Broken Genius von caladriuss ================================================================================ Kapitel 15: Fertigstellung -------------------------- Einen Tag später ging ich erst abends wieder zu ihm. Dafür brachte ich ihm aber auch etwas zu essen mit. Als ich in sein Zimmer kam, saß er wie am Vortag auf dem Boden und betrachtete sein Modell. Oje, er hatte wahrscheinlich wieder ohne Pause gearbeitet. Ich stellte unser Essen auf den Tisch, ehe ich näher trat und vor ihm in die Hocke ging. Sein Blick wirkte nicht so konzentriert wie die letzten Tage sondern eher müde. Vorsichtig strich ich über seine Stirn, fühlte seine Temperatur. Schon wieder zu warm. Erst jetzt schien er mich überhaupt zu bemerken. Er sah auf, doch entgegen meiner Erwartung wirkte er nicht überrascht oder erbost darüber, dass ich ihn berührte. Nein, er lächelte schwach aber unendlich erleichtert, wobei seine Augen in einem weichen, hellen Blau leuchteten. Ein wirklich schönes, anziehendes Lächeln. „Ich bin fertig.“, hauchte er heiser. „Ja, das sieht man.“ Er wirkte unglaublich erschöpft und seine Augen waren ganz glasig. Da er bis jetzt nichts gegen den Körperkontakt sagte, glitt ich mit der Hand von seiner Stirn weiter durch sein Haar. Ich mochte es, wie weich sich diese dunklen Strähnen zwischen meinen Fingern anfühlten. Wie kühle Seide. Erstaunlich wie wenig ihn solch vertraute Gesten störten, wenn er seinen Erfinderwahn auslebte. „Nein! Störrisch schüttelte er den Kopf. „Mit dem Modell! Ich bin fertig mit dem Modell.“ Überrascht blickte ich auf die Konstruktion in seinen Händen. Wahnsinn, jetzt sah es wirklich aus wie das Skelett eines echten Fußes, unfassbar detailgetreu. „Das ist großartig.“ Wirklich erstaunlich, was er da erschaffen hatte. Aber viel erfreuter war ich darüber, dass er jetzt endlich aufhören würde, sich körperlich so zu verheizen. „Komm, ich habe uns Essen mitgebracht.“ Vorsichtig zog ich ihn auf die Beine. Er stand nicht sonderlich sicher, hatte kaum Spannung im Körper, wie jemand, der sich einfach lange nicht bewegt hatte und auch jetzt dafür nicht mehr so recht die Kraft fand. Behutsam zog ich ihn zum Sofa, damit er darauf niedersinken konnte. Sein Körper strahlte schon wieder eine beunruhigende Hitze aus. Vorsichtig nahm ich ihm das Modell ab und stellte es auf die andere Seite des Tisches. Jetzt wurde es Zeit, ihn wieder aufzupäppeln. „Hier.“ Ich hielt ihm einen mitgebrachten Burger hin. Mir war klar, dass er vermutlich kein großer Fan dieses Essens war, aber nach den letzten Tagen konnte er ein paar Kalorien gut gebrauchen. Entgegen meiner Erwartung moserte er auch gar nicht groß herum, sondern griff kommentarlos zu. Während er also begierig seinen Burger verdrückte, packte ich noch weitere Burger, Pommes, Chicken Nuggets und Softdrinks auf den Tisch. Seine Augen leuchteten begeistert auf, als er die große Auswahl sah. Scheinbar hatte er wirklich riesigen Hunger. Ich nahm mir selbst auch einen Burger, während ich ihn beobachtete. Es war eine wahre Wohltat, zu sehen, dass er für seine Verhältnisse wirklich ordentlich zulangte. Wahrlich ein gutes Zeichen, denn solange er mit seiner Erfindung beschäftigt gewesen war, hatte er kaum einen Bissen zu sich nehmen wollen. Also mussten seine Gedanken jetzt davon befreit sein. „Ich hätte nicht gedacht, dass du ein Fan von Fast Food bist.