburten!" Beifälliges Gelächter und wüste Beleidigungen, wurden von ihren Feinden ausgestoßen, während sie sich in Bewegung setzten und wenig später, waren sie nicht mehr zu hören. Der König blieb wie angewurzelt stehen, seine Arme noch immer eng um ihren Leib geschlungen. Erst, als sie schließlich die Überwindung aufbrachte, ihre Finger aus dem Stoff seiner Kleidung zu lösen, ließ er von ihr ab und trat zwei Schritte zurück. Suchend, wandte e sein Haupt in alle Richtungen und fuhr sich mit der glatten Hand über den zerknitterten Stoff auf seiner Brust. "Seid Ihr wohlauf?" Seine Frage überraschte sie, hatte sie regungslos beide Hände auf ihre Brust gelegt. Abwesend, schüttelte sie den Kopf, die Erinnerung an Dunkelheit und Kälte abzuschütteln versuchend. "Habe ich Euch verletzt?", fragte er besorgt, oh so besorgt und streckte ihr eine Hand entgegen. "Was war das?", stieß sie aus, ihre Stimme jeder Emotion beraubt. "Was war was?" "Verkauft mich nicht für dumm! Was ging da vor sich?" "Anzu..." "Wagt es nicht... Meinen Namen in den Mund zu nehmen, ohne mir eine Antwort zu geben!" Sein Arm sank, blieb schlaff an seiner Seite hängen. "Ich habe uns beschützt." "Und zu welchem Preis?!" "Was genau, denkt Ihr zu wissen?" "Ihr habt uns vor ihren Augen verborgen!", brüllte sie ihn an. "Das ist korrekt." Seine Miene war wie eingefroren, so unveränderlich, wie an dem Tag, als sie ihn kennengelernt hatte und dich war da etwas in seinen Augen, etwas, dass sie nicht einsortieren konnte. "Ich hätte es wissen müssen.", begann sie, ein schmerzverzerrtes Lächeln zog ihre Lippen entzwei. "Die Kälte... Das Dunkle Un uns..." "Was genau, werft Ihr mir vor?", lautete seine emotionslose Frage. "Blutmagie.", wisperte sie tonlos. Der Pharao straffte seinen Rücken, richtete sich zu seiner vollen Größe auf. "Ah.", sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. "Das ist Alles, was Euch zu diesen Vorwürfen einfällt?" "Nun, ich verstehe durchaus, wie das auf Euch wirken muss...", seine Stimme klang wehmütig, beinahe traurig. "Ihr müsst mich wirklich hassen.", ein schmales Grinsen lag auf seinen majestätischen Zügen. "Ganz gleich, was ich zu erwidern hätte, würdet Ihr mir doch keinen Glauben schenken... Immerhin...", er wandte sich von ihr ab und begann in die Richtung zu laufen, die sie vor diesem Vorfall eingeschlagen hatten. "...kennt Ihr mich nicht. " Seine Worte waren wie ein harter Schlag ins Gesicht. Das junge Mädchen stand da und war nicht in der Lage sich zu rühren. Sie dachte an sein Lächeln, seine Entschlossenheit, den trauernden Ausdruck in seinen Augen, als er für die Tote Frau gebetet hatte und ein weiteres, unbekanntes Gefühl, machte sich in ihrem Inneren breit, doch war es so fremd, ao alles verzehrend und beängstigend wie ein tosender Sog, der alles auf seinem Weg, dem Erdboden gleichmachte und ein Gefühl der Leere hinterließ. Seine Gestalt entfernte sich immer weiter von ihr, die Schritte die er dabei tat, hallten dumpf in ihrem Schädel wieder. Warum ächzte ihr Herz so sehr bei seinen Worten. Taub, griff sie nach dem Schild, den er achtlos liegen gelassen hatte und nahm die Verfolgung auf. Sie kannte ihn nicht. Ihre beste Chance die Anderen zu finden, war bei ihm zu bleiben, sie musste Yuugi warnen. Sie kannte ihn nicht. Der Pharao hatte nicht einmal versucht sich zu verteidigen. Sie kannte ihn nicht. Die ganze zeit über, hatte sie Recht gehabt. In einem jedoch lag sie falsch: Wer Blutmagie benutzte, war ein Monster. Sie kannte ihn nicht. Warum, warum tat es also so weh? Kapitel 14: Schatten -------------------- Schatten Die brennenden Strahlen der Sonne waren unbarmherzig und unaufhaltsam. Ihre Intensität, machte es mit jeden Schritt schwerer und schwerer, einen Fuß vor den Anderen zu setzen, zerrte Stück um Stück die Kraft, den Willen weiter zu gehen aus jedem entfernten Winkel seines Körpers. Ihr gleißendes Licht, brachte selbst die stärksten Männer zu Fall, sobald sie ihrer überdrüssig wurde. Doch nicht ihn. Er richtete seinen Blick auf den Horizont. Er schenkte dem Boden unter seinen glühenden Sohlen keine Beachtung, auch nicht den Häuserreihen, die an ihm vorbeiglitten, sich zu einer formlosen Masse vermengend. Selbst, was sich unmittelbar hinter seinem Rücken abspielte, verlor nahezu jede Wichtigkeit. Denn es interessierte nicht länger, was bereits geschehen -, oder was in diesem Augenblick geschah, einzig, was noch geschehen würde, geschehen musste, spielte jetzt noch eine Rolle. Das, was voraus lag, am dunklen Horizont wartete und immer unausweichlicher näher rückte, würde ein für alle Mal zeigen, wie weit zu gehen er sich erlaubte, um jene Menschen zu beschützen, die er liebte. Jene, die ihn ebenso sehr liebten. Was an diesem Tag geschah, würde einen Wandel mit sich bringen, ganz gleich auch, wie es endete. Sein Körper schrie auf. Müde und brennend waren seine Glieder, jeder Fetzen Haut, den er sein Eigen nannte, während der brüllende Schmerz in seinem Kopf sich, mit jeden weiteren Schritt intensivierte. Seine Arme, fühlten sich nicht länger an, als wären sie die seinen, wurden förmlich vom Rest seines Leibes abgestoßen, wie ein schädlicher Fremdkörper, der ihm nach dem trachtete. Immer, wenn er dabei war aufzugeben und der Gedanke kam inzwischen in regelmäßigen Abständen, schaute er in die ungewisse Zukunft, schaute auf die Menschen, die einen Platz in ihr haben sollten. Die Bilder, die dieser Ferne Ort ihm aufzeigte, waren der Grund, weshalb er immer mehr aus seinen Kraftreserven schöpfte, keinen weiteren Gedanken an die Konsequenzen dieser Tat vergeudete. Dunkle, honigfarbende Augen, zeichneten sich zu erst am Himmel und er rannte auf sie zu. Augen, die ihn leidenschaftlich anfunkelten, wachsam, aufgeweckt und zu Allem bereit, wenn es darum ging, bis ans Äußerste zu gehen um einen teuren Menschen zu schützen. Der Pharao lief weiter, spürte den Wind in seinem Gesicht, das Pochen seines Armes, doch er blieb nicht stehen. Stur, rannte er weiter in Richtung der Zukunft, weiter in die Richtung seines Freundes. Der Horizont trieb ihn voran, lockte ihn mit weiteren, süßen Verheißungen, wie eine Sirene, die Seefahrer mit ihrem Lied in den Tod riss. Eiskalte Blicke, aus blauen, eiskalten Augen, sang der Himmel ihm als nächstes vor. Er wusste, ein Blick aus ihnen, vermochte einem Raum die Wärme zu entziehen, rüttelte dich aber auch wach, wie ein kühler Morgen, wenn es zum ersten Mal taute. Blaue, eiskalte Blicke, aus blauen eiskalten Augen, die ihn in Frage stellen, aber zu gleichen Teilen fest an seiner Seite standen, unnachgiebig und unerschütterlich, wie ein Fels. Die Laute um ihn herum, waren zum Erliegen gekommen, denn auch sie waren jetzt uninteressant, behinderten nur sein Fortschreiten. Auch ohne seine Umgebung zu kennen, hatte er immer gewusst, wohin er zu gehen hatte. Sein Blick verwandelte sich in einen Tunnel und Nichts, außer dessen Ende, würde ihn zum Halten bewegen. Das Blut, dass den Verband tränkte, hatte dessen Widerstand inzwischen überwunden und tropfte nun, den Stoff völlig durchnässt, von seiner Haut. Er fühlte es geschehen, doch sah nicht hin, denn das Bild am Himmel lichtete sich, wie ein schwerer Nebel und zeigte ihm etwas Neues auf, etwas, dass zu sehen, ihn überraschte. Anstelle des kalten Blaues, dass ihn erzittern ließ, sah er nun in das himmlische Blau eines sonnigen Tages. Ein Blau, dass so facettenreich erstrahlte, das den Blick abzuwenden, einer Beleidigung gleichgekommen wäre. Selbst, wenn es sich verdunkelte, sich zuzog, wie ein aufkommendes Gewitter, wagte man es nicht, die Augen zu senken. Der Duft von Blumen stieg ihm in die Nase und der Pharao begann langsam zu zweifeln, ob er diese Bilder wirklich zu sehen vermochte, oder ob es sich bei diesen Erscheinungen nur um eigenes Wunschdenken handelte, wie das Verlangen eines Verdurstenden in den glühenden Feuern der Wüste. Beinahe schon wehleidig, beobachtete er, wie sich das Bild am Himmel ein letztes Mal veränderte. Gerne hätte er den vorherigen Schauspiel noch ein wenig länger zugesehen, fühlte sich, wie immer, wenn er an diese Person dachte, fasziniert und gleichwohl frustriert, in einem ihm unbekannten Maß, dass ihn dazu brachte, die Geduld zu verlieren oder seine Mauern so weit zu senken, dass er sich beleidigt fühlte. Ja, gerne hätte er noch ein wenig länger, bei diesem Bild verweilt, doch dann zeigte ihm der Weg voraus nur noch Licht. Der Horizont spiegelte so eben, den finalen Grund, seiner Entschlossenheit. Die Helligkeit war strahlend und rein, brannte, im Gegensatz zu dem grausamen Sonnenlicht, nicht in den Augen, linderte, ganz im Gegenteil, noch den Schmerz in seinen Schläfen. Worauf dieses Licht schien, war warm und wohlig, eben genauso, wie es sein sollte. Alles war im Einklang. Alles war Richtig. Er war zuhause. Hier, im Schatten dieser Reinheit, wollte er Leben und Sterben. Als das Bild vor seinen Augen verblasste, überkam ihn die Angst, der Zweifel, den er so sehr verabscheute. Als Kind, als Säugling sogar, war ihm diese Empfindung fremd gewesen. Sein Vater hatte stets zu sagen gepflegt, dass er nicht einmal bei lautem Gewitter geschrien hatte, während andere Kinder zu brüllen begannen, landete auch nur eine Münze auf dem Boden. Doch je mehr Jahre ins Land zogen, je mehr Menschen in sein Leben traten, je mehr ein Teil von ihm wurden und je mehr Gefahren er sie dadurch aussetzte, desto stärker wurde dieses verhasste Gefühl, während es an seinem Unterbewusstsein nagte. Doch am schlimmsten fühlte er sich, in Gegenwart jenes Lichtes, denn je heller es schien, desto mehr wurde ihm bewusst, dass er ohne es zu Grunde gehen würde, wie eine verwelkte Blume. Der Gang seiner ächzenden Beine hallte durch seinen Kopf, ein Takt, der aus dem Rhythmus schien. Der junge Herrscher schüttelte seinen Kopf. Der Klang seiner Schritte war irrelevant, brachten seine Füße ihn nur dort hin, wo er gebraucht wurde. Er hatte seinen Geist blockiert, sodass er all seine Energie auf den Akt des Vorankommens konzentrieren konnte, Reserven für Später hatte. Er dachte kurz darüber nach, sich den störenden Schweiß von der Stirn zu wischen, entschied sich jedoch dagegen, war nicht bereit kostbare Kraft zu vergeuden. Sein Unterarm pochte unangenehm, beförderte immer mehr Blut aus dem Schnitt hinaus, in den engen Leinenverband, der nur noch spärlich in der Lage war, es zurück zu halten. Sein Atem ging inzwischen schneller, als es ihm lieb war, doch er hieß sich weiter an, durchzuhalten. Die Präsenz seiner stummen Verfolgerin, schloss vorsichtig zu ihm auf. Sie hielt sich zurück, doch er spürte das Brennen ihrer facettenreichen Augen in seinem Hinterkopf, spürte den Schatten den sie warf. Keiner von ihnen hatte er gewagt, noch einmal die Stimme zu erheben, Schweigend, sich weigernd die Anwesenheit des Anderen anzuerkennen, waren sie voran geschritten. Schweigend, würde wohl auch ihre Zukunft und doch wünschte er sich, sie wäre ein Teil davon. Den gefürchteten Horizont beschauend, sein unbekanntes Ende herbei sehnend, trat er mit seinen Beinen fester auf den sandigen Boden. Zumindest zeigte er ihm nicht mehr, was auf dem Spiel stand. Die Zunge, klebte an seinem ausgetrockneten Gaumen, sein Kopf schrie lauter, als der Schwarm lautkreischender Vögel, der dicht über ihm vorbei zog. Er rannte unbeirrt weiter. Die Krone, sein Symbol der Macht, das Symbol seiner göttlichen Überlegenheit, machte metallisch - kratzende Laute, wenn er sich bewegte. Das Gold prallte mit jedem Schritt gegen seine Kopfhaut. Genervt, riss er sich den königlichen Schmuck vom Haupt, beschaute es stumm in seiner Hand. Sein Vater hatte sie getragen und dessen Vater vor ihm. In allen Städten, die sich unter seiner Herrschaft vereinigten, gab es Männer, die sich die Finger nach diesem Kleinod leckten, Männer, die morden würden, um sie auf ihren Köpfen zu wissen. Der Pharao wog das kostbar verzierte Stück in seinen Fingern, versuchte den Geist seines Vaters zu ertasten. Dann ließ er es fallen. Das leise Geräusch, dass das goldene Stück beim Aufprall verursachte, bestätigte ihm, dass es weg war, vermutlich für immer. Doch er brauchte keinen Schmuck, kein Abzeichen, dass Seine Mächte repräsentierte, brauchte kein Gold um die Gegenwart seines Vaters zu spüren. Brauchte keine Krone, um ein König zu sein. Der junge Mann schüttelte sein Haupt, lockerte die verkleben Haare, die geschundene Kopfhaut, wo der Schwere Kopfschmuck sie niedergedrückt hatte. Erleichtert, spürte er, dass sich der Schmerz zu legen begann. Seine Augen, verlangten, in die seiner Begleiterin zu sehen und er malte sich ihre Reaktion aus. Wie schaute sie wohl gerade drein? Doch diesen Wunsch, ließ er ebenso hinter sich zurück, wie den königlichen Kopfschmuck auf dem sandigen Fußweg. Das Getöse von Kampf, kam ihnen Immer näher, vermochte nicht einmal mehr, durch seine begrenzte Wahrnehmung zurückgehalten werden. Vorsichtig öffnete er seinen Geist, suchte umsichtig nach den Gedanken seines Großwesirs, die er seit den Anfängen des Aufruhrs ausgeklammert hatte, sich nur erlaubt hatte, flüchtige Blicke zu riskieren um dessen Standort zu lokalisieren. Zufrieden, stellte er fest, wie weise es gewesen war, seine Kraft für diesen Augenblick zu sparen. Er rief leise, in sich hinein, Yuugis Namen. »Herr! «, schalte die Antwort umgehend zurück. »Den Göttern sei Dank! Seid Ihr wohlauf? « »Ja. Was ist mit euch? « »Ich bin in Ordnung, aber Jounouchi... «, rief der Großwesir aufgebracht, nicht in der Lage seinen Satz zu beenden. Schock fuhr dem König durch seine Glieder. Er dachte an die honigbraunen Augen, die ihn angetrieben hatte. War er ereits zu spät? »Haltet noch etwas durch. Ich bin gleich da.