Freundschaftsband von Tammix (Durch die Kraft des Bands der Freundschaft) ================================================================================ Kapitel 15: Killerechse on Tour ------------------------------- Killerechse on Tour Am nächsten Morgen werde ich von einem rütteln an meiner Schulter und Xannys leicht besorgter Stimme geweckt. „Sweety, ich denke, du solltest besser aufwachen. Karnimanis Pokéball wackelt schon seit einiger Zeit verdächtig und langsam wird das Wackeln stärker. Womöglich wird er sich jeden Moment daraus befreien und dann solltest du, glaube ich, besser wach sein.“ Sofort schlage ich die Augen auf und mein Blick wandert direkt nach links, wo meine Sachen, also auch Karnimanis Pokéball, liegen. Und der bewegt sich wirklich ziemlich heftig hin und her, sodass er fast über den Boden wegrollt. Schnell fahre ich hoch, allerdings zu schnell, denn so krache ich mit meiner Stirn gegen Xannys Kopf, die immer noch über mich gebeugt da stand. Beide stöhnen wir simultan auf und zucken auseinander, wobei wir uns an unsere Köpfe fassen. Während ich mir noch die schmerzende Stirn reibe, sehe ich Oxana in die dunkelblauen Augen, sie erwidert den Blick und plötzlich fangen wir gleichzeitig an zu lachen. Das ist so typisch für uns! Was die Arme aber auch alles mit mir durchmachen muss! Wir können uns einfach nicht beruhigen, jedes Mal wenn ich denke, jetzt könnte ich es schaffen, sehe ich Xanny an, die sich über ihre rote Stirn reibt und dabei fast weint—ob vor Lachen oder Schmerzen ist mir nicht ganz klar, aber ich hoffe, dass es am Lachen liegt- und dann muss ich wieder mitlachen. Irgendwann tut mir der ganze Bauch vor Lachen weh, mir laufen die Tränen über das Gesicht und zu allem Übel habe ich durch das Lachen auch noch einen Schluckauf bekommen. Ein gutes hat das allerdings, Xanny ist so irritiert von dem Geräusch, dass sie mitten im Lachen aufhört und mich fragend ansieht. Ich will etwas sagen, doch anstatt Worten kommt nur ein lautes „Hicks!“ aus meinem Mund und ich schlage mir erschrocken die Hand vor diesen. Da muss die Blauhaarige sofort wieder lachen und ich falle ein, unterbrochen von gelegentlichen Hicksen, die uns beide nur noch mehr zum Lachen bringen. Wir kriegen uns gar nicht mehr ein. Irgendwann betritt Zac die Hütte, vermutlich hat er sich gefragt, wo wir bleiben, und bleibt ziemlich überrascht stehen, als er uns sieht, wie wir uns vor Lachen auf dem Boden krümmen. „Alles in Ordnung mit euch? Was ist denn so lustig?“ Oxana und ich schaffen es tatsächlich, uns so weit zu beruhigen, dass wir ihm antworten können und er uns verstehen kann, doch gerade als ich zum Reden ansetzen will, macht mein Körper wieder „Hicks“ und zuckt dabei heftig zusammen. Sofort brechen Xanny und ich wieder in Lachen aus und auch Zac muss schmunzeln, als er versteht, warum wir uns nicht mehr fassen können. „Ich denke, ihr beide solltet euch jetzt mal beruhigen, dann trinkst du etwas, um den Schluckauf los zu werden und dann solltest du dein Pokémon aus seinem Pokéball lassen“, erinnert uns Zac an das, was wir eigentlich tun sollten, bevor wir unsere Köpfe gegeneinander gerammt haben. Doch dieser Satz reicht, um uns wieder ernst werden zu lassen und das, obwohl mir hin und wieder ein Hicksen entfährt. Aber mit der Aussicht darauf, gleich einer wutschnaubenden Krokoechse in die Augen zu sehen, vergeht uns das Lachen. Schnell stehe ich auf, diesmal ohne meine beste Freundin zu rammen, und greife nach meinen Anziehsachen. Zac begreift zuerst nicht, dass ich mich umziehen will, erst als ich mich deutlich räuspere und zur Tür sehe, bekommt er rote Wangen und flüchtet aus der Hütte. Xanny und ich sehen uns grinsend an und als die