Der Weg des Kriegers von sennen_item ================================================================================ Kapitel 9: Hass --------------- Hass Anzu hatte immer von sich gedacht, dass sie stark war. Sie war nicht unverblühmt genug gewesen, sich selbst als "guten" Menschen zu bezeichnen, aber Stärke war Etwas, dass man sich aneignen konnte. Und genau das, hatte sie versucht. Sie hatte den Mund aufgemacht um zu sprechen, wenn sie Etwas als ungerecht ansah, hatte die Konsequenzen, die ihre Taten mit sich zogen, in Kauf genommen, wenn es der gerechten Sache diente und hatte stets versucht, sich für Jene einzusetzen, die selbst nicht dazu in der Lage waren. Kurzum, sie hatte immer versucht, sich der Angst zu stellen, die Andere dazu brachte zu versteinern. Genau wie ihr Vater seiner Zeit. Ja, Anzu hatte sich immer für einen starken Menschen gehalten, doch langsam begann sie sich selbst in Frage zu stellen. Wie viele Tiefschläge, würde sie noch verkraften, ehe sie unter dem Druck zusammenbrach? Die hohe, goldene Decke, zu der sie ihren Blick soeben erhoben hatte, schien sie, mit ihren feierlichen Abbildungen der Königsfamilie, nahezu grausam zu verspotten. Sie lieferte sich ein Blickduell mit der Zeichnung eines jungen Mannes mit feuerroten Augen, vom dem sie wusste, dass sie es nicht gewinnen konnte. Zornig biss sie sich auf ihre Unterlippe und zuckte zusammen, als sie das weiche, neue Fleisch ihrer verheilten Wunde, mit der Zunge ertastete. Anzu nahm einen tiefen Atemzug, vorsichtig, darauf bedacht, ihre, noch immer schmerzenden Rippen nicht zu überstrapazieren. Vier Tage. Vier ganze Tage waren vergangen, seit ihr klar geworden war, wo sie sich befand. Vier Tage, in denen sie qualvoll überlegt hatte, wie sie diesem Albtraum entfliehen konnte. Vier, völlig vergeudete Tage, in denen sie nicht einmal in der Lage gewesen war, eigenständig zu laufen. Sie hasste ihren Körper für seine Schwäche, denn ohne ihn hatte sie niemals die Hilfe 'seiner' Schergen annehmen müssen. Heute war es ihr zum ersten Mal gelungen, sich auf ihren eigenen Beinen zu halten. Diese Gelegenheit, hatte sie sofort wahrgenommen und hatte sich, sobald sie sicher war, alleine zu sein, aus ihrem Zimmer geschlichen um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Doch, alsbald sie den Punkt erreicht hatte, an dem sie sich nun befand, unter dem steinernen Blick dieser blutroten Augen, hatten ihre Kräfte versagt und sie musste sich ihre Niederlage eingestehen. Die Augen ihres Feindes verhöhnten sie leblos, als sie sich ihrer Tatenlosigkeit Hingabe und den Blick, von der Abbildung des Pharaos löste, die Niederlage gegen den Kunstgegenstand geltend machend. Das Mädchen blinzelte mit ihren himmelblauen Augen, um die brennenden Tränen hinter ihren Lidern zurückzuhalten. Sie würde es nicht zulassen, dass sie nun auch noch weinte, wie ein verängstigtes Kind. Schon gar nicht, innerhalb dieser Mauern, während sie von einem Bild des fleisch- geworden Bösen angestarrt wurde. Anzu ließ ihren Blick über das Abbild des derzeitigen Königs gleiten. Das Bild musste schon etwas älter sein, denn die Gesichtszüge des jungen Mannes, waren nicht so scharfkantig, wie sie sie in Erinnerung hatte. Auf dem Bild, sah er friedlich aus, glücklich. Sein Ausdruck, auf ewig festgehalten durch die getrocknete Farbe, beinahe unschuldig. Und auch bei ihrer Begegnung mit ihm, hatte er nicht den Eindruck erzielt, jederzeit eine Waffe zu ziehen und Schrecken zu verbreiten. Doch und dass wusste Anzu nur zu genau, der Schein konnte trügerisch sein. Der Feind