« Er wartete noch auf Yuugis bestätigende Worte und beschränkte ihre Verbindung wieder auf ein Minimum, jetzt mehr denn je entschlossen, seine Energie zu bewahren. Trotz der Tatsache, dass ihm sein Versprechen vorauslag, entsann er sich seiner Verpflichtung gegenüber des Mädchens, dass eifrig versuchte, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Sie war ihm gefolgt wie ein Schatten, trotz des Umstandes, dass sie ein Monster in ihm sah und ihre Augen sich hasserfüllt in seinen Rücken bohrte. Das Brodeln ihres Blickes, er fragte sich, ob er wohl der erste war, der es zu sehen bekam? Im Gegensatz dazu, war es ein friedliches Gefühl gewesen, sie in den Armen zu halten, so ganz anders, als ihre erbosten Aussetzer. Sie so verletzlich zu erleben, hautnah,... Würde die Erinnerung jemals verblassen? Würde er jemals in der Lage, ihren zitternden Leib zu vergessen, die schlanken Finger im Stoff seines Gewandes, während sie um ihr Leben bangte? Würde sie ihn je wieder ansehen? Das sie ihm folgte, stellte keine Überraschung dar, immerhin war sie, trotz ihrer gelegentlichen Kopflosigkeit, keinesfalls dumm. Zu zweit waren sie sicherer, wenn er ihr sonst nichts hatte beweisen können, so doch wenigstens dies. Sie stand unter seinem Schutz, selbst, wenn sie sich noch so sehr dagegen wehrte, sein Worte war ihm wichtig, egal wie viele giftige Flüche sie in seine Richtung schleuderte, egal, wie oft sie nach ihn schlug. Dennoch, die Intensität ihres Hasses, der so greifbar schien, wie der Sand zu ihren Füßen, stimmte ihn traurig. Beinahe geistesabwesend, ließ er seinen Körper zurückfallen, wandte sich jedoch nicht um, fasste blind nach hinten und bekam jene schlanken Finger, mit den seinen zu greifen. Schnell, begann er sie mit sich zu zerren, er gab auf sie Acht, doch dürfte sie ihn nicht verlangsamen. Der junge König hörte ihre aufgebrachten Flüche, während er sie durch die äußeren Ringe der Massenkämpfe führte, genaustens darauf bedacht, nicht in eine solchen verwickelt zu werden. Das Mädchen versuchte derweil sich los zu reißen. Sie war stärker, als sie aussah. "W-was?! Verdammte Scheiße, was tut Ihr?!" Er antwortete nicht, zog sie erbarmungslos weiter, verkniff sich ein Lächeln, als er ihre Stimme vernahm. "Warum haltet Ihr immer meine verdammte Hand?", schrie sie wutentbrannt, als er ihre keine Reaktion schenkte. Hätte er die Zeit gehabt darüber nach zu denken, hätte er sich selbst womöglich diese Frage gestellt. Doch die Zeit war knapp und jagte unaufhörlich weiter, also ignorierte er sie und ihre Beleidigungen achtsam. Auf einer Plattform kamen sie zu Halten, unter sich der tosende Kampf. Er senkte sein schmerzenden Haupt, versuchte sich eine grobe Übersicht ihrer Lage tu machen, suchte. Neben ihm, japste die junge Frau völlig entkräftet nach Luft. Es rasselte, wenn sie ausatmete und er lauschte diesem Ton beiläufig. Eine gesunde Lunge, machte nicht solche Geräusche. Er hatte ihr heute eine Menge zugemutet und respektiere es, dass sie noch immer in der Lage war, zu stehen. Selbst nach dem direkten Kontakt mit den Schatten, die sich unter ihre Haut, in ihren Geist zu fressen versuchten, stand sie noch immer hier. Und sie stand gerade. "Jetzt lasst endlich meine Hand los, verfluchte Scheiße!" Ihre Hand wurde ihm entrissen, so bestimmt, so wütend, dass er ihr den Freiraum, ohne Widerstand gewehrte. Diese Reaktion, er wusste das sie kam, wann immer er nach ihr griff, warum also, suchte er immer wieder ihre Nähe, ohne darüber nachzudenken? Sie stolperte ein paar Schritte von ihm zurück, ihre Augen bohrten sich in seinen Rücken. "Ihr!", stieß sie aus und richtete einen anklagenden Zeigefinger direkt auf sein Gesicht. Das Blau ihres Blickes hatte sich verdunkelt. "Ihr seid widerlich! Empfindet Ihr eine Art der Befriedigung, wenn Ihr mich herumzieht, wie ein bockiges Kind? Macht es Euch Spaß, meine Grenzen zu erforschen?" Der König sah ihr stumm in die Augen und schwieg. Er wusste, dass es sie störte, wenn er ihre Hand hielt, dass sie irrational würde, war sie ihn seiner Nähe, doch löste ihr Zorn immer etwas ebenso irrationales in ihm aus. War es Frieden den er spürte, wenn er sie hielt? Sicherheit, da dies die einzigen Augenblicke waren, in denen er sie zu kontrollieren, wahrhaftig zu schützen vermochte? Ihren Herzschlag in seinen Handinnenflächen zu fühlen, die Hitze, die ihre zierlichen Finger abgaben, so sehr, dass er fürchtete sich tu verbrennen, waren dies Augenblicke, die er sich mit ihr wünschte? Er versuchte sie tu reizen, weil er den Klang ihre Stimme genoss, wenn sie erbost war, wenn das Ende ihres Satzes mit einem kleinlauten Piepsen endete, dass ihr die Röte in die Wangen beförderte. Suchte er absichtlich Streit mit ihr? "Vergnügen würde ich es nicht nennen, obwohl es sehr aufschlussreich ist Euch an Eure Grenze zu treiben.", murmelte er tonlos, denn er wusste, sie lauschte seinen Worten aufmerksam. Gerne, hätte er ihre Reaktion noch abgewartet, noch einmal das Funkeln in ihren blauen Augen gesehen, doch etwas Wichtigeres stand ihm nun bevor. Das Mädchen war hier zunächst sicher, seine Verpflichtung ihr gegenüber war erfüllt. Nun galt es, diesem Irrsinn ein Ende zu setzen. Jeder Tote, der unter ihnen im Dreck lag , jeder Verletzte, der die Luft mit seinen Klafelauten tränkte, stand unter seinem Schutz, lastete auf seinen Schultern. Er hatte nicht rechtzeitig gehandelt, hatte den Blick zu lange verschlossen. Dies hier, war der Preis, den er zu zahlen hatte. Ein Preis, der unter keinem Umstand noch weiter steigen durfte. "Es ist soweit.", sagte er leise , jetzt wurde entschieden, ob er dem Segen , den man ihm auferlegt hatte , gewachsen war. Ob er den Sinn seines Daseins, zu verteidigen vermochte. "Was ist soweit?", fragte Anzu neben ihm angespannt. Sie erzitterte, als der Wind sich drehte. "Bleibt bitte unbedingt h hier, wenn Ihr sicher sein wollt und kommt nicht hinunter, ehe ich fertig bin." Er machte einen Schritt nach vorne, sah sich nicht zu ihr um, erlaubte sich nicht länger, zurück zu sehen. Stattdessen suchte er Yuugi im Kampfgetöse. "Bis Ihr womit fertif seid?" Der Pharao richtete sich gerade auf, bewegte seinen steifen Nacken. Seine Adleraugen waren gebannt auf das Geschehen unmittelbar unter ihnen. Dort. Er trat an Den Rand de Plattform, einen Fuß hoch in die Luft erhoben, unter ihm, ein Abgrund, der die mächtigen Schatten des dort stattfindenden Kampfes, zusammen mit markerschütternden Schreien, zu ihm hinauf trug. Er überlegte ihr nixht zu antworten, doch nach Allem, was sie heute durchgemacht hatte, verdiente sie wohl die Wahrheit. Ihr Hass auf ihn, konnte schließlich nicht noch weiter wachsen. Ein trauriges Lächeln, zog an seiner Mundwinkeln. Sie konnte es ja nicht wissen. "Mit der Säuberung.", sprach er, den Rücken zu ihr und machte den Schritt ins Nichts. Der König meinte sie schreien zu hören, meinte jenes aufgebrachte Piepsen zu vernehmen, doch er tat es ab. Er musste sich konzentrieren. Kopfüber, fiel er dem Boden entgegen, spürte seine Haare, wie sie im Wind tanzten, der ihm von unten entgegenschlug. Es war ein belebender Wind, gepaart mit der Kälte der Schatten, die nach ihm griffen, um ihn hinab zu ziehen. Er legte zwei Finger an seine Stirn, atmete tief ein und aus. "Schattenspiel: Dritte Form: Übergang.", wisperte er leise, fokussierte seinen Geist auf den unterliegenden Kampf, spürte jeden Schatten auf, der sich unter den Füßen der Krieger formte. Dann, tauchte er ein. Die Dunkelheit, die er durchwanderte, empfing ihn, wie einen alten Freund, mit geöffneten Armen. Sie zog ihn hinab, immer tiefer an einen Ort, den auch er früher zu fürchten bedachte, den er nun aber besser kannte, als das Innere des Palastes. Er erschrak nicht mehr vor der Kälte, die ihm entgegenschlug, wenn das Schattenreich seine Tore für ihn öffnete, hatte gelernt dem Licht zu folgen, dass an Ende dieser verschlungenen Wege auf ihn wartete. Das Blutvergießen tönte auch bis in diese Welt, denn auch das Reich seiner korper körperlosen Schergen, war verbunden mit den Belangen der Menschen. Der König wusste genau, wohin er zu gehen hatte und es würde nicht lange Dauern, vielleicht einen Wimpernschlag in der Welt der Lebenden, bis er sein Ziel erreichte. Die Schatten, seine Begleiter, ebneten ihm den Weg. Das Licht vor Augen, erhob er sich aus ihren Reihen und ehe er sich versah, fand er sich inmitten der rebellie rebellierenden Massen wieder. Die Sonne reizte seine Netzhaut, die Hitze setzte damit fort, seine Kraft zu rauben. Seine Reserven waren beinahe aufgebraucht, doch er verschwendete keinen Gedanken daran. Leichtfüßig, wich er einer Klinge aus, die nach seiner Kehle geschwungen wurde und versetzte dem Angreifer einen Tritt, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte, ihn die Nase brach, als er auf dem Boden aufschlug. Dann, war es urplötzlich still um ihn herum. Seine Sicht wurde schärfer. Der Pharao richtete sich auf, bemerkte die entsetzten Blicke, die man ihm zu warf. Keiner der Kämpfenden hatte wohl jemals einen Mann gesehen, der aus einem Schatten Aufstieg. Einige der Rebellen, jene, die sich in seiner unmittelbaren Nähe aufgehalten hatten, schrien auf, taumelte zurück, als wäre er die fleischgewordene Ausgeburt des Bösen. Doch ihr angsterfülltes Wimmern, kümmerte ihn nicht, sein schmerzender Kopf suchte nach den Licht, dass ihn hergeführt hatte. "Herr!" Ein einziges Wort, diese eine Stimme und jedes verbliebene Geräusch verstummte. Die brutalen Kämpfe wurden unterbrochen, Feinde, Sekunden zuvor noch darauf aus, das Leben ihres Kontrahenten zu beenden, drehten einander den Rücken zu, die Augen Gerichtet auf das Zentrum dieser sinnlosen Ausschreitungen. Alle Blicke ruhten nun auf ihm, doch es scherte ihn nicht. Zehn Fuß von ihm Entfernt, drängte sich jemand aus einer Reihe von Männern, die er als seine Palastgarde identifizierte. "Yuugi.", gab e Er zurück und starrte den jungen Adeligen an. Der Großwesir hielt einen Dolch in seiner Hand, sein Umhang war zerrissen und er wirkte erschöpft, doch im großen und ganzen, war er unversehrt. Erleichtert, wollte er ausatmen, doch durch die Reihen seiner Männer, erspähte eR den blonden Schopf seines Kriegsmeisters, der am Boden lag, eine Pfütze aus Blut um ihn herum. Ein eiskalter Schauer Lief seinen Rücken hinab und er suchte verzweifelt nach einem Lebenszeichen seines Freundes, doch der Leib des kräftigen Mannes rührte sich nixht, verhöhnte ihn, warf ihm vor zu spät zu sein. Seine Aufmerksamkeit wurde von Jounouchis Antlitz losgerissen, als Yuugi sich in Bewegung setzte, direkt auf ihn zu, während die Umstehenden zu Flüstern begannen. "Seit wann ist dieser Kerl hier?" "Wer zum Geier ist das?" "Ich schwöre, er ist aus den Schatten gestiegen!" Auch er setzte sich in Bewegung, wollte seinen Großwesir empfangen, wollte seinen Kriegsherren fortbringen, diesem Schrecken endlich ein Ende bereiten. Er streckte eine sehnsüchtige Hand nach seinem Anderen Selbst aus, konnte es nicht erwarten, ihn in den Armen zu halten und sich davon zu überzeugen, dass es ihm gut ging. Der Pharao sah es aus den Augenwinkeln geschehen. Eine kleine Bewegung, die er sofort hätte wahrnehmen müssen, wie er sich später vorwerfen sollte. Aus den Reihen der erstarrten Menschen, löste sich eine einzelne Person. Die Fußstapfen des Kriegers, sollten ihn in seine Träume hinein verfolgen. Denn noch ehe dieser Mann sein Ziel erreichte, erstarrte der König in seiner Bewegung, erstarrte sein ganzer Körper und seine Gedanken kamen zum Erliegen. Regungslos, musste er mit ansehen, wie jener Fremde, den er noch nie zuvor gesehen, mit dem er noch nie zuvor ein Wort gewechselt hatte, den jungen Großwesir anfing, inmitten des Kreises, der sich um sie gebildet hatte und seinen Dolch aus der schmalen Hand riss. Eben dieser, ruhte wenig später auf der blassen Haut des jungen Adeligen, während die Finger des Rebellen an Yuugis Haarschopf rissen, seine Kehle der Menge preisgab. Bedrohlich senkte sich die Klinge in Richtung der Hauptaterie seines anderen Selbst und der König spürte, wie die Luft in seinen Lungen gefror. Hatte die Hitze ihn zuvor in den Wahnsinn getrieben, sein Kopf gewimmert, wie auxh sein Leib, blieb nun nichts mehr zurück, während das kalte Metall des Dolches auf der zarten Haut ruhte, bereit zu töten, wie ein lauerndes Krokodil. Der Pharao hob beide Hände, hilflos und versuchte angestrengt nach einem Weg zu finden, das kostbare Leben Yuugis zu retten. "Wartet!", rief er laut. Der Mann, der den Großwesir in seiner Gewalt hatte, sah sich nervös um, ehe sein Blick sich wieder auf ihn richtete. "Wartet.", sprach der junge Herrscher ruhiger. "Niemand muss heute mehr sein Leben lassen.", beschwor er den Rebellen umsichtig. "Auf beiden Seiten gab es bereits genug Verluste." "Es ist wahr, Leben wurden gelassen, doch leider keines auf der richtigen Seite!", antwortete ihm der Mann, den er mit seiner Bitte hatte beruhigen wollen. Doch schien dieser nur noch aufgebrachter als zuvor. Er riss an Yuugis Haaren und verpasste ihm einen Schlag zwischen die Rippen, als dieser einen Schmerzlaut ausstieß. Der junge König musste hilflos