“, meinte ich schmunzelnd, als er nach den Pommes angelte. „Warum hast du es dann mitgebracht?“ Seine Stimme klang immer noch ein wenig heiser, aber auch das lag vermutlich an der Erschöpfung. „Ich dachte, du könntest es jetzt ganz gut vertragen.“ Er nickte andächtig, während er am Strohhalm seines Colabechers saugte. Dafür, dass er die letztes Mal als Getränk des Pöbels beschimpft hatte, schien sie ihm jetzt doch sehr zuzusagen. Mir war das nur recht, dass er sich ordentlich stärkte. Wenn er sich danach schlafen legte und ausruhte, würde er bestimmt schnell wieder auf dem Dampfer sein. Aber als er sich gesättigt zurücklehnte und ich ihm vorschlug, ins Bett zu gehen, schüttelte er nur entschieden den Kopf. „Ich würde gern auf die Terrasse.“, murmelte er. Ich verstand zwar nicht, was er da wollte, aber ich half ihm trotzdem auf die Beine und begleitete ihn nach draußen. Er lief mit meiner Hilfe sogar vorsichtig, trat allerdings nur zögerlich mit dem Gips auf, als wäre er es immer noch nicht gewohnt. Er sank auf einen der Liegestühle, streckte sich darauf aus. Wollte er jetzt ausspannen? Ich beobachtete, wie er tief durchatmete und sich entspannte. In seinen Augen war so viel Erleichterung zu erkennen. Sein ganzes Gesicht wirkte geradezu friedlich. „Es ist endlich ruhig.“, wisperte er. Ich sah mich um. Inzwischen versank die Sonne langsam am Horizont. Es war ein lauer Sommerabend, wie es sie oft zu dieser Jahreszeit gab. Ich persönlich liebte solche Nächte. Diese Atmosphäre, wenn die Sonne den Himmel in ein warmes Licht tauchte und die Welt still wurde. Die letzten Singvögel verstummten, nur das leise Rascheln des Windes in den Bäumen untermalte die Ruhe. Und dann war da ein dezenter Geruch in der Luft. Es roch mild nach Gras. „Ja.“ Ich nickte. „Ein wirklich friedlicher Abend.“ „Nein… Es ist ruhig in meinem Kopf.“, murmelte er. „Was?“ Ich setzte mich ans Ende seines Liegestuhls, betrachtete seinen eingegipsten Fuß. „Keine Zahlen, Skizzen oder Bauteile.“ Er fuhr sich müde über die Augen. „Keine Gedanken, einfach nur Stille…“ Die Erleichterung darüber war ihm wirklich anzusehen. Wie quälend musste es für ihn sein, von dieser Idee seiner Erfindung, seinen eigenen Gedanken gefangen zu sein? Für jemanden wie Kaiba, der eigentlich immer die Kontrolle haben wollte, kam das bestimmt einem Alptraum gleich. Niemand würde das je nachvollziehen können, aber ich konnte förmlich spüren, welche Last damit von ihm abgefallen war. „Hast du morgen Physiotherapie?“ Vorsichtig umfasste sein Bein. Ich erinnerte mich noch an die Übungen, die Lauren mit ihm gemacht hatte und vermutlich wäre es nach dem tagelangen Sitzen gut, die Muskeln seines lädierten Beines mal aufzulockern. „Weiß nicht.“ Er gähnte verhalten, beobachtete träge, wie ich seine Wadenmuskulatur massierte. Innerlich fragte ich mich, ob er nur zu müde war, mich wegzuschicken oder ob ihm meine Anwesenheit im Moment doch recht war. Immerhin hatte ich scheinbar als einziger einen Draht zu seinem Erfindergeist. „Das finden wir schon raus.“, meinte ich. „Wenn es dich nicht stört, würde ich die wieder begleiten.