Sterben kann so schön sein... von Erenya (... oder auch nicht) ================================================================================ Kapitel 2: Informationsaustausch -------------------------------- Ich verdankte es wohl nur Anubis, dass ich nicht länger im Sand sitzen und mich von Thoth anstarren lassen musste. Stattdessen saß ich in dieser Art Tempel und ließ mich dort von Thoth anstarren, dem seine Ahnungslosigkeit gar nicht zu gefallen schien. Es musste ja auch wirklich deprimierend sein der Gott des Wissens zu sein und etwas zu haben, dass man nicht wusste. Mir hingegen konnte das egal sein. Wie sagte Einstein so schön, was wir wissen ist ein Tropfen, was wir nicht wissen ein Ozean. Ich konnte damit also gut leben nicht alles zu wissen, abgesehen von der Tatsache, ob ich nun tot oder lebendig war. Welcher Mensch hätte das nicht gerne gewusst? „Ka bara~“, schnurrte Anubis, als er auf meinen kleinen Tischchen, vor das er mich gastfreundlich platziert hatte, eine dampfende Tasse Tee und einen Plastikbecher mit roter Paste gestellt hatte. Zumindest sah es wie Paste aus. Er selbst hatte ebenfalls so einen Becher in der Hand und strahlte über beide Ohren, was ihn fast schon ein wenig jungenhaft wirken ließ. Seltsam, wenn Götter plötzlich menschliche Züge hatten. Irgendwie niedlich. „Anubis... sie ist kein Gast...“, ermahnte Thoth, erntete dafür aber eine kleine, für mich unverständliche Schimpftirade Anubis'. Ich hoffte einfach, dass Anubis seinem Vormund/Freund, wie auch immer man ihre Beziehung bezeichnen wollte, ordentlich die Leviten las und ihm erklärte, was eben zum freundlichen Ton gehörte. Geschadet hätte das Thoth nicht. „Dann mach was du denkst...“, seufzte er sich ergebend und fixierte seinen Blick wieder auf mich. „Also, woher kommst du?“ Nur mit einem Ohr zuhörend, hatte ich zu dem Becher mit der roten Paste gegriffen, die Anubis bereits glücklich aus seinem Becher löffelte. Ihm schien Thoths Versuch eines Verhörs nicht weiter zu interessieren, immerhin war der Becher gerade interessanter. „Aus Europa...“, antwortete ich knapp und öffnete den Becher. Die Paste roch seltsam, süß aber doch irgendwie herb. Ich dachte nicht einmal darüber nach, dass ich Europa vielleicht doch hätte noch genauer definieren sollen. So als Deutschland zum Beispiel. Stattdessen nahm ich einen großzügigen Bissen von der Paste die wirklich so süß schmeckte wie sie roch. Irgendwie lecker, weswegen ich auf den ersten gefolgt gleich noch einen Bissen nahm. Ein Fehler, der mir erst bewusst wurde, als der erste Bissen nachträglich anfing seine tückische Schärfe zu offenbaren und in meinem Mund das zweite Feuer des Tages zu entfachen. Allerdings konnte ich nicht zeigen, wie es in mir brannte, denn Anubis sah mich stolz, fast schon erwartungsvoll an. „Das war nicht was ich meinte... was ist passiert und warum bist du hier?“ Thoths Stimme hatte einen gewaltigen Nachdruck und wahrscheinlich würde er sofort explodieren, wenn ich ihm nicht gleich antwortete. „Ich war arbeiten... der Feueralarm ging los... und die Decke kam runter...“, keuchte ich mehr, denn das Brennen in meinem Mund wurde fast schon unerträglich, weswegen ich schnell zu der Tasse Tee griff, um die Wirkung der Paste zu mildern. „Du bist also ein Mensch?“, fragte Thoth noch einmal nachträglich, was ich nur mit einem Nicken quittierte. Ich setzte gerade die Tasse an meine Lippen, als diese auch schon wieder verschwunden war, doch das Brennen blieb. Entsetzt, fast schon verzweifelt sah ich zu Anubis, der mich böse ansah, als hätte ich ihm irgendetwas Schlimmes getan. In seiner Hand hielt er die Tasse aus der ich eben zu trinken versucht hatte und der ich so sehr nachtrauerte. „Bara ka!