Tür hinter Zac krachend ins Schloss fällt, brechen wir sofort wieder in Lachen aus. Irgendwann haben wir es geschafft uns zu beruhigen und ich konnte mich umziehen. Nun stehen wir alle draußen, ich halte Karnimanis Pokéball in der Hand, sodass er nicht mehr wackeln kann, aber nun heftig vibriert, und beiße mir vor Angst fast meine Unterlippe entzwei. Er wird bestimmt rasen vor Wut. Was, wenn er mich angreift? Oder noch schlimmer, Zac oder Lady Diana. Oder Xanny! Sie hat ja noch nicht mal ein Pokémon, was sie vor meinem Karnimani beschützen könnte. „Du musst keine Angst haben, Svenja. Wir sind alle bei dir. Selbst wenn Karnimani dich angreifen sollte, werden wir dir beistehen“, versucht Zac mich zu beruhigen. Aber um mich mache ich mir ja am wenigsten Sorgen. „Ich habe eher Angst um euch, anstatt um mich. Zac, wenn Karnimani ausrasten sollte, versprich mir, dass du Xanny beschützen wirst.“ „Natürlich. Ich verspreche es.“ „Um mich brauchst du dir auch keine Sorgen machen, Svenja“, sagt Lady Diana jetzt. „Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen.“ Das sagt sie mit so einer Ernsthaftigkeit, dass ich ihr einfach glauben muss. Ich nicke, dann sehe ich allen drein noch einmal fest in die Augen, bevor ich tief durchatme und den Knopf von Karnimanis Pokéball sanft drücke. Sofort schießt der weiße Energiestrahl daraus hervor und auf die Wiese, aus dem sich Karnimani formt. Ich wappne mich für den Wutanfall, der jetzt folgen wird. Ich habe mich nicht gut genug vorbereitet. Aber wie hätte ich das, was passiert, auch erwarten sollen? Sobald Karnimani sich materialisiert hat, knurrt er wütend und sieht sich suchend um. Schnell fallen seine rot glühenden Augen auf mich und schneller als ich reagieren kann, faucht er fuchsteufelswild auf, rennt auf mich zu und kratzt mir mit seinen scharfen Krallen über den Unterschenkel. Gepeinigt schreie ich auf, als sofort Blut aus der Wunde schießt. Aber mit Karnimani geht eine Veränderung vor. War es vorher total wild, bleibt es jetzt wie eingefroren stehen. Das einzige, was sich bewegt, sind seine Nasenflügel, die heftig beben. Dann heben sich ganz langsam seine Lippen zu einem lautlosen Zähne fletschen und in seine rotglühenden Augen tritt ein grausames Funkeln. Da begreife ich es. Er riecht das Blut und ist dem Blutrausch verfallen. Berechnend mustert er mich, während ich so schnell wie möglich nach hinten stolpere, wobei noch mehr Blut meinen rechten Unterschenkel herunter läuft. Karnimanis gieriger Blick wird wie hypnotisiert von dem Blut angezogen, er leckt sich über die Lippen und bevor ich oder irgendjemand eingreifen kann, springt er mit offenem Maul auf mich zu, weswegen ich laut aufschreie und ängstlich die Augen zukneife. Als ich allerdings keine Zähne spüre, die sich unnachgiebig in mein Bein bohren, reiße ich meine Augen wieder auf und sehe noch, wie Lin-Fu Karnimani zurückdrängt. Sie muss sich aus dem Ball befreit haben, als sie meinen Schrei gehört hat, und nun beschützt sie mich, mal wieder, vor Karnimani. Mit einem wütenden Fauchen rappelt Karnimani sich wieder auf und kauert nun wie ein Raubtier mit gebleckten Zähnen am Boden. Seine Augen glühen vor Blutlust. Beschützend stellt Lin-Fu sich vor mich und breitet die Arme aus, um mich größtmöglich zu schützen. „Schon gut Lin-Fu. Das ist nicht nötig“, versuche ich sie zu beruhigen. „Das ist immer noch Karnimani, mein Partner. Er würde mich schon nicht töten.