zusehen, als das heißgeliebten Gesicht seines Begleiters sich rot vrb verfärbte , er es nicht riskieren durfte si Ch groß zu bewegen. Das kleinste Zucken, konnte sein Leben kosten. "Ich bitte Euch, wenn Ihr Blut fordert, dann nehmt meines. Aber lasst Ihn gehen." Sein Gegenüber sah ihn verwundert an, beäugte ihm umsichtig, schien nicht zu begreifen, was ihm gerade angeboten wurde. Der Pharao hingegen hoffte lediglich darauf, dass er sein Angebot annehmen würde. Lieber sollte sein Leben auf Messers Schneide ruhen, als das seines Großwesirs. "Nehmt mich an seiner statt.", sagte er noch einmal, um Missverständnisse auszumerzen. Yuugi zuckte unruhig in den Armen des Feindes, öffnete seine großen Augen und wandt si ch ruckartig einen Schritt zurück, bei dem Versuch seinen Geiselnehmer zu überrumpeln. "Nein!", rief der junge Adelige so laut es ihm möglich war. Doch sein Widerstand wurde im Keim erstickt, als der Rebell ausholte und Yuugi Mut der flachen Hand ins Gesicht schlug, seinen Griff um ihn erneut festigte und den benommenen Großwesir die Messerspitze direkt unter das Kinn hielt. Der junge König erschauderte und hielt sich den Kopf, der sich anfüllte mit den Bildern seiner Albträume. Sein Herz gab einen ächzenden Laut von sich. "Wie mir scheint, will Euer Zwilling nicht in Euren Schoß zurück kehren.", lachte der Angreifer boshaft und er starrte ihm überlegen ins Gesicht. Seine nächsten Worte richtete er an die totenstille Menge um sie herum, sprach mit ao viel Abscheu zu ihnen, dass der König befürchtete, seine Zehennägel wurden sich nach innen Rollen. "Unser heiß geliebter Pharao hat sich dazu entschlossen, uns mit seiner Anwesenheit zu beglücken." Sein Spott hallte über den erstummten Marktplatz und erntete hier und dort, einige beifällige Zurufe. "Nun, euer Majestät, herzlich willkommen, in unserer Mitte!", fügte der Redner hinzu. Sein schwarzes Haar wehte im trockenen Wüstenwind. Ein abscheuliches Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er heftig an Yuugis Haaren riss, den Blick fest gebannt, auf das Gesicht des Königs, den er zu foltern begehrte. Machtlos, wurde der junge Herrscher erneut Zeuge seines stumpfen Gewalteinwirkung, musste den unterdrückten Klafelauten Yuugis lauschen, begann seine Fäuste zu ballen. Zorn stieg auf, ließ ihn erbeben. "Lasst von ihm ab.", befahl er beherrscht, starrte seinem Gegenüber so entschlossen entgegen, wie dieser auch ihm. Als Antwort, bekam er wieder jenes böse, hasserfüllte Lachen, erntete als Reaktion das herabsinken des Messers. "Mein verehrter König, ich glaube nicht, dass Ihr in der Position seid, Forderungen zu stellen." Der Pharao presste seine Kieferknochen fest aufeinander, herrschte sich an, die Ruhe zu bewahren, doch er scheiterte kläglich, waren seine schlimmsten Befürchtungen doch in Begriff sich zu erfüllen. "LASST IHN GEHEN!", brüllte er wütend, seine Stimme angsteinflößend. Er spürt die Erde unter seinen Füßen wackeln, die Vögel hörten auf zu singen, doch Zurückhaltung war ihm ihn diesem Moment nicht mehr möglich. Sein Blut hatte zu kochen begonnen. Sein Schrei, hatte seine Wirkung wohl nixht verfehlt, denn die Augen des Fremden, füllten sich mit Schrecken, während das zustimmende Wispern in der Menge einen h beunruhigten Wandel erfuhr. Der König und sein Kontrahent sahen si ch eisern ins Gesicht, weder der eine, noch der Andere ein Zeichen der Resignation preisgebend. "Ihr besitzt hier keine Macht.", hauchte der Angreifer drohend zurück. "Hier sind wir es, die herrschen. Alle die U Euch stumm folgten, alle, die den Boden geküsst haben, auf dem Ihr lieft, werden jetzt dafür bestraft. Angefangen, wird mit dem Jungen, der Euch seine Seele verkauft hat!" Die Worte schwebten unheilvoll durch die Luft, wurden schrecklicher mit jeder fort schreitenen Sekunde und als die rebellischen Krieger um sie herum damit begannen, auf die Erde stampfen, einen krieg- und mordlüsternen Marsch erzeugend, der dem König einen Schauer über den Rücken jagte. Er begann zu begreifen, was dieser zornige Rhythmus forderte, was diese Männer, die sich hier versammelt hatten, ihm aufgelauert hatten, begehrten. Seine Untätigkeit hatte es nun zu verantworten, dass die Menge das Blut der Person verlangte, die ihm nichts als Frieden und einen Sinn zu leben gab. Vor seinem inneren Auge, spielte sich der Albtraum ab, den er regelmäßig träumte, der ihn von der Welt des Schlafes fernhielt. Die erkalteten Augen, die einst so viel Wärme gaben, die sonst so liebevoll leuchteten, starrten tot aus der Dunkelheit zu ihm hinauf. Der warme, weiche Leib, der sich um ihn schloss, wenn er dem Wahnsinn verfiel, lag nun steif und leblos in seinen Armen. Die Stimme, die seine Leiden tilgte, war auf Ewig zum erliegen gekommen. Der König fühlte den Schmerz in seiner Brust, noch ehe das Bild vervollständigt war. Ein stiller, endloser, leerer Schmerz, nixht etwa brennend und pochend wie sein blutender Unterarm, sondern unbarmherzig, leise und endgültig wie der Tod. Er erwachte stets schweißgebadet, mit stechenden Kopfschmerzen und blanker Angst. Wie ein ruheloser Geist, strich er dann durch den Palast, wurde von Yuugi auf halber Strecke erwartet. Er hielt ihn, in jenen Nächten im Arm, bis der König si h fühlte, als wäre dieser Traum belanglos, würde er doch niemals zulassen, dass dieses Bild der Wahrheit auch nur nahe käme. Nun war es soweit. Der Albtraum rückte näher. Der Mann ihm gegenüber lächelte grausam, drückte die Klinge tiefer auf das dünne Fleisch von Yuugis Hals. Der Pharao rang Mut sich, kämpfte gegen den Zorn an, würde er sich selbst nur hassen, wenn er nicht Alles versuchte, um einen weiteren Toten zu vermeiden. Er schluckte kräftig. Egal wie es endete, er würde sich selbst hassen. "Ich sage es ein letztes Mal. Lasst. Ihn. Gehen.", sprach er laut, während die Schatten bereits begonnen hatten, sich um ihn zu scharen. Sein Geheiß traf auf taube Ohren, die Miene des Rebellen wae unverändert: störrisch, überheblich und stolz. "Ich habe den Eindruck Majestät seien wütend auf mich. Sagt es Euch nicht zu, dass Ihr mit dem Leben Eurer Liebsten zahlen müsst? Ehe Ihr selbst blutet natürlich." Der junge Herrscher unterbrach ihn nicht in seinem Vortrag , lauschte nur beiläufig seinen hasserfüllten Worten, denn es war ihm etwas bewusst geworden. Dieser Mann würde Yuugi niemals leben lassen. Und die Rebellen, die an seinen Lippen hingen, seine Worte bestärken und ihn anhießen den Dolch endlich zu senken, würden nicht kleinbei geben, solange noch eine Chance auf Sieg bestand. Er riss sich vom Gesicht seines Gegenübers los und schaute hinunter auf Yuugi. Die Schatten breiteten sich indes über dem Körper des Königs aus, floßen über ihn hinweg, zehrten von seiner Kraft, während sie seine Arme umschlungen, seine Mitte, letztlich die Beine. Der Großwesir sah ihn aus et amnethyst farbenden Augen an, die sich herzzerreißend mit Nässe füllten. Er hörte Yuugis Stimme durch seinen Kopf hallen : »Herr... Nicht... « Traurig blickte der Pharao ihn an, wissend, dass dies die einzige Bitte sein würde, die er ihm nicht erfüllen konnte. Er hörte den g schmächtigen Ton, der über die Lippen seines Anderen Selbst kam und sah wieder zu den beiden gestalten auf. Ein schmales Rinnsal Blut rann seinen zarten Hals hinab. Der Rebell hatte ihn geschnitten. Wut explodierte hinter seinen Lidern. Seine blutroten Augen fraßen sich in den Kopf seines Gegners und binnen eines Wimpernschlags, war der überlegene Glanz aus dessen Gesicht gewichen. Der Herrscher Ägyptens fokussierte all seine Energie auf den Mann, die Schatten schlängelten sich auf dem Boden voran, in eine Richtung. "Das war Euer Untergang.", sprach er bedrohlich, deutete auf den Schnitt am Halse seines Großwesirs und hob dann die flache Hand auf Höhe des Kopfes seines Gegenübers. Seine Finger spreizten sich, die ausgeweitete Hand bebte vor Wut, die durch seinen Körper schoss. "Ihr habt die Regeln gebrochen.", fügte er hinzu, stellte zufrieden fest, wie der Mann erstarrte, als die Schatten sich um seine Waden wickelten, wie er zu zittern begann, die Augen panisch e aufgerissen. "W-as?", raunte der Geiselnehmer , als gefroren ihm die Worte im Hals. Der Pharao wusste, was das Schicksal für diesen Mann bereit hielt, würde er ihn jetzt nicht los lassen. Doch Gnade hatte er sich verspielt. Sein Zorn war entfesselt. "Ihr habt Recht."., grollte die Stimme aus seinem eigenen Mund. "Ich bin wütend." Das Messer fiel aus der Hand des Angreifers, als die Schatten von ihr Besitz ergriffen und kurz darauf lösten sich auch die Finger aus Yuugis Schopf. Der Kleinere fiel vorne hinüber, konnte sich aber mit ausgestreckten Armen abfangen. Der König befahl den Schatten weiter voran zu kriechen, denn er war noch nicht zufrieden. Diese Männer waren zu weit gegangen, hatten seine Leute getötet, seinen Freund verletzt, hatten versucht ein Mädchen zu vergewaltigen. Sie mussten bezahlen, mussten sehen was es bedeutete ihn zu erzürnen. Das Gesicht des Rebellen starrte ihm kreidebleich entgegen, die Schatten waren nun in ihn gefahren, hatten sein Augenlicht getrübt und fraßen von seiner Furcht. Sein Geist war nun völlig umschlossen. "Schattenspiel. Fünfte Form: Übernahme." Mit einer ruckartigen Handbewegung setzte er dem Ganzen e in Ende und der Geiselnehmer sank auf die Knie, die leblosen Hüllen seiner Augen, sahen in den Himmel. Dann fiel er seitlich aud den sandigen Boden, wirbelte beim Aufschlag einen feinen Nebel aus Staub auf und blieb reglos liegen. Stille, legte sich über den Marktplatz, eine eisige Stille, die sowohl Feind als auch Freund erschaudern ließ. Doch es scherte ihn nicht. In diesen Ausschreitungen wurden Unschuldige getötet, ihre verstümmelten Leichen waren auf der Straße liegen gelassen worden, wie ein verendetes Tier. Der Preis war noch nicht m getilgt. Er erhob die Stimme, drehte sich zu den verbliebenen Feinden und seinen eigenen Leuten, schickte die Schatten aus, ein letztes Mal. "NIEMAND!",brüllte er mit all seinem Atem, richtete seinen Finger auf Yuugi, während die Schatten in den ersten Reihen bereits die Beine der Rebellen umschlangen. "... Niemand! Rührt ihn an!", beendete er, hob seine Hand und spreizte die Finger. Durch die Menge gingen r vereinzelnt verängstigte Rufe, als seine körperlosen Diener einen nach dem anderen erreichten. "Niemand!", setzte der König fort, sein Körper am Rande seiner Kräfte. "Niemand wird jemals wieder die Hand gegen die Meinen erheben!" Sein Blick fiel auf Jounouchi und es tat weh. Wäre er doch nur schneller gewesen. Seine Hand, hoch erhoben, bereit zum finalen Befehl anzusetzen, zitterte, er spürte die Energie verblassen, doch für diesen letzten Schlag, diesen letzten Beweis seiner Bereitschaft, würde es noch reichen. Er schloss die Augen und herrschte die Schatten an, sich bereit zu machen, als plötzlich eine Stimme sich in seinen Kopf bohrte, wie ein brennender Pfeil. "Yami!" Sofort hielt er inne und so auch seine Schergen. Der Pharao öffnete die Augen und drehte sein Haupt in die Richtung, aus der er sie vernommen hatte. Sein Atem entfuhr ihm kraftlos, als hätte er ihn seit Stunden angehalten, seine Lippen, trocken und ledrig, bebten heftig, als ihm klar wurde, wer vor ihm stand. Eine Hand, presste sein Gegenüber auf seinen Hals, Rot funkelte zwischen seinen schmalen Fingern hindurch. Seine Augen waren weit geöffnet und lebendig, leuchteten voller Wärme und Verständnis. "Yuugi...", hauchte der König leise, was diesen dazu veranlasste Näher zu kommen. Der Großwesir lief langsam auf ihn zu, er war unbewaffnet, denn der König würde ihm niemals etwas tun. Die Hand des erstarrten Pharao schwebte noch immer in der Luft, während Yuugi immer näher trat. Der junge Adelige begann den Kopf zu schütteln, kaum merklich, aber bestimmt. "...Nicht. ", flüsterte er. "Es ist vorüber." Als wären seine Worte ein Entfesslungsformel gewesen, lichtete sich die Wut im Inneren des Thronfolgers. Mit einem Mal schien, als wäre alles böse wie weggeblasen, als würde der Himmel nach einem Unwetter aufreißen und die Erde in ein gleißendes Licht tauchen. Er fühlte, wie seine Züge Weicher wurden und seine Hand sich langsam zu senken begann. Die Schatten zogen sich auf seinen Geheiß hin zurück, gaben den gefangenen Männern ihre Körper wieder. Als sein Arm schlaff an Seiner Seite zum hängen kam, brach daß Leben um sie herum los. Die entsetzten Mengen der Rebellen begann Hals über Kopf zu fliehen. Einige stürzten über ihre kammeraden hinweg und blieben am Boden liegen, einige, sanken auf ihre Knie und ergaben sich ängstlich. Die Fliehenden wurden von der Palastgarde verfolgt, um sie festzunehmen. Die Männer seines Tosses hatten sich wohl aus ihrer Starre befreit, als die Pflicht nach Ihnen zu rufen begann. Doch das Alles, bekam der König nur am Rande mit, setzte den ersten Schritt nach vorne. Sein Großwesir begann sanft zu lächeln, ehe er voran stürzte und den letzten Abstand zwischen ihnen überwand. "Ich wusste du würdest kommen.", flüsterte er, seine kurzen Arme wickelten sich um die Körpermitte des Größeren, sein Gesicht presste er gegen seine Brust. Erleichtert, drückte der Pharao ihn an sich, bettete das Kinn auf dem Kopf seines anderen Selbst. "Verzeih mir, dass es solange gedauert hat.", erwiderte er traurig, ertappte sich selbst dabei, wie seine Stimme kaum merklich bröckelte. Der Großwesir hob den Kopf von der Brust, suchte nach seinen Augen. Als sich ihre