Be my drug von minowari (and stun me) ================================================================================ Kapitel 12: Session II ---------------------- Die Sonne warf ihre letzten Strahlen über die Häuserreihen Ikebukuros, wanderte immer tiefer, bis man nur noch rötliche Wolken sehen konnte. Der Verkehr war wie immer derselbe, lautes Hupen war hier und da zu hören, während die Einwohner und Passanten eilig die Straßen überquerten. Es war schließlich schon spät und die meisten hatten ihren wohl verdienten Feierabend. Die beiden Personen blendeten die Geräusche direkt aus, da sie die Geräuschkulisse schon gar nicht anders kannten. Shizuo lehnte sich noch ein Stückchen weiter am Geländer zurück, blickte gedankenverloren in den Himmel hinauf. Es verging weitere Zeit, bis er hörte, wie Celty sich neben ihm bewegte und ihren PDA vor sein Gesicht hielt. „Was wirst du jetzt tun?“ Shizuo schloss die Augen, während sich ein kaltes Grinsen auf sein Gesicht schlich. Vorhin hatte er der Dullahan das Gröbste seines derzeitigen Dilemmas erzählt. Von dem Rausschmiss aus seiner Wohnung, bis hin zu Izayas Abmachung. Auch wenn er einige Kleinigkeiten außen vorgelassen hatte. Er wusste zum Beispiel nicht, wie er ihr den Vorfall mit dem Kuss hätte erklären sollen. So richtig verstand er es ja selber nicht einmal. Aber es tat echt gut mit irgendjemanden darüber zu sprechen und er wusste, dass Celty eigentlich die einzige war, die ihn wirklich verstehen konnte. Shizuo blickte auf ihren gelben Motorradhelm. „Ihm das Leben schwer machen, was sonst?“, antwortete er schroff und setzte sich wieder normal hin. „Du wirst doch nicht…?“ Er knirschte mit den Zähnen. Am liebsten würde er, doch so einfach war es nun mal nicht. Auch wenn alle dachten, dass er sich nicht beherrschen konnte, wurde er doch dazu gezwungen, sich zusammenzureißen und dass von Izaya selbst, dieser dreckigen Ratte. Dennoch würde er ihm dieses Spielchen nicht so einfach machen, wie er vielleicht glaubte. „Pah, das kann man-“ Er stoppte abrupt, als er ein bestimmtes Geräusch hörte und sein Gesicht verdunkelte sich. Wirklich perfektes Timing. Shizuo musste nicht mal lange überlegen, um zu wissen, wer ihn da gerade anrief. Es klingelte noch eine ganze Weile, während Shizuo zerknirscht auf sein Mobiltelefon starrte. Von der Seite aus legte Celty ihren Kopf schief und schien zu rätseln, warum er nicht abnahm. Dreckiger Bastard flimmerte es auf dem Bildschirm und das war der endgültige Beweis. Shizuo wollte nicht mit ihm sprechen, wollte nicht seine belustigte Stimme hören. Doch er konnte sich durchaus vorstellen, dass der Floh ihn solange nerven würde, bis er das Gespräch annahm. Und auf diese Strapazen konnte er gerne verzichten… „Verpiss dich.“ Für einen Moment war es still am anderen Ende der Leitung, doch dann hörte man einen Ausbruch eines Lachens. Ein kurzes Kichern, bevor der Mann am Telefon seine Fassung wieder hatte. „Ich bin nicht mal anwesend, Shizu-chan.“, erklärte er sachlich, als ob er nicht ganz verstanden hatte, was mit den zwei einfachen Wörtern gemeint war. „Störe ich gerade bei einem intimen Gespräch zwischen dir und Kourier-san?“, flötete der Informant einfach weiter, während Shizuo dachte ihm fallen die Ohren ab. Es war ja nicht ungewöhnlich, dass Izaya wusste mit wem er unterwegs war, immerhin war er Informationshändler und gewöhnlich wissen diese meistens auch, was um sie herum geschieht. Doch dass der Floh wusste, über was sie sich unterhalten haben, konnte gar nicht möglich sein. Er wollte den Blondschopf nur unvorbereitet in einen Ausbruch von blinder Wut schicken. Das war alles. „Ja, du störst.