“ Schien ihn kaum zu interessieren. Er zuckte nur gleichgültig mit den Schultern, während er mich betrachtete. „Deine Haare sind anders.“, murmelte er. „Ja.“ Es war ihm also doch aufgefallen. „Und neue Kleider.“ Ich nickte. Er nahm es zur Kenntnis, aber er verlor kein Wort darüber, was er davon hielt, während er nun gedankenverloren gen Himmel starrte. Ob er wusste, wie unfassbar schön sich das Licht der untergehenden Sonne in seinen Augen spiegelte? Im Moment wirkte das Blau fast schon flüssig. Ich hatte noch nie jemanden gesehen, der Ruhe so sehr genießen konnte. „Willst du vielleicht lieber ins Bett?“, fragte ich leise. Er schlief gleich ein, das sah man deutlich. Doch er schüttelte nur den Kopf. „Nur noch ein paar Minuten.“, nuschelte er. Allerdings hielt er keine paar Minuten mehr durch, ganz wie ich es mir gedacht hatte. Kurz darauf war er eingeschlafen. Sturkopf! Und trotzdem war ich einfach nur zufrieden. Zu wissen, dass er nicht mehr Geißel seiner Erfindung war und jetzt bestimmt schnell wieder fit sein würde, machte mich einfach nur glücklich. Morgen würde sich vermutlich entscheiden, ob er jetzt wieder die Nase voll von mir hatte und mich erneut vor die Tür setzte. Mir war klar, dass ich damit rechnen musste, aber je mehr Einblick ich in seine Seele, seine Persönlichkeit bekam, desto weniger konnte ich mich einfach damit abfinden. Es war dumm von mir gewesen, mich dermaßen auf ihn einzulassen, aber inzwischen hatte ich ihn wirklich in mein Herz geschlossen. Er hatte Schwächen und Macken, die ihn erstaunlicherweise unglaublich sympathisch machten, gerade weil sie seine so eiskalte perfekte Fassade bröckeln ließen. Aber am meisten imponierte mir, zu was er wirklich fähig war, auch wenn seine größte Stärke zugleich seine größte Schwäche darstellte. Absolute Genialität, die ihn selbst einfach überrollte. Ich strich andächtig über seinen Bauch. Anfänglich hatte ich schon befürchtet, seine durch den Erfinderwahn bedingte Hungerkur hätte ihn zu sehr abmagern lassen. Immerhin war er vorher schon sehr schlank gewesen. Aber so rapide schien es doch nicht zu sein, zumindest nicht so schlimm, dass er es nicht innerhalb einer Woche würde ausgleichen können. Trotzdem konnte ich mir gut vorstellen, dass seine Gesundheit auf Dauer irgendwann darunter leiden würde. Vorsichtig hob ich ihn an und trug ihn in sein Bett. Draußen würde es in der Nacht einfach zu kalt werden, um ihn dort zu belassen und eine Erkältung konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen. Vorsorglich begrub ich ihn unter seiner Decke, strich noch einmal durch sein weiches Haar, ehe ich ihn für heute in Ruhe ließ. Vielleicht sollte ich mal lieber meine Gedanken ordnen, als mich weiter in diesen Schwärmereien für seine Person zu verlieren. Ja, er war eine verdammt starke Persönlichkeit, ein wirklich einzigartiger, faszinierender Mensch, aber was brachte mir all das, wenn er mich sowieso nicht in seiner Nähe haben wollte? Kopfschüttelnd ging ich in die Küche. Ich würde noch auf Mokuba warten und ihm den neuesten Stand mitteilen, bevor ich nach Hause ging. Bis er kam, hatte ich noch genug Zeit, meinen Gedanken nachzuhängen. Kaiba war ein sehr schöner Mann, das konnte ich nicht bestreiten. Aber ich