Eins plus eins macht drei! von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 38: Meinungsverschiedenheiten ------------------------------------- Vielen Dank wieder für eure Kommentare! Fühlt euch gedrückt, aber nicht erdrückt! =) Viel Spaß beim Lesen! ════════════════════════════════════════════════════ Kapitel 38: Meinungsverschiedenheiten In den folgenden Tagen fiel er mehr und mehr in den alten Gemütszustand zurück. Mit jeder Stunde verflüchtigten sich die Einzelheiten des Gesprächs der Dritten Art und die Erinnerung daran wurde immer vager – und damit der positive Nachgeschmack, den es hinterlassen hatte. „Hörst du mir eigentlich zu?“ Temari fuchtelte wild mit ihrer Hand vor seinen Augen herum. „Ja, warum?“, fragte Shikamaru. „Weil du die ganze Zeit so apathisch vor dich hin starrst.“ „Ist mir gar nicht aufgefallen.“ „Das ist mir klar.“ Sie verzog genervt das Gesicht und fuhr fort: „Ich wiederhole: Deine Mum hat uns heute zum Mittagessen eingeladen.“ „Ach, hat sie?“ „Ja“, sagte sie. „Und ich hab’s gestern Abend auch schon mal erwähnt, aber du hängst anscheinend lieber irgendwelchen Fantasien nach, anstatt mir zuzuhören.“ „Ich hänge keinen Fantasien nach!“, verteidigte er sich. „Dann eben nicht. Ist mir eigentlich auch egal, solange du nicht von irgendwelchen langbeinigen Supermodels träumst.“ „Kennst du nach über drei Jahren meinen Geschmack immer noch nicht?“ „Das war rhetorisch gemeint“, sagte sie seufzend. „Aber was erwarte ich auch von dir? Du bist ’n Kerl!“ „Und du gerade eine extreme Zicke“, legte er fest. „Stellst Ino meilenweit in den Schatten.“ Hatte er das wirklich gesagt? Egal. Wenn sie ihn nun deswegen umbrachte, hatte er es wenigstens hinter sich und konnte mit Asuma im Jenseits wieder ein paar Partien Shougi spielen. Sehr reizvoll. „Ja, ja, die Schwangerschaft bekommt mir nicht.“ Temari rollte mit den Augen. „Das ist nichts, das nicht ohnehin schon jeder weiß.“ Shikamaru sah sie nur an und schwieg. Ihr Blick wurde ernster. „Ich weiß nicht, was in letzter Zeit mit dir los ist“, sagte sie, „aber ich weiß, dass es mir nicht gefällt.“ „Mit mir ist gar nichts los.“ „Eben“, meinte sie nachdrücklich. „Überfordert dich das Training mit Shuiro?“ „Nein, mit ihm läuft alles bestens“, log er. Ich hab ihn auch seit Mittwoch nicht mehr gesehen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis herauskam, dass er das Training des Jungen abgebrochen hatte. Und wenn es so weit war, konnte er sich warm anziehen. Dann war nicht nur Temari auf ihn sauer, sondern ganz Sunagakure und alle anderen, die ihr Vertrauen in ihn gesetzt hatten. „Was ist es dann?“ Und jetzt? Was sollte er ihr darauf antworten? Vielleicht war die Wahrheit doch mal angebracht – ein kleiner Teil davon. „Es stört mich, dass die Wohnungssuche nicht vorankommt und die Zeit langsam knapp wird“, sagte Shikamaru. „Du bist schließlich nicht ewig schwanger.“ „Nein, aber einige Wochen haben wir noch, bevor ich nur noch unbeweglich auf dem Sofa liegen kann“, erwiderte seine Freundin. „Außerdem hab ich dir doch von dieser netten Vier-Zimmer-Wohnung erzählt. Sie liegt am Dorfrand und weit von Yoshino entfernt.“ „Aber sie übersteigt unsere Finanzen.“ „Nein, nicht wenn ich mein Gespartes in die Baby-Ausstattung investiere. Und der Rest reicht locker noch für drei Monatsmieten.