“, brachte er genervt hervor, während seine braunen Augen zu Celty hinüber huschten, die aussah, als ob sie wieder nach oben gehen wollte. Doch Shizuo hielt sie an ihrem Arm fest. „Ach, Shizu-chan, sei nicht so gemein. Sonst muss ich mir nochmal überlegen, ob ich dir heute eine Zigarette gebe…“ Das Wort Zigarette löste ein gewisses Gefühl in ihm aus, was man fast wie ein starkes Verlangen beschreiben konnte und innerlich fluchte er. Er konnte ihn nicht einmal sehen und trotzdem wusste Shizuo genau, dass der Bastard gerade über alle Ohren grinste. „Glaub ja nicht, dass du mir damit davon kommst, Izaya-kun…“ Celty neben ihm schien immer angespannter zu werden, so als ob sie sich nicht wohl fühlte. Gut möglich, dass sie dachte, die beiden stoppen zu müssen, so wie es immer war, wenn die beiden stärksten Männer Ikebukuros hier bei Shinra aufeinander trafen. Doch sie kämpften nicht – sie telefonierten. Und im nächsten Moment konnte selbst Celty Izayas Gekicher durch das Handy deutlich hören. „Oh wie beängstigend~“ Shizuo knurrte. „In einer halben Stunde treffen wir uns bei meiner Wohnung. Sei pünktlich, ne?“, fuhr er fort, und Shizuo entfernte das Telefon von seinem Ohr. Bei seiner Wohnung, huh? Als ob das einen großen Unterschied machte. Tch. Richtig, denn die Abmachung bestand noch. Er rief ihn nur an, um ihn zu informieren was nun Sache war. Doch heute würde Shizuo die Informationen aus ihm rausquetschen. Er musste einfach wissen, was mit seinem Bruder war… „Bastard…“, fluchte Shizuo, bevor er die Verbindung unterbrach, ohne überhaupt zu hören, was der andere noch ins Telefon gesagt hatte. Celty tippte unruhig auf ihrem PDA. „Du gehst zu ihm?“ Shizuo zog eine Grimasse, als er ihre Worte durchlas. „Hab ich eine andere Wahl?“ Celty ließ geschlagen die Schultern hängen, als sie innerlich seufzte. Sie wusste wohl selbst, dass sie den Blondschopf eh nicht davon abhalten konnte. „Keine Sorge Celty, ich werde ihm eine Abreibung verpassen, die er erstmal nicht vergessen wird.“ Doch Celty sah von seinem Vorschlag nicht sehr überzeugt aus, während sie ihre nächsten Worte auf dem PDA tippte. „Er ist gefährlich, Shizuo.“ Angesprochener schnaubte höhnisch. Als ob er das nicht schon selbst wusste, nach all den Jahren. Dasselbe wusste die Dullahan eigentlich genauso gut, doch trotzdem schien sie ihre Worte noch mal in sein Gedächtnis brennen zu wollen. „Ich weiß.“, sagte er lediglich und stieß einen Schwall verbrauchter Luft aus. „…und danke…“, folgte direkt danach und endlich zierte ein kleines Lächeln Shizuos Gesicht, als er die Worte aussprach. Er war wirklich froh, jemanden wie Celty zu haben. Sie hob die Hand in einer abwinkenden Gestik. „Dann werde ich mal dem Floh das Leben schwermachen…“, knurrte er leise und drehte sich um. Eine Hand stoppte ihn abermals vom Weggehen und er drehte sich halb zurück. „Pass auf dich auf.“, war zu lesen, als Celty ihr Hightech-Gerät vor seine Nase schob. Shizuo lachte kurz, dann lächelte er. „Werde ich.“ Dieses Mal ließ die Frau ihn gehen und blickte hinterher, wie seine Gestalt in den Massen Ikebukuros verschwand. ♔ ♕ Es war nicht ungewöhnlich, dass mal mehrere seiner Handys gleichzeitig klingelten, doch gerade war es einfach nur unpassend. Er zischte etwas genervt und erhob sich von seinem Schreibtischstuhl, um sich eines seiner Mobiltelefone zu schnappen. Denn leider wusste der Informant nur zu gut, wer ihn da anrief. Der Anrufer wollte nämlich auf Nummer sicher gehen, dass er auch wirklich ran ging. Beide Handys befanden sich im anscheinend im oberen Stockwerk und der schwarzhaarige Mann huschte eilig die Treppen hinauf, damit er das Telefonat nicht verpassen würde. Schließlich entschied er sich für das pinke Handy in seinem Schlafzimmer, warum auch immer er das dort liegen gelassen hatte. Als er auf den Bildschirm blickte, rang er sich selbst zu einem Grinsen. „Shiki-san, wozu die Ehre?