“ Ich will an ihr vorbei treten und zu Karnimani gehen, um ihn zu beruhigen, doch Lin-Fu faucht mich mahnend an und verstellt mir den Weg. „Lin-Fu“, setze ich an, doch sie faucht wieder zu und schiebt mich sogar etwas zurück. Dass sie mich so sehr beschützen will, ist eigentlich süß, aber ich muss auch jemanden beschützen– und zwar Karnimani. Wenn es sein muss, auch vor sich selbst. Doch bevor ich zu Karnimani eilen kann, so schnell es mit blutendem Bein geht, öffnet Karnimani seinen Mund und schießt einen Wasserstrahl auf Lin-Fu. Die Aquaknarre ist so stark, das Lin-Fu einfach weggeschleudert wird. Nun hat Karnimani freie Bahn auf mich, doch ich habe keine Angst. Ich glaube einfach nicht, dass er mich so schwer verletzten würde, dass ich wirklich in Gefahr wäre. Wie um meine Gedanken Lügen zu strafen, fange ich nun an zu zittern. Mir ist verdammt kalt, dabei scheint sogar die Sonne! Scheinbar blute ich stärker als gedacht, was das rote Gras unter mir beweist. Trotzdem schüttele ich den Kopf, als Zac zu seinen Pokébällen greift, um mich zu beschützen. Ich werde das alleine schaffen. Karnimani wird mir nichts tun, davon bin ich überzeugt. Schließlich hatte er dazu schon oft genug Gelegenheit, doch getan hat er mir nichts. „Karnimani, ganz ruhig. Versuch dich zu beruhigen. Ich weiß, der Blutgeruch macht dich wahnsinnig, aber du darfst dem nicht nachgeben. Konzentrier dich auf das was ich sage, blende den Geruch aus“, rede ich behutsam auf ihn ein und für einen Moment scheine ich Erfolg zu haben. Er schüttelt verwirrt den Kopf, so als könnte er sich nicht entscheiden, welchem Reiz seiner Sinne er folgen soll, dem Geruch oder meiner Stimme, doch dann hebt er entschlossen den Blick – seine Augen glühen vor Mordlust und bevor ich noch etwas sagen kann, rennt Karnimani auf mich zu, springt hoch und holt mit seinen blutverschmierten Krallen aus. Nur meinem Zurückzucken ist es zu verdanken, dass er mich an der Brust trifft und nicht an meinem Hals. Der Schmerz explodiert in meinem Körper, als Karnimanis Krallen meine Haut durchschneiden. Ich schreie auf, doch Karnimani scheint das nur mehr anzustacheln. Er leckt sich über die Lippen, bevor er zubeißt, direkt in meinen linken Unterarm. Ich brülle auf vor Schmerzen, schüttele meinen Arm, an dem Karnimani hängt, wie verrückt und rutsche dabei auf dem glitschigen Boden aus. Erst als ich liege, fällt mir auf, dass ich in meinem eigenen Blut ausgerutscht bin. Und dann geht alles ganz schnell. Oder vielleicht sind meine Augen auch nur nicht mehr fähig, alles richtig aufzunehmen. Meine Sicht verschwimmt, ich glaube zu sehen, wie Lin-Fu Karnimani von mir weg reißt und verprügelt, doch ich bin mir nicht sicher. Mein Sichtfeld wird an den Rändern immer dunkler, mein Blick fokussiert sich auf das Blut am Boden, in dem ich liege. So viel Blut! Alles was ich noch sehen kann, ist rotes Blut. Alles rot, rot, rot; rot von meinem Blut. Plötzlich höre ich einen Schrei, er klingt wie von weit weg, oder als hätte ich Watte in den Ohren, trotzdem hebe ich noch einmal den Blick. Meine eisblauen Augen bohren sich die die roten von Karnimani, welche vor Schock und Entsetzen weit aufgerissen sind. Dann fällt mein Kopf hart auf den Boden und alles wird schwarz. Ein stetiges Piepsen weckt mich. Während meine Gedanken noch irgendwo im Delirium liegen, sind meine Sinne schon aktiv. Ich rieche den sterilen Geruch von Desinfektionsmittel. Ich höre das Piepen irgendeines Apparats. Mir ist angenehm warm, was nicht zuletzt an dem weichen Etwas liegt, was mich bedeckt. Ich spüre, dass ich auf irgendetwas Nachgiebigem liege. Und ich spüre, dass sich ein brutaler Schmerz durch meinen Körperl zieht. Keuchend grabe ich meine Hände in das Bettlaken und fahre hoch, wobei ich die Augen aufreiße. Alles um mich herum dreht sich und ich stöhne auf, als der Schmerz sich rasend schnell durch alle Nerven meines Körpers zieht. Schnell presse ich meine Augen wieder zusammen und verdecke sie unterstützend