hüllte sich nur zu gern in den Mantel der Unschuld. Jener Mann, der sie in ihrem Zimmer besucht hatte und ein Gefühl der Ruhe in ihr ausgelöst hatte, war ein Trugbild gewesen, ausgelöst durch ihre Erschöpfung und dem Flehen ihres Körpers, endlich ruhen zu können. Sie wusste es, wenn sie die Augen aufschlug und sie wusste es wenn sie sich diese Zeichnung ansah, doch das hinderte ihren Kopf nicht daran, jenen Mann und seine sturmgleiche Stimme, jede Nacht in ihren Träumen erscheinen zu lassen. Wütend, ballte Anzu ihre Hände zu Fäusten, während sie sich an die Wand presste, um ihren, aus dem Rhythmus geratenen, Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Ihr Körper war völlig erschöpft von dem kurzen Weg hierher. Vogelzwitschern drang in ihre Ohren, während eine kühle Brise ihr schlichtes Gewand umwehte und sie erzittern ließ. Die Sonne würde in einigen Stunden aufgehen, was sie selbst mitten in der Nacht, orientierungslos, durch den labyrinthartigen Palast wandern ließ, mit einem Körper, der nach wenigen Schritten versagte. Wie Anzu es auch drehte und wendete, sie steckte, vorerst, hier fest. "Ihr seid auf." Beim klang dieser Stimme, ließ die junge Frau ihre Schultern hängen, denn nun waren auch ihre letzten Hoffnungen, das Innere ihres Gefängnisses hinter sich lassen zu können, zerbrochen. " Seid ihr wohlauf?" Sie kannte diese Stimme nur allzu gut, hatte sie sie doch bereits jeden Tag, seit ihrer Ankunft hier, vernommen. Liebevoll, besorgt, vielleicht sogar vorsichtig tadelnd, genau wie die großen, ehrlichen Augen, die zu ihr gehörten. Langsam öffnete Anzu ihre Augen und fand sicherem jungen Großwesir gegenüber wieder, der nicht einen Tag ausgelassen hatte, um sich nach ihrem Wohlbefinden zu erkunden. Seine beinahe kindesgleichen Gesichtszüge zeichneten einen verständnisvollen Ausdruck ab und Anzu fragte sich zum wiederholten Mal, wie alt der Mann namens Yuugi wohl sein würde. Aber vor allem, wie es möglich war, dass jemand wie er, eine so tragende Rolle neben dem Herrscher Ägyptens einnehmen konnte. War nicht die Aufgabe eines Großwesirs, den Pharao mit seiner Weisheit und Lebenserfahrung zur Seite zu stehen? Wie konnte jemand wie dieser Yuugi dieser Aufgabe gerecht werden, wenn er selbst noch beinahe aussah wie ein Kind? Der neue Pharao spuckte scheinbar nicht nur auf seine Untergebenen, sondern auch auf Tradition. In einer aufkeimenden Welle des Zorns, sandte sie einen bösen Blick an den Großwesir, ehe sie ihm eine Antwort entgegen zischte. "Wollt Ihr mich nun auch in meinem Zimmer einschließen?" Ein Lächeln legte sich auf die Lippen ihres Gegenübers, ein Lächeln, dass sich nicht nur auf seinem Mund abzeichnete, sondern auch seine Augen erreichte. Anzu hasste dieses Lächeln. Es nahm ihr den Wind aus den Segeln und sie spürte, wie ihre Wut abebbte. 'Der Feind hüllt sich nur zu gerne in den Mantel der Unschuld.', rief sie sich ins Gedächtnis, doch, ähnlich wie die Augen des Pharaos, die sie in den Schlaf verfolgten, war sie machtlos, als der Zorn versiegte. "Niemand wird Euch irgendwo einsperren.", sagte er ruhig. "Ihr seid keine Gefangene." Das junge Mädchen kämpfte erneut gegen die aufsteigende Tränenflut, die hinter ihren Lidern brannte und wendete ihre Augen ab. Wie sehr sie ihm glauben wollte, wurde ihr immer erst bewusst, wenn er zu sprechen begann. Erschöpft schüttelte sie den Kopf und beschloss ihren Weg durch den Palast, ohne ein weiteres Wort an den Großwesir, fort zu setzen. Die Pause, die sie eingelegt hatte, hatte ihrem Körper gut getan und sie ging, ohne zu