“ „Und wie soll es danach weitergehen? Nur von Luft und Liebe können wir nicht leben.“ „Du hast schon vergessen, dass du ein relativ festes Gehalt beziehst?!“ „Das extrem mickrig ist.“ „Ach, bitte, du übertreibst. So mickrig ist es auch wieder nicht.“ „Du hast als Jounin mehr als das Doppelte bekommen.“ „Seit Kriegsende nicht mal annähernd“, legte sie fest. „Und davor war ich Truppenführerin, musste permanent meinen Arsch riskieren und für jeden Scheiß den Hals hinhalten. Da ist es nur gerecht, wenn man ein paar Ryo mehr bekommt als die Kollegen ohne Verantwortung.“ „Schlecht verdient hast du bis zuletzt trotzdem nicht.“ „Also bitte, als Aushilfslehrerin hatte ich gerade mal tausend Ryo mehr als das, was du jetzt bekommst. Das sind Peanuts für die Fünfzig-Stunden-Wochen, die ich teilweise machen musste“, erklärte sie. „Wenn man es umrechnet, fällt dein Stundenlohn sogar deutlich höher aus als meiner.“ Dem hatte Shikamaru nichts entgegenzusetzen. Temari hatte es ihm exzellent vorgerechnet. „Willst du mal wissen, was Kankurou für eine lächerliche Fünfunddreißig-Stunden-Woche im Wachdienst bekommt?“ Er starrte sie bloß an und schwieg. Sie sagte es ihm ohnehin, egal, wie seine Antwort ausfiel. „Ein Drittel mehr als ich. Für im Schatten herumsitzen, Limo schlürfen und in die Wüste glotzen“, sagte sie bitter. „Und ich reiße mir gleichzeitig für ein paar Kröten den Arsch an der Akademie auf und mache massenhaft Überstunden. Ist das gerecht, oder was?“ Ihr Freund schüttelte zustimmend den Kopf. Hätte er gewusst, dass er sie mit dem Thema so in Rage brachte, hätte er es gar nicht erst angeschnitten. Apropos Rage … „Komm mal wieder runter. Die Kleine findet es bestimmt nicht so toll, wenn du dich so aufregst“, meinte er. „Außerdem ist es nun ja mit zehnstündigen Arbeitstagen vorbei.“ „Ja, bald muss ich mich vierundzwanzig Stunden an sieben Tagen die Woche um einen Schreihals kümmern“, erwiderte Temari. „Aber das ist immer noch besser, als tagein tagaus Papierkram abzuarbeiten und zu versuchen, manchem Hohlkopf was beizubringen.“ „Ich dachte, das Unterrichten hat dir Spaß gemacht!“ „Hat es meistens auch, aber einen Geninanwärter, der fast nur Scheiße baut, gibt es irgendwie in jeder Klasse. Bei den älteren Jahrgängen jedenfalls.“ Sie seufzte. „Ich weiß schon, warum ich die Akademie-Anfänger lieber unterrichtet habe … Aber zurück zum Thema.“ Er erschrak sich innerlich bei ihrem plötzlichen Tonwechsel, da er gehofft hatte, sie hätte es vergessen. „Hast du denn gar kein Erspartes?“ „Doch, aber daran wollte ich erst gehen, wenn es wirklich nötig ist.“ „Und ein halbwegs schönes Zuhause für unser Baby ist nach deiner Auffassung etwa nicht nötig?“, fragte sie kritisch. „Natürlich …“, stammelte Shikamaru und dachte: Aber was nützt das, wenn man ihm sonst nichts zu bieten hat? „So selbstverständlich scheint das für dich anscheinend nicht zu sein“, wetterte sie weiter, bis ihre Stimmlage erneut umsprang. „Egal. Du kannst ja drüber nachdenken, während ich ein kleines Schläfchen mache. Weck mich in eins, zwei Stunden.“ Zu seiner Erleichterung sprach sie ihn danach nicht mehr darauf an. --- „Wie geht’s meiner kleinen, süßen Enkelin?