Eins plus eins macht drei! von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 55: Der kleinste gemeinsame Nenner ------------------------------------------ Kapitel 55: Der kleinste gemeinsame Nenner Temari verabschiedete sich mit einem „Gute Nacht!“ und schlich sich zurück in ihr Zimmer. Sie legte sich ins Bett, rückte etwas weiter zur Mitte und drehte sich auf die Seite. Sie spürte, dass Shikamarus flacher Atem ihren Nacken streifte, doch das störte sie nicht. Fetzen von dem Gespräch schwirrten durch ihre Gedanken und bei Sakuras ›Ich dachte, du hast es getan, weil du ihn liebst‹ blieb sie hängen. Sicher, wenn es nicht so wäre, hätte sie nicht mal in Erwägung gezogen, in Konoha zu bleiben, aber im Großen und Ganzen spielte es nur eine untergeordnete Rolle. Ihre Hand glitt zu ihrem Bauch. Er trug den Löwenanteil daran, warum sie sich so entschieden hatte. Alle anderen Faktoren konnte sie im Gegensatz dazu vernachlässigen. Sie schloss die Augen und dachte an den Tag vor drei Jahren zurück, an dem das, was sie jetzt hatte, noch undenkbar gewesen war. „Hörst du mir eigentlich zu?“ Kankurou winkte wild vor ihren Augen herum und sie blinzelte. „Entschuldige“, murmelte Temari, „ich war gerade in Gedanken woanders.“ „Was ist denn mit dir los?“, fragte er. „Du freust dich nicht mal, mich nach zwei Monaten zu sehen und dann träumst du auch noch so komisch vor dich hin. Bist du von der Prüfung so überarbeitet?“ Da ihr diese Ausrede ganz recht kam, erwiderte sie: „Ja.“ Sie legte eine kurze Pause ein und setzte nach: „Ich überlege, ob ich diesen Job abgeben soll. Dieser ganze Papierkram und das anschließende Überwachen der Teilnehmer ist nichts für mich.“ Skeptisch verzog ihr Bruder die Brauen. „Und das fällt dir erst auf, nachdem du es schon fast dreimal hinter dir hast?“ „Na ja, ich dachte, ich muss mich erst einarbeiten, aber irgendwie … Nein, das wird nichts.“ Kankurou verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich zurück und musterte seine Schwester eingehend. „Du hast doch letztes Mal noch so davon geschwärmt, wie viel Spaß dir die Prüfungsvorbereitungen trotz des Stresses macht“, bemerkte er. „Irgendwie passt das für mich nicht zusammen.“ „Muss es das denn?“, gab sie ironisch zurück. „Ich hab eben meine Meinung geändert. Das Wieso-weshalb-warum braucht dich nicht zu interessieren.“ Er seufzte und erhob sich von seinem Platz auf der Couch. „Es geht mich sehr wohl etwas an“, sagte er beherrscht. „Du repräsentierst schließlich unser Dorf und ich bin immer noch der Meinung, dass das niemand besser kann als du.“ Er zwinkerte ihr zu. „Aber wenn du schlechte Laune gefrühstückt hast oder dir die Luftfeuchtigkeit hier nicht bekommt, lass es nicht an mir aus.“ „Ich bin nicht schlecht gelaunt“, protestierte sie. „Ich bin einfach nur müde. Jeden Tag neun Stunden lang als Zuschauer Trainingseinheiten überwachen kann ziemlich anstrengend sein.“ Kankurou prustete vor Belustigung los. „Kann ziemlich anstrengend sein?“, wiederholte er. „Das klingt gar nicht nach dir! Du verbringst eindeutig zu viel Zeit mit diesem Nara-Typen, wenn du hier bist.“ „Ha, ha“ – sie lachte humorlos – „wie lustig …“ „Was ist denn jetzt schon wieder? Du hast doch selbst gesagt, dass er dir bei dem Papierkram keine große Hilfe ist, weil er lieber faulenzt.