Let me be with you... von Vienne (Liebe geht seltsame Wege) ================================================================================ Kapitel 15: Play the game ------------------------- Es war ruhig im Café. Es war Montag und außer seinem besten Freund und einigen seiner liebsten Seniorinnen hatte er keinen weiteren Gast zu bewirten. Seinen Blick nicht von Mamoru abwendend, wischte Motoki mit einem alten Lappen über den schon blitzblanken Tresen. Das war seine Art von Stressabbau und der Bekämpfung von Nervosität und Neugier. So wie jetzt. Er biss sich auf der Unterlippe herum und überlegte fieberhaft, ob er seinen Kumpel ansprechen sollte oder nicht. Denn dieser saß sehr verdächtig da und grinste dümmlich vor sich hin. Ab und an schüttelte er den Kopf. Scheinbar glaubte er, dass es der Blonde nicht bemerken würde. Dann wieder rührte er fast schon liebevoll in seinem Kaffee herum, der dritte seit er um neun hier aufgetaucht war und jetzt war es kurz nach zwölf, und seufzte auf. Doch es war nichts aus ihm heraus zu bekommen. Es war wie verhext. Motoki wusste nur, dass er und Usagi das komplette Wochenende zusammen verbracht hatten. Bis gestern Abend um kurz vor acht, als sie in den Bus nach Hause gestiegen war. Mamoru hatte ihm von Rei erzählt und wie lässig Usagi reagiert hatte mit ihrer Stinkefinger-Aktion. Er hatte erfahren, dass sie den ganzen Samstag unterwegs und sich den Sonntag den ganzen Tag Reisedokus auf Kanal drei angesehen hatten. Aber all das erklärte noch lange nicht das dämliche Grinsen im Gesicht des Schwarzhaarigen. Und Motoki musste zugeben, dass er langsam aber sicher frustiert davon war. Genervt warf er den Lappen in das Spülbecken neben sich: ”Weißt du was?” “Hm?”, Mamoru schaute etwas irritiert auf. “Wenn du keine Ohren hättest, würdest du auch im Kreis grinsen.” ”Möglich. Wie spät ist es?” “Zehn nach zwölf.” ”Dann müsste Usako gleich kommen.” ”Hä? Ich dachte, sie hat bis drei Schule plusminus einer Stunde nachsitzen.” ”Nein, heute und die ganze Woche nicht. Sie hat Projektwoche.” ”Cool. Mehr Zeit für euch.” ”Jepp.” “Vielleicht erzählt sie mir ja, was dich so zum Grinsen bringt.” Mamoru musste leise lachen und schüttelte den Kopf: ”Glaub ich kaum.” ”Dann verrat du es mir. Du benimmst dich wie ein liebestoller Tölpel. Was habt ihr bitte getrieben?” Der Schwarzhaarige sah ihn einfach nur an und hob eine Augenbraue. Sein Grinsen veränderte sich und wurde leicht gönnerhaft. Eine Spur Überheblichkeit lag darin gepaart mit Frechheit. Und Motoki wurde alles klar. Ungläubig schüttelte er den Kopf. Überraschung lag in seinem Blick, als Mamoru einfach nur leicht nickte. Der Blonde musste nun seinerseits breit lächeln und wollte etwas sagen, als die Türe aufging und seine beste Freundin sprichwörtlich herein gehüpft kam. Auch sie hatte den gleichen Blick drauf wie Mamoru. Doch nun da er wusste, warum beide so dreinblickten, war Motokis Neugier gestillt und er selbst wieder mehr als ausgeglichen. Er begrüßte die Blondine und schob ihr unaufgefordert einen Milchshake über den Tresen, als sie sich neben Mamoru setzte und diesen mit einem liebevollen Kuss begrüßt hatte. Sie bedankte sich artig und rutschte mit ihrem Hocker näher an ihren Liebsten heran. Ihr entging es nicht, wie ihr bester Freund sie einfach nur angrinste. Sie beugte sich zu Mamoru und ihr heißer Atem streifte sein Ohr: ”Was schaut mich Motoki so seltsam an?” “Du und ich und Sex.” Usagi zuckte zurück und starrte zwischen ihrem Liebsten und ihrem besten Freund hin und her. ”Du willst bestimmt wissen, wie ich das raus bekommen habe.”, grinste Motoki und sie konnte nur nicken, “Mamoru hat sich echt dämlich verhalten. Er hat dümmlich gegrinst und sehr versonnen seinen Kaffee gerührt. Und dann hab ich scheinbar