Blicke zaghaft trafen, gab der Kleinere ihm seine Antwort. "Ich war in Sorge..." "Ich weiß, verzeih mir. Wenn ich schneller gewesen wäre..." "Nein.", platzte es aus seinem Gegenüber hinaus, doch es klang nicht, als würde er ihm Vergebung versagen wollen, eher, als wolle er einen bösen Geist davon abhalten, seine Gedanken zu trüben. "Ich war nicht meinetwegen in Sorge." Der König wandte sich traurig, der blutenden Gestalt seines Kriegsmeisters zu. Doch dieses Mal, war es keine Wut, die er bei seinem Anblick verspürte, jetzt war es eine alleszehrende Traurigkeit, die sich Zugang zu seinen Emotionen verschaffte. "Jounouchi... Wenn er...", murmelte er leise die Worte, die einzig für die Ohren seines engsten Vertrauten bestimmt waren. "Wird er nicht.", ermahnte ihn dieser. "Er ist der dickköpfigste Mann den ich kenne." Vor ihren Augen, wurde der verletzte, blonde Kopf ihres Freundes, soeben auf eine Trage gebettet und unter der Anweisung von Yuugi, umgehend in die Gemächer des Hohepriesters geschickt. Der verwundete König sah ihm nach, eine Faust legte sich um sein Herz. "Dickköpfigkeit ist nicht für seine Wunden zur Verantwortung zu ziehen. Ich... ich habe..." "Du hast uns das Leben gerettet." "Ich habe einen Mann getötet." Der Großwesir blickte ihm traurig entgegen. Seine sonst so sonnigen Augen, schienen wie erstarrt, doch er sah nicht verängstigt aus, er sah niemals verängstigt aus, auch sah er ihn nicht mitleidig an. Wenn der junge Adelige diesen Ausdruck trug, verstand er, verstand er den schrecklichen Kampf den sein Herr in diesen Augenblicken mit sich selbst auszutragen hatte. "Das hast du." "Ich hätte ihn leben lassen können, doch ich tat es nicht." "Warum?" Der Ältere senkte seine Augen auf den sandigen Boden, als stehe dort die korrekte Antwort geschrieben. "Er wollte euch töten... euch alle..." "Bereust du es?" Stille beherrschte die Luft, für eine kurze Dauer an Sekunden. Dann sah der Pharao ihn entschlossen an. "Nein." " Ebenso wenig, wie ich es bereue mitgekommen zu sein. Ebenso wenig wie Jounouchi es bereut, heute für seinen König gekämpft zu haben. Er wird gesund werden. Vertrau mir." Der Großwesir platzierte eine Hand auf der Brust seines Königs. "Du hast ein reines Herz. Lass nicht zu, dass deine Selbstzweifel es vergiften." Ein wohliges Gefühl umstrich den erschöpften König, betäubte seine Schmerzen Glieder und er ersehnte nun nichts mehr, als das diese Ruhe für immer fort bestünde. Yuugis Finger glitten seinen Arm hinab, hielten an der Schnittwunde und dem blutigen Verband inne. Ein entsetzter Ton entfuhr seinen Lippen, als er sich zu sehen bekam. Er trat einen Schritt von ihm weg und begann ihn zu mustern. Seine Augen blieben an seiner Wange haften. "Bei den Göttern, was ist dir nur widerfahren? Du siehst schlimm aus.", sagte Yuugi ängstlich, seine Stimme am Rande einer Panikattacke. Seine Linke wanderte entlang des oberflächigen Schnittes in des Königs Gesicht. Sein Großwesir drehte sich von ihm weg, richtete seine Worte an die verbliebenen Männer des Palastes. "Der König ist verletzt. Sucht umgehend nach einem Medicus!" Dieser packte Yuugi grob bei den Schultern und starrte ihn aufgebracht an. Konnte dieser Mann nicht einmal an sich selbst denken? "Das ist Nichts.", sprach er grimmig, beschaute den Hals seines Gegenüber sorgfältig, mit gerunzelter Stirn. "Was ist mit dir? Hat er dir sehr wehgetan?" Des Adeligen kleine Finger, lösten seinen festen Griff um dessen Schultern, gaben ihm die Möglichkeit seine Hand zu halten. "Ich bin wohlauf.", versicherte er ihm. Nicht vollkommen überzeugt, ließ der Pharao das Thema, für den Moment, fallen. Für den Moment, war es genug ihn lebend in seiner Nähe zu wissen, ihn sprechen zu hören, wissend, dass er sein Versprechen erfüllt hatte. Dieses tröstende Gefühl, der Frieden hielt solange an, bis sein Blick, auf den Leichnam des Rebellen glitt. Blaue Augen, die ihn auch einmal so panisch angesehen hatten, wie der Geiselnehmer in seinen letzten Momenten, kreuzten seine Gedanken. Er malte sich ihre Reaktion aus. Würde sie je wieder mit ihm sprechen? Würde er, je wieder nah genug kommen, um nach ihrer Hand zu fassen? Er erhob seinen Blick, an jenen Ort, wo er sie zu finden vermutete. Natürlich starrte sie ihm entgegen. Natürlich, hatte sie alles beobachtet. Ihre schreckensgeweiteten Augen, beantworteten seine Fragen mit einem Streich. Nein. Etwas in seiner Brust verzog sich, war er sich darüber klar geworden, dass dies wohl der einzige Ausdruck war, den er noch von ihr zu sehen bekommen würde. Der König schluckte angestrengt, festigte den Griff um seinen Großwesir, der ihn wie ein Anker davon abhielt, sich aus der Realität zurück zu ziehen. Seine Ruhe kehrte wieder, als dieser ihre Finger miteinander verschränkte und ihn mit sich zu ziehen begann. "Gehen wir nach Hause.", sagte diese einladende Stimme und dem erschöpften Krieger wurde bewusst, wie sehr er sich nach einem Glas Wasser sehnte. Sein Licht, sein Ruhepol, war zu ihm zurückgekehrt. Er konnte sich entspannen. Und während er den Kleineren näher zu sich zog, fühlte es sich an, als würde alles was vor ihm lag, der Horizont, den er gefürchtet hatte, nicht mehr so unerreichbar und unüberwindbar, wie er auf ihn gewirkt hatte. "Ich bin Zuhause.", gab er zurück, drückte die Hand seines Begleiters. Selbst die blauen, entsetzten Augen des Mädchens, sahen ihn in dieser Zukunft wieder sanfter an. " Kapitel 15: Assuan ------------------ Assuan Der Sand unter seinen Füßen knirschte bei jedem Schritt den er tat. Der unebene Boden gab unter seinem Gewicht nach, speicherte seinen Abdruck, hinterließ seine Spuren, dokumentierte, dass er ein Zeuge gewesen-, dass er ein Überlebender war. Wenige Augenblicke nur und der Beweis seiner Anwesenheit würde von den warmen Wüstenwinden davon geblasen, ausradiert, als hätte er niemals existiert. Die Sohlen, seiner einst hochwertigen Schuhe, waren nun abgenutzt, dünn wie Leinen, spröde wie Baumrinde und gewehrleisten kaum noch einen sicheren Halt. Ebenso gut, hätte er barfuß gehen können. Das Leder der Riemen war rau, schnitt in sein Fleisch, sog das Blut auf, das sich in ihnen sammelte. Seines, wie auch das seiner Freunde. Seines, wie auch das seiner Feinde. Geierschwärme nahten am Horizont heran, das Schwarz ihrer mächtigen Schwingen trug die Nacht herbei. Ihre Gegenwart bedurfte keiner Erklärung, keiner Frage, denn selbst ohne ihre gierigen Schreie und den lauernden Kreisen, die sie am Himmel zogen, war es nicht zu verkennen, dass der Tod Einlass in die Stadt erhalten hatte. Leblose Körper lagen auf den Wegen, die er passierte, Häuserwände die er einst gern betrachtet, deren Innenleben er sich ausgemalt hatte, wurden nun von roten Sprenkeln geziert und wirkten verlassen wie die kalten Augen der leblosen Körper am Wegesrand . Klagerufe waren dem Klirren von Metall und dem Brechen von Knochen gewichen. Schreie der Verzweiflung hatten die Schreie nach Tod abgelöst. Sogar die untergehende Sonne schien Blut zu lassen. Schimmernd wie ein Edelstein, rann es über die milchweißen Wolken hinab, tauchte das Blau des Horizontes in einen tödlichen Schimmer und tropfte letztlich über die massigen Geröllberge der Sahara bis vor ihre Füße. Atmen fiel ihm schwer, seine Rippen schmerzten, wenn die stickige Luft in seine Lungen gelangte. Der Schweiß tropfte in Strömen von seiner Stirn, seinem Nacken und doch hatte er eine Gänsehaut. Seine Augen waren müde, wanderten ruhelos von dem Weg vor ihm, zu den Gesichtern der vorbeieilenden Soldaten, zu dem Mann an seiner Seite, der akribisch versuchte seine versteinerte Miene zu bewahren. Die Anstrengung glänzte, wie Regen, auf dessen majestätischer Stirn, sein Odem, den er zu beherrschen versuchte, ging stoßweise und rasselte, wie der Schwanz einer Klapperschlange. Für die Menschen, die sie passierten, gab er sich gefasst, ruhig, doch nur ein genauer Blick aus aufmerksamen Augen, genügte, um zu erkennen, dass der mutige Krieger sich am Rande seiner Kräfte bewegte. In seiner Hand, spürte er den Herzschlag seines Herren, seines Retters, klammerte sich der tapfere Prinz doch an ihn, wie ein Ertrinkender in den wilden Wassern des roten Meeres. Ja, der König wirkte gefasst, doch der Großwesir verhielt sich wirr . Ehe er sich eines Besseren belehren konnte, war es doch weder schlau noch angebracht, sich wie eine besorgte Mutter aufzuführen, solange fremde Augen sie beobachteten, fand eine kleine, liebevolle Hand ihren Weg auf des Königs glänzendes Haupt. „Ihr glüht.“, wisperte er heiser. Keine Feststellung die ihn überraschte, geschweige denn schockierte, nach den endlosen Stunden des Schreckens, die an ihnen vorbeigerauscht waren, doch nannte er die Dinge gerne beim Namen, um ihnen ihren Grauen zu nehmen. „Es ist Nichts.“, lautete die Antwort, die wie ein Zischen aus zusammengepressten Lippen klang. Eine Lüge, ganz eindeutig, doch auch wenn es den jungen Großwesir verärgerte, dass sein Herr glaubte er könne ihm etwas vormachen, nickte er nur stumm und hinterfragte nicht sein Wort. Denn obwohl er um die Wahrheit wusste, versuchte der Ältere ihn noch immer zu schützen. Nach all den Jahren, hatte Yuugi es nicht geschafft ihm diesen Starrsinn auszutreiben. Das Licht begann zu schwinden. Jene Zeit des Tages, wenn die Sonne tief stand und die Schatten über die verbleibenden Strahlen herfielen, wie ausgehungerte Raubtiere über ihre kränkliche Beute. Manchmal, wenn er die Zeit dafür erübrigen konnte, sah er ihnen beim Wachsen zu. Bald schon und die Nacht würde über sie hinein brechen und die heutigen Ereignisse als albtraumhafte Erinnerungen zurücklassen, die sich in die Träume der Überlebenden fraßen. Die Zeit, hatte sie sich zuvor geweigert zu vergehen, schien nun einen Wettlauf gegen jene zu führen, die zurück blieben. Sie überraschte die Vorbeieilenden, die Weinenden, die Suchenden mit ihrer plötzlichen Ungeduld. Nicht mehr lange und auch die letzten Menschen würden von den Straßen verschwinden, würden sich in ihre Häuser zurückziehen und bei dem gedämpften Licht einer Öllampe über die schmerzlichen Begebenheiten der vergangenen Stunden sprechen. Die vielen Toten würden erwähnt-, die unzähligen Verletzten auf beiden Seiten beklagt werden. Doch auch Kunde über den jungen König würde beginnen ihre Kreise zu ziehen. Berichte über sein geisterhaftes Auftauchen, seine bedrohlichen Zügee, seine unsichtbaren Schergen. Nicht lange, vielleicht nicht einmal bis zum Morgengrauen und die Ersten würden beginnen falsche Schlüsse zu ziehen, sich selbst Antworten auf Fragen zu suchen, die sie unmöglich wissen konnten. Bei jedem Schritt, bei jedem Knirschen des Sandes unter seinen Sohlen, spürte er die anklagenden Blicke auf ihnen ruhen, während sie wie geprügelte Hunde den Weg hinauf zum Königspalast entlang liefen. Zivilisten, die aufgelöst die Namen ihrer Vermissten schrien und ihre Gestalten zu Gesicht bekamen, erstarrten in ihrem Handeln und ergriffen die Flucht. Soldaten, deren Treue sie nie in Frage gestellt, erblickten sie und wandten ihre Häupter ab. Aber am meisten fürchtete der junge Adelige, dass die Kunde jenes Entsetzens, einen Weg in die eigenen Reihen finden würde. Ein langes Seufzen entfuhr ihm, als seine Gedanken zu dem Mädchen wanderten, dass er binnen kurzer Zeit zu lieben gelernt hatte, wie sein eigen Fleisch und Blut. Inständig hoffte er, sie würde ihn erklären lassen, würde ihm die Chance geben, den Namen seines Königs ein für Alle Mal reinzuwaschen, auch wenn dieser Versuch ein gewaltiges Risiko barg. Ihre wüsten Flüche und Beschimpfungen konnte er ertragen, doch das eisige Schweigen, in das sie sich hüllte, seit die Männer der Palastgarde sie vor wenigen Augenblicken eingefangen hatten, brach ihm das Herz. Sie sah ihn an, als hätte er selbst sie verraten, als hätte er selbst einen Strick geknüpft, der sich immer enger um ihren zarten Hals zog. Der Großwesir strich sich mit der freien Hand durchs Haar, seufzte erneut. Noch, war ihre Sache nicht verloren, nicht, solange er noch eine Zunge hatte. Die Wahrheit, würde noch heute Nacht durch den Kreis ihrer Vertrauten ziehen, was danach geschah, oblag einzig dem Wissen der Götter. Die goldenen Palastmauern ragten sich vor ihnen in den Himmel. Die verbleibenden Sonnenstrahlen spiegelten sich in der prächtigen Fassade und verteilten sich von diesem Punkt aus neu. Glänzende Muster zuckten unter ihren Zehen, teilten sich, als die schweren Türen des äußeren Verteidigunsgringes nach innen aufschwangen. Der junge Adelige zog seinen Freund bestimmt mit sich, der benommen hinter ihm her taumelte wie ein Betrunkener und wirkte, als würde er jeden Moment in einen tiefen, traumlosen Schlaf fallen. Er schenkte seinem König ein Lächeln, das wie er hoffte, unbekümmert schien, doch sich anfühlte als wäre es falsch und ausgesetzt. Seine trockenen Augen suchten nach jemandem, den er über den Verbleib des Kriegsmeisters ausfragen konnte, während das Vorhaben in seinem Kopf bereits Wellen durch seinen Körper schlug. Sie liefen den weiten Platz entlang, auf dem für gewöhnlich ein Spalier von Soldaten die Rückkehr ihres Herrschers ankündigte, doch heute war er menschenleer, wie ausgestorben. Nur der Wind, ihre und die Schritte der drei Personen hinter sich, zeugten von ihrer Ankunft. Der Großwesir wollte sich umwenden, das Mädchen sehen und ihr irgendwie verständlich machen, dass sie miteinander zu reden hatten, doch ihr zorniger Blick ließ ihn innehalten. Also schwieg er, bis sie sich in der prachtvollen Eingangshalle ihres Zuhauses wieder fanden, die den Einlass zum Thronsaal ebnete. Er schwieg, bis er den Anblick der bemalten Wände in sich aufgenommen hatte, Bildnisse der Königsfamilie, die ihn wachsam zu mustern schienen. Er schwieg, bis sein König neben ihm zum Halten kam und ein erleichtertes Seufzen seinen Lippen zu passieren erlaubte. Erst dann, inmitten der Wände die er sein Zuhause nannte, mit den schweren Türen, die sich hinter ihnen schlossen, richtete er die ersten Worte, die er sich seit der Stunde ihres Rückzugs zusammen gesucht hatte, an das erkaltete Mädchen: „Ich würde gerne mit Euch sprechen.