“ Yoshino quiekte dabei entzückt wie ein neugeborenes Ferkel. Temari antwortete mit einem „Gut“ und fragte sich, wie man einen Fetus, der nur ansatzweise auf Ultraschallbildern zu sehen war, als süß bezeichnen konnte. Was, wenn es nach der Geburt hässlich wie die Nacht war? Okay, davon ging sie wirklich nicht aus, auch wenn wahrscheinlich keine bildhübsche Suri Cruise dabei herauskam. Aber Neugeborene sahen ohnehin die ersten Tage ziemlich zerknautscht aus. Wenn man neun Monate lang wie saure Gurken in Fruchtwasser eingelegt war, konnte man auch nur verschrumpelt sein. Die Frau tätschelte ungefragt ihren Bauch und sie ließ es widerwillig über sich ergehen. Wenn sie sich aufregte, brachte sie nur ihren Urlaub in Gefahr. Und sie hatte nicht vor, Sunagakure wegen so einer Bagatelle erst in frühestens drei Jahren wiederzusehen. Ein halber Wutanfall reichte für einen Tag. „Das Essen ist auch schon fast fertig“, sagte Yoshino. „Ihr könnt euch schon mal setzen.“ „Was gibt es denn?“, fragte Shikamaru beiläufig, der von seiner Mutter bisher nur mit einem raschen Blick bedacht worden war. Soviel zu ihrem Du-bist-mein-einziger-Sohn-und-ja-so-wichtig!-Geschwafel. Keinen Ryo war es wert, seit sie sich vertragen hatten. Aber sobald der erste Enkel unterwegs war, drehte sich alles nur noch und die werdende Mutter und das Baby, als ob er überhaupt keinen Anteil beigetragen hätte. Okay, biologisch gesehen war es tatsächlich ein sehr kleiner Teil, physisch und vor allem psychisch ertrug er dafür umso mehr. Wahrscheinlich musste er sich damit abfinden, für andere nur Luft zu sein. „Reis mit Hühnchenfleisch!“ Die Begeisterung verschwand abrupt aus Temaris Blick. Und dafür komme ich extra hierher?, sagte er aus. „Gibt’s wenigstens eine leckere Soße dazu?“, fragte sie hoffnungsvoll. Jägersoße, Jägersoße, Jägersoße … „Selbstverständlich nicht!“, antwortete Yoshino. „Das ist alles viel zu fett und ungesund für dich! Du hast schließlich schon genug zugenommen.“ Wenn Temari etwas nicht leiden konnte, war es, wenn jemand statt Wohlfühlfaktor Tausend an ihrer Figur herumkrittelte. „Ich wiege jetzt neunundfünfzig Kilo“, sagte sie langsam und nach Beherrschung ringend, „und selbst wenn ich noch mal zehn Kilo zunehmen sollte, geht dich das einen absoluten Scheißdreck an!“ Yoshino machte einen Gesichtsausdruck, als hätte sie eine deftige Ohrfeige verpasst bekommen. „Ich möchte ’ne Soße dazu, ansonsten esse ich keinen Bissen!“, fuhr Temari fort. „Und du möchtest doch sicher nicht, dass deine Enkelin hungern muss, oder?“ Imponiert betrachtete Shikamaru seine Freundin. Wäre er geistig nicht irgendwo durch die dunkelsten Ecken Mordors gewandert, hätte er das definitiv antörnend gefunden. Eine Frau, die seiner Mutter solches Paroli gab, konnte sexuell nur anregend sein. --- Pappsatt ließ Temari den Esslöffel in die leere Schüssel fallen. Sie war, obwohl sie ihren Reis nicht wie die anderen mit Stäbchen gegessen hatte – mit Soße war das ein einziger Krampf! –, als Letzte fertig geworden. Sie hatte extra getrödelt, um eine weitere Figurpredigt seitens Yoshino zu umgehen. Diese hatte allerdings von ihrem letzten Kontra noch genug und bemühte sich um ein normales Gespräch, während sie den Tisch abräumte. „Warst du nicht damals mit dem amtierenden Kazekage in einer Gruppe?“, fragte sie beiläufig. „Ja, warum auch nicht?“, erwiderte sie. „Er ist schließlich mein jüngerer Bruder.