die richtige Frage gestellt.” ”Du hast ihn nach Sex gefragt?”, ihre Stimme klang ungläubig. “Nein.”, Mamoru musste lachen, “Er fragte, was wir getrieben haben und mein Blick schien Bände zu sprechen.” “Oh.” “Ja. Aber kein Grund rot zu werden.”, lächelte Motoki sie an. Usagi nickte nur und genoss die Hand von Mamoru, die über ihre Wange glitt. Sie erwiderte seinen Blick und griff nach ihrem Shake. Nahm einen großen Schluck durch den Strohhalm. “Und keine Bange: Ich werde nicht herum tratschen, dass ihr beide euer erstes Mal hattet.” Das Mädchen musste husten, stellte das Glas zurück auf den Tresen und sah den Studenten vor sich mit großen Augen an. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Hatte er gesagt ‘euer erstes Mal’? Sie wusste, dass es ihr erstes Mal war. Mamoru war ihr erster Freund und sie hatte ihm recht spontan vor zwei Tagen ihre Jungfräulichkeit geschenkt. Und weil sie nicht genug von diesen Liebkosungen und Spielchen bekommen konnte, waren sie gestern kaum aus dem Bett gekommen und heute Morgen war sie mit Muskelkater aufgewacht. Sowas hatte sie höchstens nach dem Schulsporttag, der einmal im Jahr stattfand. Doch scheinbar hatte sie beim Sex mehr Muskeln beansprucht, als ihr bis dato bekannt waren. Heute Morgen war sie kaum aus dem Bett gekommen und erst die heiße Dusche hatte ihren Körper entspannt. Ihre Mutter hatte sie ohnehin schon wissend angelächelt, als sie schwerfällig und recht breitbeinig die Treppe herunter kam. Aber Ikuko hatte schon immer einen sechsten Sinn dafür gehabt. Doch sie hatte nichts gesagt. Zum Glück. “Erde an Usagi. Erde an Usagi. Ist jemand zuhause?” Die Blondine schüttelte den Kopf und schaute zwischen Motoki, der mit der Hand vor ihrem Sichtfeld herum gewedelt hatte und Mamoru hin und her. “Alles okay?” “Ja, keine Sorge.”, sie gab Mamoru einen sanften Kuss, “Aber hab ich das gerade richtig verstanden. Hast du ‘euer erstes Mal’ gesagt?” Usagis Blick war neugierig zu Motoki gewandert, der nun unsicher zu seinem besten Freund schaute und dann vorsichtig nickte: ”Ja.” ”Aber ich dachte...” ”Das ich schon Sex hatte?”, Mamoru klang belustigt. “Ja.”, sie wurde rot um die Nase. Schon wieder. “Wie kommst du darauf?” “Ich weiß nicht. Ich meine, du bist ja älter als ich. ”Drei Jahre.” ”Du siehst gut aus.” ”Du auch.” ”Du bist ein Mann.” ”Und du eine Frau.” Ihr gingen die Argumente aus. Etwas betrübt ließ sie die Schultern hängen. Sie war wirklich fix davon ausgegangen, dass er schon Erfahrungen hatte. All die Stellungen die sie probiert hatten und wie er sie behandelt hatte. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass es auch für ihn das erste Mal gewesen war. Das er praktisch ebenso eine Jungfrau war wie sie. Eine männliche, zweifelsohne. Aber eine Jungfrau. Ein Schauer durchfuhr sie, als sie seine Hand in ihrem Nacken spürte und sie sanft massierte. Sie hob den Blick und sah Mamoru an. “Ich hatte nie vor die eine Beziehung. Ich war nie in eine andere als dich verliebt. Egal mit wem ich ab und zu ausging. Ich hab immer nur dich geliebt.” Sie musste bei seinen Worten schlucken und kleine Tränen bildeten sich in ihren Augen, die sie wegzublinzel versuchte. “Mamoru hat Recht. Er hat immer nur Augen für dich gehabt. Seid eurem ersten Treffen.” Usagi schaute zu Motoki, der sie aufmunternd anlächelte und dann zu Mamoru: ”Stimmt das?” ”Ja. Ich muss zugeben, dass mein Herz immer einen kleinen Sprung gemacht hat, wenn ich dich gesehen habe. Egal ob wir uns gestritten haben oder nicht. Ich hab mich schon immer in deiner Nähe wohlgefühlt und sie gesucht. Ich war ein elender Feigling, weil ich es dir nicht schon von Anfang an gesagt habe, dass ich mich in dich verliebt hab. Aber ich war echt unsicher deswegen. Und jetzt bin ich der glücklichste