“, rief der Gott erbost und in meinem Kopf, so wahr er sich auf etwas anderes, außer den Schmerzen in meinem Mund konzentrieren konnte, wurde eine Lösung dafür gesucht, was ich Anubis angetan hatte, dass seine Gastfreundschaft auf einmal endete. Verdammt... da war ja was. Dunkel erinnerte ich mich daran, dass Anubis Menschen hasste. Und ich hatte eben offen zugegeben ein Mensch zu sein. Anubis verstand immerhin Thoth und mein Nicken hatte er sicher auch verstanden. Verdammt. „Anubis... bitte...“, flehte ich und streckte die Hände nach der Tasse aus, die der junge Ägypter immer wieder wegzog. Unbeeindruckt, beobachtete Thoth dieses Schauspiel, das wohl anderen entweder eine echte Tragödie oder Komödie geboten hätte. Für mich war es ein Drama in dem ich um die geliebte Tasse Tee trauerte. Tee der mich von meinem Leiden erlösen konnte, wie das Gift Romeo von seinen Trieben bezüglich Julia erlöst hatte. „Nochmal, warum bist du hier?“ Was wusste ich warum ich hier war? Gerade wusste ich gar nichts, außer, dass ich diesen Tee trinken wollte. Doch Anubis verwehrte mir immer noch den Griff zu dem ägyptischen Porzellan. Das hier war Folter. Ich wurde für etwas gefoltert, worauf ich nicht einmal antworten konnte. „Bitte... Anubis...“, flehte ich noch ausdrücklicher, ohne auf Thoths Frage zu antworten. Selbst wenn ich in der Lage dazu gewesen wäre, ich hätte es wohl nicht gekonnt. „Anubis... der Tee...“, murrte Thoth, der bemerkt hatte, warum ich gerade alles andere als aufmerksam war. Beleidigt sah Anubis zu dem Gott des Wissens, der ihn nur nachdrücklich ansah, bevor mir der Gott der Unterwelt schmollend die Tasse reichte und ich mich von meinem Leiden, mit einem gewaltigen Schlucken, erlösen konnte. Wahrscheinlich war Thoth doch einfühlsamer als ich es ihm zugetraut hatte. Immerhin hatte er mir nach dieser Beinahe-Tod Erfahrung erlaubt mich etwas zu erholen. Anubis hingegen hatte sich schmollend zurückgezogen und mir, glücklicherweise, diese Paste weggenommen und sie stattdessen selbst gegessen. „Du bist dumm oder naiv...“, begann Thoth schließlich nach einiger Zeit, weswegen ich leicht die Augenbrauen hob. Freundlich war Thoth definitiv nicht. Aber was sollte ich darauf schon antworten? „Und du nicht sonderlich höflich.“ Halt! Stopp, zurück! Nein! Das hatte ich nicht wirklich gesagt. Das hatte ich sicher nur gedacht. Nein... ich hatte es definitiv gesagt. Ich hatte meine Stimme ganz deutlich gehört. Genauso wie ich sie schon häufiger bei Kunden gehört hatte. Oh nein... Oh nein... „Ich meine... Warum bin ich dumm oder naiv?“ Ablenken, schnell ablenken, vielleicht hatte Thoth das jetzt nicht bemerkt. Hoffentlich hatte er es nicht bemerkt. „Hmpf...“, antwortete Thoth als wollte er mir sagen „Genau deswegen.“ Er hatte es bemerkt, wie hätte man das auch nicht bemerken können? „Es tut mir leid...“, nuschelte ich, denn mein Spruch war wohl nicht weniger weit gegangen als Thoths Unhöflichkeit. Und er hatte so etwas wie das Recht darauf unhöflich zu sein, schließlich war er ein Gott. Ich hingegen war nur ein Mensch. Ein einfacher Mensch, der nicht einmal wusste ob er tot oder lebendig war. Es war daher wohl nicht gut es mir mit Thoth zu verscherzen. „Dir ist hoffentlich bekannt, dass du dich an einem anderen Ort an dieses Reich gebunden hättest, indem du von der scharfen roten Bohnenpaste gegessen hast?“ Als Thoth das erwähnte, wurde mir klar, dass er wirklich recht hatte. Ich war dumm und naiv. Aber zugeben wollte ich das natürlich auch nicht. „Ich weiß. Aber...“ Mh... wie stellte man sich als nicht ganz so dumm und naiv dar wir man wohl eigentlich war? Ich musste ja irgendwie Thoth davon überzeugen, dass es wirklich dümmere Menschen als mich gab. Noch dazu wollte ich nicht diesen bitteren Nachgeschmack behalten, dass ich wirklich nicht gerade die hellste Leuchte war. Ich musste meine Argumente also sorgfältig abwägen. Genau wie Phoenix Wright. Wenn es blöd für einen aussah, musste man nur lächeln. „... wir sind ja nicht im Hades sondern in Anubis Reich. Das bedeutet der ägyptischen Unterwelt, oder?