“ Ihre Miene veränderte sich nicht, war genauso abweisend und stur, wie in den Tagen ihrer ersten Begegnung. „Ich habe Euch nichts mehr zu sagen.“, gab sie tonlos zurück. „Das müsst Ihr auch nicht. Ihr sollt nur zuhören.“ Ein bitteres Lachen drang aus ihrer Kehle, sie verzog angewidert ihre aufgesprungenen Lippen. Kaum merklich spürte der Großwesir, wie der Pharao den Griff um seine Hand festigte. „Habe ich überhaupt die Wahl mich dieser Bitte zu entziehen?“ Der junge Adelige lächelte sie sanft an. „Ich fürchte, dass ich heute darauf beharren muss.“ „Beharrt so viel Ihr wollt, ich bin es leid euren Lügen zu lauschen.“ Ihre Worte schienen an den Großwesir gerichtet, doch starrte sie, mit ihren sturmgleichen Augen, in das Antlitz des jungen Königs, dessen feuerrote Vollmonde ihren Blick eisern erwiderten, während sein Kiefer sich anspannte. Yuugi fühlte das tobende Chaos im Inneren seines Anderen Selbst und spürte einen Funken Hoffnung in sich hochkeimen. „Wir werden sehen.“, sagte er leise, wusste aber, dass sie beide ihn verstanden hatten. Seine nächsten Worte sandte er an die beiden Wächter, die Anzu zu beiden Seiten umgaben. „Bringt sie zum Hohepriester.“, bat er freundlich und erntete dabei wieder dieses kalte, gefühllose Lachen des Mädchens und er schwor sich, es zu vertreiben. Während die Wachen sie abführten, drehte sie sich noch einmal zu ihm um und zog die Stirn in Falten. „Zum Hohepriester? Dorthin, wo auch die anderen Gefangenen gebracht werden und nie auftauchen.“ Es hätte wie eine Frage klingen können, doch das Mädchen war zu schlau um sich ihrer nicht sicher zu sein. Der junge Adelige dachte darüber nach, ihr hinterher zu rufen, sein Handeln zu erklären, doch jetzt, unter diesen Umständen, würde sie ihm nicht zuhören. Also blieb er stumm und lauschte ihrem quälenden Gelächter, während es von den unzähligen Gängen des Palastes verschluckt wurde. Es war still, als das Echo verblasste und es blieb auch noch Sekunden nach seinem letzten Hall still, solange, bis sein König die Augen von dem Gang löste in dem sie verschwunden war und in sein Gesicht sah. Seine Hand hatte er losgelassen und Yuugi spürte, wie der fehlende Herzschlag ihn nervös stimmte. „Warum zum Hohepriester?“, fragte der Größere ruhig. „Weil Jounochi bei ihm ist.“, antwortete er ehrlich. Das Gesicht seines Retters verdunkelte sich für einen kurzen Augenblick, es schien, als hätte ein Unwetter seine Züge befallen. „Also wirst du zu ihm gehen?“, verlangte die tiefe, Bariton-klingende Stimme seines Herren zu erfahren. Jenes tosende Grollen jagte einen Schauer über seinen Rücken, der ihn um ein Haar dazu verleitete die Augen zu schließen und jegliche Vorhaben auf eine spätere Stunde zu verschieben. Stattdessen atmete er beherrscht aus, festigte seinen Blick und antwortete mit einem entschlossenen: „Ja.“ Unzufriedenes Dröhnen drang durch seinen Kopf. „Auch ich will ihn sehen.“ „Herr…“ „Ich erlaube nicht, dass du dich von mir entfernst. Nicht heute.“, erklärte der Pharao herrisch, doch die Härte prallte von dem Jüngeren ab, wie ein surrender Pfeil von einem erhobenen Schild. Er trat einen Schritt auf den Thronfolger zu und legte eine blasse Hand an seine Wange. „Du bist erschöpft, mein König und schwer verletzt obendrein. Das Einzige das du heute noch aufsuchen solltest, ist ein Bett, nachdem man deine Wunden behandelt hat.“ Der junge Adelige ließ die Förmlichkeiten weg, sprach zu seinem Anderen Selbst, wie er es sonst nur in seinen Gedanken tat, um ihm zu zeigen, wie ernst es ihm war. Er strich mit seinem Daumen vorsichtig über den langen Schnitt, der schon lange aufgehört hatte zu bluten und wischte dabei den Rest der getrockneten Rückstände beiseite. „Morgen dann, siehst du nach Jounouchi.“ Protest leuchtete auf den Gesichtszügen seines Herren, noch ehe dieser auch nur eine Augenbraue heben konnte, also ergriff er das Wort um ihm zuvor zu kommen. „Ich möchte mich um ein paar Dinge kümmern. Anschließend komme ich wieder zu dir.“ „Yuugi…“, hallte sein Name flach durch die Luft. Ihre Zweisamkeit wurde kurz unterbrochen, als einige Wachmänner, auf leisen Sohlen an ihnen vorüber huschten, die Blicke auf den Boden gerichtet, ihre Gedanken bei ihren Befehlen. Der Großwesir lauschte ihren eifrigen Schritten, deren rhythmischer Marsch von den Wänden abprallte und die Luft verdichtete. Er lächelte sanft, zog seine Hand zu seiner Mitte zurück und wartete geduldig, bis die pflichtgeleiteten Soldaten außer Hörweite waren, ehe er weitersprach. „Du hast hart gekämpft und Blut für uns auf dem Sand gelassen. Leg dich zur Ruhe und überlass den Rest mir.“ „Den Rest?“, fragte der König wachsam, musterte seine Züge auf der Suche nach der Wahrheit. Der junge Adelige hielt seinem Blick stand während sich die blutroten Augen seines Anderen Selbst in seine Gedanken bohrten, damit er endlich preisgab, was er vor ihm zu verbergen versuchte. „Eine Schlacht, die nicht mit einem Schwert geschlagen werden kann.“, antwortete er, rieb seinen steifen Nacken, merkte, mit jeder fortschreitenden Sekunde, wie gerne er sich in sein Bett legen würde. „Sprichst du in Rätseln, in der Hoffnung ich würde mein Interesse verlieren?“ Der Kleinere lachte und es tat gut die Hallen mit einem Laut des Frohsinns zu füllen, nachdem sie in den letzten Stunden nur Zeuge von grimmigen Gesichtern und noch grimmigeren Männern geworden waren. „Ich bin nicht anmaßend genug zu denken, ich könnte dich übertölpeln.“ Sein Gegenüber legte die Stirn in Falten. „Aber anmaßend genug, meine Frage zu umgehen.“, sagte der König in einem spielerischen Ton und verzog seine Lippen zu einem gequälten Lächeln. Es war befreiend mit ihm zu scherzen, so sehr, dass der junge Großwesir sich dabei ertappte, wie er sich wünschte er könne mit ihm gehen, seine Verletzungen behandeln und neben ihm einschlafen, wie sie es als Kinder getan hatten. Doch er rief sich zur Ordnung, zog die Hand des Größeren von seinem Gesicht und trat von ihm zurück, wohl wissend, dass dies genau seine Absicht gewesen war. Für gewöhnlich, gab er seinem Pharao immer, was er verlangte, nur heute, würde er ungehörig sein. „Glaubst du, ich sehe nicht den Schweiß, der dir in Strömen von den Gliedern tropft, oder deine Haut, die weißer ist, als ein offenliegender Knochen? Denkst du ich höre nicht das Ächzen, dass du mit jedem Schritt ausstößt, oder den Duft von frischem Blut, wie es deinen Körper verlässt? Du bist mächtig, mein König, aber nicht unsterblich.“ Seine Worte klangen hart, härter als beabsichtigt und ihm war bewusst das Andere für eine solche Unverfrorenheit mit ihrem Leben bezahlt hätten, doch die Sorge nahm ihm jegliche Furcht. Die Schatten seines Herren sorgten schon lange nicht mehr für Albträume. „Yuugi…“, flüsterte der Pharao leise, traurig, erschöpft und versuchte ihn anzusehen. „Übergib den Kampf für heute mir, kümmere dich um deine Gesundheit. Tu es nicht, aus Achtung vor deinem eigenen Leben, denn wir wissen beide, dass sie nur ein Mythos ist, tu es nicht, obwohl dein Stolz dir davon abrät, tu es, weil ich dich darum bitte.“ „Yuugi…“ „Kannst du das für mich tun?“ Der Großwesir erhob sein Haupt und sah seinen Gegenüber an, obwohl er fühlte wie seine Augen sich mit Nässe füllten. Die massiven Säulen der Eingangshalle standen kerzengerade und felsenfest auf ihren Sockeln, doch für ihn, schien der ganze Saal zu zittern, während die Sterne das Himmelszelt nun in ihren Schein tauchten. Sein Herr schien mit sich zu ringen, doch die Entscheidung war bereits getroffen. „Immer.“, lautete die Antwort, die er ihm gab und erst jetzt, bemerkte Yuugi, dass er die Luft angehalten hatte. Erleichtert, ließ er sie entweichen und nickte geistesabwesend mit seinem Kopf, wie ein Schwachsinniger, der soeben dem Tod von der Klinge gesprungen war. Der junge Herrscher Ägyptens schlug seine Augen nieder und rang mit seinen eigenen Fingern. Das Ergebnis dieser Unterhaltung stellte ihn nicht zufrieden, sorgte er sich vermutlich mehr als jeder Andere um das Leben seines Kriegsmeisters, doch der Unmut, der in seinem Gesicht geschrieben stand, fand nicht seinen Weg an die Luft. Stattdessen kämpfte er sich ein Lächeln ab und äußerte seinerseits eine letzte Bitte, ehe er dem Großwesir seinen Rücken zu wandte und in Richtung seiner Gemächer lief, in denen er endlich die verdiente Ruhe finden sollte. „Gib auf dich Acht. Und vergib, wenn ich den Eindruck erweckt habe, dir nicht zu vertrauen.“ Der junge Würdenträger sah ihm schweigend hinterher, beobachtete, wie sein König beim Laufen schwankte, doch zu stolz war, sich an den Wänden abzustützen, beäugte, wie er seinen verletzten Arm gebeugt hielt, weil der Schmerz, im gestrecktem Zustand kaum zu ertragen war . Als sein Anderes Selbst außer Sichtweite war, ließ er seinen Oberkörper nach vorne fallen und stützte ihn auf seine geschundenen Schenkel. Es tat weh, ihn ziehen lassen zu müssen und erregte Übelkeit, bei dem Gedanken, wie die Stimmen im Kopf seines Herrn ihn zermürben würden, ehe er wieder an seiner Seite war, doch vielleicht konnte er eine Lösung finden, wenn das nächste Vorgehen glückte. Er unterbrach die Verbindung, die sie teilten und hastete in die entgegengesetzte Richtung davon, um das Ausmaß seiner Talente zu erforschen. So leer und totenstill der Palast jetzt wirkte, während das Geräusch des Windes langsam übermannt wurde von dem Zirpen der Grillen, die wie ein Orchester auf den Höhepunkt zu arbeiteten, war es nur in der Nacht gewesen, als der Mann, der ihn liebevoll „Heba“ gerufen hatte, seinen letzten Atemzug getan hatte. Die Nacht, als sein Prinz zu einem König wurde. Der junge Adelige dachte nicht darüber nach, in welche Richtung er lief, hatte sein Unterbewusstsein doch, seit er zum ersten Mal Fuß auf diesen Boden setzte, jedes Versteck, jeden Winkel, jeden Gang archiviert und gespeichert. Den Weg zu finden, fiel ihm ebenso leicht wie atmen. Die Tür, die er suchte, war nicht, wie so viele, mit Verzierungen geschmückt oder mit Gold beschlagen, es war eine gewöhnliche, braune Holztür mit einem einfachen Riegel, den selbst er, mit seiner federleichten Statur, mühelos hätte aufbrechen können, wenn es von Nöten wäre. Einen Augenblick nahm er sich Zeit, um ein letztes Mal mit sich selbst abzuwägen, ob er es tun konnte, tun wollte. Schließlich würde dann ein lang gehütetes Geheimnis ans Licht kommen. Welche Wahl hatte er schon? Das Land war gespalten, das Volk verängstigt. Doch wie lange noch, ehe diese Angst aus Mangel an Wissen, in Verachtung umschlagen würde? Wie lange, bis die nächsten Angriffe folgten? Er musste es tun, musste die Ihren halten und den Zweifel im Keim ersticken. Das Eintreten der Tür war nicht von Nöten, sie schlug mit einem langen, lauten Quietschen nach innen auf. Ein blaues Augenpaar blickten ihm aufgebracht entgegen. „Er hat gerade seine verdammten Augen geschlossen! Hättet Ihr die Tür nicht noch etwas lauter öffnen können?“, zischte ihm die tiefe, wütende Stimme des Mannes entgegen, der seinen goldenen Stab in seinem Schoß gebetet hatte. Auf seinen hellblauen Roben fanden sich dunkelrote Flecken, doch schien es den sonst so akkuraten Träger keineswegs zu stören. Seine Haut war hell, wie sie es nur sein konnte, wenn man die meiste Zeit untertage verbrachte und sein Blick war furchteinflößend, unerbittlich, durch den jahrelangen Umgang mit Verbrechern. „Vergebt mir Seto, das war gewiss nicht mein sanftestes Auftreten.“, erwiderte der Großwesir mit leiser Stimme, ehe er sich dem Bett zuwandte, dass zu seiner Linken stand. Schweißgebadet und mit schmerzverzerrter Miene, wand sich dort, auf dem schmalen Lager mit den dünnen Laken, der zitternde Körper seines Freundes, dessen linker Oberschenkel mit einer blütenweißen Schicht aus Leinen eingewickelt war. Im Getöse des Kampfes hatte er keinen Blick auf die Wunde des Kriegsmeisters werfen können, doch die honigfarbenden Augen, die nun milchig und trüb in seine Richtung glänzten, verrieten, dass der Blutverlust enorm war. Trotz seines geschunden Äußeren legte sich ein müdes Lächeln auf Jounouchis Lippen, als er den jungen Würdenträger zu Gesicht bekam. „Yuugi…“, krächzte er heiser und nicht einmal das melodische Singen der Vögel, hätte den Angesprochenen glücklicher machen können. Seine kurzen Beine trugen ihn blitzschnell zur Bettkante seines Freundes und er setzte sich vorsichtig neben ihm nieder, unter den scharfen Blicken des Hohepriesters. „Wie geht es dir, mein Lieber?“, fragte er vorsichtig, legte seine kleine Hand auf die Brust des verwundeten Truppenführers. „Besser als meinem Gegner, so viel ist sicher. Das Schwein gibt heute ein willkommenes Bankett für die Geier.