“, begrüßte er den Yakuza als er abnahm und ging wieder hinunter ins untere Stockwerk. Mit einem Plumpsen ließ er sich auf seinem Schreibtischstuhl nieder und rückte an den Tisch heran. „Ich habe einen Job für dich, Informant-san.“ Er unterdrückte ein Lachen, indem er sich schnell die Hand vor den Mund nahm. War doch klar. Weswegen würde er denn sonst anrufen? „Ach ja? Um was geht es?“ Shiki schien nicht in Stimmung zu sein, was der Informant sofort merkte. Er ließ sich etwas Zeit zu antworten, wahrscheinlich weil er beschäftigt war, einen starken Zug von seiner Zigarette zu nehmen. „Ich brauche Informationen über einen Klienten. Zu morgen.“ „Nun mal nicht so schnell, Shiki-san.“, wandte er ein, als der andere es sehr knapp auf den Punkt brachte. „Warum brauchst du es so dringend?“ Erneut schien der Yakuza zu zögern, aber Izaya wusste, dass es nicht aus Nervosität war. Eher weil er nichts preisgeben wollte. „Das sollte für dich ja kein Problem sein, oder? Zu morgen, Orihara-san.“ Und das letzte Wort war der endgültige Beweis für seine schlechte Laune. Normalerweise nannte er ihn einfach Informant-san aus Gewohnheit und auch um den anderen zu ärgern, doch sobald sein richtiger Name in irgendeiner Art und Weise fiel, war der Spaß vorbei. Izaya entschied vorerst nichts dazu zu sagen. „Name?“ „Du solltest ihn eigentlich schon kennen.“, begann Shiki und man hörte, wie er einem von seinen Untergebenen einen Befehl zu wisperte. Oh? Izaya schmunzelte kurz. Na dann würde das mit der Deadline ja doch nicht so schwer werden… „Kirima.“ Izaya verengte die Augen, als er den Nachnamen hörte und gab eilig das Passwort an seinem Computer ein. Mit ein paar Klicks öffneten sich mehrere Fenster und Izaya huschte geschickt durch das Informationsmaterial und die Texte durch. „Was genau möchtest du wissen?“, hakte Izaya nach und blieb mit seiner Maus bei dem Profilbild stehen. Das konnte kein Zufall sein oder doch? „Eigentlich alles was er in den letzten vier Wochen getrieben hat. Was, wo, wann und mit wem. Vor allem seine Klienten sind wichtig.“ Was hatte Kirima denn nun schon wieder angestellt? Normalerweise hielt er sich größtenteils zurück, was die Auffälligkeiten in der Öffentlichkeit anging. Doch Shiki klang wirklich nicht zufrieden. „Das wird ein wenig dauern, Shiki.“, betonte Izaya abermals und verdeutlichte damit, dass das weitaus mehr als nur ein kleiner Klick Arbeit war. „Morgen. Mein letztes Wort.“ Und auch dein einziges, dachte Izaya sarkastisch, während er nahe dran war zu seufzen. Dafür hatte er im Moment so gut wie gar keine Zeit. Obwohl… „Ich melde mich.“, sagte Izaya kurz angebunden, bevor er auflegte. Er klickte auf die dritte Seite der Akte auf seinem Bildschirm und überflog die ersten paar Zeilen. Bis seine Augen schließlich bei einem Wort hängen blieben. Wohnungsvermittler. Vielleicht war es doch nicht ganz umsonst, ein wenig intensiver über ihn nachzuforschen. Sein gelangweilter Ausdruck wandelte sich in ein grinsendes Gesicht, während er in die Tasten haute. ♔ ♕ Sein Finger schwebte für einen Moment lang in der Luft, direkt vor dem Knopf an der Hauswand. Er atmete tief ein. War er jetzt wirklich schon so kurz davor zu klingeln? Bei ihm? Shizuo schüttelte den Kopf. Nein, so freundlich war er nicht. Ein lautes Hämmern folgte stattdessen, was die Tür bedrohlich knacken ließ. Noch hatte er kein Loch hinein gehauen, doch er war kurz davor. „Mach auf, du Bastard.“, knurrte er grimmig, während er weiterhin ungeduldig wartete. Es dauerte zu seinem Glück auch nicht lange, bis ihm geöffnet wurde. „Es gibt auch eine Klingel, Shizu-chan.