Mensch der Welt.” Sie schlang die Arme um ihn und drückte ihre Lippen auf seine. Spürte seine Erwiderung. Motoki wandte sich dezent ab. Seine beiden besten Freunde waren momentan eh in ihrer eigenen kleinen rosaroten Welt gefangen. Und während das Paar vor ihm heiße Liebesschwüre austauschte, kamen Makoto und Ami hinein und fingen an mit ihm zu plaudern. Wohlwissend, dass auch sie keine Chance hatten, dass Pärchen im Augenblick zu trennen. Sie saßen alle am Tresen. Minako war erst vor einer guten Stunde angekommen. Sie war nach der Schule noch Zuhause gewesen und hatte sich umgezogen. Das blieb ihren drei Freundinnen dank der Projektwoche erspart und sie konnten in Alltagsklamotten in die Schule. Jetzt wollte sie und auch die beiden anderen nur noch wissen, wie das Wochenende von Usagi und Mamoru war und wie sie die Beschattungsaktion von Rei überstanden hatten. Zunächst waren alle drei Mädchen in Lachen ausgebrochen, als ihre beste Freundin es ihnen erzählte. Doch dann war Entsetzen in ihre Gesichter gewandert, als sie von dem Schwarzhaarigen erfuhren, wie sie Samstagabend noch auf Rei getroffen waren und was sie Usagi unwissend direkt an den Kopf geknallt hatte. Ami hatte die Hand vor den Mund geschlagen und schüttelte ungläubig den Kopf. Makoto hatte vor Wut mit der Hand auf den Tresen gehauen und schaute grimmig vor sich hin. Minako murmelte Flüche und Verwünschungen. “Ich finde es ohnehin seltsam, dass sie dich nicht erkannt hat.” “Sie sollte eher froh darüber sein, Ami. Sonst hätte ich ihr wahrscheinlich den Kopf abgerissen.” ”Usagi!” ”Es stimmt.”, grinste Mamoru, “Sie war kurz davor.” “Aber irgendwie hat sie sich ja auch lächerlich gemacht, oder?”, Minako sah zu dem Schwarzhaarigen. “Ja.” ”Sie rechnet nicht damit, dass du es Usagi sagen würdest.” Die Genannte blickte zu der Brünetten und nickte: ”Sie denkt auch, dass ich ihm nicht glauben würde.” ”Und jetzt?” ”Keine Ahnung, Mako. Hast du denn eine Idee?” Doch Makoto schüttelte nur den Kopf. “Geht in die Offensive.” Alle Blicke schnellten zu Motoki. Er schenkte seelenruhig seinem besten Freund Kaffee nach. Brühte noch einmal grünen Tee für Ami und goss Orangensaft in das Glas von Minako. Füllte die Cola bei Makoto wieder auf und schob Usagi einen neuen Milchshake über den Tresen. Er wusste, dass die anderen angespannt waren, nachdem sein Satz gefallen war. Und er schaffte es, den Spannungsbogen weit auszureizen. So weit, dass Minako ihm fast an die Gurgel gesprungen wäre, weil sie es nicht mehr aushielt und kurz vorm Platzen war. Ami hielt sie nur mühevoll zurück, während seine beste Freundin ihm ein bittenden Blick zu warf, doch nun endlich mit der Sprache herauszurücken. “Flirtet miteinander.”, er sah in die Runde und seine Augen blieben an dem Paar hängen, “Lasst es Rei wissen, dass Mamoru es angeblich Usagi erzählt hat, was Rei über sie denkt. Und nutzt es zu eurem Vorteil. Du hast ihr doch eh schon gesagt, dass ihr jetzt befreundet seid.” Mamoru nickte nur. Ebenso Usagi. “Dann baut das aus. Spielt das Spiel. Wir stehen hinter euch. Liebt euch. Zeigt es Rei, dass ihr es tut.” ”Motoki hat Recht.”, Ami nickte, “Lacht miteinander.” ”Ja, oder berührt euch.” “Das ist eh leicht, Mina. Ich kann sowieso nicht die Finger von ihm lassen.”, lachte Usagi laut auf. “Super. Dann reizt Witze zusammen. Nutzt auch eure Spitznamen dafür. Das reizt die Spannung noch mehr.” “Stimmt. Und umarmt euch bei der Begrüßung und Verabschiedung.”, grinste Makoto. Sie und Ami hatten die neutrale Zone längst verlassen. Spätestens nach der Enthüllung von Reis Gedanken über ihre Freundin waren sie sich sicher, auf der richtigen Seite zu stehen und somit die bessere Wahl getroffen zu haben. “Klingt gut.”, Usagi sah kurz zu Mamoru, der lächelnd nickte und