“ War das denn wirklich so eine Neuigkeit? Das wusste inzwischen doch jeder, der nicht blind, taub und tot war. „Oh …“, machte die Frau beeindruckt. „Und was ist eigentlich mit deinen Eltern? Ich würde sie gerne mal kennenlernen.“ „Das wird schwierig, wenn du nicht zurück durch die Zeit reisen kannst. Sind beide nämlich mausetot.“ Auch keine Neuigkeit, da Gaaras Vergangenheit nach seiner Ernennung zum Kazekage in sämtlichen Klatschzeitschriften ausgeschlachtet worden war. Aber da sie den familiären Zusammenhang anscheinend tatsächlich nicht kannte, konnte sie das wohl nicht wissen. Yoshino hielt kurz inne und machte eine betretende Miene. „Tut mir leid …“ „Muss es nicht. Meine Mutter starb, als ich drei war und meinem Vater war sein Amt als Kazekage immer wichtiger – Um den muss man nicht unbedingt trauern.“ – Kein großer Verlust, dass Oro ihn abgemurkst hat, dachte sie zu Ende. Tatsächlich hatte sie um ihn keine Träne vergossen und bei seiner Beerdigung hatte sie nur der Etikette wegen teilgenommen. Als gute – nicht liebende – Tochter gehörte sich das schließlich so. „Dein Vater war also der vierte und dein Bruder ist nun der fünfte Kazekage?! Was für eine erfolgreiche Familie!“ Sie klatschte begeistert in die Hände und schenkte ihrem Sohn das erste Mal an diesem Nachmittag Aufmerksamkeit. „Shikamaru, warum nimmst du dir daran nicht mal ein Beispiel?“ Halt doch die Klappe!, dachte dieser verdrießlich, sprach es aber nicht aus. „Es reizt mich nicht, Kage zu werden“, antwortete er knapp. „Dann werde doch wenigstens endlich Jounin! Deine Freundin ist schließlich auch eine.“ Shikamaru verdrehte die Augen, stand vom Tisch auf und ging in den Garten. Auf ein dämliches Streitgespräch hatte er keine Lust. Temari sah ihm stirnrunzelnd nach. „Das war jetzt aber ganz schön daneben von dir“, bemerkte sie. „Weil ich ihm einen Schubs in die richtige Richtung geben wollte?“, fragte Yoshino schulterzuckend. „Und sind wir mal ehrlich: Für den finanziellen Stand einer Familie wäre es vorteilhafter, wenn er zum Jounin aufsteigen würde.“ „Ach, das ist doch Blödsinn! Selbst wenn ich noch mal fünf Kinder bekommen würde“ – Gott bewahre sie davor! – „verdient ein Chuunin genug, um uns alle satt zu machen und wir ein Dach über dem Kopf haben“, sagte sie überzeugt. „Ich hab außerdem auch nicht vor, für den Rest meines Lebens in einem Schaukelstuhl vor mich hinzuvegetieren und langweiligen Oma-Hobbies wie Stricken und Nähen nachzugehen.“ „Jetzt überleg doch mal –“ „Nein, ich möchte nicht Witwe und alleinerziehende Mutti spielen, weil er auf einer S-Rank-Mission – die man ja als Chuunin nicht zugeteilt bekommt – draufgegangen ist.“ Yoshino legte die Stirn in Falten und seufzte. „Wirst du jemals aufhören, mir bei jeder Gelegenheit zu widersprechen?“ Temari grinste. „Nein, niemals.“ --- Draußen setzte Shikamaru sich in die Nähe des Teiches ins Gras. Es war so ziemlich die Stelle, an der seine Freundin nach ihrer Ankunft vor gut zwei Monaten gelegen und geschlafen und er selbst noch überhaupt keine Ahnung gehabt hatte, was ihn erwartete. Es waren nur zwei Monate, aber ihm kamen sie vor, als wären in der Zwischenzeit Jahre vergangen. „Alles in Ordnung?“, fragte Shikaku. Er wandte sich nicht zu seinem Vater um und erwiderte tonlos: „Klar, wieso auch nicht?!“ „Du bist so ernst in letzter Zeit.“ „Bin ich nicht.“ „Dein Gesichtsausdruck sagt aber was anderes.“ „Den kannst du gerade doch gar nicht sehen.