“ „Ja, er braucht manchmal schon einen Schubs in die richtige Richtung, aber dann macht er seine Arbeit gut.“ Ihr Bruder verzog amüsiert das Gesicht. „Die Luft hier bekommt dir wirklich nicht“, flachste er und schlenderte hinüber zum Türrahmen, „aber bald musst du sie ja nicht mehr atmen.“ Als Temari nichts erwiderte, fuhr er fort: „Dein Humor ist hier im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt, was?“ Feuerreich und verbrannt, wie unglaublich witzig … „Mir ist einfach nicht nach Lachen zumute“, antwortete sie trocken und hielt sich demonstrativ die Stirn. „Ich glaube, ich werd krank.“ „Dann sagst du Gaara heute besser nicht mehr Hallo“, stellte Kankurou fest und warf ihr einen besorgten Blick zu. „Dann ruh dich mal aus, damit du am Montagmorgen wieder fit bist.“ „Wird schon werden“, murmelte sie monoton. „Und jetzt hör auf, dir Sorgen um mich zu machen und verzieh dich!“ „Wie du befiehlst, Schwesterherz!“ Mit einem Grinsen auf den Lippen verschwand er in den Flur. Fünf Sekunden später fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Temari senkte ihren Arm und seufzte. Sie war weder müde, noch krank, noch sonst irgendwas Negatives in körperlicher Hinsicht. Es war etwas Emotionales, das sie so herunterzog, und dagegen half keine Medizin und kein Schlaf dieser Welt. Montagmorgen … Heute war schon Donnerstag und bis dahin waren es nur noch dreieinhalb Tage. Drei, wenn man die kommende Nacht abzog, zu der es nicht mehr weit war. Die letzten Male hatte sie es kaum erwarten können, zurück in ihre geliebte Heimat zu kommen, doch jetzt? Sie verfluchte diese verdammte Gefühlsduseligkeit, die von ihr Besitz ergriffen hatte und die ihr Leben momentan so schwer machte. Sie verabscheute sie mit jeder Faser ihres Herzens und wenn sie greifbar gewesen wäre, hätte sie sie schon vor Tagen – nein, Wochen –herausgerissen und im Klo heruntergespült. Aber da es nicht so einfach ging, musste sie sich ihrem beschissenen Problem selbst stellen. Scheiß Gefühle, scheiß – Es klingelte. Temari fuhr kurz zusammen. Entweder war es Kankurou, weil er seine Zeitung vergessen hatte, oder … Nein, ihr Bruder machte sich nichts aus einem veralteten Tagesblatt und war es bestimmt nicht. Also kam nur einer als Besucher infrage. Sie legte sich hin und obwohl ihr nicht kalt war, zog sie sich die Wolldecke über den Kopf. Sie würde einfach so liegen bleiben und das Ganze aussitzen, bis die Person, die vor ihrer Tür stand, aufgab und wieder ging. Und falls er in den kommenden Tagen noch mal bei ihr auftauchen sollte, machte sie es genauso. Sie würde sich krank stellen, um nicht beim Finale der Chuunin-Prüfung im Stadion anwesend sein zu müssen und am Montag ging es dann ohnehin zurück nach Sunagakure. Unterwegs würde sie Gaara erklären, dass sie sich von der Prüfungsplanung zurückzog und falls irgendwelche Missionen nach Konoha für sie angedacht waren, würde sie sich irgendwie davor drücken. Ja, das löste ihr kleines Problem am besten. Nicht sofort, aber mit der Zeit vergaß sie diesen Gefühlskram, der so dämlich und unsinnig war, sicher … Ein erneutes Klingeln. Verdammt, vielleicht war ihr Weg für sie der Leichteste und Bequemste, aber war sie ihm nicht wenigstens eine winzige Erklärung schuldig? Nein, war sie nicht. Es war schließlich nur Sex. Von seiner Seite aus war es das zumindest, also warum sollte sie ihm auch nur einen Grund nennen, der