“ Makellose, weiße Zähne kamen bei dem Grinsen zum Vorschein, dass der blonde Mann sich abverlangte, doch im nächsten Moment hielt er sich mit beiden Händen seine Flanke, die, wie der Großwesir nun bemerkte, ebenfalls einbandagiert war. „Wenn du ebenso flink wärst, wie du großschnäuzig bist, würdest du jetzt nicht auf dem Rücken liegen, wie eine tote Maus.“, bemerkte der Hohepriester kühl und lachte verächtlich. Der blonde Mann hielt in seinen vorsichtigen Bewegungen inne, seine honigfarbenden Augen zogen sich zu Strichen zusammen und plötzlich war von seinen Verletzungen nicht mehr viel zu merken. In einer flüssigen Drehung, riss er seinen Kopf herum und starrte dem überheblichen Priester auffordernd ins Gesicht. „Und wo warst du noch gleich während ich in den Straßen für unseren König geblutet habe? Ach richtig, du hast dich in den Verliesen verkrochen und den Abschaum behütet, den ich dorthin befördert habe.“ „Zumindest bin ich in den Verliesen meinen Pflichten nachgekommen. Was war noch gleich der Auftrag den der Pharao dir gab? Den Großwesir zu schützen? Das scheint ja wunderbar funktioniert zu haben.“, schallte die eiskalte Stimme durch den kleinen Raum, während der großgewachsene Mann Yuugis Hals begutachtete. „Kommt her.“, wies er ihn an und der junge Adelige gehorchte, kümmerte sich nicht um den herrischen Ton des Dunkelhaarigen, lächelte sogar, als dieser grob an der Wunde herumtastete. Der Hohepriester war nun einmal von sich und seinen Fähigkeiten überzeugt, eine Eigenschaft, die ihn ebenso angsteinflößend, wie auch unverzichtbar machte. „Es ist nichts weiter.“, erklärte der Kleinste von ihnen lächelnd, als er sah, wie sein blonder Freund sich besorgt auf die Lippen biss, „Der Kriegsmeister hat sich in eine Klinge geschmissen, die nach meinem Leben trachtete. Er war sehr mutig.“ „Ihr solltet aufhören ihn zu loben. Wenn man einen Hund zu sehr verhätschelt, wird er ungehörig und beginnt sich für ebenwürdig zu halten.“ „Das reicht!“ Mit einem Mal, war die Farbe in Jounouchis Gesicht zurückgekehrt, er schlug den Soff beiseite, der ihm als Decke diente und machte Anstalten sich aufzurichten. „Wenn du willst, klären wir das gleich hier! Gleich jetzt!“, schrie er dem Hohepriester entgegen, der ihn nur amüsiert musterte. Im Gegensatz zu Yuugi, der vor der lauten Stimme seines Freundes zurückgewichen war, blieb der dunkelhaarige Edelmann an Ort und Stelle stehen, während er lasziv die Arme vor der Brust verschränkte. „Kämpfe deren Ausgang ich bereits kenne, interessieren mich nicht. Außerdem schlage ich keine Krüppel.“, erwiderte er gefasst, während der Großwesir verzweifelt zusah, wie ein weiterer Streit der beiden zu eskalieren drohte. Als der Kriegsmeister sich mit den Armen von dem Laken abzustoßen begann, eilte er an seine Seite und versuchte ihn nieder zu drücken, doch der Andere, war ihm, trotz seines Zustandes, körperlich weit überlegen, sodass er sich auf ihn hätte legen müssen, um auch nur seine Beine in Schach zu halten. „Worte eines Feiglings!“, stieß der Krieger aus und seine Stimme war so laut, dass es trotz der Verbände und Blutergüsse, undenkbar schien, dass jener Mann, vor wenigen Stunden noch, um sein Leben gekämpft hatte. Trotz der Anstrengungen war dem Großwesir plötzlich danach zu lachen. Die Normalität in diesem Zimmer, so absurd sie auch war, überwältigte ihn und mit einem Mal glaubte er, glaubte daran, dass Alles gut werden konnte. Er glaubte solange, bis eine dritte Stimme, eine die er bislang völlig vergessen hatte, sich zu Wort meldete: „Ist das euer Ernst?“ Das Wortgefecht seiner beiden Freunde verstummte und erstaunte, überraschte Züge zogen sich über ihre Gesichter, die den seinen, wie ein Spiegelbild glichen, während sie sich zeitgleich in Richtung der Person drehten, die ihnen so viel Unglauben entgegen gebracht hatte. Ihre blauen Augen waren weit aufgerissen, ihre Nasenflügel bebten, die Hände, hatte sie an ihren Seiten zu Fäusten geballt, unter deren Haut, sich die zerbrechlichen Fingerknöchel weiß abzeichneten. „Ihr seid drei der mächtigsten Männer des Landes, eure Aufgabe ist es das Reich zu schützen und dem Volk zu dienen. Doch sitzt ihr hier und streitet wie eine Gruppe Kinder darüber, wer von euch diesem Mann, diesem Monster, einen größeren Dienst erwiesen hat! Seid ihr so blind?“ Ihre Stimme bebte, beinahe hysterisch starrte sie ihm ins Gesicht, während ihre rastlosen Augen sich mit Tränen der Wut füllten. „Er täuschte die Sinne der Rebellen. Sie liefen an uns vorüber, als wären wir nicht da. Ich konnte sie atmen hören, ich konnte das Blut riechen, das an ihren Waffen haftete, so nah sind sie uns gekommen, doch sie sahen uns nicht, während ein Nebel von Dunkelheit und Kälte meinen Körper betäubte.“ Das junge Mädchen schüttelte apathisch ihr Haupt, hellbraune Strähnen fielen in ihr Gesicht, umschmeichelten ihr Kinn. Ihre Lippen öffneten und schlossen sich, unentschlossen ob sie weitersprechen konnte. Die feine, weiße Narbe, die auf ihrer Unterlippe zurückgeblieben war, tanzte wie ein Regentropfen bei aufkommendem Sturm. Mit einem Mal, war ihre Stimme leise, kaum mehr als ein Wispern. „Er sprang in den Abgrund ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Er sprang, als hätte er es dutzende Male zuvorgetan und ich starrte seinem fallenden Leib hinterher, sah, wie er in den Tod stürzte…“ Yuugi unterbrach sie nicht, stillschweigend lauschte er ihren Worten, beobachtete das Beben ihres Körpers. Der Klang ihrer Stimme zerschmetterte ihm das Herz. Denn obwohl sie es niemals zugegeben hätte, konnte er es so klar vor sich sehen, wie das schimmernde Kerzenlicht, dass den Raum erhellte. Angst. „Er hat diesen Mann getötet…“, flüsterte sie und ihr Blick verließ sein Gesicht, starrte ins Leere, „… mit Nichts, als einer Handbewegung.“ Der junge Großwesir machte einen Schritt auf sie zu, streckte eine Hand nach ihr aus, wollte diesen Ausdruck wegwischen, wie die Tränen die ihr vom Kinn tropften, doch alsbald sie zum Greifen nahe war, wich sie heftig von ihm zurück und schlug nach seiner Hand. Plötzlich, war sie wie ausgewechselt, Furcht war Wut gewichen, ihre himmelblauen Augen warfen ihm Verrat vor, als sie ihm ihre giftigen Worte entgegenschlug: „Rührt mich nicht an! Ihr wusstet es, nicht wahr? Wusstet was er ist, was er tut!“ „Anzu…“ „Nein! Ich werde mich nicht wieder von Euren sanften Worten und Eurer ruhigen Stimme einwickeln lassen! Beantwortet die Frage!“ Ihr Schrei donnerte durch das kleine Zimmer, merzte alle weiteren Geräusche aus. Die Atemzüge seiner Freunde waren verblasst, sein eigener Herzschlag war gewichen. Die Augen der Anwesenden waren auf ihn gerichtet und plötzlich wusste er, dass es an der Zeit war. Es ließ sich nicht länger hinauszögern. Der junge Adelige schloss die Augen, legte seinen Kopf in den Nacken und seufzte leise, ehe er sich einmal zu seinen Kammeraden drehte und dann den Blick der jungen Frau suchte. „Habt Ihr es gewusst?!“, schrie sie erneut, hatte er wohl zu lange gebraucht um ihr eine Antwort zu geben. Ein Seufzen entfuhr der rechten Hand des Königs. Wie ein zartes Wispern nur, kam es als leiser Hauch über seine Lippen. Yuugi drückte seinen Rücken durch, richtete sich gerade auf. „Ja.“, sagte er bestimmt, „Ich weiß was er ist und ich weiß was er tut.“ Das braunhaarige Mädchen wirkte irritiert, das erkaltete Blau ihrer Augen hafteten sich auf sein Gesicht, als ihr weitere Tränen von der Wange tropften. Enttäuscht, entschied der Großwesir, blickte sie in sein Gesicht. Hatte sie erwartet Schande in seinem Geständnis zu hören? Bedauern womöglich? Angewidert, schüttelte sie mit ihrem Kopf, spuckte auf den Boden. „Dann seid ihr ebenso schlimm wie er!“, spie sie ihn an. „Wag es nicht so mit dem Großwesir zu sprechen, Mädchen!“, ergriff der Hohepriester das Wort und erhob sich bedrohlich von seinem Stuhl, den goldenen Stab eisern mit der rechten Hand umklammert. Der Mann, den er zu beschützen versuchte, stellte sich gezielt vor ihn, wandte seinen Rücken dem Mädchen zu, versuchte sie abzuschirmen. „Bitte.“, bat Yuugi und hob beschwichtigend seine Hand, „Das ist nicht nötig.“ „Sie beleidigt den König in seinem eigenen Haus, nachdem Ihr sie von der Straße geholt habt und ihr zu Essen gabt. Zudem, hat sie, vor nicht allzu langer Zeit, die Hand gegen ihn erhoben. Eure Gutherzigkeit in allen Ehren Großwesir, doch dieses Maß an Dreistigkeit verdient eine Bestrafung.“, erwiderte der braunhaarige Hüne aufgebracht und starrte dem Mädchen boshaft ins Gesicht. „Was schwafelt sie da überhaupt, Yuugi?“, meldete sich der Kriegsmeister zu Wort, dessen Blick verwirrt zwischen den Anwesenden im Raum hin und zurück glitt. „Der König ist von einem Abgrund gesprungen…? Er hat einen Mann mit bloßen Händen getötet?“ „Nein…“, sprach die junge Frau, die den Blick des Hohepriesters eisern erwiderte, „Er hat ihn nicht einmal angerührt.“ Sie zischte ihre Worte wie einen Fluch, in den Raum. „Er hat ihn umgebracht, einige Fußbreit von ihm entfernt, mit dem Zucken seiner Finger.“ Der Klang ihrer Stimme schien nachzuhallen, während die Luft immer dicker wurde. „Was faselst du da für einen Schwachsinn, Mädchen?“, fragte der blonde Kriegsmeister verständnislos. Die Höflichkeiten von sich schmeißend, blaffte er sie an: „Du redest als wärst du wahnsinnig geworden, wenn du deine Sinne überhaupt jemals beisammen hattest!“ „Wie dumm, kann jemand so mächtiges wie Ihr nur sein?“, schrie sie zurück. „Sagt mir nicht, ihr hättet noch nie Etwas gespürt, wenn ihr in seiner Nähe wart? Etwas…“, sie rang mit Worten, „… Gewaltiges… etwas… Übermenschliches…“ Die Tränen hatten auf ihren Wangen Spuren hinterlassen, ihre Augen waren errötet, ihre Gesichtszüge wirkten erschöpft, doch sie kämpfte gegen die Müdigkeit an. Langsam, doch intensiv, wanderten ihre Blicke zu des Großwesirs Freunden, sah aus als wolle sie die Antwort auf den Gesichtern der beiden Edelmänner ablesen. „Ihr wisst, was ich meine.“, flüsterte sie nach einem Moment der Stille. „Und Ihr…“, sie wandte sich zu Yuugi, suchte nach seinen Augen und wirkte wieder so enttäuscht. „Ihr habt es die ganze Zeit gewusst.“ „Hörst du überhaupt was für einen Schwachsinn du da von dir gibst, Mädchen? Damit ist es amtlich: Du hast deinen beschissenen Verstand verloren!“, schrie der Kriegsmeister wütend, „Du hast ihn im Kampfgetümmel zurückgelassen! Die heiße Wüstensonne hat dein Gehirn zerkocht!“ Sein anklagender Zeigefinger richtete sich in das Gesicht des Mädchens, sprang aus seiner geballten Faust heraus wie ein Speer. Yuugi beobachtete, wie sein Kopf eine rötliche Färbung annahm. Er sorgte sich um das Wohlergehen seines Freundes, schließlich konnte dem blonden Krieger am Ende dieses Tages nicht mehr viel Energie zur Verfügung stehen. Die Anstrengung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er brauchte Ruhe. Die Welt um ihn herum brach in Chaos aus. Laute Stimmen, die sich anschrien, einander Vorwürfe machten, sogar Drohungen ausstießen, drangen wie durch eine Wand zu ihm hindurch. Genau das hier, galt es zu verhindern. Diese zischenden, bösartigen Worte mussten ausgetrieben werden, wie Diischn. Sein Herr mochte vieles ertragen, doch ein Bruch zwischen seinen engsten Vertrauten würde auch ihn brechen. Er stieß einen zittrigen Atemzug aus und schloss die Augen für einen Moment, während seine Arme nervös zuckten. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Zum ersten Mal, sah er sich nicht in der Lage, den Ausgang einer Situation fest machen zu können. Er schluckte sichtlich, nach so vielen Jahren die er die Worte für sich behalten hatte, schien es nun kaum möglich, sie über die Lippen zu bringen. „Es ist wahr.“, hörte er sich flüstern. Seine, fast heisere Stimme, hätte zwischen den lauten Schreien der Anderen untergehen müssen, doch sie wurden schlagartig leiser, als hätten sie nur darauf gewartet, dass er den Mund öffnete. „Es ist wahr.“, wiederholte der junge Adelige lauter, bestimmter, sein Blick verließ den Boden vor sich und erhob sich zu ihnen, ein zartes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er ihnen in die Augen sah. Sein Haupt begann sacht zu nicken, denn er fühlte, wie sich seine schweißverklebten Haare auf seiner Kopfhaut bewegten. Vor ihm standen Menschen, denen er vertraute, selbst, wenn das nicht in allen Fällen auf Gegenseitigkeit beruhte. Jeder von ihnen hatte seine Loyalität bewiesen, sogar, wenn er es nicht einmal wusste geschweige denn, es wahr haben wollte. „Aus diesem Grund, wollte ich auch mit jedem von euch sprechen.“, erklärte der Großwesir weiter, als er sich der Aufmerksamkeit aller Anwesenden sicher war. „Anzu sagt die Wahrheit. Unser König kann von einem Abhang springen, ohne Schaden zu nehmen. Auch ist er in der Lage sich für eine gewisse Zeit vor feindlichen Augen zu verbergen. Und es ist wahr…“, er atmete brüchig durch die Nase aus, „… er kann einen Menschen mit einem Fingerkrümmen töten.“ Stille, umhüllte den Raum mit ihren eisigen Schwingen. Die drei Augenpaare starrten ihn, durch ihren Schleier hindurch, an. Ihre Blicke stießen wie Nadeln durch seine Haut. „Aber es kostet ihn viel.“, erzählte er weiter, als keiner von ihnen eine Regung zeigte. „Es hat ihn doch bereits seine Seele gekostet!“, meldete sich das Mädchen zu Wort. „So ist es doch! Er hat sie eingetauscht, gegen diese Fähigkeiten!“ Der blonde Kriegsmeister fuhr in seinem Bett hoch, während er seine Flanke hielt. „Mach endlich dein beschissenes Maul auf und sag uns, was du unserem Pharao vorwirfst!