wandte sich dann ihren Freundinnen zu, “Aber wie soll ich auf sie reagieren? Wenn es mir Mamo-chan angeblich gesagt hat, sollte ich doch sauer auf sie sein. Also ich meine, ich bin es ohnehin.” ”Lass es dir nicht anmerken.”, Ami nahm einen Schluck Tee und setzte ihn schnell wieder ab, “Also sie soll ruhig wissen, dass du es weißt. Aber du übergehst es dann einfach. Sie wird sich ohnehin herausreden wollen. Flirte du lieber mit Mamoru.” “Hast du auch einen Tipp für mich? Wie ich mich verhalten soll.”, der Schwarzhaarige sah den schlauen Kopf der Mädchenclique mit schief gelegtem Kopf fragend an. “Sei so, wie du bisher zu Rei gewesen bist. Du warst ja recht offen zu ihr, wie du zu ihrer Verliebtheit und der angeblichen Beziehung stehst. Bleib distanziert.” ”Genau. Schieb sie weg, wenn sie dir auf die Nerven geht.” ”Makoto! So hab ich das nicht gemeint.” ”Weiß ich doch. Mamoru weiß sicher auch, wie ich das meine.” ”Was ist mit uns?” Die Freundinnen schauten zu Minako. “Sollen wir Rei wissen lassen, dass wir wissen, was sie über Usagi denkt?” “Selbst wenn ihr euch dumm stellt, sie weiß, dass ich es euch sagen würde. Sagt ihr einfach, was ihr davon haltet und gut ist.” “Usako hat Recht. Sie wird eh alles abstreiten und sagen, dass sie es so nicht gemeint hat.”, Mamorus Stimme klang ein wenig genervt, “Aber im Großen und Ganzen finde ich den Plan gut. Vielleicht checkt sie ja so, dass sie ziemlich uninteressant ist für mich. Und wenn Usako und ich miteinander flirten und so weiter, wird ihr ja eventuell auch ein Licht aufgehen.” ”Stimmt.”, Motoki nickte, “Sie wird vielleicht wirklich sehen, dass sich Mamoru und Usagi ineinander verliebt haben oder eben gerade dabei sind, es zu tun. Und wenn sie das dann akzeptiert hat, kann man ja alles zur Gänze aufklären.” ”Du meinst, ich öffne dann mal rein zufällig neben ihr meine Odangos und mach einen auf Rapunzel.” Der Blonde lachte auf, als sich seine beste Freundin überspitzt arrogant mit der Hand durch die Zöpfe fuhr und dabei den Kopf schüttelte. “Genau so. Ja.”, lachte nun auch Makoto und die anderen stimmten mit ein. Sie wussten alle, dass es wahrscheinlich nicht mehr lange dauern würde, bis Rei bewusst wurde, mit wem Mamoru zusammen war. Wem seine Liebe galt und wem er sein Herz geschenkt hatte. Das es ihrer Freundin gehörte und Usagi eben jenes Mädchen an seiner Seite war, dass sie in die Wüste geschickt hatte. Das die unbeachtete Konkurrenz ihre größte Rivalin und eben Siegerin war. Unbewusst. Natürlich. Aber die Blondine war mit Mamoru zusammen. Sie und nicht Rei. Sie brachte ihn zum Lachen und dazu, mehr als entspannt durchs Leben zu gehen. Sie verbrachte ihre Freizeit mit ihm und auch das Wochenende. Sie liebten sich einfach. Waren füreinander bestimmt und auch nicht mehr zu trennen. Doch sie wussten auch alle, dass es nicht ohne Tränen enden würde. Es gab nun einmal eine Verliererin in diesem Spiel. Und das war Rei. Sie würde toben. Sie würde wütend werden. Die Freundschaft wäre sicherlich irreparabel beschädigt. Das alle anderen davon wussten, würde es nicht einfach machen. Aber sie musste da durch. Musste damit leben. Schließlich hatten sie alle gewarnt. Mamoru hatte ihr eine klare Ansage gemacht. Hatte gebeichtet, dass er jemand anderes liebte. Ihre Freundinnen hatten sie gewarnt und davon abgeraten, sich allzu sehr in diese Schwärmerei hinein zu steigern. Doch sie hatte alle Ratschläge und Warnungen in den Wind geschlagen. Ein Tatsache die ihre bis jetzt noch kleine heile Welt bald zum Einsturz bringen würde. Das Crown hatte sich mittlerweile gut gefüllt und die beiden Aushilfen hatten ihre Schicht begonnen. So konnte Motoki mehr mit seinen Freunden plaudern. Kurz waren auch Kiriko und Kobajashi zu der Clique gestoßen. Hatten von dem