ihn eh nicht interessierte? Wenn sie ihr Vorhaben durchzog und ihn bis zu ihrer Abreise ignorierte, würde er ihr wohl kaum hinterher reisen und in Sunagakure zur Rede stellen … Ja, es war unwahrscheinlich, doch das Risiko wollte sie nicht eingehen. Sie musste es klären, bevor sie am Montag Konoha Auf Nimmerwiedersehen! sagte. Es klingelte ein drittes Mal. Genau, sie brachte es jetzt schnell hinter sich und in einer halben Stunde konnte sie die Sache abhaken und sich ein bisschen in Selbstmitleid suhlen, bis sie vor Wut auf sich selbst, weil sie ihre Gefühle abgesägt hatte, eingeschlafen war. Ein bisschen Blabla, bei dem sie das, was sie empfand, herunterspielte; dann warf sie ihn raus – aus der Wohnung und aus ihrem Leben – und zum Schluss kam das Verarbeiten ihrer eigenen Dummheit. Dass sie so blöd gewesen war und sich in einen Kerl aus einem anderen Dorf verliebt hatte. Ja, so machte sie es. Temari stand auf und lief in den Flur. Ihr Schädel pochte, ihr wurde kalt und einen Augenblick lang dachte sie, dass sie wirklich krank wurde. Dann wurde ihr bewusst, dass es eine normale Reaktion ihres Körpers auf das Unangenehme sein musste, das sie vor sich hatte. Sie öffnete die Tür, drehte sich wieder um, ohne den Besucher anzusehen oder ihm etwas zu sagen, und ging zurück ins Wohnzimmer. Dort griff sie die Decke und überlegte, ob sie ihm die Kranke vorspielen sollte, aber da ihr dies das Gespräch nicht ersparte, legte sie sie nur zusammen. Im Anschluss begann sie in ihrer Tasche herumzuwühlen. Nicht, weil sie etwas Wichtiges suchte, sondern zur Ablenkung. „Ist es nicht noch etwas zu früh, um deine Sachen zu packen?“, hörte sie Shikamaru fragen und ein kalter Schauer und der Gedanke überkam sie, dass es doch keine so gute Idee gewesen war, noch mal mit ihm reden zu wollen. Aber dafür war es zu spät. „Wir gehen am Montag“, antwortete sie beiläufig, „und ich möchte nichts vergessen.“ „Bist du denn so vergesslich?“ Sie beugte sich etwas vor, damit ihre Haare, die sie nach der Dusche am Nachmittag nicht wieder zusammengebunden hatte, über ihre Schultern fielen und das Schmunzeln verdeckte. Sie wusste nicht einmal, warum sie schmunzelte, schließlich hatte er nichts gesagt, das übermäßig witzig war, doch sie tat es trotzdem. Ganz ohne Sinn. Genauso wie die vielen Male, die sie in den letzten Wochen mit ihm geschlafen hatte, ohne Sinn waren, wenn sie das Befriedigen menschlicher Bedürfnisse ausklammerte. „Nein“, sagte Temari, „aber man weiß ja nie …“ „Ansonsten nimmst du es eben in einem halben Jahr wieder mit“, meinte er. „Es kommt ja nichts weg.“ Sie war versucht, ihm zu sagen, dass sie nicht einmal wieder herkommen würde, wenn sie ihren Fächer vergessen hätte, aber sie ließ es bleiben. Sie hatte keinen Grund, ihm gegenüber sarkastisch zu werden. „Sicher“, entgegnete sie tonlos. Shikamaru schwieg einen Moment, dann fragte er unerwartet: „Stimmt irgendwas nicht?“ Dank dir stimmt überhaupt nichts mehr!, wollte sie erwidern, sagte aber stattdessen: „Nein, Kankurou war eben hier und er war wohl der Meinung, dass er die Ironie, die er in den zwei Monaten meiner Abwesenheit angesammelt hat, an mir auslassen muss.“ „Du bist doch selbst ironisch und sarkastisch ohne Ende“, bemerkte er. „Also kann es dich nicht so stören, oder?