“, kam eine neckische Stimme an sein Ohr, die er am liebsten nicht mehr hören wollte. Shizuo schnaubte höhnisch und ein kaltes Grinsen zierte kurz sein Gesicht. „Die Tür schrie quasi nach meiner Faust.“, erklärte der Blondschopf halb im Ernst, halb im Scherz, doch der Floh lachte nur kurz und ging nicht weiter drauf ein. „Wo warst du so lange?“, Izaya stand am Türrahmen, die Hände in den Armen verschränkt. „Nirgendswo, du Schnüffler.“, erwiderte er, während er an Izaya vorbei lief und die Wohnung betrat. Dieser schloss die Tür, bevor er zurück an seinen Schreibtisch ging. „Schnüffler? Ich bitte dich, Shizu-chan. Ich bin Informant.“, sagte der schwarzhaarige Mann gespielt beleidigt, während er mit der linken Hand auf die riesige Couch in dem offenem Wohnzimmer deutete. „Setz dich schon mal. Ich muss hier noch schnell was zu Ende machen.“, sagte er, als wäre es selbstverständlich, dass das Monster von Ikebukuro in seinem Apartment war. Shizuo blieb in der Mitte des Raumes stehen und blickte um sich. Beim letzten Mal als er hier war, hatte er gar keine Zeit gehabt, seine Umgebung genauer zu betrachten. Aber viel zu sehen gab es nicht. Er wusste, der Floh war ordentlich, doch dieser minimalistische Stil wirkte total kalt und kahl bei diesem großen Apartment. Abgesehen von dem zweiten Stockwerk mit den ganzen Büchern, befand sich auf der unteren Ebene so gut wie fast gar nichts. Nur sein Schreibtisch, die überdimensionale Couch, der großer Flachbildschirm und einige Pflanzen, die hier und da den Raum auffrischten. Ansonsten war es leer. Fenster die bis zum Boden reichten, waren wohl das auffälligste an dem ganzen Apartment. Shizuo lief auf die Couch zu, ließ sich langsam darin nieder. Erst dann fiel ihm die halb zerstörte Wand auf, welche immer noch genauso aussah, wie vorgestern. Im Allgemeinen war diese Wohnung sowieso zu groß für einen einzigen Menschen. Doch jetzt wo er so daran dachte… Er blickte auf den leeren, kleineren Schreibtisch auf der anderen Seite. Wo steckte denn diese Frau? Shizuo starrte misstrauisch auf Izayas Gestalt. Für einen Moment wirkte er sogar konzentriert und ganz und gar nicht schelmisch wie sonst. Das Klicken der Maus war im Moment das einzige Geräusch, das den großen Raum erfüllte und irgendwie hatte der Blondschopf das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Er war es nicht gewohnt in der Anwesenheit Izayas keine Worte von ihm zu hören. Schließlich nutzte er immer die Chance etwas zu sagen. Wenn auch nur um ihn anzupissen. Als er gerade den Mund aufmachte um was zu sagen, war der andere plötzlich schneller. „Was ist los? Hab ich was im Gesicht?“, fragte der Informant ohne den Blick von dem Bildschirm zu heben. Erst zischte Shizuo aus einem Reflex heraus, ertappt worden zu sein, doch dann antwortete er. „Dreck. Und dazu ein dämliches Grinsen. Wird Zeit, dass du dir mal dein Gesicht wäscht.“ Anscheinend hatte Izaya nicht mit einer schlagfertigen Antwort gerechnet, denn blitzartig hob er seinen Blick und musterte ihn über den Bildschirm seines Rechners. In seinen dunklen, rötlichen Augen funkelte Amüsement und gleichzeitig etwas anderes Undefinierbares. „Das musst du gerade sagen, Shizu-chan. Wann hast du dich zuletzt rasiert?“, schlug er zurück und Shizuos Ausdruck verdunkelte sich. Automatisch rieb er sich übers Kinn und die Bartstoppeln, die dort präsent waren. Wie sollte er denn auch in den letzten Tagen? „Und wessen Schuld ist das, huh?“ „Shizu-chan, die Schuld auf andere zu schieben macht es auch nicht besser.“, lachte Izaya und drehte sich für einen Moment in seinem Drehstuhl. „Du bist immer Schuld.