neuerlichen Plan gehört und zugestimmt, bevor sie sich auch schon wieder verabschiedeten. Kobajashi hatte Fußballtraining und Kiriko wollte heim und ihrer Mutter beim Backen helfen. Beide hatten sich langsam aber sicher auch mit Ami und Makoto angefreundet. Vorallem da diese ja jetzt geschlossen hinter dem Paar standen. Die Freunde saßen und standen immer noch am Tresen. So musste der Blonde nicht hin und her rennen und konnte nebenbei die aufgegebenen Bestellung abarbeiten, die bei ihm einlangten. Draußen verabschiedete sich bereits das Tageslicht, als Rei ins Café schneite. Makoto entdeckte sie als Erste und stubste Usagi an, die erst sie und dann die vermeindlich Freundin anschaute. Sie hob nur die Schultern und wandte sich wieder ab und Mamoru zu. Genau wie es die Brünette tat. Keiner der Mädchen oder einer der beiden jungen Männer beachteten die Schwarzhaarige. Diese hing sichtlich irritiert ihren Mantel an die Garderobe und kam zum Tresen hinüber. “Rutsch mal Usagi. Ich will neben Mamoru sitzen.” Die Blondine sah zu Rei und ihre Augen blitzten auf: ”Warum sollte sich? Wir unterhalten uns gerade. Bleib halt stehen.” “Was? Hör mal, dass ist mein Freund.” ”Komisch, ich hab gehört, dass er eine Freundin hat. Lustigerweise scheint sie vom selben Schlag zu sein wie ich.” Rei erstarrte und wurde schlagartig weiß wie die Wand hinter ihr. Sie wusste sofort, was los war. Ihr Blick schnellte zu Mamoru: ”Du hast es ihr gesagt.” ”Ja. Aber das hab ich dir schon vorgestern gesagt, dass ich es sie wissen lasse.” “Usagi, das meinte ich nicht so. Ich wollte damit sagen, dass du vielleicht ein bisschen zu leicht an manche Sachen ran gehst und deine Prioritäten nicht immer ganz clever gesetzt sind.” “Spar dir das, Rei. Ich hab’s schon verstanden. Ich bin eben nicht so von Welt wie du. Aber ich hab wahrscheinlich mehr Spaß am Leben.”, grinste Usagi und drehte sich zu den restlichen Mädchen um, “Stimmt doch oder? Lieber lebensfroh als steif und verklemmt.” Die drei Freundinnen lachten nur. “Du hast es ihnen gesagt? Es geht nur dich was an.”, die Stimme der Schwarzhaarigen klang scharf. “In einer Freundschaft hat man keine Geheimnisse und ist ehrlich zueinander. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum es mir Mamoru gesagt hat.” ”Ach stimmt ja, ihr seid ja jetzt befreundet.” “Seid wann klingst du so schnippisch?”, Makoto hob die Augenbraue hoch und sah Rei schief an, “Sei doch froh, dass mal Ruhe eingekehrt ist.” “Red nicht so ein Blödsinn. Nie und nimmer sind die befreundet.”, das Mädchen drehte sich wieder zu der Blondine und ihrem Schwarm. Die beiden ignorierten sie komplett und lachten stattdessen ausgelassen miteinander. So wie schon vor ein paar Tagen und langsam aber sicher bekam es Rei mit der Angst zu tun. Diese aufkeimende Freundschaft zwischen den beiden war irgendwie unwirklich. Langsam trat sie wieder auf Mamoru zu und ergriff seinen Arm, während sich Usagi vom Hocker bequemte. “Wohin willst du?”, er schob Reis Hand von sich. “Keine Sorge, Baka. Bin gleich wieder da. Muss nur mal wohin.”, zwinkerte Usagi. “Lass mich nicht zu lange warten, Odango.” ”Dann komm eben mit, wenn du weiter quatschen willst.” ”Nein danke. Ich bin nicht so scharf auf die Mädchentoilette.” ”Okay. Wenn du es dir anders überlegt hast, klopf an. Kommt eine von euch mit?” “Ja, warte.”, Makoto war aufgesprungen und folgte der Blondine, die einen halben Kopf kleiner war als sie. Rei machte derweil Anstalten, sich auf Usagis Platz zu setzen. Ein Fehler, wie sie schnell bemerkte. Denn ihr Schwarm machte ihr schnell und recht deutlich klar, dass es eben nicht ihr Hocker war. Fragend blickte sie ihn an. Ebenso ihre Freundinnen. Doch die gaben ihm Recht. Motoki meinte, sie solle sich auf den Hocken neben Mamoru