“ Natürlich hatte er Recht und es schmeckte ihr nicht, dass er inzwischen so gut über sie Bescheid wusste. „Vielleicht muss ich mich auch erst wieder dran gewöhnen“, gab sie zurück. „In letzter Zeit hatte ich ja eher weniger mit schlagfertigen Leuten zu tun.“ „Wenn das eine Anspielung auf mich sein soll: Das trifft mich nicht.“ „Du bist immer noch schlagfertiger als alle anderen zusammen, die ich hier kenne.“ „Wen kennst du hier außer mir denn schon großartig?“, fragte er scherzhaft. Temari antwortete nicht. Dieser bescheuerte Smalltalk … Anstatt auf den Punkt zu kommen, redeten sie über belanglosen Mist. Und dann brachte seine Anwesenheit sie schon etwas durcheinander, was es ihr nicht leichter machte, das Wesentliche anzusprechen. Wenn das so weiter ging, war er in einer Viertelstunde nicht wie geplant auf dem Weg nach Hause, sondern wälzte sich mit ihr auf ihrem Bett herum. Nicht, dass Letzteres schlecht war – ob sie es gestern oder heute zum letzten Mal getan hatten, war doch egal –, aber … Nein, gegen diese verdammten Gefühle musste sie dringend etwas tun. Sie zog den Reißverschluss ihrer Tasche zu, sah auf und suchte nach der schnellstmöglichsten Variante, um sich auf Distanz zu bringen. Sie erblickte das leere Wasserglas als letzten lebensrettenden Strohhalm, griff es sich rasch vom Tisch und brachte es in die Küche. Dort stellte sie es in die Spüle und schaute sich nach weiteren Arbeiten um, die sie sich spontan aufhalsen konnte, um nicht mit ihm reden zu müssen. Sie fand nichts. Es war ordentlich, denn sie hatte erst vor ein paar Stunden nach einem frühen Feierabend alles erledigt. Von dem Glas, das sie eben hergebracht hatte, abgesehen. Temari nahm es, wusch und trocknete es ab und stellte es zurück in den Schrank. Dann schnappte sie sich den Lappen, ging zum kleinen, blitzblanken Tisch, der an der Wand stand und – Was machte sie eigentlich? Anstatt ihr Problem aus der Welt zu schaffen, schuf sie sich Ausflüchte, die dieses dumme Gespräch nur einige Minuten nach hinten verschoben. Sie war fast zwanzig, erwachsen und verhielt sich normalerweise auch so, aber jetzt führte sie sich wie eine alberne Teenagerin auf, die den Mund nicht aufbekam. Sie warf den Lappen zurück auf die Ablage über dem Wasserhahn und ging über den kleinen Flur zurück ins Wohn- und Schlafzimmer. Shikamaru hatte sich in der Zwischenzeit auf die Couch gesetzt und überflog die Zeitung aus Sunagakure, die Kankurou mitgebracht hatte. „Bei euch passiert nicht viel, was?“, bemerkte er ohne aufzusehen. „Gaara macht seinen Job halt gut“, erwiderte sie. „Also was hast du erwartet?“ Als Antwort bekam sie nur ein Schulterzucken und da das Blatt offensichtlich doch nicht so uninteressant für ihn war – was ihr ganz recht war – fläzte sie sich ebenfalls aufs Sofa, angelte den Roman, den sie gerade las, vom Tisch und schlug ihn auf. Temari starrte auf den Kapiteltitel, ohne ihn zu lesen. Wie beknackt und absurd war es denn, dass sie in ihrer Freizeit zusammen saßen und jeder irgendetwas für sich las? Wie ein altes Ehepaar, das sich gerade nicht viel zu sagen hatte. Mit dem Unterschied, dass sie weder eine Ehe führten, geschweige denn ein Paar waren. Nein, sie beschränkten sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner mit den drei Buchstaben. Der Nächstkleinere war das dumme L-Wort und von dem wusste nur sie, dass er in diesem Zusammenhang überhaupt