“, schallte Jounouchis Stimme durch den schmalen Raum. Wut, stand über seine Miene geschrieben, eine Ader war auf seinem Gesicht zum Vorschein gekommen und pulsierte angespannt in der Mitte seiner Stirn. Das braunhaarige Mädchen ignorierte seinen Ausbruch. Ihre himmelblauen Augen fokussierten den jungen Großwesir mit einer angsteinflößenden Intensität, als sie ihm eine Antwort gab. Ein einziges Wort nur, doch war es in der Lage den Anwesenden klar zu machen, warum sie so erbost war, warum ihr irrationaler Hass auf den jungen König, sich in den letzten Stunden vervielfältigt hatte. „Blutmagie.“ Obwohl der junge Adelige geahnt-, gewusst hatte, dass diese Anschuldigungen auf die eine oder andere Weise an sein Gehör gelangen würden, traf ihn die Realität wie ein harter Schlag in den Magen. Seine Augen schlossen sich und er musste an sich halten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Es hätte nicht schlimmer sein können, wenn jemand ihn dieses Vergehens bezichtigt hätte. In der schmalen Kammer war es still wie in einem Grab und auch die beiden Würdenträger, die zuvor wild herumgeschrien hatten, glichen nun nicht mehr den leidenschaftlichen Menschen, die Yuugi in seinen Jahren im königlichen Palast kennengelernt hatte. Vielmehr ähnelten sie nun den ausdruckslosen Büsten der Gottheiten im Palastgarten. Er spürte wie sich Tränen in seinen Augen sammelten. „D- das ist Unsinn. Der König… er würde so Etwas niemals tun…“ Auch wenn der Großwesir die verteidigenden Worte seines blonden Freundes wahrnahm, entging ihm nicht, dass Unsicherheit in seiner Stimme nachhallte. Er biss sich auf die Lippe, bis der metallische Geschmack von Blut seinen Gaumen ausfüllte. In seinem Inneren tobte es. Er wusste, dass er jetzt Etwas sagen musste, doch die Worte gefroren in seiner Kehle, während ein salziger Tropfen über seine Wange rollte, über seine Lippen hinab zu seinem Kinn rann und dort verharrte, bis ein zittriger Atemzug ihn hinfort blies. Der Hohepriester löste sich aus seiner Starre und brachte Bewegung in die Szene. Seine ansonsten so gleichgültige Miene wirkte aufgesetzt, als wolle er versuchen sich nichts anmerken zu lassen. „Ich schwöre dir, Mädchen, bei allen Göttern, wenn du noch ein lästerliches Wort gegen den Pharao verlauten lässt, dann…“ „Dann was? Werdet Ihr mich umbringen, um die Illusion die Ihr von ihm habt aufrecht zu erhalten? Ich meinte, Ihr wärt ein Mann des Wissens, Hohepriester, doch vielleicht ist es einfacher an eine Lüge zu glauben.“ Der hochgewachsene Mann, trat bedrohlich nah an das junge Mädchen heran und starrte ihr von oben herab in Gesicht, seine eisblauen, kalten Augen blickten warnend in die ihren, doch sie bewegte sich nicht, erwiderte seine Abscheu scheinbar unbeeindruckt. Nicht viele Menschen waren in der Lage dem Blick des Hohepriesters Stand zu halten. Die rechte Hand des Königs sah ihnen zu, doch war sein Körper ebenso versteinert, wie sein Geist. Erst, als Seto Anstalten machte, seinen goldenen Stab zu erheben um seinen Schwur zu erfüllen, kehrte das Gefühl in seinen Leib zurück. Seine Beine setzten sich in Bewegung und mit schnellen Schritten durchquerte er die Kammer, die ihn nunmehr an eine Zelle erinnerte und bekam den Arm des hochgewachsenen Mannes beim Herabschnellen zu fassen. „Nein.“, sagte er bestimmt, umklammerte das Handgelenk des Gelehrten mit aller Kraft und sah ihn durchdringend an. „Genug.“ Er erkannte den Klang seiner eigenen Stimme nicht wieder, hatte sich selbst noch nie so herrisch zu einem seiner Freunde sprechen hören. Doch ihr Glaube war geschwächt, flackerte kränklich wie das Licht der beinahe abgebrannten Kerze neben Jounouchis Krankenbett, also musste er ihre Stärke sein, musste das Feuer neu entfachen. „Ich habe euch nicht hergebeten damit ihr euch beleidigt, wie betrunkene Taugenichtse…“, er sah dem Kriegsmeister ins Gesicht, „… oder einander bedroht, wie zwielichtige Gestalten in einer Seitengasse…“, sein Blick glitt von dem blonden Schopf des Soldaten in die erkalteten Augen des Gelehrten, der ihm seinen Arm entzog und die Hände vor der Brust verschränkte, „… und auch nicht, um Äußerungen in den Raum zu schleudern, deren Tragweite ihr nicht versteht…“, seine wachen Augen wanderten zu seiner Rechten, erspähten das Mädchen und blieben so lange an ihr haften, bis sie seinen Blick erwiderte. Widerwille zeigte sich in ihren Zügen, doch sie schwieg, schwieg, wie auch die beiden Edelmänner, denen anzusehen war, dass sie nicht gerne zu Recht gewiesen wurden. „Ich habe euch zusammenkommen lassen, damit ihr mir zuhört, wie ich euch all die Zeit zugehört habe.“ Der Großwesir schluckte angestrengt. Was hätte er in diesem Augenblick für einen Schluck Wasser gegeben. „Ihr seid hier, weil ich euch vertraue.“ Wieder suchte er die Augen des Mädchens. „Jedem von euch.“ Er betonte das erste Wort scharf und ignorierte die missbilligenden Blicke des Hohepriesters, die sein Profil trafen. „Was ihr mit Dem anfangt, was ich euch erzählen werde, obliegt nicht meiner Entscheidungsgewalt, doch wenn ihr mir die Möglichkeit gebt, kann ich die Fragen beantworten, die sich jeder von euch stellt.“ Das Geräusch von herannahenden Schritten hallte durch den engen Raum und Yuugi ertappte sich dabei, wie er den Atem anhielt, während er darauf wartete, dass einer der drei Anwesenden etwas sagte. Stille herrschte in ihrem kleinen, versteckten Winkel, bis der Klang der Vorbeilaufenden an ihnen vorüber zog, einen donnernden Nachhall hinterließ der von den steinernen Wänden aufgefangen wurde. Dann, stellte Jounouchi eine Frage: „Was wirst du uns erzählen?“ Dankbar, schenke Yuugi ihm ein Lächeln. Trotz der Umstände, stand noch immer das pure Vertrauen in das Gesicht des blonden Mannes geschrieben. Trotz der beunruhigenden Anschuldigungen, war er noch immer gewillt zuzuhören. „Die Wahrheit.“, erklärte er matt und bemerkte, wie sein aufgebrachter Leib sich allmählich zu beruhigen begann. Der Stau in seiner Kehle, der die Worte zurückgehalten hatte, war gebrochen und er spürte wie sie emporstiegen, um nach all den Jahren in die Außenwelt zu gelangen. Niemand wusste um diese Geschehnisse, niemand, außer ihm und seinem König. Er sehnte sich danach seinen Geist zu öffnen und die Gegenwart des Anderen zu spüren, fühlte es sich befremdlich an, dieses Vorhaben ohne sein Wissen in die Tat umzusetzen, doch die Zeit für Zweifel war vorüber. Die Zeit der Geheimnisse war vorüber. „Vorkommnisse wie heute, sind auch in der Vergangenheit schon aufgetreten.“ Er machte eine Pause, denn ihre fragenden Gesichter verrieten ihm, dass niemand auch nur die geringste Ahnung hatte, worauf er hinaus wollte. „Es ist schon eine Weile her, einige Wochen wenn ich mich nicht täusche…“, begann er zögerlich. An jenen Tag zurückzudenken, erfüllte sein Herz mit Schwermut. „Wir belagerten gerade die Stadt Assuan. Die Verhandlungen über ihre Kapitulation waren fehlgeschlagen und sie weigerten sich unseren König anzuerkennen, verwehrten ihm den Einlass. Sie sagten, dass sie niemals das Knie vor einem Mann beugen würden, der in seinem ganzen Leben noch keine Schlacht geschlagen- noch keinen Mann getötet habe. Ihre Truppen waren den unseren zahlenmäßig weit unterlegen, doch ihre steinernen Mauern waren ebenso unüberwindbar, wie ihr eiserner Wille. Stunden verstrichen, dann Tage, Wochen und noch immer weigerte sich unser Herr einen Angriff auf sie zu starten, weigerte sich das Blut seiner Männer zu vergießen. Der Usurpator der Stadt, ein fähiger Krieger und Veteran dutzender Schlachten, ließ sich selbst zum Pharao krönen, spuckte auf die Blutlinie und das Erbe seines alten Königs, dem er jahrelang gedient hatte. Er rief zu den Waffen, jetzt da seine Chance gekommen war, selbst auf dem heiligen Thron zu sitzen, selbst die Zügel in der Hand zu halten.“ Der junge Großwesir hielt inne. Er forschte in den Gesichtern der Männer, die in jenen Stunden bei ihnen gewesen waren nach Bestätigung. Sie waren ungewohnt still geworden, seit er angefangen hatte seine Geschichte zu erzählen. Der braunhaarige Hohepriester starrte ihm offen ins Gesicht. Eine Ader begann auf seiner Stirn zu pulsieren, die er in tiefe Falten gelegt hatte. Die Geschichtsstunde ging ihm wohl gehörig auf die Nerven, wenn er doch einfach nur wissen wollte, was all dies, mit dem König zu tun hatte. Der Kriegsmeister hingegen, hing an seinen Lippen. Es war zu erkennen, wie er an diese Tage zurückdachte, überlegte angestrengt, was genau es war, dass er damals übersehen hatte. Der Schweißfilm auf seiner gebräunten Haut glänzte nüchtern im schimmernden Kerzenlicht. Letztlich wandte sich Yuugi zu der jungen Frau, die sich am Anfang seiner Erzählung noch kerzengerade durch den Raum bewegt hatte. Nun stützte sie sich kraftlos an der Wand ab und sah vor sich auf den Boden. Ihre Hände hatte sie schützend über ihrer Brust verschränkt, ihr Gesicht zeichnete einen unkonzentrierten Ausdruck, ihre Augen starrten ins Nichts. Und obwohl er sich fragte, was gerade in ihrem Kopf geschah, was genau sie so zu erschüttern schien, war sich der junge Adelige in einem sicher: Sie hörte ihm zu. Ein Lächeln spielte um seine aufgesprungenen Lippen. Mehr, hatte er nicht verlangt. Yuugi holte kräftig Luft und wischte sich mit dem Ärmel seines Gewandes einen Tropfen Schweiß vom Gesicht. „Ich erinnere mich daran, wie wir Pläne schmiedeten. Ich erinnere mich, wie wir über die Stadtmauern gelangen wollten um die Tore zu öffnen. Ich erinnere mich, wie unser König, der zuvor nie mehr gewesen war, als ein Prinz, erklärte, dass er seine Männer selbst in den Kampf führen würde. Sonnenaufgang. Das war das Zeichen auf das wir warteten, während wir uns zum Kampf bereitmachten. Der Pharao verbrachte die letzten Stunden der Nacht in seinem Zelt, betete zu den Göttern, bat um ihren Beistand und ihre Führung. Bis zu Letzt hoffte er auf eine friedliche Lösung. Der Usurpator Assuans hingegen hatte in den letzten Tagen festgestellt, dass unser Herr zwar noch jung war, was ihm aber an Alter und Erfahrung mangelte, mit seiner Gerissenheit auszugleichen wusste. Er sah auf die Massen unserer Armee hinab und beschloss, dass seine Regentschaft zu frisch war, um so jäh wieder zu enden. Also entschied er, dass wenn er die königlichen Truppen schon nicht überwältigen konnte, er wenigstens den Mann vernichten konnte, der seiner Herrschaft im Weg stand…“ Der junge Mann machte eine Pause, denn spätestens jetzt mussten der Kriegsmeister und der Hohepriester erkannt haben, auf welchen Moment er hinaus wollte. „Honda…“, stieß Jounouchi aus, Schmerz fegte über seine Züge hinweg und auch der großgewachsene Priester senkte betroffen seinen Blick. Yuugi holte angestrengt Luft. Lange schon, hatte er diesen Namen nicht mehr vernommen, denn seine Erwähnung war jedes Mal aufs Neue einer Erinnerung an den bitteren Verlust den sie alle in jenen Stunden zu beklagen hatten. Die Wunde die jener junge Mann bei ihnen allen hinterlassen hatte, heilte nicht, wie man sonst sagte, mit der Zeit. Stattdessen fraß sie sich in sie hinein und schwächte ihre Sinne wie eine entzündete Verletzung die einen mutigen Krieger dahin raffte. „Ja…“, wisperte der junge Großwesir traurig. „Honda…“ Sein Herz zog sich zusammen, beschleunigte seinen Schlag und seine Gedanken wanderten zu dem Mann mit dem spitzen Kinn. Sein Lächeln schoss ihm in den Sinn, seine geschundene Nase, die bei dutzenden Tavernenprügelleien zu Bruch gegangen war. Er erinnerte sich an seine heisere Stimme, die anstößigen Witze die er zu machen pflegte und seine Künste mit dem Speer, die er sich mit hartem Training angeeignet hatte. Er dachte an dutzende Abende am Lagerfeuer zurück, das betrunkene Singen des Hünen, was sie alle dazu verleitet hatte ihre Ohren zu zuhalten und das brennende Feuer in seinen Augen, wenn er sich bereit zum Kampf machte. Eine Gänsehaut schüttelte seinen schmalen Leib. Sie fuhr über seinen Nacken hinweg seine Wirbelsäule entlang, verbreitete sich über seine schlaffen Arme und raubte die Wärme aus den Spitzen seiner Finger. Ein taubes Gefühl war alles, was zurückblieb. „Wer ist Honda…?“ Die Stimme der jungen Frau war leise, brüchig und hatte einen achtsamen Unterton angenommen. Der junge Adelige schreckte aus seiner Starre und suchte in der kleinen Kammer nach ihrem Antlitz. Ihr Gesicht war gezeichnet von Verwirrung, kleine Falten zogen sich um ihre Augen, die sie angestrengt zu dünnen Schlitzen zusammen gezogen hatte, doch sie schien interessiert, hatte sie doch den düsteren Wandel bemerkt, den die Erwähnung jenes Namens mit der kleinen Gruppe vollzogen hatte. Yuugi öffnete den Mund, bangte um die Festigkeit seiner Worte, wollte er doch gerade jetzt, wo er so viel Schmerz in die Gesichter seiner Freunde gebracht hatte, endlich erklären, zu welchem Zweck er dieses Ereignis in ihre Erinnerungen rief. In seiner Kehle sammelte sich ein gurgelnder Ton, wie bei einem Ertrinkenden und er musste sich räuspern ehe er sich in der Lage sah, einen vernünftigen Satz zu bilden. Gerade als er begann wieder Herr seiner Sinne zu werden, unterbrach ihn die kalte Stimme des Hohepriesters. Doch selbst seine, für gewöhnlich von Emotionen losgelöste Art, brachte die Worte nur mit einem dumpfen, flachen Nachhall über die Lippen: „Honda war der Kommandant der Leibgarde unseres Herren.