“, kommentierte er dunkel, während er nahe dran war aufzustehen. Doch Izaya war bereits hoch gehüpft und kam auf ihn zu getrottet. Shizuo gefror an seinem Platz und beobachtete misstrauisch, wie der Floh das Sofa umrundete und auf der anderen Seite den Laptop von dem Glastisch schnappte. „Hm, und wo sind deine Beweise?“, fragte der Floh, während er sich neben ihn auf die Couch gesellte. Er grinste. Dass der andere seine Ruhe weg hatte, machte Shizuo nur noch skeptischer. Immerhin könnte er jeden Moment auf ihn losgehen, wenn er wollte. Und doch saß er ruhig neben ihn, drückte gerade auf den Startbutton des Laptops und beide Männer lauschten kurz dem Geräusch des Hochfahrens. „Dafür brauche ich keinen Beweis, du Pest…“, sagte Shizuo, während er sich mit dem Oberkörper weiter nach vorne lehnte und den anderen eindringlich musterte. „Ach ja?“ Izayas Grinsen wuchs und er stützte seinen Kopf in seiner Hand ab. „Deine ganze Existenz beweist doch schon alles.“, knurrte der Blondschopf und sein Ausdruck verdunkelte sich. Vermutlich dachte er über die letzten Jahre und ihre Auseinandersetzungen nach. Ach nein, wie nostalgisch. „Oh, welch hohe Worte für ein Monster wie dich! Aber ich muss dich enttäuschen, Shizu-chan. So schnell wirst du mich nicht los~“, flötete er amüsiert und sah, wie der andere weiterhin eine Grimasse zog. „Immerhin ist mein Job hier noch längst nicht erledigt. Was meinst du wie viele Menschen noch meine Hilfe benötigen? Es ist meine Pflicht ihnen zu helfen, ihnen die Augen zu öffnen. Ihnen zeigen, wie die Welt wirklich ist, schließlich leben wir doch in einer-“ „Tch. Halt die Klappe!“ Izaya lachte, sagte dann aber nichts mehr, während er weiterhin auf den Bildschirm starrte und mit dem Mousepad herum spielte. Der ehemalige Bartender versuchte die brodelnde Wut unter Kontrolle zu halten, die um jede Sekunde wuchs, die er hier in diesem Raum verbrachte. Noch war es zu früh um überzuschnappen - das bewahrte er sich lieber für später auf. „Ne, Shizu-chan…“, lenkte Izayas Stimme seine Aufmerksamkeit zurück zu dem grinsenden Mann. „Was würdest du tun, wenn du wüsstest wer hinter dem Angriff deines Bruders steckt?“ Seine Augen weiteten sich. Hatte er sich da etwa gerade verhört? Shizuos Hand ballte sich zur Faust. „Angriff…?“, wiederholte er langsam mit einer gefährlichen Stimme, während er nahe dran war, aufzuspringen. „Sag bloß du weißt nichts davon? Und ich dachte ihr wärt euch so nah, ihr beiden…“ Izaya hob beide Hände in die Luft und begann zu gestikulieren. „Na dann lohnt es sich ja für dich den Deal eingegangen zu sein.“ Der Floh legte grinsend den Kopf schief. Doch statt zu antworten, wiederholte Shizuo mit Nachdruck in der Stimme seine Frage. „Was für ein Angriff…?“ Erst schien Izaya zu überlegen, ob er Shizuo die Information vorenthalten sollte, aber offenbar entschied er sich doch dagegen. „Hm, ich glaube, ich zeigs dir einfach am besten.“, erwiderte der Informant und klickte flink auf seinem Laptop herum. Und es dauerte nicht lange, da erschien ein Video auf dem Bildschirm. Es sah aus, wie von der Perspektive einer Überwachungskamera. Der Floh stellte den Laptop auf den Glastisch, sodass beide Männer einen guten Blickwinkel hatten. Das Bild zeigte den Eingang eines größeren Gebäudes, mehrere Menschen tummelten sich davor, als ob gleich etwas Spannendes passieren würde. Der Ton am Laptop war zwar leise eingestellt, doch das Gekreische der Fans war gut zu hören. Schließlich trat Kasuka aus dem Gebäude hinaus, gefolgt von einigen schwarz gekleideten Männern und darunter auch sein Manager, Hayato. Erst schien alles normal zu sein, bis plötzlich jemand aus der Menge wie von der Tarantel gestochen auf seinen Bruder zulief. Shizuo konnte wegen der Qualität