existierte. Sie begann als Ablenkung nun doch mit dem Lesen und nach ein paar Absätzen trat dieser Gedanke in den Hintergrund, bis er in ihrem Hinterkopf fast durchsichtig geworden war. Sie blätterte um – einmal, zweimal, dreimal –, dann … „Du verhältst dich seit ein paar Tagen ein wenig merkwürdig“, durchbrach Shikamaru die Stille. Ihr Gedanke manifestierte sich wieder und war deutlicher als vorher. Verdammt. „Das bildest du dir nur ein“, gab sie zurück. „Vielleicht verhältst du dich ja anders und denkst, ich wäre anders, obwohl ich mich dir nur anpasse?“ „Unsinn“, sagte er gleichmütig, „ich bin wie immer.“ „Gut, das bin ich nämlich auch.“ Sie hörte das Rascheln der Zeitung, als er sie zusammenfaltete und als er sie weglegte, streifte sein Arm kurz ihre Schulter. Ihr Magen führte einen lustigen Tanz auf und sie schauderte. Wie sie diese dämlichen Reaktionen hasste. Sie waren besonders lächerlich, wenn sie daran dachte, wie oft er schon seinen ganzen Körper an sie gepresst hatte, und jetzt brachte sie eine flüchtige Berührung schon auf einen emotionalen Höhenflug? „Du bist nicht wie immer“, widersprach er. „Tatsächlich?“, kommentierte sie trocken. „Du musst es ja wissen, schließlich scheinst du mich besser zu kennen als ich mich selbst.“ „Sarkasmus“, merkte er an. „Ich hab also Recht.“ Es juckte sie in den Fingern, sich selbst zu ohrfeigen. Warum zum Teufel hatte sie sich dazu hinreißen lassen, in seiner Gegenwart so viel über sich auszuplaudern? Wenn sie es nicht getan hätte, wäre sie jetzt wahrscheinlich nicht in dieser Situation und würde nicht so einen Schwachsinn wie Liebe empfinden. „Von mir aus“, gab Temari nach, „wenn’s dich glücklich macht …“ „Nein, tut es nicht“, erwiderte Shikamaru beiläufig. „Nur weil man einmal Recht hat, wird man nicht automatisch glücklicher.“ Sie seufzte innerlich. Natürlich, so eine Antwort musste kommen. Womit hatte sie auch sonst gerechnet? Dass er sie minutenlang mit seinem verbalen Sieg, den sie ihm geschenkt hatte, aufzog? Dass er sich nicht wie viele Gleichaltrige auf ein kindisches Niveau herabließ, war eine Eigenschaft, die sie an ihm schätzte. Sie schätzte sie zu sehr, schließlich hatte sie einen gewissen Anteil daran, warum sie so fühlte. Er verhielt sich vernünftig und er prahlte auch nicht damit, dass er mit einer Frau schlief, die drei Jahre älter war als er, wie es der Großteil seiner Altersklasse sicher getan hätte. Seine Eltern und seine Freunde verhielten sich völlig normal, wenn sie ihnen zufällig über den Weg lief. Nur Ino war ihr einmal mit einer penetranten Fragerunde auf die Nerven gegangen, an deren Ende sie zu dem Schluss gekommen war, dass sie heimlich ein paar harmlose Dates hatten. Nicht einmal seinem besten Freund hatte er davon erzählt und generell schien niemand etwas von der Affärengeschichte zu ahnen. Dafür war sie ihm ziemlich dankbar. „Also was ist nun?“, holte er sie aus ihrer Gedankenwelt zurück. Sie starrte weiterhin auf ihr Buch, tat als würde sie lesen und erwiderte: „Was soll schon sein?“ Unerwartet zog er ihr den Roman auf der Hand und legte ihn außerhalb ihrer Reichweite ab, sodass sie gezwungen war, ihn anzusehen. „Mir geht so eine Heimlichtuerei ziemlich auf die Nerven“, sagte Shikamaru, „also red schon.“ „Ach, hör doch auf mit dem Scheiß“, entgegnete Temari mit ausdrucksloser Miene. „Wir wissen beide, dass du nicht zum Reden hier bist.