setzen. Sie nickte nur. Nahm seinen Vorschlag an und versuchte, gleich nachdem sie sich gesetzt hatte, mit dem Schwarzhaarigen zu plaudern. Sie erzählte ihm von ihrem Schultag. Aber sie bemerkte nicht, wie Mamoru ihr gar nicht zuhörte. Oder zumindest nur mit einem Ohr. Im Gegensatz zu ihr entging es Minako, Ami und Motoki nicht, wie unaufmerksam der Oberstufenschüler war. Aber sie sagten nichts und unterhielten sich angeregt über die Gruppe, die Ami für die Projektwoche gewählt hatte. Der Blonde meinte, es wäre typisch für sie: Ein naturwissenschaftliches Experiment mit dem Schwerpunkt auf Biochemie. Minako schüttelte nur lachend den Kopf, während Ami wahrlich ins Schwärmen geriet. Selbst Mamoru schaltete sich nach wenigen Minuten in das Gespräch ein und unterhielt sich angeregt mit Usagis schlauer Freundin. Makoto und Usagi kamen aus der Toilette und ihre Augen wanderten zu dem Grüppchen am Tresen. Sie kicherten leise, als sie bemerkten, wie hitzig Ami und Mamoru in ein Gespräch vertieft waren. “Es tut ihm gut.” “Hm?”, die Blondine schaute zu ihrer Freundin. “Es tut ihm gut, unter uns zu sein. Du hast ihm aus diesem Eisklotz-Dasein geholt. Ich hätte nie geglaubt, dass ich Mamoru mal lachen sehen würde. Er kann dir dankbar sein. Dank dir zeigt er endlich mal Gefühl. Ich dachte schon, der hat gar keine.” ”Oh, er kann wirklich romantisch und sehr hitzig zu gleich sein.” ”Hä?”, neugierig sah Makoto sie an. Erkannte den Rotschimmer um ihre Nase und schaltete sofort: ”Nein!” Usagi schwieg lächelnd. Nickte aber. “Echt? Wann?” ”Am Samstagabend.” “Einfach so?” ”Ja. Aber behalt es bitte noch für dich. Mina würde es nicht für sich behalten können und Ami würde uns einen Vortrag über Verhütung halten.” “Habt ihr verhütet?” ”Ja. Meine Mama hat mich schon letztes Jahr im Sommer zum Arzt geschickt. Keine Sorge.” ”Und wie war’s?” “Spontan.”, kicherte Usagi. “Ja, scheint so. Aber wenn es für euch gepasst hat, war es doch schön.” Das blonde Mädchen nickte und schaute zu ihrem Liebsten. Rei hing ihm halb über der Schulter. Doch Usagi machte es nichts aus. Sie wusste, wem sein Herz gehörte. Mit Makoto neben sich schlenderte sie wieder in Richtung ihrer Freunde. Und übersah einen Löffel am Boden. Sie kam ins Straucheln und konnte sich gerade noch so abfangen. Dank Makoto, die sie am Arm gepackt hatte. Stolpernd kam sie vor den anderen zum Stehen, die sie alle erschrocken anblickten. “Alles okay, Usa?”, Motoki war sofort um den Tresen gerannt gekommen. “Ja, alles gut. Ich glaub aber, dass ich mich gerade verissen habe.”, Usagi rieb sich den Hals und versuchte ihren Kopf zu bewegen, “Du hast aber auch einen Klammergriff drauf, Mako.” ”Entschuldige.”, die Brünette setzte sich wieder auf ihren Platz und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während sich ihre Freundin zurück auf ihren Hocker platzierte. Noch immer rieb sie sich den Hals. Versuchte den Kopf zu drehen. Ein wohliger und nur allzu bekannter Schauer durchfuhr ihren Körper, als sie seine Finger auf ihrer Haut im Nacken spürte. Leise und kaum hörbar seufzte sie auf. Minako, die direkt neben ihr saß, grinste leicht. “Was machst du denn da?”, Reis Stimme durchschnitt den Raum. “Ihr helfen, den Schmerz besser zu verdauen. Sowas tut weh.” “Ja, dann soll es eben Mako machen. Oder Motoki. Aber nicht du.” ”Und warum nicht?”, Mamoru seufzte entnervt auf, massierte seine Liebste jedoch weiter. “Weil sie nicht deine Freundin ist. Sowas solltest du eher bei mir machen. Ich bin auch verspannt.” ”Boah, Rei. Mach mal halblang.” “Halt du dich da raus, Usagi.” Die Genannt fuhr herum. Schneller als es ihr gut tat, denn der Schmerz kehrte augenblicklich und heftiger zurück. Wut kochte erneut in ihr auf, als sie an Mamoru vorbei und zu Rei sah: ”Hast du