nicht genau erkennen, was der Typ als Waffe einsetzte, doch er schätzte es auf ein Messer. Er merkte selbst, wie sein Körper sich anspannte, als der verkleidete Täter sein Ziel fast getroffen hätte – wenn Hayato nicht gewesen wäre. Während die beiden Sicherheitsleute in Schwarz Kasuka hinter sich zogen, kümmerte sich der Manager um dessen Angreifer. Die Leute um sie herum wurden augenblicklich panisch, schrien herum, doch stießen genauso überraschte Laute aus, als Hayato den Kerl in den dunklen Klamotten zu Boden stieß. Es ging so schnell, dass selbst Shizuo kurz blinzeln musste und noch etwas näher an den Bildschirm heranrückte. „Der Vorfall ereignete sich heute Nachmittag im Zentrum von Shibuya. In dem Gebäude wo dein Bruder eben raus kam, ist ein größerer Radiosender ansässig. Natürlich hatte er dort ein Interview. Das dritte diese Woche, glaube ich.“, begann Izaya zu erklären und pausierte mit einem schnellen Klick das Video. Shizuo fuhr zurück. Er wusste nicht worüber er sich zuerst Gedanken machen sollte. Ob darüber, dass der Floh besser informiert war, als er selbst und sich anscheinend von wirklich überall Daten beschaffen konnte, oder darüber, dass Hayato seinen Bruder so tadellos beschützt hatte. Und der Manager hatte ihn nicht einmal angelogen. Am Telefon sagte er ja bereits, dass Kasuka ein Interview in Shibuya hatte. „Dieser Manager ist wirklich eine Wucht. Seine Stärke ist schon fast so gruselig wie deine!“, kommentierte Izaya und erhob sich plötzlich von der Couch. Shizuo knurrte. „Izaya...“ „Was denn? Bist du eifersüchtig, weil du deinen Bruder nicht selbst retten konntest?“ Der Informant begann zu lachen. Shizuo ignorierte sein Statement. „Du Bastard… Ich habe dir doch gesagt, dass es nicht zum Zuschlagen kommen soll!“ Seine Stimme nahm erneut einen gefährlichen Ton an und Izaya schien kurz zu überlegen, was der Blondschopf damit meinte, bevor er antwortete. „Ach das... Es stimmt, dass ich dir versprochen habe, Informationen über deinen Bruder zu geben. Und auch zu erklären, warum er in Gefahr schwebt.“, der schwarzhaarige Mann pausierte kurz und begann in Richtung Küche zu laufen, „Doch dass ich die Attentate verhindern würde – davon war nie die Rede~“ Die Wörter hallten für einen Moment nach, während es in Shizuos Gehirn ratterte. Dann hatte Izaya also gelogen, als er sagte, Kasuka wäre vorerst nicht in der Schusslinie? Dieser…! „Du musst schon selbst Hand anlegen und den Helden spielen. Ich riskiere sicher nicht mein Leben, Shizu-chan.“, sagte Izaya mit einem lächerlichen Unterton in der Stimme. „Stimmt“, sagte Shizuo plötzlich mit ruhiger Stimme, erhob sich von der Couch und ging langsam auf den anderen zu. "Das würdest du auch nicht tun." Izaya drehte sich um. „Oh…?“ „Aber du Ratte weißt, wer dahinter steckt. Du weißt genau, wer im Hintergrund die Fäden zieht, hab ich Recht?“ Ein kaltes Grinsen zierte nun sein Gesicht und die beiden Männer standen kaum einen Meter voneinander entfernt. Einen Augenblick lang durchbohrten sie sich gegenseitig mit ihren scharfen Blicken, bevor Izaya schließlich sprach. „Vielleicht…“ „Vielleicht am Arsch. Du weißt es.“ „Und wenn schon, warum sollte ich es dir verraten, hm?“ „Vielleicht weil dir etwas an deinem mickrigen Leben liegt?“, schlug Shizuo vor und hob bereits die Faust an. Aber weiter kam er nicht. Eine Messerspitze war so plötzlich vor seinem Gesicht, dass er überrascht zurück wich. „Du hast eindeutig den Deal vergessen, stimmt’s?“ Shizuos Gesichtsausdruck war weiterhin mörderisch. „Keine Gewalt während unseren Sitzungen.