taumeln, voran. Ihre Gedanken überschlugen sich förmlich, als sie die Schritte vernahm, die sie verfolgten. " Wenn ich keine Gefangene bin, wieso folgt Ihr mir dann?", fragte sie und machte sich keine Mühe, dir Bitterkeit ihrer Frage zu verstecken. "Nun, ich denke, dass niemand gerne alleine spazieren geht." "Ich allerdings schon." "Dann ist es umso freundlicher von Euch, dass Ihr mir Gesellschaft leistet." Der junge Großwesir kicherte leise über seinen eigenen Witz und Anzu wunderte sich erneut nach seinem Alter. "Verzeiht bitte, ich scherze lediglich. Tatsächlich, hat der König nach mir verlangt und ich bin auf dem Weg, ihn zu treffen." Das Mädchen warf einen verstohlenen Blick auf ihren ungewollten Begleiter. Dieses Lächeln schwand einfach nicht aus seinem Gesicht. Sie schnaubte angewidert bei der Erwähnung des Pharao. "Er ruft Euch zu sich, mitten in der Nacht, wenn der Rest der Welt schläft, und Ihr leistet seinem Ruf blind folge, wie der brave Lakei, der Ihr seid.", spottet sie. "Ja.", gab der junge Mann zurück, scheinbar unbeeindruckt von ihrem Hohn. "Warum?", fragte sie, noch bevor sie Zeit hatte sich zu fragen, aus welchem Grund sie immer noch mit ihm redete, hatte sie doch beabsichtigt ihn zu ignorieren. Der Großwesir zuckte beiläufig mit den Schultern. "Weil er mein König ist.", erklärte er simpel. "Ich hatte eine etwas tiefsinnigere Antwort von Euch erwartet, Großwesir." Sie schüttelte den Kopf, während sie seinen Stand verhöhnte. "Ist die Wahrheit zu sagen nicht immer weise, egal wie simpel und belanglos sie auch scheint? " Sie waren vor einem Balkon zum Stehen gekommen. Zwei Wachen standen vor dem Zugang, ihre Speere an die Schulter gelehnt, jeder Zeit bereit, sie beim kleinsten Anzeichen vom Gefahr, als tödliche Verteidigung zu nutzen. Ihr Herz hatte, vor Anstrengung, seinen schlag beschleunigt und ihr Atem ging rasch. Wieder, wurde ihr schmerzhaft bewusst, dass sie alles Andere als in der Lage war, einen erfolgreichen Fluchtversuch zu unternehmen. Ehe sie protestieren konnte, hatte Yuugi ihr Handgelenk zu fassen bekommen und führte sie langsam und vorsichtig auf den Balkon. Als sie Anstalten machte, sich los zu reißen, ließ er sofort von ihr ab und trat einen Schritt zurück, eine Hand zu einer beruhigenden Geste erhoben. "Verzeiht, ich habe nicht nachgedacht. Ihr mögt es nicht angefasst zu werden, das ist nur allzu verständlich. Ich dachte nur, nach all der Zeit, die Ihr im Bett verbringen musstet, würde Euch etwas frische Luft gut tun." Anzu schluckte angestrengt, ihre Glieder zitterten vom dem Nachhall der Panikattacke. Seit den Vorfällen auf dem Marktplatz, ertappte sie sich immer öfters dabei, wie sie panisch wurde, wenn jemand sie überraschend berührte. Sie legte eine Hand auf ihr Herz und atmete tief ein. Genau wie ihr Körper, hatte auch ihr Geist einige Verletzungen erlitten. "Habt keine Angst.", sprach der junge Mann in einem, seinem Alter untypischen, Ton. "Ich habe keine Angst. ", erwiderte sie und trat an das Geländer, um sich abzustützen. Nein, was sie in diesen Panik erfüllten Momenten empfand, war keine Angst. Viel mehr, war es ein Überlebensinstinkt, der sie vor weiterem Schaden zu schützen versuchte. Aus den Augenwinkeln heraus, konnte sie beobachten wie der Großwesir sich, den Abstand wahrend, neben ihr positionierte. "Ist es nicht wunscherschön?", fragte er und lehnte Seim Gesicht gegen eine Hand. Verwirrt zog sie eine Augenbraue nach oben, bis ihr Blick dem seinen folgte. Unterhalb von Ihnen erstreckte sich ein Garten, so schön, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. Weiße