immer noch nicht über unsere Worte nachgedacht? Er ist nicht dein Eigentum. Er kann Hand anlegen, an we er will und wann er will. Sei nicht so krankhaft eifersüchtig und besessen von ihm.” “Was? Du bist doch nur sauer, weil du noch keinen Freund hast.” “Na du doch auch nicht. Er ist ja mit einem anderen Mädel zusammen. Und ich kann ihn verstehen. So wie du dich aufführst, weist du ja alle von dir. Mich inklusive.” “Das mit der anderen ist nicht von Dauer. Diese kleine Schlampe ist oberflächlich und hat nicht meine Klasse.” ”Ja, sie ist ja so wie ich. Also hab ich auch nicht deine Klasse. Wenn hier jemand oberflächlich ist, dann wohl du.”, sie wandte ihren Blick ab und Mamoru zu, “Sei mir nicht böse, aber das ist mir echt langsam zu dumm.” Er wusste, was sie meinte. Genauso wie es die anderen sofort wussten, nachdem die Worte ihren Mund verlassen hatten. Sie alle sahen, wie sie die Hand hob und sich scheinbar an einem ihrer Haarknoten zu schaffen machte. In Sekundenschnelle erfasste Mamoru ihr Handgelenk und schüttelte unmerklich den Kopf. Seine Augen verrieten ihr, dass es nicht der richtige Augenblick dafür war. Die Stimmung war viel zu angespannt. Sie wusste, dass er Recht hatte und ließ ihre Hand kraftlos sinken. Manchmal war sie wirklich zu impulsiv. Mamorus Hand glitt wieder in ihren Nacken und er massierte sanft die schmerzhafte Stelle weiter. Kurz huschten seine Augen zu den restlichen Freunden. Auch sie schienen sich wieder zu beruhigen. Und Minako fand als erste ihre Stimme wieder: ”Usagi hat Recht. Sei nicht so besitzergreifend, Rei. Er will nur nett sein.” Die Schwarzhaarige schwieg. Still ertrug sie den Anblick, der sich ihr wieder bot. Sah, wie die Hände Mamorus über Usagis Hals wanderten und ein Stück hinab zwischen ihre Schulterblätter und wieder rauf zu den Schultern. Beobachtete, wie die Blondine genießerisch den Kopf leicht zur Seite neigte und Mamoru mit dem Daumen über die gespannte Haut ihres Halses fuhr. Hörte das leichte Seufzen des Mädchens und das leise Lachen des jungen Mannes. Bemerkte, wie die beiden wieder miteinander plauderten. Ganz vertraut und so, als wären sie sich niemals spinnefeind gewesen. Rei überlegte, ob sie etwas sagen sollte. Aber die beiden waren schon wieder vertieft in ein Thema, dass ihr komplett spanisch vorkam: Reisedokus. Sie hatte bis vor Kurzem nicht einmal gewusst, dass sowohl Mamoru als auch Usagi so etwas gerne im Fernsehen sahen. Und nun redeten sie über Kalifornien und Las Vegas inklusive einer Route entlang der Pazifikküste der USA. Nie im Leben hätte sie gedacht, dass sich die Blondine für so ein Thema interessieren würde. Ausgerechnet Usagi. Das Mädchen rutschte von ihrem Hocker und ging um die beiden herum, stellte sich neben die anderen Mädchen. “Sagt mal, seid wann ist Usagi an Reisedokus interessiert?” ”Schon immer.”, erwiderte Ami und trank ihren Tee aus, “Sie ist tatsächlich ziemlich gut in Geografie. Und anscheinend deckt es sich mit Mamorus Interessen.” “Hm. Das wusste ich nicht.” ”Vielleicht hättest du mal nachfragen sollen. Sowohl bei Mamoru als auch bei Usagi.” Rei blickte zu Makoto, die einfach nur überlegen grinste. Die Schwarzhaarige hob nur die Schultern und ihre Augen wandten sich wieder der Blondine und dem Schwarzhaarigen zu. Mamoru hatte aufgehört Usagi zu massieren. Beide saßen mit dem Rücken an den Tresen gelehnt. Ihre Ellenbogen hatten sie als Stütze darauf gelegt und schauten durch die Fensterfront nach draußen. Ihre restlichen Freunde unterhielten sich ohnehin gerade über diese neue Band. Ein Thema was sie momentan nicht sonderlich interessierte. Sie überlegte, ob sie nicht vielleicht etwas zum dem Thema, dass Mamoru und Usagi gerade hatten, beitragen sollte. Doch ihr fiel nichts ein. Sie war total