“ „Doch“, gab er zurück, „im Moment schon.“ „Wenn ich aber im Moment nicht reden möchte?“ „Dann warte ich, bis du es tust. Ich hab Zeit.“ Sie wusste, dass er sie nicht hatte, wenn er sich keinen zusätzlichen Ärger einheimsen wollte und sie selbst hatte sie auch nicht, wenn sie nicht noch tiefer in diesem Gebilde aus romantischen Gefühlen versinken wollte. Aber sie wollte jetzt nicht reden. „Dann warte eben“, sagte sie teilnahmslos. „Gut“, meinte er, „mach ich.“ „Darauf kannst du aber lange warten.“ „In Ordnung.“ „Gibst du mir dann bitte mein Buch zurück?“ Wortlos reichte er es ihr und sie suchte die Stelle heraus, an der sie stehen geblieben war. Sie las einen Satz und hielt inne. Was zum Teufel sollte das? Was brachte ihr dieses Hinauszögern, außer dass es nur noch schwerer für sie wurde? Temari überlegte, wie sie am besten aus der Sache herauskommen konnte, ohne zu viel Gefühlsduselei an den Tag zu legen, dann klappte sie den Roman wieder zu. Ihre Gedanken nahmen Form an, doch als sie ihn ansah, ging ihr Mund nicht mit. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr widerte sie dieses gefühlsduselige Blabla an. Sie wollte diesen Quatsch nicht aussprechen und sie wollte erst recht nicht wissen, wie Shikamaru darauf reagierte. Und das brachte sie zu ihrem ursprünglichen Plan zurück. Die nächsten eins, zwei Stunden würde sie noch wie gewohnt laufen lassen, doch sobald er gegangen war, machte sie das, was sie schon vor einer halben Stunde hätte tun sollen: Ihn bis zur Abreise ignorieren und aus dem Weg gehen. Und im Anschluss hieß es: Nie wieder Chuunin-Prüfung, nie wieder Konoha. Dann löste sich ihr Problem irgendwann in Luft auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass er ihr nachkam, stand sowieso fast bei null. Warum sollte er sich auch die Mühe machen? Das Buch wanderte ein paar Mal von ihrer Linken in die Rechte, dann warf sie es auf den Tisch. Sie wollte nicht mit ihm reden und da er sich definitiv nicht mit einer dummen Ausrede abspeisen ließ, gab es nur eine Möglichkeit. Die Vorstellung daran ließ das wichtigste Organ in ihrer Brust höher schlagen. Ihr bescheuertes, verliebtes Herz pochte und steigerte kontinuierlich seine Taktfrequenz. Dieses Miststück. Sie spürte, wie ihre Hände zu zittern begannen, aber sie überspielte es, indem sie das tat, was sie in den letzten Wochen häufiger getan hatte: Sie schwang sich auf seinen Schoß und begann ihn zu küssen. Als sie ihn gegen die Lehne drücken wollte, gab er jedoch nicht wie gewohnt nach, sondern widerstand ihr. Sie merkte seine Finger auf ihren Schultern und in einem Moment der Verwirrung machte er sich von ihr los. „So läuft das nicht“, legte er fest. Der ernste Tonfall seiner Stimme überraschte sie zwar, beeindruckte sie aber nicht. „Doch, so läuft das zwischen uns“, erwiderte sie gefasst. „Ich stelle dir keine Fragen, also stellst du mir auch keine.“ Irgendetwas in seinem Blick sagte ihr, dass er nicht zufrieden mit ihrer Antwort war, doch als sie seine Handgelenke umfasste, lockerte er seinen Griff. Sie nahm seine Hände, geleitete sie zu ihrer Hüfte und schob sie unter ihr Top. Sie wartete noch einen Augenblick und da er sich ihr nicht länger widersetzte, küsste sie ihn erneut. Und er erwiderte ihren Kuss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)