“ Ich lächelte. Krampfhaft aber ich lächelte. Das war doch immerhin etwas, womit man Thoth hoffentlich genug aus der Fassung bringen konnte. Leider war das reale Leben kein Phoenix Wright Spiel und Thoth keiner von Phoenix' Gegner. Denn den Gott des Wissens erschütterte nichts so schnell. Nicht einmal das Lächeln eines Mädchens. „Es mag ja sein, dass du bereits herausgefunden hast, dass du in der ägyptischen Unterwelt bist, aber das ist noch lange kein Grund so überheblich und unvorsichtig zu werden. Du kennst weder die Regeln der Totenreiche, noch kannst du sagen, dass dein Scheinwissen wirklich belegt ist.“ Wie hätten meine Freunde nun gesagt 'In your face'. Ich hasste Thoth. Ich hasste ihn wirklich, denn er nahm mir nicht nur mein Scheinwissen, sondern auch meine Schein-Selbstsicherheit. Super. Ich war also ein Niemand. Ein leises Seufzen entkam mir. Scheinwissen... Na gut wie wollte man auch gegen den Gott des Wissens anstinken? „Da fällt mir ein und vielleicht magst du mir, das erklären... Wie kommt es, dass ich dich verstehe, Anubis aber nicht?“ Das war eine Frage die mir plötzlich aber berechtigt in den Sinn kam. Wieso war mir das eigentlich nicht schon früher aufgefallen? Anubis verstand immerhin Thoth der mit mir in einer Sprache sprach, die ich auch verstand. Anubis hingegen schien ägyptisch zu sprechen. „Als Gott des Wissens ist es selbstverständlich, dass ich mich in jeder Sprache verständigen kann. Allerdings... habe ich nichts an meinem Sprachverhalten seit deiner Ankunft geändert. Dennoch verstehe ich dich und du mich, was ich darauf schließe, dass ich umfassende Informationen über Menschen und ihr Herz habe.“ Eine Augenbraue ging bei mir zweifelnd in die Höhe. Ob Thoth wirklich soviel Ahnung von Menschenherzen hatte war nach seinem Benehmen etwas fragwürdig. Besser aber ich schwieg dazu, denn ich hatte mich für einen Tag schon genug in die Nesseln gesetzt. Wahrscheinlich sollte ich froh darüber sein, dass ich jemanden hatte, den ich verstand und der auch wusste, wovon ich sprach. Ein Fortschritt, auch wenn ich lieber mit Anubis gesprochen hätte. Dieser schmollte mich aber, seit er wusste, dass ich ein Mensch war, an. „Also schön, ich fasse zusammen was passiert ist. Du warst bei deiner Arbeit als Depp für alles und jeden. Dich hat gerade einer dieser schwerverständlichen Kommunikationsfehler zusammengefaltet, als bei euch der Feueralarm los gegangen ist. Während deine sogenannten Kameraden und Kollegen sich also panisch aus dem Staub gemacht und dich zurückgelassen haben, hast du noch die Naivität besessen höflich zu sein und das Gespräch zu beenden. Vollkommen orientierungslos, bist du über den längeren Weg geflohen und wurdest dafür als Ablage für eure Decke missbraucht. Als du wieder zur dir kamst, warst du hier...“ Ich nickte. Auch wenn Thoth das alles auf seine etwas eigene Art nacherzählte, lag er doch schon ganz richtig mit seiner Darstellung. So wie er es sogar schilderte, war für mich sogar eindeutig klar, dass ich tot sein musste. „Ja. Wie du siehst, ich bin tot. Lediglich meine Ankunft hier ist ein formeller Fehler.“ Ein formeller Fehler, das war alles was ich mir vorstellen konnte. Vielleicht hatte ich irgendwo beim aufwachen oder sterben die falsche Abzweigung genommen. Okay, ja, das klang lächerlich, aber es war die einzige logische Erklärung. Wobei, selbst das war wohl nicht logisch. Die beiden Götter die hier vor mir waren, waren nicht einfach nur Götter sondern fiktive Figuren aus einer Serie, die nicht real war und die ich aus den gleichen Gründen mochte wie hasste. Aber natürlich so vor eben jenen Charakteren stehend kommt man nicht auf den Trichter. Wieso auch? Das hätte so viele Sachen einfacher gemacht. Und mich wahrscheinlich noch mehr verwirrt. „Unsinn!“ Ich zuckte zusammen, als Thoth wie ein Löwe brüllte. Schnell hatte ich verstanden, dass er es nicht sehr prickelnd fand, wenn man irgendwelche Theorien in den Raum warf, die alles andere als logisch klangen. „Wieso Unsinn? Selbst du musst doch zugeben, dass ein Mensch es wohl kaum überleben kann, wenn Brocken einer Raumdecke ihn erschlagen. Im Gegensatz zu dir und Anubis bin ich keine Göttin. Demnach kann ich nur Tod sein. Das ich also hier bin ist nur ein Fehler.