Blumen waren das Erste, was sie erblickte, als sie ihre Augen gierig über die fruchtbare Erde gleiten ließ und die frische Nachtluft einatmete. Die weißen Blüten rankten sich um hölzerne Bögen und kletterten einen majestätischen, altern Baum hinauf, während sie im Mondschein leuchteten, wie auf die Erde hinab gestiegene Sterne. Zwischen den blühenden Beeten, führten schmale Pfade hindurch, deren Ende stets zu einer goldenen Büste eines Gottes führte. Doch, inmitten einer kreisrunden Insel, direkt im Zentrum dieses himmlischen Gartens, prangte ein riesiges Auge des Horus und starrte in den Himmel. Anzu blieben die Worte weg, hatte sie noch nie etwas Vergleichbares gesehen. "Dieser Garten, wurde angelegt, als die Königin verstarb und jedes Jahr, am Tag ihres Todes, stehen die Blumen in voller Blüte, als würde sie einen Gruß aus dem Reich der Toten senden." Yuugis Stimme riss sie aus ihrer Bewunderung. Trübsinn überkam sie und sie drehte dieser Schönheit den Rücken zu, lehnte sich mit ihrer Kehrseite gegen das Geländer. "Eine schöne Vorstellung. ", sagte sie traurig. "Ihr glaubt nicht daran?" Anzu konnte seine Augen auf sich spüren, konnte dieses omnipresente Lächeln in seiner Stimme hören. Ihre Trauer wurde ersetzt durch die bekannte Bitterkeit. "Normale Menschen haben keinen königlichen Garten um sich mit dem Gedanken zu trösten, dass ihre toten, Liebsten ihnen Grüße senden." "Das beantwortet nicht meine Frage. " "Ich glaube, wenn die Menschen tot sind, sind sie fort. So bald die Götter sie zusichern rufen, so bald der Körper erkaltet, gibt es kein zurück mehr und warum sollte man auch zurück wollen, wenn man die Chance hat, bei ihnen zu sein und diese Welt hier, hinter sich zu lassen?" Das Gesicht ihres Vaters, fand den Weg in ihren Kopf und sie versuchte es los zu werden, indem sie sich mit beiden Händen über das Gesicht strich. "Wen habt Ihr verloren?" Offensichtlich konnte nicht einmal er noch lächeln, wenn es um den Tod ging und obwohl sie ihm dafür dankbar war, konnte sie nicht länger an sich halten. Was tat sie hier eigentlich? Sie sollte diesen Mann hassen. Er war schließlich dafür verantwortlich, dass sie sich im Haus ihres Feindbildes aufhielt und, zu allem Überfluss, war er auch noch seine rechte Hand. Und doch, stand sie hier mit ihm und redete über Blumen und den Tod, als wären sie alte Bekannte, die sich nach langer Zeit wieder getroffen hatten, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass er ihre Wut gedämmt hatte, der einzige Grund aus dem sie in diesen Mauern noch nicht den Verstand verloren hatte. Der Zorn kehrte mit voller Wucht zurück und sie zischte den Großwesir so bösartig an, dass die steingleichen Wachen sich zu ihnen umdrehten. "Ich wüsste nicht, warum Euch das interessieren sollte! Müsstet Ihr nicht längst bei Eurem Herrn sein, wie das brave Schoßhündchen das Ihr seid?" Sie hatten sich einander zugewandt und Anzu konnte dir Überraschung in seinen großen Augen sehen, doch seine Miene verzog sich nicht. Er schaute ernst drein und glich auf einmal nicht mehr dem kindlichen Eindruck, den sie von ihm hatte. "Mein Pharao weiß, dass ich mich verspäte.", begann er. Das braunhaarige Mädchen war für einen Moment verwundert, hatte Yuugi doch niemanden diesbezüglich informiert, doch ehe sie diesen Gedanken weiter nachgehen konnte, sprach er weiter. "Und es interessiert mich." "Warum? Warum sollte es Euch kümmern? Wenn Ihr nach jemanden sucht, den Ihr bemitleiden könnt, schlage ich vor, Ihr werft einen Blick auf die Umstände außerhalb dieser