stand nicht auf Männer, ich war nicht schwul. Warum nur machte mir sein Anblick dann jedes Mal das Herz so leicht? Ich fühlte so sehr mit ihm wie ich es bei keiner meiner Freundinnen je getan hatte. Dass er so sehr unter seiner Genialität litt, tat mir fast schon selber weh, obwohl es mich eigentlich nichts anging. Ich spürte einfach den Drang, ihm so nah wie möglich zu sein und so viel wie möglich über ihn herauszufinden. Die Haustür fiel geräuschvoll ins Schloss. Endlich kam Mokuba nach Hause. Schnell schüttelte ich die Gedanken an Kaiba ab, verwarf sie vorerst als ausgeuferte Schwärmerei. „Was machst du denn hier?“, fragte der Kleine überrascht, während er langsam näher kam und sich zu mir an den Tresen setzte. „Ich wollte dich nur auf den neuesten Stand bringen, bevor ich nach Hause gehe.“ „Und?“ Erwartungsvoll sah er mich an. „Kaiba ist fertig mit seiner Erfindung.“, begann ich monoton, verjagte den Gedanken daran, wie fesselnd sein erleichtertes Lächeln gewesen war. Mokuba atmete sichtbar erleichtert auf. „Ein Glück. Dann hat dieser Blödsinn endlich ein Ende.“ Blödsinn? Begriff Mokuba denn überhaupt nicht, was sein Bruder da eigentlich leitstete? Ich verkniff mir einen bissigen Kommentar dazu, sondern erzählte dem Kleinen lieber alle Neuigkeiten. „Wenn er jetzt schläft, ist das schon mal gut.“ Mokuba verschränkte die Hände ineinander, wie Kaiba selbst es auch manchmal tat, wenn er etwas analysierte. „Dann kann er sich morgen noch kurieren und dann ist er hoffentlich wieder der Alte.“ Kurieren wie von einer Krankheit. Mokuba verstand es wirklich nicht. „Was wird Kaiba mit der Erfindung anfangen?“, fragte ich gezwungen ruhig. „Nichts.“ Der Kleine zuckte mit den Schultern. „Er baut sie und danach beschäftigt er sich damit nicht mehr. Wie bei den Händen. Erst verwendet er so viel Energie darauf und dann lässt er sie unter seinem Bett verstauben.“ Das war in der Tat unlogisch. Warum sollte Kaiba die Erfindungen einfach ruhen lassen, wenn er sich dafür vorher so aufopferte? Mokuba gähnte leicht. „Begleitest du Seto morgen wieder zur Physiotherapie?“ Also musste er morgen doch in die Praxis. „Würde ich ja, aber ich weiß nicht, ob ihm das so recht wäre.“ Er hatte sich vorhin ja nicht wirklich dazu geäußert. „Ach, ich denke schon.“ Der Kleine winkte ab. „Und wenn nicht wird er dir das schon mitteilen. Aber ich glaube, er wird dich dulden. Du warst ihm ja in den letzten Tagen eine große Hilfe.“ Hm, sollte ich mich tatsächlich wieder dem Risiko aussetzen, von ihm vor die Tür gesetzt zu werden oder vorher selbst gehen? Wahrscheinlich wäre es für mich besser, jetzt den Rückzug anzutreten. Der Kleine seufzte schwer. „Lauren wird wahrscheinlich auch froh sein, wenn sie hört, dass Seto seine Geniephase wieder überwunden hat.“ Mokuba betitelte es die ganze Zeit schon negativ. Irgendwie stieß mir das sauer auf, aber gerade interessierte mich etwas anderes viel mehr. „Dein Bruder und Lauren stehen sich recht nah, oder?“ „Sicher, sie waren ja schließlich zwei Jahre lang ein Paar.“ So war das also. Ich hatte etwas in der Richtung schon vermutet, aber es ließ mich trotzdem aufhorchen. Zwei Jahre waren immerhin eine lange Zeit. „Aber sie haben sich im Guten getrennt.