“ erinnerte Izaya mit einem Grinsen, welches jedoch leicht schwankte, als Shizuo sich erneut bewegte. Deal, Deal, Deal…diese Pest sprach alle naselang von dem Deal, doch was genau der Deal jetzt war, hatten sie doch nie klar gestellt. Natürlich bekam er Informationen über seinen Bruder, doch was bekam Izaya von ihm? Was genau sprang dabei für ihn heraus? Typisch Izaya. Bisher hatte er sich da clever hinaus gewunden, doch nun war Schluss. In einer einzigen schnellen Bewegung, war Shizuos gesunde Hand an Izayas ausgestrecktem Arm, packte kräftig zu und hinderte ihn daran, sich fortzubewegen. Izaya versuchte sich zu befreien, doch Shizuo ließ es nicht dazu kommen. „Was genau ist dein sogenanntes Experiment?“, begann Shizuo, betonte dabei besonders das letzte Wort in einer so lächerlichen Weise, dass er selbst kurz vorm Schnauben war. „Wegen diesem Scheiß wohne ich nun für zwei Wochen an einem niederträchtigen Ort, der verpestet nach dir stinkt. Und dann diese "Sitzungen". Ich verstehe einfach nicht, warum du dich deswegen selbst in Gefahr begibst, denn du weißt schon, dass ich alleine beim Anblick deiner dreckigen Visage in die Luft gehe...“ Während Shizuos kleiner Rede, hatte sich das Grinsen auf dem Gesicht des Flohs immer weiter vertieft. Er legte den Kopf schief. „Hatte ich das denn nicht schon erwähnt, Shizu-chan?“ In einer fast schon dramatischen Gestik schloss er die Augen, während er gespielt seufzte. „Ich möchte eine bestimmte Verhaltensweise untersuchen.“ Und das schien auch schon alles zu sein, was er dazu zu sagen hatte, zumindest blieb es eine ganze Weile still. Shizuo hatte immer noch den Arm des Informanten fest im Griff und irgendwie machte der andere auch keinen Versuch sich zu entreißen. Vielleicht weil er wusste, dass es dadurch nur noch schlimmer werden würde. Der Blondschopf blickte ihn wütend an. „Und was heißt das?“ Natürlich bekam er nie eine richtige Antwort von dem anderen, dem es wohl wichtig war, dieses Geheimnis zu behüten. Jedoch war das nicht Teil eines Deals, dem anderen das Gegenstück zu verheimlichen. „Das heißt, du befolgst während unseren Sitzungen meine Regeln und tust was ich dir sage und zwar solange bis ich die Verhaltensweise gut genug analysiert habe.“ Das war doch nicht sein Ernst. Shizuo war kurz davor zu lachen. Zum Teufel würde er tun! Und was in aller Welt wollte er für eine Verhaltensweise "analysieren"? Dieser Floh wurde immer verrückter. „Sorry Floh, aber dieses Spiel kannst du alleine spielen. Glaubst du ernsthaft ich mache das, was du von mir verlangst?“ Izaya wandte sich für einen kurzen Moment in seinem Griff, doch Shizuo schien nicht locker zu lassen. Der schwarzhaarige Mann hatte in der anderen Hand bereits das nächste Messer, jedoch hing sein Arm schlaff hinunter und er versuchte nicht, es zu benutzen. Seltsamerweise. „Ja, das glaube ich.“ Dieses Mal lachte der ehemalige Bartender doch und stopfte sich seine bandagierte Hand in seine Hosentasche. Das Statement klang in seinen Ohren nämlich absolut lächerlich. „Dann bist du dämlicher, als ich gedacht hatte.“ Einen Moment lang verzog Izaya das Gesicht, beinahe, als ob er sich wirklich von diesem Kommentar angegriffen fühlte. Doch in der nächsten Sekunde war diese Spekulation völlig falsch eingeschätzt. Ein Blitzen. „Shizu-chan. Muss ich dich wirklich daran erinnern, wer hier am längeren Hebel sitzt?“, begann Izaya mit einer zuckersüßen Stimme, während seine dunklen Augen sich in seine braunen bohrten. Shizuo fühlte eine bestimmte Spannung in der Luft, während die beiden Erzfeinde sich gegenseitig durchlöcherten. „Ohne meine Hilfe, wirst du Kasukas Angreifer nie finden, schon vergessen?