“ „Aber vorhin am Esstisch.“ Shikamaru schwieg. „Möchtest du vielleicht über irgendetwas reden?“ „Ich wüsste nicht was.“ Shikaku setzte sich neben ihn. „Weißt du, wem ich gestern im Wald begegnet bin?“ Er zuckte mit den Schultern. „Dem Jungen aus Sunagakure. Er hat allein trainiert.“ Erneut erwiderte er nichts. „Ich hab ihn gefragt, wo du bist und er sagte, du würdest dich weigern, ihn zu trainieren.“ Wieder Schweigen. „Du verletzt deine Aufsichtspflicht“, fuhr Shikaku fort. „Eigentlich hätte ich Hokage-sama schon gestern darüber informieren müssen, aber ich wollte erst selbst mit dir sprechen. Also warum lässt du den Jungen so im Stich?“ „Weil er glaubt, dass Shinobisein ein Heidenspaß ist. Mit der Einstellung ist er schneller tot, als er blinzeln kann“, sagte Shikamaru. „Warum sollte ich mir also die Mühe machen, einer zukünftige Leiche was beizubringen?“ „Du möchtest also verhindern, dass er zum Chuunin wird, damit er länger am Leben bleibt?!“ „So in etwa. Obwohl mir eigentlich egal wäre, was aus ihm wird, wenn er Temari nicht so wichtig wäre.“ Sein Vater gab einen Zischlaut von sich. Wohl das Ergebnis eines unterdrückten Lachens. „Lass das bloß niemandem aus Sunagakure hören“, erwiderte er hörbar amüsiert. „Bei denen bin ich eh unten durch, seit ich die Schwester des Kazekage geschwängert habe“, sagte er humorlos. „Also was soll’s. Ein paar Feinde mehr oder weniger machen da keinen Unterschied mehr.“ „Aber du musst es mit deinem Verhalten nicht noch unnötig fördern“, meinte Shikaku. „Und statt den Jungen allein im Wald trainieren zu lassen, solltest du ihn lieber in die richtige Bahn lenken. Bläu ihm einfach ein wenig von deinem Verstand ein.“ Shikamarus Augenbrauen zuckten kurz, fielen dann aber in ihre neutrale Position zurück und verpassten ihm wieder diese ausdruckslose Miene. „Ach, ich habe welchen?“, fragte er. „Selbstverständlich.“ „Wenn ich den hätte, hätte ich nicht mit neunzehn eine schwangere Freundin.“ Shikaku lachte schallend. „Keine Sorge, irgendwann werden alle Männer Opfer ihrer Hormone.“ „Und ihrer grenzenlosen Dummheit“, ergänzte sein Sohn trocken. Irgendwie war es ihm gerade schleierhaft, warum er sich immer nur auf Temari und ihre Versicherung, dass sie die Pille wirklich nahm, verlassen hatte. Warum hatte er sich selbst nicht mal um Verhütung gekümmert? Das war doch typisch Mann: Wenn es um Sex ging, setzten die Gehirnzellen einfach aus und der IQ senkte sich schlagartig um hundertfünfzig Punkte. Er fühlte sich gerade wie ein einziges Klischee. Aber wozu überhaupt die Aufregung, wenn doch die verdammten Magentabletten an allem Schuld waren? Diese kleinen Biester hatten seine Freundin schließlich kurzzeitig fruchtbar wie eine Oase gemacht. In seiner Fantasie machte sich ein irres Szenario breit: Fünf Tabletten fassten sich an den Händen und umtanzten eine Eizelle, die sich in ihre schickste Sonntagskleidung geworfen hatte und verführerisch zwinkerte. Und alle sangen: Les doch die Packungsbeilage, du Idiot! Les sie, les sie, ansonsten bist du selbst Schuld! Sie wiederholten den Reigen immer wieder und verspotteten ihn, bis – „Shikamaru?“ Shikaku musterte ihn eindringlich. „Hm?“ „Was unternimmst du jetzt deswegen? Ich möchte dich nur ungern melden.“ Weswegen melden? Wegen Lesefaulheit? „Denkst du, es wäre möglich, das Training mit ihm fortzusetzen?