“, spekulierte ich. „Sonst hätte er sie ja nicht für seine Behandlung ausgesucht.“ „Da ist aber einer neugierig.“ Mokuba schmunzelte leicht. Ich zuckte mit den Schultern. „Naja, bei Kaiba lässt sich ja kaum einschätzen, wie sein Liebesleben aussieht.“ „Hm.“ Jetzt wirkte der Kleine eher nachdenklich. „Das ist ein sehr privates Thema.“ Verständlich. Das war vielleicht doch zu intim, um so locker flockig darüber zu reden. Immerhin konnte ich ja schon dankbar für die Erkenntnis sein, dass die beiden Mal ein Paar gewesen waren. Das beantwortete schon mal meine Fragen, die ich Kaiba damals auf der Terrasse gestellt hatte. Er war ein Beziehungsmensch, und höchstwahrscheinlich keine Jungfrau mehr. Mokuba schlug plötzlich mit der Faust auf den Tisch, sah mir jetzt entschlossen ins Gesicht. „Weißt du was? Ich werde dir davon erzählen.“ „Im Ernst?“, fragte ich zweifelnd. „Ich glaube, du hast zu Seto einen besonderen Zugang. Wenn du die äußeren Faktoren kennst, vielleicht findest du dann auch einen Weg, ihm gegen diesen Erfinderwahn zu helfen.“ Ich sollte ihm nicht helfen, einen Weg zu finden, diesen Prozess möglichst unbeschadet zu durchlaufen. Nein, ich sollte ihn gänzlich davon abbringen. Das war absolut unmöglich! Wenn Kaiba die Möglichkeit hätte, diese Geistesblitze zu umgehen, würde er es vermutlich selbst tun. Zumindest im Moment. Ich nickte Mokuba zu. Ja, ich würde alle Informationen sammeln, die er mir gab. Aber nicht, um Kaiba abzuhalten, sondern um ihn zu unterstützen. Ich konnte mir nämlich gut vorstellen, dass er die Dinge wesentlich entspannter angehen könnte, wenn er wüsste, dass er dabei unterstützt wurde. „Okay.“ Mokuba atmete noch einmal tief durch, ehe er begann: „Als Seto 15 war, brach er sich die Hand.“ Durch Gosaburo, das wusste ich ja. „Für die Heilung brauchte er natürlich auch Physiotherapie und dabei lernte er Lauren kennen. Sie war damals 18 und noch in der Ausbildung, aber sie nahm sich der Hand meines Bruders an. Die beiden verliebten sich und wurden ein Paar.“ Soweit nicht ungewöhnlich. Eigentlich war es nicht mal sonderlich überraschend, dass Kaiba sich eine Frau gesucht hatte, die älter als er selbst war. „An sich waren sie ein absolut perfektes Paar, ein richtig starkes Team. Sie haben in allem harmoniert – bis auf einer Sache.“ „Seinem Erfinderwahn?“ Mokuba nickt ernst. „Sie kam nicht damit klar, dass er sich dafür selbst aufrauchte. Egal, was sie versuchte, sie konnte ihn in diesen Phasen nicht erreichen und sie ertrug es einfach nicht, wie ferngesteuert und selbstzerstörerisch er dabei agierte.“ „Also haben sie sich getrennt, weil er es nicht ändern konnte und sie nicht damit klar kam.“ Wie feige! Anstatt ihm zu helfen, machte sie sich aus dem Staub. „Ja. Aber wie du schon vermutest hast, haben sie sich im Guten getrennt.“ Ich konnte mir das nur schwer vorstellen. Eigentlich war Kaiba gar nicht der Typ, der Wert darauf legte, nach einer gescheiterten Beziehung noch Kontakt zu halten. Warum sollte er jemanden in seiner Nähe halten wollen, der mit einer seiner grundlegenden Eigenschaften überhaupt nicht zurecht kam? „Deswegen ist es wichtig, dass Seto einen Weg findet, das abzuschalten.“ meinte der Kleine überzeugt. „Nur weil eine Frau meint, sie kommt damit nicht zurecht?