planlos. Klar hatte sie schon was Frankreich gehört. Aber nichts im Speziellen über Südfrankreich und dessen Lavendelfelder, von denen Usagi gerade schwärmte. Stattdessen hörte sie einfach nur zu. Hörte Mamorus klares und ehrliches Lachen: ”Im Cabrio durch die Provence?!” ”Ja, warum denn nicht. Du weißt schon: Mit einem weißen Tuch um Hals und Kopf und so ein cooler Sonnenbrille.” ”Du bist fünfzehn und noch meilenweit vom Führerschein entfernt.” ”Ich weiß.”, sie rempelte ihn liebevoll an und lächelte dabei, “Aber ich stelle es mir trotzdem schön vor.” ”Ich mir ja auch. Irgendwann machen wir das mal. Gleich nach dem wir auf den Seychellen waren.” Rei verschluckte sich fast an ihrem schwarzen Tee, als sie Mamorus Worte hörte. Die Mädchen und auch die beiden jungen Männer sahen sie besorgt an, wandten sich aber schnell wieder ab, als sie mit der Hand andeutete, dass alles gut sei. Ihr Blick schnellte wieder zur Mamoru und Usagi. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Sie wollte nachfragen, aber eine innere Stimme hielt sie zurück. Flüsterte ihr, dass er es sicherlich nur aus Spaß gesagt hatte. Weil er vielleicht selber mal drüber nachgedacht hatte und sich ohnehin gerade gut mit der Blondine verstand. Daher schwieg sie und lauschte weiter. “Dann könnte man ja auch durch Monte Carlo brausen.”, grinste Usagi. Sie genoss es, dass sie sich ganz ungezwungen mit ihm unterhalten konnte. Und das obwohl Rei ihr fast schon auf dem Schoß saß, damit sie besser spionieren konnte. Würde sie drauf klettern, würde sie ihre Freundin runterschmeißen. Sie wusste, dass es Mamoru mitbekam. Sah es in seinen Augen. “Was macht dein Hals?”, seine Hand wanderte wieder in ihren Nacken. Seine Finger glitten kurz in den Ansatz ihrer Haare. Sie erschauderte und er lachte leise. Rei hörte es. “Es geht. Ich werd mir zuhause noch so ein Wärmekissen drauf legen. Obwohl deine Massage auch schon Wunder gewirkt hat. Aber gut, deine Finger scheinen für Wunder ja gemacht zu sein.” Rei sah das breite Grinsen ihrer Freundin. Und sie sah ein seltsames Funkeln in ihren Augen. Das gleiche, das auch in Mamorus Augen zu sehen war. Doch sie konnte sich keinen Reim drauf machen. Ihr Gefühl verriet ihr, dass sich etwas zwischen den beiden geändert hatte. Aber sie wusste nicht, was es war. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie erschrak und einen spitzen Schrei ausstieß, als Minako sie anstubste. Die Blondine musste kichern, als sich Rei mit der Hand vorm Mund zu ihr umdrehte. Kurz sah sie den irrtierenden Blick von Usagi und Mamoru, aber sie drehten sich beide nach Sekunden schon wieder weg und unterhielten sich angeregt weiter. Die Schwarzhaarige sah zu ihren drei anderen Freundinnen: ”Was denn?” “Du warst so still. Wir haben uns gewundert. Ist alles okay?”, Ami sah sie fragend an. “Achso, ja, alles okay. Ich hab nur bei Usagi und Mamoru zugehört. Das ist alles.” Makoto sah an ihr vorbei: ”Toll, wie sich die beiden verstehen. Man könnte meinen, die beiden wären ein Paar.” “Was?!”, entsetzt sah Rei die Brünette an und dann zu der Blondine und dem Schwarzhaarigen. Natürlich bemerkte sie, wie nett die beiden miteinander umgingen. Wieviel Spaß sie hatten und wie sie die Gesellschaft des Gegenüber genossen. Aber sie waren sicherlich kein Paar. Noch vor einigen Wochen hatten sie sich nur gestritten. Meistens. Öfters. Außerdem war sie doch in ihn verliebt und mit ihm zusammen. “Rei?” Die Genannte wandte sich ab und schaute zu Minako, die sie ernst ansah. Genauso wie es Ami, Makoto und Motoki taten, der sich wieder zu ihnen gesellt hatte, nachdem er die Bestellungen abgearbeitet hatte. “Hm?” “Ich finde, du solltest Usagi als ernsthafte Konkurrentin ins Auge fassen.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)