auch noch mit meinen Händen. Bzw. das wollte ich, aber dann fällt mir auf, dass irgendwas in meiner rechten Hand steckt und verwundert betrachte ich den farblosen Plastikschlauch, der in meinem Handrücken ist. Verwirrt verfolge ich mit den Fingern, dass der Schlauch in einen Beutel mündet, in dem eine farblose Flüssigkeit ist und gerade strecke ich meine linke Hand aus, um probehalber an dem Schlauch in meiner Hand zu ziehen, da wird meine Hand von zwei kleineren umfasst. Erschrocken zucke ich zusammen und sehe auf – direkt in die besorgten blauen Augen von Oxana. „Xanny!“, will ich sagen, aber mehr als ein Krächzen bringe ich nicht zu Stande. Schnell räuspere ich mich und will wiederhole meinen Ausruf. Sofort sieht meine beste Freundin mich erleichtert an und schließt mich in die Arme. „Oh bei Arceus, du bist aufgewacht Sweety! Wie fühlst du dich? Tut dir etwas weh? Soll ich dir etwas bringen?“ Bevor ich auf eine ihrer vielen Fragen antworten kann, höre ich ein langgezogenes „Fuuuu!“ , mein Bett senkt sich links neben mir und dann sehe ich nur noch braunes Fell. Gleich darauf wird mir heftig das ganze Gesicht abgeleckt und lachend schiebe ich Lin-Fu etwas von mir, die mich stürmisch begrüßt. „Es ist alles in Ordnung Lin-Fu. Ich bin nicht gestorben, du musst mich also jetzt nicht zu Tode drücken.“ Neben mir höre ich Xanny hart und zischend die Luft einziehen und sehe sie verwirrt an. Erschrocken bemerke ich die Tränen in ihren Augen. „Sag so was nicht, verdammt!“, faucht sie für ihre Verhältnisse sehr heftig. „Du wärst im Wald verblutet, wenn wir dich nicht so schnell ins Pokémon Center der World School gebracht hätten!“ Ungläubig sehe ich sie an. „Das kann nicht sein. So schlimm waren die Verletzungen, die Karnimani mir zugefügt hat, auch nicht.“ Doch während ich das sage, erinnere ich mich an das viele Blut, was den Waldboden aufgeweicht hat und ein eiskalter Schauer jagt über meinen Rücken. Stand es wirklich so schlimm? „Doch, das waren sie! Es ist Karnimanis Schuld, dass du jetzt hier liegst. Er hätte dich fast getötet!“, schreit Oxana wütend auf. Sofort sehe ich sie scharf an. Niemand beschuldigt meine Pokémon, noch nicht mal meine beste Freundin! „Nimm das zurück! Es war nicht seine Schuld, dass er mich so verletzt hat. Er ist dem Blutrausch verfallen, er hatte keine Kontrolle mehr über sich! Wenn du jemanden beschuldigen willst, dann mich, weil ich es so weit habe kommen lassen!“ Oxana sieht mich erstaunt an, dann sackt sie zusammen und atmet tief ein und aus. Sie fährt sich durch die langen Haare und sieht mich aus reuevollen Augen an. „Tut mir leid. So meinte ich das nicht. Ich weiß ja, dass das nicht Karnimanis Schuld war. Aber diese 24 Stunden in ständiger Sorge um dich haben mich wahnsinnig werden lassen.“ Ich streiche ihr über den nackten Arm, als Zeichen, dass ich ihr verzeihe, dann realisiere ich komplett, was sie gerade gesagt hat. „Moment, was heißt hier 24 Stunden?“ „Als der Helikopter uns alle ins Pokémon Center der Pokémon World School gebracht hat, hat Schwester Joy dir gleich eine Blut- und eine Eisen Transfusion gegeben, weil du so viel Blut verloren hast. Danach hat Heiteira dich in den Schlaf gesungen, damit du so neue Energie sammeln und dich erholen kannst. Naja, und das war eben gestern ungefähr so um die Uhrzeit. Wir kamen hier gestern um 10.50 an, jetzt ist es viertel vor 11, nur eben schon der 4.6 und nicht mehr der 3.“ Stöhnend wegen meinem brummenden Schädel lasse ich meinen Kopf ins Kissen sinken und streichle dabei abwesend Lin-Fu, die sich links neben mir zusammen gerollt hat. Xanny sieht uns mit liebevollem Blick an, als sie sagt: „Ich bin verdammt froh, dass du wieder wach bist. Nicht nur ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Lin-Fu hat sich sogar geweigert etwas zu Essen. Entweder sie hat an deinem Bett mit mir Wache gehalten oder sie hat mit Lady Diana trainiert. Sie kann jetzt sogar eine neue Attacke, Ableithieb.