“ Was für ein blöder Grund! Wieso sollte er sich wegen einer Frau ändern? Spekulierte Mokuba darauf, dass Kaiba und Lauren wieder zusammenkommen würden, wenn er seine angeblich so störende Begabung ablegen könnte? Was für ein Unsinn! Entweder man liebte seinen Partner mit allen Ecken und Kanten oder gar nicht. So einfach war das! Der Kleine seufzte schwer. „Es wäre besser für meinen Bruder. Er selbst vertritt seitdem ja selbst die Meinung, dass ihn keine Frau mit diesem Manko lieben könnte.“ Bitte? „So ein Schwachsinn!“ Nur deswegen musste er ja jetzt nicht zu einem Einsiedler werden. Wegen einer enttäuschten Liebe! Doch Mokuba redete weiter. „Egal, wie aufrichtig sie ihm ihre Liebe beteuern, er lässt sie alle abblitzen, degradiert sie zu One-Night-Stands.“ Okay… der Sprung vom Beziehungsmenschen zum Womanizer wegen einer enttäuschten Liebe? Klang wie eine Trotzreaktion. Dann hatte er eine längere Beziehung und mehr Frauen als ich gehabt. Damals auf der Terrasse kam mir das noch unfassbar wichtig vor, um einen Menschen einzuschätzen. Aber jetzt musste ich Kaibas damaliger Aussage zustimmen. Eigentlich war es egal. Trotzdem war das alles doch echt unfair! Von allen Seiten wurde Kaiba eingeredet, dass sein Erfinderwahn falsch und unerwünscht wäre. Mir kam gerade das ungute Gefühl, dass Kaiba dabei ziemlich auf verlorenem Posten stand. Er leistete Unfassbares, aber keiner um ihn herum schätzte das. Stattdessen bekam er immer nur zu hören, er würde damit alle nur sinnlos in Sorge stürzen. Wenn er seine Erfindung fertiggestellt hatte, hörte er statt Lob und Anerkennung nur, dass er zum Glück endlich mit diesem Blödsinn fertig sei. Bitter! Noch bitterer war nur, dass ihm auch noch vorgeworfen wurde, er allein wäre Schuld am Scheitern der Beziehung zu Lauren. Sie ließen es sogar zu, dass er dachte, keine Frau der Welt könnte ihn deswegen lieben. Wie unfassbar grausam das war! „Hätte er nicht die Duelldisk erfunden, würdet er auch nicht so eine erfolgreiche Firma besitzen.“, raunte ich gereizt. Aber Mokuba zuckte nur unbeeindruckt mit den Schultern. „Ein Produkt macht noch keine Firma. Und nur, weil ein bis zwei brauchbare Dinge darunter waren, ändert das ja nichts daran, dass Setos Erfinderwahn nicht nur für ihn allein eine ganz schöne Last ist.“ Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Er war ein absolutes Ausnahmetalent, könnte wahrscheinlich Revolutionäres erreichen, wenn ihm nicht von allen Seiten Steine in den Weg geworfen würden. Da war es doch kein Wunder, dass er seine Erfindungen danach einfach nicht mehr beachtete. Ihm wurde ja die ganze Zeit gesagt, dass es eh nur Blödsinn sei. Ruckartig stand ich auf. Ich hatte keinen Nerv mehr, mir das weiter anzuhören. „Es ist schon spät. Ich werde besser nach Hause gehen.“ Mokuba blinzelte irritiert über meine heftige Reaktion. „Schlaf doch hier. Wir haben genügend Gästezimmer.“ Wenn ich hier blieb, hieß das ja doch, ich machte mich von Kaibas Entscheidung abhängig, ob er überhaupt meine Nähe wollte. Trotzdem nahm ich Mokubas Angebot dankbar an. Kaibas Entscheidung war mir egal, ich würde bleiben. Damit er wenigstens einen Verbündeten an seiner Seite hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)