“ Wohl oder übel hatte die dreckige Ratte gerade die Wahrheit ausgesprochen. Und es war schwer dagegen etwas zu sagen. Shizuo zischte. „Deshalb hast du dich doch schließlich auf den Deal eingelassen, ne? Weil du alleine nichts unternehmen kannst. Du kannst zwar versuchen die Täter zu finden, doch du würdest nur unschuldige Menschen mit in diesen Fall rein ziehen. Und so machst du ihnen nur das Leben schwer.“ Izaya kicherte kurz und senkte den Blick. „Und das, mein Lieber, ist immerhin mein Job.“ Shizuo fluchte innerlich. Dieser dreckige Bastard...! „Da ist wohl jemand verdammt stolz auf seine Arbeit, was?“, zischte er dann grimmig, bevor er mit einem Seufzer die Augen schloss. „Kooperiere Shizu-chan. Anders wirst du nicht weiter kommen.“, forderte der schwarzhaarige Mann und Shizuos Gehirn war am Rattern. Es ist schon wahnsinnig genug, dass es gerade war, wie es war. Die Situation an sich war schon so völlig abstrakt, dass es begann ihn zu wundern. Denn er hätte dem Floh das Handgelenk brechen können, er hätte ihn gegen die nächste Wand schmettern können, er hätte ihn vermöbeln können, er hätte sich seinen Kopf schnappen können und… Seine Gedanken schweiften plötzlich ab und es war absolut nicht gut, woran er gerade dachte. Dabei hatte er versucht diesen Tag oder eher diesen Vorfall, so gut wie nur möglich zu vergessen. Doch es saß immer noch fest in seinem Kopf, in seinen Gedanken. Wie Kaugummi unter den Fußsohlen - einmal rein getreten, ging es nicht so schnell wieder ab. Das Mysteriöse dabei war jedoch, dass der Floh noch immer kein einziges Wort dazu hat fallen lassen. Vielleicht wusste er selbst nichts dazu zu sagen? Shizuo schüttelte innerlich den Kopf. Dieser Floh konnte nie seine Klappe halten – wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein. Aber was war es dann? Tch. War ja auch egal, das Ganze war sowieso nur ein dummes Missgeschick, was ganz sicher kein zweites Mal passieren würde. Shizuo seufzte entnervt. „Fein.“, quetschte er zwischen zusammen gekniffenen Zähnen hindurch und er hörte den Informanten belustigt schnauben. „Gut, dass du es endlich einsiehst.“, sagte Izaya und ruckelte ein weiteres Mal an seiner Hand herum. „Für den Anfang etwas Leichtes: Lass mich los.“ Unerwarteter Weise gehorchte ihm der andere, wenn auch nicht sofort. Erst lockerte sich sein Griff, bis er schließlich nur noch wage seine Hand berührte und schließlich fallen ließ. Izaya zog sich seinen Arm an den Körper, betrachte für einen Moment sein Handgelenk, das auf der Haut einen roten Abdruck hatte. Für einen Moment funkelte etwas Seltsames in seinen Augen, als der Informant den Blick hob, doch es war zu schnell weg, als dass Shizuo sich darüber Gedanken machen konnte. „Siehst du, geht doch. Braver Shizu-chan~“, neckte Izaya schließlich grinsend, als sei nichts passiert, drehte sich um und stapfte in Richtung Küche. „Ich bin kein verdammter Hund, du Floh!“, rief Shizuo ihm knurrend hinterher, als Izaya gerade um die Ecke verschwand. „Ab jetzt schon.“, kam die freche Antwort und irgendwie war das ja nicht mal ganz gelogen, wenn man so darüber nachdachte. Schließlich wurde er nun von ihm gezwungen sich zu benehmen, ihm zu gehorchen. Allein bei der Vorstellung drehte sich ihm der Magen um. Shizuos Hand ballte sich zur Faust. Izaya tauchte wieder im Wohnzimmer auf, mit etwas zu trinken in seiner Hand. Shizuo folgte ihm widerwillig zurück zu der Couch, wo der Laptop immer noch das Video auf dem Bildschirm zeigte. Der Blondschopf ließ sich erneut nieder und stierte zu dem Floh an seiner Seite. Gehorsam war eine Sache, die ein Hund gelernt haben sollte. Doch was Izaya anscheinend übersah: Shizuo war nicht gehorsam. Und ein Hund schon gar nicht. Er war eine Bestie, ein Monster. Das Monster von Ikebukuro, um genau zu sein. Und Monster kannten keine Grenzen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)