“ Sofort fahre ich wieder hoch. „Wirklich?“, frage ich erstaunt und sehe Lin-Fu an, die leicht stolz nickt. „Lady Diana war wohl der Meinung, dass ein Kampfpokémon auch eine Kampfattacke können muss“, erklärt Xanny schmunzelnd. „Das ist ja Wahnsinn“, flüstere ich und streiche Lin-Fu bewundernd über den Kopf. Dabei fällt mir auf, dass hier irgendwas nicht stimmt und als ich es dann in Worte fassen kann, könnte ich mich vor Blödheit selbst schlagen. Scheinbar ist mein Kopf noch nicht ganz auf der Höhe. Denn eigentlich habe ich ja zwei Pokémon und nicht nur Lin-Fu. „Wo ist eigentlich Karnimani? Doch wohl hoffentlich nicht wieder in seinem Pokéball?“, will ich leicht panisch wissen. Xanny zerknirschtes Gesicht lässt mich das Schlimmste vermuten. „Was, er ist ABGEHAUEN!?“, schreie ich wild auf, als Xanny mir schließlich stotternd alles erzählt hat und das Gerät, was meinen Herzschlag und Puls und all diesen Kram misst, piepst hektisch los. Vermutlich sollte ich versuchen mich zu beruhigen, aber – Karnimani ist weg! Bevor ich Oxana anfahren kann, wie sie das zulassen konnte, wird die Tür des Zimmers aufgerissen und eine Schwester Joy stürzt in den Raum. Ein Blick auf mich, wie ich in meine Bett aufrecht sitzt und fast ausraste und sie wirft Oxana einen vorwurfsvollen Blick zu, die unter diesem sofort schrumpft. „Ich wollte doch sofort informiert werden, wenn Svenja aufwacht. Was daran war bitte so schwer zu verstehen, Oxana?“, faucht sie meine beste Freundin an, während sie auf mich zu eilt. „Svenja ist ja noch gar nicht lange wach“, versucht sie sich leise zu verteidigen, aber Schwester Joy ignoriert die Blauhaarige vollkommen. Mit erstaunlicher Kraft drückt sie mich an den Schultern nach unten, während sie sagt: „Beruhig dich Svenja. Es ist alles in Ordnung. Du bist hier in Sicherheit.“ Verbissen versuche ich gegen die Schwester anzukämpfen. Ich muss doch nach Karnimani suchen. „Karnimani ist irgendwo alleine! Ich muss ihn suchen!“ „Keine Sorge, darum kümmern sich bereits Leute. Dein Freund Zac sucht dein Pokémon schon die ganze Zeit. Du musst dir also keine Sorgen machen.“ Sofort stelle ich meinen Kampf gegen Schwester Joy ein und lasse es zu, dass sie mich auf die Matratze drückt. Zac sucht nach Karnimani? Arceus sei Dank, nicht vorzustellen was passieren würde, wenn Karnimani die ganze Zeit alleine in dem Wald sein müsste. Hoffentlich findet Zac ihn bald. „So, jetzt wo du dich beruhigt hast, sollten wir uns mal um deine Verletzungen kümmern, findest du nicht Svenja?“, fragt Schwester Joy und lächelt auf mich herunter. Als ich nicke, zieht sie mir die Hose hoch, die sie mir im Pokémon Center wohl angezogen haben, so dass der Verband an meinen rechten Unterschenkel frei wird. Sie macht den Verband ab und ich sehe die vier parallelen Schnitte, die Karnimanis Krallen hinterlassen haben. Die Haut darum ist ganz rot, aber die offenen Wunden sind zugenäht worden. Xanny neben mir würgt leise und wendet den Blick ab, ich dagegen bin wie gebannt von dem Anblick. Ich kann nicht glauben, dass das Karnimani war, und das ist ja nicht die einzige Stelle meines Körpers, wo er mich verletzt hat. Schwester Joy nickt nachdenklich, dann schmiert sie eine Salbe drauf, die unangenehm prickelt und verbindet mein Bein wieder. Danach widmet sie sich meinem linken Unterarm, wo Karnimani mich gebissen hat. Praktisch mein ganzer Unterarm ist blau, man sieht aber deutlich die Stellen, in die sich seine kräftigen Zähne