“ Beleidigt verschränkte ich nun die Arme und sah zu Thoth. Ich wollte eine Begründung für seinen Ausruf, ohne würde ich sicherlich nichts andere akzeptieren. „Du wärst der erste Fehler seit Jahrtausenden. Deine nette Theorie hätte ja Bestand, wenn es nicht der erste Fehler dieser Art wäre. Aber er ist es. Gemessen dem, dass du die wirklich ein normaler Mensch bist, ist es unmöglich, dass du das göttliche System des Übergangs in das Totenreich überlisten könntest. Von Geburt an werden die Informationen einer Seele einem bestimmten Gebiet zugeteilt, so dass es nach dem Tod der physischen Hülle nicht dazu kommt, dass wir uns zum Beispiel um griechische Bewohner kümmern müssen. Die Seelen bekommen dort dann ihr Urteil, und werden später zusammengeführt, wo sie dann wieder ihren Schritt ins neue Leben gehen können, ungeachtet dessen welcher Nationalität sie zuvor angehört haben.“ Das Thoth soweit ausholte und mir erklärte, wie das Sterben für gewöhnlich funktionierte, war unnötig gewesen. Es hätte vollkommen gereicht, dass er mir erklärte, dass ich der erste Fehler dieser Art war. Selbst ich verstand, dass es damit kein formeller Fehler war und irgend etwas anderes passiert sein musste. „In Ordnung, es ist kein formeller Fehler... Das erklärt mir aber dennoch nicht, dass ich nach meinem Tod hier gelandet bin. Weder meine Eltern noch ich, sind in Ägypten geboren oder aufgewachsen. Was für eine Möglichkeit gibt es also noch, dass ich dennoch hier bin? Das ist schließlich ein Fakt, denn wir beide nicht abstreiten können.“ Genervt seufzte Thoth und ging auf mich zu. Er kam mir unangenehm nahe, weswegen ich zurückwich, bis eine Säule in meinem Rücken mich daran hinderte und er etwas tat, dass eine meiner besten Freundinnen und ich schon als Thoths Markenzeichen und Specialmove sahen. Er pinnte mich mithilfe einer Hand, die er neben meinem Gesicht, gegen die Säule stützte, an diese und näherte sich mit seinem Gesicht dem meinigen. „Nicht nur dumm und naiv, sondern auch begriffsstutzig bist du. Du gehst die ganze Zeit davon aus, dass du tot bist. Warum? Hast du so eine Todessehnsucht? Wenn es das ist, können wir das in Null Komma nichts ändern und hätten das Problem gelöst. Allerdings würde ich dann wohl nie erfahren, was für dein Erscheinen verantwortlich ist.“ Begriffsstutzig? Er trieb es wirklich zu bunt. Was konnte ich bitte für meine Situation? „Ich gehe davon aus, weil ich von Brocken der Zimmerdecke erschlagen wurde. Das habe ich dir doch erzählt.“ „Begriffsstutzig und engstirnig...“, murrte er und sah mich dabei an. Okay, wenn wir so weiter machten, fielen ihm sicher noch mehr Adjektive ein, die er mir in negativer Weise an den Kopf werfen konnte. „Schau über den Tellerrand hinaus. Wenn du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das was übrig bleibt die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist.“ Moment! Hatte Thoth gerade Sherlock Holmes zitiert? Der Gott des Wissens hatte einen fiktiven Menschen zitiert um mir zu sagen das... Ja was eigentlich? Nachdenklich sah ich an ihm vorbei, einfach weil seine Augen mich nervös machten. Das Unmögliche ausschließen... Es gab hier nur das Ausschlussverfahren von Leben und Tod. Aber wenn Thoth mich anschnauzte, weil ich behauptete tot zu sein war ich es vielleicht doch nicht. Allerdings hatte ich doch den Impakt der Decke gespürt. Gespürt.. aber nicht gesehen. Und ich hatte diesen Impakt auch nicht am ganzen Körper gespürt. Nur an den Fingern. Auch wenn es Unmöglich klang... vielleicht war ich ja nicht von der Decke getroffen wurden. Ich hatte es nicht mit eigenen Augen gesehen. Und ein Motto von mir war immerhin „Ich glaube nur, was ich selbst sehe.“ Aber bei so etwas... „Das ist ein Scherz, oder? Du kannst nicht wirklich darauf hinaus wollen, dass ich lebe.