“ Dankbar, schenkte Yuugi ihm ein Lächeln. Hatte der hochgewachsene Gelehrte zuvor noch teilnahmslos zugehört, schien er erkannt zu haben, wie der Großwesir mit Worten rang und war ihm zur Hilfe geeilt. Der junge Adelige berührte den Oberarm seines Freundes und nickte ihm zu, gab ihm zu verstehen, dass er nun in der Lage war weiter zu sprechen. „Honda wurde mit 13 Jahren von unserem Herren, der damals noch ein Prinz war, an den Hof geholt. Er wurde nicht in Ägypten geboren, kam über den Nil zu uns, als blinder Passagier, auf einem Schiff das Wein in die Hauptstadt lieferte. Seine Familie wurde ermordet, als er gerade alt genug war um Laufen zu können, von einem Kriegerstamm weit jenseits der Meerenge. Weder sprach er unsere Sprache, noch verstand er unsere Sitten. Alles was er bei sich trug war ein Lederriemen auf dem, in fremden Zeichen sein Name eingeritzt war. Taschendiebstahl sicherte sein Überleben in den Straßen unserer Stadt…“ Er machte eine kurze Pause und atmete tief ein. Eine Welle der Nostalgie fegte durch seinen Körper. „Eines Morgens, liefen wir ohne Aufsicht durch die Stadt…“, ein zartes Lächeln zerrte an seinen Mundwinkeln, „… der junge Prinz legte damals nicht viel Wert auf die Warnungen seines Vaters.“ Neben sich hörte er den Kriegsmeister einen Ton durch die Nase ausstoßen, der wie ein unterdrücktes Kichern klang, gefolgt von einem wehmütigen Flüstern: „Der Prinz wollte uns zeigen wie man mit Pfeil und Bogen jagt…“ Das Lächeln des Großwesirs zog sich in die Breite. „Ja. Doch wir kamen vom Weg ab und verirrten uns in den vielen Gassen der großen Stadt. Irgendwann, wir waren seit Stunden ziel- und orientierungslos durch die Straßen geirrt, hielt der Prinz inne…“ „Um Jemanden nach dem Weg zu fragen…“, warf der Hohepriester ein und verdrehte seine Augen, wie er es auch damals getan hatte, vor nun mehr als 6 Jahren. Yuugi betrachtete das Mienenspiel der jungen Frau, der er diese Gesichte erzählte, ehe er fortsetzte. Ihre blauen Vollmonde waren auf sein Gesicht fixiert, ihr Blick gab nicht viel preis. Sie schien verwirrt, doch hing sie an seinen Lippen. „Die Menschen blieben nicht stehen und antworteten ihm nicht. Sie waren viel zu beschäftigt mit ihrem Treiben, als das sie Zeit erübrigen konnten einer Schar junger Knaben zu helfen, deren Kleider sich mit Schweiß und Dreck dunkel verfärbt hatten. Denn natürlich hatte der Prinz darauf bestanden, dass wir uns in Lumpen kleideten, um nicht aufzufallen.“ Jounouchi lachte laut und schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf. „Wir sahen aus als hätten wir uns in Tierdunk gewälzt…“ „Ein streunender Hund lief an uns vorbei, er war mager und wirkte kränklich, doch als der Prinz versuchte sich ihm zu nähern, begann er zu Knurren und zu Bellen und nahm ihn ins Visier. Wir versuchten ihn zu verscheuchen indem wir laut mit unseren Füßen auf den Boden stampften und herumschrien, doch das schien ihn nur noch mehr zu erzürnen. Es heißt, wenn ein wütender Hund dir ins Gesicht starrt, ist der größte Fehler den du machen kannst, den Blick abzuwenden. Also starrte der Prinz dem Tier in die Augen und versuchte ihn dadurch zu verschrecken. Doch gerade als die Kreatur sich zu beruhigen schien, hatten uns zwei Wachleute ausfindig gemacht, die der alte König ausgesandt hatte, um seinen Sohn zu finden. Sie zogen die Aufmerksamkeit des jungen Prinzen auf sich und dieser vergaß für einen Moment die Situation in der er sich befand. Der Streuner sprang nach vorne und bekam den Knöchel des Jungen zwischen seinen Zähnen zu fassen. Er zerrte brutal an ihm und riss das Fleisch von seinen Gliedern. Blut tropfte auf die dreckige Straße und für einen Augenblick standen wir alle reglos daneben. Auch die Wachen rührten sich nicht auf ihren Kriegsrössern. Ehe jemand auch nur einen Schritt machen konnte, wurde der wilde Hund von einem Stein am Kopf getroffen und gab einen Schmerzlaut von sich, den ich lange noch in meinen Träumen vernahm. Und plötzlich stand neben uns dieser Junge. Mit zerrissenen Kleidern und ungekämmten, braunen Haaren. Während wir alle langsam unsere Sinne wiederfanden, hatte er den Prinzen bereits an den Schultern gepackt und über den Boden in unsere Richtung geschleift. Er warf einen zweiten Stein auf das Tier und die tobende Wut des Hundes verebbte, als er mit eingekniffenem Schwanz davonrannte.“ „Bis heute trägt der Pharao die Narbe von diesem Streifzug an seiner Fessel…“, kicherte der Kriegsmeister vergnügt. „Und er hat nicht eine Träne vergossen…“ Der Großwesir nickte beiläufig und sah zu Anzu, die ihren Kopf in den Nacken fallen ließ, während sie wohl den Ausgang dieser Geschichte zu überdenken schien. Doch Yuugi zog ihre Aufmerksamkeit auf sich zurück. „Ich bin noch nicht am Ende.“, erklärte er ihr. Ein letztes Element fehlte noch, um sie an eine Seite des Pharaos heranzuführen, die zu sehen sie sich weigerte. Ein Teil dieser Erzählung, den sie hören musste, um ihren Geist zu öffnen für ein Geschehen der Vergangenheit, das weniger fröhlich war, als diese Kindheitserinnerung. Einen Teil, der ihren Hass gegen den König ins Wanken bringen sollte. „Statt den Jungen zu belohnen, der dem Prinzen zu Hilfe geeilt war, schleiften die Wachen ihn mit sich in den Palast, weil er, als Gewöhnlicher einen Adeligen berührt und sogar durch den Dreck gezogen hatte. Der wild tobende Junge, der sie in einer Sprache beschimpfte, die sie nie zuvor gehört hatten, wurde in den Thronsaal gestoßen und mit Füßen getreten, während unsere Einwände von ihnen übergangen wurden. Schließlich waren wir nur Kinder. Der Prinz indes, war still geworden und beobachtete das Treiben der Wachen aus seinen blutroten Augen. Sein Vater bekam seinen blutenden Knöchel zu sehen, beschaute den um sich schlagenden Knaben aus dem Armenviertel der Stadt und vertraute dem Wort seiner Soldaten. Zudem war er erbost über unser nicht autorisiertes Verschwinden vom Hof, weshalb er sich nicht die Mühe machte unseren Ausführungen zu lauschen. Sein Sohn, so dachte er wohl, schwieg weil er sich schämte. Doch gerade als der König ein Urteil fällen wollte, trat sein Kind auf ihn zu. Er ging durch den Thronsaal, eine Spur von Blut hinter sich lassend und schlug die Hände der Wachen fort, die versuchten ihn aufzuhalten. Vor dem Jungen kam er zum Stehen und hielt ihm seine Hand hin, ein freundliches Lächeln für ihn- und nur für ihn auf seinen Lippen, während er wartete, dass er dem fremden Kind aufhelfen durfte. Als sie sich nebeneinander gerade hingestellt hatten, legte er eine Hand auf des Knaben Schulter und sprach zu seinem Vater…“ Jounouchi fiel ihm ins Wort. Auch er, wurde Yuugi bewusst, erinnerte sich an jede Einzelheit dieses Tages. Auch er, hatte in diesem Moment bestätigt gesehen, warum er jenem Prinzen folgte, warum er jenem Prinzen bis ans Ende seines Lebens folgen würde. „ `Dieser Junge, ist mir zu Hilfe geeilt, während deine Wachen danebenstanden und zusahen. Dieser Junge verdient Anerkennung für seinen Mut und keine Schläge. Dieser Junge, gehört jetzt zu mir. Denn er kam mir zu Hilfe ohne mich zu kennen und wenn Ihr mir nicht erlaubt nun Dasselbe für ihn zu tun, Vater, dann bin ich nicht mehr Euer Sohn.`“ Auch wenn es der Kriegsmeister war, der diese Worte wiedergab, hörte er noch immer den Hall seines 13 Jährigen Königs durch seinen Kopf schallen. Er wandte den Kopf zum Hohepriester, dessen Lider ebenfalls geschlossen waren, aber unruhig flimmerten. Auf seinen Zügen zeichnete kein Lächeln, doch der junge Adelige wusste, er war tief in Gedanken, da seine Finger abwesend den goldenen Stab in seinen Händen bearbeiteten. Der blonde Kriegsmeister hatte sich auf seinem Krankenlager zurück gelehnt und spielte entspannt mit dem Zipfel seines Verbandes. Obwohl der Schweiß sein Gesicht noch immer schimmern ließ, wie ein Glas kalten Wassers in der sengenden Sonne der Sahara, hatten sich seine Züge entspannt. Scheinbar hatte die Erinnerung an jenen Zwischenfall sein aufgebrachtes Gemüt beschwichtigt und die Anspannung aus seinem geschundenen Körper vertrieben. Zufrieden nickte Yuugi, denn auch ihm hatte diese kleine Reise in die Vergangenheit eine Möglichkeit gegeben zur Ruhe zu kommen und sich für das Vorankommen seiner Aufgabe zu wappnen. Seine violetten Augen wanderten durch den Raum, suchten nach dem Mädchen, dem diese Geschichte einen Kontext von dem geben sollte, was nun folgte. Anzu saß inzwischen auf dem kalten Steinboden. Sie hatte ihre Knie zu sich herangezogen und die Hände über ihnen gefaltet. Braune Haarsträhnen verdeckten ihr Haupt, dass kraftlos zwischen ihren Armen hing. Dort wo er stand, konnte er das Knirschen ihrer Zähne hören. Der junge Großwesir machte einen vorsichtigen Schritt auf sie zu, doch das Geräusch seiner Füße auf dem staubigen Boden schien sie nicht einmal wahrzunehmen. Achtsam schritt er weiter auf sie zu und kam direkt vor ihr zum Stehen. Noch immer schien sie keine Kenntnis von ihm zu nehmen. Erst als er sich auf ein Knie sinken ließ und mit den Fingerspitzen seiner linken Hand hauchzart ihren Arm berührte, sah sie ihm ins Gesicht. Ihre blauen Augen waren weit aufgerissen, doch zeugte ihr Ausdruck nicht länger von Angst oder Wut. Unglaube spiegelte sich in ihren zarten Zügen. Sie schlug seine Hand nicht von sich und begann nicht zu schreien, während die dichten, schwarzen Wimpern auf ihren Lidern über ihr Gesicht tanzten. Zu gerne hätte er gewusst was sie dachte. Eine einzige Frage kam über ihre bebenden Lippen. „Warum erzählt Ihr mir das Alles?“, wisperte sie leise. „Damit Ihr versteht, Anzu. Damit Ihr nahvollziehen könnt, was im Krieg geschah und damit Ihr begreift, was der König ist.“, gab er im selben Ton zurück. Ihre Stirn zog sich zusammen, ihr Mund formte sich zu seinem dünnen, farblosen Strich, als würde sie akribisch versuchen die Informationen zu verarbeiten, die er ihr gab. „Ein Krieg? Welcher Krieg?“ Mit einer schmalen Hand fuhr sie sich durch die Haare. „Der Krieg indem der Pharao um seinen Thron gekämpft hat. Der Krieg, der dafür gesorgt hat, dass die Hauptstadt vor die Hunde gegangen ist und uns davon abgehalten hat zurück zu kehren.“ erklärte der verletzte Kriegsmeister, als wäre es dumm danach zu fragen. Der Blick des Mädchens schnellte zu seinem Lager und völlige Entrüstung stahl sich auf ihr Antlitz, ihre blauen Augen schimmerten vor Verwirrung. „Was redet Ihr denn da? Es gab keinen Krieg.“ „Dann habe ich mir die letzten drei Jahre wohl nur eingebildet. Ebenso wie die Narben an meinem Körper. Was für eine Erleichterung!“ Sarkasmus triefte in Jounouchis Stimme, doch wenn er bezweckt hatte die junge Frau zu reizen, schien seine Aussage sie nur noch tiefer in Verwirrung zu stürzen, als zuvor. Die Denkfalte auf ihrer Stirn wurde immer tiefer. „Drei Jahre?“, flüsterte sie ungläubig. Der Großwesir nickte besorgt. Wie konnte ihr diese Information so fremd scheinen? Anzus Rechte, glitt über ihr Gesicht, strich über ihre müden Augen und kam über ihrem Mund zum Halten. „Der Pharao war bei euch?“, fragte sie tonlos durch ihre Finger. „Gewiss war er bei uns, Anzu. Ich erwähnte doch, dass er den Angriff auf den Usurpator Assuans führte.“ Mit einem Mal wirkte die junge Frau leichenblass. „Assuan?... Jenseits des Nil?“ Ihr blick zuckte nervös über sein Gesicht und allmählich begann der Großwesir sich ernsthaft um sie zu sorgen. Beide Hände bekamen sie an der Schulter zu fassen. „Ich habe doch gesagt, dass die Sonne ihr Gehirn zerkocht hat!“, rief Jounouchi und Yuugi befahl ihm mit einem Zischen zum Schweigen. „Was ist mit Euch, Anzu…?“, verlangte er zu wissen. Ihr Verhalten beunruhigte ihn zutiefst, doch kaum war die Frage in den Raum gedrungen, schüttelte sie ihren Kopf und sah ihn entschlossen an. Es war, als hätte sie soeben eine Entscheidung getroffen. „Erzählt die Geschichte zu Ende. Erzählt was in jener Nacht geschah, als der Usurpator beschloss seine Regentschaft zu festigen.“ Überrascht schnellte Yuugis Kopf einen Satz nach hinten und seine Augen öffneten sich erstaunt. Hatte er sich das gerade eingebildet, oder war sie nun wirklich, endlich offen eingewilligt ihn anzuhören? Sein Herzschlag beschleunigte sich vor Aufregung. Konnte es wirklich sein, dass sein Vorhaben glückte? Mit dem Nicken seines Kopfes willigte der junge Adelige ihrer Bitte ein. Schwermut durchströmte seinen Körper. „Kein Mond schien in jener Nacht. Die Sterne waren die einzige Lichtquelle, die am Himmel ich zu finden erinnere. Wenige Stunden nur noch und die Schlachthörner würden zum Angriff blasen. Aus seinem Zelt hinaus hörte der Pharao das Treiben seines Kriegsheeres. Einige der Männer schnarchten laut, ihre Herzen ohne Kummer und ihr Magen voll mit Wein. Wieder andere, beteten, flehten, laut wie leise um ein Ende dieser Kämpfe. Seine Augen streiften durch das Innere seiner Unterkunft. Das prachtvolle Feldbett, das mit Tierpelzen behangen war kam ihm verschwendet vor, hatte er doch keinen anständigen Schlaf mehr gefunden, seit sie die Mauern der Hauptstadt hinter sich gelassen hatten. Die goldenen Becher, die auf dem Tisch thronten der seinen Schlachtplan barg, strafte er mit einem abschätzigen Blick. Als würde der Wein in der Lage sein, seine kreisenden Gedanken zu ordnen. Die Farbe des berauschenden Getränkes erinnerte ihn an das Rot von Blut. Wie viele Tote würde dieser Krieg noch mit sich bringen? Wie viel Blut musste vergossen werden, weil seinen Vater der Fiebertod ereilte und er seine Fähigkeiten unter Beweis stellen musste? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)