gebohrt haben. Auf diese Bisswunde sprüht Schwester Joy etwas drauf, was meinen Arm angenehm kühlt, dann verbindet sie ihn wieder mit einem neuen Verband. Vermutlich hat sie hier keine Salbe verwendet, weil die Wunde noch offen ist und ich traue mich nicht zu fragen, warum sie diese Wunde nicht auch zugenäht haben. Vielleicht funktioniert das bei Bissen ja nicht so gut. Schlussendlich bittet sie mich, das Nachthemd auszuziehen, was sie mir angezogen haben und ich komme der Bitte mit etwas Unterstützung von Schwester Joy auch nach. Als ich eine unbedachte Bewegung mache, zerreißt es mir fast den Brustkorb und ich kann nicht mehr atmen. Automatisch fasse ich mir an die Brust und spüre, dass auch um meinen Oberkörper ein Verband gewickelt wurde. Nur undeutlich kommt mir in den Sinn, das Karnimani mich ja auch da gekratzt hat. Schwester Joy schüttelt seufzend den Kopf, als sie die Wunden auch hier wieder mit Salbe einreibt. Wenn ich meinen Kopf extrem nach vorne abknicke, kann ich die vier genähten Kratzer sehen, die bei meinem rechten Schlüsselbein anfangen und auf meinem Brustbein enden. Schwester Joy verbindet mich schlussendlich wieder und bevor ich irgendetwas sagen kann, beginnt sie schon. „Es tut mir sehr leid, Svenja. Ich habe alles getan, was ich kann und deine Wunden werden gut verheilen. Aber es werden vermutlich Narben an deinem Bein und der Brust zurückbleiben.“ Automatisch fahre ich mit den Händen an besagte Körperteile. Ich soll für immer so aussehen!? Was werden meine Eltern sagen, wenn sie das erfahren? Denn erfahren werden sie es, sie gucken ja die Serie und wenn sie das dann mitgekriegt haben, dauert es nicht lange, bis sie hier aufschlagen! Und wenn sie erst mal hier sind, wird ihnen auch schnell klar, dass die Narben zurückbleiben werden. Und dann ist klar, dass sie darauf bestehen werden, dass ich meine Reise abbrechen werde, damit ich nicht noch mehr verletzt werde. Ich bin kurz davor in Tränen auszubrechen, denn meine Reise zu beenden ist das letzte, was ich will, da kommt Schwester Joy schon mit der nächsten schlechten Nachricht um die Ecke: „Außerdem werden wir dich für die nächsten zwei Tage noch hier behalten müssen, um sicherzugehen, dass du die Bluttransfusion gut überstanden hast und deine Wunde sich nicht doch noch entzünden.“ „WAS?! Aber das geht nicht! Ich muss doch nach Karnimani suchen!“, rufe ich völlig außer mir und fahre wieder hoch, wobei die Wunde an meiner Brust wieder brutal reißt. Soll das jetzt für immer so sein? Keuchend falle ich in mein Kissen zurück, während Schwester Joy irgendwas an dem Gerät macht, was durch einen Schlauch mit meiner Hand verbunden ist. Langsam merke ich wie die Schmerzen weniger werden und ich ruhiger werde. „Wie ich dir schon gesagt habe, Zac sucht bereits nach deinem Pokémon. Und du wirst die nächsten Tage hier in diesem Bett verbringen müssen. Du darfst dich nicht so viel und vor allem nicht zu ruckartig bewegen, damit die Wunden gut verheilen und nicht wieder aufreißen. Das bedeutet du wirst viel schlafen. Ich werde nachher noch mal nach dir sehen, bis dahin wünsche ich dir eine gute Nacht.“ Ich will sie fragen, was sie damit meint, will ihr sagen, dass ICH, nicht Zac, nach Karnimani suchen muss, will sie fragen, ob die Schmerzen durch die Wunden für immer bleiben, aber mir klappen die Augen zu. Diese verdammte Schwester Joy hat mir nicht nur ein Schmerz-, sondern auch noch ein Schlafmittel gegeben! Das nächste Mal, als ich wach werde, habe ich eine kühle Nase im Gesicht, die mir immer wieder gegen die Backe stupst. „Lass das Lin-Fu“, grummele ich noch im Halbschlaf und höre sowohl mein Pokémon, als auch meine beste Freundin glucksen. „Danke Lin-Fu“, sagt diese dann auch noch. „Sei nett zu ihr, sie hat dich auf meine Bitte geweckt, damit du etwas Essen kannst. Ich habe hier Kürbissuppe, die magst du doch so, dazu Brot und Goldbeerensaft, damit dein Kreislauf in Schwung kommt.