“ Wahrscheinlich war ich wirklich engstirnig. Welcher Mensch, der gerade die Möglichkeit bekam zu erkennen, dass er noch am Leben war, versuchte dies so vehement zu verweigern wie ich? Warum versuchte ich das eigentlich? Hätte man mir gesagt ich sei tot, wäre ich traurig gewesen. Ich hätte so vielen Menschen nicht mehr sagen können, wie viel sie mir bedeuteten. Jetzt hatte ich die Chance, vorausgesetzt ich lebte wirklich. „Es ist unmöglich, dass unser göttliches System zur Führung der Toten einen Fehler macht. Genauso wie es unmöglich ist, dass ein Toter wegen scharfer roter Bohnenpaste so ein Theater macht wie du. Tote schmecken nichts.“ Thoths Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht. Die ganze Zeit hatte er gewusst, dass ich lebte und hatte nur einen Beweis nach dem anderen gesammelt, während er mir eine Information nach der anderen heraus gekitzelt hatte. „Bara ka bara ka?“ „Du hast Recht. Hier bleiben kann sie nicht. Allerdings... Anubis wir begleiten sie. Ich will wissen was passiert ist, um solche Spielchen in Zukunft zu unterbinden.“ Hieß das Anubis hatte auch verstanden, dass ich noch am Leben war? War ich wirklich die einzige, die so verblendet gewesen war und es nicht kapiert hatte? Irgendwie deprimierend. Noch dazu peinlich, weil es mir selbst jetzt, nach all den Beweisen nicht leicht fiel zu glauben, dass ich lebte. Etwas in mir wollte Thoth das Gegenteil beweisen und klammerte sich an jeder dämlichen Behauptung um seine Logik zu zerschlagen. Doch jedes geistige Argument prallte daran ab und schallte mich nur mehr eine Närrin. Wie sollte eine Seele etwas schmecken? Logisch, ich hatte die Schärfe der Paste geschmeckt. Noch dazu, wenn die Seele ohne Fehler ins richtige Totenreich fuhr, war mein Ausflug ins falsche Totenreich sicher nicht ein Fehler in diesem System. Noch dazu hatte ich den Aufprall der Decke nicht am gesamten Körper gespürt. Ich war... ich war einfach nur weg. Nicht in mehr meiner Heimat. Sondern ganz allein bei zwei Göttern, die ich zwar kannte, aber die eindeutig nicht sonderlich angetan von mir waren. Allein... ganz allein... „Es wäre da doch besser wirklich tot zu sein...“, wisperte ich zu mir selbst und sank an der Säule gen Boden. Es war wirklich seltsam. „Steh auf, du kannst hier nicht bleiben.“ Wie durch einen dichten Nebel drang die Stimme Thoths zu mir vor. Und wie ferngesteuert schüttelte ich mit dem Kopf, mit den Tränen kämpfend. Nicht tot... nicht in meiner Heimat, nicht bei meinen Freunden... ganz allein zwischen zwei Göttern als kleines Nichts. Unbedeutend genug um den Tod nicht wert zu sein. Ich konnte mich nicht länger der Tränen verwehren. Sie liefen einfach über meine Wangen, ohne dass es etwas gab, dass mich daran hindern konnte. „Hör auf zu weinen... Wir bringen dich wieder zurück unter die Lebenden und später auch in deine Heimat. Allerdings müssen wir erst einmal herausfinden, was genau passiert ist. Die Antworten werden wir hier aber nicht finden.“ Grob packte mich Thoth am Arm und zog mich auf die Beine. Mir war auf einmal egal, wie unverschämt der Gott des Wissens war, oder dass ein leichter Schmerz meinen Arm durchfuhr. Mir war egal, dass Anubis besorgt zu mir sah und scheinbar mit sich kämpfte, ob er nun sauer auf mich sein sollte, weil ich ein Mensch war, oder Mitleid mit mir haben sollte. Mir war das alles egal. „Wir gehen Anubis. Osiris wird für einige Zeit schon mit den Toten klar kommen.“ Ich gab keine Gegenwehr mehr, als Thoth mich hinter sich herzog. Ich folgte ihm einfach wie eine Puppe oder ein kleines Kind. Anubis folgte uns zu einem Tor, welches hell zu leuchten begann, als wir drei es betraten. Ein letztes Mal, sah ich auf, schwach, ungewillt, aber mit dem Zwang es tun zu müssen. Ein letztes Mal sah ich den Tempel von Anubis, ehe die Szenerie wechselte und wir uns, in menschlicher Tracht inmitten eines ägyptischen Basars wiederfanden. Hosted by Animexx e.V. 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