Mauer! " Die Augen des Großwesirs sanken für einige Sekunden zum Himmel und er bewegte seine Lippen, doch konnte sie nicht erraten welche Worte aus seinem Mund kamen. Als sein Blick Sir wieder fand, glaubte sie eine tief verborgene Trauer in ihm erkennen zu können. "Es interessiert mich, weil ich es verstehe." Anzu schmiss die Hände über den Kopf und lachte laut. "Ich bitte Euch! Was wisst Ihr schon über Verlust? " "Mehr als Ihr ahnt." "Was, ist Euer Hauspferd gestorben? " Dieses Mal ging der Hohn nicht spurlos an ihm vorüber, seine Augen weiteten sich schmerzerfüllt und sein Mund verzog sich zu einem gequälten Lächeln. Er blinzelte stark. Zum ersten Mal sah Anzu ihn als einen Menschen vor sich stehen und Reue wusch über sie hinweg, doch sie konnte diese Wut in ihrem Inneren nicht unter Kontrolle kriegen. "Für jemanden der Zeuge von so viel Leid war, wie Ihr, könnt Ihr selbst ziemlich grausam sein." Einen Moment lang, war sie sprachlos, seine Worte hatten ihr den Odem aus den Lungen entzogen und sie öffnete uns schloss ihren Mund wie ein Fisch, der an Land um sein Überleben kämpfte. Doch auch jetzt, fand die Wut einen Weg sich Ausdruck zu verleihen. "Ihr seid ein Mann von Adel, erzählt mir nichts von Grausamkeit. ", spie sie aus. Yuugi schien über ihre Worte nach zu denken, ehe er leicht mit dem Kopf nickte und seufzte, sein Ausdruck glich nunmehr dem Des Wehmutes. "Ja, das bin ich. Aber ich war es nicht immer. Ich wurde außerhalb des Palastes geboren, in Armut und verlor Alles, ehe ich meinen Platz fand. Ich verlor..." "Warum erzählt Ihr mir das?", unterbrach sie ihn schreiend. "Warum redet Ihr mit mir, als wären wir alte Freunde, obwohl Euch inzwischen klar sein sollte, dass ich Euch und alles Andere hier...", sie machte eine ausholende Geste "... Verabscheue! Dass ich lieber auf den Straßen wäre um meinesgleichen zu helfen, selbst, wenn es bedeutet, für den Rest meines Lebens als Sklavin zu arbeiten und geschlagen zu werden, als auch nur noch ein einziges Mal innerhalb dieser Gemäuer zu erwachen!" Der Großwesir biss sich auf seine Unterlippe und nahm einen tiefen Atemzug, durch den sich seine Nasenlöcher weiteten. Er sandte einen kurzen, besorgten Blick in Richtung der bewaffneten Männer, nickte einmal zufrieden, als er sie unbewegt erspähte und baute sich vor ihr zu seiner ganzen Größe auf. Er straffte seine Schultern und trotz der Sicherheit, die er ausstrahlte, seit sie dieses Gespräch begonnen hatten, wirkte er nervös. "Weil es so viele Dinge gibt, von denen Ihr noch nichts wisst. So viel mehr in Erfahrung zu bringen, Fragen auf die wir eine Antwort verlangen, Lösungen die gefunden werden müssen. Ich habe Euch damals nicht nur aufgrund meiner gütigen Natur mit in den Palast genommen, sondern, weil ich etwas in Euch gesehen habe, dass das selbe Ziel verfolgt wie wir. Und ich habe Leidenschaft gesehen und Mut, aber vor allem Kampfgeist. Ich erkannte in Euch etwas, dass wir brauchen." "Was wollt Ihr von mir?" "Eure Hilfe." Das junge Mädchen zog ihre Augenbrauen nach oben, das Gesicht völlig entsetzt. "Meine Hilfe?", fragte sie nach. Sie musste sich verhört haben. Doch der Großwesir bejahte ihre Frage mit einem kurzen eindeutigen Nicken. Anzu wusste nicht einmal wie sie sich fühlen sollte. Das musste ein Witz sein, dem sie nicht verstand. Doch die Miene ihres Gegenübers war so ernsthaft und fest entschlossen, als hätten die Götter selbst, sie auf seinem Gesicht geformt. "Habt Ihr mir nicht zugehört? ", begann sie und fügte eine hilflose Geste mit den Händen hinzu. "Ich hasse es hier zu