“ Als ich das höre, reiße ich sofort die Augen auf. Ich hatte vorhin schon Hunger, aber da wurde ich ja, bevor ich etwas essen konnte, heimtückisch in den Schlaf versetzt. Jetzt, Stunden später, wie es mir vorkommt, frisst mein Bauch mich fast von Innen auf. Obwohl ich Kürbissuppe sehr liebe, kann ich sie jetzt gar nicht richtig genießen, so schnell habe ich sie verschlungen, das Brot und den Saft gleich hinterher. Innerhalb von fünf Minuten habe ich alles verdrückt, Hunger habe ich aber immer noch. Oxana sieht mich grinsend an. „Immer noch hungrig?“ Sie kennt mich einfach zu gut. „Ich habe noch einige Sinelbeeren. Willst du die?“ Ohne meine Antwort abzuwarten reicht sie mir fünf Stück und als ich Lin-Fus gierigen Blick sehe, reiche ich ihr zwei weiter. Freudig strahlt sie mich an und nimmt die beiden Beeren an sich. Danach herrscht erst mal schweigen, da Lin-Fu und ich die Beeren verdrücken und Oxana ohnehin von der ruhigen Sorte ist. Da mein Denken jetzt nicht mehr nur von Essen und Hunger eingenommen wird, kann ich endlich überlegen, wie ich schnellstmöglich hier rauskomme, um Karnimani zu suchen. Das Zac nach ihm sucht ist ja schön und gut, aber Karnimani ist mein Pokémon. Ich muss es sein, die ihn findet und ihm beisteht, abgesehen davon, glaube ich, würde er jeden der ihm zu nah kommt angreifen. Zac sollte sich nicht meinetwegen in Gefahr begeben. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Karnimani noch mal so sehr ausrasten würde. Er hat mich so schockiert angesehen, bevor ich in Ohnmacht gefallen bin, ganz so, als wollte er das alles gar nicht. Aber da fällt mir noch etwas anderes ein und entsetzt fahre ich zu Oxana herum. „Xanny, wie viel Uhr ist es?“ „Gerade eben war es noch halb vier, warum?“, fragt sie mich überrascht und so sorglos, dass ich am liebsten heulen würde. Die Sendung wurde ausgestrahlt und mit 100% Sicherheit haben meine Eltern sie gesehen! Todsicher sind sie schon in heller Panik auf dem Weg hier her! Und wenn sie mich so sehen, verbieten sie mir weiter zu reisen und nehmen mich wieder mit nach Hause! Das darf nicht geschehen! Sofort suche ich nach meinem Rucksack und finde ihn rechts neben dem Kopfteil meines Bettes. Ganz zuoberst liegt zum Glück mein Handy, sonst müsste ich mich durch meine anderen Sachen durchwühlen und so wähle ich schnell die Nummer von Zuhause. Doch wie es zu erwarten war, hebt dort nur der Anrufbeantworter ab, auf welchem ich mir selbst verkünde, dass Familie Heartman gerade nicht da ist, aber gerne später zurück ruft. Na vielen Dank auch! Schnell suche ich in meinen Kontakten die Nummer meiner Mutter, während Oxana mich irritiert mustert. Ziemlich schnell hebt meine Mutter ab, doch ich komme gar nicht dazu, irgendwas zu sagen, da legt sie schon los: „Oh mein Gott Liebling, gut das du anrufst. Wie geht es dir? Dein Vater und ich machen uns so große Sorgen um mich, wir haben die Sendung gesehen und wie Karnimani dich angegriffen hat. Halte durch Liebling, wir sind schon so gut wie bei dir. Bald hast du es geschafft, sobald wir von diesem Schiff runter sind, sind wir da!“ „Ihr seid schon… auf dem Schiff nach Schollerin?“, frage ich tonlos. „Aber natürlich Liebling, was denkst du denn?! Wenn du so schwer verletzt wirst, müssen wir dir doch beistehen. Und wenn es dir etwas besser geht, reden wir darüber, ob du unter diesen Umständen deine Reise noch fortsetzten kannst oder wieder zu uns nach Hause kommst.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)