“, fragte sein Vater weiter. Es ging also nicht um irgendwelche Packungsbeilagen. Natürlich. „Wenn er zur Vernunft kommt, sicher“, sagte er. „Ich werd morgen mal mit ihm reden.“ „Mehr wollte ich gar nicht wissen.“ „Du wirst also erstmal niemandem davon erzählen?“ „Nein, erst sollst du die Chance bekommen, diesen Fehler wieder auszubügeln“, erwiderte Shikaku und flachste: „Außerdem müssen wir Männer doch zusammenhalten. Vor allem, da wir in dieser Familie bald in der Unterzahl sind.“ Shikamaru konnte partout nicht über diese Bemerkung schmunzeln und musste sich zu einem Lächeln zwingen. Einem sehr müden Lächeln. Er wusste, dass seine Fassade langsam bröckelte und das passte ihm ganz und gar nicht. „Bist du wahnsinnig?!“, tönte plötzlich Yoshinos Stimme aus dem Haus. Sie kreischte regelrecht und schien nahe einem hysterischen Anfall zu sein. Die Männer bedachten sich mit einem Stirnrunzeln und wandten sich um. Temari kam finster dreinblickend in den Garten hinausgestapft und schrie zurück: „Von dir lasse ich mir gar nichts vorschreiben!“ „Das ist dumm und verantwortungslos!“, grölte die Frau ihr nach. „Hör wenigstens dieses eine Mal auf mich!“ „Ich denk ja nicht dran!“ Sie packte ihren Freund am Oberarm, zog ihn auf die Beine und zischte wütend: „Verschwinden wir, bevor ich noch einen Mord begehe!“ Er tauschte mit seinem Vater noch einen irritierten Blick aus und tat, was sie verlangte. --- „Was war denn los?“, fragte Shikamaru ein paar Straßen weiter, als die gruselige Ader auf Temaris Stirn verschwunden war. „Ich hasse sie …“, murmelte sie vor sich hin. Wenn schon das Wort hassen fiel, musste die Apokalypse ausgebrochen sein. „Sie will mir die Reise nach Suna verbieten!“, sagte sie angriffslustig. „Was glaubt sie eigentlich, wer sie ist? Mein Babysitter oder Vormund?“ Er wusste, dass er sich mit folgender Aussage wahrscheinlich keinen großen Gefallen tat, aber – „Sie ist doch nur besorgt. Es ist ja schließlich kein gemütlicher, zweistündiger Spaziergang zur nächsten Stadt.“ „Ich weiß aber selbst am besten, was gut für mich ist!“, erwiderte sie zähneknirschend. „Ich hab es nicht nötig, mich von so einer Wichtigtuerin anschreien und beleidigen zu lassen.“ Beleidigen? Temari musste gerade eine neue Definition für das Wort erfunden haben. „Sie hat doch nur gesagt, dass dein Verhalten dumm ist, nicht du als Mensch“, verbesserte er. „Zielt das nicht auf dasselbe ab?“ „Nur in deiner Welt.“ „Dankeschön für die Unterstützung“, sagte sie tonlos. „Was kann ich dafür, wenn du ihre Worte in den falschen Hals kriegst?“ Er merkte, dass es nach einer Provokation klang und fuhr ruhiger fort: „Du weißt, dass du bei mir an der falschen Adresse bist, um dich zu beschweren, weil ich mit ihr – ausnahmsweise mal – so ziemlich einer Meinung bin. Diese Reise ist verantwortungslos.“ „Aber –“, setzte sie ohne sinnigen Widerspruch an und fluchte: „Ach, scheiße!“ Und für den Rest des Weges war sie auch genauso gelaunt. ════════════════════════════════════════════════════ Tja, so ähnlich und doch so verschieden. Freunde werden Temari und Yoshino in dieser Geschichte wohl nicht mehr. :D Tausend Ryo sind etwa hundert Euro. Temari hat verdiensttechnisch also wirklich jeden Grund zu meckern. Danke fürs Lesen! :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)