sein. Wie kommt Ihr darauf, dass ich Euch helfen würde? " "Selbst dann nicht, wenn es mit Euren Interessen übereinstimmt? " "Was könnten wir für gemeinsame Interessen haben?" Ihr würde bewusst, wie angewidert sie klingen musste, konnte sich aber nicht helfen. Wie konnte er es wagen? "Die Befreiung der Sklaven und Festsetzung ihrer Peiniger." Dieser Satz war wie ein Schlag ins Gesicht. Das junge Mädchen japste nach Luft, ein ruckartiges Verfahren, dass sie an ihren kaputten Körper erinnerte. Sie griff nach ihren Rippen und bemerkte, dass ihr Mund offen stand und ihr Gesicht die Fassungslosigkeit darstellte, die ihren Kopf einzunehmen drohte. "Was?", war das einzige, das sie hervor bringen konnte. "Wir werden die Sklaverei beenden. Ein für alle Mal und könnten dabei jemanden wie Euch gebrauchen.", führte ihr Gegenüber genauer an. Ihre Gedanken überschlugen sich. Verhöhnte er sie? Wollte dieser Mann sich an ihr rächen, weil sie ihrer Abneigung kund getan hatte? Konnte er so grausam sein? Aber aus welchem Grund glaubte sie dann jedes seiner Worte? Warum sah er so bestimmt aus, während er sie aus seinen amnetyst- farbenden Augen ansah? Dann kam ihr eine weitere Frage. "Wer ist wir?" Ihre Stimme war ein Flüstern, beinahe torlos, ängstlich. Sie fürchtete sich, weil sie in jeder verstreichenden Sekunde unsicherer wurde. Was, wenn er die Wahrheit sprach? Das würde alles, was sie zu wissen gedacht hatte, ins wanken bringen. "Nun, wir alle. Die Kriegsmeister, der Hohepriester und natürlich der Pharao. " "Der Pharao?", stieß sie hervor. Ihre Stimme brüchig. Yuugi nickte und sah sich in der Gegend um, als wäre er auf der Suche nach etwas. Ein kälter Schauer lief ihr über den Rücken und sie legte eine Hand vor ihren Mund, um den Schrecken zu verbergen. "Er ist der Grund, für all das hier." Der Großwesir öffnete seinen Mund um zu sprechen, doch der Klang von näher kommenden Schritten, lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Flur, den sie selbst vor kurzem entlang gelaufen waren. Männliche Stimmen drangen ihnen in die Ohren. Es handelte sich um mindestens sechs Menschen. Anzus Gänsehaut nahm zu und sie begann deutlich zu zittern, als sie eine von ihnen wiedererkannte. Ihre Befürchtungen bestätigen sich, als die beiden Wachen vor dem Balkon, sich tief verneigen. Es wurden freundliche Worte mit Ihnen gewechselt, aus gesprochen von dieser bebenden, tiefen Stimme und wenig später fanden sich die Männer ihnen gegenüber wieder. Vier von ihnen waren gekleidet, wie Männer einer Leibgarde, doch einer, ein Blonder, zeichnete sich, mit zahlreichen Wappen auf seiner Rüstung, als höher Gestellter aus. An seiner Linken, baumelte ein Langschwert mit schlichtem Griff. Doch sie erkannte ein zierliches Flammenemblem. Der fünfte Mann, ein hochgewachsener, breitschultriger, mit braunem Haar und Augen so kalt wie ein Raubtier. Er hielt einen goldenen Stab fest umschlossen. Und dann war da er. Mit diesen stechenden Augen, die Ihr Angst vor ihren eigenen Träumen machten. Sein Blick war auf den Mann neben ihr gerichtet. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. "Yuugi.", sprach er freundlich, als hätte er erwartet ihn hier zu treffen. "Ist es bereits soweit? ", fragte dieser sanft zurück. Ein Nicken bejahte seine Frage, dann wandte er sich ihr zu und sie erstarrte zu Stein und hielt die Luft an. "Wie ich sehe, geht es Euch besser." Aufrichtige Erleichterung in seinen Worten. Wärme in seiner Stimme. Ein weiterer Schlag ins Gesicht. "Dennoch solltet ihr Euch nicht übernehmen. " Einfach alles in ihr stand Kopf. Sie war an einem Ort, den sie sich nie gewünscht hatte zu sehen, sprach mit dem Großwesir in mitten der Nacht, obwohl sie zuvor versucht hatte von hier zu fliehen und nun stand auch noch jener Mann vor ihr, den sie mehr hasste, als alles andere auf der Welt. Der Mann, der für jede Schlechtigkeit, jeden Kummer, jeden Schmerz stand, deren Zeuge sie geworden war. Sie machte einen Schritt nach vorne. Nein, was Yuugi sagte, musste eine Lüge sein. Ein weiterer Schritt folgte. Sie könnte niemals eine Allianz mit ihnen formen. Sie würde alles verraten, was sie ausmachte. Niemals. Die blutroten Augen des Mannes musterten sie neugierig, als sie direkt vor ihm zum Stehen kam. Hass. Er durchströmte sie, beseitigte die Steifheit ihrer Glieder und es spielte keine Rolle mehr, dass er sie heimsuchte. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie presste ihren Kiefer fest aufeinander. Besorgnis legte sich auf seine Gesichtszüge. Anzu schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. "Verräter!", schrie sie ihn an. Für einen Moment schien die Welt still zu stehen. Dann ging alles ganz schnell. Ein Stimmengewirr brach los und sie wurde vom dem König zurück gerissen. Kräftige Hände bekamen ihre Haare zu fassen und rissen ihren Kopf heftig herum. Zwei weitere hielten ihre Arme auf ihrem Rücken fest. Sie begann sich zu winden, während sie immer wieder Flüche ausstieß. Ohne einen Kampf würde sie sich nicht ergeben. Die drei Männer hatten sich zwischen ihren Herren hindurch gezwängt. Ihre Beine wurden angehoben und sie konnte sehen wie die verbleibenden Wachen mit ihren Handrücken ausholten. "Nein!" Der Befehl wurde gebrüllt und sofort hielten die Wachen inne. "Lasst ab von ihr.", etwas ruhiger gesprochen folgte der zweite und umgehend wurde Folge geleistet. Sie fühlte wie ihre Beine abgesetzt wurden, ihre Arme wurden frei gelassen und der Schmerz auf ihrem Kopf ließ nach. Reflexartig griff sie nach der schmerzenden Stelle. Yuugi, der völlig reglos neben ihr gestanden hatte, eilte auf den Pharao zu, der sich gerade mit seinem Handrücken, das Blut von der Lippe gewischt hatte. "Herr.", rief der Großwesir besorgt und legte eine Hand vertraut an die Wange des Königs um die Verletzung besser in Augenschein nehmen zu können. Der blonde Würdenträger funkelte sie wütend an, während der andere dir Szenerie vor sich beobachtete und seinen Stab fester umschloss. Der König umfasste Yuugis Handgelenk und zog seine Hand sanft aus seinem Gesicht. Er lächelte ihn an. "Es ist Nichts. Sorg dich nicht.", sprach er ehrlich. Er kreuzte Anzus Blick kurz, ehe er weiter sprach. Sie straffte sich und legte alle Abscheu die sie gegen ihm empfand in ihre Augen. "Ich denke, es wäre besser, wenn sie zu ihrem Gemach zurück eskortiert wird." Er sah sich zu dem Blonden um. "Jounouchi?", bat er. "Ja, mein Pharao." Der König nickte und suchte die Augen seines Großwesirs. Sie schwiegen sich an, doch Anzu kam es vor, als würde ein Austausch stattfinden. Der Pharao kicherte leise, als hätte jemand einen Witz erzählt und schüttelte den Kopf. "Okay.", erklärte Yuugi und ließ seine Stirn einmal kurz gegen dir Schulter seines Gegenübers fallen, während er erleichtert seufzte. Mit einer Handbewegung befehligte der König, seinen Wachen ihm zu folgen, die beiden anderen Männer nahmen ihre frühere Position wieder ein. Bevor er, mit seinen Wachen und dem braunhaarigen Mann verschwand, schaute er sie, ein letztes Mal an und ließ sie, in Begleitung von Yuugi und Jounouchi,völlig verwirrt zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)